Bonntage Srart

zu

K 9.

<space> P e i l a s t e i n n e g:<space>

Körn, Honntag den 9. Dezember 1894.

1. Jahrgang.

Das Kindesauge.

Z un sollt ihr Bücher ruhen, 2 Komm her, mein holdes Kind! Im Aug' will ich dir lesen, Damit ich Frieden find'.

Es strahlt voll heil'ger Klarheit So diamantenhell,

Wie niemals auf der Erde Ein schimmerndes Juwel.

Es leuchtet mir entgegen Wie holdes Sternenlicht,

Das aus dem hohen Himmel In's Erdendunkel bricht.

Nichts Schön'res war zu schauen In Edens Blüthenflur:

Der Engel Zauberblicke Sie gleichen deinen nur.

Jagt drum nach anderm Glücke, Ihr Thoren, immerzu:

Aus meines Kindes Auge Strahlt Frieden mir und Ruh'!

Es steht darin geschrieben Gar sonnenhell und klar, Wie ich vor langen Zeiten So fromm, so fröhlich war.

Darin kann ich erkennen, Daß uns der Herr beließ Zu unser Aller Troste Ein Stücklein Paradies.

Wilhelm Gries.

alte Gebetbuch.

(Schluß.)

Zißmuthig verrichtete sie ihre Arbeit, viele Tage lang man kannte sie kaum wieder. Das Buch hatte sie immer in der Tasche, allein sie hatte es nicht wieder geöffnet; wozu auch? es macht mich nur elend, dachte sie. Sie konnte ja jetzt die Dinge nicht ändern, mit der Zeit wollte sie es thun. Ja, wenn sie noch länger dabliebe, bis sie alt genug sei, eine bessere Stelle in London zu bekleiden, dann wollte sie alles in Ordnung bringen, wieder bei Katholiken wohnen und so fromm sein, wie irgend einer unter ihnen. Dieser Vorsatz brachte ihr indessen wenig Trost, ein gewisses Etwas schien sie immer anzutreiben sich jetzt frei zu machen, die Fesseln zu zerbrechen, welche sie selbst geschmiedet hatte und ohne Aufschub zu Gott zurückzukehren; dessen ungeachtet unterdrückte Luzie die Stimme des Rechtes in ihrem Innern, und versuchte so weiter zu leben wie bisher, nur an Sonntagabenden nahm sie das alte Buch aus der Tasche, vergoß Thränen, machte auch gute Vorsätze, aber den ersten Schritt zu thun, schob sie immer wieder auf. Die Sache mit dem katholischen Gebetbuch war dem protestantischen Prediger vollständig aus dem Gedächtniß entschwunden, glaubte er doch, es sei, seinen Befehlen entsprechend, verbrannt worden; er vergaß sogar Frau Ewards zur Nede zu stellen, wie er Lieschen gedroht hatte. Das Kind dachte uoch oft an das Buch, fragte sich, wo es wohl sein möchte, ob der Herr Feierberg es gelesen habe, und ob er den Sinn der innwendig geschriebenen Worte enträthselt habe. Lieschen

war jetzt dahinter gekommen, daß es ein katholisches Buch sei, obwohl sie zur Zeit die Bedeutung des WortesKatholisch nicht erfaßt hatte, behielt sie es doch in ihrem Herzen, bis Jahre danach, als sie das kleine Fischerdörfchen verlassen und in einer Stadt lebte, wo sie durch Gottes Barmherzigkeit, den wahren Glauben den sie dort fand, kennen und lieben gelernt hatte. So hatte das alteSeelengärtlein dem kleinen un­wissenden Mädchen Segen gebracht, es diente aber auch dazu, Luzie Robbers der Religion ihrer Kindheit zurück zu führen.

Unter der Unruhe und Traurigkeit, welche Luzie erfüllten, waren viele Wochen vergangen, der Sommer war vorüber und der Herbst ins Land gekommen. Der kleine Ort war von Fremden fast leer geworden und die wenigen Nachzügler sprachen von der Abreise. Wie es kam, daß in dem sonst so gesunden kleinen Seehafen ein bösartiges, ansteckendes Fieber ausbrach, hat nie jemand sagen können; unter der ärmeren Klasse griff es rasch um sich, und klopfte dann auch bei den wohlhabenden Leuten an, zuletzt auf dem Pfarrhause und warf die arme Luzie auf das Krankenlager. Nach Vorschrift des Arztes, um die Familie womöglich von der Ansteckung zu retten, wurde Luzie nach dem Hospital einer 15 Meilen ent­fernten Stadt gebracht, wo sie die beste Sorgfalt und Pflege genoß. Das arme Ding! Ohne Bewußtsein sprach sie den Jammer aus, der sie erfüllte; sie rief so unaufhörlich nach einem Priester und nach ihrer Mutter, daß auf Befehl des Herrn Feierberg ihre Mutter geholt wurde. Kaum dort angekommen begab sich Frau Robbers zur katholischen Kirche, um jemand zu suchen, der nach Luzien sehen könne. Tag um

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