für die

Kreift En Wender und Ertweiter.

Nr. 1.

Sonntag den 1. Januar

1860.

Bestellungen auf das Wochenblatt für die Kreise St. Wendel& Ottweiler können fortwährend hier bei der Expedition und auswärts bei der Post gemacht werden.

Die Expedition.

Cages-Neuigkeiten.

Deutschland.

Berlin, 26. Dez. Der verstärkte kurhessische Ausschuß des Bundestages wird seine Bera­thungen auch während der Weihnachts=Ferien nicht unterbrechen. Leiter steht noch immer zu fürchten, daß der preußische Antrag zu Gunsten der Verfassung von 1831 nicht nur im Aus­schusse, sondern auch am Bundestage selber in der Minorität bleiben wird. Die Gegner des preußischen Antrages scheinen darauf zu trotzen daß, wenn 1851 den Kurhessen Unrecht gesche­hen sei, Preußen daran die vollste Mitschuld trage. Sie wollen nicht einsehen, daß erst jetzt der definitive Beschluß zu fassen ist, und daß es noch immer Pflicht und Zeit ist, Unrecht zu fühnen und ein rechtswidrig entrissenes Gut zu erstatten. Und Preußens frühere Mitschuld

hat außerdem um so weniger auf sich, je mehr sie eine erzwungene war. Alle Welt zumal in Deutschland, weiß ja, wie Preußen, welches noch im September 1850 durch Graf Bran­denburg die rechtliche Entscheidung des durch Hissenpflug muthwillig herbeigeführten Zwie­spiltes verlangte und ernstlich von den Folgen jenes gewaltsamen Vorgehens warnte, nicht ge­hört wurde und späterhin durch den Tag von Olmütz sich demüthigen ließ. Die preuß. Rezierung dringt jetzt darauf, das Unrecht lie­ber zu sühnen, statt es zu vollenden, zu ei­nem Beschlusse mitzuwirken, der das Letztere thun soll, wird sie entschieden verweigern, das steht hier fest. Sie wird von der einmal ein­genommenen rechtlichen Auffassung nicht mehr abweichen, und sie ist genötbigt, alle vernünf­tigen Folgen derselben auf sich zu nehmen und zu vertreten. Der Art. 56 der Wiener Schluß­acte spricht klar und bestimmt. Aber wie in den Hamb. Nachr. sehr richtig bemerkt wird daß es jemals eine Mehrheit geben könne, welche auf einer Verletzung der klarsten und unzweidentigsten Bestimmungen der Grundgesetze bestehen werde, diesen Fall hat weder Bundes­noch Schlußacte vorausgesehen und konnte ihn auch wohl kaum voraussehen. Gegenüber einer bei dem Bruche der Bundesgesetze beharrenden Mehrheit gibt es keine das verletzte Gesetz schü­tzenden Mittel mehr; ein solcher Bruch des Bundesrechtes ist einfach die Außerkraftsetzung desselben.

Alles deutet darauf hin, daß mit der dänischen Regierung in der holsteinischen Frage kein Scherz gemacht werden wird. Nicht nur wird der Bundestagsgesandte bald, mit aus­reichenden Justructionen versehen, nach Frank­fürt zurückkehren, sondern es werden auch für den Fall, daß Preußen eine active Rolle in der Sache zufallen sollte, die erforderlichen Vor­kehrungen getroffen, daß es nicht an seiner scheinbar verwundbaren Stelle getroffen werden kann. Auf den Schiffswerften bei Danzig berrscht eine bis jetzt noch nicht dagewesene Thätigkeit und selbst von hier aus werden zu diesem Behufe Arbeiter dorthin geliefert. Es handelt sich dabei nicht blos um Ausfül der Lücken, die sich in Folge der m Ausführung unter dem vorigen Ministerimn fühlbar gemacht haben, sondern die Mittel zur Küstenvertheidigung werden in sehr beträchtlichem Umfange vermehrt. Es wird nur noch kurzer Zeit bedürfen, um die für das ganze Unterland heilsamen Projekte in Ausführung zu bringen.

Die Politik, welche Preußen auf dem

Congresse befolgen wird, läßt sich kurz und paf­send als diePolitik der Reakität" bezeichnen. Sie ist in den Grundsätzen enthalten, welche bereits früher bezeichnet worden sind. Sie wird sich nicht in Wiederspruch mit dem historischen Recht setzen, dasselbe aber auch nicht auf Un­kosten der betreffenden Völker, also nicht be­waffnet durchführen. Dieser Standpunkt ist

Ein verlorner Sohn.

