Die„Lippische Landes=Zeitung“ erscheint mit Ausnahme der Sonn= und Festtage täglich und werden derselben die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsblattes für das Fürstenthum Lippe unentgeltlich als Extrabeilage beigegeben. Redaction u. Expedition: Detmold, Leopoldstraße Nr. 117. ** Abonnementspreis für das Vierteljahr In Detmold 2 Mark 25 Pf., auswärts durch die bezogen 2 M. 60 Pf. Inserate werden mit 12 Pf. für den Raum der einfachen Corpus=Spalizeile berechnet. 0 Verantwortlicher Redacteur Friedrich Herring. Druck und Verlag der Meyer'schen Hofbuchdruckerei(Gebr. Klingenbera) in Detmold DJe 112. Dienstag, 14. Mai. 878. Aus dem Reichstage. F. Wenn nicht noch unerwartete Ereignisse eintreten, so steht es wohl jetzt schon fest, daß das wichtigste Ergebniß der diesmaligen Reichstagssession die Revision der Gewerbeordnung sein wird. Indem wir uns vorbehalten, auf die Verhandlungen über dieselbe nach der dritten Lesung eingehender zurückzukommen, wollen zur Zeit nur constatiren, daß die Anträge der Sommission des Hauses, die im wesentlichen an die Horlage der Regierung sich anlehnten, mit wenigen Abanderungen zur Annahme gelangten, daß alle weitgehenden Anträge abgelehnt wurden. Unter den letzteren ist besonders der von der Socialdemokratie eingebrachte Antrag auf Einführung des Normal=Arbeitstages zu erwähnen, dessen mit allen Stimmen gegen die der Socialdemokraten erfolgte Verwerfung von dem„Vorwärts“ in seiner gewohnten Hetzmanier folgendermaßen commentirt wird.„Wie voraus zu sehen war, wurde der Antrag abgelehnt. Es kann also in der althergebrachten gewohnten Weise in das Maßlose hinein weiter ausgebeutet und geschunden werden."...„Reichsboten dürfen sich nicht wundern, wenn das Volk(!) über die reichstägliche Gesetzesmacherei die Achseln zuckt und sich nach anderen, das Volkswohl voll und ganz verbürgenden Maximen umsieht." Derartigen Drohungen und Schmähungen der Majorität des Reichstages begegnet man täglich in den socialistischen Blättern; angesichts des Verhaltens der Socialdemokraten innerhalb und außerzalb des Reichstages gewinnt die in der Sitzung vom zefallene Aeußerung eines Mitgliedes der ultrapolitignen Fraction(des Abg. Lieber), daß seine reitlischen Sympathien mehr zu dem Socialisten Chef Rost, als zu dem conservativen Herrn von Helldorf hinneigen, ein doppeltes Interesse. Ob wohl der Abg. Windthorst=Meppen von dieser Offenheit seines Parteigenossen sonderlich erbaut sein wird? Jedenfalls wäre es höchst nöthig, daß die Conservativen von diesem Bekenntniß der Ultramontanen endlich gebührend Act nehmen, damit sie einsehen, von welchen Gesinnungen die Ultramontanen gegen sie beseelt sind. In Bezug auf die Tabackenquête giebt die Prov. Corr. vom 8. der Hoffnung Ausdruck, daß der Reichstag der Regierung die Möglichkeit nicht wird entziehen wollen, die Untersuchung nach allen Seiten vollständig und erschöpfend zu führen. Ob diese Erwartung sich bestätigen wird, hängt von der national=liberalen Partei ab; folgt sie den Wünschen der Fortschrittspartei, so bird aus der Enquête ebensowenig etwas, als aus jeder Steuer=Reform oder Steuervorlage! Conjecturen kurz vor der Entscheidung anzustellen, scheint müssig; doch wird versichert, daß das Verlangen nach constitutionellen Bürgschaften in der national=liberalen Partei in der Zunahme begriffen ist,— ein Symptom, welches nicht nur die Steuerreform, sondern auch alle Vorbereitungen derselben in weite Ferne zu rücken geeignet scheint. Falls die Sitzungen des Reichstages schon innerhalb zwölf oder fünfzehn Tagen geschlossen werden sollten, gilt eine Betheiligung des Reichskanzlers an seinen Berathungen nicht mehr für wahrscheinlich, da die Anstrengungen der parlamentarischen Debatten auf seine Reconvalescenz eine entschieden nachtheilige Wirkung ausüben müßten.— Deutsches Reich. Deutscher Reichstag. 45. Sitzung vom 10. Mai. Präsident v. Forckenbeck eröffnete die Sitzung um 11 Uhr 35 Min. Das Haus war zahlreich besetzt; die Tribünen waren gefüllt. Am Bundesrathstische: Präsident im Reichskanzleramte Hofmann, königlich preußischer Bevollmächtigter Finanzminister Hobrecht, Director im Reichskanzleramte Dr. Michaelis, sowie eine große Zahl anderer Bevollmächtigter beim Bundesrathe. Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend statistische Erhebungen über die Tabakfabrikation und den Tabakhandel, und die Feststellung eines Nachtrages zum Reichshaushaltsetat für das Jahr 1878/79. Der Reichskanzleramtspräsident Hofmann empfahl die unveränderte Annahme der Vorlage. Bei der früheren Vorlage, betreffend die Tabakssteuer, wollte die Reichsregierung eine nothwendige Vermehrung der Einnahme des Reiches erzielen und gleichzeitig eine Steuerreform anbahnen, in dem man mit der Vermehrung der indirekten Steuern begann. Dies sei das Programm einer wirklichen nationalen deutschen Finanzpolitik. Der Tabak sei das geeignetste Objekt zur Erhöhung der Einnahmen. Bezüglich des Systems der Besteuerung hatten sich die verbündeten Regierungen noch zu keinem entschlossen, dazu wollen sie erst durch die Vorlage gelangen. Es sei ein Mißverständniß, wenn man meine, daß bereits ein System gewählt sei, daß das Haus durch Annahme der Vorlage sich für ein System binde, das Haus genehmige durch dieselbe der Regierung nur die Mittel, um eine Grundlage für die weiteren Schritte zu gewinnen. Die bisherige Statistik reiche nicht für die Frage aus. Abg. v. Bennigsen sprach für die Erhöhung der indirekten Steuern, auch für die Heranziehung des Tabaks als Objekt dafür, aber unter constitutionellen Garantien, namentlich wolle er diese in Preußen. Hier wollen wir für die Einkommensteuer und Klassensteuer eine Quotisirung, aber wir wollen nicht den Artikel 109 der preußischen Verfassung antasten. Wir wollen ein bedeutendes Plus an indirekten Steuern gerade vom Tabak bewilligen, deshalb halten wir eine Enquête für nützlich und deshalb bewilligen wir die Mittel dafür. Die Rede Hofmann's stehe weder im Einklange mit der Vorlage noch mit den früheren Aeußerungen Camphausen's und Bismarck's, die sich zum Monopol bekennen. Die Regierung sehe die Vorlage nur als eine Vorbereitung zum Monopol an. Die national=liberale Partei sei eine Gegnerin des Monopols; jede wirkliche Monopolsvorlage werde im Reichstage scheitern. Auch eine Fabrikatsteuer dürfte nicht zu hoch geschraubt werden, sonst würde die Wirkung noch schädlicher als die des Monopols. Die heutige Vorlage bedürfe vielleicht der Amendirung. Man verlange darin zu viel von den Tabaksindustriellen. Dieselben dürften nicht gezwungen werden, Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren. Auf das Beispiel Frankreichs könne man sich nicht berufen, die Verhältnisse lägen dort anders. Wolle man eine gute Enquête vornehmen, so müsse man vor Allem Sachverständige hören, in diesem Sinne sei die Vorlage amendiren. Bennigsen wandte sich hierauf eingehend gegen das Monopol und erklärte schließlich, er werde mit seinen Freunden die Regierung loyal unterstützen, aber die Regierung müsse dann auch das Ihrige thun, daß man schon im nächsten Jahre sich verständigen könne über die Grundlage einer Steuerreform.