Aachen 1876. Nr. 213.

Erstes Blatt.

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Lix##ndgur: Kilm Ceiprin Muis

Freitag, 4. August.

Verantwortlicher Redakteur: Hilmar Heinrich Beissel.

Verlag von P. Kaater in Nachen.

Truck von C. H. Seorgi in Nachen.

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Aachen, 3. August.

Es ist eine geschichtliche Thatsache, daß Rußland seit mehr als fünfzig Jahren der Türkei Verlegenheiten und Ungemach aller Art bereitet hat und daß es nur der Opposi­tion der Westmächte zu verdanken ist, daß von Konstanti­nopel her nicht eine ecrasirende Slavenmacht Europa in Schach hält. Die Lektion, welche Rußland im Krimkriege als Strafe für solche Versuche erhielt, war zwar bedeutend, verlor indessen ihre Nachhaltigkeit durch das Unglück, welches über Frankreich hereinbrach und den letzteren Staat lahm legte. Mit einem starken und mächtigen Frankreich im Bunde, würde vielleicht England sich zu einer Aktion, wie vor stark zwanzig Jahren, haben bestimmen lassen; allein eine wohlwollende Neutralität das ist Alles, was Eng­land der Türkei heute zugesteht. Wir denken hierbei natür­lich an diejenigen englischen Kreise, welche ein politisches Verständniß von der orientalischen Frage haben und die nicht dem Türken schon aus dem Grunde gram sind, weil er nicht Christ ist.

Die unbeschränkte Freiheit der Meinungsäußerung, wie sie in England besteht, gab jüngst Anlaß zu einem Meeting anscheinend zwar frommer, jedoch mit der wirklichen Lage der Dinge wenig bekannter Männer, die eine Reihe von Resolutionen gegen die Türken zu Gunsten der unter ihnen lebenden Christen faßten. Daß jene Resolutionen indessen eine sehr partikulare Bedeutung haben, geht schon aus dem abfälligen Urtheile der Presse hervor. DiePall Mall Gazette sagt unter Anderem, daß die Anklagten der tür­kischen Mißregierung und das Aussprechen des Mitgefühls für die unterdrückten Christen zweifelsohne den Veranstaltern der Versammlung alle Ehre machten, man könne diese Be­schlüsse aber auch nicht für einen Augenblick als nothwendig zur Correctur der öffentlichen Meinung in England ansehen. Diejenigen Engländer, welche nicht an dem Meeting theil­genommen, zeigten dadurch nicht weniger Gefühl, sondern nur mehr gesundes Urtheil. Sie bemerkten einfach jenseits der näherliegenden Gegenstände der Sympathie andere, welche vollkommen einen ebenso starken Anspruch auf die Berücksichtigung ihrer Humanitätsempfindungen haben. Lord Shaftesbury und Genossen, heißt es weiterhin in einer ein­gehenden Kritik der gefaßten Beschlüsse seien nicht nur unzu­frieden mit den Leiden, welche die Türken ihren christlichen Unterthanen auferlegt, sondern auch mit irgend Jemand in England, der diese Leiden veranlaßt haben sollte.Aber mit wem, und aus welchen Gründen? ruft das Blatt aus. Welcher einzige Theil des von den Herren gegebenen prak­tischen Rathes ist nicht längst befolgt worden? Was für moralische und materielle Unterstützung ist je von unserer Regierung den Türken gegen die Insurgenten zu Theil worden? Längst bevor er durch die Versammlung dazu aufgefordert, habe Lord Derby die Pforte ermahnt, den Gewaltthaten gegen Christen ein Ziel zu setzen. Die ganze Versammlung habe nur den Werth einer Meinungsabgabe einer Anzahl von Leuten, daß die Lösung der Frage die befriedigendste sein würde. Ein wirklicher Nutzen sei nicht erzielt worden.

