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(echelder

1867.

Insertionen für das

Echo der Gegenwart.

besorgen in Köln: A. Baedecker u. W. Greven: Vomn: A. Henry; Düsseldorf: C. Klingen; Berlin, Hamburg, Frankfort a:., Wien u. Basel: Haasenstein& Vogler;

Leipzig: H. Englern. Eugen Fort;

Paris: Havas, Lafäte-Ballier ur

Gs., 9 Plste de la bouzse.

K. Juutt

Vonnerflag.

Nr. 173.

Bestellungen auf das 3. Quar­vtal 1867 bitten wir, damit keine Unterbrechung in der Zusendung Verfolgt, baldigstzu machen.

Abounement in Aachen und Burtscheid sowie durch die Post ezogen 1 Thlr. 10 Sgr.

Rom.

(Fortsetzung und Schluß.)

werden sich voraussichtlich im Sommer 1867 die Kirchenväter des Erdkreises um Pus 1X. in einer wahrscheinlich noch nie ge­schenen Anzahl versammeln. Schon acht Wochen vor dem 29. Juni hieß es, vierhundert Bischöfe #itten ihr Erscheinen zugesagt; leicht kann diese Zehl noch steigen und die Hälfte des Gesammt­Gislopats der Kirche in Rom erscheinen. Ob # dann dem Popst gefallen wird, in dieser ge­wiltigen Versammlung die Vorbereitung zu enem ötumenischen Konzil zu erblicken? Jeden­sills werden die Worte, die der Papst spricht in desen Tagen, werden die Worte des vereinigten Episkopats auf der ganzen Erde wiederhallen: und das hat seine Beveutung in einer Zeit, in velcher der Stuhl des Apostelfürsten von einer Latastrophe und die Kirche mit einer schweren hämsuchung bedroht ist.

Mit den Bischöfen wird zahlreich der Klerus uus allen Ländern erscheinen und in seinem Ge­olge werden Tausende und Zehntausende von Kommen für Pius IX., für das Papstihum und die Kirche begeisterte Laien sein. Wie die bschöfe ihre Diözesen, so bringen die Priester hre Gemeinden mit und die Laien ihre Familien: l. b. sie beten für sie an allen heiligen Orten; die aber zu kommen verhindert sind, weilen in diesen Tagen mit Herz und Gebei in der ewigen Stadt; es ist, wie Pfingsten 1862, ein Fest, reiches eine Weltfamilie feiert. Der Papst er­sheint als der allgemeine Vater dieser Welt­amilie. Er ist ja das Licht, welches leuchtet den Böllern, er ist der Eckstein und das Fundament der Kirche und das Centrum der Einheit; er be­wahrt als der oberste Lehrer die Heilslehre Chrsti, er ist der Vorsteher der Kirche, dem die höchste geistliche Gewalt innewohnt, er ist die krone des Episkopats. Wie Petrus, für den der heiland ein spezielles Gebet zum Beter gerichtet, beauftragt wurde, seine Brüder zu trösten, so vird Pius IX., er der große Märtyrer des Jahrhunderts, bei diesem Säkularfest die Bi­schöfe der Kirche, seine Brüder, wunderbar stärken. Die Bischöfe hingegen, die Inhaber der Lehr=, briester= und Hirtengewalt, ebenso gesendet von Christus, wie Er gesendet ist vom Vater, bringen abermals dem Papste Trost im Uebermaße seiner Leiden; sie hören seine Befehle und erklären, daß, wenn er spricht, sie Christum vernehmen, vennter befiehlt, sie dem Heiland gehorchen. Sie erheben mit dem heiligen Vattr vereint im hohen­priesterlichen Gebete die Hände und flehen, der heilige Geißt wolle, wie er die junge Kirche in den Tagen des Pontifikats Petti gestärkt, so auch in diesen Tagen der Verfolgung sie ver­theidigen, ausbreiten und verherrlichen. Die Bischöfe nehmen entgegen die Kraft der aposto­lischen Segens; der Papst nennt sie abermals dis schönsten, strahlendsten Edelsteine in seiner Krone, ungleich schöner und werthvoller, als diejenigen, die ihm seit sieben Jahren 1860 bis 1867, die Gewaltigen der Erde gewissenlos aus­schrochen haben. Mit dten Oberbirten vereint