(Lebhafter Beifall.) Abg. Lucius sprach für eine Steuerreform auf Grundlage der Eröffnung neuer Reichseinnahmen durch indirekte Steuern behufs Beseitigung der Matrikularbeiträge. Der Tabak sei das geeignetste Besteuerungsobjekt. Mit der Enquête sei er an sich einverstanden, er wolle aber die Beseitigung mehrerer vexatorischer Bestimmungen in der Vorlage; für das Monopol wolle er sich jetzt so wenig engagiren, wie für eine andere bestimmte Besteuerungsreform. Abg. Richter(Hagen) griff die ganze Steuer= und Finanzpolitik der Regierung an, beklagte den Mangel eines parlamentarischen Regimes und hat wenig Ver(Nachdruck verboten.) Der Erb-Onkel. Erzählung von E. v. Dincklage. „Fortsetzung. Sößuns aber war Wittwer und seine erwachsenen tete sich iesen sich eben nicht allzu viel bieten. Er gifAmhaag=Pächterstautg, Pückweg, 413 er das Haus der athmete ja doch noch gewahr“: Gott sei Dank, es wärtiges Wesen, das ihm sehr lästiges und widerwärtiges Wesen, das er verwunden durfte! des Nachthauses geschlof“ al, schon wurden die Thüren des Pachkhauser geschossen, aber Licht schimmerte noch drinnen. Kleyhoop schlug mit dem Stocke gegen die Thüre, nach ehigen Hekgnden öffnete sich dieselbe, eine kleine Hand schatzte die flackernde Lampe vor dem Zugwinde und Anne's Gesicht ward von dem wankenden Flämmchen derselben erhellt. „Na, du fiehst gut aus—“ höhnte der Bauer, uhast du die Zehrung bekommen, oder weißt du es schon? „Was?n fragte Immeke zurück, und ihre Augen leuchteten stolz und kampfbereit auf, wie früher, wo sie Loch nicht gar so bleich und mager war als jetzt und in stattlichen Kleidern einherging. Erar Was?“— Dirk=Ohm hat seine Bruderstochter sobeth an deiner Statt angenommen, sie commandirt glüchig. Alles und sobald die alte Jüffer Moormann heirgtit“ unter der Erde ist, wird er den Grasaffen fistant"““; um die Dispensation ist er schon beim Conweißt zu„einzekommen, wegen der Blutsfreundschaft, zog Furs büickte sich und setzte die Lampe zur Erde, sie zusammeg und Halstuch, wie gegen den kalten Wind, gegen den gug.. Sie wird gut und recht stehen, unsere Frau ist schwer krank, wir haben elf Nächte bei ihr zewachelsune daben schon „Donnerwetter— wer wir?“ „Nun, der Pächter und ich! Gute Nacht!“ So recht befriedigt war Kleyhoop doch nicht durch seinen Racheakt. Die elf durchwachten Nächte nebst der schweren Arbeit des Tages, wo der Haushalt und die Sorge um Kranke und Gesunde auf dem Mädchen lastete, mußten sie abgestumpft haben. Er ging noch verdrießlicher als vorher in das Wirthshaus, um die Medizin, die mit einem C anfängt und mit einem C endet, zu versuchen— Cognac! Die kranke Pächterin ächzte drinnen und fragte, wo Anne denn so lange umher gelaufen sei und ob sie sich nicht schäme, müssig zu stehen und zu schwatzen, während eine schwer Kranke stundenlang allein daliege. Sie verdurste und wolle kaltes, frisches Wasser. Anne nahm schweigend den Eimer auf, der Brunnen lag hinter dem Hause im Garten unter den alten Apfelbäumen. Es war nicht ganz dunkel draußen, man unterschied noch einige steifgefrorene, zum Trocknen ausgehängte Wäschestücke und unter dem Hollunderbusch in der Ecke stand jetzt Dirk=Ohms arg verfallenes Bienenhaus. Anne setzte den Eimer hin und warf sich selbst in das lange bläuliche Gras, das, starr gefroren, wie es war, unter der Wucht ihres elastischen Körpers knisterte und klang; die Wucht, welche auf ihrer##ele lag und ihr das junge Dasein zur brennenden Qual machte, die kannte Gott allein.— ** „Es ist gut“, meinte Kleyhoop eine Woche später, „daß die Begräbnisse nicht alle auf einander fallen, man hielte die Esserei nicht aus, so ist es recht, Sonnabend die Jüffer Moormann, Montag die Pächter'sche, nun muß Dirk doch hin, mich soll wundern, wie sich die wilde Katze von einem Mädchen vor ihm anstellt!“ Die Todtengräber hatten zu thun mit der harten Erde. Der Leichenschmaus für die fromme Jüffer durfte demjenigen für ihren Bruder, den verstorbenen Hinrik Moormann, natürlich nicht nachstehen. Alle Leidtragenden von damals waren auch jetzt zugegen, mit Ausnahme des Küsters, der bereits seine Vorladung vom Gericht empfangen hatte. Der Schmaus war minder belebt, als voriges Mal, nicht etwa weil Diederich Amhaag ebenso wortkarg als damals oben an der Tafel saß, sondern weil sich ein Etwas zugewispert und zugewinkt wurde, das Allen von höchster Wichtigkeit erschien, so wichtig, daß Jeder sich scheute, zu nennen. Nur der Hausherr merkte wohl nichts von diesem ungenannten, störsamen Spukgeist, der die lange Tafel umkreiste, seine Gedanken weilten in seinem Pächterhause, und Tod und Leben dort—— wie mochte Anne ertragen, was sie jetzt durchleben mußte? Montag in aller Frühe fuhren der Bauer und Else zum zweiten Begräbniß. Sie kamen weit eher als nothwendig, Jeder hatte einen Grund für den frühen Aufbruch angegeben, keiner den wahren, den, Anne zur Seite stehen zu wollen. Da es kalt war und die Dorfbewohner sich zum Begräbniß ankleideten, war die sandige Straße fast leer. Die große Thüre des Pachthofes stand geöffnet und ließ den Blick auf die breite Tenne frei, in deren Mitte der Sarg zwischen einigen brennenden Kerzen stand. Die Kühe, die ihre Stallungen zu beiden Seiten der Tenne einnahmen, blickten verwundert auf die schwarze Holztruhe, durch die offene Küchenthür sah man am flammenden Herdfeuer zwei Weiber mit riesigen Kochtöpfen hantiren. Um die Todte schien sich gar Niemand zu kümmern, als die Hühner, welche einen langen Hals machten und in weitem Bogen den Sarg umschritten. (Fortsetzung folgt.) trauen zum neuen Finanzminister; man lebe unter dem autokratischen Regiment des Fürsten Bismarck, wie es bisher unerhört war. Redner lehnte die Vorlage ab. Finanzminister Hobrecht: Ich bedauere, von dem Vorredner angegriffen zu sein. Ich bin nicht gesonnen, meinem Antheil der Verantwortlichkeit an der Finanzverwaltung im Reiche auszuweichen.