Allgemeiner
Amtliches Kreisblatt tür den Kreis Rees.
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M. 26. Wesel, Donnerstag
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Berlin, 27. August. Man hat kürzlich in verschiedenen Blättern das Gerücht verbreitet, daß von den für die Kriegsbereitschaft der preußischen Armee angekauften Pferden ein Theil wieder verkauft werde, und es ist daran die Folgerung geknüpft worden, daß die Armee nicht länger mehr in ihrem bisherigen kriegsfertigen Zustande erhalten werden solle. So sehr es auch nun zu wünschen wäre, daß die Verhältnisse eine solche Maßregel gestatten und eine Verminderung in den außerordentlichen Ausgaben, welche die anhaltende Kriegsbereitschaft erheischt, zulassen möchte, so steht doch leider fürs erste noch keine hierzu Aussicht bietende Wendung der europäischen Verwickelungen zu erwarten, und das erwähnte Gerücht ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Preußen ist und bleibt in so vollständig gerüstetem Zustande, daß es jeden Augenblick sein Schwert zu ziehen vermag, wenn es sein müßte. Hoffen wir aber, daß eben diese gewappnete Stellung den bisher uns erhalteuen Frieden dem preußischen Vaterlande sowohl wie den verbündeten deutschen Landen auch ferner bewahren werde.(Nach der N. P. Ztg. bleibt die Armce mit Einschluß der Artillerie auf Kriegsstärke und werden nur einzelne Munitions=Colonnen aufgelöst.)
— Se. Majestät der König haben Allerhöchstsich heute früh 7½ Uhr von Saussonci über Gütergetz nach Schenkendorf begeben und sind an dem letzteren Orte zu Pferde gestiegen, um den Manövern des Garde=Corps beizuwohnen. Das Nachtquartier werden Se. Majestät der König bei dem königl. Major v. Görtzke auf GroßBeuthen nehmen. Morgen nach Beendigung der Uebungen für diesen Tag werden Se. Majestät Allerhöchstsich nach Saussonci zurückbegeben und am Donnerstag früh in gleicher Weise zu den Truppen zurückkehren. Das demnächstige Allerhöchste Nachtquartier wird wieder in Groß=Beuthen sein. Am Freitage haben die Manöver des Garde=Corps bekanntlich ihr Ende.
Koblenz, 27. August. Die hiesige Handelskam= mer veröffentlicht den Bescheid des Herrn Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten auf die im Jahresbericht vorgetragenen Wünsche. Es heißt in dem Bescheid unter Andern:„Die in Betreff der Sonntags= feier ergangenen Bestimmungen haben, bevor dieselben erlassen wurden, der sorgfältigsten Erwägung unterlegen, und ist aus den, von der Handelskammer vorgetragenen Umständen eine Veranlassung zu deren Abänderung nicht zu entnehmen. Während der Dauer des Gottesdienstes jeden gewerblichen Verkehr zu untersagen, wird auch in Bezug auf die Nachmittage durch den Zweck geboten, außerhalb der Stunden des Gottesdienstes aber ist der gewöhnliche Verkehr nur durch das Verbot des Ausstellens und Aushängens von Waaren 2c. beschränkt. Aus
den 30. August. 1855.
den auf die Beschränkung des Postdienstes an Sonnund Festtagen bezüglichen Anführungen kann ein geeigneter Anlaß nicht hergenommen werden, um von den deshalb bestehenden allgemeinen Grundsätzen Ausnahmen eintreten zu lassen.
Die Frage wegen Ermäßigung der Telegraphengebühren wird der weiteren Erwägung vorbehalten.
Wegen Herstellung einer Eisenbahn von Bonn über Koblenz nach Bingen, deren Anlage nunmehr von des Königs Majestät genehmigt ist, schweben Verhandlungen, deren Förderung die Staatsregierung sich angelegen sein läßt; es werden dabei nur solche Bedingungen gestellt, welche im öffentlichen Interesse unerläßlich erscheinen. Was die Bahn von Ehrenbreitstein nach Wetzlar(Gießen) betrifft, so kann es nur erwünscht sein, daß die Handelskammer ihr Interesse für das Zustandekommen dieser Bahn in wirksamer Weise bethätige.
Hamburg, 25. Aug." Das Thema des Gesprächs bildet heute fast ausschließlich die plötzliche Entwerthung der meckleuburgischen Scheidemünze, wodurch der kleine Mann am härtesten betroffen wird. An verschiedenen Stellen der Stadt hat es heute dieserhalb schon einige Unordnungen gegeben, indem manche Arbeitgeber ihre Leute in dieser Münze bezahlen wollten. Die Geldklemme dauert hier fort, und obgleich der Disconto 4 bis 4½ pCt. steht, so ist selbst zu diesem Zinsfuß Münze nur mit großer Mühe zu bekommen. Der Grund hiervon wird in den bedeutenden Silbersendungen nach Schweden und Oesterreich gesucht.
Paris, 26. Aug. Der heutige„Moniteur" enthält ein Schreiben des Kaisers, in welchem derselbe dem General Pelissier und den Truppen seinen Dank für den Sieg an der Tschernaja ausspricht. In demselben wird die Hoffnung ausgedrückt, daß Sebastopol bald fallen werde. Sollte sich dieses Ereigniß verzögern, so wisse man aus auscheinend positiven Nachrichten, daß die Russen keinen Kampf mehr im Winter aushalten könnten.
Eine Depesche des General Pelissier vom 24. d. meldet: Wir haben eine Embuscade auf dem Glacis des Malakoff genommen; 500 Russen versuchten dieselbe wieder zu nehmen, wurden aber mit einem Verluste von 300 Mann zurückgeschlagen. Die Alliirten haben das gegen den Frind gekehrte Werk definitiv in Besitz genommen.
# Pgris, 27. Aug. Die Königin von Englaud ist
heute Millag in Begleitung des Kaisers und unter enormen Andrang des Publikums nach Boulogne abgereist.
Der Brief des Kaisers an den General Pelissier und die kriegerische Anrede des Marschall Veillants an den Kommandeur der Ostarmee bilden heute die alleinige Unterhaltung. Man weiß jetzt, daß der Krieg noch lange nicht zu Ende ist, aber der zuversichtliche Ton, womit der Kaiser gesprochen, hat seine Absicht nicht verfehlt, die Stimmung ist günstig und sogar die Börse hat sich die