Zudem bleibt zu beachten, daß dasjenige, was von den Leiden und Vexationen der Christen in der Türkei in der letzten Zeit bekant geworden ist, als Folge der Kriegsver­hältnisse anzusehen ist, deren Provocation der Türkei ein billig denkender Mensch gewiß nie zur Last legen wird. Die Theilnehmer an dem Meeting hätten sich, wenn sie auf den richtigen Grund zu gehen die Absicht hatten, einfach mit einer Petition an den Czaren wenden sollen, um die Beseiti­gung aller von Rußland ausgehenden Hetzereien zu verlan­gen, weil alsdann normale Zustände von selbst zurückkehren würden. Sie hätten mit großem Nutzen auf die Empfind­lichkeit Rußlands wegen der Aufwiegelung der Tscherkessen, die von türkischer Seite ins Werk gesetzt worden ist, hin­

weisen können, um zu dem bekannten Satze:was Du nicht willst, das Dir geschehe, thu' auch einem Andern nicht an­zugelangen. Will man aber weiter gehen, und der Türkei alles aufhalsen, so hat dies den Anschein, als ob man ihr jegliche Vertheidigung gegen Angriffe, jeglichen Versuch zur Niederkämpfung der Insurrektion mißdeutete. Die Theil­nehmer am Meeting hätten doch ja nicht vergessen sollen, daß die Türken, obwohl sie Nichtchristen sind, das Recht der Eristenz in Europa eben so gut haben, wie die Engländer, welche Christen sind, unter der nicht=christlichen indischen Bevölkerung.

Die politischen Kreise Englands denken jedoch in der orientalischen Frage richtiger und lassen sich durch eine Ge­müthspolitik, wie die oben erwähnte ist, in ihrem Urtheile nicht beirren. Der englischen Regierung verdankt man es, daß das Prinzip der Nichtintervention aufgestellt und ange­nommen worden ist; und man weiß, daß England jeden Versuch des Bruches sofort mit einer Aktion gegen die Dar­danellen und gegen Egypten beantworten würde. Die eigen­thümliche Lage der Dinge in Konstantinopel hat jedenfalls die türkischen Feldherren an der Entfaltung größerer Ener­gie und größeren Eifers in der Bekämpfung des Feindes verhindert; sonst müßte es doch bis jetzt gelungen sein, eine entscheidende That zu sehen. Seit lange schon ist sie in Aussicht gestellt, aber noch nicht erfolgt; der Kampf zersplit­tert sich nach vier Richtungen hin; an drei Punkten kämpft der Türke gegen die Serben; aus dem vierten gegen die Montenegriner, welche allerdings Vortheile errungen haben, die jedoch in gleicher Weise, wie die serbischen Thaten, stark gefärbt auftreten und am Ende keinen Bestand halten kön­nen. Die montenegrinische Armee zählt heute zwei Divisio­nen zu je zehntausend Mann und eine Gebirgsbatterie. Dazu kommen noch einige, im Anfange der Civilisirung lebende Stämme, wie die Cuccianer, die ihnen Hülfe leisten wenn man es versteht, sie zu gewinnen; rechnen kann man auf sie nicht.

