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Nr. 150.

Ferusprech=Anschluß Nr. 30.

Dienstag, den 30. Juni 1903.

* Zukunftsmusik.

DieNationallib. Corresp. schreibt:

Es wird jetzt erörtert, wie groß oder gering die durch die Wahlen eingetreiene Lerschiebung in den Parteiverhältnissen kei. Da sie jedenfalls nicht bedeutend *, wird es sich empfehlen, mit förmlichen Berechnungen über die Aussichten er gegebenen Aufgaben der Zeit zurückzuhalten. Auch spriche hierfür die Er­lahrung, daß nicht selten nach den Wahlen in den größeren Parieien Unterströ­hüngen stärter zur Geltung kommen, als vor denselben der Fall war Man lann sich beispielsweise denken. es werde in der Zukunft im Centrum unter Anderem auch diejenige Strömung mehr in den Vordergrund treten, wie dor den Wahlen, geiche eine Abänderung des Börsengesetzes nicht nur für erwürscht, sondern auch für erforderlich erachtel.

Ausgangspunkte für Schlüsse dieser Art werden sich erst gewinnen lassen, Senn die Rosen längst verblüht und auch die Landtagswahler vorüber sind.

Wie immer sie ausfallen mögen, Einiges steht schon heute fest, und es ist für die nothwendig in Angriff zu nehnende Arbeit für die Neuorganisation auf der liberalen Seite nicht von Belang, ob hierauf von Vornherein Rücksicht ge­dommen wird oder nicht.

Es lätzt sich insbesondere voraussehen, daß von Seiten der Socialdemokratie on Reichstag bereits in der ersten Tagung der neuen Gesetgebungsperiode viel Anstrengungen werden in der Richtung gemacht werden, den 3 Millionen Wählern gegenüber auch parlamentarischen Eifer in des Wortes verwegenster Bedeutung zu enkwickeln. Man wird von Vornherein sich demüht zeigen, in verschiedener Richtung so abzuschneiden, daß die Verwerthung der bezüglichen Verhandlungen für die neue Provagands gut möglich ist.

Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, das diesbezügliche Bestreben der So­Galdemokratie werde von drei Seiten keine Erschwerung, sondern eine Erleichterung erfahren: einmal von dec extrem=freihändlerischen, dann von der extrem=agrartschen and last not least von der polnischen.

Die Wunden, welche die Vertreter der wirthschaftlichen Gegensätze des Anti­und des Nichtalsagrarierthums in der Wahlschlacht davongetragen haben, werden dicht sobald verharschen. Bei jedem politischen Witterungswechfel wird das eintretende Schmerzgefühl zu neuen Versuchen reizen, abwechselnd das eine und das endere Exirem zu fördern. Das wird Gelegenheit zu neuer Stärkung der So­cialdemokratie geben, wenn nicht die wirthschaftlich besonnenen Elemente sich von Zornherein zu einer Art wirthschaftlicher Vereinigung zusammenthun, die kein ewiger Bund zu sein braucht, die es aber als ihre Aufgabe betrachtet, an der Devise der Fortführung der Politik eines gleichmäßigen Schutes der heimischen Gütererzeugung festzuhalten. Da die volnische Fraktion nächt der soctaldemokra­tischen die besten Geschäfte bei den Wahlen machte, wird sich ebenso wie diese großen Werth auf das Wuchern mit ihren Wahlerfolgen legen. Das wird dem Centrum nicht angenehm sein. Diejenigen Parteien aber, die durch Wahlrück­sichten nicht behindert sind, ebenso der Socialdemokratie wie den Polen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, werden mit ihrer diesbezüglich an den Tag ge­legten praktischen Entschlossenheit um so sicherer auf weiteste Wählerkreise einen erwünschten Eindruck machen, als es sich in dem einen wie dem anderen Falle um Bekämpfung einer international=revolutionären Propaganda handelt, die sich speriell Deutschland als Schlachtfeld auserkoren hat. Wer aus der deutschen Geschichte gelernt und das deutsche Herz auf dem rechten Fleck hat, wird sich schönstens dafür bedanken wollen.

