Rr 97.

Donnerstag, den 26. April.

1888.

Abonnement:

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Aonner=Sagestalt.

Spantien: Sutagese Nr. 7.

Rheinische Landeszeitung.

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Sepediton: Pirtentrute Nr 3.

Allerlei Parlamentaria.

Bonn, 25. April 1883.

Km. Es ist eine schwere Zeit für unsere Parla­mentarier.Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du die Ehren eines Reichstagsabgeordneten und die Diäten eines Landboten verdienen. Morgens geht's in den Landtag, Nachmittags in den Reichstag, und um­gekehrt. Beide Körperschaften machen halbpart bezüg­lich der Mühseligkeiten ihresTagewerkes", um à la Bauer und Wagner zu sprechen. Die vom Reiche brütet über der Krankenversicherung, die von Preußen über den Verwaltungsgesetzen, die schon jahrelang den Landtag unsicher machen und deren Zustandekommen nach der Versicherung des Professor Wagner der kleine Windthorst, allein, in seiner Specialität als Hannoveraner, zu hindern sucht. Als Zwischenakt in dieser etwas monotonen Beschäftigung ist heute großer Wäsche= und Reinigungstag im Abgeordneten­haus. Die kleine Excellenz will durch ihre Anträge auf Freigebung des Sakramentespendens und Messe­lesens die Situationklären", d. h. herausbringen, was Klares und Wahres an den Gerüchten ist, welche dem Ministerium inclus. Kanzler die Absicht imputirten, ein diesbezügliches Gesetz einzubringen. Leider sei die gute Laune wieder verstimmt worden durch die Antwort Jakobini's auf die neueste Kundgebung.Die Bot­schaft hört' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, deklamirt nun der glaubenseifrige Meppener. Die verschiedensten Parteifarben zerbrechen

1.#; was die Regierung für eine Antwort ertheilt. DieEingeweihten geben zu verstehen, daß die Herren Ministervorläufig auf dem Status quo des letzten kaiserlichen Schreibens an den Papst

erst irgend einZugeständniß",

analog des do ut des, erwarten. Windthorst aber

nöchte ums Leben gern erfahren,wie die Regierung angehblich Soche, dent.. Die Konsernatven wollen

angeblich eine Resolution einbringen, welche zu der Tendenz der Centrumsanträge ihre Sympathie aus­spricht, aus Gründen derOpportunität aber dage­gen stimmen. Wasch mir den Pelz, aber mach ihn

nicht naß. Ein Theil der Fortschrittspartei stimmt jür die Anträge, die Nationalliberalennatürlich, da­

gegen. Hat die Regierung wirklich die Absicht ge­

hegt, durch eigene Initi tive das Verbot aufzuheben,

sich nur durchstrategische Rücksichten zum vorläufigen Rückzug", bewegen lassen, so muß sie, um sich nicht selbst zu dementiren, wohl oder übel im Prinzip, den Anträgen beistimmen; aber ob etwas Praktisches beim Meister der Praktiken dabei herausspringtohne Gegenleistung", ist fraglich.

könnte aber auch die Regierung ihrerseits durch die Muttheilung, daß sie selbst ein solches Gesetz vor­Hereite, überraschen und dadurch den Windthorst'schen Antragen die Spitze abbrechen. Bis morgen um diese Zeit wissen wir's. Während das Centrum krankhafte Auswüchse des Kulturkampfes beseitigen

Phung des Prap Srtadlche Gera­ankenkassengesetzes den Anfang zur Hei­lung des socialen Klebsübels zu machen und als Antwort auf die kaiserliche Botschaft zu beweisen,

es ihm nicht an gutem Willen fehlt, wenn auch das Fleisch mitunter schwach ist. Die zweite Lesung des Krankenversicherungsentwurfes geht ebenso langsam wie gründlich vor sich. Drei Tage brauchte