stehen die Priester, die Blüthe aus allen Ländern der Erde, der Stolz und der Schmuck des Exie­kopats, durch die Bischöfe in innigster Verbin­dung mit Pius IX. und durch ihn mit dem Heiland wie die Rebe mit dem Weinstock. Alle aber finden das Vorbild ihrer Einheit in der ewigen Einheit des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Gott, der Herr des Friedens und der Liebe, waltet unter ihnen und ein un­aussprechliches Glück überströmt Alle, welche der hehren Feier anwohnen.

Am 29. Juni 1867 wird der Welt wieder recht eindringlich die Wahrheit jenes Wortes des Herrn nahegelegt: Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht über­winden.Wunderbares Wort! Biel Herrliches ist von den Bätern, von geistreichen Schrift­stellern, von liebeglühenden Rednern über das Papstthum gesagt worden, nichts vermag aber diesem Lobspruch gleichzukommen. Die gesammte schriftliche Geschichte hat viel Licht über denselben gegeben, aber bis jetzt noch nicht alles Göttliche entwickelt, das darin enthalten ist; immer mehr enthällt sie es und wird es enthüllen; denn je schrecklicher die Pforten der Hölle toben, desto ge­waltiger wird sich auch der Fels zeigen, welcher siegreich ihnen trotzt. Wunderbares Wort des Herrn: auf diesen Felfen will ich meine Kirche bauen. Welche Kirche? Die Völkerkirche, welche die ganze Welt umspannen soll. Welche Kirche? Den ewigen Tempel, den keine Zeit zusammen­stürzen sieht. Welche Kirche? Den Gottesbau, der hoch empor bis in des Himmels Höhen Wunderbarer Felsenmann, der diesen erhabenen, sewigen, unermeßlichen Bau trägt, denselben ffestigt, schützt wider die sonst Alles bezwingende Macht des Besen. Achtzehn Jahrhunderte sind seit jenem Worte vorübergegangen, Jahrhun­derte voll der Stürme, der Kriege, der Revo­lutionen, reich an Unheil und Verderben; der Felsen aber ist geblieben. Achtzehn Jahrhunderte begruben so viele Geschlechter, so viele Throne, so viele Reiche; der Felfen aber ist geblieben. Die gewaltigsten Herrscher der Welt boten wider Petn Stuhl ihre ganze Macht auf; eitles Unter­fangen! Der Feisen ist geblieben. Die gewal­tigsten Geister bekämpften Petri Stuhl mit allen Waffen der Gelehrsamkeit, des Genies, des Spottes; der Felsen ist geblieben. Ganze Bölker tobten wider Petri Stuhl; der Felsen ist ge­blieben. Und welche furchtbaren Gewitter sind in unsern Tagen über den apostolischen Stuhl dahingebraust? Welche schreckliche Gefahren be­dräuten Pius IX.? Was ist vas für ein neuer gewaltig verstärkter Kampf, den die Pforten der Hölle in diesen Tagen begonnen? Pius IX. ist am 16. Juni 1867 in das zweiundzwanzigste Jahr seines Pontifikats getreten. Welch eine lange schwere Leidenszeit in diesen abgelaufenen einundzwanzig Jahren? Kaum ist über einen Popst eine solche Fülle des Leidens gekommen. Wir haben wiederholt von diesen Leiden an dieser Stelle gesprochen, wir wollen Gesagtes nicht wiederholen. Darum aber auch ist es Pius IX. vorbehalten, die achtzehnhundertjährige Gedächt­nißfeier des Martyriams Petri zu begehen. Die Bedeutung des Martyriums für das ganze Papst­thum ist schon angedeutet worden.