Wie sehr England auch für Neutralität sich erklärt, so arbeitet es doch an dem Zustandekommen eines Einverständ­nisses unter den Mächten, wenngleich der Krieg in das dazu erforderliche Stadium noch nicht getreten ist. Inzwischen tauchen Gerüchte auf über Vermittlungsversuche zwischen Serbien und der Pforte, die indessen ebenso schnell, wie sie auftauchen, dementirt werden. Wie man indessen wissen will, sollen der Reise des Fürsten Milan nach Deligrad politische und nicht militärische Motive zu Grunde liegen. Nach demPester Lloyd wird Italien als unbetheiligte Macht im Einvernehmen mit den Großmächten gleichzeitig in Belgrad und Konstantinopel die Einstellungen der Feind­seligkeiten verlangen, während Ristic, der serbische Minister des Auswärtigen, persönlich die neulichen Eröffnungen Eng­lands, denen Rußland sich angeschlossen haben soll, ins Haupt­quartier zum Fürsten bringt. Ueber den Inhalt dieser Ver­handlungen verlautet noch nichts und ist von den Vermitte­lungsversuchen wohl nicht viel zu erwarten, da die Türken im Vertrauen auf ihre Kraft eine Einstellung der Opera­tionen auf dem Kriegsschauplatze während der Präliminarien nicht zugestehen wollen und auch die Serben in dem gegen­wärtigen Stande nicht gerade sehr begierig nach einem Waffenstillstande sein dürften. In Serbien spekulirt man immer noch auf eine glückliche Wendung auf dem Kriegs­schauplatze, vor Allem aber auf die zunehmende Verwirrung in der Türkei und vielleicht eine Verwickelung zwischen den europäischen Mächten. Sind dies aber die einzigen Ret­tungsanker und ist man sich einer solch' precären Stellung bewußt, dann kröche man besser zu Kreuze, als das Heil noch ferner in einem unnützen Kampfe zu versuchen, der die Sache nur verschlimmern, aber nicht bessern kann.

Selbstredend ist vor allen Dingen nöthig, daß Ordnung Konstantinopel einkehre. Fast scheint es, als ob Murad V. etwa in ähnlicher Weise, wie sein Vorgänger, aus dieser Welt geschieden sei, und daß die verschiedenen Gerüchte und Mittheilungen über sein Befinden nur in der Ab sicht ge­schähen, um die Welt gleichsam vorzubereiten auf die Nach­richt, daß man sich seiner bereits entledigt habe. Ist die Nachfolge einmal officiell geordnet, so wird auf der einen Seite, wenn auch nur durch die Umstände ge­

zwungen, eine große Energie zur Beendigung des Krieges in Anvendung kommen, auf der andern

Seite aber werden Unterhandlungen ermöglicht, an die bei der jetzt obwaltenden Ungewißheit der wirklichen Lage der Dinge zu Constantinopel gar nicht gedacht werden kann. Man wird nicht umhin können, hier gerade einen besondern Grund zu erkennen für die Dementirung aller bisher auf; tauchten Friedens= und Vermittlungsvesuche.

Deutsches Reich.

2 Berlin, 2. August. Es wird gewiß noch eine gute Weile andauern, bis daß der Reuleaux'sche Brief verdaut ist. Wir wünschen, daß die Wirkung desselben eine recht nach­haltige sein möge, damit wiruns bei der Pariser Industrieaus­siellung, welche für das Jahr 1878 angesagt ist, wieder rehabilitiren. Auch dasFrankfurter Jounal mahnt und warnt schon, indem es auf jene Ausstellung hinweist, bei welcher es darauf abgesehen sein werde, Deutschland fühlen zu lassen, welche Siege der mit dem Schwerte Besiegte mit den Werkzeugen des Friedens über den Sieger feiere. Wahr­haft kläglich muß dem ernsteren Blick unter solchen Umstän­den die täppische Dreistigkeit erscheinen, womit offiziöse Waschzettel in jüngster Zeit das wohlbegründete Urtheil des Professors Reuleaux zu einemfeuilletonistischen Machwerk herabzudrücken, ja dem Verfasser sogar ziemlich deutlich eine Disziplinaruntersuchung dafür in Aussicht zu stellen versuch­ten. Dies würde aber, wenn das Denunciantenthum seinen Zweck erreichte, eine Blamage sein, welche, wie dieVolks­zeitung bemerkt, die Niederlage zu Philadelphia weit hinter sich zurückließe; sie wäre ein neuer Beweis, wie schwer es der Wahrheit geworden ist, in Deutschland Gehör und An­erkennung zu erlangen.