Sopnishensparschläge anzunehmen. Die Hauptsache Itsicherungszwang, welcher siegreich gegen die Opposition durchgesetzt wurde und wobei sich zeigte, daß sogar dieschwäbische Volkspartei, die Ctème der Demokratie, contra Richter stimmte, der

in seinem gewohnten Uebereifer in den Krankenkassen . 515 Krankensteuern witterte. Hört man ihn, so lauft die ganze Sache darauf hinaus, die Groß­industrie in ihrenBetragspflichten" zu entlasten

und den Arbeiter zu zwingen, seine paar sauerver­vienten Groschen noch mehr wie seither in Kassen fest­

zulesen,Es ist ein grundsätzlicher Fehler Richters, Juß er füst immer nur die Verhältnisse seines west­

Grosindasteie dei de. d d: der Fabrikarbeiter und Greßenbustrie, bei seinen socialen Erörterungen im

weister, dano die Geselen und leinen Handwerks­meister, die ländlichen Arbeiter u. s. w. nur flüchtig

falle versichert werden? Doch nur die, welche es

an feste

und Verbände sind, noch es der Art ihrer Be­-ezge gephaelich auchelsfale,

Blege besiten uict die eigenen Mitel zur

Dder sonligen der Armenplege, d. b. dem Gemeinde. vorr fonstigem Steuerseckel, auheimfallen. Diepaar

alg in desemn Sgschen in die Krankerlasse ud Ji.###eut Faule gut angewendet, um so mehr, da die Gemeinde unter Umständen wohl dem Arbeiter

dieKrankensteuer" erlassen kann, der Beitrag des

urbeitgebers aber unter allen Umständen bleibt. Ohne

Zwang kommt einmal in der Welt Nichts zu Stande. Freiwillig gibt man nicht gerne etwas, und wenn es

ber woishe hat, wit beinen veraen wer.

er Mühe hat, mit seinem targen Belvienst sich

Die Socialreform ist nun einmal nicht aufzuhalten, soll

nicht die ganze Gesellschaft bis in die Grundvesten erschüttert werden, und mit der Krankenversicherung ist ein guter Anfang gemacht worden. Hoffentlich werden auch die ländlichen Arbeiter der Versicherung theilhaftig. Nachdem endlich bei den ersten drei Paragraphen das Eis gebrochen, schreiten die Verhand­lungen schneller vorwärts. Die Kommissionsvorschläge werden meistens unverändert oder nur mit geringen Abänderungen acceptirt. Am Dienstag ist man bis § 15 gekommen, und findet die weitere Berathung am Donnerstag statt. Interessant war am Dienstag auch das Scharmützel zwischen den Abgeordneten Loh­ren und Hirsch über den Werth der Hirsch=Dun­cker'schen Gewerkvereinskassen, die nach unserer Mei­nung, wie überhaupt alle Selbsthilfe, sehr in ihren Wirkungen überschätzt werden. Das Nebeneinander­tagen des Reichs= und Landtages scheint insofern Gu­tes zu wirken, als sich die Abgeordneten einer auffallenden Kürze im Sprechen befleißigen und die stundenlangen Reden seltener geworden. Die Pensa werden bedeutend rascher erledigt. Zu be­dauern sind dieSiebenzig", die gleichzeitig im Reichs= und Landtag sitzen resp. schwitzen. Von Mor­gens früh bis Nachmittags spät müssen sie ihrenBe­rufspflichten" nachkommen; da ist es kein Wunder, daß sich Manche gerneabrufenlassen, wie z. B. letzthin einige Volksvertreter, um bei einer wichtigen Ange­legenheit nicht abstimmen, d. h. Farbe bekennen zu müssen, sich durch die Hühnerjagd entschuldigen ließen. Der neuesteUlk schreibt diesen sonderbaren Hühnerjägern folgenden Denkspruch ins Album:

Der Grund, aus dem Ihr fehltet, hält nicht Stand Und spricht just nicht für heil'gen Eifers Sporn:

Als Jäger nahmt die Flinte Ihr zur Hand,

Als Volksvertretung warst Ihr sie in's Korn.