Pius IX., umgeben von Hunderten von Kirchenfürsten aus allen Welttheilen und aus allen Zonen am 29. Juni 1867, er, den wir den großen Martyrer des neunzehnten Jahr­hunderts nennen dürfen und Petrus, der erste Papst, wie er seinen Einzug in Rom hält, um daselbst als der Erste zum Lohne für seine Ar­beiten gemartert zu werden welch' ein Kontrast! Petrus kommt:ein Fremdling in ärmlichem

Gewande, mit Händen von schwerer Arbeit ge­härtet, bedeckt mit Staub, baarfuß oder mit ge­ringen Sandalen bekleidet. Schon von Ferne erblickt er auf dem Kapitol, dem Mittelpunkt und Ausdruck der Größe Roms Jupiters Tempel, welcher die Stadt und die ganze Welt beherrscht, links und rechts am Wege herrliche Mormorpaläste, auf allen Plätzen Tempel und Götterbilder, alle aber überragt von der maje­stätischen Kuppel des Pantheon, dem Tempel alle: Götter, der vor nicht langer Zeit war er­richtet worden; eine zahllose Menge drängt sich auf den Straßen der ungeheuren Stadt nach den Amphitheatern zu den Kämpfen der Gladiatoren, um beim Aunblick ihres Blutes sich zu berauschen, nach den Theatern, um die mimischen Darstel­lungen zu schauen und alle niederen Leidenschaften an ihnen zu nähren; nach dem Cirkus, wo ge­rade ein derühmter Wagenlenker seine Triumphe seiert. Dahin kommt Petrus, um den unbe­sannten Gott zu verkünden, die falschen Götter zu stürzen; den Gott, der zwischen zwei Ver­brechern ist gekreuziget worden, er, der unbekannte verachtete Jude, der in seinem Leben großentheils damit beschäftigt war, den Fischfang zu betreiben und seine Netze zu stricken; er kommt eine Lehre zu verkünden, die den Stolzen und Sinnlichen eine Thorheit scheint und welche allen Lastern den Krieg erklärt, denen diese Stadt Tempel erbaut hat; den Reichen verkündet er, ihren Reichthum zu verachten und zu verlassen, den Philosophen ihre Einsicht zu beugen unter das Joch des Glaubens, dem Kaiser abzulegen seine Würde als Oberpriester und religiöses Haupt seines Volkes; er will das Heidenthum stürzen, das Indenthum überwinden und auf ihren Trüm­mern die christliche Kirche aufrichten. Und nicht Rom allein oder Griechenland, nicht den Galliern blos oder den Germanen, Allen sollte das Kreuz verkündet werden auf der ganzen Erde soll Christus und seine Lehre geprediget werden.

Das Heidenthum nimmt diesen Kampf sofort mit dieser neuen, unerhörten Lehre auf und es bietet in diesern Kampfe Alles auf: die Macht der Materie, die Macht der Sinne, die Macht des Geistes; es führte die höchsten Kräfte dem Chri­stenthum entgegen, seine Widerstandskraft dem Christenthum gegenüber war die mächtigste, die nur immer den Menschen zu Gebote steht. Den Jüngern ergeht es nicht besser, als es dem Mei­ster ergangen; sie vergießen ihr Blut für die Lehre, Petrus stirbt am Kreuze im Jahre 67. Aber die Lehre siegt.Kaum ist ein Jahrhun­dert vorüber und überall erhebt sich das Kreuz; nicht lange nach ihrem Entstehen schon ist die Kirche verbreitet weit hinaus über die Grenzen des römischen Weltreiches. Nach zehn­znaliger Verfolgung, nach dreihundertjährigem Kampfe besteigt die Religion des Kreuzes den Thron des Weltherrschers. Rom stürzt, es wird die Beute und Sklavin der Barbaren, die Kirche steht und breitet weiter und weiter sich aus, neue Staaten werden gegründet, neue Reiche erheben sich über den Trümmern der alten Welt sie empfangen den Glauben an den Gekrenzigten auch sie fallen wieder, die Kirche steht und immer weiter dehnt sich aus ihr Reich. Der Bestand der Kirche, das ist das göttliche Werk, fortwäh­rend von Jesus gewirkt durch alle Jahrhun­derte und für alle Zeiten; das Werk des Chri­stenthums ist die mächtigste, weittragendste, groß­artigste Erscheinung, welche je die Welt gesehen hat; es hat ein völlig Neues hervorgerufen in Erkenntniß, Sitte, Welt= und Lebensanschauung es hat mit schöpferischem Odem alle Gebiete des Daseins angehaucht, Wissenschaft und Kunst, die Ordnung der Familie wie des Staates, das ver­borgene Leben der Seele wie das Urtheil der

