Nr. 59.— 1905.
Dienstag, den 14. März.
58. Jahrgang.
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Druck und Verlag von J. H. Meyer in Biersen.
Mit der achtseitigen Sonntagsbeilage: Illustriertes Unterhaltungsblatt.
Für die Redaktion verantwortlich Hermann Schorn
in Bierfen.
Preußischer
Abgeordnetenhaus.
Berlin, 14 März 1905.
Das Haus, das am Samstag den Rest des Eisenbahnetats erledihte, erörterte am Montag bei der Beratung des Etats der Zentralgenossenschaftskasse die Tätigkeit dieser Kasse, das Genossenschaftswesen und die Frage der Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes.
Minister v. Rheinbaben lobte den Zusammenschluß der verschiedenen Genossenschaftssysteme. Die Zentralgenossenschaftskasse helfe Landwirten und Handwerkern, ohne lediglich ein Pumpinstitut zu sein. An der Entschuldung müßten die landwirtschaftlichen Banken und Verbände in erster Linie mitwirken, in begrenzter Weise auch der Staat. Bei dem Etat der indirekten Steuern erklärte sich der Minister gegen eine Reichseinkommen= und eine Reichserbschaftssteuer, weil Preußen hiervon Nachteil hätte.
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9.
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Deutscher Reichstag.
„ Berlin, 1a. März 1900.
Am Montag wurden bei der fortgesetzten Beratung des Etats des Reichsamts des Innern verschiedene Kapitel bewilligt.
Staatssekretär Graf Posadowsky teilte mit, daß eine Novelle über das Reichsarmenrecht bereits ausgearbeitet sei und dem Hause gleich zu Beginn der nächsten Tagung zugehen werde.
Eine Erörterung entstand sodann über einen Beschlußantrag des Abg. Baumann(Ztr.), die Regierung möge dem Reichstage tunlichst bald einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Beaussichtigung des Verkehrs mit Nahrungs= und Genußmitteln, vor allem Wein, einheitlich, regelt,
Abg. Schellhorn(ntlib.) schloß sich diesem Verlangen an, Abg. Sartorius(frs. Volkop.) gleichfalle; er fügte aber hinzu, so schlimm, wie Herx Baumann sie geschildert habe, seien unsere Weinverhältnisse nicht. Diese Redt werde mur dem Auslande Waffen gegen unseren Wein liefern.
Auch Staatssekretär Gräf Posadywsky glaubte, daß bei den Behauptungen über Weinversälschungen doch manche Uebertreibungen unterliefeh. Er warne davor, die Verhältnisse, zu schwarz zu malen, es könne das in der Tat unserein Weinexport nach dem Auslande schadey. Ein Entwurf über die Weinkontrolle werde zurzeit in Preußen geprütt.
Abg. Rettich(kons.) war für don Antrag. m weiteren Verlauf der Debatte erklärte der Staatssekretär daß eine Verordnung zum Schutz gegen Vergiftungsgefahr in Bleiwerkstätten fertiggestellt sei. Einheitliche Grundsätze über die Ausbildung der Krankenpfleger würden aufgestellt.
Der Antrag Baumann wurde angenommen, desgleiche ein freisinniger Antrag auf gesetzliche Regelung des Geheinimittelwesens, Weiterheratung: Dienstag.
Politische Tagesübersicht.
#<space> B e r l i n,<space> 1 4<space> M ä r z<space> 1 9 0 5.<space>
— Unser heimisches Kreuzergeschwader verließ am Montag Kiel zu einer größeren Uebung nach den dänischen
Aus der Zeit— für die
Vor 100 Jahren, am 1a. März 1805, wurde in Prag der bekannte österreschische Feldherr, General Graf Eduard von Clam=Gallas geboren. Bereits 1848 zeichnete er sich bei Vicenza und bei Custozza aus, ebenso auch im ungarischen Feldzug 1849 als Feldntarschalleutnant gegen Bern. Im Jahre 1859 befehligte er im italienischen Krieg in den Schlachten bei Ma genta und Solferind. Er ward darauf als General der Kavat lerie Kommandant von Böhmen, 1861 Herrenhausmitglied und 1805 Obersthofmeister des Kaisers. Im Feldzug von 1865 kommandierte er die weitest, gegen Norden vorgeschobene Armee mit dem Auftrag, den Prinzen Friedrich Karl und General Herwarth aufzuhalten. Allein, teils wegen strategischer und taktischer Fehler, teils und ganz besonders wegen des Mangels an Einheit in der obersten Leitung wurde C. in einer Reihe von Gesechten geschlägen, was ihm eine Anklage vor dem Kriegsgerichte eintrug; dieses erklärte ihn für schuldlos Destnoch nahm er seinen Abschied und zog sich auf seine Besitzungen in Böhmen zgrück. Er- starb 1891 in Wien.
