Das Lippische Volksblatt erscheint wöchentlich einmal und beträgt der Preis desselben vierteljährlich 5 Silbergroschen. Bestellungen darauf, sowie sonstige Mit15• theilungen und Inserate werden direct an die Verlagshandlung zu senden oder an Herrn Kaufmann Brandes in Lemgo abzugeben gebeten. den 21. December 1848. Tagesereignisse. In Frankreich ist die Wahl des neuen Präsidenten beendigt; das Ergebniß ist zwar noch nicht amtlich von der Nationalversammlung verkündigt, es ist aber schon gewiß, daß Louis Napoleon für die nächsten 4 Jahre Präsident sein wird. Nach den letzten Nachrichten hatte Louis Napoleon bereits 5,003,769 Stimmen, dagegen der General Cavaignac nur 1,246,407. Vor einigen Wochen hätte Niemand ein solches Resultat für möglich gehalten; in Frankreich geht aber bei der Beweglichkeit des französischen Volks Alles einen raschen Gang. Diejenige Partei, welche die Februarrevolution zuerst als Sieger emporgehoben hatte, und die sogenannte sociale Republik gründen wollte, wurde in den Junitagen in den furchtbaren Kämpfen auf den Straßen von Paris überwältigt, die Häupter dieser Partei sind theils damals gefallen, theils sitzen sie jetzt in Gefängnissen oder sind landesflüchtig geworden. An die Stelle der socialen oder communistischen Republik trat dann die constitutionelle mit dem Präsidenten Cavaignac an der Spitze, diese wird jetzt beseitigt, und wenn auch der Name„Republiks noch eine Zeitlang in Frankreich figuriren wird, so ist es doch durch die jetzige Abstimmung ganz klar geworden, daß die Mehrheit des französischen Volks nicht die Republik, sondern die Monarchie wieder will. Die Nation hat dabei nach dem Schatten eines großen Mannes gegriffen, ob derselbe ihr das bringen wird und kann, was sie wünscht und was zu ihrem wahren Besten dient, wird die Zukunft ausweisen. Ohne große vorhergegangene Ereignisse wird Louis Napoleon den Kaiserthron, wornach er strebt, nicht besteigen können, sein abenteuerlicher Geist wird deshalb nach großen, kühnen Unternehmungen trachten, wozu es ihm bei der jetzigen Weltlage an Gelegenheit nicht fehlen wird. Wenn der neue Präsident den Krieg versuchen will, so sind ihm die Verhältnisse in Italien gleich günstig. Der Pabst ist noch immer in Gaêta; gegen die Beschlüsse der provisorischen Regierung in Rom hat er feierlichst Protest erhoben. In der Stadt Bologna scheinen sich alle diejenigen zu sammeln, die es mit dem Pabste halten, die erst ihre Kräfte vereinigen wollen, um dann den Hauptschlag gegen Rom auszuführen. Indem so im Westen und Süden von Deutschland große Ereignisse und wichtige Entscheidungen sich vorbereiten, ist es ein Glück, daß die Verfassung für Deutschland bald unter Dach und Fach sein wird. In diesen Tagen wird entschieden, daß ein erblicher Kaiser an der Spitze von Deutschland stehen wird. Die Kaiserkrone wird wahrscheinlich an Preußen kommen, weil es der mächtigste Staat in Deutschland ist, eine große Partei ist aber auch noch für Oestreich. Zwischen Ungarn und Oestreich rückt die Entscheidung immer näher heran; wenn sich die letzten Nachrichten von dort bestätigen sollten, so hätten die Ungarn jede friedliche Ausgleichung unmöglich gemacht, nach dieser Nachricht sollen nämlich die Ungarn sich von Oestreich ganz losgesagt und ihren Landsmann Kossuth als Ludwig IV. zum König ausgerufen haben. Sonst gewinnt in Deutschland die Herr 159 160 schaft des Gesetzes immer mehr wieder Raum. In Preußen werden alle diejenigen Democraten, die in der letzten Zeit einen Freibrief zum Aufruhrstiften und zur Empörung zu haben meinten, jetzt vor Gericht gezogen; weshalb die meisten es für gut befinden, sich schleunigst unsichtbar zu machen. In dem benachbarten Bielefeld ist der bekannte Rempel ebenfalls flüchtig geworden. In der Provinz Schlesien hat eine ganze Gegend in Belagerungszustand erklärt werden müssen, weil aufgewiegelte Landleute raubend und mordend gegen die Besitzenden umherzogen. Ein Gutsbesitzer in dem dortigen Dorfe Rosen wurde in seinem Hause von einer solchen Bande überfallen und