Oeffentlichkeit durchdrungen, und in seinem schöpferischen Geiste neue Bildungen und For­men geschaffen. Dreimal hat seit achtzehnhundert Jahre die Erde ihr Angesicht geändert und in jedem dieser Zeiträume war es ein Kampf auf Leben und Tod. Die Sophistik des Heidenthums, gestützt auf das Schwert des Imperators, die Häresie des Mittelalters im Bunde mit Barba­rei und sittlicher Versunkenheit, die Pfeudophi­losophie mit ihrem Gefolge, dem Despotismus und der Anarchie das waren die Mächte, mit denen das Christenthum den Kampf aufzuneh­men hatte. Aber das Schwert des Verfolgers ist längst gebrochen, die Häresien sind vergessenund die Revolutionen haben noch immer der Kirche Heil gebracht. Sie allein steht aufrecht mitten in einer Welt von Ruinen.

Möge die Bedeutung des großen katholischen Weltfestes von allen Katholiken des Erdkreises recht erfaßt werden; möge insbesondere der Kle­rus alle Kraft aufbieten, um den Gemeinden ein rechtes Verständniß beizubringen, damit bei Allen, die eines guten Willens sind, sich mehre die Bekenntnißfreudigkeit, sich steigere die Opfer­willigkeit und neu befestigt werde die Ueber­zeugung von der Unüberwindlichkeit unserer heiligen Kirche und ihrer Dauer bis an's Ende der Zeiten. Mögen wir Alle von diesem Cente­narium an mit stärkerer Begeisterung unsere Arbeiten im Weinberge des Herrn fortführen! Das Fest gibt uns Gelegenheit, auf die Lauen zu wirken und sie zur Entschiedenheit zu drän­gen; es bietet uns eine neue Waffe den Feinden der Kirche gegenüber, die nun einmal das Groß­artige einer achtzehnhundertjährigen Existenz anerkennen müssen, eine Parallele in der Welt­geschichte nicht auffinden können und die über­natürliche Lebenskraft der Kirche nicht zu erklä­gen vermdgen.

Berlin, 25. Juni.

Unter den noch in der letzten Zeit an das Abgeordnetenhaus abgegangenen, also nicht er­ledigten Petitionen befindet sich auch eine aus Köln, in welcher dasselbe gebeten wird, bei der Staatsregierung die Einlösung der vom preu­ßischen Staate seiner Zeit geprägten und veraus­gabten; theils minderhaltigen, theils werthlosen Friedrichs'or zu befürworten. Dieselben stam­men aus den Jahren 1750 und 1751, Werth per Stück 4 Thlr.; aus 1755 und 1757, Werth per Stück 3 Thlr. 10 Sgr.; aus 1763 und 1765, Werth per Stück 3 Thlr. 15 Sgr; aus 1754, 1758, 1760 und 1761 ganz werthlos; aus 1759, Werth per Stück 1 Thlr. 15 S, und aus 1766, Werth per Stück 1 Thlr. 20 Sgr. In der Petition heißt es u..:Unser Schatz ist gefüllt, unser Vaterland erweitert sich fort und fort und ist reich geuug, auch einen früheren Mißgriff zu bezahlen, für den es viel­leicht streng juristisch nicht mehr verantwortlich sein wag. Aber unser Rechtlichkeitsgefühl, unser Stolz empört sich bei dem Gedarken, es kursirt im Vaterlande falsches, werthloses, von unsern Vorfahren amtlich geprägtes und verausgabtes Gold, dessen Echtheit weder das Bildniß noch das Wappen unseres größten Königs deckt, das unsere öffentlichen Kassen in Zahlung zurück­zunehmen sich weigern, das deshalb, Schadens­halber, anzunehmen Jeder sich hüten muß. Ge­wiß wird darum jeder preußische Bürger mit Be­friedigung die Maßregeln begrüßen, welche dieser Selbstbeschämung ein Ziel setzen.

