Nr. 105.— 45.
Für Wahrheit, Freiheit und Recht.
Dienstag, den 5. September 1922
Erscheint Dieustags, Donnerstags und Samstags. Bezugspreis mit den Gratis=Beilagen„Sonntagsglocken",„Frohe
„Die Heimat“ für den Monat durch Boten 55.— Mark: durch die Post(einschließlich Bestellgeld) pro Quartal 169,50 Mark.:: Fernsprecher Nr. 6.— Telegr.=Adresse: Volkszeitung Heinsberg.
Vo
Verantw. für den re
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redaktionellen Teil H. Wagner.
##ssenberß Heinsber
Organ für amtliche
Rotationsdruck und Verlag von P. W. Joppen.
„Rhein. Bauer“ und„Heinsb.
Die„Heinsberger Volkszeitung“(und die hinter ihr stehende Zentrumsvartei des Kreises) betrachtet es als ihre dringlichste und unmittelbarste Pflicht und Lebensaufgabe in ganzlicher Unabhängigkeir, nur geleitet von den überragend erhabenen Gesichtspunkten der Wahrheit und ausgleichenden Gerechtigkeit, in ihrem Geltungsbereiche Stellung zu nehmen zu allen Fragen, die das Wohl und Wehe der Kreisbevölkerung und letzten Endes des Gesamtdolkes be.reffen.
Von dieser Pflicht kann sie sich auch nicht entbunden
hlen, wenn sie, getreu sich selbst, dann das eine oder anMal gezwungen wird, gegen dunkle und egoistische Ziele Berufsstandsorganisationen Frout machen zu müssen sie das nicht täte, wenn sie nur den Mut hätte, in kleinigkeiten groß zu sein, dann könnte ja niemand zu ihr auen haben; denn derselbe Berufsstand, der heute selbstsüchtiger Absichten und Ziele von ihr bekämpft #ird, kann morgen der zu unrecht angegriffene sein, den zu schützen und zu verteidigen sie dann dieselbe Pflicht hat, heute ihn abzuwehren.
Die„Heinsberger Volkszeitung“ und ihre Kreise glauben aber auch das Recht zu haben in diesem Sinne mitzusprechen auch in den großen Fragen der Berufsorganisationen. Mit allen ihr zu Gebote stehenden Kräften arbeitet sie mit an dem Aufbau und Ausbau der Berufsstandsvertretungen In ihrem Geltungsbereich. Auch noch darüber hinaus hat ie von jeher alles fern zu halten gesucht, was eine BerufsKandsvertretung zersplittern könnte. Sollte sich aus einer ##lch ehrlichen Einstellung nicht das Recht herleiten lassen oder gar die moralische eflicht, mitzureden und Einspruch
ge geben wran an der Mittie enr Venisshandtorgentsion sich Strömungen erheben und Kräfte sich geltend machen, die für den Augenblick vielleicht den MassenInstinkten schmeicheln und Begeisterung für die Berufsstandspertretung auflodern lassen, die aber für die Verhältgisse des Kreises Heinsberg den Todeskeim der Berufsorganisation für jeden, der sehen will, sichtbar in sich tragen?——
u In getreuer Auswirkung dieses ihres Grundsatzes, im Rahmen der ausgleichenden Gerechtigkeit für jeden Berufssand die denkbar besten Lebensbedingungen mit erkämpfen zu helfen, hat die„Heinsberger Volkszeitung“ sich anscheinend das Mißfallen der Zentrale des rheinischen Bauernvereins zugezogen, und die Fachschrift„Rheinischer Bauer“ vom 26. 8. 22 gibt diesem Mißsallen mit der Haltung der„Heinsberger Volkszeitung“ in einer Weise Gusdruck, die in ihrem Gedankeninhalte so schwach wie in der Form herausfordernd und blump ist.