Der Vampyr.
Erzählung aus der Vergangenheit von M. Ockenfels.
Nachbruck nicht gestattet.
So verhärtet Celeste war, so ging ihr die engelhafte Geduld ihrer Pflogerin zu Herzen und es erwachte in ihrer Brust jener Gottesfunke, das Gewissen, der von Zeit zu Zeit sich Bahn bricht. so schwer auch immer die Bürde bösar Leidenschaften auf ihm lastet
Frau von Waldstein blieb eine gewisse peinliche Ruhelosigkeit der Kranken nicht unbemerkt. Sie schrieb dieselbe der sichtlichen Abnahme der Kräfte zu.
Einmal, nach langem innerlichen Kampfe, sagte die alte verstümmelte Kreatur:
„Ich emuß Ihnen ein Geständnis machen, und wenn Sie mich darob auch hassen, ich kann es nicht länger verwinden: es quält mich bei Tage, er raubt mir die Ruhe bei Nacht. Sie sind so aufmerksam gegen mich und wissen nicht, welch großes Unrecht ich an Ihnen verübt.“ „Vor mehr als 20 Jahren war ich eine elende betrunkene Bettlerin in Berlin: ich verbrachte das Leben zwischen dem Arrestlokale und der Gosse. Ich sammelte Lumpen, schlug Karten und stahl, wenn sich die Gelegnheit dazu darbot. Eines Tages kam ich halbtot vor Hunger in Ihr Haus und bat um Nahrung Ein betreßter Diener wies mir die Tür.
„Unsere Dame leidet kein Gesindel im Hause“, sagte er,„ich habe strengen Befehl, Deinesgleichen vole dannen zu treiben.“
Gewässern. Der Kreuzer„Friedrich Karl“ blieb zurück, weil er den Kaiser auf der Mittelmeerfahrt begleiten soll.
— Ein internationaler Wohnungskongraß wird im August in Düsseldopf stattfinden. Ein deutscher Ausschuß trifft die Vorbereitung hierzu.
Die Beratung der beiden Berggesetznovellen soll in der nächsten Woche im preußischen Abgeordnetenhause bezinnen. Den Staatshaushalt hofft man am Samstag verabchieden zu können:
— Der Kaise,r will keinen Vorzug seiner Söhne. Er hat eine Kabinettsordre erlassen, wonach die bei dem 1. Garderegiment in Potsdam aktiven Dienst tuenden königlichen Prinzen von den Mannschaften nicht mehr durch Frontmachen, sondern nur wie jedet andere Offizier, ihrer Charge entsprechend, gegrüßt werden sollen.
— Die Opposition gegen den Handelsvertrag mit Deutschland ist in Ungarn noch immer, so groß, daß es der österreichisch=ungarische Botschafter in Berlin für nötig befunden hat, sich nach Budapest zu begeben, um seinen Landsleuten dort persönlich den Ernst der Situation klar zu machen. Ungarn würde durch einen Zollkrieg, in den es sich durch die Ablehnung des Vertrages mit Deutschland stürzen würde, wirtschaftlich rutniert werden, während Deutschland die wirtschaftliche Fehde mit Ungarn kaum spüren würde. Wer nicht hören wvill, muß fühlen
Der Herers= und Witboi=Aufstand in Deutsch=Südpestafrika.