(Beifall.) Ich habe an der Vorbereitung zu der Vorlage, die Sie heute beschäftigt, nicht Theil genommen, allein ich meine, die Regierung will nichts als Sicherheit über den Stand der Tabakindustrie auf dem Wege, den sie für den sichersten hält zur Beurtheilung der Frage und zur endlichen Beruhigung der Interessenten Ich weiß sehr genau, daß ich ohne Unterstützung des Reichstags in der Sache nichts fördern kann; aber ich gehe doch mit dem Bewußtsein an die schwere, hohe und wichtige und nach meiner Ueberzeugung wahrhaft volksthümliche Aufgabe des Ausbaus der Reichsinstitutionen, daß die Unterstützung der Majorität des Reichstages dem Bundesrath und den verbündeten Regierungen auf dem rechten Wege dazu nicht fehlen wird.(Beifall.) Es sprachen noch zur Sache Abg. v. KleistRetzow, Minister Hofmann und Abg. v. Stauffenberg. Dann wurde die Diskussion geschlossen. Das Haus beschloß fast einstimmig, die Vorlage im Plenum weiterzuberathen. Schluß 4¾ Uhr.— Berlin, 13. Mai. Ueber den Mordanfall auf Kaiser Wilhelm bringt die„Deutsche MontagsZeitung" noch folgende nähere Nachrichten: Die Sonntag angestellten Untersuchungen haben wenig neues Licht über die Beweggründe verbreitet, welche den Mordversuch auf Kaiser Wilhelm durch den Klempnergesellen Max Hödel veranlaßten. Ein auf heute Vormittag 11½ Uhr angesetztes Verhör mußte ausgesetzt werden, weil inzwischen eine neue Blutthat die Criminalpolizei in Anspruch nahm.(Der in der Markgrafenstraße Nr. 105 wohnhafte Schankwirth Heinrich erdrosselte nach einem Streite seine Frau und versuchte dann dadurch, daß er sie aufhängte, den Glauben zu erwecken, sie habe ihrem Leben freiwillig ein Ende gemacht.) Indessen haben doch seitens einiger Gerichtsbeamten Unterhaltungen mit Hödel stattgehabt, die manche interessante Momente zu Tage förderten. Hödel wurde am Sonnabend gegen 9½ Uhr Abends, nach Beendigung seines Verhörs, nach der Stadtvoigtei übergeführt, wo er nunmehr in der eine Treppe hoch belegenen Zelle Nr. 6 in der Station 7 untergebracht ist, in unmittelbarer Nachbarschaft des zum Tode verurtheilten Raubmörders Thürolf. Den für Majestätsverbrechen bestehenden Bestimmungen gemäß, hat er auch während der Untersuchungshaft Gefangenenkleidung zu tragen. Nachdem er dieselbe angelegt, wurde er gefesselt. Die um die Handgelenke gelegten Ringe sind durch eine etwa einen Fuß lange eiserne Stange verbunden, von deren Mitte eine Kette wiederum zu einem um den rechten Fuß gelegten eisernen Ringe führt. Auch in der Zelle wird er der Fesseln nicht entledigt. Am Sonnabend war er noch wenig geneigt, sich ruhig in sein Schicksal zu fügen. „Bin ich denn ein Mörder“, fuhr er auf, noder sehe ich aus wie ein Mörder, daß man mich hier so fesselt? ich laufe Niemandem davon.“ Daß dies nicht geschehen kann, dafür sorgt auch die Vorsichtsmaßregel, daß man ihm die Kette am Bein in der Zelle löst und sie an eine in der Erde befestigte Kramme schließt. Schon die erste Nacht im Gefängniß hat bei dem Vom Weltausstellungs=Eröffnungs=Fest. Paris, 2. Mai. Paris hat seinen großen Tag und das lang ersehnte Fest gehabt, in welchem es eine friedliche Revanche für seine schmerzlichen Demüthigungen und den thatsächlichen Beweis erblickt, daß die„Stadt der Städte“ und mit ihr die französische Republik in der Meinung und Schätzung der gesammten cultivirten Welt den Rang und Platz durch die Arbeit des Friedens wieder erobert haben, von dem die furchtbaren Stürme des Krieges und der wilden Parteileidenschaften im Innern des Volkes sie für eine Zeit lang herabgestürzt hatten. Einer besonderen Himmelsgunst hatte sich die Feier allerdings nicht zu rühmen. Der Regen strömte seit dem vorangegangenen Tage fast ununterbrochen herab, ohne daß er dennoch diesem schlimmsten Feinde der menschlichen Freude und des Enthusiasmus, die sich in freier Luft zu äußern haben, gelingen wollte, die äußern Kundgebungen dieser Stimmung oder gar letztere selbst in der Pariser Bevölkerung ganz zu verhindern. Die Häuser beflaggten und bewimpelten sich den Güssen zum Trotz, welche die Fahnentücher sehr bald in traurige nasse Lappen verwandelten und manche nationale Farbe, manches Wappenbild verwuschen und herunterfließen machten. Man war in der allgemeinen Freudigkeit so international wohlwollend und schmerzvergessen geworden, daß hie und da zwischen den Fahnen auch eine mit dem deutschen Reichsadler und dem eisernen Kreuz in der Ecke herausgesteckt und geduldet wurde. Von 10 Uhr ab begann dann das allgemeine Wagenrennen auf beiden Ufern der Seine auf allen Straßen, Avenuen, Boulevards, die nach Westen zu beiden Ausstellungshälften führen und eine noch stärkere Völkerwanderung zu Fuß. In den Annalen der Pariser Fiaker wird dieser erste Mai Inhaftirten eine große Veränderung bewirkt. Er scheint etwas mürbe geworden zu sein, ist stiller, verrieth eine gewisse Angst und hat, als ihn Sonntag Morgen der Gefangenaufseher fragte,„aber wie konnten Sie nur so was thun?“ sogar geweint. Nachdem er mit gutem Appetit sein Frühstück verzehrt, wurde er gestern früh um 9½ Uhr zu den Photographen Ziehdorf und Adler, Neu=Kölln.[W. No. 4, geführt. Dort sind fünf verschiedene photographische Aufnahmen gemacht worden; dieselben stellen ihn mit und ohne Revolver dar, eine Aufnahme mit erhobenem Revolver. Gegen 11 Uhr fand sich der Präsident des Stadtgerichts, Herr Krüger, in der Zelle ein. Er redete Hödel ins Gewissen, er solle durch ein reuiges Geständniß seine Schuld in Etwas mildern. Dann fragte er ihn, ob er vielleicht einmal etwas von den näheren Umständen gehört habe, unter denen im Jahre 1866 das Attentat von Karl Blind auf den Fürsten Bismarck stattfand, und als Hödel diese Frage verneinte, forderte er ihn noch einmal auf, zu sagen, was er etwa zu gestehen habe. Hödel leistete endlich dieser Aufforderung Folge: „Ich bin Sozialdemokrat", begann er, nich will's Ihnen nur gestehen, habe aber an mir erfahren, daß die Sozialdemokraten viel versprechen und nichts halten, und jetzt hasse ich die Sozialdemokraten. Darauf habe ich mich persönlich an den Hofprediger Stöcker gewendet und habe denselben um Arbeit gebeten, die mir auch zugesagt worden ist.(Diese Angabe hat sich nach einer sofort bei dem Hofprediger Stöcker angestellten Erkundigung als unwahr herausgestellt, da der Name Hödel sich in den von dem Prediger geführten Listen der Arbeitsuchenden nicht auffinden ließ.) Ich habe aber leider keine bekommen. Nun bin ich in Noth gerathen und habe beschlossen, mir selbst das Leben zu nehmen. Am Sonnabend Nachmittag wollte ich mein Vorhaben ausführen. Ich ging die Linden entlang. Ich bezeichne es als einen Zufall, daß mir gerade der Kaiser, den ich nicht kenne, in den Wurf gekommen ist. Wie können Sie nur denken, daß ich den Kaiser habe erschießen wollen!