Mittwoch, 31.
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Bericht des Reichscommissars v. Wißmann.
(Reichs=Anzeiger.)
Berlin, 30. Dec.(Telegr.)
Im Anschluß an sein Telegramm vom 5. ds. hat der Reichscommissar Major v. Wißmann unter dem 6. ds. ausführlich über die Expedition von Emin Pascha berichtet. Dem Berichte lagen Meldungen, welche der letztere dem Reichscommissar erstattet hat, weder im Original noch in Abschrift bei. Major v. Wißmann ist infolge dessen telegraphisch angewiesen worden, die Berichte Emin Paschas
Nachstehend wird der Bericht des Reichscommissars an den Reichskanzler nebst Anlagen zum Abdruck gebracht.
Zanzibar, den 6. December 1890. Eingekommen den 29. December. Ew. Excellenz berichte ich in Ausführung meiner telegraphischen Meldung vom 5. d. M. über die Expedition von Emin Pascha und Mr. Stokes ganz gehorsamst wie folgt: Von Tabora hatte sich Emin nach Usongo gewandt; von hier entsandte er Lieutenant Langheld mit 50 Mann nach Urambo, wohin schon vorher der Chef Freiherr v. Bülow mit wenigen Leuten abmarschirt war, um im Anschluß an die dortige englische Missionsstation gewissermaßen als Emins Agent sich zu etabliren. Das frühere große Reich Mirambos war nach dessen Tode unter seine beiden ältesten Verwandten Pandaschara und Karema verteilt worden. Zwischen beiden herrschten fortwährende Kriege und Streitigkeiten. Pandaschara hatte den größten Anhang der Waniamwesi, während Karema sich mit den Watuta, auch Wangoni genannt, einem vor 20 Jahren vom Süden eingewanderten Zulustamme, verbündete.
Beide Rivalen waren in den letzten Gefechten gefallen, jedoch dauerte der Krieg zwischen den Nachfolgern fort. Da in Urambo eine englische Mission ist, die Urambo=Leute ein ganzes Jahr mit der Schutztruppe an der Küste gegen die aufständischen Araber gefochten haben und Urambo der eigentliche Kern des frühern Reiches von Mirambo ist, so entschied sich Emin, dem Nachfolger Pandascharas gegen seinen Rivalen und besonders gegen die unruhigen, kriegerischen Watuta beizustehen.
Ich muß diesen Schritt Emins als einen übereilten bezeichnen. Die Watuta sind kriegerisch, zahlreich und, da sie den ganzen nördlichen Teil von Uniamwesi durch ihre fortwährenden Raubzüge unsicher machen, so gefürchtet, daß ihr Erscheinen überall eine Panik hervorruft, genau wie dieses Chef Dr. Schmidt auch über die Magwangwara in dem südlichen Teile unseres Hinterlandes berichtet hat. Die vereinten Miramboleute und Lieutenant Langheld schlugen zwar die Watuta, jedoch hatte dieses Gefecht zur Folge, daß der ganze Stamm Emin als Feind betrachtete, was bei seiner durchaus nicht für kriegerische Unternehmungen organisirten Expedition Schwierigkeiten zur Folge haben mußte. Bevor Lieutenant Langheld von Urambo nach lsongo zurückgekehrt war, war Emin Pascha schon von da auf dem Marsche zum Nyanza aufgebrochen. Diese Uebereilung war gegen die Directiven, die ich Emin gegeben hatte. Hätte er denselben entsprechend die Karawane des Mr. Stokes erwartet und mit demselben im Einverständnis gearbeitet, so wäre dem eigentlichen Zweck der Expedition, auf möglichst friedlichem Wege ein späters großes Unternehmen nach Uniamwesi vorzubereiten, mehr entsprochen
Lientenant Langheld blieb, da er Emin nicht mehr vorfand, dessen Befehlen gemäß in Usongo mit nur 20 Mann, während er den größten Teil seiner Truppe Emin nachsandte. Letzterer traf am 27. September in Ukumbi am Nyanza ein, von Uganda erhielt er Nachricht, daß der Bürgerkrieg zwischen der katholischen Partei unter Mugnga und der englisch=evangelischen unter dem Katigiro, d. i. erster Minister, fortdauerte, die Engländer hatten dem Katigiro 70 Remington= Gewehre mit Munition übergeben. Emin entsandte auf die Nachricht hin, daß in Massansa ein großes Lager arabischer Sklavenjäger sei, Lieutenant Dr. Stuhlmann mit dem Befehl, das Lager aufzuheben. Lieutenant Dr. Stuhlmann traf die Araber schon in der Flucht, machte jedoch einige der Sklavenjäger zu Gefangenen, befreite 43 Sklaven und erbeutete 130 Elefantenzähne, über 100 Lasten Waren, 100 Gewehre und Munition.
Wenn auch dieser Zug vom Gesichtspunct unserer allgemeinen Aufgabe aus betrachtet ein nicht unbedeutender Erfolg ist, so bewirkt er anderseits, daß der Eindruck der Flaggenhissung Emins in Taborg wieder hinfällig wurde. Ein großer Teil der erbeuteten Stlaven und Güter war Eigentum bedeutender in Tabora angesohener Araber, denen gegenüber nach später eingegangenen Mittei
tungen von Mr. Stokos dor-von Emin eingesetzte Wali nicht das
Prestige unserer Flagge wahren konnte. Ich hatte, mit den dortigen Verhältnissen bekannt, Emin aus Herz gelegt, nicht nach Tabora zu gehen. Eine Flaggenhissung in diesem Ort wird erstopportun, wenn man eine den Arabern imponirende Macht gezeigt hat, und diesen wichtigsten Knotenpunct der Karawanenstraße dauernd besetzen kann. Vom See berichtet Emin, daß Maßnahmen wünschenswert seien, welche den Handel nach unserm Gebiet ablenken. Er betont, daß die durch unsere Sphäre führende, von altersher gewohnte Karawa
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nenstraße, die von den Watuta, Wapogo und Massai beunruhigt würde, durch eine größere Macht gesichert werden müsse, daß auf dem See zu obigem Zweck ein Dampfboot nötig sei. Emin entschlöß sich, nach kurzem Aufenthalt in Ukumbi nach Makongo überzusiedeln und sandte zu diesem Zwecke Dr. Stuhlmann mit der Expedition zu Lande südwestlich um den See herum, während er zu Wasser sich dorthin begab.
