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Nr. 32 35. Jahrgang

Mittwoch, den 2. Februar 1910

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Diese Nummer umfaßt 32 Seiten

Der Ordnungsruf genehmigt!

(Von unserem Berliner er=Berichterstatter.)

Berlin, 1. Febr. 1910.

Drückende Fülle herrschte auf allen Tribünen des Reichstags, geschäftsmäßige Eile in den Wandelgängen und Bureaus, die Jourualisten jagten an die Telephone und die Schreibmaschinen klapperten. Im Saale der Volksvertreter reihte sich Kopf an Kopf. Das Rußere der heutigen Verhandlung trug die Signatur eines großen Tages, aber die Aufregungen, die man erwartet hatte, blieben aus. Die Abstimmungsmaschine arbeitete exakt und rasch wie eine Guillotine: Es wurde über den Ein spruch Ledebours gegen seinen Ord nungsruf geschaftsordnungsmäßig nur abgestimmt, nicht verhandelt. Das war das Werk einer Minute. Die Abstimmung war eine Niederlage für Lede bour: eine glatte Ablebnung. Er hat also das ist das Urteil des Reichstags die Rüge des Prinzen Hohenlohe zu Recht empfangen. Für Ledebour waren die sozialdemokratischen Parteikollegen, die Frei­sinnigen und die Polen eingetreten. Schallendes Ge­lächter beschloß die Aktion. Wie mit einem Zauberschlag war damit die Spannung gelöst; man steckte zwar noch die Köpfe zusammen, man tuschelte und stritt, aber die Wogen der Erregung hatten sich geglättet.

Der Handelsvertrag mit Portugal ist gewitz von größter Bedeutung; man erholte sich jedoch zunächst in den Nebenräumen, während im Plenarsaale der Strom der Verhandlungen ziemlich eintönig weiter floß. Die ausländischen Pressevertreter, Engländer, Amerikaner und Franzosen, verschwanden von der Bild­fläche; sie hatten sich auf eine journalistische Festtags­mahlzeit gesreut und waren nicht auf ihre Rechnung gekommen. Nachden über den portugiesischen Handels vertrag die Redner der verschiedenen Parteien gespröchen, Staatssekretär Delbrück auf die schädlichen Folgen einer etwaigen Ablebnung hingewiesen und Prinz zu Schönaich=Carolath in humorvoller Weise auf übersetzungsfehler aufmerksam gemacht batte, wurde der Handelsvertrag mit ziemlicher Mehrheit angenommen.

Über den Kolonialetat sprach man noch bis fast 7 Uhr

Das neue englische Parlament.

London, den 31. Jan. 1910.

Das neuc englische Parlament, das am 15. Februar eröffnet werden wird, wird aus fünf Carteien bestehen. Die beiden großen geschlossenen Parteien der Liberalen und der Unionisten werden aller Wahrscheinlichkeit nach an Stimmen durch aus gleich stark sein. An dritter Stelle kommen die irischen Nationalisten, die wohl ihre übliche Zahl von 82 beibehalten werden, dann die Arbeiter­partei mit sozialistischen Tendenzen und endlich die kleine Gruppc der unabhangigen nationalistischen Irländer, die zwar eventuell für einen Kampf mit den Lords zu haben sind, dem Budget aber durchaus feind lich gegenüberstehen. Die Majorität auf die die Libe­ralen im günstigsten Falle rechnen können, wird sich zwischen 100 und 120 bewegen, je nachdem die unab hängigen Irländer ihre Stimmen in die Wagschale werfen. Ob die Regierung mit dieser ziemlich inkohe renten Majorität ihr Programm durchsetzen wird, ist eine Frage, die man von allen Seiten jetzt lebhaft er örtert.

