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170.
Dinstag den 23. Juli.
Zweiundvierzigster Jahrgang.
1850.
Cagesbericht.
Köln, 17. Juli. Es ist erfreulich zu sehen, wie ein deutscher Staat nach dem andern von der Vortrefflichkeit unserer preußischen Lehranstalten und der ganzen Lehrmethode sich überzeugt und keinen Anstand nimmt, auch seine Schulen nach dem Muster der unsrigen einzurichten. Kaum wird der in seinen meisten Paragraphen dem preußischen nachgebildete neue Lehrplan in Oesterreich realisirt, so schickt das Großherzogthum Baden den Oberstudienrath Feldbausch nach Preußen, um von den Einrichtungen unsrer Gymnasien— heute hat er das hiesige katholische Gymnasium besucht— Einsicht zu nehmen.
* Köln, 21. Juli. Der Bilder=Cyclus aus dem norwegischen Volksleben, vom Maler Tydemand aus Auftrag Sr. Maj. des Königs von Schweden angefertigt, wird auch in unserer Kunst=Ausstellung einige Tage ausgestellt sein, bevor dieses Kunstwerk nach seinem Bestimmungsorte abgeht.— Von der „Westd. Ztg.“ ist heute die letzte Nummer erschienen, da das Blatt die Caution nicht hat aufbringen können und seitens der Demokratie wenig zu dessen fernerem Bestand geschehen ist.— Mit einem Extraboot der Kölnischen Gesellschaft sind Ihre königl. Hoh. die Herzogin von Kent in Begleitung des Fürsten von Leiningen und Gefolge von Wiesbaden hier angekommen und gestern Morgen nach England abgereist.— Die Klempnermeister von Köln und Deutz werden sich morgen hierselbst versammeln, um sich über das Normal=Statut und über das gesetzwidrige Treiben ihres Gewerbes zu berathen.— Unsere Feuer Versicher.=Gesells.„Colonia“ hat der Gemeinde Nippes 100 Thaler zum Besten des dortigen Kirchenbaues übermacht.— Der zu Mülheim a. Rh. über 400 Jahre bestehende St. Sebastians=Schützenverein feiert heute und morgen sein diesjähriges Fest.— Die für das Waisenhaus zu Koblenz bestimmten Schulbrüder aus Belgien haben bei der Prüfung zu Brühl nicht sonderlich rühmlich bestanden und können kaum einen Vergleich mit deutschen Seminaristen aushalten.— Bildhauer Rauch aus Berlin ist vor einigen Tagen durch Köln nach Brüssel gereist. Bei seiner Zurückkunft aus Belgien wird sich derselbe länger hier aufhalten. Rauch äußerte sich bei einem Besuch des hiesigen Bildhauers Mohr sehr günstig über die für den Dom bestimmten Werke der Sculptur.— Die Direktion der französischen Nordbahn will mit der belgischen und rheinischen Bahn contrahiren, um Vergnügungsfahrten von Paris nach Köln zu machen. Diese trains de plaisir dürften viele Franzosen zu uns führen, welche die romantischen Rheingegenden in Augenschein nehmen wollen.
= Koblenz, 20. Juli. Die hiesigen Gasthöfe sind mit Fremden überfüllt.— In den letzten Tagen kamen hier durch die Prinzen Emil von Hessen und Paul von Würtemberg, sowie die Herzogin von Kent und Gräfin von Nassau.— Die Durchzüge badischer Truppen dauern fort.— Die Prinzessin von Preußen besucht mit ihrem Hofe die Ahr und wird dieselbe auch die ErziehungsAnstalt zu Ahrweiler in Augenschein nehmen.— Obrist von Griesheim hat in Folge seiner Ernennung zum Commandanten von Koblenz sein Mandat als Abgeordneter zur 2ten Kammer für den Wahlkreis Teliow=Beeskow=Starkow niedergelegt. — Der wegen eines Defizits von 8000 Thlr. aus seinem Amt entlassene Empfänger unserer Stadt ist nunmehr verhaftet worden, wie es heißt, weil sich auch falsche Quittungen vorgefunden haben.— Der hiesige neue Gemeinderath besteht aus demokratischen, liberal=constitutionellen und monarchischconservativen Elementen; er ist buntfarbig genug ausgefallen, da eine jede der 3. Klassen einer andern politischen Farbe gehuldigt und die Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Aus dem Wupperthale, 16. Juli. Die Behörden unseres Thales sind eifrig mit den Vor
