ersten Holzmast gesponnen hatte, der die Leitung über den Fluß trug. Er. der Brückenbauer, folgte den ruckweisen Bewegungen des Tieres. Er lächelte: Auch sie baut eine Brücke! Mit dem Mitleid des Starken sab er zu. Sein Gesicht ward ernster. der Blick glanzlos. Er beugte sich weit vor. Die Spinne spann den ersten Faden des Fangnetzes zu Ende. Der bestand nur aus Zugbändern, wie seine Konstruktion! Der hatte die richtige Wahl der notwendigen Knotenpunkte, wie sein Werk! Mit der Mechanik der Natur zog das Tier den Faden aus seinem häßlichen Leib. Es baute nach uralten Gesetzen der Art seine Brücke, die der Mensch mit marternder Geistesarbeit ersann. Der Ingenieur wurde totenbleich. Der Kopf fiel ihm auf die Brust, eben als in der Ferne der Zug pfiff. der den Bauherrn brachte: Sie kommen zur Uebernahme und Feier. sie werden das Werk preisen, das einer ihrer Besten schuf, ein Pionier der Menichheit Der Pionier der Mense Boden... Zu der kleiner beichhut ue preisen, das einer der Menschheit! Nenschheit starrte Keinen Sandivinne. Der Eskimo in der Droschke. Adrign Jacobsen. ein Kavitän, der im Auflage Bagenbeas und vieler völkerkundlicher nuseen jahrzehntelang die verschiedenen Erdteile reist hat, schildert in einem Buche Dsie weiße trage Hagens 9#.g„apitäp. der, im AulMuseen jahrzehntelang die vers Grenze“ wrigr Hreuge, das demnachst bei F. A. Brockhaus in seine mannigsachen Abenteuer und Erlebnisse. Besonders humoristisch ist, was er von dem Verhalten der ersten Eskimotruppe zu berichten hat, die er für Hagenbeck nach Eurova brachte. Als er mit seinen Schützlingen in Kovenbagen gelandet war. nahm er einige Droschken, um die Söhne des boben Nordens ins votel zu bringen. Diese betrachteten Wagen und Pferde mit größtem Mißtrauen. und der Hauptling stellte an Jacobsen Im Hotel selbst erregte besonders die damals noch ubliche Gasbeleuchtung das Staunen der Eskimos, und sie wollten wissen, wie es brennen könne, ohne daß Tran oder Docht sichtbar seien. Als sie dann mit der Eisenbahn befördert wurden. waren sie sprachlos, weil sie sich selbst sagten, diese vielen Wagen konnten doch unmoglich durch Hunde gezogen werden. In größte Todesangst gerieten sie. als sich der Zug einem Tunnel näherte. Der Eskimo Kokik. d. h. Fingernagel, schrie auf:. Wir fahren gegen einen Felsen! Gott sei uns gnädig! Jetzt müssen wir alle sterben. Macht Eisenmangel verrückt? Interessante Versuche an Personen, die an der Geisteskrankheit des sog.„jugendlichen Irreseins" leiden, sind an der amerikanischen Universität von Wisconsin durchgeführt worden. Bei dieser Geisteskrankheit gibt es ein Stadium, in dem der Patient ganz teilnahmslos wird; in diesem Zustand ließ man nun den Kranken eine Mischung aus Kohlensäure und Sauerstoff einatmen, und dabei zeigte sich die überraschende Wirkung, daß der bis dahin stumm und unbeweglich dasitzende Irre auf einmal ganz regsam und mitteilsam wurde. Auf diesem Versuch hat nun der Washingtoner Psychiater Dr. Walter Freeman weitere Folgerungen aufgebaut, über die Prof. Anderssen in der Leipziger „Illustrierten Zeitung" berichtet. Freeman ging davon aus, daß die Gasmischung. die man die Kranken einatmen ließ, eine viel großere Menge Sauerstoff enthält als die gewöhnliche Luft. Diese Mischung muß nun auf die Geisteskranken so gewirkt haben wie die Lufteinatmung unter erhöhtem Luftdruck auf einen Gesunden. Die Kranken müssen sich also vorher in einem Zustand befunden haben. der dem des Gesunden bei zu niedrigem Luftdruck entspricht. Um diese Annahme nachzuprusen, ließ sich Freeman in einen Behälter einschließen, in dem der Luftdruck beliebig erniedrigt und erhöht werden kann. Er bemerkte, daß sich seine geistige Tätigkeit bei niedrigem Luftdruck verlangsamte und verwirrt wurde, bis er sich einer Obnmacht nabe fühlte. Ließ er dagegen den Luftbrau über den normalen ansteigen, so fühlte er sich die Vermutung, daß kranken nur deshalb das Gehirn dieser Geisteseine normale Tätigkeit unGehirns von Personen, die an dieser Krankheit gestorben waren; es ergab sich, daß diese Gehirne weniger Eisen enthielten als die gesunden. Nun braucht aber jede Zelle eine bestimmte Menge Eisen. um Sauerstoff aufzunehmen. Der Eisenmangel im Gehirn der jugendlichen Irren scheint also ihren Sauerstoffmangel und dieser wieder ihre Geisteskrankheit hervorzurufen. Leider ist es bisher noch nicht gelungen, den Eisenmangel im Gehirn bei den Geisteskranken zu beseitigen. Die Speisekarten des hl. Bürokratius. „ St. Bürokratius bat besonders eifrige Anhänger in ven aemtern und Büros der französischen Regie rung gezei ng. Das hat sich wieder einmal bei einem Erlaß seigt, durch den die Pariser Gastwirte unter Antrahung Schmarer Sitr Pariser Gastwirte unter Androyung schwerer Strafen gezwungen werden. eine Speisekarte mit genauer Angabe der Preise an der Außenseite ihrer Restaurants anzubringen. Der Grund für diese Maßnahme liegt darin den Gästen zu gestatten, sich vorher über die Preise zu unterUeberrascht solchen S Dunkelheit da das Lesen dann nicht mehr möglich befesttigten verschiedene Gastwirte kleine elektrische Lichter über der Karte. Kaum aber hatten das die Steuereinnehmer bemerkt. als sie ixtragebühr wegen der Anbringung von „Lichtreklamen“ in der Oeffentlichkeit verlangten. wollten sich die Gastwirte nicht gefallen lassen. es zu langen Auseinandersetzungen. die schließlich mit der amtlichen Entscheidung endeten. daß die Restaurateure, die ja nur den Sinn des Gesetzes erfüllt hatten, in jedem Monat 60 Mark für den Quadratmeter der ausgehängten Sveisekarte zahlen müssen. Das bezieht sich aber nur auf die beleuchteten Karten. und so helfen sich die geplagten Restaurateure damit, daß sie die Speisekarten unbeleuchtet lassen, so daß sie niemand lesen kann. Anekdoten des Morgenlandes. Bearbeitet von Hermann Blumentbal. Das Seheimnis. Bei Mabomed von Tunis galt nicht nur als der reichste Fürst des Morgenlandes, sondern stand auch im Rufe, den„Stein der Weisen zu besitzen. Eines Tages verschwor sich ein Teil seiner Untertanen gegen ihn und der Nabob wurde des Thrones verlustig. Als der Bei von Algier davon erfuhr, schickte er Truppen ins Land, mit deren Hilfe Bei Mahomed zeine Macht wieder erlangte. Kurze Zeit darauf langte ein Abgesandter des Beis von Algier in Tunis ein, der dem wiedereingesetzten Fursten die Botschaft verkündete:„Mein Herr. der dir in der Not beigestanden ist, bittet dich. Erbabener, daß du ihm als Lohn dein Geheimnis verraten sollst. „Gerne will ich den Wunsch deines hoben Herrn erfüllen," erwiderte Bei Mahomed und er san dem Bei von Algier. unter starker Bedeckung. ein geschlossenen Frachtwagen. .. Als der Bei böchst gespannt den Wagen eigendandig aufschloß, fand er im Innern desselben einen Pflug. Das Porträt. Der„mongolische Fürst Tavelan, der auf einem Luge blind war. berief eines Tages einen begabten waier seines Reiches zu sich und sprach zu diesem: dir vorträtiert zu werden. Gib dir Mühe,mich zufrieden zu stellen. wenn das Bild nicht gut getroffen ist. riskierst du deinen Kopf.