erschossen. Als die benachbarten Gutsbesitzer den Getödteten zu Grabe begleiteten, hatte jeder ein geladenes Gewehr bei sich, um sich nöthigenfalls vertheidigen zu können. Den Mörder hat aber bereits sein Schicksal ereilt. Denn als er einige Tage darauf bei einem andern Oekonomen wieder an der Spitze einer Rotte ins Haus drang, wurde er gerade, als er nach der Sprengung der Stubenthür in das Zimmer wollte, von dem bewaffneten Hausherrn niedergeschossen, worauf sich die Andern verliefen. Am 1. d. M. hat sich auf einem englischen Dampfschiffe auf der Fahrt von Liverpool ein schreckliches Unglück zugetragen. Um Mitternacht, wo ein heftiger Sturm sich erhob, wurden die Passagiere vom Deck in die Kajütte getrieben, und um das Eindringen des Wassers zu verhüten, die einzige Luke verschlossen. In diesem Raume von 18 Fuß Länge, 10 bis 12 Fuß Breite und 7 Fuß Höhe waren 150 Menschen eingesperrt, deren Schreien beim Sturme nicht gehört wurde. Als man endlich in den Raum drang, erlosch die erste Laterne in der Stickluft. Es sind über 70 Menschen erstickt. Als das Schiff ans Land kam, wurden der Kapitän und die Mannschaft verhaftet. Landtagsverhandlungen. Montag den 18. Dec. Morgens 10 Uhr wurde der Landtag in der lutherischen Kirche eröffnet. Alle Deputirte anwesend außer dem Hrn. v. Donop. Statt des ausgeschiedenen Hildebrand ist der Burgemeister Schuster aus Lage einberufen. Außerdem waren gegenwärtig die Regierungsräthe Piderit, v. Meien und Heldman, letzterer als Landtagscommissarius. Die von der Regierung gemachten Propositionen betreffen das Wahlgesetz, die Zusammensetzung des Landtags, die gerichtliche Untersuchung in Zoll= und Steuersachen, die Oeffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen und den Etat der Land=, Militär=, Wegbau=, Medicinal= Straf= werkhaus= und Zuchthauskasse.— Nachdem der Burgem. Ernst Namens der Ausschußdeputirten über einige Verhandlungen mit der Regierung Bericht erstattet und sodann mehrere an sich unwichtige Eingaben an die Stände vorgelesen und zu den Acten genommen waren, trat der Dr. Meyer auf und beschuldigte die Regierung dreier Verfassungsverletzungen und zwar 1) bei der Wahl des Deputirten nach Frankfurt, wo die Regierung ohne Zuziehung der Stände einseitig ein Wahlgesetz erlassen habe; 2) sei er als Substitut von Petri bei dessen Abwesenheit in Frankfurt nicht zur CatasterCommission gezogen, vielmehr sogar zurückgewiesen worden; und 3) habe die Regierung das von den Ständen genehmigte Preßgesetz nicht publicirt. Die verlangte sofortige Discussion über dieses leere Stroh wurde verworfen, aber beschlossen, sie auf die nächste Tagesordnung zu setzen. Ebenso wurde die sofortige Berathung des Wahlgesetzes abgelehnt, dagegen eine Commission ernannt, um am nächsten Tage über das Wahlgesetz zu berichten. Ob außer dem Wahlgesetz die andern von der Regierung gemachten Propositionen bei den Ständen überhaupt zur Discussion kommen sollten oder nicht, wurde ebenfalls einer Commission zur Berichterstattung überwiesen.— Da durch Sitzenbleiben oder Aufstehen gewöhnlich abgestimmt wurde, so machte der Hr. Dr. Meyer gegen das Ende der Sitzung dem Präsidenten den Vorhalt, daß, wenn er einen Antrag durchbringen wolle, er diejenigen, welche dafür seien, zum Sitzenbleiben auffordere, solle aber ein Antrag nicht durchgehen, so fordere er diejenigen, welche dafür wären, zum Aufstehen auf, der Präsident wies diesen an sich lächerlichen und für die übrigen Deputirten beleidigenden Vorwurf zurück. Dienstag den 19. Morgens 10 Uhr. In der heutigen Sitzung der Ständeversammlung übernahm es der Regierungs=Commissarius, Regierungsrath Heldman, nachdem das Protokoll der gestrigen Sitzung, sowie einige unbedeutende Eingaben der Volksvereine von Lemgo, Brake 2c. verlesen und letztere zu den Acten gelegt waren, die 3 Anklagen des Dr. Meyer: Verfassungsverletzungen von Seiten der Regierung betreffend, zu widerlegen, was auf so gründliche Weise geschah; daß der Antragsteller die,— das einseitig erlassene Wahlgesetz über den Deputirten nach Frankfurt betreffend, selbst zurücknahm, indem sich unter andern auch aus dem Vortrage des Commissarius zur großen Verwunderung ergab, daß jener, als damaliger substituirter Ausschußdeputirter selbst zu der Publication nicht allein seine Zustimmung gegeben, sondern auch einige von ihm vorgeschlagene Veränderungen darin berücksichtigt waren.