Ob vielleicht die Stärke der Form über die Schwäche
des Inhaltes hinwegtäuschen sollte?——
Für uns und von uns aus bedauern wir diesen uns aufgezwungenen Streit in keiner Weise. Bedauern würden wir es nur, wenn durch diesen Streit Landwirte an ihrer Berufsorganisation irre würden. Wir wollen uns nämlich die Hoffnung noch nicht rauben lassen, daß wir durch bereitwillige Aufnahme des Fehdehandschuhs dem Frieden dienen können, um dadurch für unsern Kreis Verhältnisse in der Kreisbauernschaft herbeizuführen, die genau so gut dem Berufsstandsgedanken der Landwirte als auch dem Wohle der gesamten Kreisbevölkerung dienen. Diese unsere Friedensabsicht ist es denn auch, die uns veranlaßt trotz der herausfordernden Form des Angriffsartikels maßvoll und mit bewußter Zurückhaltung zu antworten.
„Auf dem Holzwege“.
überschreibt der„Rheinische Bauer" den besagten Artikel.„Auf dem Holzwege“ soll die„Heinsberger Volkszeitung“ in ihrer Stellungnahme sein in zweifacher Hinsicht. Entgegen der Behauptung der„Heinsberger Volkszeitung" behauptet der „Rheinische Bauer“:
1. Die Zentrale des rhein. Bauernvereins stehe mit ihrer "<space> r a d i k a l e n<space> R e s o l u t i o n<space> g e g e n<space> d a s<space> U m l a g e g e s e t z<space> n i c h t<space> i s o <space> liert da,
2. Es machten sich in der Leitung des Bauernvereins keine Deutschnationalen Allüren breit. * Was nun den ersten Punkt angebt, so hat uns die Beweisführung in dem Artikel des„Rheinischer Bauer“ In einer Hinsicht nur ein Lächeln abnötigen können. Es wird darin nämlich nachgewiesen, daß die Zennale des rheinichen Bauernvereins nicht„Isoliert“ dastehe, sondern daß die Mitglieder hinter ihr ständen. Eine solche Isoliertheit, wie sie gier verneint wird, war natürsich von uns niemals auch nur andeutungswesse behauptet worden. Gerade weil wir vom Gegenteit überzeugt waren, gerade well wir wußten, daß sich im Vertrauen auf das Veraniwortlichkeitsbewußtsein ihrer Führung die rbeinischen Landwirte in Massen hinter diesen Beschlub gestellt hatten und dadurch balsen, unser Volk in den revolutionären Zustand der Untergrabung des Ansebens der Gesetze und aller öffentAchen Ordnung bineinzutreiben, gerade deswegen hat#en wir ja Stellung gegen die Durchführung dieser Resolution für den Kreis Heineberg genommen. Die Isollertheit, in der nach unserer Behauptung der rbei nische Bauernverein sich befindet, war gans anderer Art.
* Wir hatten darauf hingewiesen, das vor dem Zusandekommen des Umlagegesetzes nicht nur alle landwirtschaft sichen Berufsorganisationen, sondern auch die Zentrumspartei des Kreises Heinsberg und der Provinz in ehrlicher Arbeit sich bemüht hatten, die Ernädrung unseres Volkes auf eimm anderen Wege zu stellen als durch ein gesetzliches Un
lageverfahren, das zweisellos ein Ausnahmegesetz gegen die Landwirtschaft darstellt. Wir hatten darauf hingewiesen, daß dann, als aus anderweitigen politischen Notwendigkeiten heraus, wie der Rathenaumord u. a. sie darstellen, doch das Umlagegesetz zustande gekommen war, wir da genau so wie die Zentrumspartei des Kreises Heinsberg auch alleanderen uns sonst bekannten Gegner des Gesetzes sich auf den Boden der Tatsachen gestellt hatten, um von hier aus das Gesetz für unsere Landwirte tunlichst erträglich zu machen. Wir hatten als solche verantwortlichkeitsbewußte Realpolitiker angeführt: 1. die rheinische Landwirtschaftskammer. 2. die bayrische Volkspartei unter ihrem bekannten Bauernführer Dr. Heim. 3. die deutsche Volkspartei und 4. selbst die sonst sehr radikalen„Landbünde".