DieDeutsche Vereinscorrespondenz bringt einen sehr guten Artikel, in welchem sie der Beibehaltung der so sehr bedrohten Handelsgerichte das Wort redet. Sie schließt gegenüber der Neuschaffung unerprobter Kammern für Handelssachen und der Verwerfung der seit über sechszig Jahren erprobten[Handelsgerichte nicht mit einem wieder­holten Ausdrucke der Hoffnung auf Erhaltung der letzteren: sondern theilt zum Schlusse nur ein Wort Sir Robert Peel's mit, der bei Gelegenheit der Frage des allgemeinen Stimm­rechtes sagte:Wir untergraben ganz offenbar einen der dauerhaftesten Pfeiler der Regierung, wenn wir mit Experi­menten an unseren Einrichtungen immer wieder aufs Neue vorgehen. Wir verstopfen dadurch eine der reinsten Quellen gesetzmäßiger Gewalt, weil wir die Ehrfurcht und die An­hänglichkeit für hergebrachte Ordnung vernichten. Wir haben hier aber die alte Lehre, die, so lange die Welt besteht, bei allen Vernünftigen gegolten hat, daß man nichts Erprob­tes Preis geben soll gegen ein Neues, das noch nicht erprobt worden ist. Die Gründe, welche gegen die Fortdauer von Handelsgerichten aufgeführt worden sind, laufen zuletzt in theoretische Bedenken gegen Ausnahmegerichte zusammen, die Handelsgerichte seien Standesgerichte.

Der genannte Aufsatz prüft gleich Eingangs diese An­sicht, indem er das Handelsgericht mit einem wirklichen Standesgericht, nämlich dem akademischen vergleicht und sagt:Prügelt der junge Kaufmann einen Nachtswächter durch, pumptderselbe seinen Kneipwirth anund bezahlt ihn hin­terher nicht(Privilegien, die der akademische Jüngling schwer­lich allein ambitionirt), so kommt er damit keineswegs vor ein Handelsgericht, sondern vor die gewöhnlichen Gerichte des Landes. Anders der Akademiker. Und Aehnliches ist der Fall bei den den Militär= und geistlichen Gerichten unter­worfenen Personen. Hier haben überall die Standes­genossen für bürgerliche Streitigkeiten eine wirkliche Stan­desgerichtsbarkeit. Beim Handelsgericht bildet die Grund­lage seiner Rechtsprechung ein von allen staatlichen Factoren festgestelltes Gesetzbuch, dessen Inhalt im Wesentlichen nichts ist, als die Niederschreibung des Handelsgewohnheitsrechts, wie dasselbe zur Zeit der Abfassung des Gesetzbuches be­stand. Die Competenz der Handelsgerichte beschränkt sich auf Rechtsstreitigkeiten über Geschäfte, welche als Handels­geschäfte sich darstellen. Ein Nichtkaufmann ist dieser Com­petenz nur in Bezug auf Verbindlichkeiten unterworfen, die ihm aus einem wirklichen kaufmännischen Handelsgeschäft erwachsen, dann in Bezug auf alle Rechtsstreitigkeiten über Wechselverbindlichkeiten. Die Handelsgerichte sind also keine Standesgerichte, sind keine Gerichte für Kaufleute, sondern Gerichte in Handelssachen.

Zu Gunsten der Handelsgerichte spricht der Um­stand, daß die Handels=Verhältnisse ohne leben­dige Anschauung, die der Fachzurist kaum besitzt, nicht zu würdigen sind.Diese Anschauung gehr dem gelehrten Richter ab, sie muß ihm naturgemäß abgehen, und deshalb wird sein Einfluß auf die Rechtsprechung in Handelssachen, wo seiner Unkenntniß nicht nachgeholfen werden kann, kein guter sei. Daß die Juristen aber diese einfache Wahrheit nur in wenigen vorurtheilslosen Köpfen anerkennen, zeigen die Beschlüsse. Ferner wird ein wei­terer Vorzug der Handelsgerichte hervorgehoben, wie sie im früheren Gebiete des französischen Rechtes bestanden, der darin liegt, daß ihre Richter alle zwei Jahre neu erwählt werden müssen, ein Modus, der den Interessenten Gelegen­heit gibt, etwa unbrauchbar gewordene oder nicht bewährt befundene Kräfte zu entfernen. Bei dem berechtigten Wunsch nach billiger Justiz mag auch der Ersparnisse gedacht wer­den, welche das Handelsgericht gegenüber anderen Collegien dadurch erzielt, daß seine Richter ohne Gehalt fungiren.