“ „Dein Auftrag ehrt mich. Erhabener" erwiderte der Künstler furchtlos. Und er malte den Fürsten als Bogenschützen, der auf ein Wild zielt und dabei sein Auge zudrückt. Der eitle Fürst war bochbefriedigt und beschenkte den Maler reichlich. * Kaiser und Kalis. es Der K fragte erwarte. Darauf gab der Kaiser zur Antwort:„Wenn du den Krieg als König führst, dann gib mich ungesäumt den Meinigen zurück; führst du ihn als ein Händler, dann verkaufe mich: führst du ihn aber als blutrunstiger„Torann. dann lasse mir das Haupt abschlagen. Diese Antwort gefiel dem Kalisen und er schenkte dem Kaiser die Freibeit wieder. Kaltt., Almgn#### Siuny, begrüßte einst einen Häupllinn venlen greundschaft er gewinnen wollte. Treffende Antwort. nsor Billab begrüß nuug begrüßte einst einen mit den Worten:„Danke Allab, daß die Pest, die vein Land verwüstete, zu wüten aufgehört hat.“ Darauf entgegnete der Häuptling ruhig:„Allah ist zu gütig. als daß er uns auf einmal zwei so schwere Plagen als die Pest und deine Regierung zuschicken wurde.“ Tauferkeit. Während der Regierungszeit des zweiten Kalisen brach einst ein Sklavenaufstand aus. Nach hartem Kampf gelang es den Soldaten. den Radelsführer gefangen zu nehmen. Der Sultan. dem er vorgefuhrt wurde, fragte ihn, welche Strafe er verdiene. worauf der Mann unerschrocken zur Antwort gab„Diejenige. die tapfere Männer verdienen, die sich im Kampfe ausgezeichnet haben.“ „Du hast Recht. erwiderte der Kalis. dem die * inen Mutigen zu Antwort giesel.„Es ist schade. einen toten. Darum begnadige ich dich.“ Er ließ hierauf dem Rebellen die Fesseln nehmen und reibte ihn in seine Palastwache abein. Das Horoskon. Ein orientalischer Fürst bestellte einst einen Sterndeuter zu sich und sprach zu diesem:„Ich möchte, daß du mir mein voroskov stellst. Versuche zu erfahren, wie lange ich noch zu leben habe. „Gerne stebe ich dir zu Diensten. hoher Herr.“ erwiderte der Astrologe, indem er sich bis zur Erde verneigte. Nachdem er. auf einer Himmelskarte, das Gestirn. unter dem der Fürst zur Welt gekommen war, eingehend studiert hatte, erklärte er:„Nun will ich dir die Botschaft aus dem Reiche der Sterne künden. Kurz ist deine Lebensbahn. o Herr! Du bast nur noch fünf Jahre zu leben.“ „Irrst du dich nicht?“ fragte ihn der Fürst betroffen.„worauf der Sterndeuter in bestimmtem Tone erttarte:„Die Sterne lügen nie!“ Trank zu sich nahm. gl g hat nicht vertrauen.“ meinte er. ich„u der Richtigteil Jeiner ##ifoln“ fragte der Furn.„Gehort ernen Wahrsagern des Landes lls der Großvezier davon erfuhr. suchte er den fürsten auf.„Du sollst. dem Horoskov. das dir der straloge, gestellt,###, andt Ketithuen, memte er. obkram vot 1c on: Richtigkeit seit Provhezeiung zweiseln er doch zu den ersten Wahrsagern des Landes“ Darauf erklarte der Großvezier:„Ich win dir beweisen, daß er sich auch irren kann. Hierauf ließ er den Sterndeuter holen und richtete an ihn die Frage:„Hast du dein eigenes Horoskov studiert?" Als der Astrologe bejahte, fuhr der Großvezier fort:„Dann sage uns, wie lange du noch zu leben hast.“ Darauf erwiderte der Astrologe, ohne zu überlegen:„Zwanzig Jahre!“ Darauf ergriff der Großvezier einen Dolch und Saraufeghring der erstach den Astrologen. Als dieser seine seine## ausgehau der Großvezier zum Fursten:„Nun i# Provhe wie seine #ele ausgehaucht hatte, sagte siebst du wobl. gun. Fursten:„Nun nehst du wol bezeiungen in Erfullung gehen!“ Die Gesichtszuge des Fursten heiterten sich auf und von diesem Tage an ließ er keinen Wahrsager vor sein Angesicht. * Großmut. Anläßlich seines sechzigsten Geburtstages wurde der Wohltater Chatun Tai. der sich bei den unteren Volksklasseg großer Beliebtheit erfreute, durch grungenve Reden gefeiert, in denen die große Güte und Mildtatigkeit des Jubilars gepriesen wurde. Als ein Redner Chatun Tai den großmütigsten Mann seiner Zeit nannte, erhob sich dieser von seinem Platze und sprach:„Ich verdiene diesen ehrenden Titel nicht. Das wird euch die nachfolgende Geschichte beweisen: Eines Tages hatte ich das Bedürfnis. meine Mitmenschen reichlich zu beschenken und ließ unter den Bedürftigen der Stadt eine Kamelberde verteilen. Hierauf durchwanderte ich verkleidet die Stadt. Da sah ich einen Mann damit beschäftigt. Maulbeeren und Reisig für seine Angehörigen zu sammeln. Ich trat näher und fragte ihn:„Warum suchnt vu nicht Chatun Tai auf, wo heute jeder reichlich beschenkt wird?" Darauf erwiderte der Mann, ohne in seiner Beschäftigung innezuhalten:„Wer sein Brot selbst erwerben kann, hat es nicht nötig. die Wohltaten Chatun Tais in Anspruch zu nehmen. „Seht, meine Freunde.“ schloß Chatun Tai.„das war der großmütigste Mann unserer Zeit!“ * Der Chalat. In Kios lebte ein Mann namens Archan. der wegen seiner Gelehrsamkeit sehr geachtet war. Die vornehmsten Männer der Stadt suchten seinen Umgang: da der Weise aber einen abgetragenen Rock anhatte, lud ihn keiner in sein Haus. Zum Ramasan erhielt Archan von einem Schüler einen fast neuen Chalat zum Geschenk. Als er sich mit ihm auf der Straße zeigte, trat sofort ein Würdenträger auf ihn zu und lud ihn zum Istarmahl ein. Archan erschien zur festgesetzten Stunde und unterhielt die Gäste durch seine weisen Aussprüche. Das Mahl begann. doch als die Suppe aufgetragen wurde. begoß der Gelehrte seinen Chalat von oben bis unten mit der Brühe. „Was machst du?“ fragte ihn der Gastgeber vorwurfsvoll. worauf Archan zur Antwort gab: „Diesem Rock habe ich es zu verdanken, daß ich zum Essen geladen„wurde. etwas abbekommen. Desbalb muß auch er GRSSTES ROTSTSS AnbIsbnön 25 8 59 5S DS. a Pns PEAPAEP PPZEEN Döchentliche Unterhaltungsbeilage der Gelsenkirchener Allgemeinen Zeitung 1931 Mittwoch, den 15. April Nr. 15 "" vogeiir Roman von Seite Coppright by Literaim- Vorlag Geris. Berlin-Steglatz. Nachdrach verboten. „Ja, ganz herrlich,“ antwortete sie leise. Ein leichtes Rascheln ließ beide erschreckt zusammenfahren. Ein dürres Aestlein hatte sich gelöst und war herabgefallen. Sie lächelten über ihre Schreckhaftigkeit. Wie grenzenlos glücklich waren sie beide in dem Gefühl ihrer Liebe zueinander der sie umschloß wie ein schimmerndes Gewand. Er griff nach ihrern Hand und drückte sie zärtlich. „Traute.