M 200. Elberfeld, Mittwoch den 26. August 1863. 39. Jahrg.

Politische Tagesschau.

Elberfeld, 25. August.

Wir sind schreibt der Staats=Anzeiger in den Stand gesetzt, nachstehend die Antwort mitzutheilen, welche Se. Majestät der König auf die Collectiv=Eivla= dung der in Frankfurt versammelten Fürsten unter dem 20. d. M. an Se Maj. den Kaiser von Oesterreich gerich­tet hat:Durchlauchtigst Großmächtiger Fürst, besonders lieber Bruder und Freund! Ew. Maj. haben in Gemein­schaft mit Unseren erhabenen Bundesgenossen, den in Frankfurt versammelten deutschen Fürsten und freien Städ­ten, die erneute Einladung an Mich gerichtet, welche Se. Maj. der König von Sachsen die Güte gehabt hat, Mir unter mündlichen Erläuterungen zu überbringen, und beehre Ich Mich, nach sorgfältiger und bundesfreundlicher Erwä­gung des Inhalts derselben, darauf in Folgendem zu er­wiedern. In Meinem Schreiben vom 4. d. M. habe Ich Ew. Maj., neben Meiner Bereitwilligkeit zu zeitgemäßen Verbesserungen der Bundesverfassung mitzuwirken, zugleich die Ueberzeugung ausgesprochen, daß ein solches Werk nicht ohne eingehende Vorarbeiten mit einer Zusammen­kunft der Souveräne begonnen werden könne, wenn der beabsichtigte Erfolg erreicht werden solle, und Ich habe deshalb zu Meinem Bedauern Eurer Majestät Einladung, Mich am 16. d. M. zur Versammlung nach Frankfurt zu begeben, ablehnen müssen. So ungern Ich auch der wiederholten, in ihren Formen für Mich so ehrenvollen Einladung Mich versage, so ist doch Meine Ueberzeugung auch heut noch die, welche Meine Erklärung vom 4. ge­leitet hat, und beharre Ich bei derselben um so mehr, als Ich auch jetzt noch keine antliche Mittheilung der der Berathung zu Grunde gelegten Anträge erhalten habe; dasjenige aber, was auf anderen Wegen zu Meiner Kennt­niß gelangt ist, Mich nur in der Absicht bestärkt, Meine Entschließungen erst dann festzustellen, wenn durch geschästs­mäßige Bearbeitung der Angelegenheit von Seiten Meiner Räthe die zu erörternden Abänderungen der Bundesver­fassung, in ihrem Verhältnisse zu der berechtigten Macht­stellung Preußens und zu den berechtigten Interessen der Nation, eingehend geprüft sein werden. Ich bin es Mei­nem Lande und der Sache Deutschlands schuldig, vor einer solchen Prüfung der einschlägigen Fragen, keine Mich bin­denden Erklärungen gegen Meine Bundesgenessen abzuge­ben; ohne solche aber würde Meine Theilnahme an den Berathangen nicht ausführbar sein. Diese Erwägung wird Mich nicht abhalten, jede Mittheilung, welche Meine Bundesgenossen an Mich werden gelangen lassen, mit der Bereitwilligkeit und Sorgfalt in Erwägung zu ziehen, welche Ich der Entwicklung der gemensamen vaterländi­schen Interessen jederzeit gewidmet habe. Eure Majestät und Unsere in Frankfurt versammelten erhabenen Bundes­genossen bitte Ich, den angelegentichsten Ausdruck bundes­treuer Freundschaft zu empfangen, mit der Ich verbleibe Eurer Majestät freunewilliger Bruder und Freund(gez.) Wilhelm. Baden=Baden, den 20. August 1863. An Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich.