Alle diese hatten sich, als die Umlage nun einmal Gesetz geworden war, wobl aus Abscheu gegen einen revelutionären Zustand einer Gesetzessabstage auf den Boden des gesetzlichen Zustandes gestellt, nur der rheinische Bauernverein nicht. Int das etwa keine Isoliertbeit?!! Wesbalb bringt aber der„Rbeinische Bauer“ unsere diesbezüglichen Ausführungen nicht?——
Aber eine andere Seite dieser Ausführung im Rbeinischen Bauern ist für unsere Zeit äußerst betrüblich.
In jeder grohen Berufsorganisation muß es doch eine Führung geben. Ein solcher Führerwille und Führerqualität ist um so notwendiger, je mehr und brutaler gerade in unserer Zeit der Nat und der seelischen Spannung unseres Volkes wohl jeder Volksgenosse mit egoistischen Anwandlungen zu kämpfen hat. Die Landwirtschaft schreit auch geradezu nach einer Führung, insofern diese die Verantwortung zu tragen hat. Dieser Verantwortlichkeitswille vor Gott und vor der Volksgemeinschaft ist es, die der einzelne Landwirt nicht haben kann und haben will, da er sich des Mangels an hinreichender Einsicht bewußt ist, den er aber aläubig seinen berufenen Füdrern überläßt. Dieses Zutrauen in die Verantwortungsbereitschaft seiner Führer gebt so weit, und muß es auch, daß die Masse rubig glaubt, egozentrische Forderungen stellen zu können und zu dürsen, insosern sie ja an ihren Führern einen Zensor zu haben glaubt, der sie schon zurückbremsen wird, wenn die Forderungen nicht mehr verantwortet werden können. Die Verantwortlichkeit ist es also vor allem, die die Führung ausmacht und die eine Führung notwendig macht.
Demgegenüber sieht aber die Zentrasstelle des rheinischen Bauernvereins es als besonderen Ruhmestitel an, sich dieses Führercharakters selbst entkleidet zu haben: denn in dem gegen uns gerichteten Kampfartikei schreibt sie als höchsten Beweis ihrer Solidarität mit den Massen:„Die Zentrale betrachtet sich lediglich als die Vollstreckerin dieser Stimmung und Willenmeinung.“—
Wohin sind wir gekommen?! Dürfen Männer die so denken und schreiben noch ihr Wort erheben gegen die unselige Herrschaft der Straße unserer
Zeit?
In zweiter Hinsicht wirft der Kampfartikek der Heinebeiger Volkszeitung vor, daß diese dem rheinischen Bauernverein zu unrecht unterstellt habe,„daß sich tin der Führung der Zentrale des rheinischen Baueenvereins seit geraumer Zeit deutschnationale Allüren allzu breit machen.“
Höher geyt's halt nimmer mit der Pose des Unschuldsengets.
„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen". Deshalb einige Fragen:
Ist der Zentrale des rhein. Bauernvereins unbekannt, daß Landwirte, die sich noch vor einem Vierteljahr als Zentrumsanhänger öffentlich bekannten, nunmeor unter ausdrücklicher Berufung auf die Stellungnahme des rbein. Bauernvereins unter dem Beisall von ziemlich vielen ebenfalls sonst der Zentrumspartei angehörigen Landwirten mit Emphase rusen:„Kein Landwirt darf mehr Zentrum wählen“!„Das Zentrum hat uns verraten"!„Jede Stimme den Deutschnationalen“!?——
Daß solche Drausgänger dann allerdings vor ernstem politischen Denken sehr bald kleinlaut werden, iR steilich eine andere Sache! Hier handelt es sich aber um die Frage. an den Früchten die volltische Einstellung des rheinischen Bauernvereins zu erkennen! Ist so etwas denn nicht bezeichnend?——
Aber weiter! Ist der Zentralstelle des rheinischen Bauernvereins unbekannt, daß ihre Funktionäre wie der holt erklärten, sie müßten Rücksicht nehmen, auf die deutschnationalen Sirömungen ihres Vorstander?