Zuerst, so wenigstens hat der Premierminister Mr Asquith wiederl olt angekündigt, wird der Zwiespalt mit den Lords geordnet werden müssen. Die Commons werden aufgefordert werden, die Erklärung abzugeben, daß das Oberhaus nicht berechtigt war, die Annahme des Budgets zu verweigern. Alsdann werden sie ersucht werden, die Regierung zu er­mächtigen, die Rechte des Hauses der Lords insosern zu beschränken, daß ihnen auch das bisber zugestandene Recht, eine Bill, die ihnen vom Unterhaus zugesandt wird, in toto zu verwerfen, genommen wird. Nach Erledigung der Lords wird dann das Budget, höchst wahrscheinlich unverändert, dem Hause wieder vorgelegt werden.

Die angesehene liberale Zeitschrift derEconomist äußert sich in seiner letzten Nummer über die Aussichten der Regierung wie folgt:Wir maßen ius nicht an, daß wir genau voraussagen können, welchen Weg das Rabinett einschlagen wird; aber mit Rücksicht auf die Zusammensetzung der Majorität und auf die Ziele, die ausgesteckt worden sind, neigen wir uns der Ansicht zu, daß das neue Parlament entweder nur wenige Wochen oder mehrere Jahre dauern wird, daß es entweder große konstitutionelle Veränderungen sowohl zwischen den beiden Häusern einerseits, als zwischen Großbritannien und Irland andererseits hervorbringen, oder daß es aufgelöst werden wird, ohne irgendwelche legislative Arbeit getan zu haben. Die Gründe für diese Ansicht sind klar und einfoch. Sowohl der Premierminister als der Lordkanzler haben nachdrücklichst die Erklärung ab­gegeben, daß die Regierung nur dann im Amte bleiben wird, wenn es ihr möglich ist, den Anspruch des Ober­

hauses, das Budget zu verwerfen, zurückzuweisen und ebenfalls ihr zugestandenermaßen konstitutionelles Recht aufzuheben, jedes gewöhnliche Gesetz, das vom Unter­hause zu ihnen hinübergeschickt wird, abzulehnen. Das einzige konstitutionelle Mittel, durch das Mr. Asquith seine Politik ausführen kann, ist die Anwendung des königlichen Vorrechtes, eine belie­bige Anzahl neuer Peers zu ernennen, um der Regierung eine Majorität sowohl im Unter­hause als im Oberhause zu geben. De: König jedoch kann der Meinung sein, daß das Urteil des Landes nicht klar genug war. trotzdem sowohl eine britische als auch eine irische Majorität zugunsten der Asquithschen Regierung stimmte. In diesem Falle würde die Regie­rung sofort verzichten müssen. Der König würde Mr. Balfour zu sich rufen, der aller Wahrscheinlichkeit nach sofort das Parlament auflösen würde. Ob der König sich nicht dennoch der, wenn auch nicht über wältigenden Majorität anschließen wird, ist noch eine offene Frage, denn durch die Ablehnung des Budacte ist das Land in eine verzwickte und höchst unangenehme Lage geraten, die sobald wie möglich geklärt werden muß. So steht die letzte Entscheidung bei dem König. ob das neue Parlament arbeitsfähig werden oder eines schnellen Todes sterben soll, ob das Land aufs neue in die Aufregung und die Unkosten einer neuen Allgemein wahl gesturzt oder ob dem neuen Unterhause wirkliche Autorität verliehen werden soll.

Politische Tagesübersicht.

Inland.

