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Nr. 286. Fernsprech=Auschluß Nr. 39.
Dienstag, den 6. December 1898.
= Ausgabe.
* Von der indischen Grenze
kommen von Neuem Nachrichten, die zeigen, wie sehr die Engländer dort auf! der Hut sein müssen. Im vorigen Jahr war es nur mit äußerster Mühe unter großen Opsern und Kosten gelungen, den Aufstand der Afridis und Orakzais niederzuschlagen und den Verkehr durch den Khaiberpaß— den einzigen großen Handelsweg im Nordwesten Indiens nach Afghanistan— zu sichern. Noch vor wenigen Wochen hieß es, daß sich die Bergstämme allen Bedingungen gefügt hätten und daß sosort neue Befestigungen am Khaiderpaß gebaut werden sollten. Jetzt aber wird von Bombay gemeldet, der Mullah von Hadda habe Truppen gesammelt und bedrohe die Straße Pandschkora=Tschitral. Dieser Mullah ist derselbe Fanatiker, der im vorigen Jahre den muhamedanischen Religionskrieg gegen die englische Herrschaft im nördlichen Indien predigte und den geistigen Mittelpunkt des Aufstandes der Afridis Mahmunds 2c. in den indischen Grenzgebirgen bildete. Man sagte ihm heimliche Verbindungen mit dem Emir von Afghanistan nach, obgleich dieser feierlich versicherte, an dem Aufstand keinerlei Theil zu haben.
Wäre nun auch an dauernde Erfolge dieser aufrührerischen Bergstämme gegen das Aufgebot der britisch indischen Heeresmacht nicht zu denken, so lange sie nur auf ihre eigene Krafi angewiesen blieben, so sind doch die Kämpfe an der indischen Grenze der Gegenstand ernstester Sorge für England wegen der geographischpolitischen Lage des Kampfgebiets. Seit Rußland einerseits seinen. Einfluß auf den Emir von Asghanistan befestigt und anderseits durch Straßenbauten dafür gesorgt hat, daß ein Ueberschreiten des Pamir=Plateaus durch russische Streitkräfte nicht zu den unüberwindlichen Schwierigkeiten gehört, zählt die Nordgrenze Indiens zu den empfindlichsten Punkten des britischen Weltreichs. Wie der Khaiberpaß im Nordosten von Afghanistan her, so ist die Straße von Tschitral das natürliche Einfallsthor von Norden her.
Haben die Aufstände gegenwärtig auch nur lokale Bedeutung, so sind sie doch schon, im Falle daß in Afghanistan Unruhen ausbrechen sollten, eine große Verlegenheit für England. In der That wäre mit solchen Unruhen zu rechnen, wenn es sich bestätigt, daß der Tod des Emirs von Afghanistan, der schon lange leidend ist, nahe bevorstehe. Bei den dann unvermeidlichen Kämpfen um den Thron in Kabul wäre es England durch den Aufstand an der Grenze erschwert, seine Interessen in Afghanistan wirksam wahrzunehmen, wogegen Rußland freien Weg hätte, seine Position in Afghanistan noch mehr zu stärken. Jedenfalls ist es für England von großer Wichtigkeit, dem Aufstand an seiner indischen Brenze sobald als möglich ein Ende zu machen.
Fölitische glachrichten.
Deutschland.
Berlin, 5. Dec. Der Kaiser hörte heute Morgen den Vortrag des Chefs des Civileabinets Dr. v. Lucanus und die Marinevorträge. Abends 7 Uhr speiste der Kaiser beim Offiziercorps des 1. Garde= Regiments z. F.
Der Kaiser hat, wie die„Nat.=Ztg.“ hört, dem Gouverneur von DeutschOstafrika, Generalmajor Liebert, persänlich den Rothen Adler=Orden zweiter Klassemit Krone und Schwertern verliehen. Diese ungewöhnliche Auszeichnung des auch um die voltswirthschaftliche Entwickelung unserer größten Colonie verdienten Gouverneurs wird wohl endgültig Diejenigen verstummen lassen, welche so beharrlich von der„Amtsmüdigkeit“ des Generals Liebert zu erzählen wußten.
— Der Kaiser hat für den kommenden Frühling, wie eine lokale Correspondenz hört, eine Einladung des Königs Humhert von Italien zum längeren Besuche Iialiens angenommen. Schon jetzt werden bei Hofe angeblich Vorbereitungen für diese Reise getroffen.