“ sagte er noch ein wenig schüchtern. denn es war das erste Mal. daß er sie bei ihrem Vornamen nannte.„Traute. ich habe dir schon immer etwas bekennen wollen, aber nie dünkte mich der Augenblick dafür so geeignet wie jetzt. Laß mich dir sagen, was mir fast das Herz sprengt, daß ich dich liebe, daß es nichts Herrlicheres für mich gibt. als zu erfahren, daß auch du mich liebst. Traute. ##rte, laß mich nicht länger in Ungewißbeit. sage mir. ob du auch nur ein klein wenig von dem empfindest, was in mir fiebert, was jede Stunde ohne dich mir leer und kalt erscheinen läßt? Sag. Traute, liebst du mich, wie ich dich liebe?" „Manfred. du Lieber Dummer weißt du es denn noch immer nicht? Ja, ich liebe dich, nur dich allein!" Da riß er sie in seine Arme und bedeckte ihren Mund mit glühenden Küssen. Ein Taumel hatte sie ergriffen. Ihre solange zurückgehaltenen Gefühle für einander durchbrachen alle Dämme und stürmten nun mit ibnen dabin. Traute ruhte selig an seiner Brust. Er preßte sie immer wieder an sich, daß ihr fast der Atem verging. Ein wilder, toller Bursche war er geworden, von der Freude über sein Glück, das er in den Armen hielt. vollkommen verwandelt. „Ja. Jung. bist du denn jeck!" rief sie ganz außer Atem. Er stutzte, küßte sie schnell noch einmal, dann gab er sie, frei. „Madel. du bist ja gar nicht aus Thüringen!" sprudelte er heraus.„Ich hab mich schon immer gewundert, was für einen komischen Tonfall du als Thüringerin in der Kehle hast. Jetzt ist das Rätsel gelöst du bist vom Rhein! Gesteh es nur, du bist ein rheinisches Mädel!“ „Vom Rhein?“ fragte sie zurück und der Schalk strahlte ihr aus den Augen.„Dat bann ich ja noch jarnich jewust. Er lachte laut und übermütig auf. „Woher bist du eigentlich, mein Mädel? Etwa aus Köln?" „Nicht weit von weg. man kann mit der Straßenbabn hinfahren. „Ja. wie soll ich das erraten! Von Köln kann man allerwärts mit der Straßenbahn hinfahren. „Also vaß auf: es gibt da zwei Städte, die eine links, die andere rechts vom Rhein. beide sind durch eine Brücke verbunden, die eine heißt Beul und die andere...“ onn!“. „Richtig!“ „Fabelhaft, wie ich das herausbekommen habe. was! Dafür kriege ich mindestens ein halbes Dutzend Küsse.“ Und er bekam sie, ganz ordnungsmäßig abgezählt. und sehr bereitwillig. „Ein Glück, daß ich einen Kollegen aus Honnef habe. der nichts Schöneres kennt als das Siebengebirge und alles, was drumrumliegt, sonst hätte ich es nie erraten. Doch noch immer ist mir dunkel. wieso du, wenn du doch von Bonn kamst, denselben Zug nach Berlin benutztest wie ich. „Ich kam doch gar nicht aus Bonn. sondern von meinem Onkel in Gräfenthal.“ Zum ersten Male hörte Manfred Näheres von ihrer Jugend. Nicht viel Erfreuliches. Sie entstammte einer kinderreichen Familie. Onkel August war ihr Pate und hatte gern etwas für sie tun wollen Da er selbst kinderlos war, hatte er sie. nachdem sie die Schule verlassen, zu sich genommen. Sie hatte sich recht glücklich bei ihm gefühlt. nicht weil sie aus ärmlichen Verhältnissen in ein Haus der Wohlhabenbeit gekommen war, obwohl sie diesen Umstand dankbar begrüßte, sondern weil ihr Onkel ein lieber, prächtiger Mensch war, der ihr nur Gutes erwiesen hatte. „Leichten Herzens bin ich damals nicht zu ihm gegangen, denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß es mir irgendwo in der Welt ebenso gefallen könnte wie am Rhein. „Na und hier? Ist es hier nicht minder schön?“ „Ja, schön ist es hier auch, aber am allerschönsten ist es eben am Rhein!“ "„Das vermag ich nicht zu entscheiden, nur das eine weiß ich: was am Rhein wächst, ist berrlich!" Bei diesen Worten umfaßte er sie und bob sie jauchzend in die Höbe. „Mein Mädel vom Rbein!“ * Noch immer war Farkacs krank, noch immer mußte Manfred ihn vertreten. Ihm oblag auch die Zusammenstellung der Programme. Dabei war ihm eine Idee gekommen. Der zweite Akt seiner Over enthielt ein schmelzendes Lied, das sich ausgezeichnet zur Wiedergabe auf der Geige eignete. Kurz entschlossen schob er dieses Lied in das Programm mit ein. Was er kaum zu hoffen gewagt. geschah: das Publikum hörte aufmerksam zu und starker Beifall war das Ergebnis. Glückstrahlend erzählte er es Traute, die sich gleich am nächsten Abend einsand, um Zeuge seines Erfolges zu sein. War es auch nur ein Bruchteil seiner Schöpfung. ihre Freude hätte nicht größer sein können, wenn das Werk selbst aufgeführt worden wäre. Es wurde für Traute ein Anlaß, bin und wieder seinem Sviel zu lauschen. Sie hatten auf diese Weise Gelegenheit, sich öfters als bisber zu sehen und.wenn auch nur kurze Zeit, zu sprechen. Als sie eines Abends wieder das Lokal betrat. suchten ihre Augen Manfred vergebens: statt seiner spielte Farkacs wieder die Soli. In der Pause fragte sie einen seiner Kollegen nach Manfred. dessen Fernsein sie beunrubigte, und erfuhr, daß er erkrankt sei. Sie wußte zwar seine Adresse, aber es war schon spät und ein Besuch bei ihm nicht mehr möglich. Sie wollte ihm schreiben, hielt es aber doch für richtiger. ihn am nächsten Tage aufzusuchen. Frau Schramm, bei der Manfred noch immer wohnte, machte große Augen. als sie das bildhübsche Mädchen nach Manfred fragen hörte. „Er liegt zu Bett. Eine leichte Grivve, meint der Arzt. „Bitte, führen Sie mich zu ihm.“ „Treten Sie ein, Fräulein." Traute erschrak heftig, als sie ihren geliebten Manfred mit fieberglänzenden Augen liegen sah. „Warum hast du mich nicht benachrichtigt, daß du krank bist? Ich wäre doch sofort zu dir gekommen.