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Erscheint täglich mit Ausnahme von Montag.

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die Petitzeile

Expedition Kempen. Wretet

andie Geschäftstellen Rösw. Soiksstimme zu Kempeu( M.

Druck und Veriag der Rheinischen Druckerei.

(L. Bönniger.) Krmpen(Rh.), Vörsterstr. 1.

9

Kempen(ihein).

N 182.

Tageszeitung für die christlichen Verufsslände.

(Samstags mit landwirthschaftl. Beilage, einem vierseitigen Blatte zur Erbauung und den vierseitigen Erholungsstunden.)

Donnerstag, den 10. Angust 1899.

Draht=Adresse: Volksstimme, Kempenrhein Zeitungs=Preisliste: Tögliche Ausgabe Wochenausgabe Ne

No. 8976.

6. Jahrgang.

Innungen und Produktiv=Genossen­schaften.

DemArbeiterwohl entnehmen wir über die Schreiner=Produktivgenossenschaft zu Osnabrück noch Folgendes;

Der Grundbesitz der Osnabrücker Genossenschaft umfaßt 51 Ar. Derselbe ist durch ein Industriegleis mit der Eisenbahn verbunden. Die Kosten des Grund­stücks betrugen 13000 Mk. Die Gebäude bestehen aus der Maschinenhalle mit den Nebenräumen. Die­selbe ist in den äußeren Abmessungen 20 X 30 Meter groß. Das Licht wird durch Oberlicht zugeführt, außerdem ist für reichliche Ventilation gesorgt. Der Raum wird im Winter durch Dampfheizung erwärmt. Bis jetzt sind 14 Maschinen in Thätigkeit.

Alle Transmissionen sind unterirdisch angebracht. Künstliche Beleuchtung erhält die Halle durch elektrisches Licht. Als Antriebsmaschine dient eine 35pferdige Dampfmaschine neuester Konstruktion. Wenn alle Maschinen laufen, werden zur Zeit etwa 20 Pferdekräfte beansprucht. Der Erzeuger des elektrischen Lichts ist der Maschine angeschlossen. Beide sind in einem vom übrigen Betriebe streng abgeschlossenen Raume aufgestellt.

Der Dampfkessel mußte darauf eingerichtet werden, daß die reichlichen Holzabfälle verfeuert werden können. Dies ist recht gut gelungen. Es werden täglich bei normalem Betriebe etwa 3 Centner Kohlen gebraucht, die übrige Wärmeentwicklung geschieht durch die Holz­abfälle und durch die reichlich vorhandenen Späne. Die Anschaffung sämtlicher Maschinen, Kessel usw. erforderte einen Kostenaufwand von 26838,77 Mark. Neben der großen Halle liegt der Trockenraum, Größe 8X 10 Meter, durchschnittliche Wärme 45 Grad Reaumur. Benutzung unentgeltlich. Die Wände und Decken haben zwecks Isolation eine Bekleidung von Gipsdielen. Die Erwärmung geschieht durch einen Teil der bereits benutzten Dämpfe. In der Zuricht­werkstätte sind Hobelbänke aufgestellt. Hier werden die Hölzer vor dem Passieren der Maschinen abge­zeichnet(zugerissen"). Diese Arbeit wird von den Meistern oder deren Gehilfen ausgeführt, während die Maschinen ausschließlich von den angestellten Arbeitern der Genossenschaft bedient werden.

Der Holzschuppen der Genossenschaft ist 25 Meter lang, 10 Meter tief und hat drei Stockwerke. Der­selbe liegt dicht am Industriegeleise und wird mit diesem durch eine besondere Ladenbühne verbunden. Durch diese Bühne ist es möglich, bei jeder Witterung trockene Hölzer abzuladen und aufzustapeln, ohne daß diese durch Nässe leiden.

Außer dem großen Schuppen der Genossenschaft sind für die einzelnen Mitglieder Schuppen zur privaten Benutzung gebaut, welche fast zwei Seiten des Grund­stücks einnehmen. Diese Schuppen werden auf Wunsch den Mitgliedern der Genossenschaft vermietet und bleiben Eigentum der Genossenschaft.