* Ein hiesiger Correspondent derFr.. will Einsicht in das Verzeichniß der Ausschuß= und Vorstandsmitglieder der deutschen Conservativen, welches demnächst publicirt werden wird, erhalten haben. Darnach besteht der Ausschuß der deutsch=conservativen Partei aus ungefähr 1215 Mit­gliedern, mehreren angesehenen und reichen Baronen und Grafen aus Norddeutschland und einigen Bürgerlichen aus Süddeutschland. Wir finden da die Namen der Grafen Solms=Laubach, v. Finckenstein=Ziebingen, Udo zu Stolberg­Wernigerode, einer von den Grafen Schulenburg, die Frei­herren von Minnigerode und v. Maltzahn=Gültz, den be­kannten Reichstags=Abgeordneten, des Landraths v. Rauch­haupt in Delitzsch, des bekannten hiesigen Stadtgerichtsraths Wilmann, ehemaligen Reichstags=Abgeordneten für Arns­walde, der durch seine Broschüre gegen die Juden unlängst viel von sich reden machte, ferner die der Herren Stöckel aus dem Königreich Sachsen, Luthardt aus Augsburg und Mühlhäuser aus Baden. Mit dem Grafen Solms=Laubach, dem reichsten Grundbesitzer des Großherzogthums Hessen, der im vormaligen Reichstage den Wahlkreis Gießen ver­trat und dort der deutschen Reichspartei angehörte, haben die Grafen v. Finckenstein=Ziebingen und Udo zu Stolberg­Wernigerode die Vorverhandlungen über das Programm der deutschen conservativen Partei mit dem Fürsten Bismarck persönlich geführt. Wie wir mittheilen können, ist bereits ein ziemlich beträchtlicher Fonds von der Partei, die mit allem Ernst an ihre Organisation gehen wird, für Wahl­agitationen, Presse u. dergl. m. gezeichnet worden.

* Auf eine von der Kommission der Berliner Buch­druckereibesitzer an die Kollegen ergangene Aufforderung zur Anmeldung von noch bestehenden Lücken in den Officinen haben nur 11 Firmen im Ganzen 27 Setzer verlangt, ein Beweis, daß keine wesentliche Nachfrage nach Setzern mehr stattfindet.

Breslau, 31. Juli. Unter der Ueberschrift:Die Altkatholiken auf dem Aussterbe=Etat, schreibt dieSchles. Volkszig.:Laut erstem Quartalbericht des Breslauer statistischen Bureaus ist im Januar, Februar und März d. J. auch nicht eine einzigerein altkatholische" Ehe und ebenso wenig eine einzigealtkatholische Mischehe geschlossen wor­den. An Kindern ist ausrein altkatholischer Ehe ein einziges getauft worden, aus Mischehen 5. Es ergibt sich hieraus, daß dieAltkatholiken, wenn ihnen die Corpus­Christikirche überliefert werden sollte, in welcher jährlich über 1000 Kinder getauft werden, in derselben erst im Laufe von Jahrhunderten eine gleiche Anzahl zu taufen haben würden.