Deutscher Reichstag.

Reichskriegshäfen. Fortgesetzte Berathung

des Krankenkassengesetzes.

Berlin, 24. April. Der Reichstag erledigte in heutiger Sitzung die Vorlage betreffend die Reichs­kriegshäfen in erster Lesung und setzte die Berathung des Krankenkassengesetzes fort. Es wurden genehmigt die§§ 13 bis 15 des Abschnittes beireffend die Orts­krankenkassen. Die Debatte gab Veranlassung zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Abgg. Lohren und Hirsch über den Werth der Gewerkvereinskassen. Schluß der Sitzung um Uhr. Die Fortsetzung der Berathung findet am Donnerstag um 11 Uhr statt.

Preußischer Landtag.

auscpenbzinges, erst recht nicht. Dies haben auch ale

#cren lberaten Parteien eingesehen, selbst die süd­Frurschen Vollblutdemokraten, nur der Berliner Fortschritt nicht. Deßhalb wird auch die Ge­sichte in diesem Punkte über ihn fortschreiten.

Zweite Berathung der Verwaltungs­gesetze.

Berlin, 24. April.

Das Abgeordnetenhaus setzte die zweite Berathung der Verwaltungsgesetze fort. Hänel gegen die Kom­missionsbeschlüsse; er empfiehlt den fortschrittlichen Antrag, der nur ein eventueller sei. Prinzipiell sei der jitzige Zustand aufrechtzuerhalten. Der Redner sprach seine Verwunderung über das Schweigen des Ministers aus. v. Puttkamer erklärte, daß er erst die Gegner, namentlich auch Hänel, hätte hören wol­len, ehe er selbst sprach. Die Kluft zwischen der Regierungs= und der Kommissions=Vorlage sei nicht so groß, wie die Liberalen darstellen. Er müsse an­erkennen, daß die Kommission den Mittel= und Kern­punkt der Vorlage acceptirt habe. Die Regierung habe nie einen reaktionären Gedanken gehabt, noch die Verwaltungsgerichtsbarkeit beseitigen wollen. Der Minister weist die Befürchtungen, daß den Regierungs­Präsidenten durch die Vereinigung und Uebertragung des Vorsitzes unerfüllbare Aufgaben zuertheilt worden seien, zurück und bittet,§ 27, welcher das Prinzip der Regierung enthält, anzunehmen und die Vorlage ohne Rücksicht auf die parlamentarische Geschäftslage durchzuberathen. Bruel erklärte, das Centrum sei bereit, auf der Basis der Kommissionsbeschlüsse das Gesetz zu berathen. Hierauf werden die§§ 27, 271a und 27a nach den Commissionsbeschlüssen angenom­men. Die Mehrheit besteht aus den Konservativen, den Freikonservativen, dem Centrum und einigen Nationalliberalen, wie Lauenstein, Köhler, vom Heede, Hansen, Schenkendorf. Bennigsen und die Mehrheit der Ncationalliberalen stimmten gegen den Kommis­sionsbeschluß. Die Sitzung wurde um Uhr bis Mittwoch 11 Uhr(Anträge Windthorst) vertagt.

(Bei der Krönung in Moskau) wird der Kaiser außer durch den Prinzen Albrecht, wie man erfährt, nach neuesten Bestimmungen durch eine weitere Deputation vertreten sein. Dieselbe besteht aus dem kommandirenden General des 9. Armeekorps v. Treskow, dem Oberceremonienmeister Grafen Eulenburg und dem Flügeladjutanten und General à la suite des Kaisers Graf Alten. Die Deputa­tion wird sich seiner Zeit direkt nach Moskau begeben.

