N 187.

Tagesbericht.

= Koblenz, 12. August. Auf seiner Durch­reise nach Berlin haden Se. Königl. Hohei Prinz Friedrich Karl von Preußen vorgestern unsere Stadt berührt und im Gasthof zum Riesen über­nachtet. Hr. Seminar= Inspector Wagner zu Brüdl. vor 40 Jahren Lehrer in Ehrendreitstein, feiert am nächsten 20. sein 25jahriges Amejudi­laum als Lehrer dortigen Seminars; gleichzeitig mit ihm Hr. Seminarlehrer Richter. Wie man hört, werden über 500 Lehrer der Rheinprovinz, meist frühere Zöglinge beider Beieranen im Schul­fache, an dieser Feier Theil nehmen und sind die Raume des Königl. Schlosses zu Brüht zur Bege­hung des Festes zur Dieposiition gestellt worden.

Die aus Schleswig=Holstein hier durchkom menden Reichstruppen klagen allgemein über die schlechten Quartiere, die sie in Köln gehadt baden.

Ein in hiesiger Provinz angekommener Bericht aus Californien meldet, daß sich die Einwanderung täglich steigere und man noch Karavanen von 20­dis 30.000 Personen erwarte. Alles ströme nach den Minen, um Goldstaud zu sammeln. Mit Leichtigkeit sammele ein Mann taglich für 40, im ungünnigen Falle aber immer für 20 Dollar. Man habe Stücke natürlichen Goldes von 1520 Pfund gefunden. Die Ledensmittel dorten standen aber sehr doch im Preise. Auf Festung Ehren­breitstein sind vor einigen Tagen starke Gefange­nen= Transporte eingebracht worden. Man sagt, es seien widerspenstige Landwehrmanner, welche dort ihre Strafzeit absitzen würden.

Trier, 11. August. DerTrierer Z1g. schreidt man aus Luremburg, daß im sogenannten Neuenwege daselbst, welcher die Vorstadte Grund und Pfaffenthal verbindet, zum öftern Personen spat Abends von einer Bande überfallen und ge­fährlich mißhandelt würden. Meist fanden die Angriffe auf Civilpersonen Statt und die Polizei könnte der Thater nicht habhaft werden. Vor Kurzem sei abermais ein solcher Angriff bei Nacht­zeit erfolgt und da habe man in Erfahrung ge­bracht, daß es bewaffnete Soldaten seien, welche im Berein mit öffentlichen Frauenzimmern die Passage unsicher machten. In der Mitte nach­ster Woche werden 40 pprenaische Bergsanger sich in einem Concerte hier hören lassen. Es sind Zög­linge aus dem berühmten Institut zu Bagneres de Bigorre in den französischen Oder=Pprengen, wel­ches bekanntlich mit dem Haupizweck, der Pflege und Weiterbildung religiöser und geistlicher Mu­sik, die Unterstutzung der Armen des Pprengen­Thales verbindet. Sie sind auf der Rückreise aus Palastina begriffen, wohin sie vor zwei Jahren gewallfahrtet, und ihre Weisen wurden fast an allen europaischen und mehreren asiatischen Höfen mit größtem Beifall vernommen. Aus hiesiger Gegend wandern viele Personen nach Amerika aus.

Düsseldorf, 12. Aug. Unser Männer= gesangverein hat in Gent eines seiner Mitglieder zurücklassen müssen, welches von der Cholera be­fallen worden war. Wie man hört, so ist der Leidende auf der Besserung und die Société des Mélomanes trägt alle mögliche Sorgfalt für den­selben. Gestern ist man eines Diedes hier habhaft geworden, welcher am hellen Tage den zweiten Stock eines Hauses in der Mertensgasse leer zu tragen im Begriffe stand. Ganz a la Cartouche wußte er sich den Schein zu geben, als sei er ein zum Wegiragen gedungener Arbeiter, bis man der Gaunerei auf die Spur kam und ihn ergriff.

Berlin, 10. August. Die Präsidentenwahl­Angelegenheit wird in den Vorversammlungen eifrig diskutirt. Alfred v. Auerswald resignirt zu Gun­sten Simsons; dagegen werden jetzt außer dem Geh.=Rath Stiehl und dem Grafen Arnim=Boi­ßenburg die HH. Kühlwetter und Scheerer als Candidaten aufgestellt. Das Ministerium behan­delt die Frage als eine offene. Der Geh.=Rath

Dinstag den 14. August.

