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Nro. 46. 1873.
Mittwoch den 26. Februar.(Aschermittwoch t)
48. Jahrgang.
Politische Uebersicht.
*<space> N e u ß,<space> 2 5.<space> F e b r u a r.<space>
Das Abgeordnetenhaus hat gestern den GesetzEntwurf in Betreff der Erbschaftssteuer in zweiter Lesung von§. 39 bis zu Ende genehmigt und ohne Debatte in erster und zweiter Berathung den Gesetzentwurf über die Ausführung der Kreisordnung angenommen. Der Gesetz=Entwurf über die außerordentliche Staatsschuldentilgung wurde in der Fassung der RegierungsVorlage, der Gesetz=Entwurf über die Theilung des Kreises Benthen ohne Debatte in dritter Lesung angenommen. Endlich wurde die zweite Berathung des Etats des Kronditcommißfonds und über den Erlös aus Domänengefällen mit den Nachträgen zum Staatshaushalts=Etat anstandslos erledigt.
— Es soll darauf aufmerksam gemacht werden, daß auf Grund der Gesetzvorschriften die Gesuche derjenigen Militärpflichtigen, welche durch versäumte rechtzeitige Anmeldung um Zulassung zum einjährigen freiwilligen Mititärdienste diese Vergünstigung verloren haben und diese wieder verliehen zu haben wünschen, bei der Kreis=Ersatzcommission ihres gesetzlichen Wohnorts, nicht aber bei dem General=Commando oder dem Ober=Präsidium anzubringen sind.
— Die Apotheker haben in diesen Tagen eine Petition an den Reichstag und an das Kriegs=Ministerium gelangen lassen, worin sie beantragen, daß man den einjährig=freiwilligen Militair=Pharmaceuten einen militärischen Rang, analog dem der Aerzte, beilege. Die Pharmaceuten, welche beim Eintritt in die Lehre schon mit dem Zeugniß zum einjährigen Dienste versehen sein mußten, treten bis dahin, nach dreijähriger Lehre und zweijähriger Conditionszeit, als Militär= Apotheker bei den Garnison=Lazarethen ein. Sie besitzen als soiche keinen Rang; auch ist es ihnen verschlossen, was einem jeden anderen Freiwilligen leicht ist, sich durch ihre Tüchtigkeit ein solchen zu erwerben. Seit Ostern 1872 fordert nun der Staat von ihnen beim Eintritt in das
Heer die Vorlegung des Zeugnisses, daß sie nach drei emestern Studium an der Universität das Examen
als„Apotheker" bestanden haben. Trotzdem ist ihnen bisher keine dem entsprechende militärische Stellung erreichbar, woher denn viele es vorzieben, unter der Waffe zu dienen. Das Resultat ist ein allgemeiner Mangel an Militär=Pharmaceuten, der in den Lazarethen schwer empfunden wird. Die Petition ist mit der Unterschrift von 1200 deutschen Apothekern versehen.
— Wie der„Allg. Ztg.“ aus glaubwürdiger Quelle mitgetheilt wird, ist die Frage bezüglich der Uniformirung der baierischen Armee bereits entschieden. Der König hat die Uniformirung der Armee nach preußischem Muster in Farbe und Schnitt der Uniform nebst Pickelhaube genehmigt. Es sollen indeß die im Gebrauch befindlichen Uniformen und Helme aufgebracht werden.
Oesterreich. Die heutige Wiener Zeitung enthält ein kaiserliches Handschreiben an Andrassy und die Minister=Präsidenten beider Reichshälften; dasselbe ordnet die Einberufung der Delegationen auf den 2. April nach Wien an.
Schweiz. Verflossenen Sonntag beschloß die altkatholische Gemeinde zu Olten mit 284 Stimmen von 314, einen neuen Pfarrer zu wählen. Man versichert, Pfarrer Herzog, gegenwärtig in Crefeld, sei für die Neuwahl in Aussicht genommen und habe bereits die Annahme der Wahl erklärt. Derselbe soll auch von der baseler Diöcesan=Conferenz als Candidat für die Bisthumsverweserstelle ausersehen sein. Bischof Lachat hat nun auch beim berner Großrath gegen seine Amtsentsetzung protestirt. Betreffend das Fastenmandat des Bischofs von St. Gallen ist zu berichtigen, daß ihm die Regierung nur erklärte, dasselbe habe für den Staat keine civilrechtlichen politischen Folgen. Nach der St. gallener Verfassung ist für die Verkündigung ein Placet nicht nothwendig.