arbeiten zur Einführung der neuen Gemeindeordnung beschäftigt. In Elberfeld stellen sich die Wähler=Abtheilungen wie folgt: Zur 3. Abtheilung gehören Alle, welche 2 bis 90 Rthlr. an Klassen=, Grund=, Gewerbe= und Kommunalsteuer zahlen; die Steuersätze der 2. Abtheilung bewegen sich zwischen 90 Rthlr. 10 Sgr. und 547 Rthlr., die der 1. Abtheilung beginnen mit 551 Rthlr. Die Wahlen des Gemeinderathes werden am 29. Juli beginnen und am 9. August enden. In Barmen sind bis jetzt die Abtheilungen nur nach den Beträgen der Grund= und Klassensteuer bestimmt. Die erste Abtheilung zahlt 146 Wähler, welche zwischen 47 und 266 Rthlr. an vorgenannten Steuern zahlen; zur zweiten Abtbeilung gehören 397, die Steuersätze sind 20—47 Rthlr.; die etwa 1900 Wähler zählende dritte Abtheilung zahlt zwischen 2 und 19¾3 Rthlr. Die Kommunallasten beider Städte sind sehr beträchtlich; sie betragen in Elberfeld 3 51/100, in Barmen 1 93/100 Rthlr. pr. Kopf. Da aber die Klassensteuerpflichtigen der untersten Stufe gar nicht zur Kommunalsteuer herangezogen werden, so fällt die Last nur auf die böher Besteuerten. So zahlen beispielsweise in Barmen von 13,213 Klassensteuerpflichtigen nur 2851 Kommunalsteuer, woher es denn kommt, daß einzelne Bürger der höchsten Stufe allein weit über 1000 Rthlr. an Kommunal= und Armensteuer zahlen müssen. In Elberfeld ist der Betrag ungefähr doppelt so hoch.— Unsere Presse hat mit Beginn des neuen Quartals, in Folge der Verordnung vom 5. Juni, eine etwas andere Gestalt angenommen. Das letzte und seit längerer Zeit schon einzige demokratische Blatt, der„Volksmann“, ist eingegangen— es war das fünfte unter den seit März 1848 entstandenen und wieder verschwundenen demokratischen Blättern. Auch die„Barmer Zeitung“, ein ganz farb= und saftloses Blatt, hat zu erscheinen aufgehört. Sie würde sich bei der sehr geringen Abonnentenzahl ohnehin kaum länger haben halten können. Dafür ist die Zahl der Lokalblätter, wie wir sie in dem„Barmer Wochenblatt“ und in dem von der Armenverwaltung in Elberfeld herausgegebenen„Täglichen Anzeiger" besitzen, um eins vermehrt worden, um den „Barmer Anzeiger“. Da eine Kaution für das letztere Blatt nicht erlegt ist, so beschränkt sich dasselbe auf Annoncen und eine seichte Unterhaltungsliteratur, wie wir sie schon lange an dem„Täglichen Anzeiger“ gewohnt sind. Das„Barmer Wochenblatt" dient auch nur der Unterhaltung, die Auswahl derselben erfolgt aber vom Standpunkte einer streng christlichen Richtung.— Im vorigen Jahre haben sich hier mehrere Landwehrvereine gebildet, welche zur Belebung patriotischer Gesinnung monatliche Sitzungen halten und daneben den gewiß sehr löblichen Zweck verfolgen, ärmere Landwehrmänner, namentlich in Krankheitsfällen zu unterstützen. Die Beiträge, 5 Sgr., werden monatlich erhoben, 1 Sgr. wird für die Feier des Stiftungsfestes, dem Jahrestage des Einzuges in Paris 1815— zurückgelegt,(so daß die Aermeren dem Feste ohne Opfer zu bringen und Schulden machen zu müssen, beiwohnen können), die übrigen 4 Sgr. fließen größtentheils der Unterstützungskasse zu.— Nicht nur sämmtliche Landwehroffiziere gehören den Vereinen an; in ihnen finden sich überhaupt alle Stände vertreten.