— Ueber die Erkrankung des kleinen Prinzen Waldemar in Kiel wird dem„Lok.=Anz.“ von dort telegraphirt:
Geheimrath Prof. v. Bergmann weilte am gestrigen Sonntag in Kiel, um in Gemeinschaft mit dem Geheimrath v. Esmarch eine Operation an dem an einer Halsentzündung erkrankten jungen Patienten vorzunehmen. Als der Kaiser, der für seine beiden Nessen, namentlich während der augenblicklichen Abwesenheit ihrer Eltern in Asien, sehr besorgt ist, hiervon telegraphische Kenntniß erhielt, wollte er Abends selbst dorthin fahren und nahm erst davon Abstand, als ihm gemeldet wurde, daß das Befinden des Patienten sich erheblich gebessert habe. Auch heute hält diese Besserung an. Zur Pflege des Prinzen ist in Kiel die Prinzessin Battenberg, eine Schwester der Prinzessin Heinrich, eingetroffen.
— Heute Abend treien die Mitglieder der nationalliberalen Fraction des Reichstages zur ersten Fractionsberathung zusammen.
— Das Staatsministerium traf heute Nachmittag 3 Uhr unter dem Vorsitz des Fürsten zu Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen.
— Die Meldung. Graf Bernhard zur Lippe=Biesterfeld zweiter Sohn des Grafregenten von Lippe, sei zum Rittmeister und Escadronchef ernannt, ist unrichtig. Graf Bernhard ist Secondelieutenant und steht jetzt
sain Bhanischen Hasenrungant. Der duese Sohn ds Grasagenen, Gasi Leopold, steht 4 k mite der Armee. Der zum Rittmeißer ernannte Graf Friedrich Karl ist nicht einer der Söhne des Grafregenten.
— Zum Beginn der Reichstagstagung richtet die„Nord. Allg. Zig.“ folgende Mahnung an die Volksvertreter:
„Wichtige Aufgaben, über welche die morgige Thronrede authentischen Aufschluß bringen wird, harren des Reichstags auf fast allen Gebieten der Gesetzgebung. Es wird eifriger Schaffenslust, aber auch eines weisen Maßes der Selbstbeschränkung bedürfen, wenn die Volksvertretung die Arheiten erledigen will, die ihr zugedacht sind. Die verbündeten Regierungen und das deutsche Volt dürfen sich aber wohl der Erwartung hingeben, daß der Reichstag, seiner Stellung und Aufgabe bewußt, sich mit den anderen gesetzgebenden Fackoren zu einem ersprießlichen Wirken zusammenfinden wird, für welches das Wohl des Vaterlandes allein Richtschnur und Ziel ist.“
Es ist jedenfalls nicht die Schuld der Volksvertreter, daß der Zusammentritt des Reichstages zu einem so späten Termin erfolgt, daß es von Vornherein schwer fallen wird, nur den Etat rechtzeitig fertigzustellen.
— Die Frage des Alterspräsidiums im Reichstage ist, wie verlautet, entschieden worden. An Stelle des erkrankten Abgeordneten Dieden hat sich nämlich Abgeordneter Lingens(Ctr.) als der nächstälteste Abgeordnete (er ist im Jahre 1818 geboren, also 80 Jahre alt) auf die Anfrage des Reichstagsbureaus bereit erklärt, das Alterspräsidium zu übernehmen.
— Gestern Morgen hat im Reichstagsgebäude eine Conferenz stattgesunden, bei der es sich um die Beschäftigung der Arbeiter in Thomasschlackenmühlen gehandelt hat, deren Gesundheitsschädlichkeit in Folge der starken Entwickelung des feinen Schlackenstaubes besondere Schutzvorrichtungen auf Grund des§ 120 e und 139 a der Gewerbeordnung geboten erscheinen läßt. An der Conferenz haben außer Vertretern der Regierung solche der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Theil genommen.
— In der Conferenz von Sachverständigen zur Vorberathung einer Revision des Weingesetzes, die nun erst im Januar 1899 stattfindet, wird seitens der Mehrheit, wie wir hören, folgende Forderung aufgestellt werden: Verbot der Verwendung von Trestern, Hesen, Rosinen u. s. w. zur gewerblichen Herstellung von Getränken, die unter irgend welcher mit dem Namen„Weinzusammenhängenden Bezeichnung in den Verkehr gelangen sollen. Sollte die Reichsregierung auf ein solches Verbot nicht eingehen wollen, so beabsichtigen sich die betreffenden Interessenten direct an den Reichstag zu wenden.