“ Ueber den Erwerb des Revolvers befragt, verweigerte er jede Auskunft, auch darüber, woher er die Mittel zum Ankauf desselben genommen. Dieser Punkt ist bisher noch völlig unaufgeklärt. Der gerichtliche Physikus, Herr Geheimer Rath Liman, hatte bald darauf ebenfalls eine halbstündige Unterredung mit Hödel. Er hat durch dieselbe nicht die Ueberzeugung gewinnen können, es mit einem Geisteskranken zu thun zu haben. Hödel macht vielmehr den Eindruck eines vernünftigen Menschen. Sein ganzes Gebahren wird jetzt allerdings durch eine deutlich erkennbare Angst charakterisirt, die sich durch hastiges Essen, durch Zittern beim Sprechen und durch große Ruhelosigkeit äußert.— Es war naturgemäß, daß sich die Aufmerksamkeit der Bevölkerung den sozialdemokratischen Organen zuwendete. Es ist darüber nicht viel zu sagen. Sie beherzigten weise den Spruch, daß„Schweigen Gold ist“ und— schwiegen. Die gestrige„Berliner Freie Presse“ reproducirt einfach die Extrablätter einiger Berliner Zeitungen, ohne ein Wort des Bedauerns hinzuzufügen; in den gestern stattgehabten sozialdemokratischen Versammlungen wurde des Attentats mit keiner Silbe Erwähnung gethan.— Am Sonntag Morgen zehn Uhr war der Kaiser im Dom erschienen. Die ganze königliche Familie und die Spitzen fast aller Berufskreise waren daselbst versammelt. Herr Hofprediger Baur sprach ein langes, inniges Gebet für den Kaiser. Draußen hatte sich wieder eine große Menschenmenge angesammelt, die den Kaiser mit lauten Ovationen begleitete. Vor dem Palais wiederholte sich die Scene des vorigen Tages. Der Kaiser ließ sich einige Male am Fenster sehen. Offizielle Deputationen empfing er nicht. Wir erfahren, daß Herr v. Forckenbeck, welcher heute Vormittag um eine Audienz für das Reichspräsidium nachgesucht hat, bis um 1½ Uhr noch keine Antwort hatte.(Das Präsidium des Reichstags ist noch am Sonntag Abend 7½ Uhr vom Kaiser empfangen worden.) Allerdings ist die an die kaiserliche Kanzlei gestellte Arbeitszumuthung in diesem Augenblicke eine kaum glaubliche und die Zahl der ankommenden und abgehenden Telegramme zählt nach vielen Tausenden. Selbst aus anderen Welttheilen sind schon GlückwunschDepeschen eingetroffen. Sämmtliche Höfe und Regierungen Europas haben sich beeilt, ihren Abscheu über die That und ihre Freude über das Mißlingen derselben auszusprechen. Die Depesche der Königin von England war die erste außerdeutsche, dann folgte der Hof von Wien, dann die französische Regierung und König Humbert von Italien fast gleichzeitig. Die Einzeichnungen im Palais dauern mit unvermindertem Andrange fort. Heute(Sonntag) begaben sich sogar Schulknaben in das Palais zur Niederlegung ihres Namens. Die nachfolgend herausgegriffenen Namen mögen zeigen, wie überaus gemischt und bunt zusammengewürfelt die Gratulanten erschienen. Wir finden da auf einer Seite: W. A. Post, Frotteur des Fürsten Bismarck; Julius Zerbta, Vorsitzender des Kriegervereins„Friedrich der Große; Julius Nelke,„Schüler der 3. Klasse";„Meinem geliebten Kaiser, ein Schüler"; W. de Aquilar, Secrétaire de la Legation de Brasil; Alfred Strentiel, im Namen der Taubstummen Berlins; Mrs. Dr. K. A. Fischer, Nordamerika u. s. w. Um 1½ Uhr begab sich die gesammte kaiserliche Familie nach Potsdam, wo schon früheren Bestimmungen gemäß der Kaiser zum Mittagsmahl„bei den meiningenschen Herrschaften erwartet wurde. Der Kaiser fuhr wieder mit seiner Tochter, der Großherzogin von Baden, im offenen Wagen, der Leibkutscher und der Leibjäger waren an ihrem Platze wie am Tage zuvor, aber diesmal konnten sie nur im Schritte durch die in dichten Reihen Spalier bildenden Tausende fahren, die nicht müde wurden, mit Tüchern zu wehen und laute Hochs auszubringen. Der Kaiser dankte mit herzgewinnender Freudigkeit. Seine Rückkehr von Potsdam wurde um 5 Uhr erwartet. Schon vorher stauten sich die Menschenmassen wieder vor seinem Palais. Die nächste Sitzung des Reichstages wird vom Präsidenten v. Forckenbeck mit einer Kundgebung und einem Hoch auf den Kaiser eröffnet werden. Eine derartige Demonstration wäre bereits am Sonnabend erfolg“ wenn vor Schluß der Sitzung schon Authentisches übet das Attentat bekannt gewesen wäre. Die bisher vorliegenden Nachrichten aus deutschen Städten lassen erkennen, daß überall dieselbe Begeisterung herrschte wie in Berlin, als die Rettung des Kaisers bekannt wurde. In Köln fand im Theater eine Demonstration statt. Aus Königsberg.(Pr. wird telegraphirt:„Sämmtliche inländischen und die sehr zahlreich im Hafen vor Anker liegenden ausländischen Schiffe haben aus Anlaß der Rettung des Kaisers festliche“ Flaggenschmuck angelegt, auch die Stadt ist vielfach mit Fahnen geschmückt.“ Auch vom Auslande liegen schon einige Nachrichten vor. Die„Montags=Zeitung" hat folgende Spezial“ telegramme erhalten: Wien, 12. Mai. Die Nachricht von dem Attenimmerdar in goldnem Schein strahlen, trotz, ja eben wegen seines verhängten Himmels und seiner Land= und Platzregen. Welche Bitten, Schmeicheleien, Bedrohungen, Bestechungsversuche sind gegen Kutscherherzen in Action gesetzt, welche Preise sind von den Herren verlangt, welche Summen einkassirt worden. In solchen Fällen, wie diese, erweist sich in jeder großen Stadt die vorhandene Wagen=Summe immer als gänzlich unzureichend, wie viele Tausende von Vehikeln aller Art sie auch zur Verfügung zu stellen habe. Das drohende Wort:„Um 1 Uhr präcise werden die Zugänge zum Trocadero geschlossen“ trieb die Menge in immer dichteren Schaaren, in immer sorgenvollerer Eile vorwärts. Wie breite Ströme, von Wagen und Fußgängern gemischt, fluthete sie im Schlamm des Macadam der westlichen Avenuen bald im rapidesten Tempo dahin, bald stockte sie, durch undurchdringliche Wagenknäuel, durch Tramways, welche ihren Weg durchschnitten, aufgehalten, und staute in wildem Gewirr zurück. Für den Anprall solcher Menschenwogen reichte die verhältnißmäßig geringe Polizei= und Militärmacht, welche rings um den und in dem Trocaderopalast, an dessen äußeren und inneren Zugängen und Thüren zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgestellt war, nicht aus. Die feineren Farbenunterschiede der den großen Einladungskarten aufgedruckten Streifen, von deren Nuancen jede den Zutritt zu einem anderen Theile des ungeheueren Palastes, und nur zu diesem, gewährte, konnten von den umdrängten Sergents de Ville und den Gardes republicaines(kürassierähnlich uniformirter abgesessener Cavallerie) nicht immer genügend geprüft und erkannt werden. Reservirte Plätze fand man doppelt besetzt, Zugänge unpassirbar, man sah sich in Räume hineingedrängt, zu denen man keine Spur von Eintrittsberechtigung hatte, zwischen dicht eingekeilte Gruppen, die zur Theil noch geringeren An pruch darauf hatten, sah nichts vor und um sich als Hüte, Helme, Bajonette, Re schirme, und plötzlich wieder von einer neuen Fluthwe## unwiderstehlich gehoben und fortgetragen, sich mitle“ zwischen Excellenzen, illustren Männern und schölle“ eleganten Frauen