— Wegen der andern beiden Anklagepunkte: 1) 161 162 seine Nichtzulassung als Substituten des Ausschußdeputirten zu den Sitzungen der Cataster=Commission, und 2) die Unterlassung der Publication des früher auf dem Landtage berathenen Preßgesetzes, beschloß die Versammlung, nachdem sie sich nach den gegebenen Erläuterungen des Commissarius von der Grundlosigkeit auch dieser Anträge hinlänglich überzeugt hatte, ohne weitere Discussion zur Tagesordnung überzugehen, womit denn der Hr. Antragsteller mit allen seinen Beschwerdepunkten, worauf er vorher so großes Gewicht gelegt hatte, durchgefallen war. Dann schritt man zur Berathung des proponirten Wahlgesetzes, mit dem die erwählte Commission sich im Wesentlichsten nicht einverständen erklärte, indem sie sich für directe Wahlen entschieden habe. Die Discussion über diesen Gegenstand wird in der morgenden Sitzung fortgesetzt werden.— Mittwoch den 20. Morgens 10 Uhr. In der heutigen Versammlung der Landstände stattete der Geheime Justizrath Petri, Namens der dazu bestellten Commission Bericht darüber; ob und in wie weit auf eine Prüfung der von der Regierung vorgelegten Propositionen, mit Ausnahme des Entwurfs zur Wahlordnung, eingegangen werden solle. Nach den Vorschlägen des Berichterstatters wurde die Proposition: die Oeffentlichkeit der Verhandlungen in Gemeinde=Angelegenheiten betreffend, zurückzulegen und nicht zur Berathung zu ziehen per majora beschlossen, die vorgelegten Etats aber einer zweiten Commission zur Begutachtung zugetheilt. Dann gingen die Stände zur Berathung des Berichts über das Wahlgesetz über und trug der Abgeordnete Dr. Meyer eine Beschwerde gegen den Vorsitzenden wegen des von ihm bei dem Drucke des Gutachtens der Commission beachteten Verfahrens vor, indem derselbe verhindert habe, daß nach dem Beschlusse der Commission im Eingange der Verordnung die bisherige Form„Von Gottes Gnaden“ weggelassen worden. Nachdem sich die übrigen Commissionsmitglieder darüber ausgesprochen hatten, wurde beschlossen, der Beschwerde keine Folge zu geben, worauf der Antragsteller seinen Austritt aus der Ständeversammlung, die nicht auf der Höhe der Zeit stehe, anzeigte. Die Fama will jedoch diesem angegebenen Grunde zum Austritt keinen Glauben schenken und meint, daß derselbe ein ganz anderer als dieser sei! Klimpern hört zum Handwerk! Nach Verlesung des Gutachtens der Commission wurde über das aufgestellte Princip der directen Wahlen verhandelt, und betheiligten sich bei der Debatte der größere Theil der Mitglieder. Nach deren Schluß wurde die Abstimmung auf die morgende Sitzung vertagt. Tages=Ordnung für morgen die weitere Berathung des Wahlgesetzes. Eulenspiegel in der Klemme. Die Sache hat ihre Richtigkeit. Nach sichern Berichten von Bielefeld hat Ralph Eulenspiegel den dummen Streich gemacht und sich auf die Schriftstellerei gelegt, ein Handwerk, das er eigentlich nicht versteht und wozu ihn nur seine Vettern verleitet haben, die seit Einführung der Preßfreiheit alle sich mit Schriftstellerei abgeben. Genug, Ralph Eulenspiegel schreibt ein Wochenblatt, das er 2Volksfreunde nennt und worin er die Leute zu Narren hat. Da nun aber die ganze Familie Eulenspiegel schon lange einen heftigen Haß auf den König von Preußen geworfen hat, weil er ihr kein Patent zum ungestörten Betriebe ihrer: Eulenspiegeleien in seinem Lande ertheilen will, so denkt Ralph:„Ei, du nennst dich Volksfreunds, und was heutiges Tages ein ächter Volksfreund ist, der schimpft auf Obrigkeit und Landesherrn und schwört bei seinem Bart und seiner Cigarre, sie müßten stürzen. Hat ja sogar Mosje Louis, der doch nur ein Eulenspiegelscher Schildknappe ist, im Lippischen laut und