— Die Einbringung der Interpellationen des Bundes der Landwirthe wird nach der„Post“ voraussichtlich erst am Freitag erfolgen. Bis jetzt seien 72 Unterschriften zusammengebracht.
— Es bestätigt sich, daß der muthmaßliche erste Präsident des Reichstags, der bekannte Centrumsabgeordnete Pros. Frhr. von Hertling in Mänchen, einen Ruf als ordentlicher Professor an die Universitäht Bonn erhalten hat. Od er den Ruf annehmen wird, ist noch zweifelhaft und wohl wenig wahrscheinlich, da dann sein Reichstagsmandat erlöschen würde.
— Die„Hamburger Nachrichten“ enthalten eine Correspondeng aus Stuttgart, welche die Angaben der Blätter über das von der Cottaschen Verlagsbuchhandlung für die Bismarckschen Memoiren gezahlte Honorar als übertrieben bezeichnet und mittheilt, daß pro Band nur 10000 Mk. stipulirt seien und zwar ein= für allemal, so daß alle pekuniären Ergebnisse aus der Uebersetzung und späteren Auflagen ausschließlich und ohne Einschränkung dem Verlage vorbehalten blieben.
— Dem Vernehmen nach werden gegenwärtig die geeigneten wirthschaftlichen Corporationen, namentlich die Handelskammern, von den höheren Verwaltungsbehörden aufgefordert, dem kaufmännischen Fortbildungsschulwesen größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. In den verschiedensten Bezirken haben diese Aufforderungen dereits erfreuliche Erfolge aufzuweisen.
— Dem Vernehmen nach sind für das Jahr 1899 vom Reichsamt des Innern productionsstatistische Erhebungen in der Confectionsindustrie, Industrie für Nahrungs= und Genußmittel, Spielwaarenindustrie, Kleineisenindustrie, Wagenbau und Holzindustrie in Aussicht genommen. Die Vorarbeiten dazu sind bereits im Gange.
— Die„Hessische Landeszeitung“ geht nach dem„Volk“ mit dem 1. Januar in den Besitz des nationalsocialen Herrn v. Gerlach über.
— Zu ihren geheimnißvollen Andeutungen über einen Wißmannseandal schreibt jetzt die„Disch. Tageszig.“:„Eine Intrigue wurde zur Zeit des
gegen Dr. Peters gerichteten Colonialseandals im Reichstage geplant. Von derselben Seite, die den berüchtigten„Tuckerbrief“ gegen Dr. Peters erfand, wurde auch ein ähnlicher Vorstoß gegen Herrn Wißmann vorbereitet. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um ähnliche Anschuldigungen, wie sie gegen Dr. Peters erhoben waren— das hätte den Herren doch Niemand geglaubt—, aber um ähnliche Mittel. Herr v. Wißmann aber sollte gestürzt werden, weil der damalige Macher der Colonialscandale in ihm einen Gegner seiner Entschädigungsansprüche an die Colonialabtheilung vermuthete.“— Daß die Angelegenheit durch diese Bemerkungen wesentlich aufgehellt wäre, wird man nicht behaupten können. Nachdem die Sache einmal soweit gediehen ist, thäte die„D. Tagesztg.“ am Besten, vollste Klarheit zu geben. Mit halben Andeutungen thut sie Herrn von Wißmann ganz gewiß keinen Gefallen.
Stuttgart, 5. Der. Das ärztliche Büllatin Aber das Befinden der# zeisin Friedrich von heute Abend 5 Uhr lautet: Der Zustend nicht gebesfert; ernste Befürchtungen sind nicht ausgeschlossen.
Oesterreich=Ungarn.
Budapest, 4. Der. Die Opposition kündigt für die unerbörte Seandale an.— In politischen Kreisen gilt es Banfsy am Mittwoch Vorschläge über das sechsmonatige gleichsproviserium und Belaftung der gegenwärtigen dauer eines Jahres unterbreitet werde.
Italien.