2. Berlin, 1. Febr.[Die nußerung des konservativen Abgeordneten von Oldenburg.] DieKonservative Korrespendenz" be­streitet parteioffiziell, daß der Abgeorduete von Oldenbura am Samstag im Reichstage angeblich dazu aufgefordert habe, in verfassungswidrigem Sinne im äußersten Falle mit militärischer Macht gegen den Reichstag einzuschreiten. Der Abgcordnete von Olden burg stehe vollständig anf dem Boden der Reichsver fassung und hab: lediglich in drastische; und humo­ristischer Weise die äußerste Pflicht der militärischen Disziplin kennzeichnen wollen

Berlin, 1. Febr.[Abgcordnetenhaus., Nach einem am 28. Januar abgeschlossenen Mitglieder verzeichnisse des Abgeorductenhauses sind zurzeit drei Mandate erledigt: 4. Arusberg(bisher Schmidt=Elber feld, Freis. Vereinig.), 7. Frankfurt(bieher König Guben, nationallib.), 2. Minden(bisher Lorentz, Freis. Volksp.). Die drei bisherigen Mandateinbaber sind ge storben.

Fkk. Berlin 1. Febr.[Die Wahlrechts­vorlage.] Die Wahlrechtsvorlage, welche dem Ab­

geordnetenhause in wenigen Tagen zugehen wird, dürfte eine Verfassungsänderung vorsehen. Eine solche bedingt in beiden Häusern die Wiederholung der end gültigen Abstimmung nach. Wochen. Selbst wenn als bald übereinstimmende Beschlüsse beider Häuser zustande kommen, bedarf es zur Vollziehung der vorgeschrie benen wiederbolten Abstimmungen voller 6 Wochen Eine alsbaldig: Verständigung zwischen Herrenhaus und Abgeorductenhaus ist aber keineswegs sicher. Kommt eine solche nicht gleich zustande, so verlängert sich dieser Zeitbedars um mindestens drei weitere Wochen. Wenn daher nicht mit großen Nachruck an der Lösung der gesetzgeberischen Aufgabe gearbeitet wird, müßte mit einer sehr langen Dauer der Session zu rechnen sein. Ein Sessionsschluß vor der endgültigen Be schußfassung ist bestimmt nicht zu erwarten.

Berlin, 1. Febr.[Die Vorlage uber die Reichswertzuwachestener.] Zu der Ein bringung einer Vorlage über die Reichswertzuwachssteuer schreibt man derTal Rundsch.": Wenn gemeldet wird, daß mit den Vorarbeiten zu einem solchen Gesetzent wurf schon begonnen ist, und daß seine Einbringung in der nächsten Reichstagssession erfolgen würde, so werden hiermit nur die Tatsachen registriert, die sich aus den ge setzlichen Festlegungen des Reichsstempelgesetzes vom 15. Juli 1909 ergeben. Tatsächlich sind, wie bereits früher mitgeteilt, die Bundrsregierungen seinerzeit zur Anstellung von Erhebungen von der Reichsregierung angeregt; und diese statistischen Vorarbeiten sind in zwischen abgeschlosser. Daraus ergiot sich für den Reichoschatzsekretär naturgemäß die Notwendigkeit, auf Grund des gewonnenen Materials mit den eigentlichen Vorarbeiten zu einem Gesetzentwurf vorzugehen. Denn in dem Gesetz wegen Anderung des Reichsstempelgesetzes ist bei den Grundstücksüvertragungen(Tarifnummer 11) vorgesehen, daß bis zum 1. April 1912 eine Reichsabgabe von der unverdienten Wertsteigerung bei Grundstücken

die sogenannte Zuwachssteuer eingeführt werden soll, welche so zu veruessen ist, daß sie einen Jahreser trag von mindestens 20 Millionen erwarten läßt. Gleich zeitig ist festgelegt, daß dieses Gesetz dem Reichslage bis zum 1. April vorgelegt werden soll. Und da dieser Termin in die die Reichotagssession fällt, so muß während ihrer Daner der Gesetzentwurf zur Vorlage gelangen

mu. Berlin, 1 Fehr. Teutscher Städtetag.] Unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Beutler Dresoen trat gestern im Rathause die Finanzkom mission dec Deutichen Städtetages zu längeren Beratungen zusammen.