DasFrankf. Journ. veröffentlicht die Depesche des Herrn v. Bismarck an den preußischen Gesandten in Wien, de dato 14. August. Dieselbe enthält die De­tails bezüglich der Einladung des Königs von Preußen nach Frankfurt und schließt: Herr v. Bismarck halte es der Würde des Königs nicht entsprechend, in Frankfurt Vorschläge, worüber Preußen nicht gehört worden, entge­genzunehmen. Zu eigener Initiative sei der Moment nicht geeignet. Sollte gleichwohl Preußen veranlaßt werden, sich

auszusprechen, so könnte es nur in einer nach Velks ahl der Einzelstaaten aus direkten Wahlen hervorgehenden Volksvertretung eine geeignete Grundlage erkennen.

Die Reise des Finanzministers v. Bodelschwingh nach Baden=Baden wird mit recht erfreulichen Verträgen, welche derselbe Sr. Maj. zu halten habe, in Verbindung gebracht. Die Staats=Einnahmen sollen auch in diesem Jahr um ein Bedeutendes sich vermehrt haben, so daß nicht allein die unter den jetzigen Zeitumständen immer dringender sich herausstellenden Armee=Reorganisationen schneller bewirkt werden können, sondern daß auch noch auf eine Gehaltsverbesserung der Beamten Bedacht genom­men werden kann.

Laut Nachrichten aus Frankfurt a. M. machte in der gestrigen, drei Stunden dauernden Conferenz deut­scher Fürsten die Verständigung weitere Fortschritte. Die Direktorialfrage ist als gelös't zu betrachten.

Se. Hoheit der Herzog zu Auhalt=Dessan=Es­

theu hat als nunmehriger Herzog von Anhalt die von der erloschenen Anhalt=Bernburgischen Linie besessenen Lande in Besitz genommen.

Der König von Sachsen hat den eben in der Schweiz verweilenden Kronprinzen von Sachsen nach Frank­furt berufen; es heißt, der König beabsichtige die Heimreise und wolle die Stellvertretung dem Kronprinzen übertragen.

Der am 16 v. M. in Brüssel abgeschlossene allgemeine Vertrag wegen Ablösung des Scheldezolles ist, nach demMoniteur Belge", von der preußischen Regie­rung ratificirt worden. Der Antheil Preußens an dem Ablösungscapital beläuft sich auf 1,670,640 Frcs. Diese Summe soll, nach§. 2 des protocollarischen Abkommens vom 28. März d. I., in zwei gleichen Raten gezahlt werden, deren erste an dem Tage, wo die Erhebung des Scheldezolles aufhört, und deren zweite zwölf Monate nach diesem Zeitpunkte fällig ist. Da die Schelrezollerhebung schon seit dem 1. d. M. gänzlich eingestellt ist, so ist dem­gemäß auch die erste Zahlungsquote Preußens im Betrage von 835,320 Frcs.(etwa 220,000 Thlr.) fällig gewor­den. Wie wir hören, ist wegen Berichtigung dieser Summe bereits das Erforderliche veranlaßt.

New=Yorker Nachrichten zufolge hat die Süd­staaten=Regierung beschlossen, alle körperlich tauglichen Ne­ger zu bewaffaen, um feindlichen Einmärschen entgegenzu­treten; und wie berichtet wird, ist der General Richardson schon im westlichen Tennessee damit beschäftigt, alle heller schattirten Neger zu dreijährigem Kriegsdienste auszuheben; sie sollen zwar keine Löhnung, aber nach Ablauf der Dienstzeit ihre Freiheit erhalten. Die Nachrichten aus Mexico lauten nicht allzu günstig für das französische Regime. Die Generale Ortega und Negretti halten mit ansehnlichen Truppencorps das Feld gegen die F. anzosen. Die Verbindungen zwischen Veracruz und Mexico sind unsicher und nur Züge mit militairischer Bedeckung ohne Gefayr zugänglich.Das ganze Auftreten der Franzosen", so berichtet ein Correspondeut derA. A. Z. aus Mexice, 23. Juli,hat das größte Mißtrauen erregt; selbst die respektableren Conservativen halten sich neutral, weil ihnen klar ist, daß eine furchibare Stunde der Vergeliung schla­gen wird. Nur einige Fauniker oder solche, welche schlechte Forderungen gut zu machen hoffen, stehen auf der Liste der Volkorepräsentanten, die von der provisorischen Regie­rung ernannt werden, um über das Wohl und Wehe der ganzen Republik abzustimmen; außerdem findet sich bei einer Bevölkerung von 180,000 Seelen auch eine Anzahl armer Schlucker, die um einer ephemeren Existenz willen ihre Dienste jeder Regierung widmen."