öffentlich ausgeschrien: Fürst und Regierung müßten fallen, und gölte es Gut und Blut. Du sollst also auch mal recht herzhaft auf den König von Preußen schimpfen. Gedacht, gethan. Der „Volksfreunde Ralph Eulenspiegel schimpft so gewaltig, daß er den König sogar einen Mörder und Verräther seines Volkes genannt haben soll. Als sich aber Ralph auf einmal wegen dieses Artikels vor dem Criminalgerichte zu Herford in der Klemme sieht, da kratzt er sich hinter den Ohren und sagt: der Artikel ist nicht von mir, ich bin unschuldig, mein Vetter Wolf Eulenspiegel im Lippischen, der schon lange auf eine feste Anstellung speculirt, ist der Verfasser. Erhält dieser freies Logis und freie Kost, so wird er zufrieden sein; die Zeiten sind schlecht und drückend, vielleicht hat er gedacht, auf diese Weise seinen sehnlichsten Wunsch zu erreichen.— Man muß gestehen, die Eulenspiegels sind nährige Leute und wollen ehrlich durch die Wett. In Folge des von hiesigen Stadtverordneten gefaßten Mediatisirungs= Beschlusses, dessen erbetene Abschrift aus dem Protocolle aber verweigert worden, ist 163 164 von mehreren Bürgern nachfolgender Protest an das Stadtverordneten=Collegium eingesandt. „Das Collegium der Stadtverordneten hat in einer kürzlich abgehaltenen Sitzung den Beschluß gefaßt, eine Petition nach Frankfurt zu senden, worin die Mediatisirung unsers Landes beantragt wird. Wenn es auch den einzelnen Stadtverordneten frei steht, für ihre eigene Person jede beliebige Petition nach Frankfurt zu befördern, so ist es doch nichts weiter als ein Mißbrauch der amtlichen Stellung, wenn das Collegium auch in politischen Fragen als Vertreter der Bürgerschaft auftritt, weil demselben hierzu alle und jede Befugniß abgeht. Wie weit die Befugnisse der Stadtverordneten gehen und wie weit die Beschlüsse derselben für die Bürgerschaft bindend sind, ist durch die Städteordnung klar festgesetzt und hat sich das Collegium in allen seinen amtlichen Handlungen nach diesen Bestimmungen zu richten.a „Unterzeichnete Bürger müssen allen Ernstes hiermit gegen die offenbare Ueberschreitung der gesetzlichen Befugniß Protest erheben und sprechen zugleich die Erwartung aus, daß das Collegium sich künftig nicht wieder in ähnliche Ueberschreitungen seiner Befugnisse verirren, sondern nur dasjenige besorgen werde, was innerhalb seines Amtes ist. a nserate. Detmold. Frische süße Schellfische, Cabeliau, Vollbückinge zum Braten, Englische Bückinge zum Rohessen, Neunaugen, Christiana=Anschovis, Caviar, Apfelsinen, Orangen, Citronen, grüne Malaga=Weintrauben, große italienische Maronen, Croneberger Castanien, Trauben=Rosinen, Sultanin=Corinthen, Mirabellen, Kirschen, Bamberger Zwetschen, italienische Haselnüsse sind angekommen und empfiehlt zu geneigter Abnahme F. C. Meyer, Leopolds= Straße. Julius Rischmann, Mechanikus und Optikus aus Coblenz, zeigt hierdurch ergebenst an, daß der Aufenthalt hier in Detmold mit seinen und Augengläsern, worunter sich besonders eine Sorte Gläser befindet, die für des Abends und zum Federnschneiden zu empfehlen sind, nur noch bis Samstag den 23sten d. M. dauert. Das Lager befindet sich beim Hrn. Burgemeister Meyer und ist den ganzen Tag von ½9 Uhr bis Abends 7 Uhr zum Verkauf und zur Ansicht geöffnet. Lippische Volksblatt erscheint wöchentlich einmal und kostet durch uns direct bezogen 5 Sgr., durch die Post aber vom 1. Januar 1849 an, 7½ Sgr. pr. Quartal. Diejenigen Abonnenten, welche dasselbe bisher durch die Post bezogen oder es vorziehen, künftig auf diese Weise zu erhalten, bitten wir: die Bestellungen auf das nächste Quartal dort recht bald aufzugeben, damit in der Zusendung keine Unterbrechung entsteht. Bei später eingehenden Bestellungen können wir uns nicht verpflichten, die bereits ausgegebenen Nummern nachzuliefern. Aus gleichem Grunde ersuchen wir auch die auswärtigen Leser der Vaterländischen Blätter, die Bestellungen auf das am 1. Januar 1849 beginnende neue Quartal bei der Post schon jetzt zu machen. Detmold den 1. December 1848. Meyer'sche Hofbuchhandlung.