Ns. 276. 52. Jahrgang.
Montag, 26. November 1900.
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esee Beitung für den Kreis Wettct. he.
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Langenberg, Rheinland.
Deutschland.
Berlin. Der dem Reichstage zugegangene Entwurf des Etatsgesetzes für 1901 stellt die Ausgaben auf 2240947301 cK. fest, davon 1912609855 J an fortdauernden und 224582751 C an einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats, sowie 103 754695 5. an einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats. In dem Entwurf wird der Reichskanzler ermächtigt, zur Bestreitung einmaliger außerordentlicher Ausgaben 97362545 J. auf dem Wege des Kredits flüssig zu machen. Der Reichskanzler wird ferner wiederum ermächtigt, zur vorübergehenden Verstärkung des ordentlichen Betriebsfonds der Reichshauptkasse nach Bedarf, jedoch nicht über den Betrag von 175000000 c hinaus, Schatzanweisungen auszugeben.
— Wie die„Germania“ meldet, ging dem Reichstag ein vom Centrum unterstützter Antrag Gröber zu betr. Erweiterung des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte, das vom Verbot der Gutscheine handelt sowie vom Verbot des Betriebes von Warenhäusern durch Beamte oder Offiziere. Ferner verlangt der Antrag eine Enquête über die Wirkung der Kartelle und
Sppdtiote. Parx ipies gufliag brinat bi. Casie).
— Dem„Vorwaris- zufolge bringt die sozialdemokratische Fraktion einen Gesetzentwurf betreffend die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers ein.
— Der sozialdemokratische Antrag über die Ausdehnung der verfassungsmäßigen Verantworlichkeit des Reichskanzlers sieht einen Staatsgerichtshof vor, der aus 24 vom Reichstag zu wählenden Mitgliedern bestehen soll. Der Gerichtshof solle erkennen dürfen nicht nur auf Absetzung des Reichskanzlers, sondern auch auf Verlust des Rechts zur Bekleidung jedes anderen Amtes, sowie auf Schadenersatz.
— In dem dem Reichötag zugegangenen Etat für die Schutzgebiete wird auch der Bau der ostasiatischen Centralbahn wieder verlangt. Für die erste Teilstrecke derselben von Dar=es=Salaam bis Morugoso, die auf 15 Millionen veranschlagt ist, werden vorläufig 2 Millionen gefordert.
— Wie aufregend falsche Nachrichten und Uebertreibungen über die Vorgänge bei der Expedition in Ostasien durch die sog.„Hunnenbriefe“ in die Oeffentlichkeit kommen, sollte man kaum glauben. So schreibt der„Kreuz=Ztg.“ ein Teilnehmer der Ueberfahrt, „daß eine offene Briefkarte gefunden wurde, auf der einige Tage, nachdem man das Rote Meer verlassen hatte, von einem sonst braven und harmlosen Mus
ketier an die Eltern geschrieben war:„Hier im Roten Meer starben die Leute wie die Fliegen und wurden noch warm ins Meer geworfen!“ Thatsache ist, daß niemand der ganzen Expedition auf dem betreffenden Dampfer, sondern zwei Leute der Schiffsmannschaft, und zwar Alkoholisten, während der Fahrt durch das Rote Meer starben und dann genau nach dem auf allen Schiffen der Welt üblichen feierlichen Ritus in das Meer versenkt wurden! Allein die Phantasie und Erregung bringe solche Nachrichten zu wege, die zu Hause alles beunruhigen und den böswilligen Zungen Gelegenheit zu Verleumdungen geben.
— Es bestätigt sich, daß der Gouverneur von Deutsch=Ostafrika, Generalmajor von Liebert, sich entschlossen hat, nicht auf seinen Posten zurückzukehren. In den Kreisen, welche an unseren Kolonieen in Afrika direkt beteiligt sind, ist man betreffs der Nachfolgerschaft bes Herrn von Liebert der Ansicht, daß heute weniger ein Militär= oder Marineoffizier auf dem Gouverneurposten in Deutsch=Ostafrika am Platze ist als vielmehr ein Verwaltungsbeamter, allerdings kein„Normalassessor," da nunmehr die Kriege vorüber sind und hauptsächlich auf Durchführung einer geregelten Verwaltung Bedacht zu nehmen ist. Man spricht von dem früheren Finanzdirektor von DeutschOstafrika Herrn v. Bennigsen, der fünf Jahre in der genannten Kolonie thätig war und seit zwei Jahren Gouverneur von Kaiser=Wilhelmsland ist.