Aus Thüringen, 30. Juli. Der Redakeur der national=liberalenGreizer Zeitung war wegen Beleidigung des Fürsten Heinrich XXII. von Greiz sowie des greizer Konsistoriums und der dortigen Landesregierung in erster Instanz vom Kreisgericht Zeulenroda zu 21 Monaten Ge­fängniß verurtheilt worden, nachdem der Staatsanwalt nur 15 Monate beantragt hatte. Das Appellationsgericht in Eisenach setzte die Strafe auf 15 Monate herab. Dagegen wurde beim Appellationsgericht zu Jena die Nichtigkeits­beschwerde eingewendet, dieselbe jedoch zurückgewiesen und das zweitinstanzliche Urtheil von 15 Monaten Gefängniß bestätigt. Gestern bekam der Redakteur die Aufforderung, binnen 14 Tagen seine Strafe anzutreten.

18 Vermißte Dokumeute.

Nach dem amerikanischen Originale des General

frei bearbeitet von

Lina Freifran von Verlepsch.

(Fortsetzung.)

15. Kapitel.

Lydia's Mutter war es, die, ohne anzuklopfen, eintrat und sich gemessenen Schrittes dem Kamine näherte. Sie war gleich ihrer Tochter zur Tafel gekleidet, trug ein rubinroches Sammet­kleid und strahlte von Diamanten. Die beiden reichgeschmückten Damen schienen nicht hineinzugehören in das einsache Zimmer des Hofmeisters.

Earnshaw suchte sich zu erheben. Lydia hinderte ihn daran. Sie wissen, daß Dr. West sagte, Sie müßten sich so ruhig ale möglich verhalten. Nun, Mama, Du bist wohl gekommen, zu sehen, wie es unserem Patienten geht?

Mre. Lamotte aber hatte keinen solch' freundlichen Grund gehabt, und die Tochter wußte es auch.

Ich kam hauptsächlich, Dir zu sagen, daß Lord Beechsield auf der Rückreise von London eben unerwartet bei uns eintraf. Du mußt gleich hinunter und ihn unterhalten.

Lydia zuckte die Achseln und schnitt eine Grimasse.

Von hier aus hätte sich Lord Beechfield sogleich nach Glenmore begeben können, ich hätte seine liebliche Gesellschaft leicht vermißt. Habe mich sogar schon darein gefügt, sie lange zu verschmarzen.

Lydia, ich will, daß Du mich sofort begleitest, gebot Mre. Lamotte.

Wenn das böse Kind sich aber weigert? fragte sie, und stellte sich an's Fenster, als wolle sie dort Stunden lang ver­weilen. Sie blickte auf Earnehaw und erwartete, in seinem Gesicht jenen Tadel zu lesen, den es während ihrer Launen und Grillen immer trug, zu ihrem Erstaunen aber begegnete sie sympathischem Lächein.

Die Tischglocke wird in fünf Minuten läuten, bemerkte Bnrd. damater.

Das freut mich, denn ich bin hungrig, lachte Lydia.

Vielleicht hätte sie Mre. Lamotte's Aerger noch mehr ge­steigert, aber die Tischglocke läutete und Lydia hatte zu längerem Verweilen keinen Vorwand mehr. Sie konnte nicht verhindern, daß Earnshaw sich erhob und den Damen die Thür öffnete,

scheidend bot sie ihm die geschmückte Hand, die er respekivoll berührte, aber nicht drückte.

Ein reizendes Geschöpf ist Lydia, sagte er zu sich, als er zurückehrte und sich im Lehustuhl niederließ,ihre Mutter aber ist ungebildet und widerwärtig. Ich kann sie nicht leiden und unglücklicher Weise sind meine Gefühle so slark, daß Liebe leicht in Anbetung, Abneigung in Haß übergebt. Und das ist doch gerade der Febler, vor dem ich Lydia hinsichtlich ihres Betters warnte. Die Dame aber hat sich gegen mich auch entschieden roh betragen, sie weiß, daß ich durch ihres Nessen Bosheit ver­letzt und beleidigt wurde, sieht mich leiden und spricht kein Wort der Theilnahme, nicht einmal der gewöhnlichen Höflichkeit, frägt nicht nach meinem Befinden, ja sagt nicht einmalguten Abend. Ich schäme mich, weil ich Lydia in ihrem Ungehorsam ermunterte, aber ich war gereizt. Und wer ist der Lord Beech­field? Will man Lydia bereden, ihn zu heirathen?

