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Die Urwahlen.

à Es ist viel gegen die indirekte Wahl gestritten worden, vielleicht nicht mit Unrecht, denn eine wahre Volksvertretung möchte durch indirekte Wahl wohl nicht herbeizuführen sein; demach können wir dem neuen Ministerium in Betreff seiner energischen Maß­regeln gegen jene beabsichtigte Demonstration am Grün­donnerstage nicht altein unsere Anerkennung nicht ver­sagen, wir glauben sogar ihm und uns zu seinem Siege Glück wünschen zu müssen. Eine direkte Wahl würde nach unserem Dafürhalten ein Unglück für uns gewesen sein, denn sie würde nichts weniger als eine wahre Volksvertretung zu Tage gefördert haben.

Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß der Umschwung der Dinge zu plötzlich gewesen sei, als das derselbe schon jetzt von dem Volke hätte ganz begriffen werden können. Das mit den Principien der Kirche ganz verwachsene Volk sicht die durch die ber­liner Revolution herbeigeführten politischen Verbesse­rungen größtentheils nur als Nebensachen an, das Uebergewicht aber, welches die eine oder andere Re­ligionspartei dabei gewinnen kann; hat es in den Vordergrund gestellt. Der Katholik glaubt, daß zugleich mit dem Sturze des preußischen Absolutismus die ihm feindlich gegenüber stehende protestantische Kirche einen gewaltigen Schlag erhalten habe, und er daher in seinem Vortheile das Eisen schmieden müsse, so lange es warm sei; der Protestant hingegen, dieß einsehend, fürchtet das Uebergewicht des Kutholicismus. Wir sprechen hier vom sogenannten Volke, der niedern Volks­klasse, und wer die den Wahlen vorangegangenen Um­triebe recht eingesehen und erkannt hat, wird gewiß unserer Behauptung beistimmen. Als überflüssigen Be­weis können wir die öffentlichen oder geheimen pro­testantischen und katholischen Wahlcomités anführen. Namentlich schien es dem noch politisch kurzsichtigen Volke auf dem platten Lande eine Lebensfrage zu sein, nur ja einen Wahlmann zu wählen; welcher sich zu seiner Religion bekennt. Die Ergebnisse der Urwah­len wissen wir zwar nur im Allgemeinen, allein wir glauben ohne Uebereilung behaupten zu dürfen, daß mit nur wenigen Ausnahmen fast überall von katho­lischer Seite die Wahl auf einen Priester oder einen streng Katholiken, von protestantischer Seite ebenfalls auf einen Priester oder Pietisten gefallen ist. Wären die Wahlen nun directe Wahlen gewesen, so würden wir in Frankfurt und Berlin eine Versammlung von Männern gesehen haben, welche gar nicht einer Volks­vertretung, wohl aber einem Concil oder einer Synode

ähnlich gesehen haben würde: Darum wünschen wir dem neuen Ministerium und uns Glück zu seinem Siege über jene Demonstration am Gründonnerstage; wir glauben sogar dem Vaterlande Glück wünschen zu müssen. Wir wollen kein Concll; wir wollen keine Synode; wir wollen eine wahrhafte Vertretung des Volkes. Wir wollen keine religiöse Einseitigkeit, kein egoistisches Sorgen für sich und seinen Stand. Wir wollen keine Männer zu unseren Vertretern haben, welchen Stand und religiöse Ansicht eine Einseitigkeit zur nothwendigen Bedingung macht, und welchen, da dieser Stand und diese Ansicht immer die Centralpunkte ihres geistigen Lebens waren, das, was dem Volke wirklich Noth thut, ganz freind ist. Wir wollen end­