Er gibt leider keinen Grund zu diesem Zuge an. Ich hoffe, daß er nicht beabsichtigt, die uns erwünschte Station am See dort anzulegen, denn uns muß daran liegen, soweit südlich als möglich, also z. B. in Ukumbi, eine Station zu haben, wo wir unsere Fahrzeuge montiren können. Hiermit schließt der Bericht von Emin. Ich komme nunmehr auf Usongo zurück, wo Mr. Stokes mit Lieutenant Sigl und einem Unterofficler am 4. October eintraf und Lieutenant Langheld mit 20 Soldaten vorfand. Ein Teil der Watuta hatte sich unterdessen mit Eingeborenen nördlich von Usongo verbündet, um sich an Langheld für die bei Urambo erhaltene Schlappe
Kunst, Wissenschaft und Leben.
§ Bei Wilhelm Hertz in Berlin har Theodor Fontane einen geuen Roman„Quitt“ veröffentlicht. Der Meister, der in„Irrungen— Wirrungen“ und in„Stine“ den jungen Strebern, die 'Adultera“ nicht zu kennen schienen, gezeigt hatte, wie ein Künstler Berliner Sitten dichterisch verarbeitet und wie ein reifer Mann das Seelenleben der Menschen beobachtet, er hat diesmal Berlin den Rücken gekehrt und das Riesengebirge aufgesucht, als ob es ihm schließlich doch widerstrebt habe, seine feinen, wie mit der Radirnadel gestochenen Sittenbilder von ungeschickten Kritikern in einen Haufen mit dem krankhaften, schiefen Zeug geworfen zu sehen; das sich als Berliner Realismus spreizt. Es läßt sich nicht leugnen, daß dabei ein wesentlicher Reiz anderer Fontanescher Schöpfungen in Wegfall gekommen ist. Der neue Roman erzählt uns von einem jungen, an sich tüchtigen, aber verbitterten und leidenschaftlich unbotmäßigen Schlesier, der den Förster nicht nur deshalb haßt, weil er eine Leidenschaft für verbotene Jagd hat, sondern ganz besonders darum, weil ihn dieser als vorgesetzter Unterofficier beim Militär chicanirt und, wie er wenigstens meint, um das wohlverdiente Eiserne Kreuz gebracht hat. Nach einer vorübergehenden, durch den Pfarrer vermittelten Aussöhnung kommt es schließlich zu einem Zusammenstoße. Lehnert schießt auf den Förster und dieser geht dann. in langsamen Todesqualen zugrunde. Der Mörder entflieht im letzten Augenblicke vor seiner Verhaftung und gelangt nach America. Dort findet er Stellung bei einem aus Ostpreußen--stammenden Mennonitenführer. Unter dem patriarchalisch frommen Einflusse läutert sich zein Sinn und wird seine von Gewissensbissen bedrückte Seele befreit. Da verirrt sich eines Tages der Sohn des Mennoniten im Gebirge. Lehnert geht ihn suchen. Während aber jener heil nach Hause kommt, stürzt Lehnert ab und geht in der Einsamkeit auf ähnliche qualvolle Weise zugrunde, wie ehedem der Förster. Dieser Stoff gibt keinen Anlaß zu jenen feinen psychologischen Reizungen, jenen intimsten Wendungen und Regungen menschlichen Seelenlebens, in deren Darstellung Fontaue Meister ist und die grade dem gereiften, lebenserfahrenen Leser in ihrer oft überraschenden Feinfühligkeit der Beobachtung einen so fesselnden Reiz boten. Man hat dieser Haupthandlung gegenüber das Gefühl, das hätte auch ein anderer als Fontane machen können, Aehnliches habe man auch schon von andern gelesen. Aber freilich zeigt uns Fontane zugleich, daß ein ganzer Künstler in dem„Wie“ seiner Kunst das gibt, was nicht jeder andere machen kann. In der Darstellung des Hintergrundes, in der Charakteristik zahlreicher Nebenfiguren baut er ein Gesamtbild auf, das in seiner strotzenden Lebensfülle einen über das sittliche Problem der Haupthandlung hinauswachsenden Inhalt hat. Und zwar will es uns scheinen, als ob dieser Inhalt nichts Geringeres bedeute, als einen deutschen Charakterroman von merkwürdiger, nach unserer Kenntnis einzig dastehender Art. In der mit höchster Anschaulichkeit trotz des knappen, schlichten Ausdruckes jeder Phantasie greifbar vor Augen gebrachten schlesischen Landschaft bewegen sich neben dem Helden verschiedene Figuren, die von typischer Bedeutung für unser deutsches Leben sind, und dieses typische Wesen stellt Fontane in unübertrefflicher Meisterschaft aus oft ganz kleinen Zügen her und mit wenigen Strichen stellt er dem Lebenskundigen eine solche Persönlichkeit in erschöpfender, rundum beleuchteter Gestalt vor. Da ist der Förster, die deutsche Unterofficiersnatur mit ihren Schwächen und Vorzügen, pflichttreu, ordnungsliebend, dem Trunke zugeneigt, rauh, oft roh, eigensinnig, selbstsüchtig, eitel; daneben des Helden Mutter, eine Schlesierin von polnischer Abstammung, schmeichlerisch, unterthänig, habgierig und schmarotzend, jeden Vorteil ohne Ehrgefühl hinnehmend, frömmelnd jammernd, wenn eine Sache schief zu gehen scheint, und heimtückisch lüstern zum Bösen treibend, wenn es anscheinend gefahrtos geschehen kann. Etwas im Hintergrunde steht ein Kanzleirat, der Mann der höchsten
zu rächen. Stokes sah sich genötigt, um ein weiteres Anwachsen der Usongo bedrohenden Wangonihorden zu verhindern, Langheld und Sigl mit 50 Soldaten, verstärkt durch etwa 1000 befreundete Waniamwesi, gegen die Wangoni zu senden.