Ein leises Klopfen ertönte an der Thüre und herein trat ein schöner junger Mann, den Carnshaw sofort als Oskar Ark­wright erkannte.

Entschuldigen Sie mein Kommen," begann des Rectors Nesse, sich ohne Umstände setzend,aber ich möchte mich zunächst erkundigen, wie es mit Ihrem Arm geht und dann ein wenig plaudern, wenn Sie nichts dagegen haben.

Nicht das Mindeste. Bitte, betrachten Sie sich als zu

Hause., sK 12n br. E. Te M

Das thue ich gewöhnlich, lachte Oskar,ich mache mich überall heimisch, wo ich bin. Erlauben Sie mir, das Feuer zu schüren, damit es wärmer wird. Go, jetzt wird's gehen; und nun, wie befinden Sie sich?

Der Arm schmerzt mich noch, wird aber in einigen Tagen hoffentlich geheilt sein.

Ja, wenn Sie Fieber vermeiden; ich würde an Ihrer Stelle keinen Wein trinken.

Ho

Nein. Ich habe Medicin studirt und selbst einige Zeit in London prakticirt. Trinken Sie in den nächsten Tagen keinen Wein, ich will Ihnen einen kühlenden Trank aufschreiben.

Doctor West aber hat schon ordinirt und mir auch den Bein nicht vrbeien... Gehen gi.

Gut, entgegnete Oskar ärgerlich,bleiden Sie meinet­wegen in den Händen dieses Arztes, der ein altes Weib ist, wie alle Landärzte.

Ich habe Vertrauen zu ihm.

Run, das will ich dann nicht stören, bemerkte Oskor leicht.

Wäre es Ihnen wohl angenehm, zu hören, daß mich der hobe Besitzer dieses Hauses zu seinem Verwalter ernannt hat? Ich soll neben Ihnen ein Privatwohngemach und ein Schlafzimmer erhalten und das große Zimmer nedenan soll unser gemein­samer Speisesaal sein. Squire Lamotte hat mir das gesagt. Diese Zimmerreihe war stete für die höheren Bediensteten des Schlosses bestimmt. Ich weiß unn nicht, ob wir gute Freunde werden, jedenfalls aber können wir gelegentlich gute Kameraden sein.

Ich hoffe das, Mr. Arkwright.

In Oekar's ganzem Gespräch lag ein Hohn, der Earnehaw unwillkürlich ärgerte. Auf wen zielte er aber? Der Hofmeister glaubte nicht, daß er auf ihn gerichtet sei.

Wenige Monate oder Jahre der Untergebenheit unter den Willen, die Grillen und den Stolz dieser höheren Klassen, fuhr Oskar fort,können weder mir noch Ihnen schaden. Ich kann offen mit Ihnen sprechen, denn so Sie, wie ich glaube, dae Herz auf dem rechten Flecke haben, müssen Sie bereite durch die Beleidigungen und das kalte wegwersende Benehmen der Mre. Lamotte gelitten haben, und was die Grillen des Fräuleine betriff, möchte ich Sie inständig bitten, lieber Herr, lassen Sie Ihr junges Leben nicht zur Beute dieser herzlosen Schönen werden.

Arkwright's blaue Augen funkelten, als er die Wirkung seiner Worte beobachtete.

Momentan überflog ein leichter Schimmer Earnshaw's dunkle Wangen, dann war er wieder bleich und ein männlich entsch lossenes Feuer glühte in dem düstern Blick

Er ist sehr für sie eingenommen, dachte Oskar,und ich muß zunächst seine Meinung von dem Fräulein untergraben, denn er ist nicht der Mann, der etwas lieben kann, was er für schlecht hält.

