Der Mittag

BESTANDHALTENDE INSTITUTIONEN

Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Angelika Gwóźdź, M.A. (2025), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Vorläufer

Düsseldorfer Zeitung

Seit 1904 erschien die „Düsseldorfer Zeitung am Mittag“ als Mittagsausgabe der „Düsseldorfer Zeitung“ (1814-1926). 1919 wurde die „Düsseldorfer Zeitung“ vom Verleger Heinrich Droste gekauft, der zuvor bereits die „Deutsche Bergwerkszeitung“ in Essen herausgab. Er entwickelte aus der Mittagsausgabe heraus die Tageszeitung „Der Mittag“.

Der Mittag (1920-1944)

Geschichte und Entwicklung

Am 15. Mai 1920 erschien die erste Ausgabe des „Der Mittag. Westdeutsche Tageszeitung für Sport / Verkehr / Politik / Kunst“, herausgegeben von Heinrich Droste im Verlag „Düsseldorfer Zeitung Aktien-Gesellschaft“ in Düsseldorf. Zur Verbreitung setzte der Verlag vor allem auf den Straßenverkauf, der zu der Zeit noch ungewöhnlich war. Zunächst war der „Mittag“ noch nicht losgelöst von seiner Mutterzeitung, wie dem Zeitungskopf zu entnehmen ist: Während sich die Nummerierung an den Ausgaben des „Mittag“ orientierte, war die Jahrgangszählung weiterhin abhängig von der „Düsseldorfer Zeitung“, die sich im 175. Jahrgang befand. Die Chefredaktion hatte Franz Kemper inne. Dieser Zusatz fiel ab dem 16. Februar 1921 weg und mit der Umbenennung des Verlags in „Industrie-Verlag und Druckerei AG“ war die Vergangenheit des Stahl‘schen Traditionsunternehmens nur wenige Monate später endgültig abgestriffen.

Im Jahr 1920 konnte der „Mittag“ zwischen dem 19. November und dem 19. Dezember auf Grund eines Streiks der Buchdrucker nicht erscheinen. Im Dezember 1922 wurde der „Mittag“ für 8 Tage verboten.

1926 konnte das große Pressehaus, gebaut vom Architekturbüro Tietmann und Haake, bezogen werden. Darin fanden Redaktionen, Verlagsabteilungen, Verwaltung, Druckerei und -büro, Reisebüro des „Mittag“ und Annoncen-Expedition der „Rheinisch-Westfälischen Korrespondenz“ Platz (1.12.1926). Die alten Räumlichkeiten der „Düsseldorfer Zeitung“ in der Worringer Str. 60 genügten nicht mehr, um die verschiedenen Verlagsunternehmen, darunter die „Rheinisch-Westfälische Wirte-Zeitung“ und „Der Düsseldorfer Stadt-Anzeiger“, zu beherbergen. Im Pressehaus erschienen u.a. auch der „Rheinische Anzeiger“ (1926-33) für Krefeld und die „Gladbach-Rheydter Zeitung“ (1931-33) sowie diverse Zeitschriften. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, der Anbau von Bernhard Pfau blieb unversehrt. 1949 mobilisierte Droste alle Kräfte zum Wiederaufbau. Der komplette Bau musste jedoch 1990 den Schadow-Arkaden weichen. Nur noch die Fassade blieb erhalten.

Ab dem 2. November 1928 wurde der Untertitel geändert in „Illustrierte Tageszeitung für Sport / Verkehr / Politik / Kunst“. Anders als der „Düsseldorfer Stadt-Anzeiger“, der 1935 zwangsweise in der „Volksparole“ aufging, konnte der „Mittag“ fortbestehen. 1936 wandelt Droste den „Industrie-Verlag und Druckerei AG“ in „Droste Verlag und Druckerei KG“ um. Dieser lag mit seinen thematischen Schwerpunkten in Sport und Kultur nicht im Interessensgebiet der „Volksparole“. Das Pressehaus wurde zu einem Großteil bei einem Bombenangriff im Jahr 1943 zerstört. Der „Mittag“ wurde wegen „den totalen Krieg bedingten Konzentrationsmaßnahmen“ (28.8.1944) am 31. August 1944 eingestellt.

Titeländerungen

  • 1920 „Der Mittag. Westdeutsche Tageszeitung für Sport / Verkehr / Politik / Kunst“
  • ab 2. November 1928 „Der Mittag. Illustrierte Tageszeitung für Sport / Verkehr / Politik / Kunst“

Inhalt und Politische Ausrichtung

Der Mittag bezeichnete sich als unparteiische Zeitung (15.5.1920) und ließ alle Parteien inserieren.