Lebensbild von Jean Robert.

In der ganzen Geschichte des Menschen ist kein Capttel unterrichtender für Herz und Geist, als die Annalen seiner Ver­irrungen. Schiller.

I.

Es war on einem kalten, finstern Dezember­abende des Jahres 18.., da saß in der klei­nen Erdgeschoßwobnung einer elenden Siroh­bütte eine Frau, die Füße auf das Gesims ge­stemmt, vor dem niedern halb zerfollenen Ka­chelosen und sah, es war nicht zu unter­scheiden, ob gedankenlos oder nachdenkend mit stierem Blicke in die nur noch glimmenden Reste eines kleinen Holzfeuers.

Sie mochte wohl fünfzig und einige Jahre alt und mochte sehr arm sein, denn ihre ab­getragene Kleidung bedeckte nur nothdürftig die vor Forst zuternden Glieder und eine alte Comode, deren ursprüngliche Farbe sich nicht mehr unterscheiden ließ, ein wurmzerfressener Tisch und zwei Stühle von rohem Holze, ein Bett, das kaum diesen Namen verdiente, ein alter Koffer und endlich ein zerbrochener Spie­gel bildeten nebst dem nothwendigen Küchenge­räthe und dem vor Zeiten gepolstert gewesenen Lehnstuhle, in dem sie eden saß, das ganze

Meublement der übrigens in Allem sauber ge­haltenen, jetzt von einem Talglichte mait be­leuchteten Stube.

Die arme Frau deren Geschichte wir hier kurz erzählen müssen, hatte bessere Zeiten ge­sehen. Sie stammte aus einem reichen Han­delshause Danzigs, das in der kaufmännischen Welt einfeines Haus genannt wurde und unbegränztes Vertrauen genoß. Sie hatte ihre Mutter frühzeitig verloren und war der Aug­apfel ibres ebenso strengen und sonderbaren, wie guten Vaters, den wir Römer nennen wollen und bei dem sie s. Z. ihren ganzen Ein­fluß darauf verwendele, in sich ununterbrochen wiederholenden Fällen zu Gunsten ihres lüder­lichen Stiefbruders, Franz, der Jurisprudenz studirte, zu interveniren. Zwanzig Jahre alt, entdeckte sie ihrem erstaunenden Vater, wie sie den in seinem Hause arbeitenden Commis Hein rich Siedel lieben gelernt habe und iha um Genehmigung dieses Verhältnisses bitten wolle. Der Herr Papa machte Anfangs allerdings Schwierigkeiten, gab aber endlich, wie das nun schon ist, nach und erklärte sich mit dieser Verbindung, da er Siedel als einen tüchtigen Kaufmann und nicht minder guten, obgleich ganz mittellosen Menschen kennen gelernt hatte, ein­verstonden, stellie aber die Bedingung einer zweijährigen Probezeit und wünschte, daß Sie­del, um den Binnenhandel näher kennen zu lernen, inzwischen bei einem Freunde in Halle

Condition nehme, um dann als Associs und später als alleiniger Chef in sein umfangrei­ches Geschäft eintreten zu können. Halle war nun auch gerade der Ort, wo Franz, Römers Sohn aus erster Ehe, Jurisprudenz hörte, und dieser wollte von dem ernsten, stit­len Siedel, welcher sich um seine Freundschaft bewarb, nichts wissen, verabscheute vielmehr denpauvern Kerl, der, wie er sich ausbrückte, sich in seine Familie drängen wolle, um zu Etwas zu kommen," recht gründlich, um so mehr, da er in dessen zufälliger Placirung an seinem Aufenthaltsorte nichts weiter sah, alseine spstematische Spionirerei, ein unter Aufsicht­stellen seiner über solche Gemeinheiten erhabe­nen Persönlichkeit. Er ignorirte Siedeln also vollständig und ließ ihn gelegentlich nur seine ganze Verachtung fühlen. Ein Jahr-später reiste Franz Römer nach Hause und als zwei Monate darauf Siedel besorgt, weil er auf mehrere Briefe noch keine Antwort erhalten, ebenfalls nach Danzig kam, da fand er den alten Römer vor einigen Tagen an Herzer­weiterung gestorben und seine Braut von ei­nem schleigenden Nervenfieber Folge der unausgesetzten Krankenpflege am Tode lie­gen. Anna, so hieß die Braut, erholte sich un­ter seiner fürsorglichen Pflege langsam wieder und die Verlobten bereiteten ihre Hochzei vor, erstaunten aber nicht wenig, als ihnen eröffnet wurde, daß der selige Römer in den letzten