Elberfeld, 25. Aug. Dem Vernehmen nach wird der Abgeordnete für Berlin, Kreisrichter a. D. Hr. Schulze­Delitzsch aus Potsdam, im Laufe nächster Woche auf kurze Zeit hier eimreffen.

Provinzielles.

Amtliches. Der Königl. Kreis=Baumeister Dre­sel zu Wesel ist zum Königl. Bau=Intpektor ernannt und demselben die Bau=Inspektor=Stelle zu Wittlich verliehen worden.

Barmen, 24. August. Wie sehr die Baulust in unserer Stadt im Zunehmen ist, kann aus dem Umstande entlehnt werden, daß vom 1. Januar bis jetzt an 460 Bauconsense für Um= resp. Neubauten ertheilt wurcen.

(E. Z.)

Kempen, 24. Aug. Als die Eisenbahn von Cre­feld nach Cleve gebaut werden sollte, wurde auch auf die Wallfahrten nach Kevelaer und auf die aus Letzterm der Bahn zufließenden Fahrgelder hingewiesen. Von anderer Seite wurde dagegen bemerkt, daß die Wallfahrten gewisser­maßen Bußübungen seien, und unbedingt zu Fuß zurück. gelegt werden müßten. Diese sonderbare Auffassung wird durch die thatsächlichen Verhältnisse widerlegt. In den letzten Tagen ist von hier aus eine aus 730 Personen bestehende Prozession nach Kevelaer abgegangen, die für 8 Sgr. 10 Pf. die Person hin und zurück, und zwar in einem Tage, bejördert wurden. Eine zweite, 901 Pers. starke Prozession, ist von Düsseloorf dorthin abgegangen, und zum Preise von 24 Sgr. 8 Pf. die Person, für Hin­und Rückfahrt mittels Eisenbahn besördert worden. Letz­tere ist gestern abgegangen, und kehrt morgen zurück, so daß sie nur eine Nacht in Kevelaer zubringen wird. In

früheren Jahren bedurfte eine solche Prozession fünf Tage.(O. 3.)

Crefeld, 24. Aug. Der hiesige Turnverein feierte am Samstag und Sonntag den 22. und 23. d. M. sein Stiftungsfest, verbunden mit der Einweihung des neuen Vereinslocales aufBlumenthal", zu welchem außer den verschiedenen Vereinen von Nah und Ferne die städtischen Behörden, die Aktionäre des neuen Turnvereinslocales, die Lehrer sämmtlicher Schulen und die Eltern der Turnschü­ler eingeladen waren.

Aachen, 24. Aug. Des Königs Maj. haben durch Allerhöchste Kabinets=Ordre von Bad Gastein vom 12. d. M. geruht, den Herrn I. A. Bischoff zum Präsicenten, die Herren Jeseph Cassalete und Friedrich Hoening als Richter, und die Herren Aug Startz, Kommerzien= Rath Gottfried Pastor und Konrad Seyler als Er­gänzungs=Richter beim hiesigen Königl. Handels=Gericht zu bestätigen.