Der Posener Magistrat hat an das Staats­ministerium eine Petition gerichtet, in welcher er um Zulassung der Realschul=Abiturienten zum juristischen und medizinischen Studium bittet.

Die Berl..=Ztg. schreibt: Die englischen Blätter veröffentlichen eine angeblich von dem Kaiser Maximilian in Mexiko erlassene Prokla­mation, in welcher er den auf seiner Sache ruhenden Fluch der Schimpflichkeit und Lächer­lichkeit auf das Haupt des Kaifers Napzleon wälzt. Wir bezweifeln sehr die Echtheit dieser Urk. nde und nehmen vorläufig von der Wieder­gabe derselben Abstand im Hinblick auf den§ 79 des Strafgesetzbuches, und die demselben wieder­holt auf Anstehen des Hru. Venedetti von pren­Fischen Gerichtshöfen gegebene Anwendung.

Wie die V. Z. erfährt, haben unter Andern die Herren Borsig und Eckert für ihre Maschinen in Paris die goldene Medaille erhalten.

Wie dieRef. weiß, soll bei Aufhebung der Lotterien in den annektirten Landestheilen die preußische Lotterie um das Doppelte ver­größert werden.

Die Ehreupromotionen bei der jetzigen Jubelfeier der Universität Halle sind folgende: Theologische Fakultät: Direktor Kramer in Halle, Präsident Noeldechen in Magdeburg, Konsisto­rialrath Superintendent Dtyander in Halle, Prof. Dr. Flügel in Leipzig, Pfarrer Wilkens in Wien, Professor Camphausen in Vorn, Prof. Plitt in Gnadenfeld, Missionar Schaufler in Konstantinopel. Juristische Fakultät: Ge­

heimer Re ierungsrath und Direktor Engel in Berlin, Professor Hegel in Erlangen, Minister a. D. Jatcini zu Florenz, Porlame tsmitglied John Stüart Mill in London, Professor Wacker­nagel in Basel. Medizinische Fakultät: Hoff­meister, Professor der Botanik in Heidelberg, Heuneberg, außerordentlicher Professor in Göt­

tingen, Moritz Traube in Breslau. Philo­sophische Fakultät: Ministerpräsivent Graf von Bismarck, Kriegsminister v. Roon, Minister v. Mühler, Chef des Generalstabes der Armee General v. Moltke, Literat Otto Michaelis zu Berlin, Kondirektor Adler zu Halle, Gutsbesitzer v. Nathusius zu Hundisburg, Professor Doubree in Paris, Renyer in Paris, Mitglied des In­stituts.

Wir haben, schreibt dieZukunft, neulich zu verzeichnen gehabt, wie feindselig die orthodor­lutherische Partei sich dem durch die Annexionen geschaffenen Zustande gegenüberstellt. Nicht viel freundlicher gestaltet sich die Stimmung in ent­gegengesetzten Kreisen. Dem StuttgarterBe­obachter schreibt man aus Hannover:In Preußen standen vor 1866 alle Logen unter einer von den 3 Großlogen in Berlin. Sämmtliche preußische Logen nehmen keine Juden auf. Nun waren in den neu annektirten Ländern 2 Groß­logen thätig, eine hier und eine in Frankfurt a. M. Außerdem sind 2 jüdische Logen in Frank­furt, von denen eine unter der Großloge in Hamburg arbeitet, und eine hessische Log;, die im

