Nr. 247.

Freitag, den 5. October.

1883.

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Pestiten Venischstachte Nr. 16.

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Rheinische Landeszeitung.

Führ die Redaston verantwortich. J. v. Cari 9 4 2 4. Druck und Brtag von J. B. Sartba.

520, Jogzugentenmacher; Oberegsiel, Veter Ach; Godesherg, Ti, Dez, Mak 845 M

Bornheim, Gedr. Groß; Gechtem, Gottfr. Pieck; aboberg, Aloys Esser; persel, I. Bbosen, Nr. 107.

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Die Abreise des Königs Alfons

aus Paris.

Der bekannte Pariser Timeskorrespondent meldet vom 1. ds.: Trotz aller Bitten Grevy's lehnte es der König ab, seinen Aufenthalt in Paris zu verlängern. Ich hege, sagte er,keinen Groll gegen die fran­zösische Nation und bin gerührt durch M. Grevy's Besuch, aber im Innern meines Herzens lagert eine tiefe Traurigkeit, die nicht irgend etwas zuzuschreiben ist, was mich selber individuell berührt, sondern dem Mißverständniß, welches künstig zwischen zwei Na­tionen von derselben Abstammung, die in hohem Grade dieselben Interessen haben und die sich einan­der zugethan sein sollten, existiren wird. Der von M. Grevy gethane Schritt mag mich die Bitterkeit meines Einzuges vergessen lassen, allein Spanien wird sich lange des Gezisches der Pariser Bevölkerung, welche nicht sehen wollte, daß hinter dem König es die Na­tion war, welche sie auszischte, erinnern. Der König beschloß demnach heute(Montag) aufzubrechen und die Abreise wurde für 8 Uhr 45 Minuten anbe­beraumt. Als ich in der Station kurz nach acht Uhr ankam, deutete in der Nachbarschaft nichts die Abreise eines Königs an und es war nichts Unge­wöhnliches bemerkbar. Innerhalb der Station waren einige Arbeiter mit der eiligen Herrichtung eines Salonwagens für die Aufnahme des Königs beschäf­tigt, denn die Befehle dafür waren erst spät Abends eingetroffen. Ich ging hinaus, um zu sehen, ob sich irgend eine Volksmenge um den Bahnhof herum ein­gefunden, und mittlerweile kam der König an. Er hatte die Abreise um eine halbe Stunde beschleunigt, da er ohne Zweifel wünschte, wie er vorher bemerkt hatte, der französischen Regierung irgend neue Verwickelungen zu ersparen. Er kam folglich um Uhr an und verbrachte eine halbe Stunde im Wartesaale. Auf dem Perron hatten sich Graf Morphy, der Herzog von Sesto, der Marquis Bendenia, Senator Palajo, der Herzog de la Rocca, Oberst Lichtenstein und der liebenswürdige General Pittié, der inmitten aller die­ser ärgerlichen Umstände die Gastfreundschaft und Höflichkeit Frankreichs hochgehalten hatte, eingefunden. Mehrere andere Personen warteten außerhalb, während der Herzog von Blanco an der Thür des Saales stand, um das Signal für die Abreise zu geben. Der König verließ den Saal wenige Minuten vor dem Abgang des Zuges. Er war ein wenig blaß, aber lächelte und hatte nichts von seinem gewöhnlichen gutmüthigen Aussehen verloren. Er schritt auf mich zu und nach­dem er sein Bedauern darüber ausgedrückt, daß die Um­stände ihm nicht erlaubt hätten, mich zu empfangen, sagte er, er sei sehr gerührt durch die Haltung der englischen Presse während der ganzen Affaire.

In dem Augenblick der Abfahrt winkte der Kö­nig dem Geueral Pittié, die Stufen des Waggons zu besteigen.Sagen Sie dem Präsidenten der Re­publik, rief er,daß ich ihn mit einem tiefen Be­wußtsein von der Höflichkeit, die er mir erwiesen, verlasse. Die Dampfpseif= ertönte, der König grüßte die Spanier auf dem Perron, und als der Zug ab­fuhr, riefen sie herzlichViva el Rey!