Berlin, 24. April.(DieNordd. Allgem. Ztg.) polemisirt gegen einen Artikel derNewyorker Handelsztg. vom 10. März betreffend das Verbot der Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches in Deutsch­land, und bemerkt, es sei auffällig, die Unterschrift des bei dem Kaiser akkreditirten Unionsgesandten unter diesen Kundgebungen zu finden.

(Die Nachricht, daß Major v. d. Goltz) die Direktion der türkischen Militärschulen übernimmt, be­stätigt sich vollkommen. Wie diePost erfahren hat wäre die Erlaubniß des Kaisers zum Uebertritt be­reits ertheilt.

(Der Unterstaatssekretär Eck) im Reichs­amt des Innern hat am heutigen Tage seine dienst­lichen Funktionen übernommen. Von seinem längeren Leiden ist derselbe wieder ganz genesen.

(Die Versuche mit dem Repetirgewehr) sind zwar noch nicht abgeschlossen, doch sind die Aus­sichten für die Einführung dieser Waffe sehr gering. Dagegen wird es immer wahrscheinlicher, daß man sich zur Einführung eines verbesserten Mausergewehrs entschließt. Ist die Entscheidung einmal getroffen, so hofft man die Ausführung in nicht zu ferner Zeit zu ermöglichen und zwar so, daß eventuell selbst der Landsturm mit Mausergewehren bewaffnet werden könnte.

(Konservative und Centrumsmitglieder der Holzzoll=Kommission) bringen zu der morgen Abend beginnenden zweiten Lesung einen Antrag ein. Darnach sollen eichene Faßdauben, ungeschälte Wei­den und Reifenstäbe unter die niedrigere Position c. 1 zu 30 Pf. Zoll gestellt werden. Außerdem ge­denkt man für die Grenzbezirke noch weitergehende sehr wesentliche Erleichterungen für den Bezug von Rohholz zu eigener Verwerthung zu beantragen und

den Termin der Inkrafttretung des Gesetzes für das Roh= und Nutzholz auf den 1. Oktober, für die Säge= und Schnittwaaren aber schon auf den 1. Juni festzusetzen. Durch diese Abänderungen sucht man die Bedenken gegen die Erhöhung des Holzzolles, soweit sie nicht prinzipieller Natur sind, zu beruhigen.

(Droschkenkutscher=Strike in Berlin.) Der angekündigte Droschkenkutscher=Strike ist nun heute doch in Scene gesetzt worden. Wie man mel­det, sollen 2500 Droschkenkutscher erster und zweiter Klasse mit dem heutigen Tage die Arbeit eingestellt haben. In Berlin waren für 1883 1651 Droschken 1. Klasse und 2930 Droschken 2. Klasse vorhanden; für die Droschken zusammen wurden 7200 Pferde ge­braucht. Die Hälfte der Droschken soll heute außer Beirieb gewesen sein. Von den 2000 Droschken, die heute auf dem Halteplatz hielten, gehören etwa 400 den kleinen Besitzern, die nur eine Droschke haben und dieselbe selbst führen. Diese kleinen Besitzer sind vom Strike nicht berührt.

ist heute vertheilt worden. Die Verträge sollen sech­zig jährig, aber nach zwanzig oder vierzig Jahren kündbar sein. Der Antheil der Gesellschaften an dem Brutto=Ertrage wird vertragsmäßig bestimmt. Bei Prozent übersteigendem Erträgniß der Aktionäre par­tizipirt der Staat an den Ueberschüssen. Weitere Bestim­nungen betreffen die Bildung eines Reservefonds, die Tarife 2c. Die Regierung wünscht, das Südnetz zurückzukaufen ohne Rentenemission für die Zah­lungen.. die Zah.

London, 24. April. Nunmehr ist absolut er­wiesen, daß der amerikanische Fenierführer'Donna­von Rossa die verhafteten Dynamitverschwörer nach London sandte. Einige große amerikanische Blätter erklären diese Handlung für strafbar nach amerikani­schen Gesetzen.

