1860.
Echo der Gegenwart
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22. Dezember.
samstag.
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Echo der Gegenwart
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Nr. 352.
Magyarischer Freiheitssinn.
Es ist eine Wahrheit, welche die Geschichte aller Zeiten lehrt und die Erfahrung aller Tage uns zeigt, daß unter allen staatlichen Parteien die Volksparteien die unduldsamsten, gewaltthätigsten und herrschsüchtigsten sind, sobald sie irzend eine Gewalt erlangen, und daß, während ihr Mund stets überfließt von Reden über Menschenwürde, Bruderliebe und gegenseitige Achtung, über Gestattung freien Wortes und freier Ueberzeugung, brennender Haß im Herzen kocht gegen Alles, was nicht ihrer Partei angehört. Es möchte deshalb nicht undienlich sein, doaran zu erinnern, wie die magyarischen Volksmänner die Freiheit verstanden, um zu erkennen, was
wir auch bei den jetzigen Bewegungen zu erwarten haben. Mailath erzählt in seiner Geschichte Ungarns vom Jahre 1843, unter der Regierung des nachgiebigen Ferdinand:„In Folge des Gesetzes, welches auf dem letzten Reichstag über die ungarische Sprache war gebracht worden, arbeitete nun die Opposition auf die Magyarisirung aller Bewohner des Landes hin. Die Aufgabe war nicht gering, denn bei einer Bevölkerung von 12 Millionen zählte das Land, Siebenbürgen ausgenommen, nur 5 Millionen Magyaren unter 5 Millionen Slaven, 2 Millionen Deutschen und Walachen. Der Adel in den slavischen Komitaten war größtentheils magyarisch gesinnt, das Landvolk nicht. Das germa nische Element— der Deutsche verkauft bekanntlich seine Nationalität um jedes Linsengericht— neigte sich in der größern Zahl dem Magyarismus zu; in einzelnen Städten behauptete die deutsche Nationalität das Uebergewicht. Wenn die Opposition sich Zeit gelassen hätte, würde die magyarische Sprache unangefochten den Sieg davon getragen haben; so aber stürmte sie rücksichtslos einher.“ Manches Komitat weigerte sich, Recht zu sprechen, wenn die Urkunden nicht ungarisch geschrieben waren. In anderen Komitaten wollte man die Bauern zwingen, sich ungarisch zu kleiden. Endlich wollte man die Massen mit Gewalt magyarisiren. Dies führte zum Kampf mit Kroatien, Serbien und den protestantischen Slaven in den Karpathen. Die Opposition sagte: Kroatien muß magyarisch lernen; wenn es nicht will, muß man es zwingen. Man behandelte überhaupt Kroatien verächtlich. Man tastete den Grundvertrag an, kraft dessen sich vor 700 Jahren Kroatien an Ungarn angeschlossen hatte. Kossuth sagte öffentlich:„Wo ist Kroatien? Auf der Landkarte finde ich es nicht. Es ist ja so klein, daß es für ein Frühstück nicht hinreicht.“ Und später:„Ich werde nie und nimmer unter der heiligen Kroue Ungarns eine andere Nation anerkennen, als die magyarische; ich weiß sehr wohl, daß es Menschen und Racen gibt, die eine andere reden, doch mehr als Eine Nation gibt es nicht im Land.“ Die Agitation zur Magyarisirung der Slaven in den Karpathen bewegte sich zumeist auf dem Boden des Protestantismus, denn die Anhänger der Augsburger Konfession, über eine Million stark, sind größtentheils Deutsche oder Slaven. Der weltliche Ober=Kurator, Graf Vay, erließ ein Schreiben an die Superintendeuten, worin er den Satz aussprach: Protestartismus und Magyarismus gehen Hand in Hauo. Er dbrängte mit aller Gewalizur W6ggzisrung. In den Konventen wurden scharfe Beschlage gegen den Slavismus gefaßt. Besonders zeichnete sich der Pesther Konvent aus. Hier führten