Frankreich. Der Ausgleich zwischen Herrn Thiers und dem rechten Centrum der Nationalversammlung hat die seit einigen Monaten in Frankreich bestandene Stellung der Parteien völlig verschoben. Die beiden Centren haben sich von ihren extremen Parteigenossen getrennt und eine gegenseitige Annäherung vollzogen. Für den Bruch zwischen der Rechten und dem rechten
Centrum ist das gänzliche Scheitern der Fusion, wohl die Hauptursache gewesen. Der Zwiespalt zwischen der Linken und dem linken Centrum hat durch einen Absageartikel Gambetta's an Herrn Thiers zugleich seine Bestätigung und seine Verschärfung erhalten. Jedenfalls ist die Stellung des Herrn Thiers und damit die innere Lage Frankreichs gesicherter geworden, als man dies vor wenigen Wochen annehmen konnte, — Der„Univers“, ein Hauptorgan der katholischen Partei in Frankreich, bringt eine Reihe von Artikeln über Bischof Ketteler von Mainz neuere kirchenpolitische Schriften, worin der Bischof ziemlich scharf angegriffen wird. In dem zweiten Artikel wird demselben z. B. zum Vorwurfe gemacht, daß er in seinem „Programm“ von 1871 sich vermessen hat, den deutschen Katholiken„rückhaltlose Anerkennung“ des neuen Reiches anzurathen. Er hätte ihnen höchstens empfehlen dürfen, die„Geißel Gottes“ mit passivem Gehorsam über sich ergehen zu lassen. Denn die preußische Oberherrschaft in Deutschland, wie sie in dem Fürsten Bismarck Fleisch geworden, wäre nach dem„Univers“ in der That eine Geißel Gottes. Die deutschen Katholiken werden das jetzt empfinden; aber das„Univers“ ist überzeugt, daß sie auf der Höhe ihrer Aufgabe sein und ihren Gegner besiegen werden. Falls aber die Deutschen auch alsdann noch einen Kaiser für sich allein zu haben wünschen, „dann werden sie gut thun, Preußen auf seine ursprüngliche Ausdehnung zurückzuführen, und sich ihren Kaiser anderswo zu wählen, als bei ihm.
Großbritannien. Die Führer der conservativen Partei haben in ihrer Versammlung am 22. d. beschlossen, der irischen Universitätsvorlage Opposition zu machen, jedoch ihre Angriffslinie noch nicht festgestellt. — In Folge des Compromisses zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, glaubte man, würden 60,000 Bergwerksarbeiter in Südwales die Arbeit wieder aufnehmen. Doch hat eine in Merthyr abgehaltene Versammlung von Arbeitern die vorgeschlagenen Bedingungen verworfen, und die von ihr gemachten Vorschläge wurden ihrerseits von den Arbeitgebern zurückgewiesen, so daß die Arbeitseinstellung wieder ins Unab
Treu in Liebe.
Erzählung von Friedrich Friedrich. (Fortsetzung.)
„Der Freiherr von D.“— wiederholte Feldmann.
Des Grafen Augen zuckten. Um seinen Mund machte sich ein spöttisches Lächeln bemerkbar.„So
— so!“— sprach er langsam.—„Der Freiherr von D.! Und was wünscht mein Herr Vetter?“
„Ich weiß es nicht. Er wünscht Sie zu sprechen“
— gab der Alte verlegen, stammelnd zur Antwort. Es war ihm zu Muthe, als trüge er allein die Schuld, daß der Freiherr hierher zu kommen gewagt habe. Jedenfalls hatte er am meisten dadurch zu leiden, wenn dieser Besuch nicht zur Zufriedenheit seines Herrn ausfiel.
„Also mich sprechen!“— rief der Graf.—„Eine seltene Ehre! Da müßte ich eigentlich den großen Saal heizen lassen! Aber nicht wahr, Feldmann, dort steht noch meine Scheibe?“
„Und der Ofen....“— fiel der Alte ein.
„Ja, Du hast ganz Recht, der Ofen heizt auch nicht mehr, weil ich ihn have hinauswerfen lassen, denn im Winter brauchte ich ihn nicht und im Sommer stand er mir im Wege!— Und du meinst, ohne Ofen würde es meinem Herrn Vetter zu kalt sein.“
„Es sind einige Fensterscheiben im Saale zerbrochen“
— fügte Feldmann hinzu.
„Durch welche der Wind pfeift— ganz recht. Nun, führe meinen[Herrn Vetter hierher. Bei Verwandten und Freunden nimmt man es ja nicht so genau.“
Der Diener ging. Wenige Augenblicke später trat ein junger, kaum dreißig Jahre alter, schlank gewachsener und feingekleideter Mann ein.