Die beiden Officiere der Schutztruppe stürmten mit diesen Truppen eine Befestigung des Feindes und waren schon von einer Stelle in dieselbe eingedrungen, als von allen Seiten zahlreiche Schwärme von Wangoni erschienen und die auf unserer Seite fechtenden Waniamwesi schleunigst die Flucht ergriffen. Nur mit knapper Not gelang es Langheld unter Zurücklassung von drei Toten und mehrern Verwundeten sich aus dem Hinterhalte herauszuschlagen und am nächsten Tage mit neun Verwundeten Usongo zu erreichen. Sigl war leicht am Kopfe verwundet. Das Gefecht wird unserm Ansehen im Innern erheblich Abbruch thun. Emin und Stokes sind, da keiner von beiden über eine den Verhältnissen gewachsene Macht verfügt, vollständig ohne Verbindung, und vor allem Stokes, der auf den Eindruck der von der Küste dorthin gedrungenen Nachrichten von unserer Macht fußend, auf friedlichem Wege uns einen festen Anhang in Uniamwesi zu schaffen den Auftrag hatte, an der Ausführung desselben eingeschränkt. Stokes will zunächst versuchen, eine Verbindung mit Emin herzustellen, wenn derselbe, wie Stokes sich ausdrückt, unterdessen nicht in die Mondberge marschirt#ist. Er hält eine Aufgabe für unbedingt notwendig für die Sicherheit des Handels und Verkehrs, für den Schutz des friedlichen Teils der Bevölkerung, auf den wir allein später rechnen können, nämlich: die Vertreibung der Wangoni. Ich lege einen der Berichte des Mr. Stokes, der zweifellos die Verhältnisse richtig beurteilt, zur hochgeneigtesten Kenntnisnahme mit der Bitte um Rücksendung ganz gehorsamst bei.(Vergl. Anlage.) In Anlage beehre ich mich, Ew. Excellenz die Instruction, welche ich durch Boten an Dr. Emin Pascha habe gehen lassen, in Abschrift zur hochgeneigtesten Einsicht ganz gehorsamst zu übersenden.(Vergl. Anlage II.)
gez.: v. Wißmann.
Anlage I. Uebersetzung. Deutsches Lager in Usongo, 29. October 1890. An den kaiserlichen Reichscommissar in Zanzibar. Mein Herr! Ich habe die Ehre, Ihnen anzuzeigen, daß die unter meinem Befehl stehende Expedition in Usongo eingetroffen ist. Bei meiner Ankunft hier traf ich mit dem Lieutenant Langheld von der Expedition unter dem Befehl des Dr. Emin Pascha zusammen. Ich berichtete Ihnen schon ausführlich von Unjangwira über die Einzelheiten unserer Reise bis zu jenem Lager und von dort bis nach Usongo ist nichts besonderes zu erzählen. Ich fand die deutsche Flagge im ersten unserer Lager im Wanyamwesi=Gebiet, in Kabarata, wehen. Der Häuptling teilte mir mit, daß ihm die Flagge durch einige französische Priester, welche von Usukuma dorthin gezogen waren, übergeben worden sei, und bat mich um eine andere Flagge, da er über die von den Priestern ihm übergebene im Zweifel sei, dabei bemerkend, daß er eine Flagge von dem Wadutelin haben möchte. Da der Häuptling sich durchaus ehrerbietig gegen die Expedition benahm und uns mit Ochsen und Nahrung für die Soldaten versah, da ich ihn ferner sehr gut kenne und sicher bin, daß er ein treuer Verbündeter sein wird, so gab ich ihm eine Flagge und einen Brief in Ihrem Namen, in welchem ich alle Karawanen aufforderte, ihn zu respectiren. Der nächste Platz, an dem wir die deutsche Flagge fanden, war Ikungu, das erste Dorf an unserer Straße, nachdem wir Mgunda=Mkali passirt hatten. Der Häuptling kam hier ebenfalls mit seiner Flagge und einem Schutzbriefe, welche ihm von Emin Pascha gegeben worden waren. Der Häuptling hatte sich seit dem Hissen dieser Flagge sehr krank befunden und fragte mich als einen alten Freund, ob die Flagge ihm gegeben sei, um ihn zu töten. Ich erklärte ihm die Bedeutung der Flagge, welche ihm vollständig fremd war, und er hißte sie darauf wieder. Zugleich gab ich ihm seinen Schutzbrief zurück und versah ihn mit einigen Arzueien für seine Krankheit. In Usongo hatte mein Häuptling Mukinginya die Flagge natürlich wehen, die ich ihm vor langer Zeit als einen Beweis der Freundschaft für alle Europäer gesandt hatte. Bei meiner Ankunft hier erfuhr ich von Lieutenant Langheld, daß Emin Pascha mit den Arabern von Unyanyembe im Namen Dentschlands einen Vertrag gemacht habe. Ich habe brieflich um eine Abschrift des letztern gebeten, aber Emin hat dieselbe nicht geschickt und mir bedeutet, er habe keine Anzeige von meinem Vertragsverhältnis mit Ihnen erhalten. Nach dem,was ich aus den Mitteilungen des Lieutenants Langheld über die einzelnen Bestimmungen dieses Vertrags höre, würde ich diesem Vertrage niemals meine Zustimmung gegeben oder erlaubt haben, daß die deutsche Flagge unter solchen Bedingungen gehißt werden würde. Emin Pascha hat es auch für angemessen erachtet, in Verbindung mit dem Häuptling von Urambo gegen die Wongoni feindlich aufzutreten. Ich würde meine Zustimmung nicht dazu gegeben haben, so schnell kriegerische Unternehmungen zu beginnen, und abgewartet haben, wie andere Häuptlinge im Verein mit mir gehandelt haben würden. Lieutenant Langheld griff die Wongoni an, besiegte sie im Gefecht und verbrannte ihre Dörfer. Indes gelang es den Wongoni, vor der Ankunft der feindlichen Truppen all ihr Elfenbein und ihre Frauen zu verstecken, und da sie