Politische Nachrichten.

Deutschland.

* Berlin, 29. Juni. Handelsminister Möller hat sich nach Kiel be­geben.

DerReichsanzeiger veröffentlicht die angekündigten Ernennungen des Oberregiexungsraths Bake in Trier zum Regierungsprähde ten in Wiesbaden und des Conkreadmirals z. D. Herz zum Director der Deutschen Seewarte in Hamburg.

Eisenbahnpräsident Naumann von der Eisenbahndirection Brom­berg tritt in den Ruhestand. Wie man derVoss. Ztg. aus Bromberg schreibt, tritt Herr Naumann morgen einen Urlaub an, von dem er nicht mehr auf seinen Posten zurückkehrt. Er hat sich von seinen Beamten bereiis verabschiedet.

Eisenbahnminister Budde hat abgelehnt, dem erneuten Gesuch um Ver­billigung der Vororttarife nahe zu treten.

Der Chef des Militärcabinets, Generalmajor Graf Hülsen=Häseler, der vor einiger Zeit das mechanotherapeutische Institut in Dresden aufgesucht hatte, ist nach erfolgreicher Beendigung der Kur nach Berlin zurückzekehrt und Bird sich demnächst nach Kiel begeben.

Gestern verstarb hier der Generalmajor z. D. Ulrich von Blücher, geboren am 17. März 1816 zu Falkenberg, Kreis Beeskow=Storkow. Die Leiche pird nach Buschow, Kreis Westhavelland, befördert und dort beigesetzt. Aus An­

laß der Anwesenheit des Großherzoglich luxemburgischen Staatsministers Eyschen fand Sonnabend beim Staatsseeretär Frhe. v. Richthofen ein

Diner statt.

Nach einer Meldung derBoss. Zig aus St. Petersburg wird Finenzminister Witle zum Steatskanzler ernannt werden. Das Amt war seit Gortschakows Tode unbesetzt, zum Nachfolger Wittes im Finanz­ministerium soll der Adelsmarschall von Cherson, Suchomlin ernannt werden

Der Reichstagsabgeordnete für Zauch=Belzig, v. Oerden, wird sich nach derKreuzzig, nicht der Reichspaxlei anschließen, sondern wildeonservatio bleiben.

Ueber die Wehlfälschungen im zweiten Berliner Wahlkreise berichtet diePreußz. Corr.: Dem Minister des Innern liegen mehrere Be­schwerden über die angeblich vorgekommenen Unregelmäßigkeiten vor. Die Er­hebungen haben, wie wir an geeigneter Stelle erfahren, ergeben, daß in der That mehrfach für Verstorbene oder Inhaftirte, Stimmzettel abgegeben worden sind. Dagegen ist noch nicht aufgeklärt, was E mit der Betheiligung von Wählern, die von der Post alsverzogen: wohin unbekannt bezeichnet werden, auf sich hat. Auch in dieser Richtung sind Ermittelungen im Gange. Ueber die Person der Schuldigen sehlt einstweilen aller Inbalt; es lüßt sich demgemäß bis jetzt auch nicht behaupten, daß der Unfug einer bestimmten Partei hat dienen sollen. An sich gilt es für nicht auszeschlossen, daß ähnliche Schiebungen dereits bei früheren Wahlen vor zekommen und diesmal nur zum ersten Mal beobachtet worden sind. Jedemalls wird das Erforderliche geschehen, volles Licht in diest Angelegenheit zu bringen.