Skandinavien.

Christiania, 24. April. Das Odelsthing nahm diese Nacht den Antrag des Protokollkomitee's, sämmt­liche Staatsräthe in Anklagestand zu versetzen, mit 53 gegen 32 Stimmen an.

Rußland.

Petersburg, 23. April. Gestern wurde den Verurtheilten vom Prozeß der Siebzehn das gericht­lich nunmehr motivirte Urtheil mitgetheilt. Es ver­lautet jedoch, der Kaiser würde sämmtliche zum Tode Verurtheilten zu Sibirien begnadigen, welcher Gnaden­akt alsbald erwartet wird.

Petersburg, 23. April. In letzter Zeit fabelte man hier viel davon, daß es einem geschickten russi­schen Geheimpolizisten gelungen sei, hervorragende, im Auslande weilende russische Revolutionäre, so z. B. Wera Sassulitsch, über die Grenze zu locken und deren Verhaftung zu bewirken.

Orient.

Konstantinopel, 24 April. Der heutige Jrade beauftragt die Pforte, die Wahlfrage des Gou­verneurs vom Libanon zu regeln; danach scheint die Kandidatur Bib Doda's beseitigt. Die Lösung wird noch im Lause der Woche erhofft.

Afrika.

Oesterreich=Ungarn.

Wien, 23. April. Prinz Wilhelm von Preußen trifft mit dem Kronprinzen Rudolf von Oesterreich am Freitag=Morgen hier ein. Am Samstag findet die große Parade über die Truppen statt, welcher das Galadiner in der Hofburg folgt. Der Prinz ver­bleibt etwa fünf Tage in Wien. In Brünn hat ein arger Bäcker=Tumult stattgefunden. Etwa 50 Bäcker durchzogen lärmend mit einer rothen Fahne die Straßen, einen Jeden zwingend, den Hut vor der­selben abzunehmen.

Politische Chronik. Deutschland.

Berlin, 24. April.(Die kirchenpolitische Lage) bildet nach wie vor den Kernpunkt des all­gemeinen Interesses, und trotz der Bestimmtheit, mit der offiziöse Korrespondenten glauben machen wollen, daß durch den Widerstand des Staatsministeriums die angekündigte kirchenpolitische Vorlage aus der Welt geschafft sei, gewinnt die Ansicht immer mehr an Boden, daß der Plan des Fürsten Bismarck höchstens aufgeschoben aber nicht aufgehoben ist. In diesem Sinne spricht sich heute auch dieNat.=Ztg. aus.

(Wie verlautet, hat der Kronprinz) kurz vor seiner Abreise gegenüber einigen Reichstagsabge­ordneten gelegentlich der Erwähnung der kaiserlichen Botschaft sich dahin geäußert, daß er erst durch die Publikation von dem Aktenstück Kenntniß erhalten hobse.(7) 46 erhg

Frankreich.

Paris, 23. April. Der Deputirte Andrieux, bis vor einem halben Jahre französischer Gesandter in Madrid, veröffentlicht in seinem BlatteJour einen von ihm gezeichneten Artikel über die Tripel­allianz. Andrieux glaubt versichern zu können, daß Fürst Bismarck zwar nicht die Initiative zu derselben ergriffen, daß aber der Zweck, den sie nunmehr hat, sehr bald von Bismarck vorgeschoben wurde und daß dieser Zweck die Entwaffnung Frankreichs sei. Man werde zu diesem Behufe Frankreich isoliren. Ruß­land habe durch Baron Giers gelegentlich dessen Reise bereits seine Zustimmung gegeben, die vielleicht schon anläßlich der Krönungsfeier der Oeffentlichkeit bekanntgegeben wird. Mit Spanien werde soeben, und voraussichtlich erfolgreich, verhandelt. England sei von vornherein dem Frieden günstig. Ist diese Konstellation geschaffen, so wird die offiziöse Presse einen Federfeldzug für die Entwaffnung beginnen. Hierauf wird man Frankreich diesen Vorschlag auf diplomatischem Wege machen. Italien werde somit, wie Mancini in seiner Rede gesagt, bald eine Ge­legenheit finden, seine Kraft für eine große Sache einzusetzen. Widerstehe Frankreich, so werde, wie Andrieux meint, alles gegen Frankreich erlaubt sein.