Ist der Zentralstelle des rhein. Bauernvereins unbekannt, daß ihre Funktionäre aus dieser Einstellung beraus in Bauernversammlungen ganz eindeutig Stei lung gegen die Zentrumspartet nehnen?—
Kann man das noch Fernbaltuna, praktische Fernhaltung aller Partcipolitik vom rheinischen Bauernverein nennen, wenn in geradezu demagsulscher Weise und dabei absolut unwahr und unge recht die Koalitionsparteien für alle Uebel für alle Not und für allen Druck unserer Zeit verantwortlich gemacht werden?—— Muß man dann wirklich in katbolischen Gegenden noch erst die Parlei der Deutschnationalen als„Bringerin des goldenen Zeitalters“ förmlich nennen, um den Vorwurf zu verdienen, daß„deutschnationale Allüren sich allzu breit machen"?——
Gern hossen wir offen und ehrlich, daß wir wie in der Vergangenheit so auch in der Zukunft wieder in sehr weitem Maße mit demroeinischen Bauernverein zusammengehen können in der zielbewußten u. verantwortungsfreudigen Vertretung der berechtigten landwirtschaftlichen Interessen! Sollte der rheinische Bauernverein
weiterhin den Wunsch aus Kampf mit uns haben, gut, so möge es sein!
Auf jeden Fall wird es unsere Sorge sein, ohne Verärgerung im Rahmen des gemeinsamen Volkswohles uns nach wie vor, ob mit oder ohnerheinischen Bauernverein, uns einzusetzen für das Wohl unser Heinsberger Landwirtschaft.
Der Kampf gegen die Tenerung.— Unruhen und Krowalle.
Eine Unterredung
mit dem Reichswirtschaftsminister.
Ein Vertreter der„Politisch=Par'amentarischen Nachrichten“ hatte Gelegenheit, Reichswirtschaftsminister Schmidt selost zu fragen, wie weit die Maßnahmen der Reichsregierung zum Kampfe gegen Wucher und Teuerung gedieben seien. Der Minister erwiderte u. a.:
Soweit das Reichswirtschaftsministerium allein zuständig ist, sind die notwendigen Maßnahmen bereits erfolgt. Die Veroronung über die Erhöhung der Ausfubraonan.— allgemein 60 Prozent über die bisherige Ausfuhrabgabe— ist ergangen, ebenso der erste Teil der Einfuhrsperre, nämlich die Einfuhrverbote für Tabak, Kakaoschalen und Kakaomasse. Für weitere Einfuhrverbote bedarf es der Zustimmung des Reichsernährungsministeriums. Am Mittwoch werden die Vertreter der Länder in Hamburg nochmals mit dem Reichsernährungsminister das ganze Ernährungsproblem durchsprechen. Erst dann werden ie weiteren Entscheidungen erfolgen können. Was die Einfuhrverbote anbetrifft, so bleibt die Einfuhr von Kakaobohnen frei. Die Einfuhrsperre für Tabak ist naturlich nicht als dauernd gedacht. Sie wird aufgehoben werden, sobald die außerordentlichen Zollerhöhungen in Kraft
getreten sind, die wir für notwendig halten. Auch diese Vorlage ist im Reichswirtschaftsministerium be reits fertiggestellt und den andern Ressorts schon zugegangen. Auf die Dauer erschienen diese Zollerhöhungen zweckmäßiger als ein vollständiges Einfuhrverbot, das bei der weiten Ausdehnung unserer Grenzen doch nur sehr schwer durchzuführen wäre.