Rom, 5. Dee. König Hum bert empfing heute Vormittag dis sidenten beider Kammern und nahm von ihner auf die Thronrede entgegen. In der Erwiderung auf die hob der König hervor, der Senat betheilige sich wirksam am Italien, die überzeugte Beschützerin des Friedens, stehe in her##
zu allen Nationen.(Wie eine Privatdepesche hierzu weldet, betonte
bei dieser Gelegenheit auch sein Vertrauen in die Unerschitt keit des Dreibundes und constatirte mit Befriedigung die Bef der Beziebungen Italiens in Frankreich) kammer. Der Präsident machte Mittheilung von der Ansprache, König bei Entgegennahme der von der Kammer in Boantwortung rede ihm überreichten Adresse gehalten hat. In derselden betoate des die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Mächten, des Heeres und der Flotte und sodann die unlöshere Allianzen, welche eine Bürgschaft für den Frieden zu Lande und Bei der Berathung über die Anleihe einer Million Lire für Verwaltung Kretas erwiderte Canevaro auf die Ausführungen Redner, trotz des bescheidenen Inhaltes ziele der Gesetzentwurf dan Interessen Italiens im Mittellän dischen Meere zu wahren. Ganoo# seine Ausführungen mit der Versicherung, Italien habe weder auf anderswo sich von dem Dreikund getrennt.„Wir uuterbe unseren Verbündeten die besten Beziehungen. Oesterreich und Deutschland glaubten, einen sdme den Weg einschlages zu sollen, so geschah es wegen besonderen Inieressen, welche, keineswegs die Herzl## der internationalen Beziehungen derähren.“
Kamner genehmigte darauf mit für Kreta.
Paris, 5. Der. Senat. Berichterstatter Mo:siiot empfehlt, trag Waldeck=Rousseau in Erwägung zu ziehen, der wünscht, dem das Recht beizulegen, die Vertogung aller Strafverfolgungen zu v der eingeleiteten Revision Hindernisse bereiten könnten. Morallel Dringlichkeit dieses Antrages. Dupun widerspricht der dann auch in namentlicher Abstimmung wit 128 gegen 125 Stimmegt lehnt wird.
Der Cassationshof vernahm heute nochmals Piogwart den General Gallisset. Gr wird in seiner nächsten Sitzung berathen#b# Ersuchen des Anwaltes Piequarts. Mimerels, zu entscheiden, od sich p## vor dem bürgersichen Oder dem Militrgericht goexrantwocher 6e
Paris, k. Doe. Die Friedenscomm 7½ Uhr und einigte sich über die Conseauenzen der sechs ersten, angenommenen Artikel hinsichtlich der Verbältnisse der auf Guba, und den Philippinen verbleibenden spanischen Sdaatsangehörigen,##
nahne
169 gegen 45 Stimmen das
handelspolitischer Fragen u. s. w. Die Verhandlungen nahmen raschen Fortgang; es ist möglich, daß sie am Schlusfe der werden. Die Commission wird morgen jagen.
Spanien.
Madrid, 5. Dee. Unmittelbar nach dem Friedensschluß wird ein Rot#buch veröffentlicht werden. Segasta wird dann der Krone die On frage stellen und wenn, wie anzunehmen ist, dem Ministerium ein## votum ertheilt wird, sollen die Cortes zum 7. Januar einberufen werden. „Liberal“ zu Folge geht aus gewissen Erklärungen des Generals Weyler he daß zwischen Sagasta, Robledo und Weyler eine Verständigung im Gange und daß die Wirkungen derselben nach dem Friedensschluß sich zeigen wür Großbritannien.
London, 4. De. Der„Odserver“ dringt heute weitere Dpog######
Enthüllungen, denen eine Einleitung vorangeschickt ist, die sich baräder verdreitet, daß der Cassationshof nicht die Macht hat, seine Entscheidungen z## Ausführung zu bringen, wenn sie den Ansichten der Regierung und ihrer Be treter, zum Beispiel des Generalprocurators von Paris oder des Polizeiprüserten. entgegen seien. Darum könne auch der Kriegsminister es ablehnen, den„ heimen Dossier“ vorzulegen und so werde auch trotz Cassationshof der Feldzug gegen Piequart weitergeführt, weil Lehzt####ed in Besitze von Geheimnissen sei, welche die Ehre von zehn der einflußreichsten Generale compromiktiren. Piequart müsse deshalb zum Schweigen gebracht werden und Esterhazy habe man
den Sturmen
Roman von Th. Schmidt.