“ „Aber Liebling, ängstige dich doch nicht. Es ist ja wirklich nichts Schlimmes. Ich brauche nur ein paar Tage Bettruhe, dann bin ich wieder vollkommen obenauf. Am Sonntag können wir bestimmt wieder zusammen ausgehen. Sie saß an seinem Bett. hielt seine Hand und gab sich den Anschein. unbekümmert zu sein, während ihr doch recht bange ums Herz war. So ganz ungerechtfertigt war ihre Sorge nicht. denn aus den vaar Tagen wurden zwei Wochen. die Manfred im Bett verbringen mußte, und auch dann gestattete ihm der Arzt noch nicht gleich die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit. Täglich nach Büroschluß kam Traute zu ihm, um ihm über einige einsame Stunden hinwegzuhelfen. Sie verstand es vortrefflich, den ungeduldig werdenden Manfred vor einer Torheit zu bewahren. Als jedoch weitere zwei Wochen um waren. erklärte er kategorisch, keinesfalls länger seiern zu wollen. Der Arzt ist ein Angstbase und mir ist es jetzt gleichgültig, ob er damit einverstanden ist oder nicht, daß ich des Abends wieder sviele. Er machte einen so aufgeräumten Eindruck, daß auch Traute keine Bedenken mehr hatte. Sie freute sich schon auf die Sonntage, an denen sie wieder mit ihm hinauswandern würde in Gottes berrliche Natur. " Bei ihrer Heimkehr erwartete sie ein Bries von Ontel Augusts Hand. Da sie mit ihm in regem Briefwechsel stand. war daran nichts Verwunderliches. aber es berührte sie doch etwas seltsam, daß ihr Onkel schon lange vor dem fälligen Termin schrieb. Sie öffnte den Brief und las ihn. Tante Malwines Zustand war bedenklich geworden, sie konnte das Bett nicht mehr verlassen. Onkel August. der auch nicht mehr so munter war wie früher, hatte die Aufwartefrau ins Haus nehmen müssen, um nicht ganz ohne weibliche Hilfe zu sein. Aber Frau Langer eignete sich nur für grobe Arbeiten Traute abnte schon, was diesen klagenden Worten folgen würde sie war aber doch überrascht, daß Tante Malwine es war. die den Wunsch aussprach. sie für die letzten Tage ihres Lebens wieder um sich zu haben. „Ich will Dich in nichts bestimmen, liebes Kind. handele, wie Du es für gut befindest. aber schreibe. oder besser. telegraphiere mir wie Du Dich entschieden hast. waren die Schlußworte ihres Onkels. Unschlüssig rubte Trautes Blick auf dem Briese. Was sollte sie tun? Dieses Ersuchen um ihre Rückkehr nach Gräfenthal kam ihr sehr überraschend. und die dringliche Form. in der es gehalten war, deutete darauf bin. daß Tante Malwine vor ihrer Erlösung von langer Krankheit stand. Es war die Bitte einer Sterbenden. Das war für sie das Entscheidende, außerdem konnte sie Onkel August wenigstens einen Teil seiner Liebe und Güte vergelten. Sie mußte mit Butenstock sprechen. Obgleich dieser auf seine Frage von ihr bisber keine Antwort erhalten hatte, ließ er es sie nicht entgelten. Er war ein gerecht denkender Mann. der zu schweigen und sich ins Unvermeidliche zu fügen verstand. nachdem es ihm kein Gebeimnis mehr war, daß Traute einem jüngeren Manne den Vorzug gegeben hatte. „Reisen Sie noch heute und kehren Sie erst zurück, wenn Sie den Zeitpunkt für gekommen halten.“ lautete seine Antwort. Sie drückte ihm dankend die Hand. Sein Blick aber wich dem ibrigen aus. Um Manfred mündlich zu unterrichten. reichte er###frgt Schnell schrieb sie ihm kurs von der Berlin auf oder der ihr als Frau Langer ein Schreiben Man fallen könnte. Den Zeitpunkt. von dieser Angelegenheit zu sprechen. hielt sie noch nicht für gekommen im gegenwärtigen Augenblick konnte sie Onkel August unmöglich davon Mitteilung machen. Außerdem würde sie ja in wenigen Tagen wieder“ in Berlin sein. Eine Stunde später reitte sie bereits nach Gräfentbal. Achtes Kavitel. „Einen schönen guten Tag, da bin ich wieder!“ Mit diesen Worten betrat Manfred das Zimmer des ihm wohlbekannten Sekretärs von Farkacs. Dieser drebte sich nur flüchtig nach dem Eintretenden um. und so sah er wohl auch nicht, daß Manfred ihm die Hand zum Gruße entgegenstreckte. die sonst so bereitwillig genommen wurde. „Ist Herr Farkacs zugegen?“ „Was wünschen Sie denn von ihm?“ „Ich möchte ihm guten Tag sagen und mich zurückmelden. nachdem ich wieder hergestellt bin. „Zurückmelden? Wieso denn? Sie stehen doch mit Herrn Farkacs in gar keinem Vertragsverhältnis mehr. Wie vom Donner verührt Karrte Manfred den Sekretär an. Als er seinerzeit den Vertrag mit Farkacs abschloß, hatte er in seiner Aufregung und Freude über das Engagement die einzelnen Paragrapben nicht durchgelesen auch später nicht. Jetzt erfubr er nun, daß darin eine Klausel enthalten war. bie besagte, daß das Verhältnis als gelöst gälte. wenn er. gleichviel aus welchem Grunde, länger als vierzehn Tage leinen Verpflichtungen Farkacs gegenüber nicht nachkomme „Sie können Herrn Farkacs doch nicht zumuten. Ihren Playz in der Kavelle wochenlang unbesetzt koallen“ „Das tue ich auch nicht. Ich bin nur sehr erkannt. weil Herr Farkacs mir wiederholt verächert hat, wie sehr er mich schätze und daß er sich niemals odne ganz triftige Gründe von mir trennen werde.“ Der Sekxetär grinste vor sich hin. Er wußte besser als Manfred, daß triftige Gründe vorlagen. Manfred hatte sich als Ersatz zu gut bewährt. Farkacs fürchtete für sein versönliches Renomee; er hätte nach einem Grunde luchen müssen. um Manfred loszuwerden. Dessen Krankheit war ihm eine dochwillkommene Gelegenheit. ihn abzuschieben. „Könnte ich Herrn Farkacs persönlich sprechen?“ „Bedauere. Wozu auch? Die Angelegenheit ist vollkommen klar: er könnte Ihnen auch nichts anderes sagen. Ich hin sehr beschäftigt. Leben Sie wohl. Herr Pasch.“ Auf die Straße gesetzt! Pieder ohne Stellung. ohne Einkommen! Was nun? Nach langem Ueberlegen dünkte er ihn das richtigste, zu versuchen, sich als Komvonist durchzuietzen. Der Erfolg, den er mit seiner Musik geihr vatte, deutete ja klar daraus bin. Doch wie zum Hohn sand er beim Betreten seines Zimmers ein Paket vor. das die Partitur seiner Over„Kaiser Rotbart“ enthielt. Vielleicht war es doch aussichtsreicher, sich zu bemüben, bei einer anderen Kavelle unterzukommen. Das längere Engagement bei Farkacs würde ihn lcher empfeblen. 4 E Aber das erwies sich als eine Tauschung. Es war schon eine Gunst. wenn er dem einen oder anderen Agenten vorsvielen durfte. meistens bekam er rundwen abschlägigen Bescheid, bestenfalls Vertröstungen. Er lief sich verzweiselt die Schuhsohlen ab, denn eine Ersparnisse gingen immer mehr zur Neige. oränkte sich auf das äußerste ein. verzichtete wieder auf warmes Essen und hoffte, hoffte von einem Tage zum andern. Aber es war ein unklares. kein lebensmutiges Hoffen. Zeit zu eigenen Schöpfungen hatte er übergenug. jedoch er hatte den Glauben an sich verloren und brachte keine Energie zum Schaffen mehr auf. Er mußte wieder an Traute denken. Sie sehlte ihm unsäglich. Nach ein vaar Tagen hatte sie wieder in Berlin sein wollen. Inzwischen waren Wochen vergangen und er hatte von ihr nichts wieder geleben und gehört. Herrgott, wenn sie jetzt plötzlich zurückkehrte und erfuhr, wie es um ihn stand. Er war zwar völlig schuldlos an seiner Lage. aber er schämte sich entsetzlich bei dem Gedanken. ihr so gegenüberstehen und ihr offenbaren zu müssen. was uch zugetragen. Nein, sie sollte lieber nicht kommen. nicht jetzt. sie sollte ihn nicht in dieser furchtbaren virnatign sehen. Ob Janke vielleicht wieder Verwendung für ihn hatte? Er schlich sich hinunter. Das Plakat hing noch immer im Fenster:„Erstklassiges Unterhaltungs= konzert von lieben Uhr ab.