Kossurh und der Advokat Benyoosky das große Wort, und da nach dem Prinzip der Oeffentlichkeit eine Masse Juraten zugegen sein konnten, mußten die protestantischen Prediger unterliegen. Die Prediger, die nicht magyarisch werden wollten, wurden Landesverräther gescholten, im gewöhnlichen Leben gehöhnt, ihre Namensunterschrift mit schmählichen Beinamen befleckt. Selbst die Kirchen wurden Slaven und Deutschen versperrt. Bei der Besetzung protestantischer Predigerstellen wurde nicht auf das sittliche Benehmen, nicht auf Kenntnisse Rücksicht genommen, sondern einzig und allein, ob der Kandidat der magyarischen Sprache mächtig sei. Derjenige Geistliche galt für den besten, der den slavischen Kindern den magyarischen Katechismus am tüchtigsten einzubläuen vermochte. Wenn in einer Gemeinde nur ein Paar protestantische Magyaren waren, wurde der Gemeinde ein magyarischer Prediger gesandt. Manche Gemeinde wollte solche Prediger nicht annehmen, und das betreffende Komitat ließ die Widerspenstigen als Widersacher der magyarischen Sprache mit Stockstreichen züchtigen. Dieß habe, hieß es, die Würde und Majestät der Nation erheischt. Doch genug dieser Dinge. Wer mehr hören will von ungarischer Freiheit und ihren Helden, der lese Mailath's Geschichte. Wir wollen nur damit hinweisen auf die alte Erfahrung, die wir ja auch in Schleswig=Holstein bestätigt sehen. Jahrhunderte lebten die Deutschen dort zufrieden und glücklich unter den unbeschränkten Königen. Als aber die Volkspartei in Kopenhagen siegte, als das Kasino und die Volkszeitungen zu herrschen begannen, da brach auch die Wuth gegen alles Nichtdänische aus, und die Männer dänischer Volksfreiheit sind die Henker deutscher Nationalität und deutschen Rechts. So also handeln andere Völker. Was thun die Deutschen? Unter fremden Völkern verleugnen sie ihr Deutschthum, in Deutschland selbst aber freuen sie sich, wenn fremde Völker Deutsches zerstören und vertreiben. Und Das alles um der Freiheit willen! Ja, laßt sie nur frei werden diese Italiener, Kroaten, Magyaren, Polen und Czechen vom österreichisch=deutschen Joche, sie werden euch eure Theilnahme und Beihülfe reichlich und treulich anstreichen.
Unsere Wahlen.
Vom Rhein, 20. Dez. Im Verlaufe der letztverflossenen Monate haben die Wahlen neuer Gemeinde=Vertreter fast überall und in mehreren Kreisen unserer Provinz die Wahlen von neuen Mitgliedern des Abgeordnetenhauses stattfinden müssen. Bei dieser Gelegenheit hat sich dennoch einmal wieder die bedauerliche Erfahrung herausgestellt, daß die Betheiligung der Berechtigten in gar keinem Verhältnisse zu der Wichtigkeit dieses politischen Aktes gewesen ist. Wenn es wahr wäre, daß wirklich die bloße Gleichgültigkeit die Ursache einer solchen Theilnahmlosigkeit sei, dann würde es, nachdem Preußen unwiderruflich ein Repräsentativstaat geworden ist, eine unabweisbare Pflicht der Regierung sein, Alles aufzubieten, um die öffentliche Theilnahme an diesem wichtigsten politischen Rechte zu erwecken und zu steigern. Wir haben indeß keinesweges Grund zu der Annahme, daß es dem preußischen Volke an Sinn und Verständniß dieses Rechtes fehle; wir werden sogar von dem Gegentheile überzeugt, sobald wir nur in die Kreise hinein
lauschen, in denen bei gegebener Veranlassung die Frage der Wahlbetheiligung besprochen wird.