Wahlfälschungen scheinen nicht nur in Berlin, sondern auch ander­wärts in zierlich erheblichem Umfange vorgekommen zu sein. So schreibt die Dortm. Zig. in ihrer Sonntags=Nummer:Sofort nach dem Bekanntwerden des Steges des socialdemokratischen Reichstagscandidaten Bömelburg in der Stich­wahl kursirten Gerüchte hier in Dortmund, daß es bei der Wahl nicht richtig zu­gegangen sei. Anfänglich unbeachtet, verdichteten sie sich mehr und mehr, und bald wurden hier und dort Leute genannt, die mehrfach gewählt haben sollten. Hier in der Stadt hat bereits ein Wähler eiggestanden, daß er für zwei Bekannte mit­gewählt habe. In Hörde haben Italiener, Oesterreicher, auch Leute vom Rhein woacker Wahlpflichten erfüllt, die ihnen nicht oblagen; einer hat in Hörde und in Dortmund, ein anderer in Hörde und an einer anderen Stelle gewählt. Die Be­hörde muß es sich natürlich angelegen sein lassen, die Wahllisten zu revidiren und die Irrthümer und Mogeleien festzustellen. Es kann dann ein Wahlprotest gegen die Gültigkeit der Wahl Bömelburgs erhoben werden, der aber nach dem bisherigen Gange der Wahl=Nachprüfungen im Reichstage erst nach einigen Jahren Aussicht auf Erledigung hat. Danit wäre also nicht viel gewonnen, wenn es auch für alle Wähler Hilbcks ein Trost im Unglück ist. Wichtiger gestaltet sich die Frage, ob Hilbe nicht bereits gewählt is. Hierüber kursitrt ein viel ver­breiteies Gerücht, wonach in Folge von Additionsfehlern anfänglich zu Gunsten des Gegencandidaten Stimmen verrechnet wurden, die thaisächlich Herrn Hilöck zukommen. Man sagt, der Letztere sei mit zwei Stimmen Mehrheit gewählt und beruft sich auf die Aeußerung eines hochstehenden Beamten. Allein Positives konnte man bisher über das Gerücht nicht in Erfahrung bringen, und so wird man also bis Montag auf das Endresultat warten müssen.

Ueber die Posener Academie ist jetzt die Entscheidung gefallen. Die Vorarbeiten datiren bekanntlich schon geraume Zeit zurück. Am Freitag, 26. d. Mts., fand wie dieNat.=Zig. erfährt, in Posen unter dem Vorsitz des neuen Oberpräsidenten v. Waldow eine Sitzung statt, zu der neben den Leitern der wissenschaftlichen Institute die geistigen Führer der Stadt eingeladen waren. In dieser Sitzung, an der Geheimer Oberregierungsrath Schmidt aus dem Cul­tusministerium Theil nahm, wurde verkündet, daß die seit langer Zeit geplante! Academie am1 October ins Lebentreten werde. Die neue Academie hat den Zweck, den seit einer Reihe von Jahren hier zunächst von einem Privat­comite, später von derDeutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft ver­anstalteten Vortragsreihen und Uebungskursen eine feste Grundlage zu geben. Die Academie hat die Aufgabe, 1) Uebungskurse für fachliche Fortbildung, 2) Vor­lesungen für fachliche Fortbildung, 3) allgemein bildende Vorlesungen, 4) Volks­hochschulkurse zu veranstalten, und zwar auf den Gebieten der Philosophie, der deutschen Literatur, der französischen und englischen Philologie, der Geschichte, der Geographie, der Nationalöconomie, der Naturwissenschaften und der Kunst. Die Academie erhält einen Rector, zwei etatsmäßige Professoren und eine Reihe von Lehrkräften, für die geeignete Persönlichkeiten der wissenschaftlichen Institute im Nebenamte herangezegen werden sollen. Voraussichtlich werden auch noch medicinische und juristische Vorlesungen abgehalten werden. Die Academie soll nicht nur der Stadt Posen, sondern der ganzen Provinz zu Gute kommen. Die Lehrkräfte sind noch nicht bekannt. Nur der Rector ist bereits berufen: Professor Dr. Eugen Kühnemann, bisher außerordentlicher Professor an der Universität Marburg und vor kurzer Zeit nach Bonn versetzt.

