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Fernruf 916.
Nr. 10.
Mittwoch, den 2. Februar 1916.
Englands Prahlerei.
Lloyd Georg hat den Ehrgeiz, den Prahler Winston Churchill, der vorläufig in einem Schützengraben untergetaucht, zu übertressen. Eben erst hat er sich, nach einer Meldung des Reuterschen Bureaus, in einer Unterredung wieder einmal in seiner nunmehr schon bekannten überheblichen Art vernehmen lassen, die nun doch bald auch jedem geistig seiner organisierten Eogländer auf die Nerven drücken muß. Er behauptete, England bereite sich vor, sein ganzes Gewicht in den Krieg zu wersev, was Deutschland sehr bald spären werde. England habe jetzt eine der größten Armeen der Welt, die bald auch die bestausgerüstete sein werde. Das ist aber noch nicht alles. England habe jetzt automatische Maschinen im Werte von vielen Millionen eingeführt, die wahrscheinlich(wenn ich die durch Reuter übermittelten Worte des beamteten Schwätzers richtig verstanden habe) die englische Industrie unangreisbar sicher vor jeder Konkurrenz machen werden. Die vergrößerte Industriearmee wird die Verwüstungen des Krieges wieder gut machen und England wird nicht nur nicht veratmen, sondern an allen Dingen reicher werden, die einen wirklichen Reichtum bedeuten. Seine weiteren Angrisse auf das von ihm einst geschätzte Deutschland haben weiter keine Bedeutung, unterscheiden sie sich doch in keiner Weise von der in England jetzt üblichen Schablone, Deutschland als Vergewaltiger des Rechtes und des Friedens hinzustellen und die Einigkeit der Verbändler zu betonen und immer wieder deren Gntschlossenheit hervorzuheben, Deutschland ein breites und tieses Grab zu graben.
Die neuefte Leistung des verwandlungssähigen Schwätzers ist nicht höher zu bewerten als iegend eine seiner früheren Behauptungen. War er es doch auch, der als Schatzmeister dem Parlamente vorredete, die Beteiligung am Kriege werde Eugland nicht teurer zu stehen kommen, als wenn es sich neutral hielt. Das Schatzamt hat Lloyd George aus naheliegenden Gründen längst einem andern überlassen und ist Geschoßzminister geworden. Früher hat der strebsame Schwätzer Englands Untergang vorausgesagt, wenn es sich nicht entschließen könnte, das landlose Volk seßhaft zu machen und die wenigen Lords, die als Besitzer von ganz London in die Grunddücher eingetragen sind, zu enteignen. Die weitere Entwicklung des Mannes, der einst vielen eine Hoffnung war, kann uns nicht mehr interessieren. Seine Ausfährungen beschäftigen uns überhaupt nur insoweit, als sie in direktem Widerspruch stehen mit Englands wirklicher Lage.
Englands Geldmacht ist arg erschüttert. Kein Land— auch das reichste nicht— ist imstande, längere Zeit hindurch die größte Seemacht und das größte Landheer gleichzeitig zu unterhalten. Dazu kommt für England noch die Unterstätzung, die es seinen barkerotten Bundesgenossen gewähren muß. Und um das Maß voll zu machen,
ergibt sich auch noch eine Verminderung seiner Ausfuhr und eine Steigerung seiner Einfuhr. Die Kosten des Krieges steigen ins Unermeßliche. Der Ruf rach Sparsamkeit durchgellt das Land. Planmäßig reisen jetzt angesehene Parlamentarier, frühere Minister und derartige Persönlichkeiten heeum, um zur Sparsamkeit zu mahnen. An allem soll gespart werden, an Pensionen, an Beamtengehältern, an Bankgehältern und dergleichen. Lord Midleton beklagte am 18. d. Mts. in einer Rede in der Industeiestadt Sheffield, daß die Regierung nicht energischer auf Sparsamkeit hinarbeite. Die Ausgaben der Regierung seien ungeheuer, die Gewinne groß, die Löhne hoch, und Uaterstützungen an abdängige Personen würden freigebig gezahlt. Da liege jede Versuchung