Wohl ist es wahr, daß unter dem ManteuffelWestphalen'schen Regiment fast allgemein gesagt wurde, es nutzt zu nichts, weil die Regierung, den Kammern gegenüber, doch thut, was sie will. Allerdings läßt sich nicht leugnen, daß das vorige Ministerium die zarte Knospe des konstitutionellen Lebens reichlich mit Mehlthau bestreut hat, daß es sogar mit Osteutation darauf hinarbeitete, den Konstitutionalismus zu unterwühlen, ihm jede Lebenskraft zu entziehen, nicht etwa um ihn zu gegebener Zeit über Bord zu werfen, nein, um ihnlächerlich und verhaßt zu machen, und durch eine solche gründliche Kur jede Wiederkehr unmöglich zu machen, die nach gewaltsamer Beseitigung desselben immerhin denkbar gewesen wäre. Jenes Regiment hat vollständig verkannt, daß darin zugleich die größte Gefahr für das monarchische Prinzip liegen mußte, und einer solchen Strömung gegenüber läßt es sich begreifen, wenn das Volk, auch ohne auf den Pessimismus zu spekuliren, von der Wahlurne fern blieb. Dank der freien und hochherzigen Entschließung des Prinz=Regenten, Dank der besseren Einsicht und den konstitutionellen Sympathien der gegenwärtigen Regierung: jener heil= und hoffnungslose Zustand hat aufgehört, und es lieg: darin kein Motiv mehr, sich der Betheiligung an der Wahl zu enthalten. Aber anders ist es mit den sozialen Zuständen, nicht bloß in Preußen, nicht bloß in Deutschland: es ist allerwärts dasselbe, in allen Kulturstaaten der Erde. Wollt Ihr wissen, weshalb der Handwerker, der kleine Geschäfts
treibende, der sogenannte Mittelbürger überhaupt, zu wählen scheut? Aus
dem einzigen Grunde, weil er fürchtet, seine Arbeit, seine Kundschaft, seinen Lebensunterhalt auf's Spiel zu setzen, wenn er nicht so wählt, wie Herr., oder der Kaufmann., oder der Geheimrath Z. es wünschen. Allen kann er nicht nach Wunsch die Stimme abgeben, wird also nothwendig Diesem oder Jenem mißliebig, und so zieht er vor, lieber gar nicht zu wählen. Die gesicherte Existenz geht ihm über sein Wahlrecht und— daran thut er wohl. Wer das nicht begreift, der kennt das Leben nicht. Geht nur weg mit der hohlen Phrase, daß man vom freien Manne erwarten dürfe, er werde seiner Ueberzeugung getreu sprechen und wählen.
Von diesen sozialen Zuständen und Rücksichten abgesehen, liegt aber noch ein anderer Grund der mangelnden Betheiligung in unserem Wahlgesetze selbst. Es hört sich so frei und stolz an, wenn es da gleich Anfangs heißt: Jeder Preuße, welcher unbescholten ist, das 24. Lebensjahr zurückgelegt hat, und keine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln genießt, ist wahlberechtigt. Das macht einen Eindruck, als wäre das Wahlrecht bei uns auf breitester Grundlage errichtet. Aber es kommt anders. Da ist erst das leidige Drei=Klassen=System, das von seinem Erfinder, Servius Tullius an bis auf diesen Tag, also volle 2400 Jahre hindurch, nichts Anderes bewirkt, als die Bürger eines und desselben Staates zu zersplittern und unter einander zu verfeinden. Dann kommt die indirekte Wahl, die wenigstens das Interesse und den Einfluß der Urwähler wesentlich abschwächt und beeinträchtigt. Und nun kommt drittens das Schlicmste
des Schlimmen, die öffentliche Wahl. Wir wissen, daß unser Wahlgesetz nur ein provisorisches ist, und geben gerne zu, daß es noch
