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Amtliches Kreisblatt für den Kreis Ruhrort.
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Lauwichpreinon; Rodrort, Saufreße.
Nr. 219.
Donnerstag, den 13. September 1888.
15. Jahrgang.
Gechichs-cheimder.
15. September. 1678. Der preußische General Derfflinger erobert die
Insel Rügen.
1757. General von Oldenburg besetzt Erfurt(7jähr. Krieg).
1760. Die Oesterreicher bei Hohenfriedberg geschlagen.(7jähr. Krieg).
1815. Die Preußen nehmen die Redoute Bourgogne von Longwy. 1870. Prinz Friedrich Karl übernimmt den Oderbefehl über die Truppen von Metz.
* Die deutsche Schule.
Deutschland kann mit Recht stolz sein auf seine Reichsarmee, die auch von urs nicht freundlich gesinnten Ländern als die erste in Europa anerkannt werden muß, aber es kann auch stolz sein auf seine Schule, die Volksschule. Die Armee vertheidigt das Vatcrlund gegen jedweden fremden Feind; die Schule aber trägt in hohem Maße, oft sogar viel mehr noch als die Famile, dazu bei, in den heranwachsenden Geschlechtern die unbesiegbare Liebe zum Vaterlande zu pflegen, ihr die Augen über ihre Pflichten als dereinstige Staatsbürger zu öffgen. Und von allen Schulen ist die wichtigste die Volksschule, weil sie die Kinder der breiten Volksmasse, die ungeheure Mehrheit der Jugend umfaßt. Die Besucher der Volksschule sind es, welche dereinst im späteren politischen Leben als Wähler den Ausschlag geben, den Stamm der Regimenter der Reichsarmee bilden, die Menge, von deren Wohlverhalten zum nicht geringen Theil auch das Wohl des Staates abhängt. Der Staat kann nur einen geringen Bruchtheil studirter Köpfe verhältnißzmäßig gebrauchen, und das Deutsche Reich zählt schon thatsächlich mehr, als verwendet werden können, aber von den breiten Schichten des eigentlichen Volkes werden der Millionen nicht genug. Wenn die Staatsregierungen der Volksschule, der Erziehungsstätte der künftigen Staatsbürger, ihre große Aufmerksamkeit zuwenden, so thun sie also nur ihre Pflicht und wahren ihr eigenes Interesse und das des ganzen Volkes, denn die Schule gehört nun einmal zu den wichtigsten Staatsinstituten. Keine Regierung kann auf sie verzichten, die klarblickende und denkende Bürger im Lande wünscht; kein Land aber wird auf die Dauer gedeihen, dem es an denkenden Bürgern fehlt. Es genügt nicht, daß ein großer Mann oder einige große Männer die Menge hinter sich herziehen, und daß diese ihnen blindlings folgt und vertraut. Auch die erhabensten Genies sind sterblich, und besitzt das Volk nach ihrem Dahinscheiden nicht Kraft und Fähigkeit, sich und seine Lage zu begreifen, so wird auch nie bestehen bleiben, was jene großen Seelen geschaffen. Solche Beispiele sind in der Geschichte nicht selten, sie reichen vom Alterthum bis in die neueste Zeit und lehren, daß nur der Staat dauernd besteht, in welchem geniale Leitung und gesunder Volksgeist sich harmonisch verbindet. Versteht das Volk nicht die Bedürfnisse des Landes, bringt es dem allgemeinen Ganzen keine wirkliche Begeisterung entgegen, muß eines Tages die Geschichte zusammenklappen wie ein Kartenblatt. Die Ecoberung allein thut es nicht; Alexander der Große und der erste Napoleon schufen Reiche von unermeßlicher Ausdehnung, aber sie sanken ebenso schnell wieder zusammen, als sie errichtet waren.