zu einem flotten Leben vor, aber der Kotzenjammer würde kommen, wenn der Krieg vorüber sei. Er wolle sie nicht mit einem Wust von Zadlen anöden. Herr Asgaith und die anderen Minister hätten schon überzeugend über Sparsamkeit gesprochen, aber die Kriegführung nehme sie so in Anspruch, daß das Sparsamkeitsprogramm darunter leiden müßte. Vor sechs Monaten hätte sich auf einen starken Druck im Unterhause hin ein Ausschuß gebildet, um die Gehälter der Zivilbeamten, die in 20 Jahren von 32 Millionen Pfund auf etwa 90 Millionen geKiegen seien, zu beschränken; dieser Ausschuß sei aber durch verschiedene Umstände sehr behindert worden. Etwa 35 Millionen Pfund dieser Vermehrung hätte man schon außer Richnung stellen müssen, da sie auf das Konto der neuen Politik der Regierung komme. 16 Wochen lang, vom 9. September bis 29. Dezember, wurde der Ausschuß vertagt in Hinsicht auf frühere Ansprüche an das Budget, und von den 10 Millionen Pfund Ersparnissen, die man unmittelbar vorschlug, wurden zwei Drittel gleich vom Kabinett gestrichen, bevor noch das Unterhaus darüber beraten konnte. Zwar hätten einige Spitzen der Zivilbehörden mit dem Ausschuß in patriotischem Geiste verhandelt, aber einige, deren Interessen berührt werden, schienen denn doch zu vergessen, daß wir im Kriege sind. In Irland hätten die natiovalistischen Führer es abgelehnt, sich an einer Revision der Ausgaben in jetziger Zeit zu beteiligen, und doch sind gerade in diesem Lande die Ausgaben im Zivildienste bekannt hoch. Wenn diese Dinge so liegen, dann muß man sich nicht beklagen, daß das Publikum die finanzielle Seite des Klieges nicht ernsthaft ins Auge saßte. Denn die Regierung wußte selbst nicht, was der Krieg uns kostete. Im Mai 1915 ward das Defiz't auf 865 Millionen Pfund(1730 Millionen Mars) angesetzt, im Juli sagte man uns 960 Millionen Pfund. Im Dezember 1915 war es trotz riefiger Gehöhung der Steuern aus 1200 Millionen Pfund gestiegen. Und im nächsten Jahre wird es noch größer sein. Und doch sind 6 Monate verflossen zwischen der Zeit, daß man die Regierung drängte, den Heeres= und Flottenausgaben einigen Ein
11. Jahrgang
Aus dem Leben eines Taugenichts.
Von Joseph v. Sichendorff.
10.—
Das war nun aber doch ganz seltsam auf dem Schlosse! Kein Mensch dachte da aus Weiterreisen. Das Schloß war auch gar kein Wirtshaus, sondern gehörte wie ich von der Magd erfuhr, einem reichen Grasen. Wenn ich mich dann manchmal bei der Alten erkundigte, wie der Graf heiße, wo er wohne? da schmunzelte sie immer bloß, wie den ersten Abend, da ich auf das Schloß kam, und kuiff und winkte mir so pfiffig mit den Augen zu, als wenn sie nicht recht bei Sinne wäre. Trank ich einmal an einem heißen Tage eine ganze Flasche Wein aus, so kicherten die Mägde gewiß, wenn sie die andere brachten, und als ich mich dann gar einmal nach einer Pseise Tabak verlangte, ich ihnen durch Zeichen beschrieb, was ich wollte, da brachen alle in ein großes, unvernänftiges Gelächter auf.— Am verwunderlichsten war mir eine Nachtmusik, die sich oft und gerade immer in den finsteiften Nächten unter meinem Feuster hören ließ. Es griff aus einer Gitarre immer nur von Zeit zu Zeit einzelne, ganz leise Klänge.
Das eine Mal abet kam es mir vor, als wenn es dabei von unten„pstl pst!“ heraufrief. Ich fuhr dehr geschwind aus dim Bette und mit dem Kopfe aus d.m Feuster.„Holla! hedal wer ist da draußen?“ ries ich hinunter. Aber es autwortete niemand, ich hörte nur etwas sehr schnell durch die Gesträuche fortlausen. Der große Hund im Hofe schlug über meinen Lärm ein paarmal an, dann war aus einmal alles wieder Kibl, und die Nachtmusik ließ sich seitdem nicht wieder vernehmen.