jetzt nicht an der Zeit sein mag, die Feststellung eines definitiven Wahlgesetzes in die Hand zu nehmen. Diese Zeit wird später kommen, wenn erst vorher der Organismus des konstitutionellen Staatslebens bei uns ausgebaut, wenn erst Gemeinde, Kreis und Provinz ihre richtige Stellung gefunden haben. Bisdahin denken wir noch nicht an ein definitives Wahlgesetz, und nehmen so lange die unvermeidlichen Verkehrtheiten des Provisoriums hin. Aber das hindert nicht, auch jetzt schon eine Forderung geltend zu machen, die ein ehrlicher Wille auch bei diesem Provisorium erfüllen kann: die Aufhebung der öffentlichen und mündlichen Wahl, und statt derselben die Einführung der geheimen Wahl durch Stimmzettel. Das kann geschehen, ohne daß an irgend einer andern Bestimmung des vorhandenen Wahlgesetzes gerüttelt wird. Ohne Zweifel werden bei dieser Forderung von Neuem die alten Scheingründe von dem„sittlich selbstständigen Bürger“ vorgebracht werden, und es wird gewiß auch an Verdächtigungen wieder nicht fehlen, daß man Hintergedanken verberge, wenn man hier ein geheimes und schriftliches Verfahren wolle, während man sonst auf allen Gebieten. Oeffentlichkeit und Mündlichkeit vorziehe. Jene Scheingründe sind längst zu Boden gefallen, und die Verdächtigung Derer, die soziale Interessen mißbrauchen mögen, um die Theilnahme an den Wahlen abzuschwächen, kümmert uns wenig. Es handelt sich einfach darum, daß unsere Wahlen unabhängige, freie Wahlen werden, und das geschieht zweifellos durch Einfüyrung der Stimmzettel. Dann mögen immerhin die indirekte Wahl und das Drei=Klassen=System noch so lange fortbestehen, bis dieselben sich gründlich überlebt haben. Mit der Einführung geheimer Stimmzettel ist die Wahlschen abhängiger Bür
heil. Vater trösten, welches Balsam in die Wunden träufeln wird, die ihm von freventlichen Händen jetzt täglich geschlagen werden, ihm, dem frommen, geduldigen Oberhaupte der katholischen Kirche. Und sollten denn wirklich Diejenigen, die jetzt, allen Glauben, alle Religion verachtend, ihre Hände ausstrecken nach dem Eigenthum der Kirche, sollten sie in diesem Ereigniß nicht den Finger Gottes erkennen, sollten sie nicht abermals darin den Beweis sehen, daß Gott seine Kirche nie verläßt. Die Hand, welche das lange herabgerissene Kreuz wieder aufpflanzte auf die Kirche in Peking, die Hand, welche einer kleinen Schaar den Sieg über Tausende von Heiden verlieh, dieselbe Hand ist auch ausgestreckt über dem Oberhaupte der Kirche, dieselbe Hand wird ihn schützen und seine Feinde züchtigen.— Der Friede mit China ist abgeschlossn; es sind in demselben nicht allein alle materiellen Interessen der verbündeten Staaten gewahrt, sondern es sind auch die der christlichen Kirche ausdrücklich gewährleistet. Gewiß haben die Vertreter der kriegführenden Staaten, welche selbst geuug Beweise von der Treulosigkeit und der Hinterlist der Chinesen erhalten haben, sich für die Erfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten hinlängliche Garantie geben lassen. Als selben führte man bis jetzt auch die Besetzung von Tien=Tsin durch 3000 Mann an, doch wird diese Bestimmung heute widerrufen; der frauzösische General Mortanbon besteht auf Räumung dieses Plotzes und anscheinend hat er hierin nicht unrecht, denn eine Besatzung von 3000 Mann würde in einem Lande von mehren hundert Millionen Einwohnern eine sehr ungenügende Sicherheit bieten.— Ueber das Schicksal der noch nicht zurückgegebenen Gefangenen weiß man immer noch nichts.
