Bereinigte DreistödteZeitung
Eanern cneten ne Viersener Volkszeitung enen den nn elsetnten ue
Sprecher am Niederrhein Geschäftstelle: Hauptfraße20 Süchtelner Zeitung
Feiertage. Bezugspreis haldmonatl.
1. Unterhaltungsblatt. PostscheckkontoK ichtigt nicht zur Kürzung d. Bezugspreises.
Sprecher am Niederrhein
viersener Ovolkszeitung
Süchtelner Zeitung
Dülkener Zeitung Dülkener Volkszeitung Amtliche und weitaus meistverbreitete Zeitung in Viersen Süchtelner Volkszeitung
Geschäftsstelle: Dülken, Lange Straße 51. Jernsprecher Nr. 1486 Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Gladbach=Fernruf Nr. 1 und 2 Geschäftsstelle: Süchteln, Hochstraße 131-Fernsprecher Nr.427
Wechselweise Beilagen:„Aus unserer Heimat"—„Die Festhalle"— Sportblatt- Frauenbeilage— Unterhaltungsbeilage
Haus= und Landwirtschaft— Aus Werkstatt und Fabrik— Illustrierte Beilage
Nr. 108
Dienstag, den 10. Mai
1927
Parteitag des rheinischen Zeutrums.
Die Nachmittagssitzung.
Köln. 9. Mai. Der Andrang der Delegierten war auch zu der Nachmittagssitzung außerordentlich stark. Den Vorsitz führte der Landesgeschäftsführer der christlichen Gewerkschaften, Sitz Köln,
Hr. Jak. Kaiser.
Er lenkte die Ausmerksamkeit auf das jetzt bevorstehende Referat des Abg. Dr. Brüning über Reich — Länder— Rheinland. Wenn bisher nur abwehrend über diese Fragen gesprochen worden sei, so habe man damit die treffen wollen, die die Schwäche des Volkes ausnutzen wollten zum staatlichen Rückschritt der Vorzeit, gegen Separatisten usw. Dankbar gedachte er der erfolgreichen Kampfgemeinschaft mit den anderen Parteien, doch sei es das Verdienst des Zentrums, der größten Partei des Rheinlandes, daß es diesen Kampf mit Festigkeit und Entschlossenheit aufgenommen habe. Unter allseitigem lebhaften Beifall dankte er auch Justizrat Mönnig, der als Sohn des Rheinlandes in diesen schwierigen Jahren sich als Parteiführer als Persönlichkeit von Charakter und Mut bewährt habe.
Aba. Dr. Brüning sprach über das Thema:
Reich. Länder, Rheinland.
Dr. Brüning ging aus von der Voraussetzung, daß durch die Weimarer Verfassung in bezug auf die Gliederung Deutschlands ein Schwebezustand geschaffen sei, der die Möglichkeit für eine positive Weitergliederung einschließe. Im Lande werde besonders von den Wirtschaftsverbänden der Eindruck zu erwecken gesucht, als ob die jetzige Gliederung des Reiches Vergeudung von Steuergeldern mit sich bringe. Die Steuerlast sei nur deshalb so hoch, weil Deutschland kein einheitlicher Staat sei. Dazu führte der Redner aus: die Hauptagitatoren für diese Idee sind gerade diejenigen, die die höchsten Ansprüche an die Staatskasse durch Anträge usw. stellen. Wenn man wirklich die Parlamente einsparte, so wäre dies nur eine geringe Ersparnis im Verhältnis zu den Gesamtausgaben des Reiches, und in den Steuern würde es sich kaum auswirken. Die Frage müsse anders, nämlich so gestellt werden: Kann nicht bei den Verwaltungen im Lande, das heißt bei den mittleren und unteren Verwaltungsstellen, gespart werden? Wie dem auch sei, die Möglichkeit von Ersparnissen ist nicht abhängig von dem Verhältnisse des Reiches zu den Ländern.
