Wender und

Verweiter.

Nr. 131.

Täges-Keuigkeiten.

Beutschland.

Berlin, 28. Okt. Se. Königl. Hoheit der Prinz=Regent ist gestern Abends gegen 10 Uhr in Begleitung der Prinzen Karl und Aldrecht, des Großherzogs von Weimar, des Prinzen August von Würtemberg, des Prinzen Friedrich von Hessen 2c. mittels Extrazuges von War­schau hierher zurückgekehrt. Der Großherzog von Weimar, welcher im Palais des Prinz­Regenten Wohnung nimmt, wird sich nach kur­zem Aufenthalt von hier nach dem Haag bege­ben, um seine zur Zeit am königlich niederlän­dischen Hofe verweilende Gemahlin abzuholen; der Prinz Friedrich von Hessen, welcher im Palais des Prinzen Karl Wohnung nimmt, begibt sich heute nach Kopenhagen zurück. Allem Anscheine nach hat die Warschauer Zu­sammenkunft den Voraussagungen über ihre Ergebnißlosigkeit vollständig entsprochen.

Der Allgemeinen Zeitung wird geschrie­ben:Die verhältnißmäßig kurzen Berathungen, welche bei der Warschauer Zusammenkunft der drei Herrscher Stati gefunden haben, lassen fast mit Sicherheit darauf schließen, daß ein Meinungs Austansch der drei betreffenden Ca­binette auf schriftlichem Wege früher schon be­wirkt worden ist. Aus dem Stillschweigen, welches hier in den maßgebenden Kreisen über

Donnerstag den 1. November

alles, was den eigentlichen Kern der Warschauer Berathungen bildet, beobachtet wird, ist zu ent­nehmen, daß in Betreff der Geheimhaltung der Verhandlungen eine Vereinbarung unter den 3 Cabinetten vorliegt. Damit das, binsichtlich dessen die Gemeinsamkeit der Interessen der 3 östlichen Großmächte nothwendiger Weise eine Verständigung herbeigeführt haben wird, keine Abschwächung erleide, möchte es dringend zu wünschen sein, daß die Geheimhaltung im voll­sten Maße den drei Cabinetten gelingen möge, indem im entgegengesetzten Falle alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt werden, um das Er­gebniß zum großen Theil unwirksam zu machen.

Die heutige National=Zeitung schreibt: Alle Anlehnungen nach außen haben Preußen auch nicht die allergeringste Bürgschaft für die Zukunft eingetragen. Rußland ist gelähmt und kann nach Westen hin nur äußerst wenig ein­setzen. Oesterreich kann uns gar nichts mehr bieten und sucht uns nur auszubeuten für Zwecke, welche unser Volk verabschent. England steht in der einzigen auswärtigen Frage, die für uns ein wahres Interesse hat, in der schleswig=hol­steinischen, auf der Seite der Tyrannei und Interdrückung, es fand bisher bei der franzö­sischen Allianz am besten seine Rechnung, und eder Versuch einer Annäherung zieht uns nur eine Flut von Schimpfreden auf den Hals. In dieser Lage tritt an die preußische Politik dringender als je die Forderung, sich von allen legttimistischen Theorieen, so wie von allen Täu,

schungen über Stammverwandtschaft, natürliche Allürte und dergleichen los zu machen. Sie muß endlich eine vollkommen freie Stellung gewinnen, welche ihr unter Umständen ein Zu­sammenhandeln mit Frankreich so gut wie mit jeder anderen Macht ermöglicht. Ohne diese Stellung wird nur ein Krieg mit Frankreich bei den Haaren herbeigezogen, während alle anderen Großstaaten uns beliebig zu allerlei­diplomatischen Manövern verwenden, ohne je irgend ein nennenswerthes Zugeständniß für unsere Freundschaftsdienste zu machen, die viel­mehr nur ihren Spott ärnten.

In diplomatischen Kreisen war gestern von einer neuen Beschwerde des Lord Bloom­field über eine dem Gesandtschafts=Attaché Malet in Herbesthal an der belgischen Gränze wider­fahrene vermeintliche Zollplackerei die Rede. Personen, welche die Einzelheiten des Vorfalles­kennen wollen, nehmen in diesem Falle ganz entschieden für die preußischen Beamten Partei­und meinen, daß Herr Malet den ihm gewor­denen Aufenthalt in Herbesthal selbst verschul­det habe.

Der Großfürst Michael von Rußland trifft heute früh mit dem Kölner Courierzug von London kommend, hier ein und wird sofort nach Petersburg weiter reisen. Heute Abends werden auch der Kronprinz und die Kronprin­zessin von Würtemberg(Großfürstin Olga) von Stuttgart hier erwartet. IJ. KK. HH.

stürmischer Sommer.