von Paris, dicht vor der hohen Glar“ thür des„Wartesaales des Prinzen“, der im erste“ Theil der östlichen Seitengalerie durch Aufstellung einer hohen Rückwand, durch Bekleidung aller Mauerfläche“ mit prächtigen alten Gobelins und durch Aufstellung goldlehniger, rother Fauteuils für diesen Tag geschaffe“ worden war. Seinen Vorraum, in welchen ich eben“ glücklich als unabsichtlich hineingeschwemmt worden bildet die nach beiden Seiten hin offene Säulenhat des östlichen Zwischenpavillons zwischen dem„Dom““ d. h. dem ungeheuren Kuppelsaal des Mittelbaues eben jener bogenförmigen östlichen Säulengallerie. schaubegierigsten, hübschesten, jungen und die hier Paris meist noch mehr fesselnden, zu einem Ger##i# äge gelangten Frauen, die meisten mit einer rasttizer geschmackvollen Einfachheit gekleidet, mit vollekgg, Kunst gemalt, schienen die Vorzüge gerade dieses enthaltes genügend zu würdigen, um allen Anforder##, gen, Bitten, ja directen Commandos, sich zu entftzuße, seitens der verzweifelnden Polizisten den ruhigen,„zhen sieglichen Widerstand der Gleichgültigkeit und des Ungehorsams entgegenzusetzen. Einen Blick in“ Rechten angrenzenden Kuppelsaal zu gewinhe#gig und allerdings ebenso unmöglich, wie über die Kaer" Helme hinweg drüben auf den Gartenabhang" gundwas sich dort oder in den offenen Arkaden des baues begeben mochte, zu gewinnen. (Fortsetzung folgt.) tate auf Kaiser Wilhelm hat hier große Sensation und Sympathien erweckt. Der hiesige Hof hat den Kaiser bereits telegraphisch beglückwünscht.— Wien, 12. Mai. Sämmtliche Blätter sind voller Theilnahme betreffs des Attentats auf den Kaiser Wilhelm. Das„Fremdenblatt“ sagt: Die österreichische Nation beglückwünscht vor allen anderen die deutsche Nation zur Errettung des Kaisers. Nicht allein Deutschland wurde seine kräftige Hand und sein weises Haupt gerettet, sondern Oesterreich ein aufrichtiger Freund, Europa ein Fürst erhalten, der ein treuer Friedensförderer ist und auf dessen Einfluß es jetzt weniger als je verzichten kann.— Paris, 12. Mai. Die Nachricht von dem Attentat, welche in Paris gegen sechs Uhr Sonnabend Abend bekannt wurde, hat hier die lebhafteste Sensation hervorgerufen.„Auf der deutschen Botschaft fand gerade ein Galadiner statt zu Ehren der deutschen Weltausstellungs=Commission. Es wurden auf dem Kaiser mit dem größten Enthusiasmus Hochs ausgebracht.— Die neuralgischen Schmerzen des Reichskanzlers Fürsten Bismarck haben derart zugenommen, daß sein Hausarzt, Herr Dr. Struck, ihm angerathen hat, sich für längere Zeit von den Geschäften fernzuhalten. Darf man Meldungen aus unterrichteten parlamentarischen und Hofkreisen Glauben schenken, so wurde der Reichskanzler auf dringenden Wunsch seiner Familie„nach Erledigung der Orientfrage(!!) befinitiv um seinen Abschied nachsuchen".— — Die seit dem 29. v. M. hier eingeleiteten Verhandlungen von Commissaren Preußens, Oldenburgs und Bremens wegen eines gemeinsamen Obertändesgerichts sind gestern, Mittwoch, beendigt worden. Eine Vereinbarung ist, wie zu erwarten war, nicht erzielt, da Oldenburg den Sitz des Oberlandesgerichts für sich in Anspruch nahm, was die Bremischen Commissare ablehnten.— — Der Zudrang zum juristischen Studium in Preußen dauert nach Ausweis der vom preußischen Cultusministerium geführten Statistik fort. Danach haben von 2230 Abiturienten, die im Jahre 1877 die Universität bezogen, sich 811, also 36 Prozent, dem Studium der Rechte zugewendet. Von einem Mangel an jungen Juristen wird also nach Einbürgerung der neuen Justizorganisation füglich nicht die Rede sein, zumal wenn man erwägt, daß die Zahl der Referendarien, die sich 1869 noch auf 1428 in ganz Preußen belief, 1873 schon auf 1685, 1874 auf 1897, 1875 auf 1983 und Ende 1876 gar auf 2326 gestiegen war. Immer größere Kreise nehmen also an dem juristischen Wirken persönliches Interesse. Hand in Hand damit bessert sich der Ausfall der großen juristischen StaatsEfetung, während die Zahl der geprüften Referendarien #####uugs bisher nicht erheblich gestiegen ist, da der stärte Nachwuchs sich erst aus den letzten Jahren herschreibt. Während in den Jahren 1841 bis 1850 von 2217 Referendarien 486 also etwa 25 Procent das Examen nicht bestanden, fielen von 3629 in den Jahren 1851 bis 1860 Geprüften 1247, also 34 Procent, in den Jahren 1861 bis 1870 von 2647 noch 604, also gegen 23 Procent durch. In den folgenden Jahren stellen sich die Zahlen wie folgt: 1871 fielen von 174 19 durch, also 11 Procent; 1872: 32 von 224, — 14 Procent; 1873: 26 von 311,— 8 Procent; 1874: 19 von 290,— 7 Procent; 1875: 18 von 256,— 11 Procent; 1876: 30 von 308, mithin 10 Procent. Während in den Jahren bis 1870 niemals unter 20, wohl aber 28(im Jahre 1862), ja vor 1859 nie unter 30 Procent, 1854 sogar 41 und 1855 " Procent durchfielen, scheint 10 Procent jetzt der Durchschnitt zu sein. Ob das Material ein besseres gevorden oder die Vorbereitung eine gründlichere ist? wissen es nicht, glauben jedoch, daß wohl ein guter deit des Einflusses dem Umstande zuzuschreiben ist, .s das„letzte“ Examen seit dem Fortfall der dritten Prufung in den Anforderungen herabgesetzt sein dürfte. „— Berlin, 13. Mai.(Tagesbericht.) Das Attentat eherrscht seit Sonnabend alle politischen Gedanken. Abgesehen von den Gefühlen der Verehrung und Liebe, welche sich überall in der herzlichsten und unmittelbarsten Weise Bahn brachen, begreift man, daß man hiermit einem mahnenden und warnenden Symptom der schweren sozialen Verwirrung zu thun hat, die durch eine beispiellos thätige sich täglich mehr ausbreitende Agitation genährt wird. Es bestätigt sich durchaus, daß der Verbrecher seine Anschauungen im Kreise der sozialistischen Parteien gewonnen hat. Seine That muß deßhalb unausweislich zu erneuten ernsten Erwägungen führen, die den eingerissenen beklagenswerthen Zuständen abgeholfen werden kann. Der Kaiser war zwar unmittelbar dach dem Ereigniß ruhig und gelassen; es ist jedoch unverkennbar, daß dasselbe einen tiefen und schmerzechen Eindruck auf ihn gemacht hat. Dies zeigte sich amentlich gestern beim Empfange des Staatsministeiums; der Kaiser wies in seiner Ansprache auf die aus dauen Zustände sittlicher Verwahrlosung hin, welch. das Attentat hervorgegangen und gegen lich.2; anzukämpfen die Pflicht aller im öffent#en Leben Betheiligten sei.— Dem Fürsten suchng.“ ist über das Ereigniß und die Unterofant“ genauer Bericht erstattet; auch hat derselbe heutiag sinen lebhaften Antheil ausgedrückt.— Der Ministerrath, der sich ursprünglich nur mit den Stesflegenheiten der Reichsgesetzgebung namentlich der des g.# der Regierung zu einigen wichtigen Beschlüssen errichstages beschäftigen wollte, dürfte auch den durch das Attentat angeregten Erwägungen näher getreten sein.