Im Drange der Erwerbsverhältnisse ist in der Familie nicht immer Zeit und Gelegenheit gegeben, die Kinder auf das Vaterland hinzuweisen, ihnen die tiefe, goldene Vaterlandsliebe einzuprägen. In diesem Sinne aber die Jugend zu erziehen, das ist das hohe Amt der Schule. Lesen und Schreiben und Rechnen und in höheren Schulen: Latein, Griechisch, Französisch, Mathematik 2c., die gehören zu den allgemeinen, von den betreffenden Bildungsstufen erforderten Kenntnissen: aber diese Kenntnisse sollen auch dem Vaterlande dienen, zur Ehre des Vaterlandes angewendet werden. Die erhöhten Kenntnisse schaffen erhöhte Einsicht, darum sind sie werthvoll. Wären sie nur dazu da, damit sie benutzt würden, den eigenen Vortheil zu pflegen, mit Hohn auf das große Ganze herabzublicken, sie brächten entsetzlichen Schaden. Aber glücklicherweise herrscht auf unseren deutschen Schulen nicht jene Phrasenrichtung vor, die das Blaue am Himmel zergliedern möchte und unbeachtet läßt, was auf der Erde geschieht. Wo sich etwas excentrische Ansichten breit gemacht haben, da hat auch die Schulaufsichtsbehörde Anlaß genommen, das Unkraut im Unterricht zu beschneiden und denselben auf die Erfordernisse des practischen Lebens zurückzuführen. Etwas Vollkommenes zu erlangen, ist ja auf jedem öffentlichen Gebiete schwer und so wird sich auch auf dem der Schule noch Manches zeformiren lassen. Aber der Kern unserer Schuleinrichtungen ist der edelste und beste, Fleiß und Ernst, Gründlichkeit und Einfachheit bilden die Hauptfundamente, und ohne dieselben ist nun einmal keine Jugenderziehung möglich. In Deutschland benachbarten Staaten sehen wir schon im Schulleben die häßliche Pflanze der Pelitik emporwuchern; die reine Pflege der Vaterlandsliebe wird zur Pflege parteiischer Bestrebungen, von denen selbst die erwachsenere Jugend noch gar keine Ahnung haben sollte, die nur die Geistesrichtung vergiften können. Davon ist glücklicherweise in der deutschen Schule keine Rede und wo sich einzelne Schulmänner vergessen sollten, da werden sie rücksichtslos entfernt. Unsere deutsche Schule ist eine nationale Anstalt, auf die wir mit Stolz blicken können; sie paßt würdig in den Rahmen des Deutschen Reiches, dem sie ihre Kräfte widmet. Eine tüchtige. kenntnißreiche, aber schlichte und treue Jugend, das ist ein ebenso hoher Stolz far uns, wie unsere Armee, sie bildet die sichere Wehr in Waffen für die Zukunft.
Die Lieb' blüht nur einmal.
Novelle von M. Josephy.
(Schluß.)
„Ich denk' mir halt so für mich,“ fuhr der Alte fort,„der Herr Baron muß keine rechte Freud' haben an dem schönen Besitz; da geht er alleweil mal fort auf Jahre, und läßt die Herren Verwalter und Adjunkten wirthschaften,— was kann da viel Gutes dabei'rauskommen! Der gnädige Herr Papa, unser guter, seliger Herr Graf,—“ der Alte wischte mit dem Handrücken über die feucht gewordenen Augen,„der hat das niemalen nicht so gehalten, und was der junge Graf Gustav ist, der kommt jetzt in die schönste Wirthschaft hinein, die es weit und breit giebt. In Klatten drüben, da wird wohl freilich manches drunter und drüber gegangen sein, in der langen Zeit, in der des Herrn Auge nun dort wieder gefehlt hat; zwei Jahre oder so was ist der Herr Baron ja sort gewesen, seit der Zeit, den! ich, wie Frau Gräfin ihren lieben, seligen Herra begraben hat. Nu ist er aber doch ganz richtig wieder mal heimgekehrt, grad' jetzt hab ich ihn mit eigenen Augen gesehen.“
„Wo habt Ihr ihn gesehen?“ fragte Irene.