Auf dem Gebiete der Ernährung steht zunächst der Getreideumlagepreiswieder zur Entscheidung.
Der Kartoffelpreis erscheint gegenwärtig angesichts der Ernte Erwartungen nicht übermäßig hoch. Man wird deshalb zahlreichen Einwendungen gegen die Wiedereinführung einer gewissen Karlosselzwangswirtschaft wohl beachten müssen, zumal sehr günstige Lieserungsverträge der Eenossenschaften eine gewisse Sicherstellung des Kartosseibedarfs bedeuten.
In der Bierfrage hat keineinziger Bundesstaat gegen die Herabsetzung der Stammwürze grundsätzlichen Einspruch erhoben. Bayern wünscht nur eine Ausnahme für sein Exportbier. Für den Verbrauch innerhalb Bayerns ist es mit der Herabsetzung der Stammwürze auf 8 Prozent einverstanden.
Das Verbot des Branntweinausschanks wird auf der Hamburger Zusammenkunft am Mittwoch weiter erörtert werden.
Gegen die Schkemmerei in den Gastwirtschaften besitzen eigentlich die Gemeinden schon gute Hanchaben, da sie nach der Gewerbeordnung die Konzestion beschränken können. Immerhin haben wir ein neues Gesetz ausgearbeitet, das die Konzestionspflicht verschärft und unter gewissen Bedingungen die Zurücknahme der Konzestion gestattet. Ferner sollen in Zukunft die Wohnungsämter bei der Verwendung von Räumen als Schankstätten mit gehört werden. Auch gegen Wücher und willkürliche Preiserhöhungen sind an sich die gesetzlichen Bestimmungen stark genug.
Bei Zucker dürste die Rückkehr zur Zwangswirtschaft unvermeidlich sein. Leider werde sie sich in diesem Jahre kaum mehr durchführen lassen. Immerhin kann das Reich das Zuckerinndikat verpflichten, Inlanoszuaer nicht an die Likör= und Schokoladenfabriken usw. zu liefern. Diese Fabriken wären dann auf Auslandszucker angewiesen, und die Einfuhr von Auslandszucker wurde selbstverständlich mit Nücksicht auf den Devisenbedarf des Reiches unter Kontrolle gehalten werden.
Roch gar keine Entscheidungen sind auf finanzpolktischem Gebiet gesallen, obwohl geraoe das die wichtigsten Entscheidungen sind. Neuerdings hat man in Dollar zu rechnen und zu han eln begonnen; diese Entwicklung bedeutet eine nicht zu unterschätzende Gefahr für das deutsche Wirtschaftsleben. Industrie und Handel, Großhandel wie Kleinhandel, sind nicht kapilalkgäftig genug, um dieses Ueberspringen in eine Golowährung mitmachen zu können. Nach merner festen Ueberzeugung muß hier Durchgreifendes geschehen. Die Widerstände gegen die Devisenkontrolle sind auerdings sehr stark. Das Devisengeschäft ist jetzt em Hauptgeschäft der
Banken geworden und diese erklären die Kontrolle für undurchführbar. Ich bin überzeugt, daß weite Kreise des Handels und der Industrie innerlich ganz anders zu dieser Frage stehen. Außer der Devisenkontrolle brauchen wir nach meiner Meinung kurzfristige Goldschatzscheine, um der Flucht der deutschen Mark entgegenzuwirken. Wenn wir gegen die Markflucht nichts unternehmen, zerrütten wir unsere leutsche Wirtschaft, treiden wir die Preise ins endlose und zerstören wir die Konsumkraft weitester Bevölkerungskreise. Auch jenen muß geholfen werden, die auf Renten und dergleichen angewiesen sind. Ihnen muß man nicht nur erhöhte Bezuge geben, sondern vor allem Sachleistungen. Massenspeisungen und Wärmestuben, um auf diese Weise ihre Konsumkraft zu erhalten. Nur wenn wir das altes tun, können wir der Wirtschaftskatastrophe entgehen, die der furchtbare Marksturz über uns zu bringen droht.