lich keine größern religiösen Spaltungen, wir wollen die gewaltsam auseinandergerissenen Fugen der Gesell­schaft nicht noch weiter auseinander gerissen sehen, wir wollen keinen Bürgerkrieg, wir wollen nicht das Verderben unseres Vaterlandes. Was hat die Zer­splitterung und Entkräftung unseres Vaterlandes her­beigeführt? Jedes Schulkind, das nun einigermaßen die Geschichte seines Vaterlandes kennt, wird uns die Antwort geben:Selbstsucht und religiöse Par­teiungen. Soll min Deutschland sich dem Geläch­ter und der Schadenfreude seiner Nachbaren blosstel­len? Soll das deutsche Volk dadurch seine politische Reife an den Tag legen, daß es, alle laut warnenden Lehren der Geschichte mit Füßen stoßend, den alten Fluch an den Haaren herbeizieht? Soll es öffentlich sich zu dem unseligen Irrthume bekennen, daß es glaubt, durch dasselbe Gift, welches so lange an dem Marke des Vaterlandes genagt hat, die Größe und Einigkeit Deutschlands wieder herstellen zu können? Neinl nimmer! Wir wollen Männer; deren Geist sich über religiöse Einseitigkeiten hinausgeschwungen hat; Männer, deren Herz nicht für sich und ihren Stand, sondern in edler Selbstverläugnung nur für das Ganze, das Volk, das Vaterland, schlägt. Haben wir solche Männer nicht, dann wehe über uns und unser Vaterland!

Wir werden aber; wir sprechen es mit vollem Vertrauen aus, solche Männer haben. Haben auch die religiösen Parteiungen einen gewaltigen Einfluß auf die Urwahlen gehabt, so werden die Wahlmän­ner dennoch bei den eigentlichen Wahlen kaltblütiger zu Werke gehen. Jede Ansicht, jede Partei muß sich selbst vergessen und nur Eines, das große deutsche Vaterland im Auge haben. Wer, wo es sich um so Großes, so unendlich Wichtiges handelt, nur für sich und eine gewisse Partei

sorgen will, der begeht Verrath am Vater­lande!

Deutschland.

Berlin.May. Man trägt sich mit dem Ge­rüchte über eine Veränderung im Ministerium. Sonst nicht schlecht unterrichtete Leute nennen Hansemann als Premierminister, Banquier von der Heydt(El­berfeld) als Finanz= und Nicolovius(Köln) als Justiz=Minister. Camphausen soll nach Frankfurt gehen. Ob sich dieß Gerücht bestätigt, muß ich natürlich da­hin gestellt sein lassen.

Zum Schutze der preußischen Ostseküsten sind bereits bewaffnete fliegende Corps bestimmt. Viele Privatleute in England haben den Preußen zum Schutze gegen die Dänen wohlbewaffnete Dampfbote zum Kauf angeboten. Es sollen auch Vorkehrungen zu schleuniger Einrichtung preußischer Kanonenböte ge­troffen werden.

Der Fürst Czartoryki, welcher vor einigen Wochen von Paris hier angekommen war, um an den Vorbereitungen zur Wiederherstellung Polens thätigen Antheil zu nehmen, ist durch das von ihm gemißbil­ligte feindselige Auftreten seiner Landsleute gegen die Deutschen in der Provinz Posen veranlaßt worden, nicht, wie er bei seiner Ankunft beabsichtigte, nach dem Großherzogthum zu gehen, sondern wird nach Frank­reich zurückkehren.

Am Sonntage kamen hier die polnischen Emi­granten an, welche während des Barrikadenkampfes in Krakau anwesend waren, und deren Entfernung der österreichische Commandant Castiglione als erste Be­dingung gefordert hatte, wenn er nicht von dem Schlosse aus die Stadt in Grund schießen solle. Die polni­schen Emigranten hatten die Verantwortlichkeit für ein so großes Blutvergießen nicht auf sich nehmen wollen, und beschlossen, nach Frankreich zurückzukehren. So kamen sie auf der Eisenbahn in Breslau an, und sind von dort bereits weiter am Sonntag Abend hier durch gereist. Die Bürgergarde empfing sie unter den Waffen. Die Polen legten ihre Waffen ab und begaben sich sogleich durch die Stadt wieder zum Bahnhof, wo ihnen die Waffen zurückgegeben wurden. Unmittelbar darauf erfolgte die Weiterreise.(Berl..)

### Berlin, den 3. Mai. Dem cuswärtigen Mi­nisterium ist heute ein Bericht des Ober=Präsidenten von Pommern zugekommen folgenden Inhalts:

So eben(am 2. Mai) geht mir durch Esta­