„Im Walde drüben bin ich gewesen,“ er wies mit der Hand hinüber, „da ist er geritten gekommen und ist dann abgestiegen und hat das Pferd an einem Baum gebunden und— schauen Frau Gräfin selbst, dort, mein' ich, kommt er über die Wiesen.“
Der Alte humpelte davon, und Irene stand da und schaute auf den Mann, der den Wiesenweg entlang auf sie zukam. Fred Harding,— wieder also sollte sie ihm gegenübertreten, sie hatte ihn nicht mehr gesehen seit dem Tage, als er ihr am Grabe ihres Mannes wortlos die Hand gereicht.
Er ahnte offenbar nichts von ihrer Anwesenheit und kam langsam näher und näher. Aber nun,— er zuckte zusammen, nun hatte er sie gesehen; unwillkürlich haftete sein Fuß einen Moment hindurch am Boden, dann ein paar rasche Schritte, und er stand naben ihr. Schweigend reichten sie sich die Hand, wie damals, an Bernhards Grabe,— hatten sie sich denn nach so langer Trennung nichts zu sagen?
„Ich wußte nicht, ob ich es wagen dürfte, so ohne Weiteres zu Ihnen zu kommen,“ begann Fred endlich.„Aber in der Nähe von Tettau wollte ich wenigstens sein, und von dort drüben,“ er wies nach einer kleinen Anhöhe,„kann man das Schloß sehen. Sie sind jetzt dort allein, Ihre Brüber sind nicht mehr bei Ihnen?“
Politische Fiachrichten.
* Berlin, 12. Sept. Kaiser Wilhelm und Prinz Heinrich von Preußen werden heute Donnerstag in der Morgenfrühe von den Flottenmanövern in der Nordsee nach Berlin zurückehren. Am Mittwoch Vormittag wurde in Gegenwart des Kaisers nach einem hestigen Kampfe die Jade forcirt. Nachmittags fand ein abgeschlagenes Landungsmanöver vor Wilhelmshaveu statt, welches den Abschluß der Uebungen bilden soll. Der Kaiser landete am Abend in Wilhelmshaven und wurde begeistert begrüßt. Nach eingenommenem Diner im Officiercasino wurde Nachts die Rückreise nach Berlin angetreten. Das Resuliat der Uebung is: Wilhelmshaven ist uneinnehmbar.
— Wie aus Rom officiell berichtet wird, wird Kaiser Wilhelm II am 11. October Nachmittags 2 Uhr in Rom eintreffen. Um diese Zeit geht der directe Zug München=Jansbruck=Verona=Florenz=Rom in der eoigen Stadt ein. Wahrscheinlich benutzt ihn der Kaiser von Franzensveste in Tirol aus.
— Während der Reise des Kaisers nach München, Wien, Rom, Neapel werden sich im Gefolge befinden: Der Commandant des Hauptquaitiers Generallieutenant v. Wittich und drei Flügeladjutanten, der Staatsmin ster Graf Herbert Bismarck mit einem Secretär und Graf Pückler, die Chefs des Militär= und Civilcabinets, Generallieutenant v. Hahnke und Geh. Rath Lucanus, und Geh. Regierungsrath Mießner.
— Erzberzog Albrecht von Oesterreich und Peinz Arnulph von Bayern sind am Mittwoch zur Beiwohnung der Kaisermanöver in Berlin eingetroffen und im Auftrage des Kaisers von dem Prinz=Rezenten Albrecht von Braunschweig empfangen. Das Publikum begrüßte die hohen Gäste lebhaft. Nachmittags war größere Tafel im Schlosse, bei welcher der Prinz Albiecht die Rolle des Wirthes übernahm.