Poluische Chronik.

Deutschland.

Berlin, 3. Okt.(Daß über eine Zusammen­kunft des deutschen Kaisers mit dem Kaiser von Rußland) verhandelt worden ist, steht trotz aller offiziösen Dementis fest. Nach Privattele­grammen aus Wien bemerkt neuerdings ein Peters­burger Brief der amtlichenWiener Zeitung", daß die Zusammenkunft noch für wahrscheinlich gelte.

Berlin, 3. Okt.(Wie verlautet, hat der Kai­ser) eine Einladung des regierenden Grafen von Stolberg zu Jagden in dem Revier von Wernigerode angenommen und wird am 25. d. Mts. auf Schloß Wernigerode erwartet. Es ist für den 26. eine Jagd auf Hoch= und Schwarzwild overhalb des Mühlen­thals und für den 27. eine Jagd auf Hasen unweit Charlottenlust in Aussicht genommen.

.(Der Bundesrath) wird seine Thätigkeit bereits in der laufenden Woche wieder aufnehmen. Man erwartet zum Freitag, spätestens aber Samstag die Anberaumung einer Plenarsitzung. Dem Bundes­rathe wirden noch im Laufe dieses Monats Anträge der preußischen Regierung und des Hamburgischen Senats über die Verlängerung des sogenannten kleinen Belagerungszustandes in Hamburg und den umlie­genden preußischen Gebieten zugehen. Die preußische Verfügung bezieht sich auf den Stadtkreis Altona, die Kirchspielvogteibezirke Blankenese und Pinneberg, Reinbeck und Bargteheide, die Städte Pinneberg, Wandsbeck und Lauenburg, sowie die Landvogteibe­zirke Schwarzenbeck und Lauenburg; bei Hamburg wird dessen gesammtes Staatsgebiet, mit Ausnahme des Amtes Ritzebüttel, betroffen. Die Verlängerung soll, wie bisher, am 29. Oktober in Kraft treten.

(Das Madrider Kabinet) soll, wie aus Paris hierher gemeldet wird, beabsichtigen, in Paris anzufragen, weshalb dasJournal offiziell nicht den Wortlaut der Inserpellation Grevy's ver­öffentlichte.

.(DieNational=Zeitung" bringtNach­klänge vom Niederwald=Fest,) denen wir Dat Folgende entnehmen. Man mußte die Uner­schrockenheit und Haltung bewundern, mit denen Frl.

Heyl, die Tochter des Wiesbadener Kur=Direktors und bekannten Schriftstellers Fr. Heyl, die Verse von Rittershaus vortrug. Es war keine kleine Aufgabe für eine junge Dame, den Kaiser, der die Sprecherin immer fest im Auge hielt, mit einem Gedicht anzu­reden, daß sich in dem poetischen Aufschwung des du" unddir" bewegte. Auch die Namen der an­dern Festjungfrauen, welche die Sprecherin umgaben, mögen hier stehen: es waren die zwei Töchter des Professors Schilling, Frl. Helene Rittershaus aus Barmen, Frl. Götz=Rigaud aus Frankfurt, Frl. Louise v. Ritter aus Rüdesheim, Frl. Emma vom Bruck aus Crefeld. Der Schnitt der weißen Cachemirkleider war dem Relief des Denkmals, die Heimkehr, ent­nommen. Auch die Mainzer und Rüdesheimer Da­men, die im Thale den Kaiser begrüßten, haben sich nach allen Berichten sehr glänzend aus der Affaire gezogen.Famose Frauenzimmer, sagte der Kron­prinz, welcher diese Ruhe im Feuer bewunderte... Das Centrum war zahlreich vertreten. Natürlich wandten alle Blicke sich nach Herrn Windthorst, als derselbe, neben Herrn zu Frankenstein sitzend, über den Festraum fuhr; etwas in sich versunken und die Augen hinter der blauen Brille versteckt, saß der kleine Herr da, mancherlei in seinem klugen Haupte erwägend. Der Abgeordnete Lieber hat beim Fest­mahl in Rüdesheim auf dieGermania natür­lich auf der Höhe noch eine Festrede gehalten...