Unser Gesamkverllust in Südwestafrika bis Anfang März wind auf 1249 Personen angegehen, davon 876 tot. Im „eoruar waren die Verluste mit 23 Toten und 7 Verwundeten am geringsten.
Nach der Berliner Volkszig, wird beabsichtigt, alle 2 Mo näte einen Ergänzungstransport nach Südwestafrika zu seniden Diese Transporte haben den Zweck, die im Aufstandsgebiet befindlichen Feldtruppen in ihrer feldmäßigen Stärke zu erhalten. Nach, den bisherigen Erfahrungen werden dazu ungefähr jedesmal 200 bis 250 Mann aller„Waffengattungen einschließlich Sanitätspersongl und Verwaltungsbeamten erforderlich sein. Der nächste derartige Transport wird voraussichtlich kutz vor Ostern zur Absendung gelangen. Eine Bildung von neuen Kadres wird nicht beabsschtigt
Zur. Lvgmbefraue berichtet ein fürzlich nach Deutschland zurückgekehrter, bieher iin Norden der Kolonie tätig gewesener„alter Südwestafrikaner", daß der aufrührische Häupt ling Nechale zur Zeit, als die von seinem Stamme zerstörte Regierungsstation Amnköm von der Schutztruppe wieder besetzt wurde, in dem Glauben, daß gegen ihn vorgegangen werden soll, sich- an die benachbarten Ovambohäuptlinge um Unterstützung gewandt, aber überall ablehnende Antworten erhalten habe. Die=Kölnische Zeitung vertritt den Standpunkt, daß die schleu nige Bestrafung Nechales im Intereste des Ansehens der deutschen Verwaltung eine Notwendigkeit ist, daß durch ein Vorgehen gegen Nechale ohne große Truppenmacht und, da genügend Truppen jetzt im Sdütehiet vorhanden sind, ohne erhebliche Ertraausgaben möglich sein wird. Am besten würde man gegen Nechale nach der Regenzeit, int den Monaten Mai und Juni vor gepen. Ald Führer der Erpedition sollte man, da politische Ver handlungen mit Ovambostämmen in Betracht kommen können, einen alten südwestafrikanischen Schutztruppenoffizier wählen
„Dieser Befehl kam Ihnen teuer zu stehen, Frau von Waldstein!“
„Ich habe niemals ähnliche Befehle gegeben.“
„Ich glaubtehes aber und wollte mich rächen! Ich verschaffte mir zu essen und zu trinken und wartete. Ich lauerte, ich sann: Was war der höchste Schatz Ihres Lebens? Wo konnte ich den tödlichsten Streich führen? Bald hatte ich's entdeckt. Sie waren Mutter eines Kindes, täglich führte die Amme das Püppchen spazieren und täglich sah ich es schlummern auf dem schneeigen Kissen seines Wagens. Einmal nun, da die Aufmerksamkeit der Amme sich mit etwas anderem beschäftigte, trat ich an den Wagen und raubte das Kind.“
„Ungeheuer!“ rief Frau von Waldstein und ihr Auge glühte „Du also vergiftest mein Dasein, Du mordetest mir meine liebe Ottilie!“
„Mordete?! Nein, sch„beabsichtigte es allerdings, das Kind war mir zur Last. Vernachlässigung aller Art hätte die zarte Pflanze getötet. Aber ich hatte damals noch einen weichen Fleck m Herzen: wenn das Kind mir entgegen lachte, vermochte ich ihm kein Leid zuzufügen. Unentbeckt floh ich nach Baden und übergab es einer kinderlosen Witwe, die dafür zu sorgen per sprach.
„Meine Ottilie lebt?“
*„Das weiß ich nicht, aber die Frau; welche ihr Kind zu sich nahm, lebte noch vor kurzem. Ich pflegte ihren zweiten Gatten während seiner letzten Krankheit. Sie erkannte mich nicht, denn sie sah mein Gesicht nicht, als sch ihr das Kind gab!“
„Wie heißt die Frau?“ daß lich nach ihr sende!“ rief Frau von Waldstein in höchster Spannung.
Mit boshaftem Lachen schüttelte Celeste das Haupt.