Die Feindseligkeiten vor Gaeta haben noch
Stiamzettel ist die Wohschen abhäggiger Bür.] Die Feindselsgeiten gu.g aer fet, dasz
ger gehoben, das Interesse an den Wahten und nicht wieder begonwenz, nag nicht an die nleber.
staatlichen Entwickeluag überhoupt wird bis jetzt, König Franz:.. geesfache das
an der ckelung überhaupt wird wesentlich erhöht, und es wird nicht wieder die fatale Erscheinung zu beklagen sein, daß Wahlen nicht zu Stande gekommen, weil keine Urwähler
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Im nächsten Monate beginm die lehl. Bession
bis jetzt König Franz 14 noh, uim gabe desselben denkt. Es ist eine Thatfüche, Taß er neulich einem der höheren Offiziere von der französischen Marine eine Bastion mit den Worten zeigte:„Unter den Trümmern dieser Mauer werde ich begraben werden.“ Die hel
Vue chte, boengn, u aiganden denmätzige Verheiigung des sungen Seuige
Sommer stehen wir vor neuen Wahlen. Ganz mit seiner kleinen, ihm treu gebliebenen Schaar
gewiß werden unsere Abgeordneten während ihrer nächsten Sitzungen vollauf zu thun bekommen; aber nichts destoweniger dürfen wir uns dadurch nicht abhalten lassen, die Erwartung auszusprechen, daß unser Ministerium veranlaßt werde, die Aenderung des Wahlverfahrens zeitig genug eintreten zu lassen, damit im künftigen Sommer alle und jede Beeinflussung der Wahlen, auch die durch gebotene Rücksichten, vollständig beseitigt und eine lebhafte Betheiligung an dem Wahlakte selbst ermöglicht werde. Irren wir nicht, so hat Graf Schwerin in früheren Jahren für geheime Stimmzettel sich ausgesprochen. Gut denn! Graf Schwerin kann kein Wetterhahn sein.(Elb. Ztg.)
Rundschau.
Aachen, 21. Dezember. In Peking, in der Hauptstadt des himmlischen Reiches, ist die Messe wieder gefeiert, ein Tedeum und Domine salvum gesungen worden. Welch ein Triumph für die christliche, für die katholische Kirche. Das ist ein Ereigniß, welches den
g winnt ihm mit jedem Tage mehr Sympathien bei den Offizieren und den Soldaten der frauzösischen Marine, und es ist eine Thatsache, daß von den Letzteren mehrere an den Gefechten mit den Piemontesen in den Reihen der Königlichen Truppen Theil genommen haben. Einige derselben waren den Piemontesen in die Hände gefallen und mußten von dem französischen General unter dem Vorwande requirirt werden, daß sie des Dienstes wegen am Lande gewesen
Was der Kaiser Napoleon bei dem Wiederausbruch der Feindseligkeiten in Bezug auf die französische Flotte für Bestimmungen getroffen hat, darüber weiß man zwar noch nichts Bestimmtes, jedoch gewinnt die Meinung, daß in den Instruktionen des Admirals de Tinan keine Veränderung vorgenommen, immer mehr Verbreitung und Glauben. Daß Napoleon III., indem er dem König Franz II. den Schutz seiner Flette gewährte, nicht die Absicht hatte, sich zum Champion der Bourbonen in Italien aufzuwerfen, ist gewiß Niemandem zweifelhaft. Aber er wollte dem immer mehr um sich greifenden, ihm unter dem Namen Italien viel zu mächtig werdenden Piemont ein Gegengewicht in der
Chamouny=Thal.
(Fortsetzung.)
Die Genfer beschäftigen sich, wie gesagt, sehr viel mit diesem Riesen der Apen. Ein Theil freut sich, daß sie ihn sehen und bewundern können, ein anderer Theil zollt ihm eine weniger platonische Verehrung. Sie sehen ihn als eins ihrer Elemente zum Reichthum an. In diesem Zeitalter fortwährender Kalkulationen werden die größten, prächtigsten Werke der Schöpfung zuletzt auch nur Gegenstände der Berechnungen. Die Amerikaner beuten ihren Niagara, die Schweizer ihre Berge, ihre Wasserfälle, ihre aus. Wie mancher ehrliche Kaufmann in Genf stattet nicht seine Tochter mit dem aus, was durch den Verkauf von Beschreibungen, Abbildungen und Panoramen des Mont=Blanc verdient hat; wie mancher Gastwirth, der sich zi rückzieht und sein Leben in behäbiger Ruhe be endet, verdankt nicht die Mittel dazu der Nachbarschaft des Mont=Blanc.