(41. Fortsetzung.)
„Gut! Vergegenwärtigen Sie sich danach den Moment: Denken Sie sich Brause mit der Büchse im Anschlage auf einen ihn um mindestens einen Fuß überragenden Mann, der sich mit ihm auf ein und derselben horizontalen Ebene, wie es hier der Fall war, besand: verfolgen Sie nun die Flugbahn, welche das abgefeuerte Geschoß in der Luft beschrieb, dann werden Sie finden, daß Letzteres, hätte es frei den Raum durchschnitten, in diesen Baum eigentlich an einem noch höher gelegenen Punkte einschlagen mußte. Wenn ich Alles erwäge, so komme ich zu der Ueberzeugung, daß diese Kugel hier in dieser Tanne zweifellos diejenige ist, welche Reinhardts Brust durchbohrte. Ob die Richter und Geschworenen sich meiner Ansicht anschließen werden, das weiß ich nicht; ich fühle es, daß man mir noch dieses und jenes zu Gunsten des Mörders entgegenhalten wird und habe daher an einen letzten Copp gegen Brause gedacht, um damit zu beweisen, daß dieser solcher That wohl fähig und daß er allein der Mörder ist.“
Der Assessor war den Ausführungen Rabes genau gefolgt: er konnte sich denselben nur anschließen. Rabe war wirklich etz tüchtiger Mann in seinem Fache,
„Wollen wir die Kugel nicht aus dem Stamm herausschneiden?“ fragte der Assessgr
„Ich habe schon daran gedacht:
Rabe zog ein haarscharfes Messer aus der Tasche und begann die Rinde des Stammes rund um das Loch, indem die Kugel steckte, auszuschneiden, was einige Zeit und Kraftanstrengungen ersorderte, da er nicht allein die Rinde sondern auch etwa zwei Centimeter des Stammholzes mit ausschneiden mußte. Des Assessor löste ihn bei seiner Arbeit ab, und nach etwa zwanzig Minuten hoben sie das Stück Rinde und Stamm rut der Kugel heraus und untersuchten Leytere. Sie sanden ihre Vermuthung bestätigt: trotzdem die Kugel an der Spitze etwas platt geschlagen war, ließ sie an der Aehnlichkeit mit der von Rabe mitgebrachten keinen Zweifel mehr bestehen.
Rabe verbarg seinen Fund sorgfältig in seiner Tasche. Beide Herren verließen hierauf den Platz und gingen noch ein Stück Weges bis zur Försterei zusammen, da Thies, wie er sagte, dem Förster einen Besuch abzustatten gedachte. Rabe merkte aber an dem Benehmen seines Begleiters längst, daß ihm nur die schöne Lochter bei diesem Besuch im Sinne lag.
Gegen zwölf Uhr berrat der Zimmergenosse Brauses die gemeinschaftliche Wohnung. Der Forsteleve schien noch nicht aufgestanden zu sein, das Frühstück stand noch unberührt auf dem Tisch.
Rade ging ohne anzuklopfen in die Schlafkammer Brauses.
„Holla! Sie Langschläfer!“ rief er mit seiner kräftigen tiefen Stimme. „Heraus, es ist bereits Mittag!“
Der Schläfer reckte und streckte sich, öffnete schlaftrunken und laut gühnend die Augen und fuhr, als er endlich Rabe erblickte, in die Höhe.“
„Na, das muß ich jagen— haben Sie einen festen Schlaf!“ staunte Rabe. „Wollen wobl wie das Murmelthier einen Winterschlaf haltenk Himmel, wie kann ein gesunder Mensch bei so prächtigem klaren Wetter nur so lange in den Jedern liegen!“
„Wie spät ist es denn?“ fragte Brause, einen Blick auf seine Uhr an der Wand wersend, die auf siebenemhald stehen geblieben war.
„Zwölf Uhr, Mensch, Mittagszeit!“
Keniet auchte
Brause hielt seine Uhr an das Ohr.