Augenblicke auch die Großloge für Hessen­Darmstadt im Schooße hat. Do nun in Berlin die Absicht obwaltet, alle Logen dort zu konzen­triren, so ergeben sich schwierige Verhältnisse. Eine Loge hier in Hannover deckte sofort; die Stuhlmeister der hannoverschen Logen(14 an der Zahl) kamen vor einiger Zeit zusammen und beschlossen, die haunoversche Proßloge möge 1. den König von Hannover ersuchen, im In­teresse der Loge sein bisheriges Protektorat auf­zugeben, 2. den König von Preußen um neue Genehmigung bitten. Die Großloge kam zu­sammen, gerieth in Streit und löste selbst auf. Die Anhänger des alten Königs leisteten zu großen Witerstand. Was weiter wird, ist noch ungewiß. Ungewiß steht es ebenfalls mit Frank­furt. Wohin mit den Judenlogen auf dem Boden preußischer Tolerunz? Wohin mit dem bisherigen Gaste aus Hessen? Vielleicht darf die Frankfurter

Die

Rovesle von Engen

VIII. Kapitel,

wllertei Venigkeiten.

2.

In dem Zeitraum von Mai 1861 bis Oktober 1862 waren bei der Erbin Erscheinungen zu Tage getreten, aus denen man schließen konnte, daß er hr mit deu guten Vorsätzen wirklich Ernst gewesen ei. Fiel. Be rauch im Anfange ihrer: Bekehrung zu­weilen noch in ihre alten Schwächen zurück, so be­mühte sie sich doch, standhaft auf dem neuen Pfade autzudauern, und wirklich besaß sie so viel Willens­kraft, eine gute Portion ihres Leichtsiuns, ihrer Flatterhaftigkeit abzulegen; freilich war auch für sie dies Entführungswagniß ein starkes Memento ge­besen, ihne Seele aus ihrer Betbargie auszurütteln. Aller Mühe aber, die sie sich gab, ungeachtet, hatte e doch einen Fehler, eine grenzenlose Putz= und Verschwendungssucht, nicht zu händigen vermocht, die so weit ging, daß der Kanzleirath um dieser Pauge, der übermächtig wurde, und auf die Länge Jiusen und Kapital zu verschlingen drohte, vorzu­Lengen, ihr durch Familienraths=Beschluß ein Firum hatte norwiren lassen, was sie nicht überschreiten durfte.

Wie leicht denlbar trug Mühlenbach dem Ver­eiller das Anschlages, der Umn den Zassaras ent­

bunden, einen auhaltendep Groll und Jugrimm nach,

E manipulirte und kabalirte,Ruzelbaum die Erbin, urd dieser Razelbaum, der nach Ablaus seiner Dienstjahres ein Placement als erster Korrespondent einem großen Geschäfte's erhalten hatte, zu eerleiten. Ruzelbaum war aber kaum mehr von Gauny zu entfernen und diese sowohl als jener recht #t den Feind kennend, der sehr geschickt seine Fäden #un, hielten desto fester zusammen. Unsere Heldin enersets und der Kaufmann andererseite hatten

während ihrer Bekanntschaft Gelegenheit gehabt, eingehender die Charaktere des Andern zu ergründen und hierbei waren sie zu folgendem Resultate ge­kommen.

Je nach den individnellen Anlagen eines Jeden waren natürlich die Ansichten und Gedanken diver­girend. Die Erbin sah in Ruzelbaum den Lebemann, den Bonvivant, der seines eigenen Wandels willen eher geneigt war, über ihre Fehler und Thorheiten den Mantel christlicher Liebe zu breiten. Daß dieser sie gerne hatte, das leuchtete ihr aus mancherlei Kleinigkeiten ein, in denen sich der weidliche Scharf­sinn schwerlich täuscht und darum war das Resumé ihrer Auslassungen in einen Heirathsantrag zu willigen, sobald Ruzelbaum denselben, woran sie übrigens zweifelte, machen würde.