Sonst hatte ich hier ein Leben, wie sichs ein Mensch nur immer in der Welt wünschen kann. Der gue Portier l ee rußte wohl, was er sprach, wenn er immer zu sagen pflegte, daß in Italien einem die Rosinen von selbst in den Mund wüchsen. Ich lebte auf dem einsamen Schlosse wie ein verwunschener Peinz. Wo ich Lintrat,
halt zu gebieten, und der Bildung von Ausschüssen, die die Frage prüsen sollten. Lloy) Grorge sagte ihnen, wir seien mit Geschossen zu spät gekommen, Sir Edward Carson sagte ihnen dasselbe für Mannschaften. Lassen Sie das Land auspassen, daß man nicht auch zu spät kommt mit der Einschränkung der Ausgaben! Nationale Beischwendung wirkt auch auf persönliche Gewohnheiten zurück, aber der Druck der Wahlkreise durch ihre Vertreter wäre das heilsamste Hemmnis für die Regierung.
Die Rede Midletons ist eine unbewußte Kiitik der Prahlerei Georges. Das Gewicht Englands, das nun eist in die Wagschale des Krieges geworsen werden soll, hat schon viel von seiner Bedeutung verloren und verliert noch täglich mehr. Lloyd George dürste auch heute die Wirkung des Keieges für England richtig einzuschätzen imstande sein. Er hat das Schatzamt aufgegeben, weil er dessen Anforderungen nicht gewachsen war. Die Kosten der Kriegspensionen betragen jetzt schon, wie nach verschiedenen Blättermeldungen der Finanzsckretär des Kriegsamte im Unterhause bekannt gegeben, wöchentlich 45000 Pfund Sterling(— 900 Millionen Mars), und zwar für Kriegsbeschädigte 20 000, für Kriegerwitwen 15 000, für kriegsbeschädigte Offiziere 450, für Offizierswitwen 400 und für Marinepensionäre 5580 Pfund Sterling.
Eine weitere Verlegenheit für England ist der zunehmende Mangel an Frachtraum, der in der gesamten englischen Presse eröttert und beklagt wird. In der„Times“ vom 14. Januar wird von einer den Schiffahrtskreisen naheftegenden Persönlichkeit ausgeführt, daß„die Frachtraumfituation geradezu verhängnisvoll geworden sei“. Es müsse etwas geschehen, so führt der Schreiber des Artikels aus,„sonst sei ein Unglück unvermeidlich“. Es wird gleichzeitig ein interessanter Ueberblick über die Steigerung der Getreide= und Kohlenfrachten gegeben; es betrug:
Juli Januar
Die Getreideiracht 1914 1916
Die Eilnestacht p. T. p. T.
Argentinien—England 12 ch 150 ch
Ver. Staaten—England 12 ch 75 ch
Ver. Staaten—Italien 15 ch 155 ch
Die Kohlenfracht
Cardiff—Genua 7 sh 75 sh
Ber. Staaten—Genua 12 ch 110 ch
An diese Mitteilungen knüpft dann der Einsender des Attikels eine bemerkenswerte Aeußerung, die zeigt, daß man sich auch in England nicht mehr die schweren Wirkungen der FrachtenKalamitäten verhehlen kann; es heißt da:
„Die Frachtenfrage berührt übrigens keineswegs allein unser Land, weil unsere Verbündeten noch stärker als wir selbst unter ihr leiden, und jeder, welcher italienische Zeitungen lieft, weiß heute, daß ein wachsendes Gefühl der Verärgerung gegen John Bull vorhanden ist, weil dieser
50 Prozent der dem Weltverkehr augenblicklich zur Berfügung stehenden Tonnage sein Eigentum nennt und anscheinend nichts tut, um der Frachtraum=Kalamität entgegenzuarbeiten.
Während eine radikale Abhilfe der FrachtenKalamität durch staatliche Maßnahmen nach wie vor von den maßgebenden englischen Stellen als undurchfährbar bezeichnet wird, also von dieser Seite für die Zukunft eine Erleichterung kaum zu erwarten ist, wird die Marine Deutschlands und seiner Verbündeten um so mehr daraus bedacht sein, durch ständige Berringerung des verstgdaren Frachtraumes die Schwierigkeiten Englands auf diesem Gebiete dauernd und mit wachsendem Eefolge zu steigern.