(Die Reise des Fürstbischofs von Bresl au) nach Rom brachte man mit den weiteren kirchenpolitischen Verhandlungen in Verbindung; von Centrumsseite wurde dem widersprochen. Ein Bres­lauer Korrespondent derPost macht jedoch darauf aufmerksam, daß sich in der Begleitung des Fürst­bischofs der Kaplan Dr. Herbig aus Liebenthal be­finde, einer, wie der Schreiber versichert, der begab­testen Priester der Diöcese, namentlich ein Kenner des canonischen Rechts. Trotzdem bezweifelt man, ob gerade Fürstbischof Herzog die geeignete Person zu kirchenpolitischen Transaktionen sei.

(Die Mittheilung, daß der General der In­fanterie, Graf v. Blumenthal), Kommandeur des 4. Armeekorps, die durch den Tod des Großherzogs von Mecklenburg= Schwerin vakant gewordene In­spektion der 2. Armee erhalten werde, bestätigt sich nicht.

(DieNordd. Allg. Ztg.) bringt eine längere Zuschrift aus dem 19. hannoverschen Wahl­kreise, in welcher der Ausfall der Wahl lediglich persönlichen Mißstimmungen zugeschrieben wird.

Berlin, 3. Okt.(Gelegentlich des Ausganges der Stichwahl Hottendorf=Cronemeyer) be­merkt dieProv.=Corr.:Es erscheint hochgradig, besorglich und betrübend, daß in einem Wahlkreise, der 16 Jahre zur nationalen Sache gestanden hat, der gesunde Sinn soweit zurückgedrängt werden konnte, daß der politische Radikalismus die Unter­stützung von Parteien annehmen durfte, deren Stellung zur nationalen Sache Niemanden ein Geheimniß ist. Daß die Fortschrittspartei in Otterndorf offene Thüren und für ihre Angriffe gegen das Programm Hottendorf's offene Ohren gefunden hat, wird wenig­stens theilweise darauf zurückzuführen sein, daß die Nationalliberalen bei mehr wie einer Gelegenheit dem Glauben an das Gemeinsame der liberalen Par­teien Vorschub geleistet und diese Formel noch vor Jahresfrist zu der ihrigen gemacht haben.

Dresden, 3. Okt.(Der sächsische Land­tag) ist zum 12. November einberufen.

Frankfurt, 3. Oct.(DieFrankf. Ztg." meldet,) daß ein Beamter der Deutschen Vereinsbank mit 70,000., welche er derselben entwendete, flüchtig geworden ist.

Oesterreich=Ungarn.

Wien, 3. Okt. Prinz Arnulph von Baiern bereist gegenwärtig Montenegro. Er ist der Gast des Fürsten Nikolaus.

Die Prager czechischen Gewerbeleute haben gestern in einer Versammlung beschlossen, sämmtliche deutsche Firmenschilder in Prag zu entfernen.

Wien, 2. Okt. Gestern begann in den okku­pirten Provinzen die Aushebung der Rekruten. Die­selbe wird den ganzen Oktober hindurch dauern. Das dies jährige Rekrutirungskontingent beträgt zwölfhundert Mann. Das Prager akademische OrganDeutsche Hochschule" verlangt, die Regierung solle den deut­schen Bundesrath bewegen, jene Bestimmung zurück­zunehmen, nach welcher das medizinische Studium an den Universitäten außerhalb Deutschlands dort nicht mehr angerechnet wird, weil durch die besagte Bestimmung der Zuzug deutscher Studenten auf der Prager Universität ausgeschlossen wird. Auf den englischen Konsul in Skutari, Mr. Green, wurde gestern während der Jagd ein Schuß abgefeuert. Green blieb unverletzt, der Attentäter wurde nicht er­mittelt.