“ Das Klavier schwieg. Also! Schon streckte er die Hand nach der Klinke aus, als drinnen Musik einietzte. Sie dröhnte in leinen Ohren. es war ihm. als bearbeite jemand die Tasten mit den Fäusten. Jetzt singen einige Stimmen an mitzugröhlen: sie mochten das Gesang nennen. Da kehrte er traurig in seine Bebausung zurück."#u. 9 g Der Monatsertte nand vor der Tur, die Miete mußte bezahlt werden und er war dazu außerstande! Gräfler! Od er sich wohl mal an diesen wandte? Doch das hätte er gleich tun müssen, heute war schon zuviel Zeit verloren gegangen. Er mußte! trachten. schnell etwas zu verdienen. Aber wodurch. mit was? „Rimm die Geige unterm Arm. gebt von Hof zu Ihm schauderte bei dem Gedanken. Wie recht hatte doch Gräfler gehabt: Das bört sich so einfach an. aber, erst durchmachen! Doch was hali alles Sträuben. Hinweg mit den schamhaften Gedanken! Hab es denn für ihn noch eine andere Möglichkeit?. Er ging durch die Straßen, blickte durch die Torwege auf die Höse. fand aber überall etwas, das ihn binderte. sein Vorhaben auszuführen. Natürlich war nur seine Schamhaftigkeit der Grund dafür. Er wanderte weiter. Doch die Rot war stärker, 449118 Mit zusammengebissenen Zähnen ging er schließlich auf einen Hof. klein. kinderlos. ohne jedes Geräusch, eigentlich mehr ein Lichtschacht. von cheinbar ugendlich Stüch= ud: dem heinvar unenolich doch. ein Stückchen Himmel dlaute.„„„#as mestrach Er drückte den Dut tieser ins Genar, verkroch sich in einer Ecke und begann, den unsichtbaren Bewohnern die„Mattinata“ von Leoncavallo vorzulvielen. Kein Fenster öffnete sich, alles blieb still. als besände er sich in einer Einöde. Wollte man auch hier nichts von ihm wissen? Erbarmen! schrie es in ihm auf. Jetzt wurde ein Fenster geöffnet: er senkte den Kovj noch tiefer Aber kein Geldstück fand zu ihm. Eine Frauenstimme trällerte ein Liedchen. „Ein Tor bist du!“ schalt er sich.„Hast du denn noch immer nicht gelernt, was die Leute bören wollen!“ Wieder setzte er die Geige an, doch nun erklangen bekannte Melodien aus den neuesten Overetten. Klatschend sielen neben ihm Gnadengeschenke nieder. Wie ein Dieb hob er sie auf und fluchtete wie ein solcher. In einem Hausflur zählte er das erhaltene Geld. Der Anfang war gemacht. Kostete es ihn auch noch Ueberwindung. die Rundreise fortzusetzen. er brachte es doch über sich. Früb am Morgen ging er von Hause sort und kehrte erst sehr spät zurück, lange nach Dunkelwerden. Frau Schramm wunderte sich zwar im stillen. aber sie fragte nicht, und er hütete sich, ihr auch nn ein Sterbenswörtchen zu verraten. Wie leicht hätte Traute durch sie davon erfahren können: ibretwegen wagte er sich tagsüber nicht nach Hause. Nicht überall gestattete man ihm zu svielen. besonders nicht in der westlichen Gegend, wohin er in der Hoffnung auf größere Gaben seine Tätigkeit verlegt hatte.###.pteche blastAuch heute geschäh ihm das. Doch Manfreds blasse Wangen, der sich seit einigen Tagen wieder krank fühlte, aber doch ausging um des„Verdienstes" willen, rührten wohl den Hauswart, denn gleich darauf sagte er:„Ich will nischt gesehen haben.“ „Manfreds Sviel flehte zu den Fenstern empor. gerade als Frau Baronin von Springhoff ihr Ankleidezimmer betrat Sie stutzte, von der Melodie merkwürdig berührt. War es nicht die gleiche, die sie vor einiger Zeit vernommen und die ihr so gut gefallen hatte? Lutz Brenken. der Inhaber des namhaften Zeitschriftenverlags Brenken und Soltmann. an dem sie leitend mitwirkte, hatte sie auf einem kleinen Bummel vor seiner Reise nach den Vereinigten Staaten auch in den neuesten Restaurationsvalast Germania geführt. Ein junger Mann hatte dasselbe Stück ganz wundervoll zum Vortrag gebracht, sie war begeistert gewesen und hatte mit ihrem Beifall nicht gegeizt. Sie vergaß gas ihre telephonische Zusage. sofort nach der Redaktion kommen zu wollen. und lauschte dem unbekannten Stück. Es wunderte sie. daß dieser Hofmusikant die Feinheiten ganz genau so zur Geltung brachte, wie der junge Musiker in dem vornehmen, teuren Restaurationsvalast. Da brach das Sviel jäh ab. Die Baronin trat ans Fenster und blickte hinunter auf den Hof. Zu ihrem nicht geringen Schrecken sah sie den dem sie eben noch andächtig gelauscht, samt seiner Geige am Boden liegen. Der Hauswart eilte herbei und bemühte sich, ihn aufzuheben: es gelang ihm aber nicht, weshalb er seine Frau rief. mit deren Hilie er den Hofmusikanten ins Haus trug. Die Baronin eilte zur Klingel. Sie war erregt: der Vorfall ging ihr an die Nerven. Sie schickte ihr Mädchen hinunter in die Hauswartwohnung um Auskunft, was dem jungen Mann zugestoßen sei. Sie erhielt den Bescheid, daß ein Ohnmachtsanfall vorliege, der wohl auf Unterernährung zurückzuführen sei: er könne aber auch eine andere Ursache haben. eine robuste Natur lei der junge Mann jedenfalls nicht. (Fortsetzung folgt) Itesoreinbruck. von Jo Ranns Das große Hotel lag ruhig. Es war in einer jener Vormittagsstunden, wo die Aufräumungsarbeiten bereits vorüber, die Fenster geputzt, die Teppiche gereinigt. die Ledersessel der Halle gerichtet sind und die Gäste noch nicht alles wieder in wohnliche Unordnung haben bringen können. Plötzlich sah der Pförtner von der Morgenzeitung auf: Zwei Herren traten durch die Flügeltür, maeier uanf. 9. „Wir werden erwartet“, sagte der Jüngere von Ubven. Aris teante: Gerr Bin g. Der Pfortner fragte:„Derr Vill Brown?“ Der Jüngere nickte:„Ja.“ Und zugleich zur Ergänzung fügte er auf den zweiten Herrn deutend hinzu:„Mein Anwalt.“ Der Pförtner winkte einem der Boys:„Führe die Heren in das Privatkontor!“— Zehn Minuten später hatte man sich in allen wichtigen Punkten geeinigt. Bill Brown saßte nochmals zusammen:„Ich übernehme Ihr Hotel mit dem heutigen Tage. Als Kaufpreis vereinbaren wir eine Million. Diesen Betrag habe ich auf der Staatsbank hinterlegt, wie Sie sich soeben durch telephonische Rückfrage überzeugt haben. Ich behalte mir ein Rücktrittsrecht von vier Tagen vor. Nütze ich dieses Rücktrittsrecht nicht aus, zahlt Ihnen in vier Tagen die Bank eine Million bar aus.