Berlin, 3. Jan.[Die Strafgesetzbuch Novelle.] Die Kommission für die Strafgesetzbuch Novelle, welche ihre Beratungen am 26. dss. Mts. in erster Lesung begann, hat, wie dieTal. Rundsch. mit teilt, ihr. Beschlüsse vom Sommer 1909 wiederholt. Bei der Bestrafung des Hausfriedensbruchs sind gewisse Härten, die sich gezeigt haben, gemildert worden. In

Feuilleton.

Neues vom Komponisten derLustigen Weiber.

Wahrend Otto Nicolai im Andenken der Nachwelt als der Komponist der meisterlichen lomischen OperDie lustigen Weiber von Windsor fortlebt, hat er die Aner­kenn ung der Mitwelt als Tondichter nicht mehr errungen, denn kurz nach der ersten Aufführung dieses seines besten Werkes raffte ihn im 38. Lebensjahre ein plötzlicher Tod dahin Die Zeitgenossen haben in ihm nur den großen Dirigenten gefeiert, der als Theaterkapellmeister Her­vorragendes, seiner Epoche weit Vorauscilendes hervor­brachte. über diese bisher wenig gewürdigte Tätigkeit des genialen Musikers macht Georg Richard Kruse in einem Aussatz eingebende Mitteilungen, den er in dem Neuen Weg, dem Organ der Deutschen Bühnengenossen­schaft, veröffentlicht. Schon als der junge Nicolai nach fleißigen Lehrjahren als Organist an der preußischen Ge­sandtschaftskapelle zu Rom eine Stelle gefunden hatte und in der Sphäre der von ihm durch manch schöne Kompesition bereicherten Kirchenmusik lebte, war sein Drängen und Sehnen auf das Theater und die Oper ge­richtet. Zum ersten Mal trat er in Beziehung zur Bühne, als bei Bellinis Tode im Teatro Valle zu Rom ein Trauermarsch von ihm aufgeführt wurde. Durch Rossini wurde er dann zwei Jahre später, 1837, an die Kaiserliche italienische Oper in Wien einpfohlen und für ein Jahr als Kapellmeister und Gesanglehrer engagiert. Mit großen Hoffnungen trat er seine Stelle an, aber schlimne Enttäuschungen blieben nicht aus. Mit dem Monatsgehalt von 100 Fl. ließen sich in Wien wirklich keine großen Sprünge machen", wie er in einem Briefe schreibt; manchmal war so wenig Geld im Hause, daß er nicht einmal den Porto=Zwanziger hatte, um den Brief an seinen Vater abzuschicken; durch große Gutmütigkeit brachte er sich noch mehr in Verlegenheiten, indem er einen Schüler, den Tenoristen Köhn, in seinem Hause aufnahm und eine größere Summe für ihn auslegte, die er später nur zum Teil und unter großen Mühen zurück­euueu. Seine gelungene Einstudierung des Rossinischen

Wilhelm Tell bereitete ihm zwar einen lünstlerischen Erfolg, aber der erste Kapellmeister, der bekannte

Komponist desNachtlagers von Granada", Nonradin Kreutzer, spann gegen ihn allerlei Intrigen und wußte seine Tätigkeit zu hemmen, ihm das Leben zu verbittern.