Die ersten sozialen Maßnahmen.
Im Rahmen der von der Reichöregierung unternommenen Aktion zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Notlage sind vom Reichsarbeitsministerium eine Zeihe von Maßnahmen in die Wege geleitet. Die Reutenempfänger aus der Invaliden= und Angesteltten versicherung erhalten bieher schon neden erhöhten Renten lausende Unterstützungen. Zu außerordentlichen Notstandsmaßnahmen für sie stellt das Reich jetzt außerdem den Betrag von 1 Milliarde Mark den Ländern zur Versügung. Diese oder die Gemeinden oder beide zusammen sollen dazu aus eigenen Mitteln wenigstens ein Fünftel der auszuwendenden Beträge beisteuern, so dan rund 1.2 Milliarden Mark auserordentliche Mittel zur Linderung der gegenwärtigen Rotlage der Sozialrentner alsbald verwendbar sind.
Auf dem Gebiete der Krankenversicherung wird eine Ausbesserung der Leistungen durch Heraufsetzung der Höchstarenze für die Bemessung des Grundlohnes vorgesehen; außerdem wird die Versicherungsgrenze erhöhr.
Auf dem Gebiete der Unsallversicherung wird eine Anfbesserung der Leistungen durch Heraufjetzung der Höchstarenze für die Bemessung des Grundlohnes vorgesehen; außerdem wird die Versicherungsgrenze erhöht.
Auf dem Gebiete der Unfallversicherung wird ebenfalls eine 1g des Versicherungsgrenze
und einiger für die. huung der Leistungen maß: gebender Beträge erfolgen.
Auch in der Angestellteuversicherung wird die Versicherungsgrenze erweitert werden.
Die Reichszuschüsse an die Länder für Maßnahmen zur Unterstützung notleidender Kleinrentner sind von 500 Millionen Mark aus 1 Milliarde Mark erhöht worden.
Die Teuerungszuschäge für Kriegsbeschädigte und Kriegshiuterbliebene, die durch Gesetz vom 21. Juli 1922 mit Wirkung vom 1. August 1922 ab nen geregelt warn, sind durch Verordnung vom 11. August für den Monat September um durchschnittlich 86½ Prozent erhöht Außerdem soll noch im September eine Nachzahlung erfolgen, die durchschnittlich die Hälfte der am 1. Sep. nachzahlbaren Tenerungszuschüsse betragen wird, so daß die Teuerungezuschusse gegenüber den Augustbeträgen insgesamt um rund 140 bis 200 Proz. erhöht sein werden. Die Reichsmittel der sozialen Kriegsbeschädigten= und Kriegshinterbliebenenfürsorge sind bereits von 500 Millionen aus 1 Milliarde Mark erhött worden.
Sicherung der Brotverlorgung der Minderbemittelten.
Im Retcheministerium für Ernöhrung u. Land wir schaft ist eine Verordnung ausgearatbeitet worden, durch die die öffentliche Brotversorgung auf die Minderbemmtelten besatänkt werden soll. Als nichtversorgungsbereck tint sollen Personen gelten, deren Einkommen 1921 für Alleinstende 30000 Mk., für den Hausheltungsvorsch stand 30000 Mk. und für jede weitere Porson im Haushalt 10.000 Mk. überstiegen hat. Wer nachweist, daß sein Einkomnen 1922/23 das Dreifache des obengenannten Eit kommens nicht übersteigt, bleibt versorgungsberechtigt. Nach der Berordnung wird den Kommual= verbänden freie Hand gelassen, wie sie den Ausschuß der Höberdemsttelten vom Anspruch auf dus Markenbrot durchführen wollen. Zumeist dürfte die Vorlezung der Einkommensteuergusttung für 1921 verlangt werden.