— Dem Erscheinen des Feldmarschalls Erzherzog Albrecht zu den Kaisermanövern in Berlin wird dort ganz besondere Bedeutung beigemessen. Auch die„Nordd. Allgemeine“ bringt einen ausnehmend liebenswürdigen Begrüßungsartikel, indem sie schreibt:„Die Mehrzahl der fremden Fürstlichkeiten, deren Anwesenheit den diesjährigen Herbstmanövern einen besonderen Glanz verleihen wird, hat die deutsche Reichshauptstadt schon zu wiederholten Malen zu ihren Gästen zu zählen das Glück und die Ehre gehabt. Anders ist es mit dem Erzherzog Aldrecht, dem General=Inspector des österreichischen Heeres, dem als seltenen Gast Berlin seinen ehrfurchtsvollen Gruß jetzt entgegenbringt. Wenn in unserer Stadt militärischer Muth und Feldherrn=Genie auch dem Höchstgestellten noch ein besonderes Ansehen zu verleihen geeignet sind, so darf Erzherzog Albrecht den gerechtesten Anspruch auf Bewunderung erregen. Ein echter Sohn des Erzherzogs Karl hat er von seinem Vater alle militärischen Vorzüge des Siegers von Aspern geerbt und sich während einer 60jährigen Dienstzeit als siegreicher Held im Krieg und als Lehrmeister und Oeganisator des Heeres im Frieden in gleich hervorragender Weise ausgezeichnet. Nächst dem verewigten Kaiser Wilhelm hat unter den Fürstlichkeiten Erzherzog Albrecht die längste Dienstzeit aufzuweisen, bei voller körperlicher und geistiger Rüstigkeit, die ihn befähigt, die hohe Stelle im österreichisch=ungarischen Heer mit der damit verbundenen Verantwortlichkeit zu bekleiden. Dem ruhmgekrönten Feldherrn und Freunde unseres erlauchten Herrschers wird das preußische Volk seine Huldigung in Ehrerbietung darbringen.“
— Wie die„F. Z.“ erfährt, reist Kalnoky am 14. September zum Besuche des Fürsten Bismarck nach Friedrichsruh.
— Die Wohngemächer der Kaiserin Augusta im Berliner Palais unter den Linden werden jetzt einer Erneuerung unterzogen. Zunächst hat man die Räume links vom Eingange, welche sich über das historische Eckfenster bis zum Balkon hinziehen, vorgenommen; es sind darin bereits Gerüste für die Maler aufgestellt, welche ihre Thätigkeit begonnen haben. Das Berliner Palais der Kaiserin Friedrich wird ebenfalls zur Benutzung in Stand gesetzt.
— Von Münzen mit dem Bildniß Kaiser Friedrichs sind im verflossenen Monat geprägt: 449469 Doppelkronen, 127 120 Fünfmarkstücke und 22350 Zweimarkstücke. An Sildermünzen mit dem Bilde des verewigten Kaisers Friedrich sind bis jetzt überhaupt geprägt 208940 Fünfmarkstücke und 522350 Zweimarkstücke.
— In Wiesbaden fand am Mittwoch die definitive Constituirung des deutschen Emin=Pascha=Comite's unter Betheiligung des Fürsten Hohenlehe und des Fürsten zu Wied statt. Es wurde ein geschäftsführender Ausschuß gebildet, dessen erster Vorsitzender Dr. Karl Peters, erster Stellvertreter Staatsminister von Hofmann, Schriftführer Dr. Arendt, Schatzmeister von der Heydt=Elberfelo sind. Es soll sofort ein bezüglicher Aufruf veröffentlicht werden.
— Generalfeldmarschall Graf Molkte, von welchem es bekannt ist, daß er eine besondere Neigung dafür hat, von seinem Gute Creisau aus mit eigenem Gespann und ohne Gefolge mehrtägige Ausflüge ins Schlesierland hinein zu unternehmen, hat in der vergangenen Woche auf diese Weise, begleitet von seinem persöalichen Aojutanten und seiner Nichte, einen erheblichen Theil der Grasschaft Glatz befahren. In einer großen Zahl von Orten blieb der berühmte Stratege unbekannt. In den Badeorten Ludowa, Reinerz und Landeck vermochte er aber das Inkognito nicht aufrecht zu erhalten, was zahlreiche, lebhafte Ooationen für ihn zur Folge hatte. Das
„Ganz allein,“ sagte Irene.