Die gesamten Gebäude haben einen Wert von 25114,34 Mk. Ueber die Beschaffung der Mittel ist folgendes zu bemerken: Die Zahlungen auf Geschäfts­anteile der Mitglieder betragen 6593 Mk. Auf das Grundstück wurden zur ersten Hypothek von der Spar­##tasse zu Osnabrück 20000 Mk. geliehen. Der Herr Minister für Handel und Gewerbe gewährte der Ge­#ossenschaft eine Beihilfe von 10000 Mk., zahlbar in Sährlichen Raten von 2000 M. Als Mitglied der Hannoverschen Genossenschaftsbank(Verbandskasse) er­hielt die Genossenschaft ein Darlehen von 3692,70 Mk. Der Osnabrücker Spar= und Darlehensverein gewährte der Genossenschaft gegen Spezialsicherheiten, welche von einigen gut situierten Mitgliedern der Genossenschaft gegeben wurden, ein Darlehen von 61022,20 Mt. Alle Einkäufe werden innerhalb 30 Tagen reguliert.

Im ersten Geschäftsjahre wurden 70 Doppelwaggons

Holz von der Genossenschaft eingekauft und etwa 63 Waggons davon an die Mitglieder im kleinen abgesetzt, so daß der Bestand am 31. Dezember noch 14991,98 Mk. betrug.

Die Hölzer wurden den Mitgliedern gegen einen Auf­schlag von 5 bis 8 Proz. abgegeben, und doch verdiente die Genossenschaft allein am Holzverkaufe 5491,83 Mk. An Geschäftskosten wurden verausgabt insgesamt 7645,92 Mk.

Hier sind inbegriffen die Kosten für Gehälter, Arbeits­lohn, Heizung, Reparaturen Schmieröl u. s. w. Mithin verblieb ein Reingewinn von 7581,41 Mk.

Dieser Versuch einer fakultativen Produktivassoziation ist also sicher als gelungen zu bezeichnen und muß zur Nachfolge auffordern. Aber das sind leider nur Ver­suche, deren Gelingen mehr oder weniger von den leitenden Personen abhängt. Wir haben grundsätzlich gar nichts gegen solche Versuche aber wir halten am Grundsatze des Leiters desArbeiterwohls" des von uns so hoch verehrten Herrn Professor Dr. Hitze­Münster fest, daß nur auf dem Zwangswege dem Mittelstande eine wirkliche Hilfe gewährt werden könne. Herr Hitze hat bekanntlich in einem seiner Werke den Vorschlag gemacht, den Handwerkern das Monopol des Verkaufs ihrer Produkte zu übertragen und den Zwischen­handel dadurch gänzlich auszuschalten, sofern er den Verkehr im Inlande betrifft. Der Rheinische Bauern­verein hat sich diese Vorschläge für den Umsatz des Getreides(Neusser Beschlüsse) angeeignet, ohne an jenen Stellen, die den Hitze'schen Plänen keinen Widerstand entgegensetzen, Gegenliebe zu finden. Hoffentlich ändert sich diese Stimmung, denn für Jeden, der denken kann, muß es klar sein, daß, gleich den Eisenwerken, Kohlen­zechen und anderen Fabriken, auch der Landwirtschaft das Recht zugestanden werden muß, den Preis ihrer Produkte selbst zu bestimmen. Und weiter verlangt die deutsche Landwirtschaft nichts.

Deutsches

* Berlin, 9. August.

Das Schicksal der Kanalvorlage zeitigt wieder umfangreiche Erörterungen in der Presse. Leider können es dabei die Zeitungen noch immer nicht unterlassen die Kanalvorlage mit der Wahlrechtsvorlage zu ver­quicken. So schreibt die heutige Germania:

Wenn wir die parlamentarische Erledigung der Kommunalwahlreform vor der endgültigen Erledigung der Kanalvorlage erwarten, so präjudizieren wir damit keineswegs der sachlichen Entscheidung über die Kanal­frage. Es ist doch kein Geheimnis, daß es im Centrum eine überwiegende Mehrheit von Freunden der Kanalvorlage neben einer Minderheit von entschiedenen Gegnern und einer gewissen Zahl von Mitgliedern gibt, die sich noch nicht nach der einen oder anderen Seite definitiv entschieden haben. Sollte es bei der Abstimmung auf einige wenige Stimmen pro oder contra ankommen, so wäre es von der Regierung gewiß nicht sehr klug, wenn sie die von ihr vertretene Gemeindewahlreform in der Versenkung verschwinden lassen, und damit das ganze Centrum brüskieren wollte. Bezüglich des Centrums weiß also die Regierung ganz genau, woran sie ist.Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.