Nach dem Französiichen des Moleri und A. Gouêt von H. v. Veltheim.

(Fortsetzung.)

Nun wurde mir's klar, warum der Doctor steis mit solchem Eigensinne seine Kranken fort­expedirte: der ehrliche Tibia war ein Seelen­verkäufer!

Der Abscheuliche!... der Gottlose!... der Nichte würdige! riefen Desloges, seine Frau und die Präsidentin zugleich.

Bei meiner Rückkehr nach Europa, fuhr Maurice fort,berührte ich Madeira lediglich in der Absicht, dem edlen Docior für Alles, was er an mir geiban, meinen Dank auszu­sprechen. Allein ich fand Tibia nicht mehr. Man haute inzwischen sein Gebeimniß entdeckt und ihn von der Insel vertrieben. Olivia, die arme, unglückliche Otivia, war ihm wahrschein­lich in's Cxil gefolge, denn auch sie war spur­los verschwunden. So stebe ich bis jetzt in Tibia's Schuld, ohne ihm Revanche geden zu können.

Was Niemand weniger bedauern wird, als er, meinte Eugenie.

Sie mißdeuten meine Worte, schöne Cou­sine. entgegnete Camizar,es ist mir Ernst mit meiner Dankbarkeit, denn Tivia hat mir

einen großen Dienst geleistet, ohne ihn wäre ich unfehlbar zu Grunde gegangen. Er hat mir das Leben gerettet und dadurch, daß er mich für die Skloverei bestimmte, wurde aus mir der reiche Nabob, der über Millionen ge­bietet.

Aber die Sclaverei! Armer Mauriee, welch trauriges Geschick? rief Frau von Dubreuil.

Nicht so traurig als Sie denken, verehrte Pathin, versicherte Camizar. Ein Türke hatte mich für eine ziemlich hohe Summe gekauft, weil ich Franzose bin. Er haute einen Koch nöthig, und die Fremden, die Türken so gut wie die Engländer und Deutschen sind immer überzeugt, daß in einem Franzosen Stoff zu einem Koche sei. In der Thai befäbigien mich natürliche Anlagen zu diesem Posten, und war auch meine eiste Sauce so scharf, daß der ab­gestumpfte Gaumen meines Türken Blasen be­kam, so gelang es doch bald meinem Eiser, Speisen zu bereiten, um die man meinen über­glücklichen Gebieter beneidete. Morad, so hieß er, war nicht undankbar für die Genüsse, die ich ihm verschaffte. Er lohnte sie mir mit sei­ner Freundschaft und Achtung, und ich hätte. mich in meiner Lage glücklich fühlen können, wäre meine Sehnsucht nach Olivia nicht ge­wesen. Aber die Leere, die sie in meinem Her­zeu zurückgelassen, war noch nicht ausgefüllt, bis ich eines Tages eine von den zahlreichen Töchtern meines Herrn zu Gesichie bekam, die

in ihrem Wesen voll Anmuth und Lieblichkeit der reizenden Otivia wie eine reizende ster glich. Einige Wochen später forderte mich Morad, in Folge seiner außerordentliche Zu­friedenheit, auf, ihm zu sagen, in welcher Weise er mich belohnen könne.Sprich, mein Sohn, sagte er,ich werde Dir Alles geben, was Du von mir verlangen wirst, nur nicht die Freiheit.Allah ist groß, erwiderte ich, und groß ist sein Prophei, mein Wunsch aber ist, bei Dir zu bleiben, deßhalb gib mir Deine Tochier Fatime. Antonius hatte seinem Koche eine Provinz zum Lohne für eine neu erfundene Sauce geschenkt, Morad zögerte nicht, mir für ein Ragout seine Tochter zu geben, ja er gab sie mir mit wahrem Vergnügen, denn dadurch fesselle er mich mit den Banden der Verwandt­schaft an sein Haus, die ihm fester zu sein schie­nen, als jene der Sclaverei. Doch sollie er sich nicht lange mehr meiner Dienste erfreuen, eine Indigestion raffte ihn dahin, nachdem meine Frau einige Monaie früher gestorben war. Ich erdie den größten Theil des Vermögens meines Schwiegervaters, der mich in seiner Danbarkeit so reichlich bedacht hatte. In meiner neuen glän­zenden Lage kam wir eines Tages, als ich eden Langeweile hatte, die Idee, Paris, welches ich noch nicht kannie, zu besuchen. Ich wollte wis­sen, welcher Uuterschied zwischen Euren Opern­tänzerinnen und unseren Bayarderen sei, be­nutzte das erste segelfertige Schiff, verließ In­