Durban, 21. April. Krüger ist mit der doppel­ren Zahl der Stimmen, welche Joubert erhielt, zum

Präsidenten von Transvaal gewählt worden. Die

jüngst begonnenen Friedensverhandlungen zwischen Mapoch und den Boeren sind abgebrochen worden und es haben bereits wieder einige Kämpfe statt­gefunden, die indeß unentschieden blieben, die Verluste waren auf beiden Seiten unerheblich. Aus Zululand wird berichtet, daß die Uutus einen Angriff gegen Usibepu machten. Letzterer schlug nach heißem Kampf seine Angreifer zurück, fügte ihnen schwere Verluste zu und verfolgte sie eine große Strecke, wobei es zu einem furchtbaren Gemetzel kam.

Zwischen Portugiesen und Franzosen scheint es an der Westküste von Afrika im Con­gogebiet zu nicht unbedenklichen Reibereien gekommen zu sein. Lissaboner Blätter melden u.., daß das portugiesische KanonenbootBengo einige Schalup­pen in den Grund bohrte, welche, zu der französischen Annexions=Armee Brazzas gehörig, französische Trup­pen in Loango landen wollten.

Neueste Nachrichten.

Wien, 24. April. Die Enthüllungen des ehe­maligen Botschafters in Madrid, Andrieux, über die Tripelallianz werden in den hiesigen offiziellen Krei­sen als willkürliche Kombinationen bezeichnet; sie versolgen den Zweck, die Diskussion über die Tripel­allianz fortzuspinnen, worauf jedoch hier nicht ein­gegangen wird, weil Mancini's Erklärungen für voll­kommen ausreichend gefunden werden.

Italien.

Rom, 24. April. Der Gesetzentwurf Bacca­rini's, welcher die Grundlagen für den Abschluß der Regierungsverträge wegen Ueberlassung des Eisen­bahnbetriebes an die Privatindustrie feststellen soll,

Paris, 24. April. In der Kammer führt bei der Debatte über die Konvertirungsvorlage Soubeyran aus, die Konversion sei unzureichend, da, wie er glaubt, das Budget pro 1884 ein Defizit von 350 Millio­nen(!) aufweisen werde. Es sei unmöglich, das Gleichgewicht herzustellen, ohne Rückkehr zu den frühe­ren gesunden finanziellen Traditionen, ohne daß der Staat abstehe, bei der Ausführung der großen Ar­beiten sich an die Stelle der Privatindustrie zu setzen. Ein Amendement Baudry'Asson's(Legitimist), an Stelle der Konvertirung eine Reduzirung der Gehäl­ter der Minister, sowie aller Civilbeamten, welche über 5000 Fr. beziehen, vorzunehmen, wurde ab­gelehnt.

Paris, 24. April. Die Kamner nahm nach Ablehnung aller Amendements mit 407 gegen 99 Stimmen den Artikel 1 der Konvertirungsvorlage an. Zu Artikel 2 wurden alle Amendements abgelehnt. Die Sitzung wurde bis halb 9 Uhr vertagt. Dem Temps" zufolge sind alle Maßregeln getroffen, sofort nach Bewilligung des Tonkinkredits durch die Kammer 1500 Mann dorthin zu entsenden.

London, 24. April. Das Unterhaus ver­tagte schließlich die Debatte über die Eidesbill auf Donnerstag.

Belgrad, 24. April. Helene Markovic, welche am 23. Oktober vorigen Jahres auf den König schoß, ist heute zum Tode verurtheilt worden.