Aehnlich schreibt die nationalliberale Magdeburgische Zeitung. Dieselbe meint:

In dem Augenblick, wo die Regierung zu erkennen giebt, daß sie unter allen Umständen auf der Er­ledigung der Kanalvorlage bestehen muß, hat sie auch eine Mehrheit für diese im Abgeordnetenhause wie im Herrenhause."

Dazu bemerkt die Germania:

Das ist auch unsere Meinung. Die Regierung braucht nur zu wollen und es ist gegründete Hoffnung vorhanden, daß in der Kanalfrage etwas Ersprießliches zu stande kommt.

Da haben wir den reinen Kuhhandel:Regierung

sorg du nur für ein Wahlgesetz, dann wird in der Kanalfrage schon etwas Ersprießliches zu Stande kommen. Die vitalen Interessen des Landes sollen also kleinlichen Interessen der Städte geopfert werden. Es ist u. E. eine schwere Beleidigung des Centrums auch nur einem Mitgliede desselben zuzumuten, einen solchen Schacher mitzumachen. Zum Schluß noch die Frage: Woher weiß die Germania, daß im Centrum eine überwiegende Mehrheit von Freunden der Kanalvorlage sitzt? Der Beweis ist erbracht worden, daß der Mittel­landkanal die Landwirtschaft schwer schädigen wird. Es wurde das auch seitens der Staatsregierung durch die bekannte Erklärung des Reichskanzlers, insbesondere für die westliche Landwirtschaft anerkannt. Die Centrumsabgeordneten, die, wenige Ausnahmen abge­rechnet, in ländlichen Wahlkreisen gewählt sind, werden doch nicht den vitalsten Interessen ihrer Wähler ent­gegenhandeln. Es ist das undenkbar und darum sind wir nach wie vor der Meinung: Das Centrum votiert in seiner großen Mehrheit gegen die Vorlage, zum Besten seiner Wähler und

zum Besten des ganzen Landes.

* 9*

*

Wie aus Wilhelmshöhe gemeldet wird, empfing der Kaiser heute früh den Feldjäger=Oberleutnant Freiherrn von Strombeck, welcher einen eigenhändigen Brief der Königin von England an den Kaiser über­brachte. Die Königin hatte bekanntlich den Freiherrn von Strombeck in Osborne empfangen. Derselbe be­richtet, daß das Befinden und Aussehen der Königin

ganz vortrefflich sei.