So verließ er denn schon nach einem Jahre seine Stellung.Mein feuriger Wille für das Gute in der Kunst und für das Beste der Oper, schreibt er an den Vater,verträgt sich nicht mit der Schläfrigkeit und Ge­winnsucht der Direktion, und die ewigen Kabalen mit Kreutzer hatte ich auch satt." Nicolai ging nun wieder nach Italien, wo ihm am Theater Carignano in Turin ein Posten versprochen war. Als er ankam, fand er die Stellung schon besetzt, aber die plötzliche Erkrankung des bereits engagierten Kapellmeisters gab ihm Gelegenheit, das Unternehmen aus einer bösen Verlegenheit zu retten. Der Direktor sah ein, daß Nicolai der Mann sei, den er brauchen könne, und zahlte ihm 300 Franken monatlich, während kontraktlich nur 200 ausbedungen waren. Als der andere Kapellmeister sein Amt wieder antrat, ve ließ Nicolai Turin und lebte num in Venedig und Rom, in­dem er Privatunterricht erteilte. Er ging nun mit Eifer an das Komponieren von eigenen Opern, die er selbst dirigierte und mit denen er auch in Italien große Er­folge errang. Nachdem zunächst seinEnrico II., sein Erstlingswerk, noch nicht rechten Anklang gefunden hatte, errang ihm 1840 die nach Scotts Ivanhoe gearbeitete OperIl Templario in Turin einen vollständigen Sieg, der ihn mit einem Schlage zum gefeierten Maestro machte.Der Erfolg ist ein ungeheurer gewesen, notiert er in sein Tagebuch.Er hat alle Erwartungen und Hoffnungen übertroffen. So habe ich denn, ein Deutscher, in Italien einen entschi denen Furore gemacht. Ich habe die drei Abende wie gebräuchlich am Cembalo ge­sessen. Den ersten Abend bin ich elfmal gerufen worden, vor die Szene, außer den häufigen Beifallsbezeigungen im Laufe der Akte.

Seine nächste OperGildippe ed Odoardo schriev Nicolai in schweren Herzensnöten unter beständigen Zänkereien mit seiner Braut, der schönen Sängerin Erminia Frezzolini, in die er sich Hals über Kopf ver­liebt hatte, und von der er sich zum Glück noch recht­zeitig trennte. Auch eine vierte italienische OperIl Proscritto" trug zu seinem Ruhme bei, der nun bis nach Wien drang. Er dirigierte dort seinenTemplario" und später auch denProscritto" alsHeimkehr des Ver­bannten mit so glänzendem Erfolge, daß er als erster Hofkapellmeister an Conradin Kreutzers Stelle mit 2000 Gulden Jahresgage 1841 dauernd an das Kärntnertor­Theater engagiert wurde.

Nicolai entsaltete, nun in Wien eine sechsjährige ruhmvolle Tätigkeit, die von großen künstlerischen Triumphen begleitet war und seine Genialität und Eigenart als Dirigent erwies. Seine Wiedergabe Mo­zartscher Opern, seine Aufführung desFidelio, bei der er zuerst die große Leonoren=Luvertüre im Zwischenatt einschaltete, erregten ungeheuere Sensation. Nicolai erwies sich noch vor Bülow als der erste moderne Kapellmeister, der mit seiner Persönlichkeit den ganzen komplizierten Apparat der Oper durchdrang, Orchester und Sänger durch seinen suggestiven Einfluß bescelte und eine erstaunliche Vielseitigkeit des Geistes, Scharfe und Schlagsertigkeit der Rede und die Gabe auch des schriftlichen Ausdrucks besaß. Lange vor Richard Wag­ners epochemachender Dresdener Aufführung der IX. Sinfonie von Beethoven führte Nicolai das Werk in Wien auf und wiederholte es unter allgemeinem Enthu siasmus mehrere Jahre hindurch, während nach seinem Fortgang dreizehn Jahre lang die IX. dann in Wien nicht mehr gehört wurde. In Wien sind auch dieLusti gen Weiber entstanden, und sie wurden die Veran lassung, daß der glänzende Dirigent seine bisherige Wirkungsstätte verließ und einen Ruf nach Berlin an nahm, weil man die Oper am Kärntnertor=Theater nicht aufführen wollte. Den Höhepunkt seiner nur allzu kurzen Tätigkeit in der preußischen Hauptstadt bildete dann die Erstaufführung seines Meisterwerkes am 9. März 1849, die der Komponist mit größter Sorgfalt vorbereitet hatte. Nicolai ließ den Librettisten bei den Prohen an­wesend sein, damit er sogleich Textänderungen vor nehmen könne, wenn dem Sänger die ursprünglichen Worte Schwierigkeiten machten. In hohen Lagen litt er kein Wort mit einem hellen Vokal. Er dirigierte stets mit weißen Glacéhandschuhen und trug im Knopfloch das Band des roten Adlerordens. K.