„Ah, guten Tag, Herr Vetter— Herr Vetter!“— rief der Graf, aber in einem solchen Tone, daß es schwer zu erkennen war, ob Freundlichkeit oder Hohn aus ihm klang.
Der junge Mann, der Freiherr von D., begrüßte ihn in artigster und entgegenkommendster Weise.
„Eine seltene Ehre!“— fuhr der Graf fort, indem er ihn mit einer Handbewegung aufforderte, Platz zu nehmen.—„Sehr selten! Ich habe Sie Herr Vetter genannt, ich hätte wohl Herr Neffe sagen müssen, allein Herr Freiherr von D., ich habe mich seit Jahren um meinen Stammbaum sehr wenig gekümmert, da vergißt man solche Geringfügigkeiten. Doch, Herr Vetter, was führt Sie eigentlich zu mir? Der Weg zu Schlitten hierher ist zu schlecht, als daß Sie nur zum Vergnügen gekommen sein sollten.“
Der junge Mann hatte das Gefühl der Verlegenheit, welches ihn erfaßt, mit aller Kraft zu überwinden gesucht. Er kannte den Grafen als einen schroffen Sonderling, dem man solche Worte nicht anrechnen durfte.
„Ein natürlicher Wunsch hat mich zu Ihnen geführt,“ — erwiderte er.—„Der Wunsch, das Verhältniß zwischen Ihnen und meinem Hause, welches durch die Schuld meines Vaters einst getrübt ward, wieder auszugleichen.“
„Sehr edel von Ihnen— sehr edel!“ unterbrach ihn der Graf mit spöttischer Miene.„Ihr Vater, mein Vetter, schlug mir einen Freundschaftsdienst ab, da schlug ich auch die Freundschaft bei Seite— also
Gegenseitigkeit! Und Sie sehen, Herr Vetter, auch ohne Ihren Vater bin ich fertig geworden.“
„Herr Graf“— entgegnete der Freiherr, und seine Worte klangen ernst, fast erregt.—„Ich begreife, daß Sie sich durch meinen Vater verletzt fühlen mußten; ist es indeß gerecht, den Sohn für den Vater verantwortlich zu machen und ihm nachzutragen, was sein Vater verschuldet hat?“
Der Graf stand vor ihm. Er hatte die Augen halb geschlossen und doch blickten sie leuchtend unter den buschigen Brauen hervor.
„Sie sprechen gut, mit Ausdruck, nicht ohne Uebung“
— bemerkte er.—„Es steckt ein Redner in Ihnen! Abec, Herr Vetter, habe ich Ihnen denn schon em Unrecht gethan?
Es war dem jungen Menschen bei diesen spöttischen Worten des Grafen das Blut in die Wangen geschossen
— er bekämpfte den in ihm aufsteigenden Unwillen.
„Sie thun mir ein Unrecht, indem Sie jeden Um
gang, jede Berührung mit mir vermeiden"— erwiderte er.
„Ein jeder Mensch hat das Recht, nach seinem Gefallen zu leben— dies Recht nehme ich auch für mich in Anspruch— mehr nicht. Sie wissen, Herr Freiherr, ich lebe sehr still und zurückgezogen und ich befinde mich sehr wohl dabei. Und dieser Wunsch, den Sie ausgesprochen haben, sollte der einzige Grund sein, der Sie zu mir geführt hat?“— fügte er fragend
hinzu, indem er den Blick forschend auf den jungen
Mann richtete.
Der Freiherr zögerte einen Augenblick mit der Antwort, als sei er. noch unentschlossen.—„Nein, Herr Graf“— erwiderte er dann.—„Ich will offen sein, noch ein anderer Grund führt mich zu Ihnen und
ich bitte Sie im Voraus, mich nicht falsch zu verstehen.“
„Gewiß nicht, Herr Vetter! Ich bin zwar etwas
alt geworden, allein sck klar ist mein Kopf noch, daß ich stets die wahre Meinung merke. Also sprechen Sie!“
Er rückte sich einen Sessel dem jungen Manne gegenüber und ließ sich darauf nieder.—„Sie haben mich in der That neugierig gemacht“— fügte er hinzu.
—„Ihr Auftreten hat so etwas Feierliches und zugleich Diplomatisches, daß ich in der That nicht weiß, wohin Sie zielen.“
Dies klang wenig ermunternd, dennoch schien der Freiherr fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen.
„Herr Graf, ich habe gevort, daß Sie Ihre dungen dort oben in den Bergen zu verkaufen beabsichtigen“— sprach er.
(Fortsetzung folgt.)