*

*

Das neue Weingesetz ist im Entwurf fertigge­stellt und enthält in 16 Paragraphen folgende wesentliche Bestimmungen: Wein im Sinne des neuen Gesetz ist das durch alkoholische Gärung aus dem Safte der Wein­trauben mittels solcher Verfahren oder Zusätze hergestellte Getränk, welches als eine Verfälschung oder Nachahmung nicht anzusehen ist. Die gewerbsmäßige Herstellung der Trester=, Rosinen= und Hefeweine ist verboten, ebenso die Bereitung von Kunstweinen mittels Säuren und Essenzen(als Benzoesäure, Borsäure, unreiner Sprit, un­reiner Stärkezucker u. a.) Als Verfälschung oder Nach­ahmung ist nicht anzusehen: 1. die anerkannte Keller­behandlung einschließlich der Verwendung von Reinzucht­hefen. 2. Die Vermischung(Verschnitt) von Wein mit Wein. 3. Die Entsäuerung mittels reinen gefällten kohlensauren Kalks. 4. Der Zusatz von technisch reinem Rohr=, Rüben= oder Invertzucker, technisch reinem Stärke­zucker, auch in wässeriger Lösung. Jedoch darf ein solcher Zusatz nur erfolgen, um den Wein zu verbessern, ohne seine Menge erheblich zu vermehren. Auf Schaumweine finden die erwähnten Vorschriften keine Anwendung. Jedoch darf Schaumwein, welcher nicht mittels Gärung auf der Flasche hergestellt ist, nur mit der deutlichen InschriftKohlensäurezusatz auf der Flasche und in den Preislisten oder sonstigen Angeboten feilgehalten oder verkauft worden. Sehr ein­schneidend ist ferner die Bestimmung des§ 8, wonach die Beamten der Polizei und die von der Polizeibehörde beauftragten Sachverständigen befugt sein sollen, in die Räume, in denen Wein, weinhaltige oder weinähnliche Getränke gewerbsmäßig hergestellt, aufbewahrt, feilge­boten oder verpackt werden, jederzeit einzutreten und da­selbst Besichtigungen vorzunehmen, auch nach ihrer Aus­wahl Proben zum Zwecke der Untersuchung zu ent­nehmen, eine Bestimmung, durch welche gewissermaßen die Kellerkontrolle eingeführt wird. Auch die Strafbe­stimmungen sind, wie der D. Weinztg. zu entnehmen ist, schärfer als die gegenwärtig geltenden Gesetze. Auf vor­sätzliche Zuwiderhandlungen kann neben Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren auch auf den Verlust der bürgerlichen

Ehrenrechte erkannt werden.

we.

In der Preuß. Lehrerzeitung wird, wie wir

dem Berl. Tagebl. entnehmen, eine einheitliche Rege­lung der Besetzung der Lehrerstellen gewünscht.

Wenn es nach der Darstellung des freisinnigen Blattes nur um die ländlichen Stellen sich handelt, so würde das viel zu eng begrenzt sein. Die Unzuträglichkeiten, über die geklagt wird, zeigen sich in den größeren Orten nicht minder. Das Lehrerblatt macht folgenden Vorschlag: die Entscheidung möge den Bezirks­regierungen überlassen werden, welche die eingegangenen Bewerbungen im Original den Schulvorständen über­weisen, die darunter drei Kandidaten auswählen und präsentieren, deren einem die Regierung die Stelle über­gibt. Die Krzztg. erinnert daran, daß im Volksschulgesetz­entwurf des Grafen Zedlitz auch diese Materie ihre Regelung gefunden hatte(§ 116 ff.) und zwar in einer obigem Vorschlag sehr ähnlichen Form. Danach sollte der Gemeindevorstand einen oder mehrere Kandidaten dem Regierungspräsidenten vorschlagen, der, nachdem der Kreisschulvorstand ein Gutachten abgegeben hat, entschied. Wie in so manchen Fällen, so erkennt man auch hier wieder den sachlichen Nachteil, den der Ver­zicht auf jenen wohldurchdachten Entwurf mit sich gebracht hat.

**

Zum bayerischenKuhhandel nimmt der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete für Speyer­Ludwigshafen, F. I. Ehrhardt, imVorw. das Wort. Er spottet zunächst darüber, daß drei Wochen nach der Wahl eine Anzahl Genossen das Bedürfnis empfinde, das schwer bedrückte Herz zu entlasten, und erklärt so­dann:Ich bestreite, daß ein Kuhhandel in dem in den Vorwärts, Artikeln ausgesprochenen Sinne bei uns abgeschlossen war. Was wir thaten, ist schon dutzendmal unter den Argusaugen unserer Prinzipienwächter ge­schehen. Was man andernorts für selbstverständlich hielt, wird uns zum schweren Vorwurf gemacht; während man in Baden, wo die Dinge ähnlich wie bei uns liegen, beiden Augen zudrückte, hört man aus Bayern die Flöhe husten. Auch der kunstgerechte Eiertanz unseres prinzipientreuen Genossen Singer um das Kompromiß bedeutet dasselbe in Grün. Wie Figur zeigt, ist auch der Genosse Singer auf der abschüssigen Bahn desGebotes der politischen Klugheit angelangt. Wer kann wissen, was er morgen für politisch klug hält? Das ist etwas scharf für Genossen, die in sozial­demokratischer Liebe und Brüderlichkeit verbunden sind. Uebrigens scheint ein Teil der Pfälzer Sozialdemokraten mit Ehrhardt nicht übereinzustimmen. Eine Mitglieder­versammlung des Neustädter sozialistischen Vereins hat, wie berichtet wird, einstimmig das in den beiden pfälzischen Wahlkreisen seitens der Sozialdemokratie mit dem Centrum eingegangene Kompromiß als gegen die obersten Parteigrundsätze verstoßend bezeichnet und verlangt, daß Abmachungen von so großer Tragweite