Zu den Einzelheiten übergehend sagte Dr. Brüning: Es ist nicht gut, daß Gesetzgebung und Verwaltung getrennt sind, daß die einen die Gesetze machen und die anderen ihre Ausführung zu überwachen haben. Das führt zu Differenzen in der Auslegung und an den Grenzen der Einzelländer sogar zur Verwirrung und zur Unzufriedenheit der Bevölkerung. So ist die Auswirkung von Reichsgesetzen in Preußen, Bayern, Hessen usw. nicht restlos konform. Gute Gesetze lassen sich am besten dann vorbereiten, wenn der betreffende Minister die Verwaltung hinter sich hat, so daß für die Vorbereitung des Gesetzes die ganze Verwaltungserfahrung zur Verfügung steht. Das ist im Reiche nur teilweise der Fall. Beim Reichsarbeitsministerium ist sie so, daß der Minister die Gesetze entwirft, die Ausführung aber den Ländern überlassen bleibt. Daraus braucht man aber noch nicht Folgerungen für die Idee des Einheitsstaates zu ziehen, denn der Mangel läßt sich beheben durch enge Zusammenarbeit zwischen Reichsministern und Länderministern, wie solche Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen der einzelnen Parlamente. Es sind wirtschaftliche Entwicklungen möglich, die den Rahmen des bisherigen Verwaltungssystems sprengen. Aber das wird dann eine Frage der praktischen Verwaltungsreform in den einzelnen Ländern sein.
Der zweite Tag.
Auch dem zweiten Tage war ein großer Erfolg beschieden. Ein sehr stark besuchtes Haus unter dem Vorsitze des Herrn Gutsbesitzers Heuser(Düffenthal) hielt bis zur letzten Stunde getreulich aus.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rheinlandes
lautete das Thema, das vor allem am Montag zur Beratung stand. Die Grundlage zu einer sich über mehrere Stunden hinziehenden Aussprache bildete ein zweistündiger Vortrag des Vorsitzenden des Christlichen Textilarbeiterverbandes, Herrn Fahrenbarch(Düsseldorf), der in Vertretung des durch seine Teilnahme an der Weltwirtschaftskonferenz in Genf verhinderten früheren Ernährungsministers Dr. Hermes auch die landwirtschaftlichen Verhältnisse in den Bereich seiner Erörterungen einbezog. Ein reiches Zahlenmaterial hatte der Referent zusammengestellt, um vor allem an ihm die Frage nach der Bedeutung der rheinischen Wirtschaft an sich wie auch im Verhältnis zum gesamten Reich zu beantworten. Eingehend ging er auf den Bau und den heutigen Stand des rheinischen Wirtschaftslebens ein. Von einer Einheitlichkeit könne allerdings nicht gesprochen werden, es gebe größere und kleinere Unterschiede, aber im allgemeinen müsse man doch eine Besserung der ryeinischen Wirtschaftslage in den letzten Monaten konstatieren, ein Urteil, von dem er nicht ausschließen wolle, daß in einzelnen Zweigen geradezu noch eine Notlage bestände. Diesem Besserwerden der Wirtschaftslage gegenüber sei allerdinge von der erstrebten Preissenkung wenig zu merken.
Hier gebe es noch große Aufgaben zu erfüllen, wie auch nicht minder berechtigt der Ruf sei nach einer sozialen und gerechten Durchführung der Rationalisierung, nach Einschränkung der staatlichen Verwal tungskosten, nach Steuersenkung und Umgestaltung der Zolltarife und Handelsverträge. Den Führern der Landwirtschaft könne man die Anerkennung nicht versagen, daß sie sich um deren Förderung die größten Verdienste erworben haben, aber eins dürfe auch nicht verschwiegen werden: es sei jetzt an der Zeit, daß sich die Landwirtschaftsführer nun auch entschieden auf den Boden der heutigen Staatsordnung stellten, wie es hervorragende Vertreter der Industrie schon seit langem getan haben. Die rhei nische Wirtschaft muß sich, so betonte der Redner dann im weiteren, im wesentlichen auf sich selbst verlassen und nicht so sehr auf die Hilfe des Staates. Eins allerdings muß sie von ihm verlangen, nämlich, daß er die Rheinlande, und vor allem die Grenz gebiete, nicht schlechter behandelt als andere deursche Landesteile. Das gilt nicht in letzter Linie von der Verkehrspolitik, die dringend einer Verbesserung bedarf. Nicht vergessen darf aber auch die rheinische Wirtschaft, was sie dem Zentrum verdankt. Gerade das Zentrum hat sich stets für eine gesunde Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung der gemeinsamen Interessen eingesetzt, selbst in jenen Zeiten, in denen eine solche Politik recht unpopulär war und nicht dazu beitrug, der Partei Freunde im Lunde zu erwerben.(Lebh. Beifall.)