nicht fähig waren, gegen geübte deutsche Truppen Widerstand zu leisten, zogen sie sich in den Busch zurück. Lieutenant Langheld kam dann hierher, griff ein Dorf, welches sich in Aufruhr gegen Mikinginya, den Häuptling der Usongo, befand, an und nahm es. Als ich hier ankam, ergaben meine Erkündigungen, daß die Wongoni zurückgekommen und dabei beschäftigt waren, ihre Dörfer wieder aufzubauen, auch daß sie mit unsern Nachbarn, den Wongoye= und Tindistämmen, Vereinbarungen getroffen hatten zu dem Zwecke, um Usongo bezw. dessen Gebiet anzugreifen. Sie würden natürlich nicht versucht haben, unser Lager anzugreifen, sondern sich darauf beschränkt haben, die armen unbeschützten Stämme, welche uns mit Nahrung versehen, zu verjagen. Ich hielt es daher für notwendig, einen Augriff auf Tindi, den gefährlichsten Platz, zu befehlen. Lieutenant Sigl in Verbindung mit Lieutenant Langheld verließen das Lager am 11. d. M. und griffen am 13. an. Ungefähr 1000 von Mtinginya=Leuten begleiteten sie, außerdem wurden sie verstärkt durch die Leute von Samwe Kwa Massali. Die Angegriffenen waren vorbereitet und leisteten tapfern Widerstand. Die Waniamwesi=Ver
Rede die eigene Weisheit hört und dem alles Leidenschaftliche, Erregte, Lärmende verhaßt ist. Er hat die Maitresse seines Chefs mit zwei Kindern geheiratet. Diese Dame läßt still das sauber gebürstete Philistertum ihres Gatten über sich ergehen, benimmt sich wortkarg zurückhaltend, etwas blasirt und huldigt in unauffälliger Stille verbotenen Heimlichkeiten, bis sie nach einigen Jahren zu der Ansicht gelangt, daß eine einigermaßen erträgliche Ehe eigentlich doch mehr Behagen in sich berge, als diese heimlichen Erregungen. In America drüben finden wir in Begleitung des Helden wieder andere Figuren von bezeichnender deutscher Stammesart. Der edle, fromme, dabei aber klug auf Erwerb bedachte Menonnitenhäuptling kann trotz alles Glückes die ostpreußische Heimat nicht vergessen, von der er gern erzählt, wie er gern vom alten Kaiser Wilhelm, von Bismarck plaudert. Seine Kinder, Sohn und Tochter, sind alttestamentarische Idealgestalten, in denen aber doch deutlich kerndeutsches Wesen lebt, wie der kräftig rührige, lebensfrische Sohn nicht minder als die keusche, weiblich zurückhaltende und doch gelegentlich heiter lachende, lustig scherzende Tochter zeigt. Im Hause läuft noch eine polnische Magd herum, in deren beschränktem Wesen sich Frömmigkeit, Aberglauven und sinnliche Gefallsucht mischen. Die Prachtgestalt ist aber hier Kaulbars aus der Mark Brandenburg, der über alles spöttelt, alles mit skeptischem Mißtrauen betrachtet, sich stets als den überlegenen Mann der Intelligenz aufspielt, nur die Brandenburger als eigentliche Menschen gelten lassen will und dabei doch gelegentlich den dümmsten Aberglauben pflegt— ein im Grunde guter, aber doch schwer umgänglicher Mensch. Zu dieser Gesellschaft gesellt sich Monsieur'Hermitte, ein aus Numea entsprungener französischer Communard, phantastischer Weltverbesserer, radicaler Freidenker, intelligent, geschickt, gutmütig und trotz seiner Phantastereien welterfahren. Dieser liebenswürdige französische Rabulist ist mit feinster Kunst den verschiedenen deutschen Charakteren gegenübergestellt. Das ist nun der große Reiz des Romans, der meisterlichen Echtheit dieser Menschentypen Zug um Zug nachzugehen. Dieser Reiz wird uns durch keinerlei Härten und Schärfen getrübt, denn trotz des tragischen Verlaufes der Haupthandlung fehlt es dem Buche nicht an warmem Sonnenschein und das Ganze ist von dem gesunden Wesen einer ruhig ernsten Lebensanschauung durchtränkt, die keine pessimistischen Grimassen schneidet und die es besser dünkt, sich in dieser Welt zurechtzufinden, als eine neue mit naseweiser Vermessenheit bauen zu wollen. Es bekäme unsern jungen Herren Genies wahrlich besser, sie lernten einmal von Fontaue Erzählungen schreiben, die wir Ausgereifte genießen können, als sich mit geschmacklosen Versuchen einer„neuen Kunst“ zu mühen, für die sie nie und nimmer Abnahme in ernsten, der Jugendtollheit entwachsenen Kreisen finden werden.
O Solingen erlebte am zweiten Weihnachtstage dieses Jahres eine buchstäbliche musicalische Feier einer goldenen Hochzeit, nämlich diejenige des Sängers Gustav Hartkopf, eines Angehörigen des weitbekannten Solinger Quartetts der Gebrüder Hartkopf. Aus Anlaß dieser seltenen Feier hatten sich die namhaftesten hiesigen Gefangvereine in einer Stärke von etwa 200 Stimmen zusammengethan, um zur Feier des Tages ein Festconcert zu veranstalten. Außer Vorträgen der Militärkapelle(39er aus Düsseldorf) und der Frau Jülich sowie des Quartetts Hartkopf kamen vier solcher Gesamtchöre zum Vortrag: Festgesang an die Künstler von Mendelssohn, zwei kleinere Volkslieder, der Tag des Herrn von Kreuzer und die Morgenhymne(„Phöbos Appollon“) von Dietrich. Geleitet wurden die Chöre von Herrn Cl. Lemacher. Mit dieser Feier fiel gleichzeitig auch das 35jährige Stiftungsfest des Quartetts der Gebrüder Hartkopf zusammen. Das„jüngste“ Mitglied des Quartetts, der Tenorsänger Hermann Hartkopf, ist 54 Jahre alt.