erst die Bestätigung des Parteitages finden müßten.

Sacharinzusatz zum Bier. Ein ganzes Jahr lang hat die unrichtige Ansicht geherrscht, es lasse sich nichts dagegen machen, wenn das im Reichsgesetz vom 6. Juli 1898 ausgesprochene Verbot des Zusatzes von Sacharin bei der Bierbereitung dadurch umgangen wird, daß die Brauereien den Gastwirten das Sacharin liefern und diese den Zusatz dann vor dem Aus­schenken des Bieres vornehmen. Diese Auffassung war einem einfachen Menschenverstande zwar von Anfang an unbegreiflich, aber sie wurde, wie es scheint, von so maßgebender Stelle geteilt, daß man eine Abhilfe gegen diese offenbare Gesetzesverletzung nur durch eine Gesetzesnovelle schaffen zu können ver­meinte. Jetzt endlich ist, wofür man den beteiligten Regierungen aufrichtig danken muß, an einigen Stellen die einfache Vernunft zum Siege gelangt. Die Re­gierungen von Preußen, Sachsen und Mecklenburg­Schwerin haben Verordnungen erlassen, in denen alle nachgeordneten Behörden verpflichtet werden, auf Grund des Reichsgesetzes unnachsichtlich gegen die

Feuilleton der Rheinischen Volksstimme, 10. August 1899.

Die Mai-Königin von Poppelsdorf.

Historische Erzählung aus der Franzosenzeit.

Von Jos.

16)(Nachdruck verboten.)

Man achtete während des Feldzuges nach Moskau nicht weiter auf seine Person. Als die große Armee nach Ostrowo zurückkehrte, entfernten sich einige Soldaten, um Lebensmittel zu suchen. Einige Grenadiere drangen in eine Fischerhütte ein, öffneten ein Schränkchen und fanden die vollständige Uniform eines Dragoneroffiziers. Als die Leute gefragt wurden, wie die Uniform in ihren Be­sitz gekommen wäre, erklärten sie, daß sie dieselbe mit ihren Netzen eine Meile unterhalb des Schlachtfeldes aus dem Flusse gezogen hätten. Ein Stein war an den Kleidern befestigt, um sie zum Sinken zu bringen, und m einer Tasche des Waffenrockes fand man ein Offiziers­patent auf den Namen Heinrich Zimmer. Also bleibt nicht der geringste Zweifel betreffs der Identität der Person. Sobald wieder das Kriegswesen seinen ge­kegelten Gang ging, wurde Heinrich Zimmer als Deser­gebucht.

Es sind nun acht Tage verstrichen, schloß der Beamte, . daß ich aus Paris den Befehl erhielt, den Deserteur aus­Ffindig zu machen. Sofort sandte ich einige Spione nach Poppelsdorf; aber sie kamen so klug zurück, wie sie weg­gegangen waren. Wie ich vernommen habe, ist man in Eurer Gemeinde so stumm wie ein Fisch; aber wir werden sie schon zum Sprechen bringen! Wenn einmal einige hier im Gefängnisse schmachten, dann werden sie schon schwätzen wie die Elstern! Wir kennen das, mein Junge! Morgens etwas Wasser und Brot, mittags idem, abends ichem und dabei immer Finsternis und niemals eine menschliche Stimme!... O, dann ist sofort das hart­näckigste Gemüt so schlapp geworden wie ein Handschuh. Darauf könnt Ihr Euch verlassen!