Eine sehr eingehende Aussprache, die bis zur Mittagspause nicht beendet werden konnte, schloß sich an. Vertreter der Landwirtschaft und Industrie, des Mittelstandes und der Verwaltung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer kamen dabei zu Wort, um zum Teil die Ausführungen des Referenten in Einzelheiten noch zu ergänzen, zum Teil aber auch an diesem oder jenem Kritik zu üben.
Der Oberbürgermeister von Aachen, Herr Dr Farwick, trat mit Wärme für eine Förderung der Wirtschaftsinteressen auf dem linken Rheinufer, vor allem im Aachener Industriegebiet, ein. Hier sei eine Verbesserung der Verkerhrspolitik dringend vonnöten. Das zu erreichen, scheine ihm der Aachen=Rhein=Kanal das geeignete Mittel zu sein. Ob das einzige, wolle er nicht untersuchen. Wenn die Reichsbahn andere Mittel hat, wohlan! Auf den Kanal lege sich niemand einseitig fest.
Herr Gewerkschaftssekretär Hillenb.ano aus dem Saargebiet begründete vom wirtschaftlichen Standpunkte aus die Forderung, daß Reich und Länder alles aufbieten müssen, um die baldige Wiedervereinigung des Saargebietes mit dem Reich herbeizuführen.(Lebhafter Beifall.)
Herr Direktor Dr. Lübbering(Essen) wies auf die großen Nöte des Handwerker= und Mittelstandes hin und belegte seine beachtenswerten Ausführungen mit bedeutsamem Einzelmaterial.
Frau Abgeordnete Teusch ging näher auf die Sozialpolitik im ganzen ein und betonte unter dem Beifall der Versammlung, daß mit der Gesetzmacherei allein Sozialpolitik nicht getrieben werden könne. Das beste Gesetz versage, wenn das Herz bei der Ausführung des Gesetzes nicht mitarbeite.. Ein jeder muß im Mitmenschen wieder seinen Nächsten sehen, das ist die Grundlage alles sozialen Handelns und aller Sozialpolitik.
Diesen Gedanken führte Herr Reichsarbeitsminister Dr. Brauns in knappen, trefflichen Worten weiter aus in der Zeichnung des Verhältnisses von Wirtschaft und Sozialpolitik. Sie beide müssen miteinander gehen, in gleichem Schritt und Tritt. Nicht erst Hebung der Wirtschaft und dann Sozialpolitik, sondern gleichzeitige eifrige Förderung von beiden, das ist der richtige Weg.
Nach der Mittagspause ging die Aussprache weiter, so daß es bereits 5 Uhr geworden war, als die unten von uns wiedergegebenen Entschließungen zur Diskussion und Abstimmung gestellt wurden. Sie alle wurden einstimmig angenommen.
Den Schluß der anregenden Verhandlungen bildete die Besprechung der Organisationsfragen, in der noch einmal den Delegierten der verschiedenen Wahlkreise Gelegenheit geboten war, über ihre Erfahrungen, guter und weniger guter Art, zu berichten. Dann noch ein begeisterndes Schlußwort: das Gelöbnis der unerschütterlichen Treue und Einigkeit für das Zentrum, und der diesjährige rheinische Parteitag, der so wertvolle Anregungen für die Parteiarbeit der nächsten Zukunft gegeben, ward geschlossen.