Bei dieser Auffassung der Sachlage vergaß aber die Erbin die Motive zu prüfen, welche Jenen zu seinem friedfertigen, einschmeichelnden, hingebenden Benehmen bewogen. Ee war richtig von ihr raiso­

pirt, daß Niemand dem Andern etwas vorzuwersen sabe; Fanny verlor aber aus den Augen, daß uzelbaum sie sicherlich ihrer Tugenden wegen nicht lehmen würde. Ruzelbaum, ein leichter Vogel, der luch vom Gesichtspunkte eines solchen aus die Ehe betrachtete, spekulirte aber und das entging der Erbtochter weniger auf ihre Person als ihr Ver­mögen. Sein elterliches Erbtheil war, weil eine Menge Geschwister daran participirten, kaum nennens­werth und zudem hatte er schon eine tüchtige Quote desselben durchgebracht. Er allein unter den drei Bewerdern hatte sich im Sattel behauptet und über­schlug er sämmtliche Pro's& Contra's, so ergab sich als Totalziffer die, daß ihm wahrscheinlich keine gebratene Taube mehr in den Mand fliegen würde, und daß er die saure Zuthat, die die Taube mit­brachte, in den Kauf. nehmen mußte. Es war daher durchaus nicht auffallend, daß Ruzelbaum und die Erbin sich zu einer Verbindung für's Leben ohne vicles Sträuben einigten. Fauny beschleunigte die Sache, um der lästigen Plackereien ihres Vormundes, mit dem sie nur den nöthigsten

Umgang pflog, überhoben u sein und in den Genuß ihres Vermögens, dessen Verwaltung durch ihre Ver­heirathung an ihren Ehegatten überging, vor er­reichter Bolljährigkeit gesetzt zu werden. Nach einer Verständigung mit Ruzelbaum hinsichtlich dieses Punktes begab sie sich zum Kanzleirath und bat denselben auf gütlichem Wege um seine Zustimmung. Nein, und nochmals nein, so lange ich Vormund bin, hatte der perorirt,gebe ich mein Jawort, eher ließe ich mir den Kopf abhauen.

So, hatte Fauny ruhig geantwortet,dann lassen sie sich den Kopf abhauen, denn ihr Jawort bekomme ich doch und ihm unter vier Augen etwas erzählt, was den Wolf in ein Lamm verwandelte. Was war das? Sie hatte auf die Eutführungs­geschichte angespielt und ihm so deutliche Weisungen ertheilt, daß der Kanzleirath plötzlich gehorsam, Alles that, was seine Mündel befahl, und ihr zu schnellerem Verlauf der gesetzlichen Schritte diensteifrig behülf­lich war.

Anfangs August 1862 hatte die Erbin den Kauf­mann geheirathet und als Theodor nach Hause kam, stel sein Blick auf eine Karte am Spiegel, auf der in zietlichen Buchstuben zu lesen war:

Unsere heute vollzogene eheliche Verbindung be­ehren wir uus Ihnen ergebenst anzuzeigen.

Arthur Ruzelbaum, Fanny Ruzelbaum, geb. Schneidehardt.

K. und Riesendung im August 1862.

Als die Tranung geschehen, hatten die Vermählten die Flitterwochen in der Schweiz zugebracht und waren nach Verlauf eines Monats wieder in K. eingetroffen, wo Ruzelbaum die bei den Bank­häusern niedergelegten Kapitalien seiner Frau, un­gefähr 20,000 Thaler zur selbstständigen Etablirung eines Geschäftes erhod. Ein passendes Lokal, wie es den Anforderungen der jungen Eheleute genügte, war aber so leicht nicht zu finden und daher verschleppte sich die Einrichtung des Geschäftes bis zum Oktober, in welchem Monat das Paar mit einer Clique Bekannter und Verwandter eine Vergnügungstour

nach dem Gute der Frau Ruzelbaum nach Kiesen­dung unternahm.

Inzwischen blieben die Kapitalien müssig in der Truhe des Kaufherrn liegen.

IX. Kapitel. Die Rheinpartie.

1.