„Vor wenigen Tagen erst,— die Nachricht traf mich in Paris,— hörte ich von dem, was Sie getroffen. Gräfin,“ seine Stimme bebte leise, „(s bedarf wohl kaum der Worte zwischen Ihnen und mir!“
Wieder streckte er ihr seine Hand entgegen, und Irene legte die ihre hinein; sie sah sein Auge mit dem Ausdruck tiefsten Mitfühlens auf sich gerichtet,— nein, es bedurfte nicht vieler Worte zwischen ihnen.
„Seit wann sind Sie nach Klatten zurückgekehrt?“ fragte die junge Frau nach kurzem Schweigen; sie zog leise die Hand zurück, die Fred Harding immer noch gefaßt hielt.
„Seit heute morgen.“
„Und gedenken nun Ihr Reiseleben aufzugeben und wieder in Klatten
zu bleiben?“
Sein Blick suchte mit seltsamem Ausdruck den ihren.
„Ich hoffe es,“ sagte er dann lanzsam, mit schwerer Betonung.
Sie gingen den Wiesenweg nebeneinander her; nicht nach Tettau zu, sondern nach der entgegengesetzten Seite, aber Irene war sich dessen wohl kaum bewußt; wie im Traum schritt sie neben Fred Harding hin, wie im Traum horchte sie auf die Stimme, die nun so lange für sie verstummt gewesen.
„Und Sie, Gräfin, wie gedenken Sie Ihr zukünftiges Leben zu ge
stalten, wo wollen Sie bleiben?“
Das war der alte, gedietende Ton, den sie von ihrer Jugend her kannte, in dem er einst, vor Jahren, Auskunft über alle kleinen Vorkommnisse ihres Lebens verlangt, und dem sie niemals hatte widerstehen können. „Wo ich bisher geblieben bin,“ sagte sie,„hier in Tettau.“
„In Tettau!“ wiederholte Fred Harding.„Bei Ihrer Schwägerin, für die Sie niemals haben Freudschaft und Sympathie fassen können, mit der ein Zusammenleben Ihnen auf die Dauer unerträglich werden würde, — ganz unerträglich!“ setzte er noch einmal fast heftig hinzu.
Sie schwieg; Fred Harding sprach ja nur das aus, was sie selbst so klar und deutlich empfand.
„Es giebt keinen anderen Ausweg für mich,“ sagte sie endlich leise.
Schweigend gingen sie weiter. Neben ihnen, in den niederen Buschen, sangen und zwitscherten die Vögel; dunte Schmeitetlinge jagten sich um sie her, und ringsum lag schimmerndes Sonnenlicht! Allmählich, wie ein Traum, Lämmerte es in Irenes Erinnerung auf: diesen selben Weg hatte sie an der Seite dieses selben Mannes schon einmal gemacht,— damals, wie heute, wogende Kornselder, jubelnder Vogelsang und leises Blätterrauschen,— nur,