“ Der Direktor des Hotels verbeugte sich.„Einverstanden. Wann wollen Sie die Leitung übernehmen' Bill Brown ging zum Schreibtisch, den der Besitzer des Hotels soeben verlassen hatte, und setzte sich breit in den Sessel.„Sofort“, sagte er.„in dieser Minute. Sie brauchen nur den Vertrag meines Anwaltes zu unterzeichnen.“ Der Hoteldirektor unterzeichnete.— Zwei Tage vergingen. Kein Zwischenfall ereignete sich. und alles verlief in der selbstverständlichen Ruhe großer Hotels. Rur einige der älteren Angestellten hatten den Lechsel in der Hotelführung bemerkt. Am Morgen des dritten Tages aber——— Der Nachtvortier stand kreidebleich vor dem Privatzimmer Bill Browns.„Ich muß unbedingt sofort Herrn Bill Brown sprechen." Das Zimmermädchen bedauerte:„Herr Direktor hat ausdrücklich befohlen, ihn nicht vor neun Uhr zu wecken. Der Pförtner schob das Mädchen zur Seite und öffnete die Tür. Sie war unverschlossen. Er eilte in das Zimmer. „Was gibt es?“ fuhr Bill Brown auf. Der Pförtner stieß heraus:„Unsere Tresors—“ „Tresors?" „Erbrochen! Vergubt! Diese Nacht!“ „Was sagen Sie?“ sprang Bill Brown aus dem Bett.„Die Tresors erbrochen? Alle?“—„Alle. „Haben Sie einen Verdacht?“—„Nein. „Hat niemand den Tresorraum betreten?" „Nein. Die Tür blieb die ganze Nacht verschlossen. Sie war es auch heute früh, als ich den Dienst dem Tagesportier übergab und wir den üblichen Kontrollgang machten.“ „Führt noch eine andere Tür zu den Tresors?" „Ja. Es ist noch ein Zugang durch die Verwaltungsräume der Direktion.“ „Diese Tür?“ „Ebenfalls verschlossen.“ Bill Brown hatte sich inzwischen angezogen. „Kommen Sie!“ sagte er.„Wir wollen uns erst einmal die Sache ansehen.“ Die Uhr schlug els. al.s Bill Brown den privaten Sitzungssaal des Hotels betrat. Er trug einen Gehrock. und hinter ihm standen die beiden langjährigen Subdirektoren des Hotels. „Guten Morgen, meine Damen". grüßte Bill Brown.„guten Morgen, meine Herren.“ Die Gäste, die von der Hotelleitung hierher gebeten waren, erwiderten den Gruß nicht sonderlich laut. Sie wußten nicht, um was es sich handelte. Die ganze, wichtig gehaltene und doch dabei mit der Bitte um strengstes Stillschweigen verbundene Aufforderung hatte ihre Nerven heunruhigt, und das feierliche Auftreten der Hotelleitung war nicht dazu angetan. ihre Bedenken zu zerstreuen. Es waren ungefähr vierzig Gäste erschienen, und es befanden sich die reichsten und angesehensten Leute darunter. die alle ein Fach im Tresorraum des Hotels belegt hatten. „Meine Damen und Herren". begann jetzt Bill Brown,„ich muß Sie zunächst über das, was Sie jetzt hören werden, um strengstes Stillschweigen gegen jedermann bitten. Ich nehme Ihr Einverständnis an. Sollte jemand von Ihnen nicht die Absicht haben. dieses Versprechen zu geben, so bitte ich ihn, den Saal zu verlassen.“ Niemand rührte sc, n Bamn uut „Ich danke Ihnen“, fuhr Bill Brown fort,„und tzt muß ich Ihnen eine sehr unangenehme Eröffnung machen: Ihre Tresors wurden diese Nacht erbrochenz Eine Unruhe lief durch die Versammlung. Rufe wurden laut— Fragen— Hände reckten sich. „Mein Tresor auch?— Familienschmuck! Saie 38? Wie war das möglich?“ Bill Brown griff die Frage auf.„Wie war das möglich?“ sagte er.„Wir stehen selbst vor einem Rätsel. Wir haben schon alles getan. Vielleicht wird es uns gelingen. die Sachen wieder herbeizuschaffen. Wir möchten aber im Interesse unserer verehrten Gäste und auch im Interesse des Hotels die Sache vorläufig, wenigstens die ersten ein bis zwei Tage. nicht der Oeffentlichkeit bekannt geben. Wir hielten es nur für unsere Pflicht. Sie als Saseinhaber davon zu benachrichtigen: wir verpflichten uns, morgen, spätestens übermorgen die Angelegenheit der Polizei zu übergeben, falls unsere Nachsorschungen erfolglos bleiben. Ob aber die Polizei mehr Glück haben wird als wir, möchte ich bezweiseln. Es besteht natürlich die Gefahr— was ich offen gestehen muß— daß Ihr Schmuck und Ihre Devots verloren sind.“ Einige Herren meldeten sich zu Wort. Bill Brown bat einen Mann im weißen Bart zu sprechen. aber bevor dieser zu ihm getreten war. sprang ein junger Mann auf einen Stuhl und rief“ „Bitte. eine Minute für mich, meine Herrschaften! Es ist eine alte Erfahrung, daß gestohlene Sachen in den seltensten Fällen wieder herbeigeschafft werden. Der Dieb befindet sich sicher längst im Ausland, zumal wir nur drei Schnellzugsstunden von der Grenze entsernt sind.“ „Recht hat er“. nickten einige. Der junge Mann lachte:„Und jetzt, meine Damen und Herren, will ich Ihnen eine Möglichkeit geben. Das Stillschweigen, das Sie vorhin der Hotelleitung versprochen haben, nehme ich auch für mich in Anspruch und für das, was ich Ihnen jetzt eröffnen und vorschlagen werde. Mein Name ist Teddy Taff. Versicherungsagent. Ich vertrete eine große amerikanische Versicherungsgesellschaft für Reiseeffekten, gegen Diebstahl und Einbruch. Da ich selbst zu den Geschädigten gehöre und— wie man es bei den Versicherungsbeamten zumeist findet.— selbst nicht versichert bin. will ich unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit heute noch auf Ihre Tresoreinlagen Versicherungen aufnehmen und diese zehn Tage vordatieren. Wäre nicht die weite Entfernung von uns bis nach Amerika. so würde natürlich eine derartige Verzögerung auffallen; so aber ist die Sache ohne weiteres durchführbar.“ Eine allgemeine Stille folgte. Zögernd kamen einige näher. Der junge Mann sprach weiter:„Ich muß aber noch die Bedingung daran knüpfen, daß die Direktion des Hotels nachträglich das Fach. in dem ich mein Geld aufbewahrte, aus zweihunderttausend versichert, da ich mich selbst nicht vordatiert versichern kann.“ Bill Brown war sofort einverstanden.„Wenn Sie diese Vordatierung für mich und meine Gäste auf sich nehmen können, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen—“ „Eben Das ist es“, riefen die Gäste besorgt. „Meine Herren“, antwortete Teddy Taff.„überlassen Sie das mir! Ich kann es gegebenenfalls sogar mit gutem Gewissen tun. wenn Sie mir nur versichern, daß Sie diese Versicherung mit mir bereits vor vierzehn Tagen mündlich abgeschlossen haben und unter der Voraussetzung, daß wir hier alle nichts von der Erklärung der Hoteldirektion gebört haben.