— Dem Vernehmen nach wird im nächstjährigen Reichs=Etat ½2 Million Mark zur stellenweisen Erweiterung des Profils des Kaiser Wilhelm=Kanals und zur Vertiefung der Ausweichen verlangt werden.
— Die östliche Windrichtung, die in der Uebergangszeit von herl stlicher zu mehr winterlicher Witterung alljährlich um diese Zeit einzutreten pflegt, hat auf den Wasserstand des Ems=Kanals keinen Einfluß ausgeübt, wenn auch auf der Ems vor einigen Tagen zwei ziemlich tief beladene, nach Papenburg bestimmte Dampfer dadurch etwas aufgehalten wurden, daß die Flut nicht so viel Wasser aus See die Ems hinauf mitführte, als sonst bei westlichem Winde. Der Leichterverkehr und der von kleineren, kanalaufwärts bestimmten Schiffe wurden durch den etwas niedrigeren Wasserstand auf der Ems natürlich nicht berührt. Der größte, auf der Ems jemals angekommene Dampfer, die„Dallington,“ liegt gegenwärtig im Emder Binnenhafen. Er hat 4500 Tonnen Getreide vom Schwarzen Meere überbracht, die er beinahe schon gelöscht hat. In den letzten beiden Mo
Reklamen per Garmond=Zeile 50 Ofg.
naten ist diese Anfuhr von Getreide aus den Schwar zen=Meerhäfen nach Emden ziemlich flott gewesen und man berechnet, daß diese im nächsten Jahre noch wachsen wird, besonders da im März auch die von der Hamburg=Amerika=Linie am Außenhafen erbauten großen Lagerschuppen und Krähne in Betrieb sein werden. Von Novorrossisk in Südrußland wird in den nächsten Tagen noch ein Getreidedampfer erwartet, womit dann vermutlich der Schluß der diesjährigen Anfuhren, die sich auf mehrere tausend Tonnen belaufen, erfolgen wird. Auf der Ems sind die Baggerungen eingestellt, während im Emder Außenhafen gegenwärtig noch ein Dampfbagger in Thätiokeit ir.„„24 94 L Granin: Granhanf.
— Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg hat auf eine an ihn gerichtete Anfrage bekannt gegeben, daß die Endfrist für die Beschäftigung ausländischer polnischer Arbeiter in den landwirtschaftlichen Betrieben auf den 20. Dezember festgesetzt worden ist und daß ausnahmsweise Genehmigungen zur Weiterbeschäftigung über den Endtermin hinaus grundsätzlich nicht mehr erteilt werden. Im nächsten Jahre können solche Arbeiter vom 1. Februar ab beschäftigt werden.
— Der„Reichsanzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung, wonach die in Oesterreich bis zum Schluß des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler und Vereinsdoppelthaler vom 1. Januar 1901 ab nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.
Italien.
Genua. Ein furchtbarer Orkan richtete hier große Verheerungen an. Mehrere kleine Dampfer sind im Hafen gesunken. Ein Teil der Docks ist zerstört. Der Eisenbahnverkehr ist unterbrochen.
der Boxer in China.
Berlin. Feldmarschall Graf Waldersee meldet aus Peking: Detachement Mühlenfels hat am 20. Novbr. stärkere Boxerbanden nach kurzem Gefecht aus Ankiatschwang vertrieben. Die Boxer haben 50 Tote und 8 Geschütze verloren.— Die Eskadron der Kolonne York, Rittmeister Rusche, hat die Nachhut der von Hsüenhwa auf Hwaian zurückgehenden Truppen angegriffen und 8 Gepäckwagen mit Geld, Munition und Ausrüstung erbeutet. Die Chinesen hatten 30 Tote und scheinen unter General Majükun und Hochentai in Auflösung nach der Provinz Schansi zu fliehen.
Ein Opfer.
Von B. Saworra. Autorisierte Bearbeitung nach dem Englischen.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
12. Kapitel.
Es war schon spät, als Judith mit müden, schleppenden Schritten das Thor ihres alten, süß duftenden Gartens erreichte. Sie wußte nicht, wie lange sie unterwegs gewesen.