Jedoch könntet Ihr leicht Poppelsdorfer in Menge finden, die Euch mit Eurem Wasser und Brot, selbst mit Euren dunkeln Kerkerlöchern auslachen! Wenn Ihr z. B. Johann Lemmens in Eure Gewalt bekommt, dann werdet Ihr sofort sehen, daß er Euch zumNarren hält, wenn Ihr ihn zwingen wollt, etwas zu verraten. Und um einmal von einem Mädchen zu sprechen: ich verwette

mein Leben, daß Barbara Zimmer, die Schwester des Deserteurs, kein Wort sagt, auch nicht, wenn Ihr Eure scheußliche Guillotine für sie bereit machtet! Stellt diese beiden Personen auf die Probe, so viel und so lang Ihr wollt; dann werde ich, Peter Flügel, Euch später fragen: Herr Kommandant, habt Ihr nun ein paar Beispiele von der Standhaftigkeit der Poppelsdorfer gehabt?"

Wir wollen einmal sehen, wer von beiden es am längsten aushält, PoppelsdorferStandhaftigkeit" oder französischeFeinheit". Paßt nur gut auf, wenn Ihr wollt, daß die Rache die Schuldigen auch wirklich treffe.

Peter Flügel kehrte nach Hause zurück; die Dämpfe des Schnapses waren schon verschwunden, als er die Stadt verlassen hatte. Die Vernunft begann teilweise über den verkommenen Menschen zu triumphieren; sein Gewissen rief ihm zu: verbirg Dein Angesicht vor den Menschen; denn sie werden darauf in feurigen Buchstaben lesen:Judas, Du hast Deinen Bruder verkauft! Du bist kein Christ mehr!

Anstatt wie früher mit stolz erhobenem Kopfe durch das Dorf zu gehen, machte er einen Umweg, schlich an Häusern und Hecken vorbei und vermied die Menschen. Alles flößte ihm Schrecken ein, die ganze Natur schien ihm tot zu sein; das Murmeln des Baches, das Zwitschern der Vögel klang in seinen Ohren wie ein Fluch, den der Himmel auf den Bösewicht herabsendet, der der Ein­gebung der Rache folgt.

Wenn er in diesem Augenblick, und mit diesen Ge­danken beseelt, einen braven, weisen Freund gehabt hätte, dem er vertrauen und den Zustand seines Herzens hätte verraten können, dann wäre er vielleicht noch von dem Irrwege abgewichen. Leider begegnete er nun noch Johann Lemmens und er glaubte auf den Lippen des Jünglings ein spöttisches Lächeln zu bemerken. Der Zorn und alle bösen Leidenschaften, hauptsächlich die Eifersucht bekamen die Oberhand. Er verbannte gewalt­sam die Reue aus seinem Herzen und murmelte im Vorbeigehen:

So, so, Johann, Du willst das Gras unter meinen Füßen wegmähen und mich noch dazu ausspotten! Nun, wir wollen einmal sehen, ob Du es nicht bitter bereuen wirst... keine Gnade für Dich!

Fünftes Kapitel.

Strenge Herren regieren nicht lange.

Peter Flügel war nicht boshaft von Charakter, aber er war leicht beleidigt und sehr eigensinnig. Wenn solche Menschen einen verkehrten Weg eingeschlagen haben, dann gehen sie weiter, bis sie am Abgrund stehen. Dann wollen sie zurückkehren, aber es ist zu spät; das Haupt schwindelt, der Abhang ist zu abschüssig, um den Fall verhindern zu können, sie wollen in die Tiefe hinunter. Die ganze Woche hing er sich, wie man zu sagen pflegt, an die Fersen Lemmens'. Er hatte gar bald erfahren, daß Vater Zimmer mit seiner Tochter Barbara geflohen war. Deshalb war er der Meinung, daß der Beschützer des Mädchens natürlich nicht lange warten würde, um sie zu besuchen und das Notwendige zu bringen.