Aus der Eifel, 29. Dec. Kürzlich wurden auf dem Speicher # inem Dorfe bei Stadtkyll in der Eifel zwei große
bündeten, mit Ausnahme von 30 oder 40 der Tapfersten, liefen sämtlich fort und brachten so die deutschen Truppen in eine kritische Lage, doppelt kritisch, da sie kurz an Munition waren. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Tindi=Leute eine sehr ernste Lection bekommen haben; da indessen die deutschen Soldaten nicht fähig waren, die Action ganz durchzuführen und sich schließlich zurückziehen mußten, so betrachten die Eingeborenen die Sache als eine Niederlage. Lieutenant Sigl erhielt einen Schuß durch seinen Helm und eine leichte Hautwunde oben auf dem Kopf. Ich war nicht selbst im Gefecht, glaube aber nach der Haltung unserer Truppen sagen zu können, daß der Rückzug ein wohlgeordneter und ehrenvoller war. Lieutenant Sigl sowohl als Lieutenant Langheld sprechen mit dem größten Lobe von der Tapferkeit der Truppen und der Wanymwesi, welche mit ihnen aushielten. Ich kann nur sagen, daß Sie bravere Officiere nicht in der Schutztruppe haben und ich würde dringend empfehlen, daß ihnen für ihre Tapferkeit eine Anerkennung zuteil wird. 4 peinlige ach haß
Meine ganze Position hier ist eine höchst peinliche. Ich hade zwei Briefe an Sef Saad, den Wali von Unyanyembe, geschrieben und ihn von Ihrem Besuche unterrichtet, um in Unyanyembe, d. h. Tabora, eine Station zu errichten. Er hat von diesen Briefen keine Notiz genommen. Gestern erhielt ich ein Schreiben von ihm und vielen andern Arabern, voll höflicher Complimente für mich persönlich, aber ohne ein Wort mit Bezug auf den geplanten Bau. Nach meinen Privatinformationen ist Sef Saad völlig untauglich, die Würde der kaiserlichen Flagge aufrecht zu erhalten, ich halte es unter diesen Umständen und trotz des Vertrages des Paschas für unmöglich, den Lientenant Sigl in eine Lage zu bringen, welche mir nicht ehrenvoll und außerdem gefährlich erscheint. Ich bin daher außerstande, die von mir eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, in Tabora eine Station zu errichten. Wenn Sie wünschen, daß Lieutenant Sigl Unyanyembe betritt, so müssen Sie ihm wenigstens 100 Soldaten und frische Zufuhr an Munition senden.
Da wir nur wenige Ballen Kattun, seitdem wir die Küste verlassen, verbraucht haben, so sind wir noch im Besitz von 145 Lasten mit verschiedenen Gütern von den mitgenommenen 150. Sie brauchen daher nur Soldaten und Munition zu senden. Mein Urteil über Lieutenant Sigl geht dahin, daß ich ihn angelegentlich als den besten Mann empfehle, den Sie für Unyanyembe finden können. Er kann freundlich, gemessen und gerecht gegen Araber sowohl als gegen Eingeborene sein...— Ggrant Ein ich: Rarhi.
Mit vielen der Häuptlinge hier in der Gegend oin ich in Beromdung getreten. Da jedoch noch die Wongoni im Lande sind und die Wanyamwesi die Wongoni sehr fürchten, sie auch nicht sicher sind, daß wir die Absicht haben zu bleiben, so betrachten sie die Deutschen mit Argwohn. Es ist mir daher unmöglich, solche bindenden Vereinbarungen zu treffen, wie ich bemüht bin, sie einzugehen; anderseits bin ich völlig überzeugt, daß, wenn Sie Tabora in der Weise, wie ich meine, wirklich occupiren, sämtliche Wanyamwesi Ihre Freunde und Diener für immer sein werden. Eins aber ist notwendig, die Wongoni müssen ausgetrieben werden. Ich habe deshalb an Emin Pascha geschrieben, daß es absolut unumgänglich für ihn sei, sich unserer Expedition für den Augenblick anzuschließen und das zu vollenden, was er begonnen habe. Ich glaube, wenn wir die Gesamtmacht von Soldaten hier hätten, würden wir hier alles in Ordnung bringen können, aber, wie gesagt, Tabora muß dann occupirt werden, um die Ruhe zu sichern. Der Pascha hat das Südende des Sees in der Richtung auf Korogwe verlassen, wir haben indessen Lieutenant Langheld, der am 27. ds. von hier abgegangen ist, gebeten, den Versuch zu machen, ihn zu unsern Gunsten zu beeinflussen. Es hat keinen Zweck, durch das Land zu eilen, unsere Flagge der Gefahr der Beschimpfung auszusetzen und von Mpwapwa bis nach Korogwe alles in einem Chaos zu lassen. Treiben wir die Wongoni nicht aus, so wird an dem Tage, wo wir Usongo verlassen, der District angegriffen und alles niedergebrannt werden, mit Ausnahme vielleicht des Häuptlingsdorfes, welches für die Eingeborenen nicht einnehmbar ist. Auch werden die Wongoni auf allen Karawanenrouten ausschwärmen. Ich habe auch den Chef v. Bülow inständig gebeten, sich uns hier in Usongo anzuschließen zum Schutze Ihrer Vorräte und Munition. Es liegt in meiner Absicht, nachdem ich mit den Wongoni fertig geworden bin, zum Nyanza zu marschiren und mit dem Pascha zu beraten, doch fürchte ich, daß ich ihn nie zu sehen bekommen werde, es sei denn, daß ich ihm bis zu den Mondbergen (Mountains of the moon) folgte. Sie können mir indes vertrauen, daß ich, obgleich mir dieser kleine Ausflug Spaß machen würde, ihm nicht soweit folgen werde, sondern daß, wenn ich ihn am Nyanza nicht treffe, ich nicht weiter vorwärts gehen werde. Es würde mir eine größe Ehre gewesen sein, wenn ich meinen Vertrag in Gemäßheit meiner in Zanzibar gemachten Vorschläge hätte ausführen können, aber Emin Pascha, von dem ich geglaubt habe, daß ich niemals mit ihm in Conflict kommen würde, zumal mir gesagt worden ist, daß seine Aufgabe nicht in Unhamwesi läge, hat meine friedlichen und, wie ich glaube, zur Schaffung dauernder Zustände geeignetern Pläne vollständig über den Haufen geworfen. Ich bin daher gezwungen, Ihnen mit dieser Post meine Resignation einzusenden. Ich bin hierher gekommen, nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für mich selbst, da ich erst in die Heimat hätte gehen sollen, aber ich kam, um meinem lieben Freunde, dem Major v. Wißmann, eine Gefälligkeit zu erweisen und aus aufrichtigem Interesse für meine armen Wanyamwesi. Ich hoffe, daß das wenige, was ich gethau oder zu thun versucht habe, Ihren Beifall findet, und dessen werden Sie sich erinnern, wenn Sie glauben, daß ich von Nutzen gewesen bin. Ich war willig, die deutschen Interessen innerhalb ihrer Machtsphäre in Centralafrica zu fördern, aber ich kam nur hierher im Interesse des deutschen Reichs und für die Wohlthat der Eingeborenen, nicht aber, um mit den Arabern und Türken zu kokettiren. Ich habe die Ehre zu sein Ihr ergebener Diener
gez.: Charlie Stokes.