„Das ist mein Geheimnis und Sie werden es nicht eher er fahren, als bis ich wieder gesund und imstande bin, dieses daumpfe Mauerloch zu verlassen.“
„Ich gelobe Ihnen, Sie zeitlehens zu pflegen, gleich meiner, Mutter“, sagte die geängstigte Frau,„bei allem, was Ihnen im Himmel und auf Erden heilig ist! sagen Sie mir den Namen!“
Zu häßlichem Grinsen verzogen sich die dünnen, blauen Lip pen.]„Was mir heilig ist!“ stöhnte die Kranke.
„Ich will ihr Geheimnis mit Gold aufwiegen, ich will Sie reich machen!" drängte Frau von Waldstein.
Umsonst, weder Bitten noch Versprechungen vermochten die eigennützige Schlauheit der lbiderlichen Hexe zu überwinden und Frau von Waldstein mußte vom Zufalle hoffen, auf die Spur ihrer verlorenen Tochter zu gelangen.
Tag und Nacht lauschte sie den Fieberreden der Sterbei#den es ließ sich kein Anhaltspunkt finden.
Da kam der Besuch der Gräfin von Königsmark und ihrer Begleiterinnen und Frau von Waldstein führte die Damen zu dem Alkoven, in welchem Celeste Moreau lag.
Der russsch=sapanische Frieg.
— Der Berichterstatter des Reuterschen Bureaus im Hauptquartier des Generals Kuroki meldet unterm 9. März über Fusan: Kuropatkin vermochte in Mukden während des Rückzugs seiner Armee die Japaner weit von der Eisenbahn abzuhalten.
Die Hügel im Norden des Flusses bildeten eine schützende Wand. hinter der die Russen ihren Rückmarsch ungestört durchführen konnten. Jetzt, wo sich alle russischen Streitkräfte nördlich, vom Hunho befinden, scheint es, als ob Kuropatkin die Gefahrt#umzingelt zu werden glücklich vermieden hätte. Er rettete alle Gechütze und Wagen seines linken Flügels, jedoch vermochten die Japaner einige Gefangene zu machen. Fast alle vom Schaheho kommenden japanischen Truppen haben den Hunho gestern überschritten; heute durchbrachen sie die russischen Linien etwa 16 Klm. ästlich von Mukden und teilten dadurch Kuropatkins Streitkräfte in zwei Teile.„ Ein Teil der im Zentrum operierenden japanischen Armee stößt jetzt in nordöstlicher Richtung von Fuschau vor. Die Russen halten die Japaner im Süden längs des Schienenstrands zurück, aber der einzig mögliche Weg für den Rückzug ist ein weniger als 10 Klm. broiter Raum zwischen der Eisenbahn und der Fahrstraße, die jetzt abgeschnitten ist.
— Die Japaner sind den fliehenden Russen auf den Fersen gefolgt und entschlossen, sie bei Tieling noch einmal zu stellen. Die geschlagenen Russen suchten an verschiedenen Punkten Widerstand zu leisten, wurden aber überall unter schweren Verlusten zurückgeschlagen. Bei Mukden verloren die Russen die erste Fahne. Nach Liaujang und selbst nach Port Arthur konnten sie voll Stolzes in die Heimat melden:. Die Fahnen sind gerettet! Bei Mukden wurde die Fahne des Wilna=Regiments von den Japanern erbeutet.
— Tieling ist Londoner Meldungen zufolge, die den Tatsachen zwar vorauseilen mögen, an sich aber wahrscheinlich sind, von sapanischen Truppen bereits umzingelt. Der Fall Tieling stehe bevor. Die Nachhlut der kussischen Armee ist abgeschniten, ihre Uebergabe gewiß. Bei Aoka hat der rechte sapanische Flügel die Russen eingeschlossen. Außer anderen Beutegegenständen ist den Japanern auch eine große Menge Gold in die Hände gefallen. Bei Tieling wird es zu einem neuen Angriff gegen die erschöpfte„Armee Kuropatkins kommen, und die zweite Niederlage, dürfte ärger werden, als die erste war.