Pest, 3. Okt. Im Abgeordnetenhaus beantragte Tisza, das Haus möge das bisherige Vorgehen der Regierung in der kroatischen Frage billigen, indem es die Regierung bevollmächtige, auf Grund des seit 1868 befolgten Gebrauches die jetzigen Staatswappen­schilder zu belassen, dort jedoch, wo bisher Wappen mit anderer Umschrift gebraucht wurden und durch neue ersetzt werden sollen, die Staatswappen ohne jede Umschrift anzubringen. Der Antrag wird nach kurzer Debatte für die Samstagssitzung auf die Tages­ordnung gestellt.

Poantreich

Paris, 2. Okt. Der Berichterstatter desTemps schließt seinen Bericht über die Einweihung des Nie derwald=Denkmals mit folgenden Worten, die in einem erfreulichen Gegensatz zu dem stehen, was sonst in der hiesigen Presse über Deutschland geschrieben wird: Ich möchte die Erzählung dieser Reise schließen, indem ich ein Wort von dem Eindruck sage, den ich aus meinen Unterredungen zu empfangen Gelegenheit hatte. Beamte, Journalisten, Bürger und Arbeiter, bei Allen habe ich ein sehr lebhaftes und sehr ver­ständiges Gefühl von Patriotismus gefunden; nir­gends sah ich nationale Feindseligkeit und Haß gegen Frankreich. Ueberall bin ich einer delikaten und vollendeten Courtoisie, die nicht affektirt war, begeg­net. Aber der Deutsche, der nicht die Gewohnheit des self-governement, noch vor Allem die der Initiative auf dem politischen Gebiete hat, besitzt in dieser Hinsicht eine passive Resignation, die den Franzosen unbekannt ist. Er hat nicht, wie unsere demokratischen Doktrinärs, den Glauben in die Autorität eines abstrakten Prin­zips, in die Allmacht des Volkswillens. Er glaubt nicht, daß ein Volk absolut Herr sei, seine Geschicke nach seinem Belieben zu lenken; er fühlt sich einer höheren Leitung unterworfen und nimmt sie hin; er hat ein sehr entwickeltes Gefühl für die historischen Nothwendigkeiten, welche die französische demokratische Schule so bereitwillig verachtet. Nirgends habe ich kriegerische Dispositionen gefunden; die vernünftigen Deutschen wissen wohl, daß ihr Land Alles, was es wünschen konnte, erreicht hat, und daß sie, wenn sie das Schicksal auf's Neue versuchten, viel auf's Spiel setzen würden, ohne dagegen die Chance irgend eines wirklichen Gewinnes zu haben. Doch sie unterwerfen sich der höheren Gewalt der Ereignisse."

Es wird uns aus Paris geschrieben: Herr Daniel Wilson, der Schwiegersohn des Präsidenten Grevy und Urheber des Skandals gegen den König von Spanien, hat eine längere Reise in's Ausland angetreten, um den Präsidenten der unangenehmen Verantwortlichkeit für sein Benehmen zu entheben. Interessant ist es, der noch in tiefes Dunkel gehüll­ten Entstehung der ganzen Skandalaffaire nachzu­forschen. Es ist bekannt, daß zwischen dem Präsi­denten der Republik und dem Ministerpräsidenten eine ganz offene Feindschaft herrscht und diese veran­laßte Herrn Wilson, den Skandal zu provoziren, um Jules Ferry und das Kabinet dadurch zu stürzen. Die ganze Affaire zeigt jedenfalls wieder die Zukunft Frankreichs in den schwärzesten Farben.

X Ferner wird uns geschrieben: In der Made­leine zu Paris findet am Samstag Mittag die kiichliche Vermählungsfeier des Prinzen Georg Radziwill, eines Sohnes des Fürsten Radziwill, Flü­gel=Adjutant des deutschen Kaisers, mit der Comtesse Marie Rose Branicka, Tochter des Grafen Ladislaus Branicki, statt.