— Ueber Hödel erfährt man noch, daß derselbe sich seit 3 Wochen in Berlin aufhielt und Unterstützung sowohl vom„Verein zur Wahrung der Interessen der werkthätigen Bevölkerung Berlins— den Socialdemokraten— als vom christlich=socialen Verein für Socialreform empfing Arbeit scheint er nicht gesucht zu haben. Ein Gericht der Provinz Sachsen verfolgt ihn bereits wegen Majestätsbeleidigung; die ihm zur Last gelegten Aeußerungen machen das Attentat begreiflich. Uebrigens sind die Nachforschungen über seine Vergangenheit noch nicht beendigt.— Den Schluß des Reichstages erwartet man zur Mitte nächster Woche. Erledigt werden ff. Gesetzentwürfe unter allen Umständen, Abänderung zur Gewerbeordnung, Gewerbegerichte, Verkehr mit Lebensmitteln, endlich die aus Verträgen stammenden Vorlagen, wie z. B. der rumänische Handelsvertrag.— Schlesien. Warmbrunn im Riesengebirge, 9. Mai. Heute Morgen stattete der Winter, dessen Spuren allerdings noch sehr deutlich auf den Höhen des Gebirges bemerklich sind, auch dem Thale nochmals einen Besuch ab. Ziemlich dicht gingen die Schneeflocken nieder, wobei die herabfallenden Blütenblättchen der Bäume sich mit den wirbelnden Flocken vermischten. Von einem „Mailüfterlu war dabei nichts zu bemerken.— Baiern. München, 9. Mai. Die„Südd. Post“, meldet:„Die wegen Beleidigung der Majestät, König Ludwig II. von Baiern verurtheilten preußischen Unterofficiere wurden bereits in die Uniform von Gemeinen gesteckt und in die Strafanstalt nach Oberhaus verbracht. Zugleich ist dem Vernehmen nach die Ordre ergangen, daß in das Leibregiment künftig keine preußischen Capitulanten mehr ausgenommen werden dürfen."— Sachsen. Mehrere Soldaten des in Möckern bei Leipzig garnisonirenden 106. sächsischen InfanterieRegiments sind wegen Betheiligung an dem Stiftungsfest des sozialdemokratischen Arbeitervereins zu Reudnitz bei Leipzig mit je 3 bezw. 1 Tag Arrest belegt worden.— Ausland. Rußland. Petersburg, 11. Mai. In dem Befinden des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff ist eine Verschlimmerung eingetreten, welche das Ableben desselben als nahe bevorstehend erwarten läßt. Die Gicht ist in die Brustorgane getreten und befindet sich der Fürst in einem Zustande der Lethargie, welche ihn bereits seit drei Tagen völlig theilnahmlos für äußere Vorgänge gemacht hat. Der Kaiser Alexander läßt sich dreimal täglich nach dem Befinden des Reichskanzlers erkundigen.— Rußland. Aus Petersburg meldet die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Rußland verzögere die Rückgabe der türkischen Gefangenen wegen der Unsicherheit der Neutralität der Pforte in einem etwaigen englischrussischen Kriege. Die Gesammtzahl derselben betrug ursprünglich 140,000. Davon starben an Typhus und Pocken etwa 30,000. Eine Anzahl Gefangener wird nach Sebastopol befördert. 60,000 kampffähige Türken, darunter die Kerntruppen der Armee Osman's, werden zurückbehalten.— Griechenland. Athen, 10. Mai. Die griechische Insurrection in Epirus und Thessalien ist als beendet anzusehen. Die Führer haben sich bereits in ihre Heimath begeben, nachdem zuvor im Namen der türkischen Regierung eine allgemeine Amnestie für sämmtliche Theilnehmer der Insurrection verkündet worden war. Der britische Consul Merlin berichtete an seine Regierung, daß die türkischen Begs in Thessalien einer eventuellen Annexion Thessaliens an Griechenland nicht abgeneigt wären.— Rumänien. Bukarest, 10. Mai. Die vor 10 Tagen verlangten 90 Eisenbahnzüge zur Transportirung des 12. russischen Corps von Rustschuk nach Jassy sind bei den rumänischen Eisenbahnen wieder abbestellt. Die russischen Truppen bleiben vorläufig in den bisherigen Stellungen. Die Zuzüge von Reservetruppen in einer Stärke von 10,000 Mann dauern fort und zwar in den Richtungen nach Giurgewo und Rustschuk.— Der Fürst Karl reist am 11.., Abends, von hier ab, um die rumänischen Truppen jenseits der Aluta zu inspiciren. Die Abwesenheit des Fürsten von Bukarest wird acht Tage dauern.— Türkei. Constantinopel, 11. Mai. Die russischen Lieferungsverträge werden nicht mehr für San Stefano sondern für Tschataldja abgeschlossen. Man glaubt allgemein, die Russen werden den Rückzug bis Adrianopel erst nach Erzielung eines Einvernehmens mit England bezüglich der Stellungen der britischen Flotte, sowie nach der Räumung der Festungen Schumla, Varna und Batum bewerkstelligen. Es wird versichert, daß die Räumung wohl im Principe beschlossen sei, aber ihre Durchführung noch lange auf sich dürfte warten lassen. Die türkischen Specialcommissare Nehad Pascha und Ali Bey sind indeß heute nach Batum abgereist. Der Aufstand im Rhodope=Gebirge giebt den russischen Truppen fortwährend viel zu schaffen.— Türkei. Constantinopel, 10. Mai. Der Aufstand im Rhodope=Gebirge erhält sich. Hier soll ein eigenes Insurrections=Comite bestehen, dessen Mitglieder blos Türken sind und das den Insurgenten tüchtige und zuverlässige Offiziere zuführt. Die ersten dieser Führer sind schon vor Wochen auf den Schauplatz des Aufstandes abgegangen, andere sind bereit, nach einem der drei Häsen abzureisen, mit welchem die Aufständischen ihre Verbindungen aufrechterhalten. Es sind dies die Häfen von Salonich, Carcuo.d Porto Lagos. Die National=Regierung soll entschlossen sein, die Autorität der Pforte nicht anzuerkennen. Sie erklärt den Sultan, weil er den Frieden von San Stefano abgeschlossen, des Thrones verlustig.— — Die Insurgenten des Rhodope=Gebirges erließen folgende Proclamation an Griechen und Muselmanen ihres Bezirks:„Wir haben blos einen gemeinsamen Feind, den Moskoviter, welcher nach Eroberung und Gewalt dürstet. Darum hört auf, einander zu bekämpfen und Blut zu vergießen. Machen wir gemeinsame Sache zur Vertreibung dieses Feindes aus einem Lande, welches uns gemeinsam gehört.