Anlage II. Zanzibar, den 6. December 1890. Aus dem Schreiben Ew. Hochwohlgeboren vom 11. October d. J. habe ich mit Bedauern ersehen, daß Sie den Zweck der Expedition wie meine ein
Oelbilder(lebensgroße Bildnisse) aufgefunden und angekauft. Der Käufer ließ die ganz verstaubten Bilder und die prachtvoll geschnitzten Rahmen in Düsseldorf wiederherstellen. Die Bilder sind sehr gut gemalt. Das bestgemalte Bild stellt den 1674 geborenen und 1763 verstorbenen Fürsterzbischof von Prag, Moriz Gustav Graf von Manderscheid zu Blankenheim, in der reichen Tracht seiner Zeit und seines Standes dar.(Auf dessen Veranlassung schrieb Schannat die Eiflia illustrata.) Das zweite Bild ist das des Fürstbischofs von Straßburg, Johann Graf von Manderscheid zu Blankenheim, geboren 1538, gestorben 1598. Die auf den Bildern befindlichen Wappen und die Ausführungen des Schannatschen Werkes nach Bäsch(I. Band, II. Abteil. Nr. 109 2a, Seite 1108) sowie die dazu gehörigen Stammtafeln XXIVb, ferner die Nachrichten in demselben Werke auf Seite 826—832, 554, 824—546 lassen keinen Zweifel entstehen, daß wir es mit den Bildern der beiden Würdenträger zu thun haben. Auch ist es festgestellt, daß die beiden Bilder von dem schönen Schlosse Blankenheim in der Eifel herrühren. Sie sind dort im Jahre 1794, als die Franzosen das Schloß mit seinen Kunstschätzen und Bildergalerieen zerstörten, für einige Franken verkauft worden. Die Bilder befinden sich jetzt im Besitze des Landesbau=Inspectors Dük zu Cues=Berncastel, eines geborenen Eifelers.— Durch ein Geschenk der Prinzessin Marie v. Lobkowitz zu Schloß Thyllisburg in Oesterreich ist auch vor kurzem ein Oelbild der„letzten“ Gräfin von Manderscheid, geboren 28. Januar 1744, vermählt mit einem österreichischen Grafen v. Sternberg am 7. November 1762, gestorben zu Wien am 19. November 1811, in die Hände des Bürgermeisters von Manderscheid gelangt. Die Prinzessin und der Cardinal=Erzbischof Graf v. Schönborn. in Prag gehören zu den Nachkommen dieser„letzten Gräfin“ von Manderscheid=Blankenheim. Die Schlösser Manderscheid und Blankenheim, vor nicht einmal ganz 100 Jahren noch zu den schönsten und ältesten Adelssitzen der Eifel und des Rheines zählend, liegen seit der französischen Revolution in Schutt und Trümmern, wie fast all die zahlreichen Burgen und Klöster der Eifel. Die Erhaltung dieser schönen Denkmäler aus dem Mittelalter dürfte Aufgabe des Eifelvereins, der Provinz und des Staates sein. Wenn z. B. nicht bald etwas für die Niederburg zu Manderscheid, wohl einer der interessantesten der Eifeler Burgen, geschieht, so fällt sie zusammen. Die Oberburg zu Manderscheid wird von dem Grafen Franz v. Brühl zu Coblenz, dessen Eigentum sie ist, gut imstande gehalten.
88 Paris, 28. Dec. Alphonse Daudets Vieracter„Obstaele“ hat gestern bei seiner ersten Aufführung im Gymnase und heute fast in der gesamten Pariser Presse einen bedeutenden Erfolg erzielt. Die Fabel ist löblich einfach: ein hoher Gerichtsbeamter, der Bösewicht des Stückes, namens de Castillan, ist vor kurzem Witwer geworden und begehrt nun, ein neuer Bartholo, die Hand seines reichen und hübschen Mündels. Leider ist Madeleine de Rémondys bereits verlobt mit Didier, dem Sohn der verwitweten Marquise'Alein. Mit der dem Dichter eignen stimmungsvollen Zartheit ist im ersten Act das junge, bedrohte Liebesglück der beiden geschildert, dem das schöne Nizza mit seinem Orangenduft, seinen Masken und seinen Ständchen sehr glücklich als Hintergrund dient. Ein Zufall überliefert dem Vormund ein Geheimnis, das die Marquise ängstlich verbirgt: ihr Gatte erlag einer Geisteskrankheit, so wie Oswald Alvings Vater in Ibsens „Gespenster“, mit dem Unterschied allerdings, daß die Krankheit des erstern durch äußerliche Einwirkungen, durch eine in den Tropen erworbene Gehirn=Entzündung entstanden und Didier überdies vor jener Zeit geboren war. Aber der treffliche Vormund kümmert sich um diese Einzelheiten nicht und hebt die Verlobung auf. Didier, den man noch immer über die Todesursache seines Vaters täuscht (warum täuschte man ihn überhaupt?), begreift natürlich nicht, weshalb man ihn für immer von der Geliebten trennen will. Haftet gar ein Makel an dem Gedächtnis meines Vaters, fragt er? Die Mutter beruhigt ihn darüber in einer sehr wirkungsvollen Scene, entzückt, daß nicht auch gegen sie ein Verdacht in ihm aufkommt.