Die Frage der Dezentralisation kann wieder aufgenommen werden, nachdem die Einheitlichkeit des Reiches nicht mehr gefährdet erscheint. Damit keine Mißdeutungen aufkommen, soll hier ganz klar festgestellt sein, daß wir nicht irgendwie an den Königswinterer Beschlüssen rütteln wollen, wobej im übrigen zu bemerken ist, daß der Artikel 18 gesetzestechnisch gar nicht ausführbar sein wird ohne ein ganz eingehendes Rahmengesetz. Den Bestrebungen des Reichs= und Heimatbundes
müssen wir uns vom Zentrum aus entgegenneilen. Nach Wesen und Programm beruht der Bund nicht auf staatspolitischen Erwägungen, sondern er lebt ausschließlich vom wirklichkeitsfremden historischen Romantizismus. Aber nur auf praktischen politischen Erwägungen läßt sich aufbauen. Wir haben den Einheitsstaat unbestritten, soweit die Außenpolitik in Frage kommt, und diese Stoßkraft müssen wir uns bewahren: Das Preußen der Vorkriegszeit ist nicht mehr. Preußen ist auch gar kein nationaler Gedanke, kein staatlicher Gedanke, es ist vor allem eine Verwaltungseinheit, in der praktisch
gearbeitet wird. Bei dem Problem Reich und Länder muß für uns in der Gliederung des Reiches entscheiden sein, daß sie Deutsch=Oesterreich den Eintritt möglich macht. Auch der Demokrat Koch hat in seiner Rede auf dem Demokratischen Parteitage vom
föderativen Einheitsstaat
gesprochen. Wenn wir im Sinne dieses Begriffes weiterkommen, dann wird es erheblich vorwärts gehen. Von den Schlagworten Unitarismus und Föderalismus sollten wir uns trennen. Dabei sollen wir nicht vergessen, daß sich in wenigen Wochen Verwaltungen, die historisch geworden sind, zerschlagen lassen, daß es aber Generationen braucht, um sie wieder aufzubauen. Das ganze Problem sollte nicht so sehr politisch, sondern wirtschaftlich u. finanztechnisch gesehen werden.
Von dieser Blickweise ausgehend, wandte sich der Rebner gegen die Idee, neben das Reich und die Bundesstaaten auch noch Reichsländer zu setzen, das würde die Gliederung nur komplizieren. Praktisch würde vielleicht sogar die Mainlinie sofort wieder akut. Der Eintritt Oesterreichs würde erschwert, wenn nicht ganz in Frage gestellt. Dr. Brüning fuhrt dann aus, wie Zwerggebilde(Schaumburg=Lippe u. ähnliche) in Preußen aufgehen könnten und wie andere Länder, die finanziell nicht existenzfähig seien, darauf bedacht sein müßten, in gewisse Verwaltungsgemeinschaften mit dem Reiche zu treten, um auf diese Weise ihrer finanziellen Gefärdung auszuweichen.
Das vielbegehrte
Zuschlagsrecht zur Einkommenstener
hält der Redner nicht für die Lösung, die alles in Ordnung bringen könnte. Die Entwicklung ginge dahin, daß Industrie und Handel sich an einzelnen Stellen zusammenballten, die dann nur wenig Zuschläge zu erheben brauchten, wodurch sie weitere Anziehungskraft ausüben würden auf Unternehmungen an kleineren Plätzen, wo man natürlich gezwungen wäre, hohe Zuschläge zu nehmen und dann doch finanziell nicht zurecht käme.
Zum Zwecke der Ersparnisse sei eine Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Reich, Ländern und Kommunen notwendig. Doppelarbeit sei zu verhindern. Fonds, die in der Inflation aus Popularitätsgründen geschaffen worden seien, müßten beim Reiche verschwinden. Denn sie würden ja doch verteilt auf dem umständlichen Wege über das Land und die Kommunen. Einheitlich möge man gestalten die Veranlagung und die Erhebung der Grundvermögenssteuer, der Gewerbesteuer, der Hauszinssteuer und möge sie restlos den Finanzämtern des Reiches übertragen. Der Steuerpflichtige soll von einer Stelle aus einheitlich seine Veranlagung bekommen.
