#5 A. Elberfeld, Sonnabend den 5. Januar 1856. 81. Jahrg. # A. Elberfeld, Sonnabend den 5. Januar 1856. 81. Jahrg.

Tagesgeschichte.

Berlin, den 2. Januar. Se. Majestät der König geruhten ge­stern Vormittags Uhr die Glückwünsche des Hofstaates, der Gene­rale und General=Lieutenants, der Staats=Minister und Wirklichen Geheimen Räthe u. s. w. im Schlosse zu Charlottenburg entgegen zu nehmen Darauf wohnten II. MM. der König und die Königin dem Gottesdienste in der Schloßcapelle bei. Nach der Kirche empfingen Se. Majestät der König die unterthänigsten Glüchwünsche der Offiziere der in Charlottenburg stehenden Truppen, so wie die der Vorstände der dor­tigen Behörden. Um Mittag begaben Ihre Majestäten der König und die Königin Allerhöchstsich nach Potsdam, wo Se. Majestät der König im Stadtschlosse die Glückwünsche der Regiments=Commandeure der Ber­liner Garnison, des Potsdam'schen Offizier=Corps, vieler anderen Offi­ziere und anderer hoher Beamten aus Berlin und Potsdam anzunehmen geruhten. Um Uhr war Tafel bei Sr. Majestät dem König.

Alexander von Humboldt ist von dem Berliner Magistrat zum Ehrenbürger der Stadt Berlin ernannt worden. Die feierkiche Uebergabe des Diploms hat gestern durch eine städtische Deputation stattgefunden.

Wie wir erfahren, sind durch den preußischen Cabinets=Courier, Rittmeister von Rauch, der sich vorgestern nach Petersburg begeben hat, die Aufträge zur Kenntniß der russischen Regierung gebracht worden, mit welchen Oberst von Manteuffel für seine Mission nach Wien versehen worden ist. Es wird für wahrscheinlich gehalten, daß Herr von Man­teuffel sich von Wien nach Petersburg begibt.

Ein Berliner Correspondent der Elberf. Z. versichert, daß eine Annäherung zwischen Preußen und Oesterreich, die für die Macht und Sicherheit Deutschlands die größte Garantie biete, stattfinde.

Elberfeld, den 3. Januar. Die Entwickelung der friedlichen Aussichten wird durch eine Mittheilung, die wir im Folgenden ausführ­lich wiedergeben, sichtlich beschleunigt.

DemNord in Brüssel wird nämlich aus Berlin vom 31. Dez. der Inhalt der Circulardepesche des Petersburger Cabinets vom 23. Dez., in Betreff des dritten Garantiepunktes und eines Annexums derselben, welches eine neue Auslegung des dritten Punktes enthält, gemeldet. Der Wortlaut des Annexums der Depesche ist folgender:

Der Kaiser willigt ein, daß der dritte Punkt auf folgende Weise gelöst werde:

1) Schließung der Meerengen.

2) Keine Kriegsflagge irgend einer Macht wird auf dem schwarzen Meere wehen, mit Ausnahme der Kriegsschiffsmacht, welche Ruß­land und die Pforte nach einer gemeinschaftlichen Uebereinkunft, dort zu unterhalten für nothwendig erachten.

3) Die Anzahl dieser Kriegsschiffe wird durch ein direktes Einver­

ständniß zwischen beiden Uferstaaten ohne effene Theilnahme der andern Mächte festgestellt."(Elberf. Z.)

Coblenz. den 1. Januar. Auf der heutigen Parade empfing Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen die Glückwünsche der ver­sammelten Offizier=Corps unter Vorantretung des General=Lieutenants v. Hirschfeld. Am Sylvester=Abende hatte in den schön und sinnreich geschmückten Räumen des Civil=Casino's ein Ball Statt, welcher der zlänzendste der Saison war und sich des Besuches des ganzen Hofes, so wie des Prinz=Regenten von Baden erfreute.

Eine Gouvernaute.

Novelle aus dem Schwedischen.

(Fortsetzung.)

Auguste hatte Margarethens Seufzer gehört. Sie wußte selbigen gicht zu deuten, wurde aber dadurch veranlaßt, an ihre eigene Auffüh­rung zu denken; jedoch zu trotzig, ihren Fehler sich selbst und Anderen u gestehen, beschloß sie ihre Zeit und Gedanken durch das gewöhnliche Mittel zu tödten, nämlich durch einen Roman. Unglücklicherweise aber

hatte sie jetzt den Kopfschmerz wirklich bekommen, von dem sie zu ihrer Bonne vorher geredet hatte, und ihre verweinten Augen ließen sie auch nicht einen Buchstaben unterscheiden sie begann sich auf's Neue zu langweilen, fühlte sich höchst unglücklich und endete damit, Jemandes An­kunft zu wünschen, selbst wenn's auch Margarethens wäre.