„Stehengeblieben— natürlich!“. Aergerlich warf er das kleine unschuldige Kunstwerk hinter sich in die Kissen.„Die dumme Gans, die Rieke hat mich
wieder nicht geweckt!“
„Das hat sie doch!“ ertönte nebenan durch die angelehnte Thür eine erboste weibliche Stimme.„Aber der Herr Brause konnte wie gewöhnlich wieder nicht aus den Federn finden; nachher kriegen es denn die Dienstboten.“
Dröhnend flog die Zimmerthür hinter der Erbosten zu.
„Ja, und ich habe mich Ihretwegen schön blamirt, zürnte auch Rabe. „War zur rechten Zeit um zehn Uhr am Ententeiche, der Assessor, sein Secundant und der junge Doctor aus Altvörde waren bereits da. Selbstverständlich habe ich versucht, Sie herauszulügen. Sie wären plötzlich schwer erkrankt— Duell müßte verschoben werden, sagte ich. Der Secundant und der Doctor sahen sich dabei geringschätzig lächelnd an, der Assessor aber lachte höhnisch und meinte: Sie hätten wohl das Pistolenfieber und wollten kneisen. Na, ich habe mich schön geärgert, man merkte doch, daß ich nicht die Wahrheit sagte. Zum zweiten Male lasse ich mich auf solche Dinge mit Ihnen nicht wieder ein, Herr Brause, und wenn der Afsessor Sie jetzt wie einen dummen Jungen behandelt — und das will er, wie er andeuteie— dann haben Sie sich das selbst zuzuschreiben. Ich begreife Sie nicht, wie Sie bei solcher ernsten Sache, bei der es sich doch leicht um Sein oder Nichtsein handelt, wie ein Dachs in den hellen, lichten Tag hinein schlafen können, ich muß gestehen: ich hätte in Ihrer
Stelle kein Auge die letzte Nacht geschlossen. Ist schon der Aus
gang dieser Affaire nach der Seite der Ehre din für Sie
kläglich verlaufen, um wie viel ungünstiger muß er für Sie sein bei der Frage: wer wird in diesem Wettkampfe um die Gunst der reizenden jungen Dame Sieger bleiben. Erst heute Morgen erfuhr ich, wer die Dame Ihrer Wahl ist. Nun— allen Respect vor Ihrein Geschmack, aber in welchem Lichte stehen Sie jetzt da, wenn der boshafte Assessor seine mir heimlich zugeraunte Drohung wahr macht und Ihr Verhalten dem schönen Mädchen, für das er sein Leben hinzugeben bereit war, erzählt? Ernesimne Hart scheint mir nicht unempfänglich gegen ritterliche Manieren der Männer zu sein— kurz, Ihre Position, mein lieber Herr Brause, dürsten Sie von heute ab als verloren zu betrachten haben.“
Das häßliche verliebte Gesicht Brauses hatte sich bei dieser Stachelrede seines Zimmergenossen dunkelroth gefärbt, die kleinen tiefliegenden Augen schillerten wie diejenigen eines wüthenden Raubthieres.
„Wenn Thies auf Ihre Mittheilung, ich sei plötzlich erkrankt, selche Könische und gemeine Redensarten gebrauchte, dann werke ich ihm mit einer Ohrseige derauf antworten,“ stieß er wütbend hervor.„Ich din nicht der Mann, der sich so ohne Weileres von einem Prahlhaus zur Seite schieden läßt. Mag er sich hüten!“
„Das ist Alles ganz hübsch und schön. Sie werden ihm bei der nächsten Gelegenheit entgegentreten, ja, das thäte ich auch, aber was gewinnen Sie dadurch? Nichts! Sie sind und dieiden ihm gegenüber im Nachtheil. Sehen Sie zu, wie Sie sich diesen kecken Rivalen vom Halse schaffen! Vorläusig ist er Herr der Situation, denn während Sie hier in der dumpfen Kammer unthätig im Bette liegen, sitzt er seelenvergnügt im freundlichen Forsthause und blickt in die schönen Augen des reizenden Mädchens— eines Mädchens, Si: Träumer, das mich Weiderfeind auch schon hald behert hat und für das ich, käme mir als ihr Anbeter Jemand in die Quere, ich glaube einen Mord begehen kounte.“
Rade verließ bei diesen Worten die Kammer und ließ Braufe mit seinen Gedanken allein.
Erst spät am Nachmittage, es dunkelte beweits, machte sich Brause zu einem!