“ „Ich werde Ihnen. meine Herrschaften, erst übermorgen früh von dem Einbruch berichten“, verkand Bill Brown den anderen lofort. „Ich bitte darum“. sagte der Versicherungsagent. „übrigens mache ich dies nicht aus Nächstenliebe. Ich verdiene damit eine anständige Provision. und ich müßte Sie bitten, sich auf wenigstens drei Jahre versichern zu lassen, wovon die Prämie des ersten Jahres in der Höhe von zwei Prozent bei Uebergabe des Versicherungsscheines fällig ist, die Sie in den nächsten drei Stunden in meinem Zimmer 105 beantragen und sich gleich abholen können.“— auf Nachteroreh, suhr über die stalienüthe brenze. In einem Abteil erster Klasse saßen zwei derren. „Wie hoch belaufen sich eigentlich die Versicherungen zusammen?" Der andere rechnete:„Fast zwanzig Millionen!“ # Zwanzig Millionen? Glauben Sie, wirklich an die Berechtigung dieser hohen Summe?“ „Ausgeschlossen". lachte Teddy Taff.„ich bin überzeugt, daß der Tresorinhalt aller vierzig Fächer sich aus höchstens sechs Millionen belief. Aber mir kann es gleichgültig sein— ich habe meine vierhunderttausend Prämie kassiert." „Wovon mir zweihunderttausend zufallen.“ „Gewiß. Bill Brown". nickte der andere. „schließlich haben Sie ja die ganze Idee ausgedacht und drei Tage Hoteldirektor gespielt. Außerdem mußten Sie eine Million Barkapital in die Sache investieren.“ „Man kann mir nicht nachsagen, daß ich mit meinem Gelde nicht arbeite. Das ist eine ganz nette Verzinsung, innerhalb drei Tagen zweihunderttausend. wieder abgehobendu Million bereits bei der „Schon gestern vormittag, und heute ist der alte itzer„wieder im Hotel. Er wird sich wundern. wenze beine, Gäste ihn nach den Tresors fragen. Er wird mit ihnen in den Tresorraum geben und alles finden, wie er es verlassen hat. Alle Tresors sind in Ordnung. Nicht ein Stück fehlt.“ „Wann haben Sie alles wieder hineingeräumt?“ ..„Gegen zehn Uhr— um dieselbe Stunde, in der sch sie gestern ausräumte.“ „Jeddy Taff dachte nach. Dann sagte er:„Eins verstehe ich doch nicht. Brown. Sie hätten doch den nicht zu organisieren wrassen, und nu. datten Sie erstens nicht teilen gemesen.— der Betrag wäre auch noch böber schon“, lachte Bill Brown.„aber dann Geseß in Konfisibt gekommen, und man nachgehetzt. Das kann man nicht machen. auch wenn man erfährt, daß betrug begeben wolliege Versicherungs= Konnt deg, Es gab ein mächtiges Hallo, als sich der Kriminaldirektor Isenberg seit langer Zeit zum ersten Male wieder am Stammtisch in der„Klause" zeigte.„Krank gewesen?" fragte der lange Regierungsrat Zettritz, als der gute Notsvon vor dem Angekommenen ruhinrot im Glase sunkelte. „Wo steckten Sie so lange. Isenberg?" ließ sich auch Herr von Meerbach vernehmen und setzte etwas maliziös lächelnd hinzu:„Haben Sie inzwischen gar. geheiratet?“ Isenberg hob mit entsetzter Miene abwebrend die Hände.„Um Himmelswillen, meine Herren! Nein, alles andere als das.“ Er war ein Junggeselle vom besten Schrot und Korn. und man konnte den guten Kriminaldirektor durch nichts schneller in Harnisch bringen als mit einer Anspielung aus eine doch immerhin mögliche Heirat. Er letzte eine seiner langen und scheußlich schwarzen Zigarren in Brand und schwieg beharrlich. Ihm mußte etwas ganz Schlimmes widerfahren sein, das erst im Roten ertränkt sein mußte. ebe sich Isenberg die Zunge löste. Aber sie löste sich. Zwar erst spät, als sich schon etliche Flaschen ihrer hohlen Bäuche schämten und die sanfte Röte des Weins sich auf die freundlichen Gesichter der Zecher übertragen hatte. „Ich hab mich vensionieren lassen.“ Das schlug ein wie eine Bombe. Denn man wußte, wie sehr Isenberg an seinem Beruf hing und wie eng sein ganzes Sein mit der Kriminalistik verwachsen war. „Wirklich, meine Herren, ich ließ mir den Abschied geben, obwohl mich doch noch einige Jährchen von der Dienstaltersgrenze trennen. Aber jetzt— unter diesen Verhältnissen Beamter zu sein. und noch dazu bei der Polizei...“ Er schüttelte sich und tat einen tiefen Zug aus seinem Glase, um den wieder aufsteigenden Aerger hinunter zu spülen. ##s, da soll man mich zufrieden lassen. Neue zierhoben? Bitte schön. Ich bin der Letzte, der verlangt. daß alles seinen alten Zopf behalten müsse. Im Gegenteil, die neue Zeit hat auch Gutes gebracht. gerade bei uns. aber die Zövfe...“ Er mußte sich wieder stärken und zerkaute noch einmal die Zöpfe, die es ihm ganz besonders angetan haben mußten. Zettritz sah Meerbach an und Meerbach Zettritz. Und dann starrten die beiden dem Kriminaldirektor ins Gesicht.„Sie müssen sich schon etwas deutlicher ausdrücken, lieber Isenberg.“ „Kommt schon! Kommt schon, meine Herren. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei den Zöpfen... na, da will ich Ihnen die Geschichte mal erzählen. Wir waren gerade hinter dem Olczewski her. Sie wissen schon, dem Attaché der volnischen Gesandtschaft, die sich im Nebenberuf damit beschäftigt. auch noch das polnische Spionagebüro zu leiten. Geschickter Bursche, das muß man ihm lassen. Aber— na. Sie verstehen, die näheren Umstände darf ich Ihnen natürlich nicht auseinander setzen. Jedenfalls bekam ich einen Tiv vom Auswärtigen Amt, daß der Bursche im Begriff sei, eine ganz große Sache zu landen. Ja, und dann begann der Krieg„ehen. Wir waren alle unterwegs. Vom keinsten Wachtmeister bis zu mir zog die ganze Abteilung aus, den Strauß mit Herrn Olczewiki zu wagen. Nebenbei— es stand sehr viel auf dem Spiel, ganz besonders im Hinblick auf die recht gespannten politischen Beziehungen zu Polen. Vins luskige Besckiekte von Böbe Ratlenbuig. Wir mußten ihn erwischen, koste es, was es wolle. Und es kostete viel, denn der Herr Attachs machte sehr lange und kostspielige Reilen. Na. und eines Tages, da war er im„Kakadu“ zum Tanztee — nicht allein natürlich, sondern mit einem wirklich bübschen, blonden Mädel und...