— Der Hauptfehler Kuropatkins war einer Londonet. Tinies=Meldung zufolge die Schwächung der Linie Mickden=Fuschun. Dies ekmöglichte Kuroki, durch das erste und vierte sibirische Korps durchzubrechen. Als Kuropatkin am 10. März hörte, daß Kinsan genommen sei, sah er seine, Fehler, ein und befahl sofort den Rückzug der Armee. Japanische Battersen beherrschten aber schon die Rückzugslinie der beiden Korps für welche es hieß: Rette sich, wer kann! Stackelbergs und Sawubojews Korps wurden zurückgelassen, um den Rückzug der übrigen zu decken. Beide Korps scheinen, gefangen oder vernichtet zu sein.
- Einzellheiten über den russischen Rückzug teilt der Korrespondent eines Londoner Blattes, der mit dabei war, mit. Als am 15, früh um 7 Uhr die Sprengung der Brücke über den Hunho#erfolgte und eind ungeheure Rauchwolke aufstiegk, war es jedermann klar, daß Kuropatkin den Rückzug beschlossen hatte.
Der Rückzug fand in der Nacht statt. Am Samstag Morgen
Seit dem Besuche des Wundarztes#am Morgen hatte es sich mit der Hyäne zum Schlimmern gewandt. Unbeweglich lag sie da, das Ange fur wanderte unstät von Punkt zu Punkt. Das Gesicht war eingesunken und von jener bleigrauen Farbe, welche dem Tode voranzsgehen pflegt.
Mit welch nanienlosem Schmerze gewahrte die treue Pflegerin, die nahende Auflösung. So müßte also die schönste Hoffnung ihres Lebens, die Hotttung auf den Besitz der geliebten Toch ter, mit versinkenin das Reich des Todes!
Leise nahten die. Damen dem Lager und blickten voll Mitloid auf die Kranke.
Frau Rendorff erkannte sie sogleich und auch Celeste Moreau nickte ihr zu und murmelte ihren Dank für den freundlichen Besuch.
„Wer ist mit Ihnen gekommen, Frau Rendortf?“ fragte sie und wies mit der wand auf Klara.„Ich kann die Gestalten nicht leiden, welche mit vermummten Gesichtern daherkommen. Sie gleichen jenen häßlichen Gespenstern, die nachts um mein Bett stehen, wenn niemand da ist, der sie verscheucht— Pfui Weg damit!“ schrie das Weib, während ein Schander durch ihre Glieder bebte,
„Schlagen Sie den Schleier zurück!" flüsterte, Frau von Waldstein.
Klara tat es. Kaumtaber zeigte sich das anmutsvolle Antlitz unverhüllt, so stieß Frau von Waldstein einen Ruf freudigster Ueberraschung aus. Sie faßte Klaras Hand und zog sie ans Lager der Sterbenden,
„Konnen Sie dieses Mädchen?“ fragte sie mit bebender Stimme.
Die Hyäne stierte in Klaras Gesicht.„Nein, die kenne ich nicht!“ sagte sie kopfschüttelnd.„Aber die kenne ich!?
„Ihr hatte ich das Kind übergeben, sie muß darum wissen.
Langsam und steif mit weit hervortretenden Augen sank die Sterbende in die Kissen zurück.
]„Wer ist das Mädchen?“ fragte dtemlos Frau von Waldstein sund wandte sich gegen die Witme Rendorff.
„Meine abgenommene, Tochter.0
„Irr angenommene. Tochter? Gott. Dank Dir!" rief die Dame mit einem Blicke nach oben, aus dem ein Himmel strahlte und mit weitgeöffneten Armen flog se an Klaras Brust
„Mein Kind! Meine Ottilie! Mein verlorenes Kleinod! schluchzte sie.„Da. Du bist's, Du bist's, das Abbild meiner
eigenen Jugendl"na.
Am Sterbebette der Verbrecherin also löste sich das Rätsel langer Jahre. Ottilie war ihrer Mutter wiedergegeben.
Ein durchdringender Schrei brachte die Gruppe der Frauen zur Wirklichkeit zurück. Die Gestalt auf dem Laper wälzte sich in qualvollem Kampfe hin und her.„
Entsemt stierte das hervorgequollene Auge auf ein unsichtbares