Das Bassin der unteren Donau.

Die Donau hat von altersher eine wichtige Rolle in der Weltgeschichte gespielt. Dem alten mächtigen Rom diente sie als Grenze, an ihren Ufern erhoben sich Schlösser und Burgen, die zum Teil noch bis heute als wichtige Festen gelten. Wo heute Wien, Budapest, Bel­grad, Widdin, Nicopolis, Rustschuk und Silistria stehen, gab es schon zu Römerzeiten befestigte Städte. Kaiser Trajan besiegte in zwei kriegerischen Expeditionen die Dacier und erweiterte die Grenze der Kaiserreiches links der Donau. Auf seinem zweiten Feldzuge ließ er die

große Brucke in der Nähe von Turn=Severin errichten, deren Spuren noch heute zu sehen sind.

Eine Österreichische Kommission untersuchte im Jahre Ass sorgfältig die überreste dieser Brücke. Die Mauer­steine, welche man in der Nähe der Pfeiler fand, trugen die Namen der rämischen Kohorten, die an dem Bau der Brücke beteiligt waren. Noch heutc erblickt man, wenn man mit der Eisenbahn durch Turn=Severin fährt, am Ende der Stadt, wenige Meter vom Eisenbahngleise ut­fernt, den Norf der Trajanschen Brücke auf dem rumä­nischen User. Gegenüber, auf serbischer Seite, etwa einen Kilometer entsernt, sieht man die Grundpfeiler des an­deren Brückenlopfes. Für die heutigen Rumänen, die sich so gern als die Nachkommen der Trajanschen Ko lonnen bezeichnen, sind die überreste dieser Brücke ein Wahrzeichen unsterblichen Ruhmes. Der Nachfolger Trajans, Hadrian, ließ die Brücke zerstören, um die fei dlichen Einfälle in die Provinzen am rechten Ufer der Denau zu verhindern. Die Maßregel half freilich dem Kaiser nichts, denn die Barbaren drangen trotzdem durch die Täler der Donau ins Herz des Kaiserreiches, das sie nach und nach aufteilten.

Auch die Türken versuchten durch das Donautal in Mittelenropa einzudringen. Der Vorstoß der türkischen Macht wurde unten Soliman II., dem Prächtigen, dem Sieger von Buda(1529) von Erfolg gekrönt, und die heutige Hauptstadt Ungarns war 150 Jahre lang eine türkische Festung.

Der Zerfall der ottomanischen Macht datiert vom Ver lust dieser Festung im Jahre 1686, doch war die untere Donau von Vercicrova bis Sulina noch bis tief in das 19. Jahrhundert hinein ein ausschließlich türkischer Fluß, der für alle europäischen Schiffe geschlossen war Erst als man nach 1856 die Sulina=Mündungen schiffbar gemacht hatte, wurde dieser Teil des Flusses den Handels schiffen der verschiedenen Nationen geöffnet. Um aber die Schifjahrt in sichere Bahnen zu lenken und einen geregelten Dienst dafür aufzustellen, war die Schaffung einer detaillierten Skizze des Flußbassins eine Not wendigkeit. Dieser Arbeit hat sich denn auch schon früh zeitig die rumänische Regierung unterzogen, und seit einem halben Jahrhundert läßt sie in den verschiedenen Hasen die Donau ständig und aufs genaueste beobachten Tagtäglich wird alles auf das gewissenhafteste verzeichnet, was von Verciorova bis Sulina auf die Donau Ein­fluß hat. Es sind hierbei sehr wertvolle und interessante Beobachtungen gemacht worden. In den Berichten der Polytechnischen Gesellschaft zu Bukarest finden sich dgrüber