Berlin, 19. Juli. Se. Maj. der König haben Allergnädigst geruht, dem Bildhauer Prof. Streichenberg die große goldene Medaille für Kunst zu verleihen.— Nachdem das Ministerium sich mit der Berathung von Unionsgesetzentwürfen verschiedenster Art, wie Wahl=, Vereins=, Heimathsund Auswanderungsgesetz beschäftigt hat, steht in Kurzem die Berathung eines Unions-Preßgesetzes im Ministerium bevor. Der Entwurf zu diesem ist bereits von den dazu beauftragt gewesenen Personen ausgearbeitet.— Endlich— sagt die„N. Br..“— scheint es mit der Gründung einer preußischen Kriegsmarine Ernst zu werden. Der
Plan dazu ist ausgearbeitet und der Kostenüberschlag gemacht. 30 Mill. Thlr., auf zehn Jahre vertheilt, sollen zur ersten Einrichtung und 2 Mill. jährlich als fortlaufendes Marinebudget bestimmt sein. Dafür werden zwölf schwere Fregatten von 60 Bombenkanonen mit Schraubendampfmaschinen als Hülfskraft, ferner 10 Dampfkorvetten von 8 bis 12 Bombenkanonen, 14 Dampfavisos(Dampfkanonenboote) von 4 bis 8 Bombenkanonen, 5 Schooner von 3 bis 4 Kanonen, 5 Uebungs= und Transportschiffe, 36 Kanonenschaluppen und 6 Kanonenjollen hergestellt, außerdem ein großer Kriegshafen nebst Werft in Swinemünde, ein Depot für die Schaluppen auf dem Dönholm bei Stralsund und ein Werft für Kriegsschiffe bei Danzig erbaut. Die Schaluppen und Jollen sind zum großen Theile bereits fertig, bewaffnet und bemannt. Dies Alles wird dereinst den Stamm einer deutschen Ostseeflotte bilden, zu welcher dann noch eine Nordseeflotte von nicht geringerer Stärke kommen müßte. Liegt auch der Bau der letzteren noch in weitem Felde, so ist es doch erfreulich, zu vernehmen, daß man endlich darauf Bedacht nimmt, wenigstens den schwachen Anfang, der dazu vor ein oder zwei Jahren gemacht worden, zu erhalten. Die Bundes=Central=Commission hat nämlich für diesen Zweck am 16. v. M. beschlossen, das Deficit der Bundeskasse von beinahe 465,000 Fl. durch Einziehung der rückständigen Matrikularbeiträge, die sich auf 700,000 Fl. belaufen, zu decken. — Es heißt jetzt wiederum, daß die Seehandlung ihre in Moabit belegene Maschinenbauanstalt, da letztere die Vortheile, welche man bei ihrer Gründung erwartete, nicht gewährt hat, an einen Privatmann zu verkaufen gewillt sei. Sämmtliche Vorräthe sollen mit an den Käufer übergehen.— In Folge der Untersuchung des Studienfleißes der hiesigen Studirenden sind 51 derselben aus dem Album gestrichen worden und zwar 16 Ausländer und 35 Preußen; es waren dies 4 Studirende der Theologie, 16 der Rechte, 8 der Medizin und 23 der Philosophie und Philologie.— Der vor Kurzem auf Vorgang und Aufforderung einiger deutscher Universitäten auf hiesiger Friedrich=Wilhelms=Universität gestiftete„Akademische Dombau= Verein“, dessen Zweck es ist, den Bau des Kölner Doms von Seiten der Studirenden, so weit es in ihren Kräften ist, zu fördern, hat bisher keineswegs den gewünschten Erfolg gehabt.— Die Ertrafahrt von Leipzig nach Paris findet, wegen Mangel an Theilnehmern, nicht Statt.— Das Gerücht, daß bereits zwei Fälle von asiatischer Cholera hier beobachtet worden, hat sich nicht bestätigt, dagegen ist eine, wahrscheinlich in Folze des starken Regenwetters der letzten Tage, allgemeine Disposition zu rheumatischen Unterleibskrankheiten, vornehmlich zum Brechdurchfall, bemerkt worden.
— Einen interessanten Beitrag zur Staatsarz= neikunde liefert das vor Kurzem veröffentlichte „Erste Hundert gerichtlicher Leichenöffnungen“ von dem Gerichtsarzt, Geh. Med.=Rath Professor Dr. Casper. Man ersieht daraus, daß diese Obduktionen 64 Individuen männlichen und 36 weiblichen Geschlechts betrafen, und die Feststellung der Todesart bezweckten, welche nach Verletzungen in 36 Fällen(29 männlichen, 7 weiblichen), nach Erstickung und Schlagfluß in 10(4 männl., 6 weibl.), nach Mißhandlungen in 9(4 männl., 5 weibl.), von Neugebornen in 21(11 männl., 10 weibl.), von Ertrunkenen in 6(4 männlichen, 2 weibl.), nach Vergiftungen in 8(5 männl., 3 weibl.), nach angeblichen Kunstfehlern in 5(4 männl., 1 weibl.), nach Verbrennungen in 4(3 männl., 1 weibl.), und bei einer Schwangeren erfolgte. Das in den einzelnen Fällen abgegebene Gutachten des um die gerichtliche Medizin hochverdienten Verfassers dürfte auch für das größere Publikum von besonderem Interesse sein.
Berlin, 20. Juli. Se. k. Hoh. der Prinz von Preußen brachte die Nacht vom 18. zum 19. in Berlin zu und hatte gestern Vormittag in sei