“— Neueste Nachrichten. Berlin, 13. Mai. Reichstag. Präsident von Forckenbeck eröffnete die Sitzung mit folgender Ansprache: Meine Herren! Gleich nach Bestätigung der Nachricht von der entsetzlichen That des Attentats auf den Kaiser suchte das Präsidium des Reichstages eine Audienz bei dem Kaiser nach. Seine Majestät geruhten mir gestern Nachmittag die Audienz huldvoll zu gewähren. Namens des Reichstages erlaubte ich mir in derselben auszusprechen, daß am Schlusse der vorgestrigen Reichstagssitzung die erst in unbestimmten Gerüchten verlautende Nachricht von der ruchlosen That alle Gemüther im Reichstage tiefstens erschütterte, um so tiefer, schmerzlicher und furchtbarer, als wir, Vertreter des deutschen Volkes, wissen, mit welcher innigen Liebe und Verehrung das deutsche Volk Ew. Majestät, seinem Kaiser, ergeben ist, daß gleichzeitig aber unser aller Herzen von dem innigsten Dankgefühle gegen den allmächtigen Gott, der Ew. Majestät wiederum so sichtbar beschützte, erfüllt waren. Ich sprach sodann Sr. Majestät Namens des Reichstages im Einklange mit dem ganzen deutschen Volke den ehrfurchtsvollsten herzlichsten Glückwunsch zu der glücklichen Errettung aus Lebensgefahr aus. Se. Majestät geruhten diese Worte huldvollst entgegenzunehmen und beauftragten mich, ausdrücklich seinen herzlichsten Dank für diese Kundgebung der Theilnahme dem Reichstage auszusprechen. Ueberzeugt, daß ich im vollen Einklange mit dem Reichstage in dessen Vertretung gehandelt, ersuche ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben und mit mir einzustimmen in den Ruf der Treue und Ehrerbietung: Se. Majestät der deutsche Kaiser, König Wilhelm von Preußen lebe hoch! Die Abgeordneten und die Tribünen stimmten drei Mal enthusiastisch ein. Forckenbeck fährt fort: Nach Beschluß des Reichstags sollte ich heute in Kiel anwesend sein. Unter den obwaltenden Umständen ersuchte ich den Vicepräsidenten Stauffenberg statt meiner an der Spitze der Deputation nach Kiel zu reisen. (Lebhafter Beifall.) Ich halte mich verpflichtet, dies dem Reichstage anzuzeigen. Stauffenberg kam bereitwilligst meinem Ersuchen nach und erbot sich, die Deputation zunächst nach Lübeck und dann nach Kiel zu führen.— Wien, 13. Mai, Vormittags. Bei der gestern im deutschen Botschaftshotel stattgehabten Gratulation fand sich auch der päpstliche Nuntius, Jacobini, persönlich ein und übersendete durch seinen Secretär dem deutschen Botschafter seine Karte.— Wie es heißt, wird sich auf Befehl des Kaisers eine aus Offizieren des 34. Infanterie=Regiments„Kaiser Wilhelm“ bestehende Deputation nach Berlin begeben, um dem deutschen Kaiser die Glückwünsche des Regiments zu überbringen.— London, 13. Mai, Morgeus. Die„Times“ meldet aus Constantinopel von gestern, die Pforte habe in Folge des peremtorischen Verlangens des russischen Oberstcommandirenden, General Totleben, beschlossen, die Festungen sofort zu räumen, und zwar zuerst Schumla, hierauf Varna und zuletzt Batum. General Totleben dagegen habe zugesichert, die russischen Truppen nach Adrianopel und Dedeagatsch zurückzuziehen und Erzerum zu räumen, sobald alle drei vorgenannten Festungen von den Türken geräumt word### seien. Den„Daily News“ geht aus Constantinopel von gestern die weitere Nachricht zu, General Totleben habe mit einer Occupation Constantinopels gedroht, wenn die Festungen nicht sofort übergeben würden und Osman Pascha habe den türkischen Ministerrath angezeigt, daß die türkische Armee nicht in der Verfassung sei, gegen eine Occupation Widerstand zu leisten.— Petersburg. 13. Mai. Schuwaloff ist gesteru hier eingetroffen. Der„Regierungsbote" veröffentlicht den Aufruf, betreffs Darbringung von Geldern für die Organisirung einer freiwilligen Flotte, um die ehrliche Sache zu vertheidigen, falls ein Gegner den Krieg hervorrufen sollte. Die Beiträge werden entgegengenommen in Petersburg durch den Thronfolger, sowie in Moskau und allen anderen Städten.— Aus dem Fürstenthum Lippe und Umgegend. Detmold, 14. Mai. Die von Herrn Bürgermeister Dr. Heldman angeregte öffentliche Dankfeier für die glückliche Errettung unseres Kaisers aus einer großen Lebensgefahr hat gestern Abend hier in der erhebendsten Weise stattgefunden. Gegen acht Uhr strömten hunderte und aber hunderte von Menschen, Alt und Jung, Groß und Klein, auf den Marktplatz, der in seinem mittleren Raume bald ganz und dicht gefüllt war. Um halb neun Uhr trat Herr Dr. Heldman an die vorderste Rampe der großen Freitreppe des Rathhauses und hielt, nachdem ein Trompetensignal abgegeben war, unbedeckten Hauptes etwa folgende Ansprache:„Telegramme und Zeitungen haben uns gestern die Nachricht gebracht, daß ein frecher Bube es gewagt hat, daß Leben unseres geliebten und allverehrten Kaisers Wilhelm zu bedrohen, indem er mehrere Revolverschüsse gegen ihn gerichtet. Gott, der Allmächtige, der unseren erhabenen Kaiser sichtlich beschützt, in dem er ihn schon einmal in ähnlicher Lebensgefahr unversehrt bleiben ließ, hat auch diesmal die entsetzliche Absicht des jugendlichen Mörders vereitelt. Ihm, dem gütigen Gott, gebührt daher vor allem Preis und Dank, dem wir jetzt dadurch Ausdruck geben wollen, daß wir gemeinsam das Lied singen„Nun danket Alle Gott!" Die am Fuße der Rathhaustreppe aufgestellte Regiments=Musik intonirte nunmehr die Melodie dieses Liedes und die zahllose Menschenmenge sang in vollem Chore drei Strophen desselben— es war dies wirklich ein erhabener, ergreifender Augenblick. Nach Schluß des Gesanges sprach Herr Dr. Heldman weiter:„Nachdem wir dem Herrn der Heerschaaren so aus vollem Herzen Dank dargebracht, daß er seine schützende Hand über unserem Kaiser gehalten, wollen wir jetzt sein gedenken, als des Herrschers, der uns ein großes Vorbild in jeglicher Tugend und Pflichterfüllung ist, der für das ganze deutsche Volk Großes gewirkt und ihm nur Gutes erwiesen hat. Möge sein Leben uns noch lange erhalten bleiben zum Wohle des gesammten deutschen Vaterlandes. Lassen Sie uns dieser Verehrung für unseren Kaiser, diesen besten Wünschen für ihn Ausdruck geben, indem wir ihm ein dreifaches Hoch ausbringen, „Se. Majestät der deutsche Kaiser Wilhelm, er lebe hoch!: Begleitet von dem Tusch der Musik stimmte die Versammlung dreimal jubelnd ein unter dem Schwenken der Hüte und Mützen. Während nun die Musik das „Heil Dir im Siegerkranz“ anstimmte, das die Volksmenge in mächtigen Accorden mitsang, wurden oben an der Treppe drei Feuersonnen und darauf bengalische Flammen angezündet(Dank der Fürsorge des Herrn Kaufmann Alfred Heinrichs), die den dicht mit Menschen gefüllten Platz taghell bestrahlten und erleuchteten. Dann spielte die Musik Märsche mit patriotischen Melodien, worauf sich die Menschenmasse nach und nach verlief, um die unterdeß begonnene Illumination der Gebäude unserer Stadt zu betrachten. Sie war eine fast allgemeine bis auf das fürstliche Schloß, das Palais der Fürstin Wittwe und das Prinzessinnen=Palais, was wohl seinen Grund in der Nichtanwesenheit Sr. Durchlaucht des Fürsten und Ihrer Hoheit der Fürstin, die sich augenblicklich in Steyermark, bezw. in Karlsruhe befinden, haben mochte, und wohlgelungene(wobei aber nicht unerwähnt bleiben mag, daß das Rathhaus nur in seiner unteren Reihe Fenster erleuchtet war, während die des zweiten Stockes dunkel blieben, was, wie uns von maßgebender Seite mitgetheilt wird, seinen Grund in einem„Mißverständniz“ haben soll): manche geschmackvolle Ausschmückung von Schaufenstern, dann Transparente, die vielfach mit Blumen ausgeschmückten Fenster, in deren Mitte die hell erleuchtete Büste des Kaisers prangte, fesselten die hin und her strömende Menschenmasse; dazwischen die wehenden Fahnen und Flaggen, mit denen die Häuser noch besonders geschmückt waren, gewährten einen wirklich prächtigen festlichen Anblick. Darüber war man aber einstimmig, daß die Ausschmückung und Beleuchtung des Hauses des Herrn Forstmeisters Feye die geschmackvollste und glänzendste war; deshalb sei denn auch von vielen, die sonst noch der Namensnennung würdig wären, nur dieser eine genannt. Das Alles aber galt unserm Kaiser Wilhelm zu Ehren und seiner glücklichen Errettung aus Lebensgefahr — und Alles war einig in dem Gedanken und innigem Wunsche: Gott erhalte Kaiser Wilhelm uns noch auf lange Jahre hinaus!