Paris, 2. Okt. Ein Theil der Pariser Presse ist durchaus nicht zufrieden mit der durch den ent­schuldigenden Schritt des Präsidenten der Republik beim König Alfons diesem und Spanien gewordenen Satisfaction. So schreibt z. B. dieFrance:

Wir enthalten uns, den Schritt zu qualificiren, welchen Herr Jules Feriy, der verantwoctliche Mi­nister aller Akte der Regierung, indem er den Namen Frankreichs dabei engagirte, dem konstitutionell un­verantwortlichen Staatschef hat auferlegen zu sollen geglaubt. Es war also nicht genug, entgegen den mit Recht froissirten nationalen Gefühlen, mit Ehren, wie sie kein zu uns kommender Staatschef gekannt hat, nicht den König von Spanien, denn seine Krone war in den Augen des Volkes unter dem Helm des Ulanen verschwunden, sondern den Chef der Garnison einer französischen Stadt, die mit Gewalt dem Vaterlande entrissen ist, empfangen zu haben. Herr Jules Ferry mußte auch noch durchsetzen, daß Frankreich sich vor dem Kommandanten von Straßburg demüthigte und ihm Entschuldigungen machte. Das ganze Land wird gegen diese neue Erniedrigung, welche Herr Ferry Frankreich auferlegte, protestiren.

Italien.

Rom, 3. Okt. Bei dem gestrigen politischen Banket in Genua begann der Exminister Baccarini eine Serie von Reden im Sinne der antiministeriellen Linken, worin er das Ministerium Depretis heftig angriff. Zanardelli und Cairoli hatten, obgleich sie eingeladen waren, abgelehnt. Auch Nicotera und Crispi fehlten.

Spanien.

Madrid, 3. Oct. Der König wurde gestern Abend bei seiner Ankunft am Bahnhofe in den an­grenzenden Straßen von circa zweihunderttausend Personen begrüßt. Ueberall war der Empfang ein enthusiastischer. Unter den Personen am Bahnhofe befanden sich mehrere vornehme Franzosen, welche Trauerflore trugen. Die Königin fuhr bereits vor dem Könige nach dem Escurial; der König fuhr ohne Eskorte dorthin. Es heißt, zahlreiche Offiziere, Senatoren und Deputirte würden sich in den Palast begeben, um dem Könige die Versicherung ihrer Treue auszusprechen. Die amtlicheGaceta schreibt, beim Banket im Elysée sei König Alphons der Gegenstand ehrerbietigster Aufmerksamkeit gewesen. Nach dem Banket habe der französische Ardeitsmi­nister dem spanischen Minister Veja erklärt, Frank­

reich wünsche lebhaft, die Spanien mit Frankreich verbindenden Bande enger zu knüpfen; er sei ent­

schlossen, zur Einsetzung einer internationalen Kom­mission zu schreiten, welche das Projekt einer Eisen­bahn von Spanien nach Frankreich über Canfrano erörtern solle.

Aus Madrid wird derTimes gemeldet: es sei fast unmöglich, den Unwillen zu beschreiben, welchen alle Klassen der Gesellschaft wegen der Be­handlung des Königs in Paris zeigen. Alle Zeitun­gen stimmen darin überein, daß die französische Re­gierung für die Beleidigung verantwortlich ist. Des Königs Ankunft in Madrid, obgleich vollständig un­vorbereitet, habe einen ungeheuren Ausbruch eines volksthümlichen und freiwilligen Enthusiasmus her­vorgerufen. Der König und die Königin hielten einen öffentlichen Empfang, bei welchem 30,000 Per­sonen, Reiche und Arme, durch die Säle sich beweg­ten. Die Stadt war am Abend glänzend erleuchtet. DieTimes sagt, man könne nicht daran zweifeln, daß die jüngsten Ereignisse eine bedeutende Ver­änderung in der Zusammensetzung des französischen Ministeriums hervorrufen werden.

Ein Berichterstatter derTimes" hatte in Bordeaux eine Unterredung mit dem Marquis Vega, in welcher letzterer die Nachricht, daß er eine geheime Besprechung mit Bismarck gehabt habe, als unrichtig bezeichnete; doch gab er zu, eine private Unterredung gehabt zu haben. Der Marquis sagte, er habe Spa­nien durch keine Abmachungen mit dem deutschen Kaiser, Bismarck oder Hatfeldt gebunden. Die Inter­essen Spaniens und Deutschlands, fuhr der Minister fort, seien besprochen worden, aber von verschiedenen Gesichtspunkten; er, der Marquis, erfahre, daß Deutsch­lands Politik gegen eine Kolonisation sei, während Spanien eine große Zukunft in seinen Kolonien besitze, welche es um jeden Preis zusammenhalten werde. Spanien werde niemals erlauben, daß eine andere Macht Marocco annektire.