Einem Genser war es auch vorbehalten, zuerst den Gipfel dieses von seinen Landsleuten mit Recht so geliebten Berges zu untersuchen.
derr v. Sausture hate seit seinen ge ge, ielge, flüigen nach Ehamouny den Vorsot 9612, g lusigen Gipfel zu ersteigen, der die Hurg uen in diesem Thale auf sich zog und der durg, ein sonderbaren optischen Effekt sich den friedlichen Dörfern, bis zu welchen seine Gletscher sich herabsenken, so nahe zeigt, daß es scheint, als
e man nur einge hur gegesgen#go## gehen
habe, um seine Seiten zu befteigen. Een muthi gen, ausdauernden Naturforscher verfolgte, je
so zu sagen bezauberte dieser Gedanke 25 Jahre lang. Im Jahre 1760 ließ er in allen Kirchspielen des Thales bekannt machen, daß er Demjenigen eine ziemlich bedeutende Belohnung zah# würde, der einen gangbaren Fußsteig entdeckte, auf welchem man zum Gipfel dieses magischen Berges gelangen könne. Er versprach sogar Denjenigen ihr Togelohn zu bezahlen, welche fruchtlose Versuche machen würden. Es wurden deren viele und zu wiederholten Malen gemacht, aber keiner gelang.
Im Jahre 1775 erkletterten vier Führer den ausgezackten Kamm, welcher sich parallel mit dem Gletscher des Bossons erhebt. Von dort aus sahen sie eine Schneedecke sich vor ihren Blicken aufrollen, welche ihnen wie ein großer, schöner Weg erschien. Sie hatten die schwierigsten Hindernisse überwunden, der Himmel war heiter und Alles schien ihr kühnes Unternehmen zu begünstigen. Aber der Glanz des Schnee's, wenn die Sonne ihn beschien, und die Stagnation der Luft ließen sie eine so erstickende Hitze empfinden und verursachten ihnen einen solchen Ekel vor den Lebensmitteln, welche sie mitgenommen hatten, daß sie fast todt vor Hunger und Müdigkeit zurückkamen und sämmtlich krank wurden.
Einige Jahre später versuchten drei andere Führer dieselbe Reise, empfanden dasselbe Unwohlsein und widerstanden nur durch eine ungeheure Anstrengung der durch die Verdünnung der Luft in ihnen hervorgerufenen tödtlichen Neigung zum Schlafe.— Einer derselben versicherte ganz ernsthaft, daß, wenn er diese Reise noch einmal machen solle, er nichts mitnehmen
würde, als einen Sonnenschirm und eine Flasche Essig.
Nun machte Herr von Saussure felbst den Versuch, den Fuß auf das Haupt dieses Riesen zu setzen, der allen seinen Wünschen und allen Anstrengungen der kräftigsten Männer zu spotten schien. Er hatte erfahren, daß zwei Gemsjäger von Fels zu Fels bis zu einer Höhe gestiegen waren, wo sie fast den letzten Kamm des MontBlanc erreicht hatten. Am 12. September 1785 machte er sich mit seinem Freunde Bourrit, der fast eben so sehr für diese Expedition schwärmte wie er selbst, auf den Weg. Er hatte sich vorher von einigen Führern aus Chamouny nahe am Fuße der Spitze des Golté eine Hütte von trockenen Steinen errichten lassen. Nach fünfstündigem Steigen kam er glücklich bei derselben an und blieb die Nacht dort. Er war 8500 Fuß über der Meeresfläche und blickte auf ein Bild, welches er mit einem poetischen Gefühl beschreibt: „Der Abenddunst, der wie ein leichter Gazeschleier den Glanz der Sonne mäßigte und halb die weite Fläche, welche wir unter unseren Füßen hatten, verbarg, bildete einen Purpurgürtel, der den ganzen westlichen Theil des Horizonts umfaßte, während im Osten die von diesem Lichte erleuchteten Schneefelder des Mont=Blauc das großartigste, wunderbarste Schauspiel darboten. Je mehr der Dunst sich senkte und verdichtete, je enger, je reicher an Farben wurde der Gürtel. Zuletzt wurde er blutroth und in demselben Augenblick strahlten kleine Wölkchen, welche sich über demselben erhoben, ein so lebhaftes Licht auf denselben aus, daß sie wie glühende Sterne oder Meteore erschienen. Später, in der Nacht,