Sechichgen sante Aicgane eiten Aite, ohane eaitn au ier. Fenster gesehen oder unthätig auf dem Sopha gelegen, bisweilen nur war er mit finsteren Mienen im Zimmer auf und ab gegangen. Mit welchem Plane beschäftigte sich die Seele dieses Mannes? Brütete er Unheil? Sann er auf das Verderben Anderer, die ihm bei der Befriedigung seiner ehrgeizigen Launen, seiner egoistischen alle Sitte und Moral mißachtenden Begierde im Wege standen? Fühlte er nicht mit kem Ipstinkt des Verbrechers, daß er auf vulkanischem Boden stand und daß sich jeder Augenblick die Hand der rächenden Nemesis nach ihm ausstrecken konnte? Es schiennicht so! Die Leidenschaft, der Neid und Haß gegen andere, glücklichere Menschen machten ihn blind— er war, wie der alte Förster schon oft gesagt hatte. nicht mehr zu retten und rannte blindlings in sein Verderben.
Eben wollte Brause das Zimmer verlassen, als Rabe, von einem Spaziergange heimkehrend, in? Zimmer trat.
„Na, da haben wir den Braten,“ sagte er hämisch lachend,„Ihre Schlafsucht hat die Sache im Forsthause beschleunigt. Ich komme gerades Wegs daher, der alte Förster zeigte mir näulich seine Jagd=Sammlung. Dabei erzählte er mir, daß er zu heute Abend den Assessor eingeladen habe, ich möchte auch kommen, es beträfe eine Familienseier.“ Merken Sie was, Sie Spätaufsteher und alles verteäumender Verehrer des schönsten Mädchens im Kreise Altvörde. das Ihnen, wie es scheint, ein Anderer, der früher austand, bereits vor der Nase weggescknappt hat!“
Brause wurde blaß, seine Hände zitterten und ein unterdrückter gräulicher Fluch entwand sich seinen Lippen. Er warf seinen schmucken grünen Jägerhut und Tienstmantel in die Ecke des Zimmers und stürzte ein Glas Wasser, das auf dem Tische stand, hinunter. Kein Wort kam ihm aus der zusammengeschnürten Kehle und um dem Zimmergenossen seine furchtbare Aufregung zu verbergen, stellte er sich ans Fenster und drehte ihm den Rücken zu.
„Na, nehmen Sie sich die Geschichte nicht all zu sehr zu Herzen; es sind noch kausend andere Mädchen da— freilich, eine Ernestine Hart giebts nur einmal.“
Rabe ging in sein Schlafzimmer, schloß die Thür hinter sich zu und püist drinnen die bekannte Melodie von der Madouna Theresa. Er hantirte lange in seiner Schlafkaumer herum und als er endlich wieder im Wohnzimmer erschien, da war es dereits so dunkel, daß ihn Brause, der noch immer in sich zusammengesunken in der Sophaecke saß, nicht mehr erkennen konnte.
„Sind Sie noch da, Herr Brause?“ rief er.
„Ja, ich gehe heute nicht aus.“
„Kann ich Ihnen gefällig sein— ich meine in Bezug auf die Wirkungen der bösen lezten Tage im Monate, von denen ein Freund von mir immer sagt, daß die lezten achtundvierzig für ihn immer die schlimmsten seien!“
„Rein, deute danke ich! Ich gehe wirklich nicht aus.“
„Dann kann ich also nichts für Sie thun! Apropos, ich vergaß Ihnen## sagen, daß ich die Einladung Harts nicht angenommen habe, ich hatte mich gestern schon anderweitig gebunden. Herr Carl Reinhardt lud mich nämlich## heute Abend ein. Werde wohl erst spät zurückommen. Ich freute mich wirklich, die Einladung des Försters ablehnen zu können; es wäre mir doch unangenehm gewesen, unter Menschen zu verweilen, die sich auf Kosten des Glückes eines kanderen, mir werthen Herrn amüsiren, auch fühle ich so etwas wie Eisersucht sich in mir regen. Der Assessor ist wirklich ein Glückspilz! Ra, nnn aber Schluß mit der Geschichte— es wär so schön gewesen, es hat nicht sollen sein, weder für Sie noch für mich, Auf Wiedersehak,
Rabe ging leichten Schrittes und den Text eines Couplets summend#inaus und ließ Brause in einer unbeschreiblichen Seimmung zurück.(Fortf. folgt.)
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