Arnundoternater Zedrgang

Stiehl ist der Candidat der äußersten Rechten, Graf Arnim, dem auch ein großer Theil der Stimmen der gemäßigten Rechten zufallen würde, ist nicht gesonnen, eine eventuell auf ihn fallende Wahl anzunehmen. Hr. Scheerer, ein talentvoller, aber noch ziemlich junger Mann, dürfte schwerlich durch seine äußern Mittel sich besonders zum Prä­sidenten empfeblen; Hr. Kühlwetter dagegen ist mit allen außern Eigenschaften eines guten Vorsitzenden ausgestattet. Durch die Erwahlung eines der bei­den letzigenannten Herren aber würde kein politisch entscheidender Schrit geschehen. Die constituno­nelle Partei hat aber Grund genug, einen solchen Schritt für durchaus nothwendig zu halten, da die Adreßdedatte diesmal von der Regierung nicht ge­wünscht, und damit der Kammer ein Mittel ge­nommen wird, öfsentlich ein politisches Glaudens­bekenntniß bei dem Beginn ihrer Berathungen ab­zulegen. Zu der am 15. d. im Krollschen Lokal zu eröffnenden Gewerde=Ausstellung haben dereite 850 hiesige Aussteller Gegenstande angemeldet. Der Hoftapezierer Hiltl hai die Ausschmuckung der Räume übernommen. Das Comite ist durch die bereits eingelieferten schönen Erzeugnisse des Ge­werdfleißes freudig überrascht, und hofft, daß diese den Erwartungen des Publikums in jeder Bezie­hung entsprechen und auf das Neue dartbun wer­den, welchen hohen Grad der Berliner Kunstfleiß erreicht hat. Außer Paris und London dürfte wohl keine Stadt Europa's so großartige und geschmackvolle Erzeugnisse des Gewerbfleißes zu liefern im Stande sein, wie sie diese Berliner Aus­stellung darbieten wird.

Das Gerücht von einem bevorstehenden Rück­trin des Kriegsministers v. Strotha entbehrt die jetzt jeden Grundes. Die Nachricht, daß der berühmte Mathematiker Prof. Jacody an die Uni­versität Königsberg zurückzukehren genöthigt sei, ist völlig undegründet. Zur Widerlegung so vieler irrigen Behauptungen werden gegenwartig in mehreren Provinzen der Monarchie Listen an­gelegt, in welchen Urwähler, die an dem am 17. v. M. Stan gefundenen Wahlen nicht Theil ge­nommen, mit ihrer Namens=Unterschrift erklaren, daß sie dessenungeachtet ganz einverstanden mit den Maßregeln des Ministeriums sind, und bedauern, durch trintige, aber nicht politische Gründe am Wählen verhindert gewesen zu sein. Vor eini­gen Tagen ist der berühmte Componist Hr. Meper­beer hierdurch nach Gastein gereist, um die dor­tigen Heilquellen zu gebrauchen. Er beabsichtigt, seine neueste Oper:Der Prophet erst im nach­sten Frühjahr hier auf der königlichen Bühne zur Aufführung zu bringen. In Dresden sollte gestern ein kamerarschaftliches Festmahl der dort garnisonirenden preußischen und sachsischen Offiziere veranstaltet werden. Die Kattunfabrikation hat hier wie in Schlesien einen lebhaften Auf­schwung genommen, es gehen sehr zahlreiche Auf­trage von außerhalb ein. Von vorgestern dis gestern Mittag sind hier 72 neue Cholera-Erkran­kungsfälle angemeldet wörden.

Berlin, 11. Aug. Der Adjutant des Prin­zen von Preußen, Hr. v. d. Knesedeck, war kürz­lich hier anwesend, um mit dem Ministerium mündlich wegen der Verhältnisse der preußischen Truppen ia Baden zu konferiren. Es war be­absichtigt worden, die Landwehr in die Heimath zurückkehren zu lassen. Hr. v. d. Knesedeck ist bereits nach Baden zurückgereist. Ueber das Er­gebaiß seiner Mission ist nichts bekannt geworden. Es ist aufgefallen, daß durch das Publikandum des dänischen Marineministeriums vom 5. d. M. die Aufhebung der Blokade nicht gleichzeitig zu demselben Tage für alle deutschen Hafen angeord­nei worden ist. Der nächste Grund hierfür ist wohl in den Entfernungen der verschiedenen Hafen und darin zu suchen, daß die meisten dänischen Dampfboote augenblicklich anderweit gebraucht wur­den. Gleichwohl wäre zu wünschen gewesen, daß man für alle deutschen Häfen einen und denselben Termin in Kopenhagen bestimmt hätte. Wir brau­