Die Frage, od ein Einjährig=Freiwilliger zu den serbisbe­rechtigten Militärpersonen gehöre und mithin von der Gemeinde=Ein­kommensteuer freizulassen sei, wurde vom Oberverwal­tungsgericht in bejahendem Sinne entschieden. Der Zweite Senat er­kannte auf Bestätigung der entsprechenden Vorentscheidung und führte begründend

30.

8# dr Senat verkans nicht die Zweiselhaftigkeit der Sache, er nehme aber mit

dem Bezirksausschuß an, daß die Einjahrigen im Heereskörper zu den Gemeinen gehören, obschon ihnen die Verpflichtung zur eigenen Verpflegung odlige. Die Gemeinen seien jedoch als serdisberechtigte Militärpersonen anzisehen. Die Ser­bisberechtigung der Einjährigen zeige sich auch bei den Manövern, wo sie Natural­guartier bekommen.

. DieNordd. Allg. Zig. schreibt: Die griechische Regierung

hat mit Wirkung vom 13. Mai ab die bestehenden Zölle auf Farbhölzer aufgeho­den und die auf daumwollene Flanelle ermäßigt. Dagegen sind Margarine, Kartoffelmebl, Leinöl, Ceresin, Paraffin, Stearinkerzen, Vitriol, Möbel jeder Art, Filze für Hüte, Männer= und Kinderhüte, Etiketten, Lithographien, Hoiz­schnitte, Chromolithographien und Patronenhülsen mit nicht unbedeutend erhöhten Zoll bezw., soweit sie bisher zollfrei waren, mit neuem Zoll belegt worden. Vorbehalten ist, daß durch die griechische Kammer noch Abänderungen erfolgen können. Ferner hat die griechische Regierung mit Wirtung vom 13. d. Mis. ad bestimmt, daß bei der Berechnung der Zollsäpe eine Drachm: Gold gleich 1.36 Drachmen Papier anzusehen seien; der bisherige Umrechnungscours war 1 Drachmt Gold gleich 1.32¼, Drachmen Papier.

Juni. Der Kaiser hörte heute Vormittag den Vortrag des Staatssekretärs v. Tirpitz. Ihre Majestät die Kaiserin besuchte mit der Schleswig=Holstein die Marine=Garnisonschaule I., Fredrichtort. Gestern Abend fand an Bord derHohenzollern zu Ehrm

des Kaiserlichen Dachtelubs Tafel statt. Heute Mittag fand eine Früh­stückstafel auf derHohenzollern" beim Kaiserpaar statt. Auf Pse tüerge sand haute Nachmittag grg### S#pfang stat, zu welchen

Baschater, eiene, ut sim Heiz tic den Preüten, dr amrianische Botschafter, Staatssekretär v. Tirpitz und andere hohe Personen erschienen waren,

Heute Nachmittag 2 Uhr fand bei dem General=Inspektor der Marine, Admiral in den Räumen der neuen Seeburg zu Ehren des amerikanischen

Sei cht P. S a de Conmardanten des amerilanschen Geschue

Hrutz, Nachmittag sand en Weitendern der Fähnriche z. S. Cadetten

und S##ff#gungen statt; die siegenden Mannschaften erhielten die Preise an Bord derHohenzollern ausgehändigt. Heute Abend gedenkt der Kaiser an dem Fesessen des Kaiserlichen Dachtelub# Theil zu nehmen.

Breslau, 29. Juni. Der am 1. Juli aus dem Amt scheidende Oberpräsident Herzog zu Trachenberg wurde zum Ehrenbürger der Stadtbreslau ernannt.

Schweiz.

29. Juni. Dem preußischen Kriegsminister#.

Loßler, dr seit Jahren hier sich im Sommer zur Kur aufhält, wurde eine Anzahl Mitglieder der Bundesversammlung, die an der Einweihung der Albulahahn Theil nahmen, vorgestellt. Während des Bankets toastete der auf die guten Beziebungen zwischen Schweiz und Teutschlandz, Minister Goßler antwortete, er keum die Schweiz seit Jazren. und liebe sie nicht nur wegen ihrer Schönheiten, sondern namentlich wegen ihrer Be­wehner. Zum Schluß brachte v. Goßler ein Hoch auf die Schaoeiz aus. Frankreich.