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gehenden mündlichen Directiven nicht in der vom Reichscommissariat erwünschten Weise auslegen, ja, letztere, die, wie Sie wußten, auf einer ziemlich genauen Kenntnis der dortigen Verhältnisse beruhten, mehrfach unbeachtet gelassen haben. Die keineswegs durch Notwendigkeit bedingte Flaggenhissung in Tabora war nur eine äußere Form, die nicht nur keinen Vorteil für uns hatte, sondern sogar einen gegenteiligen Eindruck erzielte, da es Ew. Hochwohlgeboren an entsprechender Macht fehlte, das Ansehen der Flagge aufrecht zu erhalten. Mit der Besetzung von Urambo und der Einmischung in die Kämpfe zwischen den Rivalen um die Machtstellung in den dortigen Ländern kann ich mich gleichfalls nicht einverstanden erklären, da Sie voraussehen mußten, daß dadurch eine Feindschaft mit den Watuta oder Mangoni eingeleitet werden würde, die Ihren Arbeiten hinderlich, ja, gefährlich werden mußte. Ew. Hochwohlgeboren wußten ferner von der Annäherung des in meinen Diensten stehenden Mr. Stokes, wußten, daß ich dessen Einfluß und Kenntnis der dortigen Verhältnisse auf friedlichem Wege für unsere Interessen ausnutzen wollte. Es wäre zweifellos sachgemäßer gewesen, sich mit genanntem Herru über zweckentsprechende Maßnahmen zu einigen, bevor Ew. Hochwohlgeboren weiter vordrangen. Die Folgen der Nichtbefolgung dieses Schrittes haben leider nicht lange auf sich warten lassen, wie Sie wissen werden. Lieutenant Langheld wurde von der Expedition abgeschnitten und die mit dem Gefecht von Urambo eingeleitete Befeindung der Mangoni hatte einen weitern Kampf zur Folge, der für uns in vieler Beziehung nachteilig ausfiel. Vor allem aber ist es durch das kriegerische Eingreifen in die dortigen politischen Verhältnisse Mr. Stokes außerordentlich erschwert, auf dem friedlichen Wege der Verhandlung für unsere Interessen vorzugehen. Ew. Hochwohlgeboren teilen nicht mit, aus welchem Grunde die Expedition Ukumbi verlassen hat und nach Makongo marschirt ist. Ich hoffe, daß dieses nur zum Zwecke der Recognoscirung geschehen, nicht etwa zwecks einer dortigen Stationsanlage. Eine solche wird nötig im Süden des Sees und unsere Mittel erlauben durchaus nicht die Anlage mehrerer Stationen. Ew. Hochwohlgeboren bitte ich dringend, keine weitern Warenaufnahmen im Innern zu zu machen auf Kosten des Reichscommissariats. Ich bin gezwungen, die äußerste Sparsamkeit eintreten zu lassen, um mit dem für dieses Jahr ausgeworfenen Etat auszukommen, und muß Ihnen erklären, daß für eine weitere Belastung des Reichscommissariats Sie persönlich haftbar sind. Gestatten mir Ew. Hochwohlgeboren noch einmal die Puncte zu erwähnen, die ich unter den obwaltenden Verhältnissen als eng begrenzt einzuhaltende Aufgabe der Expedition zu betrachten bitte. Errichtung einer Station am Nyanza, möglichst südlich, d. h. möglichst nahe unserer Anmarschroute gelegen, die gleichzeitig als Hafenstation für einen voraussichtlichen im nächsten Jahre hinaufgehenden Dampfer zu betrachten ist. 2. Aufrechterhaltung einer guten Verbindung mit Mr. Stokes in Usongo und möglichstes Einverständnis mit demselben in allen Maßnahmen. 3. Verhandlungen mit den in unser Gebiet gehörigen Häuptlingen, die zum Zweck haben, daß die Eingeborenen mit den neuen politischen Verhältnissen, ich meine ihre Zugehörigkeit zur deutschen Flagge, bekannt werden. 4. Sichern der Karawanenstraße. Mr. Stokes bildet eine erwünschte Etappe für Ew. Hochwohlgeboren zwischen dem See und Mpwapwa, dessen Instructionen sind Ihnen bekannt und können Sie daraus ersehen, daß sein Arbeitsfeld nur Uniamwesi ist, während die den See umgebenden Länder bis zum ersten Grad südlicher Breite zu Ihrem Districte gehören. Sobald Ew. Hochwohlgeboren die einzelnen Puncte der Instruction als durchgeführt betrachten können, bitte ich Sie, so schnell als möglich zur Küste zu kommen, da eingreifende Aenderungen in der Verwaltung des Reichscommissariats vorgesehen sind. Die von Ihnen eingesandten geodätischen Arbeiten sende ich an das Auswärtige Amt, während die Sammlungen auf Besehl des Herrn Reichskanzlers dem königlichen Museum in Berlin überwiesen werden.
gez. v. Wißmann.
An Seine Hochwohlgeboren Herrn Dr. Emin Pascha.
Berlin, 30. December.
Dem Bundesrat ist ein Gesetzentwurf für Elsaß=Lothringen über Wasserbenutzung und Wasserschutz zugegangen.
Prinz Friedrich Leopold wird der Post zufolge einen Teil des ihm bewilligten Urlaubs in Italien zubringen.
Der aus München hier eingetroffene bairische Kriegsminister General der Infanterie Ritter v. Safferling ist heute vom Kaiser empfangen worden.
Consistorial=Präsident D. Hegel hat, der Kreuzzeitung zufolge, im 77. Lebensjahre wegen Abnahme seiner Kräfte die Versetzung in den Ruhestand durch ein Immediatgesuch vom Kaiser erbeten.