Dr. Brüning wandte sich dann nochmals dem
Problem Preußen als Reichsland
zu und bezeichnete den Plan, aus Preußen ein Reichsland zu machen, als Widerspruch gegen die großen politischen Gesichtspunkte unseres Verhältnisses zu Süddeutschland und zu Oesterreich. Die Annahme, daß das Reich über Preußen regieren würde, wäre falsch. Wer die Verwaltung in der Hand hat und nicht derjenige, der die Gesetze macht, regiert. Durch Weimar wurde Preußens Vormachtstellung gebrochen. Preußen als Reichsland würde wieder der regierende Staat in Deutschland.
Der Redner setzte sich in seinen Schlußausführungen mit praktischen Vorschlägen für die Dezentralisation in der Verwaltung ein, aber auch mit Hinweis auf das Zeitalter des Telephons und des Kraftwagens für die Bildung größerer Verwaltungseinheiten, namentlich bei den unteren Instanzen und besonders im Industriegebiet.
An die Stelle des Aktenverkehrs müsse wieder
der Verkehr von Mensch zu Mensch
treten. Die Neugliederung müsse jedenfalls nicht doktrinär oben bei der Spitze anfangen wollen, sondern sie müsse von unten herauf neu wachsen.
Entschließungen auf dem Parteitag des rheinischen Zentrums.
WTB. Köln. 9. Mai. Auf der heutigen Schlußsitzung des Parteitages des rheinischen Zentrums wurde u. a. eine Entschließung angenommen, in der die Erwartung ausgesprochen wird, daß das noch im Saargebiet befindliche Militär zurückgezogen wird. Weiter heißt es, der Parteitag unterstütze das berechtigte Verlangen nach Beseitigung des Ueberwiegens des französischen Elements in der Reaierungskommission. Schließlich wird baldige Wiedervereinigung des Saargebietes mit Deutschland gefordert. Eine weitere Entschließung wendet sich u. a. mit großer Entschiedenheit gegen die Pferdemusterungen durch die Besatzungstruppen. Nachdem dann die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Zusagen betreffend Milderung" der Ordonnanzen bald eingelöst werden, heißt es weiter: Die Zentrumspartei der besetzten und gefährdeten Gebiete verlangt im Interesse der hartgeprüften Bevölkerung und im Interesse einer ungestörten Fortführung der Verständigungspolitik die endgültige Zurückziehung der Besatzung, die aber unter keinen Umständen erkauft werden darf durch Zusagen, die auf eine weitere Beschränkung der deutschen Souveränität hinauslausen.
Der Parteitag wird heute mit einer großen öffentlichen Kundgebung seinen Abschluß finden.
Kurze Nachrichten vom Tage.
Wie„World“ berichtet, wird der Generalagent für Reparationszahlungen, Parker Gilbert. in dem Ende dieses Monats erscheinenden Halbjahrsbericht ausführen, Deutschland könne eine Revision des Dawes=Planes solange nicht erwarten, als ans Reichsmitteln Kredite und Subsibien gezahlt würden.
Der Herzog von York eröffnete unter großen Feierlichkeiten das anstralische Parlament in der nenen Hauptstadt Cauberra. In einer Rede wies er auf die Bedeutung dieser Parlamentseröffnung hin. Es sei vielleicht besonders angebracht, daß man die Geburt der neuen Hauptstadt feiere gerade nach Schluß einer Reichskonferenz, die den Beginn eines nenen Kapitels in der Geschichte des britischen Reiches bedeute.
Das deutsche Vermessungsschiff Meteor ist am 5. d. M. in St. Vincent(Kapverdische Inseln) eingetroffen.
Der sowjet=russische Delegierte Khinchuk erlänterte im Genfer Handelsausschuß das sowjet=russische Außenhandelsmonopol. Er erklärte, daß SowjetRußland das Außenhandelsmonopol aufrechterhalten werde, was jedoch die Aufnahme wirtschaftlicher Beziehungen mit Sowjet=Rußland nicht behindern werde.