Dieser Tage ftug eine besonders neugieriger Volksvertreter im englischen Parlament, ob die Regierung auch ihre Handlungen alle im Voraus überlege und ob es nicht vielleicht angebracht sei, ein besonderes Dockamt(vermutlich wohl nach dem Muster des Munitionsamts. Bers.) zu errichten. Der Vorschlag ist sicher erwägenswert. Lloyd Georg, der„tiese Denker“, hätte dann sicher wieder Aussicht, sich zu verändern.
Uns kann es recht sein.
Vom Weltkrieg.
„Der Querkopf Wilson“.
Senat und Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten von Nordamerika sind, wie ihre letzten Verhandlungen der ganzen Welt zum Bewußtsein gebracht haben, duschaus nicht gleichen Sinnes mit dem zum Präsidenten der Republik erwählten ehemaligen Schulmeister Woodrow## Wilson; haben vielmehe, wie sogar aus den dürftigen Reutermeldungen unschwer herauszulesen, ihrem Staatsoberhaupt eindeutig zu verstehen gegeben, wie seine Behandlung internationaler Fragen bisher allzusehr von seinem persönlichen Empfinden beeinflußt gewesen und das Ansehen des Staates keineswegs gesteigert habe. Seine Vorliebe für die Verbändler im allgemeinen und die Angelsachsen im besonderen wurde ihm geradezu verdacht. Seine Behandlung der Unterseebootfrage haben amerikanische Sachverständige längst als salsch und ungerecht bezeichnet. Sein getreuer Staatssekretär Lansing hat daher auch schon in einer besonderen Note an die Kriegführenden wenden müssen mit Vorschlägen, die von den Mittelmächten und ihren Verbündeten als beachtenswert bezeichnet werden können. Allerdings zeichnet sich auch diese Note durch jene Zahmheit und Zaghaftigkeit aus, die England besonders gewohnt ist, die Mittelmächte bisher aber noch nicht kennen gelernt haben. Der Berdacht liegt nahe, als sei Wilson diese Note abgerungen worden und seinem englisch gesinnten Herzen schwer genug geworden. Genat und Reptäsentantenhaus der Bereinigten Staaten von Nordamerika dürsten darauf zu achten haben, daß hier ihr Wille endlich einmal zur Geltung
hatten die Leute eine große Ehrerbietung vor mir,
obgleich sie schon alle wußten, daß ich keinen Heller in der Tasche hatte. Ich durfte nur sagen: „Tischlein, deck dich!“ so standen auch schon herrliche Speisen, Reis, Wein, Melonen und Parmesankäse da. Ich ließ mit's wohlschmecken, schlief in dem prächtigen Himmelbette, ging im Garten spazieren, musizierte und half auch manchmal in der Gärtnerei nach. Ost lag ich auch stundenlang im Garten im hohen Grase, und der schmale Jängling(es war ein Schüler und Verwandter der Alten, der eben jetzt hier zu Vakanz war) ging mit seinem langen Kaputrocke in weiten Kreisen um mich herum und murmelte dabei wie ein Zauberer aus seinem Buche, worüber ich dann auch jedesmal einschlummerte.— So verging ein Tag nach dem andern, bis ich am Ende anftag, von dem guten Essen und Teinken ganz melancholisch zu werden. Die Glieder gingen von dem ewigen Richtstun ordentlich aus allen Gelenken, und es war mir, als würde ich vor Faulheit noch ganz auseinanderfallen.
In dieser Zeit saß ich einmal an einem schwülen Nachmittage im Wipfel eines hohen Baumes, der am Abhange stand, und wiegte mich auf den Aesten langsam über dem stillen tiesen Tale. Die Bienen summten zwischen den Blättern um mich derum, sonst war alles wie ausgestorben, kein Mensch war zwischen den Bergen zu sehen, tief unter mir auf den killen Waldwiesen ruhten die Kühe auf dem hohen Grase. Aber ganz von weitem kam der Klang eines Posthorns über die waldigen Gipsel herüber, bald kaum vernehmbar, bald wieder heller und deutlicher. Mir stel dabei aus einmol ein altes Lied recht aufs Herz, das ich noch zu Hause auf meines Vaters Mähle von einem wandernden Handwerksburschen gelernt hatte, und ich sang:
Wer in die Fremde will wandern,
Der muß mit der Liebsten geh'n,
Es jabeln und lassen die andern Den Fremden alleine steh'n.
Was wifset ihr, dunkle Wipfel,
Von der alten, schönen Zeit?
Ach, die Heimat hinter den Gipseln,
Wie liegt sie von hier so weit!
Am liebsten betracht' ich die Sterne,
Die schienen, wenn ich ging zu ihr,
Die Nachtigall hör' ich so gerne,
Sie sang vor der Liebsten Tür.
Der Morgen, das ist meine Freude! Da steig' ich in stiller Stund'
Auf den höchsten Berg in die Weite Grüß dich, Deutschland, aus Herzensgrund!
Es war, als wenn mich das Posthorn bei meinem Liede aus der Ferne begleiten wollte. Es kam, während ich sang, zwischen den Bergen immer näher, bis ich es endlich gar oben auf dem Schloßhose schallen hörte. Ich sprang rasch vom Baume herunter. Da kam mir auch schon die Alte mit einem geöffneten Pakete aus dem Schlosse entgegen.„Da ist auch etwas für Sie mitgekommen,“ sagte sie und reichte mie aus dem Pakete ein kleines, niedliches Brieschen. Es war ohne Aufschrift, ich brach es schnell auf. Aber da wurde ich auch auf einmal im ganzen Gesichte so rot wie eine Päonie, und das Herz schlug mir so hestig, daß es die Alte meilte, denn das Brieschen war von— meiner scönen Frau, von der ich manches Zettelchen bei dem Herrn Amtmann gesehen hatte. Sie schrieb darin ganz kurz:„Es ist alles wieder gut, alle Hindernisse sind beseitigt. Ich benutzte heimlich diese Gelegenheit, um die erste zu sein, die Ihnen diese freudige Botschaft schreibt. Kommen, eilen Sie zurück. Es ist so öde hier, und ich kann kaum mehr leben, seit Sie von uns fort sind. Aurelie.“
Die Augen gingen mir über, als ich das las, von Entzücken und Schreck und unsäglicher Freude. Ih schämte mich vor dem alten Weibe, die mich wieder abschenlich auschmunzelte, und # ein Pleil bis in den allereinsamßten Winurs den Gartens. Dort warf ich mich unter
den Haselnußsträuchern ins Gras hin und las das Brieschen noch einmal, sagte die Worte auswendig für mich hin und las dann wieder und immer wieder, und die Sonnenstrahlen tanzten zwischen den Blättern hindurch über den Buchstaben, daß sie sich wie goldene und hellgrüne und rote Blüten vor meinen Augen ineinanderschlangen. Ist sie am Ende gar nicht verbeiratet gewesen? dachte ich, war der fremde Offizier damals vielleicht ihr Herr Bender, oder ist er nun tot, oder bin ich toll, oder—„Das ist alles einerlei!“ rief ich endlich und sprang auf, nun ist's ja klar, fie liebt mich ja, sie liebt mich ja, sie liebt mich!“
Als ich aus dem Gesträuch wieder hewvorkroch, neigte sich die Sonne zum Untergange. Der Himmel war rot, die Bögel sangen lustig in allen Wäldern, die Täler waren voller Schimmer, aber in meinem Herzen war es noch viel tausendmal schöner und fröhlicher!
Ich ries in das Schloß hinein, daß sie mir heut das Abendessen in den Garten herausbeingen sollten. Die alte Frau, der alte grämliche Mann, die Mägde, sie mußten alle mit heraus und sich mit mir unter dem Baume an den gedeckten Tisch setzen. Ich zog meine Geige hervor und spielte und aß und trank dazwischen. Da wurden sie alle lustig, der alte Mann strich seine grämlichen Falten aus dem Gesichte und stieß ein Glas nach dem andern aus, die Alte plauderte in einem fort, Gott weiß was; die Mägde fingen an, auf dem Rasen miteinander zu tanzen. Zuletzt kam auch noch der blasse Student neugierig hervor, warf einige verächtliche Blicke auf das Spektakel und wollte garz vornehm wieder weitergehen. Ich aber, nicht zu saul, sprang geschwind auf, erwischte ihn, er' er sich's versah, bei seinem langen Ueberrocke und walzte tüchtig mit ihm herum. Er streugte sich nur an, recht zierlich und neumodisch zu tanzen, und füßelte so emsig und künstlich, daß ihm der Schweiß vom Gesichte herunterflotz und die langen Rockschöße wie ein Rad um uns herumflogen. Dabei sah er mich aber manchmal so kurtos mit verdrehten