Wir befinden uns im Spätherbste. Die rauhen Nächte und die kalte Witterung haben das Laub der Bäume gebleicht, welk ist das Gras und verdorrt sind die Blumen des Sommers, die Lieblinge, Proserpinas. Sonnenblumen und Georginen, auch Dahlien genannt, wiegen melancholisch ihre Häupter auf den geblichen Stengeln, hat sie doch der wilde Geselle, der Vorläufer des Winters, ihrer bolden Schwestern beraubt und sie einsam zurückgelassen in den öden Gärten ale Hüterinnen der leeren Kar­toffel= und wemüsebeete, als Trösterinnen der Birn­und Apfelbäume, welchen der Mensch tückisch ihre Frucht genommen. Morgens und Abends streicht schon ein kalter Wind über die kahlen Steppelfelder und dringt binein in die Häuser und Biehställe, daß sich Mensch und Thier enger aneinander schmie­gen und sich Mittags gar gerne den wohlthätig erwärmenden Sonnenstrahlen aussetzen. Abende kauern die Bewohner um den glühenden Herd und suchen sich des Fröstelns zu erwehren, das sie un­willkürlich befällt, die Thiere verkriechen sich in ihre Streu, wo sie in ihrer Sprache sich Märchen erzählen.

Wir sind in der Uebergangsperivde angelangt, in der Alles Animalische, mehr an Hitze, denn Kälte gewöhnt, um so empfindsamer für letztere ist.

Der Herbst hat aber auch, neden manchem Unan­genehmen wie alle Jahreozeiten seine Annehm­lichkeiten und schönen Tage. Wenn es Nachts nicht allzustark gereift, so bedecken am frühen Morgen Rebelmassen die Landschaft, aus dem Wasser steigen verdichtete Dünste auf und verschleiern die Ströme, Teiche und Seen. Erklimmt an einem solchen Tage der Wanderer einen Berg, so wird er ein wunder­

sames Naturschauspiel genießen. Trüb röthlich er­scheint ihm mit den Wolkenschichten kämpfend ein kleines, helleres Fleckchen. Das Fleckchen vergrößert sich allmälig, es wird leuchtender, strahlenver; man erkennt das Meteor, das Gott erschaffen, der Erde Licht und Wärme zu bringen. Lauge müht es sich ab, dem guten Prinzip vergleichbar, die Finsterniß zu durchdringen, und plötzlich, fiebe da, zerreißt der Wolkenflor und prangend in seiner goldenen Pracht zertheilt das leuchtende Tagesgestirn die bösen Dünste, die eilig vor dem Lichte in ihre Löcher und Erd­spalten flüchten, aus welchen sie bei der Dunkelheit hervorgekrochen. Nach und nach klärt sich die Land­schaft, man gewahrt in der Ferue wie auf einer Landkarte die weißgettuchten Bauernhäuser mit ihren verschnörkelten Zierrathen und Giebeln, mit ihren Rebstöcken und Epheuranken, die Scheunen, Ställe, aus denen die Herden hervorhüpfen und munter blökend den Wiesen zugetrieben werden. Undeutlich durch die weite Entfernung sieht man auch die Kirchthurmspitzen der Städte und Dörfer, den Fluß, der sich in Schlangenwindungen durch das Thal zieht, die Dampfschiffe mit ihrem riesigen rauchenden Schlot und die weißen Segelbarten mit den großen lateinischen Segeln. Die Sonne hat den Nedel besiegt und der Tag wird warin, sogar schwül werden. Hat die Natur sich in dieses Ge­wand gehüllt, so ist der letzte Termin zu Land­partien und Ausflügen gekommen und die Städter und reichen Gutsbesitzer suchen diesen Scheideblick des Sommers zu erhaschen und davon zu prositiren.

An einem der wundervollen Herbsttage, wie wir sie zu schildern versucht, fand sich eine gewählte Ge­sellschaft in Riesendung, dem Orte, wo der größte Theil unserer Novelle spielt, zusammen. Sie bestand aus unserer Heldin, ihrem Gatten, dessen Schwester, einiger Freunden und dem Kanzletrath Mühlenbach, den man Anstandshalder mit seiner Gattin geladen. Früh Morgens waren die Herren und Damen mit dem Dampfboote angekommen und hatten ihr Ab­steigequartier bei dem Pächter anfgeschlagen, der den Schulzeuhof gemiethet. Wie das so unter Leuten