Aste ete eicet ee ische erche
90. Geburtstag hoffentlich gesund und n.unter begehen.
— Oberpräsident von Bennigsen hat sein Amt mit folgender Kund gebung angetreten:„Es ist meine Aufgabe und mein fester Entschluß, das mir anvertraute Amt gerecht, unparteuisch, ohne Ansehen der Person zu verwalten und die Interessen der Provinz auf den verschiedenen Gebieten der Verwaltung nach besten Kräften zu fördern. Dazu bedarf ich nicht allein der bereitwilligen Mitwirkung und Unterstützung der Behörden und Beamten, sondern auch des Vertrauens der Bewohner der Provinz. Ist mir in meiner bisherigen 20jährigen Thätigkeit als Landesdirector Beides in erfreulichem Maße zu Theil geworden, so wünsche und erstrebe ich, daß es mir gelingen möge, auch in meinem neuen Amte in ähnlicher Weise Mutwirkung und Vertrauen mir zu erwerben und bewahren.“
— Die Leiche des Geh. Rath Pape wird auf dem Kirchhofe zu
Coburg beigesetzt werden. Dort besitzt die Familie Pape ein Erbbegräbniß, wo die beiden Kinder des jetzt Entschlafenen, die einzige Tochter und der einzige Sohn ihre Ruhestatt gefunden haben. Der„Reichsanzeiger" widmet dem Verewigten einen langen Nachruf, in welchem es heißt:„Mit Hülfe eines eisernen Fleißes und einer außergewöhnlichen Gedächtnißkcaft hatte er sich einen großen Schatz reichsten Wissens, vor Allem aber den höchsten Grad vielseitiger Rechtskunde errungen. Sein offener Blick für das Leben und dessen Bedürfnisse, sein scharfsinniger Verstand, der ihn stets im Voraus die fernliegenden Consequenzen ermessen ließ, verbanden sich mit einer hervorragenden Gestaltungsgabe, die mit Leichtigkeit und Sicherheit den schärfsten Ausdruck des Gedankens zu finden wußte. Zu diesen glänzenden Eigenschaften des Geistes traten die Vorzüge seines Herzens, das Wohlwollen gegen Jedermann, sein gerechter und unabhängiger Sinn. In seiner unerschütterlichen Treue zu König und Vaterland, seiner unbedingtesten Pflichterfüllung ist Dr. Pape das Vorbild eines echten preußischen Beamten. Sein Name wird mit der Rechtsgeschichte des deutschen Volks für alle Zeiten ruhmvoll verbunden bleiben.“
— Die Kundgebung des Termins für die preußschen Landtagswahlen ist in den nächsten Wochen zu erwarten; die Wahl wird jedenfalls in den Monat October fallen, wenn auch der Zusammentritt des neuen Landtages erst im Januar erfolgt. Der Reichstag soll möglichst schon in der ersten Novemberhälfte berufen werden, und dann müssen also die preußischen Wahlen überstanden sein. Als nächster Wahlaufruf wird wahrscheinlich der der nationalliberalen Partei zu Ende der Woche erscheinen.
— Der deutsche Innungstag hat einen Beschluß gefaßt, nach welchem fortan nur geprüfte Meister den Titel„Meister“ führen sollen; nur geprüfte Meister sollen ferner Lehrlinge annehmen und sich an Submissionen betheiligen dürfen. Bei der bekannten Stellung der verbündeten Regierungen und des Reichstages zu diesen Forderungen ist an ihre Erhebung zum Gesetz vor der Hand gar nicht zu denken.
— Neuerdings macht abermals ein Fall offenbarer Justizverweigerung Seitens der französischen Behörden in den Reichslanden in unliebsamer Weise von sich reden. Es handelt sich um die Verfolgung eines im deutschen Reichslande in Concurs erklärten Elsaß=Lothringers, welcher mit werthoollem Mobiliar über die Grenze flüchtete. Wie erzählt wird, habe das französische Gericht, dessen Hülfe angegangen wurde, seinen Beistand nicht etwa motivirt abgelehnt, sondern seine Mithülfe einfach mit dem Hinweise auf die bestehende, von Deutschland selbst gezogene Grenzlinie rundweg mündlich abgeschlagen.
— Zu Gunsten der Ueberschwemmten hat der preußische Justizminister bestimmt, daß für alle aus Staatsmitteln bewilligten Unterstützungen, welche den durch die diesjährigen Ueberschwemmungen Heimgesuchten leihweise gegeben und welche dem zu Folge auf die zu unterstützenden Besitzungen eingetragen werden, die betreffenden Ecklärungen bei der nicht streitigen Gerichtsbarkeit resp. bei dem Grundbuchamte sowohl kosten=, wie stempelfrei aufzunehmen sind.
— Die Versammlung deutscher Forstmänner in München hat als nächsten Versammlungsort Dresden bestimmt und als Vorort für 1890 Kassel gewählt.
— In dem Berliner Socialistenproceß Mähler und Genossen wegen Anheflung rother Zettel socialdemokratischen Inhalts an die Proklamationen Kaiser Wilhelms II wurde folgendes Urtheil gefällt: Sämmtliche Angeklagte sind wegen Majestätsbeleidigung freizusprechen und nur des Vergehens gegen das Socialistengesetz schuldig. Der Angeklagte Böse ist zu 14 Tagen, der Angeklagte Gindow zu 6 Wochen, die übrigen Angeklagten sind zu je zwei Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Für die Untersuchungshaft wird ein Monat abgerechnet. Der Gerichtshof hat in dem Treiben der Angeklagten wohl eine Ehrfurchtsverletzung, aber nicht eine Majestätsbeleidigung zu finden vermocht.