Bonn, 24. August. Dahlmann's Grabdenkmale dessen Errichtung mehrere Bonner Collegen und Freund, des Verstorbenen angeregt hatten, steht seit einigen Tagen vollendet auf unserm Friedhof. Die von den Professoren Bluhme, Brandis, Jahn, Raumann, Springer und Welcker an Dahlmann's Gesinnungsgenossen und persönliche Ver­ehrer am 18. März 1861 gerichtete Aufforderung,durch ein Erinnerungsmal den Mann zu ehren, der dem deutschen Volke ein würdiger Führer in guten, wie ein leuchtendes Vor­bild in schlimmen Tagen gewesen, fand überall lebendigen Anklang. Außerhalb Bonn's steuerten Dahlmann's Freunde in Berlin, Breelau, Frankfurt, Göttingen, Hamburg, Heidel­berg, Jena, Karlsruhe, Kiel, Koblenz, Leipzig, Ma burg, Oldesloe, Osnabrück, Rostock, Stuttgart, Tübingen, Wismar zu den Kosten des Denkmals. Ihre Maj. die Königin Au­guste zeichnete gleichfalls einen namhaften Beitrag. Auch der andere Wunsch der Freunde Dahlmann's ginz in Er­füllung:Das Denkmal solle, um dem Wesen und Geiste des Verstorbenen zu entsprechen, eine gediegene und durch die Kunst geadelte, aber durchaus prunk ose und einfache Form offenbaren. Am Kepfe seines Grabes erhebt sich eine Stelle von rothem, schlesischen Granit, deren Schauseite mit dem in Erz gegossenen Reliefbildniß Dahlmann's ven Afinger meisterhaft modellirt geschmückt ist. Die einfache Gediegenheit, der schöne tiefe Ernst, welche den Mann im Leben auszeichneten und dem deutschen Volke so iheuer machten, spricht auch aus dem Denkmale für den Verstorbenen. Weuige Monumente können sich an Würde und künstlerischer Vollendung mit Dahlmann's Denkmal messeu, wenige wird man finden, welche die Erinnerung in so angemessenen und wahren Zügen verewigen. Indem Allen, welche an dem Vollbringen des Werkes Theil ge­nommen haben, die glückliche Vollendung desselben ange­zeigt wvird, wird noch bemerkt, daß nach dem Schlusse der Sammlungen die vollständige Liste der Beitragenden ver­öffentlicht werden soll

Vom Hundsrück, 22. Aug. Die Rettungsanstalt auf dem Schmiedel bei Simmern hatte im vorigen Jahre 46 Kinder unter ihrer Obhut, außerdem sorgte sie für eine noch größere bereits confirmitter Knaben, die als Lehrlinge bei Hand­werksmeistern wohnen. Confirmirt wurden diesmal 11 Zöglinge. Mit der Anstalt in Verbindung steht eine Con­firmanden=Anstalt, in welcher Knaben und Mädchen aus derDiaspora des Confirmations=Unterrichts wegen eine Zeitlang aufgenommen werden. Dieselbe zählte im vorigen Jahre 22 Kinder, die zur Hälfte vom Vorstand der rhein. Gust.=Ad.=Stiftung übergeben waren, und 15 Kinder wurden coufirmirt.(E. Z.)

Trier, 24 Aug. Gestern hat es sich auf der Bahnstrecke zwischen Trier und Saarbrücken zugetragen, daß ein Güterzug verunglückte, in Folge dessen 6 Wag­gons zertrümmert worden sein sollen, ohne daß Jemand vom Zugpersonal verletzt worden ist.(Tr. Z.)

Haßlinghausen, 23 Auz. Am Freitag ist wieder ein Unglücksfall zu beklagen gewesen. In dem ca. Stunde von hier entfernt liegenden Fleckenam Renn­baum" stürzte ein junger Bergmann, im Alter von 17 Jahren, in eine Grube. Der Fall wurde bemerkt und der Unglückliche bald aus der Grube herausgeholt; die Ver­letzungen desselben waren aber so bedeutend, daß er gleich nachdem er nach seiner Wohnung gebracht und gewaschen worden war, seinen Geist aufgab.

Lippspringe, 23. Auz. Die Zahl der Kurgäste beträgt nach der neuesten Liste 85),