Ehe sie an das Haus gelangte, kam Ellen ihr
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„O, wie gut, daß Du kommsr, Judith, wir haben Dich schon so lange erwartet: Bertha sehnt sich so nach Dir. Sie ist krank. Sie wurde heute nachmittag ohnmächtig in der Stadt— seitdem fühlt sie sich so unwohl. Sie hat uns aber alle aus dem Zimmer geschickt— sie will nur Dich haben.“
„Ist sie oben?“ sagte Judlih müde. Ihre Hand ruhte schwer auf dem Geländer, als sie die Treppe hinaufstieg. Sie trat in Berthas Zimmer, es war fast ganz dunkel darin. Bertha saß mit gefalteten Händen regungslos vor einem kleinen Tische.
„Bertha, was ist Dir? Was ist geschehen?“
„Es ist zu Ende,“ antwortete sie verzweifelt. „Ich bin ruiniert, Du bist gerettet. Nun weißt Du es.“
„Ich verstehe Dich nicht, Bertha.“
„Es ist einfach genug. Foxley, Rosens Bräutigam, ist der Herr, der mich in jener Shreckensnacht nach London begleitete.“
„Und er erkannte Dich?“ „Ja!“ Bertha sagte das mit einem Lachen, das unheimlich klang:„Er hatte eines besseres Gedächtnis als Georg Grävener: Grävener war in der Nacht ebenso blind, wie ich— wir erkannten uns beide nicht. Aber Foxley war nicht einen Augenblick un
scher.„ 9— 2
Sie lachte wieder. Judith legre ihre Arme wie schützend um die Schwester:
„Bertha, höre! Ich werde jetzt sogleich zu Foxley gehen— ich werde es so einrichten, daß ich ihn sprechen kann.— Ich werde ihn bitten, das Geheimnis zu bewahren. Er wird es thun— sicherlich wenn wir ihn darum ersuchen.“
„Das Geheimnis? Es ist kein Geheimnis mehr. Georg Grävener war dabei— er hörte, was er sagte: Und ich— die Närrin, wurde ohnmächtig! Das Geheimnis! Ein schönes Geheimnis!“
„Aber teuerste Bertha! Sie werden es nicht verstehen! Sie können es nicht verstehen! Denke doch nach — ich habe doch die Schmach auf mich genommen— ich habe gesagt, daß ich Pomerrys Gefährtin gewesen. Niemand kennt die Wahrheit— außer Dir und mir. Und niemand soll sie erfahren. Ich verspreche es Dir, Bertha.“
„Du hältst sie wirklich für merkwürdig einfältig Sie hören, daß ich in jener Nacht in Summerton gewesen, daß ich von Dir schied, als wären wir uns fremd, daß Du meinen Namen nicht nanntest, obgleich Grävener Dich in dem Verdacht hatte, daß Du allein
mit Pomerry gereist wärest, daß— Judith, glaubst Du, sie sind Narren? Sie müßten ja keinen Verstand haben, wenn sie nicht die Wahrheit ahnten. Nicht alle Einzelheiten vielleicht— aber,“ fuhr sie plötzlich leidenschaftlich fort,„gieb ihnen doch die Einzelheiten! Verkünde ihnen das Geheimnis— allen! Mögen sie die Wahrheit hören! Mich hat Pomerry geliebt, nicht Dich. Du fürchtetest, verabscheutest ihn. Er machte Dir nur den Hof, um seine Leidenschaft für mich zu verdecken. Du warst nur freundlich zu ihm, um den Verdacht abzulenken. Erzähle es ihnen
— schone mich nicht. Verheimliche nichts, damit ich nicht länger nötig habe, mich zu fürchten. Es ist ja die Furcht— die Furcht vor Entdeckung— die mich tötet— langsam, aber sicher.“
„Liebste Bertha! Still! Wir wollen es ruhig überlegen.“
„Sage es allen— sage es Robert— mag die ganze Welt es wissen! O, die Schande! Wie ich Pomerrys Schwüren glaubte— wie ich mich von ihm bezaubern ließ, obgleich ich ihn nicht liebte. Denn, Judith, geliebt habe ich nur Robert, immer nur ihn
— keinen andern. Robert war nicht immer gut zu mir. Er sagte, ich langweilte ihn, er sagte mir grausame Worte— er wäre meiner müde— Maud wäre so viel klüger. Und dann— dann war da noch ein anderes Mädchen— hübsch, witzig— so viel hübscher als ich. Und Robert sprach so viel von ihr, schwärmte von ihr zu mir, Judith— zu mir! Und während dessen schmeichelte Pomerry mir— um