— In Offenburg wurden auf Grund verschiedener Haussuchungen eine Anzahl von Socialdemokraten verhaftet, darunter auch eine Frau.
— Wie aus Zanzibar gemeldet wird, ist die Erhebung der Eingeborenen in Pangani unterdrückt und General Matthews mit den zanzibaritischen Soldaten bereits wieder abmarschirt. Die Bevölkerung hat die Waffen niedergelegt und Abgesandte nach Zanzidar geschickt, welche dem Sultan ihre Beschwerden vortragen sollen.
— In Ostafrika hatten, wie schon mitgetheilt, die Eingeborenen auf die Boote des deutschen Kriegsschiffes„Möwe“ geschossen, welche zur Uebernahme der Verwaltung in den zanzibaritischen Küstenplätzen
daß sie damals jung und glücklich gewesen, und daß sich seitdem Alles für sie geändert hatte!
Und dann wieder fiel es der jungen Frau ein, daß sie schon so lange wortlos neben Fred hergehe, und daß sie etwas zu ihm sagen müßte, und als sie sich ihm zuwandte, begegnete ihr Blick dem seinen, und Fred Harding blieb plötzlich stehen.
„Ich bin Ihnen lange fern geblieben, Gräfin“, sagte er,„denn fast zwei Jahre blieb ich fort, und das ist eine unaussprechlich lange Zeit für ein heißes, sehnsüchtiges Herz! Aber nun, da ich wieder vor Ihnen stehe, lassen Sie mich Sie eins fragen: können Sie den Muth haben, so weiter zu leben!“
Sie antwortete nicht; ihre bebenden Hände schlangen sich ineinander, und ihr Auge haftete am Boden.
„Wenn wir uns einmal versündigt,“ fuhr Fred Harding mit halb unterdrückter Stimme fort,„in Worten, vielleicht nur in Gedanlen versändigt,— haben wir es denn nicht auch durch die qualvollsten Jahre gebüßtk und er, der nicht mehr ist,— Gräfin, wir beide hatten auf Eeden keinen liebevolleren und treueren Freund als ihn,— glauben Sie, er würde es gewollt haben, daß wir unter diesen Qualen unser ganzes Leben hinschleppen?—
— Unsere Herzen können doch nimmer von einander lassen, bis zu unserem letzten Atemzuge nicht,“— eine tiefe Leidenschaft bedte in seiner Stimme,
—„oder wollen Sie mich glauben machen, daß in dem Ihren nichts mehr für mich spricht?“
Immer noch kam kein Laut über Irenes Lippen, aber ihr Auge schlug sie nun zu ihm empor, und das, was Fred Harding darin las, war die alte, unvergängliche, alles überdauernde Liebe zu ihm!
Ein Ausdruck unaussprechlichen Glückes strahlte in seinen tiefbewegten Zügen auf; er nahm Irenes Hand fest in die seine:„Ich frage Sie noch einmal: können Sie den Muth haben, so weiter zu leben und mich zu einem Leben zu verdammen, wie ich es bisher geführt!“
Nein, sie hatte ihn nicht! Sie lag an der Brust des Mannes, dessen Macht über sie heute noch ebenso groß war, wie sie einst vor Jahren über Irene Hildburg, das harmlose, glückliche Kind, gewesen, dessen Bild sie mismals auch nur eine Sekunde lang aus ihrem Herzen hatte verbannen können!—„Fred Harding,“ flüsterte sie leise,— alles Weh und alle Seligkeit ihres Lebens lag in diesem einen Namen!
Und Fred hielt sie so fest in seinen Armen, als wolle er sie jetzt auch nun und nimmermehr von sich lassen,— hier war ihre Heimath, ihre Zukunft, ihr Glück!