1819.

chen nicht erst zu versichern, daß Preußen, welches fortdauernd den Beweis gleichmäßiger Wahrung der deutschen Interessen in dieser Angelegenheit gegeden, einen Unterschied in der Aufbedung der Blokade nicht gesucht, und daß die Anordnung dee dänischen Marineministeriume hierselbst unange­nehm überrascht hat. Daß demnächst übrigene auch die Blokade der Ostküste von Holstein werde aufgeboben werden, ist nach der Lage der Ver haunisse wohl zu gewärtigen. Die Minister werden demnächst ihre Salons für die Mitglieder der Kammern eröffnen. Hr. Hausemann ge­denkt erst Anfangs September nach Berlin zurück­zukehren. Er befand sich vor Kurzem einige Tage in München, wo die gereizte Stimmung gegen Preußen, namentlich unter der Hofpartei und der Geistlichkeit, noch immer im Steigen ist. Die Berufung des Dr. Hahn aus Breelau in das Unterrichtsministerium bat hauptsachlich die Ber­tretung des Geh Raths Stiehl zum Zweck, wel­cher durch seine Wirksamkeit als Mitglied der zweiten Kammer seinen Geschaften als Ministerial= raih vorzustehen dehindert ist. Nach Briefen aus dem Badischen hangt das Bildniß des Prin zen von Preußen jetzt in allen dortigen Kunstband­lungen zum Verkauf aus und finder starken Absog.

Bekanntlich ist seit Aufbedung des Belagerungs­zustandes die Organisation der demokratischen Par­tei lebhaft in Angriff genommen und zwar in der Weise, daß unter sich zusammenhangende Volks­vereine über die ganze Stadt ausgebreitet werden. Vorgestern hat sich der siedente größere Volksver­ein in Eldoravo constituirt. Derselde umfaßt neun Bezirke. Man wird sich des Auftritts in der Stehelpschen Conditorei erinnern, wo ein adeliger Herr vor einiger Zeit im trunkenen Zustande einen andern, angedlich, weil er diesen für eine ihm mißfallige Person hielt, mit einem Dolch bedrobie. Man glaubte damals, der Vorfall werde keine weitere Folgen haben, indeß erfahrt man jetzt, daß deshalb eine Criminal=Untersuchung eingeleitet wor­den ist, indem mehrere Personen, welche bei dem Vorfall gegenwärtig waren, bereits am 18. als Zeugen vernommen wurden, und zum 14. aufe Neue eine Vorladung erhalten haben. Vor­gestern sind in Dresden 400 preußische Landwehr manner in ihre Heimath entlassen worden. Am Montag oder Dinstag wird, wie es heißt, das gesammte preußische Militär Dreeden verlassen.

Von vorgestern dis gestern Mittag hatten wir nur 32 neue Cholerafalle.

* Berlin, 11. Aug. Die 3. und 4. Sitzung der zweiten Kammer sind ziemlich interessenloe. Wenig neugieriges Publikum war zugegen. Die Zahl der Abgeordneten mehrt sich, so daß die Raume sich füllen und selbst die außerste Linke all malig belebt wird. 238 Wahlen sind dis jeg gepruft und anerkannt worden. Graf Schwerin ist mit 137 Stimmen zum Prasidenten gewahlt, für Simson waren 84 Stimmen abgegeben. Zum 1. Viceprasidenten ward Simson, zum 2. Lensing verkundigt. Graf Schwerin sprach einige auf die Wirren der Zeit und die reitenden Thaten der Armee passende Worte.

Königeberg, 8. August. Die Königliche Regierung hat auf den 18. d. M. die Ersagzwahl für den Bankodirektor Mac=Lean angesetzt. Aus der letzten Versammlung des Arbeitervereins er­fährt man, daß die demokratische Partei in Tilsit beschlossen hat, an Stelle der Deputirten für die erste Kammer Lunerkorth und Uncuh, welche beire die Annahme des Mandates abgelehnt haben, Ja coby und Waldeck zu Deputirten in diese Kammer zu wählen.

Königsberg, 9. August. Es ist hierorte öfter Beschwerde von Offizieren der Linie derüber geführt worden, daß die Offiziere der Bürgerwehr sich das Tragen der sildernen Offizier=Portepee's erlauden. In diesen Tagen int nun auch diese Sache erledigt, indem die hiesige Regierung an den Magistrat von Königsberg ein Reskript erlas­sen hat, nach welchem derselbe darauf streug zu