— (Nachträglich wird uns noch mitgetheilt, daß sämmtliche Gebäude der Brauerei„Falkenkrug“ auf das brillanteste erleuchtet waren. Der Glanz dieser Beleuchtung, die uns ein Berichterstatter als ein„Flammenmeer?(!) bezeichnete, strahlte weit in die Nacht hinaus, so daß man sie von weiter Ferne gesehen haben muß.) Lage, 12. Mai. Von den heute Abend im Hôtel Steinkäuler versammelten Herren wurde folgende Adresse an den Kaiser als telegraphische Depesche abgesandt: „An des Kaisers Majestät, Berlin. Allerdurchlauchtigster, großmächtigster Allergnädigster Kaiser und Herr! In tiefster Ehrfurcht nahen sich die Unterzeichneten dem erhabenen Throne Ew. Majestät, um ihrer lebhaften Entrüstung über den gestrigen ruchlosen Mord=Anschlag auf das theure Leben ihres vielgeliebten Kaisers, und ihrer außerordentlichen Freude über die glückliche Errettung Ew. Majestät aus dieser Gefahr, ehrerbietigsten, feierlichen Ausdruck zu geben. Das Herz voll Dankbarkeit gegen die Vorsehung, welche das Leben Ew. Majestät, wie schon oft, auch gestern wieder so wunderbar beschirmte, vereinigen wir uns heute mit Millionen unserer Deutschen Brüder in dem innigen Wunsche: Gott erhalte Ew. Majestät noch lange zum Segen des Vaterlandes! Lage, den 12. Mai 1878. Ew. Kaiserl. Königl. Majestät allerunterthänigste treugehorsamste Bewohner dieser Stadt“ (Folgen 23 Unterschriften.) Vielefeld, 11. Mai. Die gestern im hiesigen Vereinshause abgehaltene Jahresconferenz des Vereins für innere Mission in Minden=Ravensberg und Lippe(diese vertreten durch Herrn Consistorial= Rath Thelemann) faßte nach einem Bericht des Vereinsgeistlichen über die Wirkungen der Trunksucht im Bezirk folgenden Beschluß:„Die heute in Bielefeld tagende Generalversammlung des Vereins für innere Mission 2c. beschließt, durch ihren Vorstand den hohen Reichstag um eine Beschränkung der Schankfreiheit, beziehungweise höhere Besteuerung der Schankwirthe bitten zu lassen."— (Bielef. Ztg.) Minden, 12. Mai. General v. Etzel, der frühere Reichstags=Abgeordnete für Minden=Lübbecke, hat dem Wahlcomite hierselbst mitgetheilt, daß er bei der demnächst erfolgenden Neuwahl(wegen Ungiltigkeits=Erklärung der Wahl des Herrn v. Nathusius=Ludom) nicht candidiren könne und auf eine etwaige Wiederwahl verzichten müsse. Es ist deshalb vom Wahlcomite beschlossen worden, auf Sonntag, den 19. Mai, eine große Wählerversammlung hierher zu berufen und in derselben weitere Schritte zu berathen. Voraussichtlich wird als Candidat Herr Regierungsrath a. D. Süs hierselbst, ein im Kreise begüterter und bekannter Mann, dem Herrn v. Nathusius gegenüber gestellt werden. Herr Süs gehört der gemäßigt liberalen Partei an.— (W. Ztg.) Meteorologische Beobachtungen in Detmold. Allgemeiner Witterungscharakter: 13. Himmel bedeckt, Regen. 14. Wolkig. 14. Mai, Sonn.=Afg. 4. 6. Sonn.=Untrgg. 7. 47. Mond=Afg. 7. 3. Mond=Untrgg. 2. 49. General= versammlung des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung Sonnabend den 18. d. M. Nachmittags in Hartröhren. Tagesordnung: Rechnungsablage. Abmarsch 2½ Uhr Nachmittags von der Turbine. Ihre am heutigen Tage vollzogene eheliche Verbindung beehren sich hierdurch anzuzeigen: Personal=Vorsteher der Landesvermessung im Fürstenthum Lippe, geb. Hoogklimmer. Neuenhaus iH., den 14. Mai 1878. Ich suche für meine Wohnung, Weinbergstraße bei Herrn W. Köster, einen Miether, welcher dieselbe bald oder spätestens zum 1. October d. J. beziehen kann. Hintze, Kapellmeister. Zu verkäufen 8 Schffls. 6 Mtz. Länderei in der Nähe der Stadt Detmold. Auskunft ertheilt die Exp. dieses Blattes.(1564) Allen Denen, welche meiner geliebten Frau Henriette, geborne Vogt, bei ihrem Begräbnisse die letzte Ehre erwiesen haben und allen Denjenigen welche ihren Sarg mit Blumen schmückten, namentlich aber Denen, die in so herzlicher und aufopfernder Weise in den letzten Tagen ihrer Krankheit in der Zeit meiner Abwesenheit sie pflegten und ihre Liebe zu meiner Familie in so schöner Weise bethätigten, ebenso dem Gesangverein„Concordia“, welcher in so sinniger und herzerhebender Weise seine Theilnahme bezeigte, sage ich hierdurch meinen tiefgefühlten öffentlichen Dank. Detmold, den 14. Mai 1878. W. Schmidt. Starke und solide gearbeitete Gartenstühle, Bänke und von Eisen und Holz, von Eisen zum Zusammenklappen empfehle zu äußerst billigen Preisen. Salzuflen, 12. Mai 1878. H. Limberg. Außer tannene Bauhölzer und Dielen in größter Auswahl, führe ich von heute ab: „Solinger Legesteine“ ganz=, halbgeschliffen und gekantet in allen Größen und bester Qualität. Ich empfehle solche zu billigsten Preisen. Hameln, den 1. Mai 1878. Die Holzhandlung von T. Rotermund, Brückerthor. Casseler Pferdemarkt-Lotterie. Ziehung am 29. Mai 1878 Gewinn Vierspänner im Ganzen 5 vollständige Equipagen und 60 Pferde sowie außerdem 1000 verschiedene Gewinne im Werth v. —300 M. Loose à 3 Mark bei Carl Ed. Meyer& Co. Detmold. NB am 19. Mai Schluß des Loos=Verkaufs. Werth Eine größere Parthie ältere Bönnenschirme verkaufe ich, um damit zu räumen, zu bedeutend herabgesetzten Preisen. W. Starke. Alle Diejenigen, welche noch Forderungen an unsern verstorbenen Bruder, den Tischler Karl Mesch, zu machen haben, wollen ihre Rechnungen innerhalb 8 Tagen an den Rechnungsführer Plöger abgeben. Detmold, den 14. Mai 1878. Geschwister Mesch. 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Hannover; Lage, Schötmar, Salzuflen, Herford, Anschluß an die Züge nach Cöln 317 N. und nach Hannover 429.; Horn(Blomberg), Vinsebeck, Bergheim, 1240 Anschluß an den Zug 76 Nachm. nach Altenbeken und 817 Abds. nach Hannover; Lage, Oerlinghausen, Bielefeld 10 Anschluß an die Courierzüge 1222 früh nach Berlin und 47 früh Cöln; 53 früh von Berlin und 540 früh von Cöln; Lemgo(Hohenhausen, Rinteln); 1030 PormLage, Schötmar, Salzuflen, Herforr, 10 Anschluß an die Züge 435 früh nach Cöln und 62 früh nach Berlin. 640 9 95 1130 Abds. 9 Vorm. 535 Nchm. 650 Nchm. 410 Nachm. 645 1125 Abds. 1120„ Vorm.