Paris. 29. Juni. Die Deputirtenkammer hat der Vorlage betreffend Legung eines Kabels zwischen Brest und Dekar(Senegam­dien), zwischen den Inseln Madagaskar. La Reunion und Mauritius und zwischen Saigon, der Insel Pulocondor und Pontianak auf Vorneo die Zustimmung er­theilt. Darauf beräth die Kammer den Antrag de Bussy, betr. Erhöhung des Zolles auf fremdes Vieh und geschlachtetes Fleisch. Nach längerer Debatte wird die Ueberweisung des Antrages an eine Commission abgelehnt. Im ersten Artikcl beantragt die Commission, den Eingangszoll für Ochsen, 100 Kilogramm Lebend­gewicht auf 30 Fres. im Maximaltarif und 20 Mark im Minimaltarif festzusetzen. Siegfried will Herabminderung auf 15 Francs im Minimaltarif. Schließlich werden mit 406 gegen 169 Stimmen die Zahlen der Commission angenommen. Italien.

Rom, 29. Juni. Der Senat bewilligte in geheimer Abstimmung mit 91. gegen 11 Stimmen sechs provisorische Budgetzwölftel.

Dänemark.

Kopenhagen, 29. Juni. Die außerordentliche Session des Reichstages wurde heute geschlossen, nachdem der Folkething sämmtliche Neuwaßsen, aus­genommen die in Ortherup und Frederiksund, für gültig erklärt hatte.

Großbritannien.

London, 29. Juni. Das Oberhaus nahm die Finanzbill in allen

Lesungen ohne Berathung an. Portsmouth leukt die Aufmertsamkeit auf Bal­fours und Chamberlains Erklärungen und fragt Lansdowne, 95 die Regierung beabsichtige, dem Parlament ihre Vorschläge zu unterbreiten, die Deutschland veranlassen sollen, sein Zolltarifreglemeni bezüglich Canadas abznändern. Ward erklärt, die Frage der Tarifarrangements zwischen Deutschland und Canada sei dringend. In der früheren Berathung im Oberhause habe Camperdown durchblicken lassen, Deutsch­

Dreue Seelen.

Roman den Maria Theresia May. preisgekrönte Verfasserin

vonUnter der Königstanne" undWie es endete.

(36. Fortsetzung.)

Wally waren die Thränen in die Augen geschossen, und im ersten Moment Par sie keines Wortes mächtig, aber warm und herzlich erwiderte sie den Hände­

druck. Dann sagte sie bittend:Sie werden bergessen, was man Ihnen ge­an hatf

Sie haben mir nichts gethan, liebes Fräulein, was ich vergessen möchte, erwiderte er herzlich.Ich fühle, daß Sie mir wohlwollen, und ich bitte Sie, mir Ihre Theilnahme zu bewahren.

Gellner sah mit freudiger Bewegung der kleinen Seene zu, seine Befrie­digung ges sich übrigens in sehr eigenthümlicher Weise kund. Er hüpfte von

einem Fuß auf den anderen und fuhr sich durch die Haare, daß sie nach allen

Windrichtungen wiesen.Um Gotteswillen, setzen Sie sich nieder, schalt endlich Wally,Ihr Herumhopsen könnte einen neroös machen. Und gehorsam setzte sich Gellner wieder, warf seine Serviette an die Erde und stieß das Wasserglas

Im. Halb lachend, halb scheltend machte Wally das Unheil wieder gut, nahm

tzm den Teller weg, in dem sich das Wasser gesammelt hatte und brachte eine rische Serviette. Betty und Mila warfen einander einen lächelnden Blick zu, als sie Wally so hausfraulichmütterlich um Gellner bemüht saben, und Dr. Thiele­mann nicte der Tante erfreut zu. So kam es, daß die kleine Gesellschaft in frohester Stimmung die schöne Gegenwart genoß.