„World“ bemerkt in einem Kommentar zu der Berliner Stahlhelmkundgebung, die Hauptgründe dafür, daß die Nepublik unter Hindenburg, Marr und Stresemann gestärkt worden sei, seien der Dawesplan, Räumung und die deutsche Mitgliedschaft im Bölkerbund.
Der Reichstag wird, wie bereits gemeldet, heute, Dienstag, seine Verhandlungen wieder aufnehmen; die Sitzung ist auf 8 Uhr nachmittags angesetzt. Auf der Tagesordnung steht u. a. das Luftverkehrsabkommen mit der Tschecho=Slowakei. Reichstagspräsident. Löbe ist von seinem Kuraufenthalt wieder nach Berlin zurückgekehrt und wird bereits die Reichstagssitzung am morgigen Dienstag leiten.
Die Reise des Reichspräsidenten.
WTB. Wilhelmshaven, 9. Mai. Reichspröschent v. Hindenburg ist heute vormittag 9½ Uhr in Wilhelmshaven eingetroffen. Auf dem Bahnhof erfolgte der Empfang durch Reichswehrminister Dr. Geßler, den Chef der Marineleitung Admiral Zenker, den Stationschef Vizeadmiral Bauer, den Festungskommandanten sowie die Oberbürgermeister von Wilhelmshaven und Rüstringen. Nach Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie fuhr der Reichspräsident, von der Bevölkerung herzlichst begrüßt, zur neuen evangelischen Garnisonkirche, durch die ein kurzer Rundgang unternommen wurde.
Um 10½ Uhr traf der Reichspräsident, in dessen Begleitung sich auch noch der oldenburgische Ministerpräsident Zinch befand, nach einer Autofahrt in der Kaserne am Müh lenweg ein, wo die Marineteile des Standortes einschließlich der Besatzung der anwesenden Schiffe und Fahrzeuge der Reichsmarine, die herangezogenen auswärtigen Truppenteile des Stationsbefehlsbereichs und Krieger= und Marinevereine Paradeaufstellung genommen hatten. Der Reichspräsi dent schritt die Front ab und nahm den Vorbeimarsch entgegen. Sodann besah er sich den Ehrenfriedhof, wo ein Kranz niedergelegt wurde. Nach kurzem Besuch beim Stationschef wurden dem Reichspräsidenten im Offiziersheim eine großere Anzahl höherer Offiziere und Marinebeamten vorgestellt, woran sich ein Frühstück anschloß. Um 1.22 Uhr begab sich der Reichsprösident im Sonderzug über Oldenburg zu einem privaten Besuch nach Leer und Loga; er gedenkt am Mittwoch morgen wieder in Berlin einzutreffen.
Stresemann über die Wirtschaftslage
WB. Bad Eilsen, 7. Mai. Auf dem Niedersächsischen
Wirtschaftstag äußerte Reichsminister Dr. Stresemann in einer Ansprache über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage, es sei mit Freude zu begrüßen, daß eine gewisse Besse
rung der Wirtschaftslage festzustellen sei und auch in dem Rückgang der Arbeitslosenziffer zum Ausdruck komme.
Trotzdem müsse, so sagte der Minister, entschieden davor gewarnt werden, daß dieser Beginn einer Besserung, deren Weiterentwicklung gar nicht abzusehen ist, dazu verleite, die produktiven Kräfte Deutschlands zu überschätzen. Die finanzielle Grundlage Deutschlands sei durch den verlorenen Krieg außerordentlich stark geschwächt. Ein Zeichen dafür sei die Tatsache, daß, die Sparkasseneinlagen nur etwa 3 Milliarden Mark gegenüber 19 Milliarden im Frieden betrügen. Auch die so ost als Kennzeichen der Prosperität genannten Börsenkurse bedeuten doch, an dem realen Friedenswert gemessen, nur 52 v. H. des damaligen Aktienstandes, trotzdem vielfach die Bewertung der Aktien jetzt die Prosperität der Werte übersteige. Die deutsche Industrie sei weiter aufgebaut auf Auslandskrediten, die sie zu verzinsen und zu amortisieren habe. In allemdem liegt auch eine Warnung vor der Ueberschätzung der Transfermöglichkeiten