Richtete Peter jedoch seine ganze Aufmerksamkeit auf Johann Lemmens, er hingegen wurde scharf von Wolter bewacht. So verlief die ganze Woche und der Spion halte nicht mehr erreicht, als am ersten Tage. Fast rasend vor Wut wegen seiner fruchtlosen Bemühungen begab sich der Verräter nach Bonn, um dort seine Ohn­macht einzugestehen.

Er kehrte mit der Gewißheit zurück, daß die französischen Spürhunde ihm bald folgen würden. In der That erschien am folgenden Morgen um zehn Uhr in der Gemeinde Poppelsdorf eine halbe Kompagnie Soldaten, die bei Vater Zimmer einquartiert wurden und daselbst solange bleiben sollten, bis der Sohn gefunden oder ausgeliefert würde. Die Wohnung war verlassen, nirgendwo eine Spur von Menschen zu finden. Vier Gensdarmen mochten wohl mit Verhaftungsbefehlen gegen Vater und Tochter, gegen Knecht und Dienstmagd versehen sein, Niemand ließ sich blicken. Haus, Scheune und Ställe wurden trotzdem aufgebrochen, und vom Dache bis in den Keller sorgfältig durchsucht. Kein Strohhalm blieb auf seiner Stelle; wo die Mauer ein wenig neu erschien, wurde sie abgebrochen. In jedem Schranke vermutete man geheime Thüren; unter jedem Abdache wollte man ein düsteres Eckchen entdecken, wo sich ein Deserteur befand, der sich weigerte, sein Leben für ein fremdes Land zum Opfer zu bringen, das uns nichts brachte als Zwang und niedrigung.

Da diese colonne mobile kein leeres Haus bewohnen und noch weniger Geld und Lebensmittel dort finden konnte, mußte der Leutenant sich an den Dorfschulzen

wenden, um Einquartierung zu erhalten. Diese wurde ihm für eine Nacht gewährt. Am folgenden Tage, um neun Uhr, versammelten sich die Soldaten vor der leeren Wohnung Zimmer's. Nach dem Appell, bei welchem schon wieder zwei Desertionen gemeldet waren, schlug der Tambour einen Wirbel; darauf erklärte der Offizier alle Güter Zimmer's, sowohl bewegliche wie unbewegliche, für Eigentum des Staates. Eine Abschrift dieser Be­schlagnehmung wurde auf die Thür geklebt; eine zweite Abschrift hing solange an der Kirchhofsmauer, bis der Ankleber den Rücken gedreht hatte.

Inzwischen hatten die Gensdarmen sich nach Kessenich begeben, wo sie den Knecht und die Magd Zimmer's bei der Arbeit fanden. Als sie gefragt und bedroht wurden, das ja sagen, wo Vater, Sohn und Tochter Zimmer sich verborgen hätten, konnten sie nichts anderes sagen, als daß sie den Sohn seit seinem Eintritt in das Heer nicht mehr gesehen hätten und daß Vater und Tochter vor ungefähr zehn Tagen verreist waren, ohne ihnen mitzu­teilen, wohin; daß sie ihren Lohn erhalten und aus ihrem Dienste entlassen worden wären. Auf die Frage, wer seit einem halben Jahre am häufigsten die Wohnung ihres Herrn besucht hätte, sagten sie wiederum ein­stimmig, daß außer den Nachbarn Niemand häufig in's Haus gekommen wäre, daß der einzige Mann, welcher die Leute besuchte, Johann Lemmens wäre, der mit Barbara Bekanntschaft zu haben schien, doch nur als Maikönig.

Als die vier Stützen der öffentlichen Macht den Namen des jungen Mannes hörten, hatten sie einander einen be­deutungsvollen Blick zugeworfen. Darauf kamen Fesseln und Handschrauben zum Vorschein. Die Dienstboten wurden gebunden und geknebelt weggeführt, weil sie nicht zu sagen wußten, wo der Sohn ihres Meisters sich auf­hielt. Auf den Befehl der Gensdarmen mußten sie die Wohnung der Witwe Lemmens zeigen. Sie traten mit den Gefangenen ein und fanden den Jüngling seine Pfeife rauchend am Feuer sitzen.

(Fortsetzung folgt.)