war der Himmel ganz rein und wolkenlos; man sah den Dunst nur noch im Grunde der Thäler; die glänzenden, aber durchaus nicht funkelnden Sterne verbreiteten ein schwaches, bleiches Licht über die Berge, welches jedoch ausreichte, um die Massen und die Entfernungen zu unterscheiden. Die durch die Einbildung noch vermehrte Ruhe und Stille in dieser ungeheuren Weite flößten mir eine Art von Schrecken ein. Es kam mir vor, daß ich der einzige Lebende auf der ganzen Welt sei, deren Leichnam ich zu meinen Füßen hingestreckt sah.“
Am folgenden Tage, um 6 Uhr Morgens, machte er sich wieder auf den Weg, stieg über einen rauhen Felskamm, dann über eine Eisbank, dann über eine zweite und gelangte nun an einen steilen, mit lockerem Schnee bedeckten Kegel. Einer der kühnsten Führer untersuchte den Weg und erklärte ihn für unersteiglich. Dieses Mal nöthigte der Mont=Blanc die schwachen Sterblichen abermals zum Rückzuge, welche die stolze Hoffnung gehegt halten, ihn zu unterjochen.
Im folgenden Jahre aber wurde er besiegt und nicht durch eine zahlreiche, mächtige Karawane, sondern durch zwei einfache Einwohner von Chamouny: den Führer Jakob Balmat und den Doktor Paccard. Beide überstiegen seine Bastionen, seine Wälle, seine verrätherischen Schluchten, seine furchtbaren Abgründe und kamen
endlich auf seinem Gipfel an.
Das war ein glücklicher Tag fur Herrn von Saussure, als er diese Nachricht erhielt. Das Problem, welches ihn so lange beschäftigt hatte, war gelöst; der Gipfel des Mont=Blanc war nicht unersteiglich; wenn er dem von Jakob Bal
mat entdeckten Wege folgte, konnte er ihn erreichen. Am 1. August 1787 reiste er mit dem kühnen Balmat und mit 17 anderen Führern ab, welche seine physikalischen Instrumente trugen. Zwei Tage darauf waren seine Wünsche erfüllt, und auf dem jungfräulichen Grat des europäischen Himalaya erhob sich sein Zelt.
Er beschreibt selbst diese Besteigung; er spricht mit einer eolen, rührenden Einfachheit von den Strapazen und Beschwerden, die er zu überwinden gehabt, von den Hindernissen, die sich ihm bei jedem Schritt darboten, von den Gefahren aller Art, denen er trotzen mußte, und mit wahrer Naivität erzählt er das erste Gefühl, welches sich seiner bemächtigte, als er endlich am Ziele seiner beschwerlichen Fahrt angekommen
war. Vera##zen
„Ich empfand nicht das Geignugen— sagte er— welches man sich wohl vorstellen mag. Mein lebhaftestes und angenehustes Gefühl war, daß endlich diese Beunruhigung aufhörte, die mich gequält hatte; denn die lange Dauer des Kampfes, die Erinnerung und das immer noch stechende Gefühl der Schmerzen, welche dieser Sieg mich gekostet hatte, hatten mich in eine gewisse Aufregung versetzt. In dem Augenblick, wo ich den höchsten Punkt des Schnee's, welcher den Gipfel krömt, erreicht hatte, stampfte ich ihn mit einer Art von Zorn nieder.“
Einen Augenblick später war er hingerissen von Bewunderung beim Anblick des ungeheuren Panoramas, welches vor seinen Augen sich entrollte; von der einen Seite die Thäler und Seen der Schweiz, die Berner Alpen; von der andern die Jura=Linie bis Basel; südlich Savoyen und