Die Erzieherin hatte vom anstoßenden Zimmer aus alle Bewegun­gen ihrer Elevin genau beobachtet. Sie sah, daß Auguste stille wurde und sich in Gedanken vertiefte. Noch ein Viertelstündchen ließ sie sie allein, um sich ganz zu sammeln, darauf trat sie wieder ein und sagte, während sie Hut und Handschuhe anlegte:Das Wetter ist so schön ich will ausgehen; Auguste würde es gewiß wohl bekommen, wenn sie mitginge.

Wenn ich darf, so gehe ich sehr gern mit Bonne Amie, ant­wortete Auguste leise und demüthig, und gegen ihre Gewohnheit war sie in einem Nu reisefertig.

Erzieher fehlen sehr oft darin, daß sie sich nicht oftmals in Gottes freier Natur mit ihren Zöglingen bewegen; denn daselbst erlangt das Rein=Menschliche sein Uebergewicht über die Verstellung, die zwischen Dach und Wänden sich so leicht in die heiligsten Verhältnisse auf Erden einschleicht. Margaretha wußte dieß und erhielt während einer längeren Wanderung mit ihrer Elevin einen neuen Beweis dafür.

Es war die Zeit des Jahres, wo man den Sommer sehr gut Frühling nennen konnte die Zeit, im Norden so herrlich, daß selbst die Sonne ein Wohlgefallen an der schönen Gegend findet. Der Abend nahete sich. Kein Blättchen rührte sich, und doch wurde die Luft von ei­nem balsamischen Duft erfüllt. Kurz: es war ein heiliger Abend, und der Mensch konnte nicht ein unheiliger darin sein. Die Falten verschwan­den von Augustens Stirn, ihr finsterer Blick klärte sich auf, das Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück sie fühlte einen Drang, sich Marga­retha zu nähern, und ein ruhiges Gespräch ward angeknüpft, das aber die Begebenheit des Tages nicht berührte. Auguste wollte so gern um Verzeihung bitten sie wußte nur nicht, wie dieser Wunsch anzubrin­gen sei. Nichts der Art hatte sie gesagt, als sie wieder heimgekehrt war; aber sie dachte bei sich selbst, daß Bonne Amie so ungleich sie auch den Andern sei dennoch sehr freundlich wäre. Sie dachte noch also, als sie sich in's Bett legte und gute Nacht sagte konnte aber doch kein Wort hervorbringen, so unzählige Einleitungen auch ihren Kopf durchkreuzten. Zuletzt glaubte sie Margaretha in Schlaf da mußte die Entschuldigung bis zum nächsten Tage aufgeschoben werden und nun versuchte sie selber einzuschlafen. Doch da blitzte es durch's Zim­mer, und dieser schreckliche Schein jagte allen Schlaf von ihrem Lazer.

Ein furchtbares Gewitter war über Winäs heraufgezogen. Auguste lag und sah den hell leuchtenden Blitz, hörte den rollenden Donner und das eigenthümliche Sausen, womit eine solche Naturerscheinung herar­zieht. Von ihrer ersten Kindheit an hatte sie sich beim Gewitter gefürch­tet, und diese Furcht hatte, sowie ihre übrigen Schwachheiten, sich mit der Zeit vermehrt. Gewohnt, daß alle im Hause bei solchen Anlässen um sie versammelten, und daß Lichter im Zimmer brannten, um den Blitz nicht zu sehen, war es ihr schrecklich, allein, weil sie meinte eine schreckhafte Nacht verbringen zu müssen.

Wacht Bonne Amie? fragte sie endlich, da ihr ein längeres Schweigen unmöglich war.

Ja, antwortete Margaretha.

Etwas darauf fragte Auguste wieder:Ist Bonne Amie vor dem Gewitter nicht bange?

Nein, nie habe ich Angst vor einem Gewitter gehabt, lautete die Antwort.

Wieder eine Pause das Gewitter hatte sich bedeutend genähert. Es folgte Blitz auf Blitz und Schlag auf Schlag ein gewaltiger Re­gen drohte die Fenster einzuschlagen. Auguste'ns Angst war auf's Höchste gestiegen.Wenn ich heute nicht so unartig gegen Bonne Amie gewesen, wäre ich vielleicht nicht so furchtsam sund in Angst; brach sie endlich aus, und kaum waren diese Worte ihren Lippen entflohen, als ein feuriger Schein durch's Zimmer leuchtete und ein furchtbarer Donnerschlag das alte Gedäude in seinen Grundfesten erschütterte. Der Blitz hatte in­detz nur den Ableiter getroffen, und also keinen Schaden angerichtet.

Außer sich vor Schreck spranzAuguste auf, flog zu Margaretha