“ Wieder mußte sich der Kriminaldirektor laben. ... und ich war eigentlich überzeugt, daß diese Dame eine seiner Agentinnen war, denn ich hatte die beiden oft zusammen gesehen. Ich saß ein paar Tische weiter und beobachtete. Sobald ich etwas Verdächtiges bemerkte, wollten wir zugreisen, denn die Sache mußte zum Abschluß gebracht werden, weil der Minister inzwischen recht nervös geworden war. Ich lag da also wie ein Luchs auf der Lauer und konnte eigentlich nichts anderes feststellen, als daß der Bursche nach allen Regeln der Kunst mit der blonden Maid flirtete Sie tanzten auch und tranken ein paar Cocktails und rauchten. Aber nichts Verdächtiges ereignete sich. Bis— ja. so kommt man in Gewissenskonflikte— bis ich plötzlich sah, wie das Mädchen beim Tanz einen sehr geschickten Griff in die Sakkotasche des Attaches tat. Was sollte man da tun? Schließlich war ich doch Willen nichts. Und die Kriminalpolizei ist nun einmal die objektivste Behörde der Welt. Ich stand also auf. griff mir den Geschäftsführer. wies mich aus und bat ihn. die Dame beraus zu bitten, da ich kein Aufsehen erregen wollte. Sie kam auch, sichtlich betreten und war keineswegs erfreut, plötzlich den Vertretern der Heiligen Hermandad gegenüber zu stehen. Natürlich schwindelte sie. Kann ich ja verstehen. Wer wird denn zugeben. daß er ein Taschendieb ist? Mein tüchtiger Windelband hatte bald heraus. wohin die hübsche Kleine die Brieftasche des Attachés praktiziert hatte, und sie durfte trotz größten Widerstrebens in seiner Gesellschaft nach dem Polizeipräsidium fahren. Die Brieftasche aber gab ich— was sollte ich auch anders tun?— dem Herrn Olczewski zurück. Soweit war alles gut und schön: ich hatte zwar keinen Spion, dafür aber eine sicherlich recht ausgekochte Taschendiebin gefaßt. Nicht ohne Stolz ging ich am Abend aufs Präsidium, wo mich der Chef in nicht gerade freundlicher Weise zu sich bat. Unsere Unterhaitung war kurz. aber inhaltsschwer; denn als ich sein Zimmer verließ, hatte ich um meine Entlassung gebeten. Was das alles mit den Zövsen zu tun hat? Nun— das blonde Mädchen hatte einen. Einen sehr schönen sogar, das muß ich alter Weiberseind selbst zugeben. Und wissen Sie, meine Herren, wer die Taschendiebin war? Eine Agentin des Auswärtigen Amts. die sich auf diese Weise in den Besitz von Material setzen wollte, das eine Verhaftung der Attochés rechtfertigte. Na, der Plan wurde durch mein Dazwischentreten vereitelt. Aber— sagen Sie, meine Herren: Habe ich das abnen können? Ein Mädchen Geheimagentin der Regierung! So geheim, daß selbst wir von der Polizei nichts davon wußten? Und da soll man noch länger Beamter bleiden? Nein, meine Herren, halten wir uns lieber an den Rotivon!“ Der dien aef Gentsegen., Shiuns ven Radter Tauucher. Das hotel als Familienheim. ös. iuß, dauernde Wohnung in einem Hotel aufDie eleganten Pariser und besonders ihre Frauen haben herausgefunden, daß ihre Stadt reich an vorzüglich geleiteten Gasthäusern ist. in denen es sich viel angenehmer lebt als in den Mietswohnungen, die in der Pariser Hauptstadt meist viel zu wünschen übrig lassen. Sie sehen nicht warum sie diesen Vorteil nur den Reisenden überlassen sollen. Hunderte von bekannten Persönlichkeiten haben in den letzten Monaten ihre Wohnung aufgegeben. ihre Einrichtung verkauft und sich in einem Hotel häuslich eingerichtet. Unter diesen ständigen Hotelgästen befinden sich u. a der bekannte Politiker und Schriftsteller Herriot, der Dramatiker„Marcel Pagnol und die berühmte Dichterin„Colette". Die Hotelbesitzer beeilen sich. diesen Dauergästen vorteilhafte Bedingungen einzuräumen. und diese fühlen sich hald in der neuen Umgebung vollständig„zu Hause". Die moderne Pariserin bevorzugt diese Form der Lebensführung. weil sie dadurch aller Sorgen für den Haushalt enthoben ist. Sie braucht sich nicht mehr mit Diensthoten herumzuärgern und jeden Tag für das Essen mühselige Vorkehrungen zu treffen. Pariser Blätter aber sehen in dieser neuen Mode nur einen neuen Beweis dafür, daß die Damen ihre„häuslichen Tugenden" immer mehr verlieren. Der Ingenieur sprang auf. Es litt ihn nicht länger in der stummen Ruhe der versinkenden Nacht: ein fahles Schweselgelb deckte den dämmernden Himmel. Der Mann streckte die Glieder und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er atmete tief. Der erste Blick ging zu seinem Werk: Dort stand die Spannbrücke über dem Atbara. Die scharfen Ecken und Winkel des riesigen Bauwerkes stachen in das landige Gelb, sie bing kühn und trotzig in der schwulen Wüstenluft. Sein Blick zog leuchtend über die schlafenden Männer. Er preßte die Lippen zusammen und sah nach den schleichenden Lichtern, welche die Bogenlampen auf die träge kriechenden Wasser des Atbara zeichneten. Er hatte das Werk gezwungen, das alle für unausführbar erklärten! Schwer empfanden es die Engländer, daß sie den Sieg über die Derwische des Mahdi nicht hatten nützen können. Noch fehlte eine Brücke über den trotzigen Strom. In kürzester Zeit mußte dies nachgeholt werden. Die Werke des Mutterlandes wetteiferten mit Angeboten. Doch sie alle wurden von der American Comvany aus dem Felde geschlagen. Die Regierung nahm an. Die Konstruktion des Ingenieurs ward ausgeführt. Der„Lincoln" stach mit den riesigen Eisenteilen, mit ihm und sieben Getreuen in See. Es war eine böse Ueberfahrt. Sturm kam auf Sturm. Doch der Mensch zwang alles. Von Neuyork nach London. von dort nach Alexandrien. Luxor. Assuan, nach Wadi=Halfa, das war eine lange Kette von Ausdauer und Mut. Stark verbogen kamen die Stücke am Atbara an: bald hinter Luxor war der Zug entgleist. Der Lokomotivführer und der Heizer fanden den Tod. Der Ingenieur ließ seine Brücke überladen und fuhr weiter. Er sab hinter sich die Maschine ties in den Sand eingegraben: zehn Meter war die Böschung doch, über die sie hinabgestürzt. Nun stand die Brücke fertig! Fünf Monate batten sie rastlos gearbeitet: die acht Amerikaner, im Schutze des britischen Militärs. hundert Eingeborene und zweibundert Mörder. Die durften die Ketten nicht ablegen. Sie waren kühn und faul, sie hatten nichts zu verlieren. Sandstürme verfinsterten die Luft. giftige Fliegen quälten die Arbeitenden, die glühende Sonne heizte die Eisenteile, daß keine Hand zu berühren konnte. Doch er gab durch den Mund des Dolmetschers seine Befehle.——— Der Ingenieur sab das Profil des Brückenschwunges, die Knotenvunktteilung im wuchtigen Eisen, die seine leichte Hand auf das Pavier gezeichnet. Es ist eine Lust zu leben! Es gibt nichts. das menschlichem Können dauernden Widerstand leisten konnte. Der Ingenieur wußte, daß er sich einen Namen gemacht hatte, daß Geld und Nuhm sein Anteil waren. Er ballte die Fäuste im Gefühle der Kraft. Das Menschengeschlecht kommt weiter. Schritt für Schritt. Der einzelne fällt, das Werk lebt fort! Der Mensch hat den Blitz gebändigt. er nimmt der Erde ihre Schätze und kreuzt den Himmelsraum. er ebnet Berge und verlegt Meere, er ist der Herr der Schöpfung! Die ersten Sonnenstrahlen sielen zur Erde. Der Ingenieur deckte die Hand über die Augen. es wurde laut hinter ihm. sie rüsteten zum Fest.... Eine gelbe Sandspinne kletterte den Faden entlang, den sie gestern zwischen der Brücke und dem sa