Rußland.

Die Czarenzusammenkunft mit dem deutschen Kaiser taucht von Neuem auf. Aus Rußland wird der bevorstehende Wiedereintritt des Generals Igna­tjew als Handels= oder Ackerbauminister gemeldet. Trotz der politischen Unschädlichkeit dieser beiden Res­sorts würde die Nachricht eines beunruhigenden Mo­mentes nicht entbehren. Vom Bosporus werden Anzeichen einer Hinüberwendung des Sultans von dem##zleuropäischen Bündnisse zu der englisch­russise## Constellation gemeldet. Der Sultan will nur erst die armenischen Vorschläge des Grafen Dufferin abwarten. Durch die Anweisung des Botschafters Herrn v. Radowitz zur Unterstützung jener englischen Vorschläge hat Deutschland indeß jener Wendung die Spitze im Voraus abzubrechen verstanden.

Serbien.

Belgrad, 3. Okt. Das neue Kabinet be­steht aus Christics(Präsidium und Inneres), Batcevic(Aeußeres), Oberst Petrovics(bisher Bauten, jetzt Krieg), Pantelics(Justiz und interimistisch Unterricht). Oberst Protic(Bauten), Szasic(Finan­zen und interimistisch Volkswirthschaft.)

Neueste Nachrichten.

Paris, 3. Okt.Siéele" dementirt die Mit­theilungen verschiedener Journale über Unterredungen Grevys mit Ferry und bemerkt, Grevy habe noch immer dasselbe Vertrauen zu den gegenwärtigen Mi­nistern. Das gegenseitige Einvernehmen sei ein noch ebenso vollkommenes als anfänglich und noch jüngst habe Grevy den Mitgliedern des Kabinets zahlreiche Beweise seiner Achtung und Sympathie gegeben. Siècle fügt bezüglich Challemel's hinzu, der Ge­sundheitszustand desselben erfordere noch große Schonung. Es sei möglich, daß Challemel vor dem Wiederzusammentritt der Kammern noch einige Zeit der Ruhe pflegen werde, bei der Kammereröffnung aber werde er auf seinem Posten sein.

Paris, 3. Okt.France" und andere anti­ministerielle Blätter melden, Thibaudin sei entschlossen, nicht zu demissioniren.

DieTimes veröffentlicht einen besonderen Artikel über die deutsche Armee und sagt, es sei eine enorme militärische Kraft in derselben verborgen und Europa werde wahrscheinlich bei dem nächsten Feld­zuge erstaunt sein über eine Entwickelung, die nur Wenigen bekannt ist.(Das klingt etwas räthselhaft und ist wohl in derTimes auch nicht ganz unverdächtig.)

Petersburg, 3. Okt. Gelegentlich des Zu­sommenseins des Kaisers mit dem König Georg von Griechenland auf Schloß Fredensborg sind viele bis­her streitige Angelegenheiten zwischen Rußland und Griechenland geschlichtet worden. Namentlich sind es die Vorrechte, welche die Fahrzeuge der russischen Marine in den griechischen Stationen genießen. Für den formellen Abschluß der Verhandlungen ist der russische Gesandte in Athen, Herr Schischkin, hierher berufen worden und weilt jetzt hier.

Belgrad, 3. Okt. Der heutigen Skuptschina­Sitzung wohnten der Ministerpräsident Christic und der Kriegsminister Petrovic bei. Bei der desinitiven Wahl des Präsidinten und Vizepräsidenten siegten die von den Fortschrittlern und Radikalen aufge­stellten Kandidaten.

Sofia, 3. Okt. Die Sobranje beschloß, die Agenden des Kriegsministeriums in eine rein militä­rische und eine Bkonomische zu theilen.