Lydia Lamotte, fuhr er laut fort, die Arme kreuzend und lächelnd, als rede er mit sich selbst und wisse nicht, daß der Hofmeister da sei,ist der Typus der jetzigen Zeit. Ein Ge­menge von Thorheit, Herzlosigkeit, Leichtsinn und noch Schlimmerem.

Sie sprechen doch nicht von Miß Lamotte? unterbrach Carnehaw leiden chaftlich.

Der junge Mann betrachtete ihn mit gutgespieltem Erstaunen.

Aber, lieber Earnshaw, Sie werden doch nicht über etwas kreiten wollen, was hier Jedermann weiß? Hoffentlich sind Sie nicht hingerissen von der Güte und Sorge um Ihr Wodlsein? Hoffentlich nehmen Sie das nicht für baare Münze?

Ich verstehe Sie nicht, entgegnete Carnebaw,

Lamotte war gütig gegen mich und ich bin ihr daukdar. Ich liebe es nicht, wenn man in solch heftigen Auedrücken von einer Dame spricht, der ich mich verpfichtet fühle.

Gut. Ee ist Ihre Sache, wenn Sie all das durch eigene Ersahrung lernen wollen. Wenn Sie nicht zu hören wünschen, was ich Ihnen sage, wenn Sie meine Warnung verachten, kann ich schweigen.

Wieder kreuzte Oskar die Arme und sah in's Feuer.

Wie doch der Wind um das alte Haus heult, sagte er endlich.

Julius Earnehaw wünschte sehr zu erfahren, was Arkoright mitzutheilen hatte. Wenn wir lieden, wollen wir Alles wissen, was das geliebte Wesen beirifft, Oekar wußzte das. Er wartete.

Sie können mir wohl sagen, Mr. Arkwright, was Sie mir erzählen wollten, begann Julius endlich,'ch brauche die Gerüchte und Mäschen des Dorfes nicht zu glauben, möchte aber doch wissen, was die böse Welt von dem reizenden Wesen sagt.

Ja, ist sie nicht schön? rief Oskar begeistert,folch herr­liche Augen, soich bezauberndes Gesichich n, soich königlichen Wuchs. Schön wie eine Fee, aber Sie haben doch wobl auch schon Sagen von Feen gelesen, die ihren Liebreiz nur zur Falle benutzten. Einst erschien eine Gestalt, so lieblich und schön wie Lydia, einem armen Studenten, der bleich und Gogstlich bei der Lampe arbeitete und lockte ihn mit ihrer Liebe. Der Unglück­liche wurde irrfinnig, vernachlässigte Bücher und Studium und jagte dem Phantom nach, das er für Fleisch und Blut hielt.

Endlich erscheint der reizende Unhold wieder und bestellt ihn um Mitternacht auf ein einsames Moorland. Die Winde heu­

len um den nächtlichen Wanderer, plöszlich steht sie neben ihm wie ein Irtlicht, reicht ihm die kalte, weiße Hand, erlaubt aber nicht, daß seine glühenden Lippen ihre rosige Wange berühren. Er soll ihr ine Schlos ihres Batere folgen, sagte sie und den­teie auf eine Stelle im Walde, wo halb sichtbar beim unsicheren Licht des umwölkten Mondes sich ein Schloß mit erleuchteten Fenstern zeigt.Folge mir dahin, flüsterte sie,mein strenger Bater ist nicht zu Hause, komm, Geliebter, dort wollen wir kosen, Küsse und Ringe tauschen und ich will Deine Braut sein!

Der Bethörte folgee ihr. Sie eilie schnell voran. Dann und wann tönt lantes Lachen durch die Nacht, denn der feurige Liebhaber kann mit ihr nicht Schritt halten, er fällt und erhebt sich wieder, matt und zerschlagen.

Endlich erreichen sie das Schloß, dessen rothe Lichter a1#