Besonders der Einsatz von Fotos, Illustrationen und Zeichnungen fällt ins Auge. Der Sportteil, aber auch das Feuilleton haben Beachtung über die Grenzen der Stadt und Region hinaus gefunden. Neben einem politischen Aufmacher fanden auf der ersten Seite außerdem Sportergebnisse und bedeutende Ausstellungen und Kulturveranstaltungen Erwähnung. Unter der Rubrik „Buntes vom Tage“ wurden Meldungen zu Leben und Alltag abgedruckt, weitere Rubriken waren „Theater und Kunst“, „Wirtschaftliches“ und „Humor des ‚Mittag‘“. Der Sportteil erhält eine bis zwei ganze Seiten. Nach dem Absetzen der Beilage „Die Frau von Heute“ (1930-1931) bezog der „Mittag“ die Artikelreihe „Kämpfende Frauen“ von Senta Neckel, die auch in anderen Zeitungen abgedruckt wurde. Ab 1939 keine Pressezeichnungen mehr, stattdessen nur noch Fotografien.

In den 1930er Jahren machte sich die Ablehnung gegenüber dem Nationalsozialismus vor allem im Feuilleton bemerkbar, denn hier wurde sich über Propagandawerke lustig gemacht und über jene Kunst und Kultur berichtet, die von den Nationalsozialist*innen verachtet wurde. Die politischen Kommentare des Journalisten Gottfried Stoffer als „Lynkeus“ in der Spalte „Wie steht´s heute Mittag“, sind laut Stöcker von seinen engen Kontakten zur englischen Arbeiterpartei gefärbt. Bereits zur „Machtergreifung“ Hitlers schreibt der Lynkeus: „Man muß dieser neuen Regierung eine Aussicht geben, und was ihre Gegner auch an ihr kritisieren und mäkeln mögen, das eine steht fest: Sie hat die Opferbereitschaft und die Begeisterung großer nationaler Massen des Volkes hinter sich“ (31.1.1933). 1943 folgte unter der Hauptschriftleitung von Heinz Gorrenz der Politikteil der regierungstreuen, optimistisch angehauchten Kriegserstattung und übernahm ns-propagandistische Texte auch abseits der Meldungen des Deutschen Nachrichtenbüros. Auch der „Lynkeus“ passte sich dem Duktus an und beteiligte sich zum Beispiel an antisemitischer Hetze.

Personalia

Die Journalistin und Frauenrechtlerin Hulda Pankok, Schwester von Heinrich Droste, schrieb bereits für das Feuilleton vom Düsseldorfer Stadt-Anzeiger und der Düsseldorfer Zeitung. Da sie 1936/37 Berufsverbot bekam, veröffentlichte sie fortan nur noch Buch-, Film- und Theaterkritiken und arbeitete später als Lektorin. Aus dem Hintergrund unterstützte sie Juden im Ausland finanziell. Auch weitere Schriftsteller*innen und Dichter*innen, denen Berufsverbot auferlegt wurde, bekamen das Angebot, am Mittag mitzuarbeiten. So auch der Dichter Herbert Eulenberg, der Literaturhistoriker Artur von Grolmann, der Kritiker Wolfgang Steinecke. Der Berliner Theaterkritiker veröffentlichte trotz Berufsverbots unter dem Pseudonym „Peter Johannsen“. Ob die Beilage „Das geistige Leben“ aus Hulda Pankoks Feder stammt, lässt sich in der Zeitung nicht nachweisen. Für diese schrieb sie, mit einer kurzen Unterbrechung, bis 1941 Theaterkritiken und Buchrezensionen.Wenige Ausgaben bespielte sie alleine (12.12.1934). Lediglich Jahr 1933 wurde mit Helmut Henrichs ein verantwortlicher Redakteur angegeben (6.9.1933).

Der Kunstmaler Otto Pankok fertigte im Zeitraum von 1924 bis 1937/38 für den „Mittag“ Porträts von Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur, Theater, Politik, sowie dem Militär, häufig nach Fotovorlage, an. In wenigen Fällen wurde er zum Zeichnen vor Ort entsendet, zum Beispiel, um den Haarmann-Prozess in Hannover (19.12.1924) oder Sitzungen des Provinziallandtages (22.5.1929) festzuhalten. Für die Schriftstellerin Nanny Lambrechts Beilage „die Frau von heute“ fertigte er Porträts von Figuren der internationalen Frauenbewegung an, so zum Beispiel von der persischen Diplomatin Zohra Heidery oder der Präsidentin der griechischen Frauenliga Avra Theodoropoulou. Für die Beilage „Das geistige Leben“ porträtierte er Nobelpreisträger*innen, Literat*innen und Künstler*innen. Auch wenn seine Porträtstudien und Karikaturen von nationalsozialistischen Politikern letztlich nicht abgedruckt wurden, so lässt sich handschriftlichen Notizen auf den Zeichnungsblättern entnehmen, dass sie explizit zum Abdruck im „Mittag“ gefertigt wurden. Gelegentlich schrieb er auch Buchrezensionen.