Nach Tisch zog sich Tante Betty zurück, um ein wenig zu ruhen. Mila pund Wally machten in der Küche Ordnung und die beiden Herren scheitten in emüthlichem Plaudern im Garten auf und ab.

Sag' einmal, Hans. fragte Richard, plötzlich stehen bleibend,warum hältst Du eigentlich nicht um Wally ans Du bist in sie verliebt; sie wird schon aus Mitled mit Dir nichtNein sagen, und Du bist je prädestiniet zum Ehemann. Hülfslos starrte Gellner seinen Freund an.Ichl In Waldy derliebt? Sie ist ja gar nicht mein Ideal!

Es ist oft sehr thöricht. ein Tdeal heirathen zu wollen, entgegnete Richard mit eiziger Biterkeit,und Du hättest doch keines dan DeinenIJdealen ge­mocht.

Eines doch, bemerkte Gellner schüchtern

Eines doch, wiederholte Thielemann nachdenklich.Nein, Hans, fuhe er fort,auch dieses Ideal nicht, das Du jetzt im Sinne host. Dieses derehrst und bewunderst Dy, aber Du liebst es nicht. Wach dagegen...

C bitte, unterbrach Hans entrüstet,ich bewundere und verehre Fehnlein Walld auch außerordentlich, aber....

ale an ctnscheicen eu eaite aegeihe en. chnche Ich kann ihr aber doch keinen Antrag machen! rief Gellner verzweifelt. Sie zankt mich immer aus, und außerdem bin ich so häßlich.

Nun, das ist kein Grund, tröstete Richard lächelnd,Wally ist sa auch nicht allzu bübsch.

Nicht hübsch! rief Gellner erregt.Du hast sie wohl noch gar nicht ordent­lich angesehen. Sie hat so klare Augen und prachtvolles Haar, und ihre schöne Gestalt und die Hände sind so aristokratisch, und

Jetzt mußte Thielemann laut auflachen.Du scheinst das Mädchen allerdings sehr genau betrachtet zu haben. und ich lasse gern alle diese Vorzüge, die Du gefunden has, unbestritten.Wichtiger ist, fuhr er ernst fort,daß Wally ein ehrlicher Character zu sein scheint.

Scheint, Richard! Sie ist es!

Man kann sich bitter täuschen. Hans!

In Wally nicht. Und würde Mila sonst ihre Freundin sein!.

Das schien auch dem jungen Doctor ein wichtiger Grund; er schwieg und fragte erst nach geraumer Zeit:Was wirst Du nun thun, Hans, wirst Du um sie anhalten!

Lach' mich nicht aus, Richard, ich habe erstens wirklich noch nicht daran ge­dacht und zweitens wüßte ich noch nicht, wo ich die Kourage hernehmen sollte. Ich sagte Dir schon, entweder zankt sie mich aus, oder sie lacht mich aus, oder sie thut Beides und schickt mich in jedem Falle mit einem Korb weg.

Thorheit! rief Thielemann ungeduldig.Soll ich für Dich sprechen, oder Tante Bettyf

Nein, nein. Wenn Du glaubst, ich sollte ich könnte so will ich lieber

selbs, aber ich möchte doch nicht gleich

Ueben die Herren die Hülfszeitwörter! fragte Wally spöttisch, die mit Mila, von den Freunden undemerkt, herangekommen war und die letzten Worte gehört hatte.

Erschrocken wandte sich Gellner um.Fräulein Wally, wir haben, wir sind .... Kotterte er derwirtt.

Vorhin waren es die Hülfszeitwörter der Aussogeweise, jetzt kommen die der Zeit an die Reihe, sage sie neckend.Ich will sie ergänzen: Wir werden uns zurückziehen, falls die Herren Geheimnisse haben.

Gellner widersprach eifrig, indes Mila ihn verwundert betrachtete, de er ganz ungewöhnlich aufgeregt erschien: Wally aber erwiderte seine eifrige Ver­wahrung mit unbarmherzigen Neckereien, bis der Arme gang verzweifelt aussah und gekränkt aubrief:Ich weiß es he, daß Sie nichts als Spott für mich habenlr

Darin irren Sie sich, Herr Gellner, gab Wallo mit heiterer Unbefangenheit zurück,und zum Beweise, wie gut ich es mit Ihnen meine, will ich Ihnen sett etwas sehr Schönes zeigen, das ich heute früh entdeckt habe, einen Rosenkönig; wissen Sie was ein Rosenkönig ist Rotürlich nicht. Fünf Rosen auf einew Stengel. Dort auf dem letzten Bäumchen im Rosenhain..

Man hörte die weiteren Worte Waliys nicht mehr, sie war vorausgeschrit­ten und Gellner folgte ihr, verwirrt, unschlüssig, aber mit liebenden Blicken an der schlanken Frauengestalt hängend, die in leisem Rhythmus sich vor ihm herbewegte.

Was hat denn Herr Gellner? fragte Mila, die bei Thielemann zurück­geblieben war. zutüch,

Er wird wahrscheinlich jetzk, d. h. wenn er den Muth dezu findet, Fräulein Kleinpaul seine Hand anbieten.

Mila stieß einen Ruf froher Ueberraschung aus.Das würde mich sehe freuen. Ich weiß, daß sie ihn gern hat, und er ist ein so guter, treuer Meusch.

Bestätigend neigte Thielemann den Kopf und sagte halblaut:Und er liebt

Dann schwiegen Beide. Es war ihnen auf einmal ganz plötzlich zum Bewußtsein gekommen, daß sie seit jenem Tage, der Rosas Treulosigkeit enthüllt hatte, zum ersten Mal allein waren. Nicht wie Vormittags den Augenblick im Hausflur, sondern in der Unterhaltung auf einander angewiesen, Mila als Wirtbin, Richard als Gast.

Und die helle Nachmittagssonne strahlte über dem blühenden Gerten, die heiße Luft flimmerte wie zu Aether gewordenes Gold, Rosen und Fasmin dus­teien bekäubend, und mit schwirrendem Flügelschlag summten schwerfällig Hum­meln, glänzende Käfer und emsige Bienen um die offenen Kelche.

Eine leichte Röthe lag auf Milas Antlitz und sie athmete beklommen Warum dieses heiße, thörichte Mitleid mit einen Manne, der jetzt so still und ernß neben ihr stand und mit verschleiertem Blick in die blühende Semmerpracht starrtt. Er war ein Mann, dem Kraft und Klarheit eigen sein sollte, und doch hatt­er sich täuschen lassen. Den selbst verschuldeten Schmerz mochte er tragen! sind doch, wieder wallte es heiß in ihrem Herzen auf, ihr war, als zwinge sie zius unsichtbare Macht, die Hand dem freudlosen Manne dort zu reichen und zu iher zu sprechen:Du Armer, wie beklage ich Dich! Sie sagte es freilich nicht, auer sie fühlte, daß sie das Schweigen brechen mußte, das sie peinlich empfand.

So faßte sie den hohen Stengel einer blühenden Lilie neben der sie stand, und schüttelte leicht den weißen stolzen Kelch, so daß ein Irsect, das sich darts niedergelassen hatte, erschreckt zu Boden fiel.Daß Frau Ruik diese altmodischen Blumen in ihrer Garten duldet, wundert mich, sagte sie mit leichtem Löcheln

O. Sie lieben die Lilien nicht? fragte er zerstreut. Sein Blick glitt= ihrer Löniglichen Erscheinung herab, die doch so voll von füßem Mädchenrag war.

Als Decorationspflanze gefällt sie mir in Form und Bufbau und in iherng reinen Silberweiß mit dem goldenen Seepter sehr gut. Sie repräsenttrt### besser als die Rose, und wäre im Blumenreiche die Verfossung eine eristokratische so müßte entschieden die Lilledie Königin sein.

(Fortsetzung folgl.

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