Die Einfuhr von lebendem Rindvieh aus Oesterreich= Ungarn in die Schlachthäuser der Städte Bromberg, Magdeburg, Zeitz, Erfurt, Hannover, Celle, Münster i. Westf., Frankfurt a.., Wiesbaden und Köln a. Rh. wurde, dem Reichs=Anzeiger zufolge, widerruflich gestattet.
* Straßburg, 29. Dec. Durch Ministerialverordnung ist die Bestimmung getroffen worden, daß vom 1. Januar 1892 ab die Führung der Handelsregister sowie der darauf bezüglichen Verhandlungen in sämtlichen Gemeinden des Landes in deutscher Sprache zu erfolgen hat, soweit nicht für einzelne Gemeinden der Gebrauch der französischen Sprache zeitweise durch das Ministerium zugelassen wird. Die Ersten Staatsanwälte können im Falle vorübergehenden Hindernisses den Gebrauch der französischen Sprache gestatten.
Oesterreich-Ungarn.
am Wien, 30. Dec.(Telegr.) Eine gemischte türkisch=montenegrinische Commission wird demnächst Maßregeln zur Sicherung der albanesischen Grenze feststellen.— Der Botschafter Szechenyi wurde heute vom Kaiser und vom Erzherzog Karl Ludwig empfangen und reist morgen früh nach Berlin ab.— Wie die Politische
Aber die volle Wahrheit wird er doch erfahren, und zwar durch Castillan, den er herausfordert und der den Zweikampf mit dem Sohn eines Irrsinnigen ausschlägt. Voller Schmerz zieht sich Didier, der von der Braut im Kloster Abschied genommen hat, in die Einsamkeit zurück, wo er sich in die Lectüre medicinischer Bücher vertieft und durch seine doch recht begreifliche Misanthropie bei der Mutter die Besorgnis erweckt, es möchte ihm nun bald so ergehen, wie dem Ibsenschen Helden, er möchte wie sein Vater enden. Und so entschließt sie sich— statt ihn, was viel einfacher wäre, durch einen vernünftigen Arzt beruhigen zu lassen—, zu einem Opfer, das dem Dichter gewiß sehr heroisch dünkt: um ihn nämlich von dem Alp des ihm angeblich durch die Erblichkeit drohenden Wahnsinns zu befreien, zeiht sie sich der Untreue gegen ihren Gatten. Didier soll die Frucht einer verbotenen Liebe sein, eine Lüge, die demselben in Wirlichkeit allerdings wenig nützen würde, wenn er die Krankheit ererbt hätte. Und sie nützt ihm auch im Stücke nichts, denn, ein besserer Beobachter, als seine Mutter und sein alter Lehrer, errät er ihr Opfer, enttäuscht er sie über seinen Geisteszustand. Der Vielbelesene glaubt nicht an die Erblichkeit des Wahnsinns, sein freier Wille ist mächtiger, als sie, und da Madeleine— ein allerdings etwas verbrauchtes Theatermittel!— grade mündig geworden ist und ihn noch immer aufrichtig liebt, so wird er, statt ins Irrenhaus, demnächst in die Kirche ziehen und Hochzeit machen. Man kann sich über die, ich möchte sagen antübsensche Richtung, über diese Auflehnung gegen die materialistischen Ideen des Tages, über den Idealismus Daudets ja nur freuen, aber es fragt sich doch, ob die gewählte Form eine glückliche ist und ob das noch sehr dunkle Thema vom Atavismus und von der Vererbung gewisser Geistes= und Körpereigentümlichkeit von den Eltern unmittelbar auf das Kind wirklich auf die Bühne gehört. Wir haben vor kurzem im Proceß Eyrand=Bompard dem wundersamen Schauspiel angewohnt, daß die aus Lalen zusammengesetzte Jury über die Meinungsverschiedenheiten der Schule von Nancy (Bernheim) und von Paris(Charcot) zu Gerichte saß, und es gewiß alle als ein unnatürliches empfunden. Im„Hindernis“ ist es Daudet, der vor dem Richterpublicum im Namen seines Freundes Charcot für die Willensfreiheit plädirt und seine Pfeile gegen die Aerzte versendet, auf welche sich Ibsen beruft. Und wenn das Theater in derartigen Fragen noch etwas beweisen könnte! In unserm Falle fragt man sich zunächst, ob Sonnenstich und Gehirn=Entzündung überhaupt den Wahnsinn verursachen können? und im Bejahungsfalle, warum der Dichter grade eine Form des Wahnsinns gewählt hat, von der selbst die Anhänger Ibsens die Erblichkeit schwerlich behaupten werden? Qui trompe--on ici? Glaubt Daudet an die Erblichkeit jener unheimlichen Krankheit, von der Ibsen spricht, so durfte er kein antübsensches, befriedigend abschließendes Schauspiel schreiben, glaubt er nicht daran, so mußte er ein Beispiel wählen, das jede Mißdeutung ausschließt. Daudets Werk leidet überdies an einer unglücklichen Verquickung der tragischen Motive mit komödienhaften. Der Wahnsinn ist tragisch, insoweit körperliche Leiden es überhaupt sein können, aber die Furcht vor ihm, und zumal die unbegründete Furcht vor ihm wirkt ebenso komödienhaft, wie die Figur des Bösewichts und die opfermütige Selbstverleumdung der Mutter, und so würde denn die Tragik, des„Hindernisses“, weil sie einen Lustspieluntergrund hat, leicht selbst lächerlich werden können, wenn Daudet nicht einer der feinfühligsten Dichter Frankreichs wäre und die Aufmerksamkeit der Zuschauer durch tausend charakteristische Züge und seelenvoll ausgemalte Stimmungsbilder von den Schwächen seines Werkes ablenkte.
II In Martres=Tolosaue(Ober=Garonne) stieß man bei Erdarbeiten auf eine Menge römisch=gallischer Büsten und Bildsäulen von großem Wert. Nach den gleichfalls aufgefundenen rohen und halbbehauenen Marmorblöcken zu urteilen, handelt es sich um eine ehemalige Bildhauerwerkstätte.