Weitere Mitarbeitende:

  • Chefredaktion: Franz Kemper, Gustav Luhde, Franz Tepel, Heinz Gorrenz (1943-45)
  • Politik: Franz Tepel, Willy Kranefeld, Karl Baals, Bernhard Haas,
  • Sport: Heinz Haeffs, Hannes Berger, Hubert Benedict und Otto Schwarz, Ernst Heicke, Arnold Thelen
  • Feuilleton: Emil Barth, Josef Lodenstein, Will Seringhaus, Dr. Feldmann, Oskar Jahnke, Ernst Burkhard, Heinrich Lützeler, Kurt Sauer, Hulda Pankok, Helmut Henrichs, Otto Bües, Willy E. J. Schneidrzik, Heinrich Wolfgang Steinecke, H. Schwarwächter, Marc Stommel, Karl Ziegenbein, Ferdinand Ehringhaus, Kurt Heifer, Gustav Ludde
  • Frauenbeilage: Nanny Lambrecht
  • Pressegraphik: Otto Pankok, Richard Bloos, Rudi von Endt, Otto Hämstädt und Anton Schütz, Paul Franck

Periodizität, Auflage und Format

Tägliches Erscheinen mit Ausnahme Sonntags. 4 Seiten mit vierspaltigem Text, davon 1 Seite Anzeigen. Durch den wachsenden Erfolg konnte die Seitenzahl bis zum Jahr 1933 auf bis zu 16 Seiten vergrößert werden. In Kriegszeiten mussten sie jedoch wieder auf 4 Seiten reduziert werden.

Auflage

  • 1933: 100.000
  • 1935: 42.975

Beilagen

  • 1920-1922?: „Die Mode des ‚Mittag‘“, bearbeitet von Annemie von Keller, wöchentlich, Samstag
  • 1920-1922: „Kunst und Satire des ‚Mittag‘“, wöchentlich, Montag
  • 1921: „Film und Buntbühne“, zweiwöchig, mittwochs (1.1.1921)
  • 1921: „Die Sportindustrie des Mittag“
  • 1922 „Filmwelt des Mittag“, freitags
  • 1922 „Rad- und Motorrad-Beilage“
  • 1926: „Beilage des Mittags“
  • 1926: „Auto und Motorrad“, aus Anlaß der Deutschen Automobil-Ausstellung
  • Ab September 1931-1939: „Das geistige Leben“, Feuilleton, wöchentlich, Redaktion Helmut Henrichs
  • „Seelenprobleme der Gegenwart“
  • „Reise- und Bäder-Anzeiger“, wöchentlich
  • Wochenend-Beilage, wöchentlich, mit Berichten zu Ausflugszielen
  • 1933 „Bekenntnisse zu Deutschland“, von Papen, Thomas Mann, Herrmann Graf Keyserling
  • 1930- Juni 1931 „Die Frau von heute“, bearbeitet von Nanny Lambrecht
  • September 1931 – 1939 „Das geistige Leben“, wöchentlich, mittwochs

Konkurrenzblätter

Der Völkische Verlag scheiterte daran den „Mittag“ durch „Sport am Mittag. Amtliche nationalsozialistische Sport- und Jugendzeitung“ abzulösen.

Nachfolger

Mit Wegfall der Lizenzpflicht konnte ab dem 29. Oktober 1949 „Der Mittag. Die große unabhängige Tageszeitung für Deutschland“ wiedererscheinen, ab 1953 mit einer zusätzlichen Spätausgabe. 1958 starb Heinrich Droste und seine Frau Trude Droste und der Sohn Manfred Droste übernahmen die Geschäfte. Der „Mittag“ wurde 1963 an den Axel-Springer-Verlag verkauft, der die Zeitung am 20. September 1967 einstellte.

Literatur und Quellen

  • Jahn, Bruno: Die deutschsprachige Presse. Ein biographisch-bibliographisches Handbuch, München: K. G. Saur 2005, S. 220.
  • Ermacora, Beate / Anja Bauer-Kersken: Die geistige Emigration. Arthur Kaufmann, Otto Pankok und ihre Künstlernetzwerke, Bielefeld/Leipzig: Kerber 2008.
  • Fenner, Wolfgang: Pressezeichnungen. Otto Pankok Werkverzeichnis, Bd. 4, Düsseldorf: Droste 2002.
  • Looz-Corswarem, Clemens von / Peter Henkel /Benedikt Mauer: Das große Düsseldorf-Lexikon. Köln: Greven, 2012, S. 147.
  • Stöcker, Hans: 250 Jahre Düsseldorfer Presse. Düsseldorf: Rheinisch-Bergische Druckerei 1962.
  • Stöcker, Hans / Heinz Greeven / Peter Herbrand: Zwischen den Zeilen. Ein Beitrag zur Geschichte des Widerstandes der deutschen bürgerlichen Presse gegen die Diktatur des Nationalsozialismus. Düsseldorf: Droste 1948
  • Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse. 1933. (Adreßbuch der deutschen Zeitschriften und der hervorragenden politischen=Tagesblätter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz)
  • Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse. 1935. (Adreßbuch der deutschen Zeitschriften und der hervorragenden politischen=Tagesblätter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz)