Nr. 148. Paderborn, Dinstag 1. Juli 1879 31. Jahrg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage. Abonnementspreis in der Exped. und durch die Post bezogen vierteljährlich 1 Mark 50 Pfg. oder deren lienbreite 30 Vf. Anzeigen Abends 6 Uhr erbeten. Bestellungen auf das„Westfälische Volrsvlarr“ pro III. Quartal 1879 bei der nächstgelegenen Postanstalt werden noch angenommen. I. Nr. 4413.) Abonnementspreis 1 M. 50 Pf. Probenummern auf Verlangen gratis und franco. + Prinz Jerome Rapoleon. (Aus Frankreich.) )baleich sich die Königlichen und die Republikaner in Insicht begegnen, daß die bonapartistische Partei von iu als todt betrachtet werden könne, so ist man doch iden Lagern nicht wenig darauf gespannt, wie sich, em zwischen dem rothen Prinzen Jerome Naeon(Plon=Plon) und den Führern des„echten“ partismus ein fortwährender Zwiespalt geht hat, nun Beide zu einander stellen werden. Der Versuch einer Candidatur des 17 jährigen nzen Victor(ältesten Sohnes von Plon=Plon), Paul de Cassagnac, der grimmigste Gegner rothen Prinzen“, austauchen ließ, ist sofort eine Seifenblase in der Luft zerplatzt. Das angebexistirende Testament des verstorbenen Prinzen Louis voleon ist ein werthloses Stück Papier, weil es die a Senatsbeschluß und Volksabstiminggeregelte Erbfolge in der Familie Boarte sicht abzuändern vermag. ebis zu einer neuen Volksabstimmung, welche sich soleicht veranstalten lassen dürfte, ist und bleibt Vunz Jerome Napoleon— der 1829 geborene ehemaligen Westfalenkönigs Hieronymus lleinige Erbe und Nachfolger. Und das müssen ##r General Fleurn, die beiden Cassaasnd das ganze bonapartistische Centralco= é olens volens anerkennen. Freilich mag es ihnen er akommen, die Auctorität eines Mannes zu ersen,den man als Wüstling und Radikalen aus dem ilihrath ausgeschlossen und einem Prinzen huligen, den man wie einen Revolutionär behandelt oums: Aber man wird sich dazu entschließen müssen und wenn man sich auch noch ein wenig sträubt, so ist es doch ersichtlich, daß man schließlich nachgeben wird. Schon in der ersten Bonapartistenversammlung am 21. Juni wurde Paul de Cassagnac sehr scharf getadelt, den Prinzen Victor auf den Schild erhoben zu haben, „ehe man über die Entschließungen des Prinzen Jerome Etwas in Erfahrung gebracht habe.“ Ferner richtete der Deputirte Dugné de la Fauconnerie an seine Wähler inen Brief, worin es heißt:„Entmuthigung wäre un nnig.... Die Stunde des Kaiserreiches wird allerungs erst schlagen, wenn das Volk die Ohnmacht der Republikaner, ihre Versprechungen zu erfüllen, constatirt hat. An diesem Tage wird das Kaiserreich durch den nationalen Willen wieder errichtet werden und die Wähler können gewiß sein, daß dann auch der Kaiser gewiß nicht fehlen wird. Es gibt kaiserliche Be stimmungen, die die Erbfolge in der Familie Bonaparte festsetzen. Der Kaiser hat sie abgefaßt und vorgeschlagen, das Volk hat sie genehmigt, und Niemand außer dem Volk darf daran rütteln." Selbst Paul de Cassagnac erkkärt bereits im „Pays“,„in der Personenfrage jede Concession machen zu wollen.“ Die Schwierigkeiten dürften daher nur vom Prinzen Jerome selber herkommen. Seine Lage ist eine sehr heikele und bringt ihn in arge Verlegenheit. K f Als Prinz Jerome die Einschiffung des kaiserlichen Prinzen nach dem Cap erfuhr, tadelte er das Unternehmen mit folgenden Worten:„Entweder kommt der Prinz Louis mit einer leichten Wunde zurück, aber schwerlich wird eine solche von den Zulus ihm beigebrachte leichte Verwundung sein Ansehen erhöhen; oder er wird krank und dann ist er dem Gespötte ausgesetzt; oder aber er wiro getödtet und das würde ich für ein großes Unglück halten. Dieser letztere Fall würde mich in politischer Beziehung in eine furchtbare Verlegenheit setzen.“ Ebenso sträubte er sich beim Empfange des ersten Telegramms, an die Wahrheit des Todes zu glauben und entschloß sich erst zur Abreise nach Paris, als eine zweite Depesche ihn nochmals dazu aufforderte. 1. 806 Nun steht Prinz Jetome(Plon=Plon), wie in diesen Tagen ein Journal sagte, vor dem Dilemma: Citoyen ou prétendant(Bürger: oder Thron=Candidat). Allein würde er seine früheren republikanischen Erklärungen erneuern, so wäre das eine definitive Abdankuna, die ihm nicht einmal bei den Republikanern Dank einbringen würde. Letztere haben ihm trotz seines Anschlusses an die Republik stets mißtraut und attaquiren ihn jetzt auf's Heftigste, als ob er sich bereits zum Prätendenten aufgeworfen hätte. Wollte er aber Letzteres thun, so müßte er nicht nur seine republikanischen Erklärungen zerreißen, sondern auch riskiren, aus dem Lande verwiesen zu werden, wie er schon einmal um einer geringeren Sache willen von Thiers über die Grenze gebracht worden ist. Es entspricht jedoch keineswegs seinen Neigungen, die Rolle eines Verfolgten und Märtyrers für die kaiserliche Idee zu spielen. Plon=Plon war immer mehr Bonvivant(Lebemann) als Politiker und kaiserlicher Enthusiast. Man kann daher annehmen, daß er sich hüten wird, „klaren Wein einzuschenken". Er wird sich so viel als möglich in der Reserve halten und abwarten, ob die Zu kunft Rosen bringt. Zu einer sofortigen Entschei dung ist er auch durch nichts gezwungen. Die Bona partisten haben ihm keinen Concurrenten entgegenzustellen, sein Sohn Victor hängt ganz von ihm ab, er wird sich vorläufig damit begnügen, Chef der Familie zu sein und den Bonapartisten zu versprechen, daß er zur Verfügung des Volkes stehen werde, sobald es die Wiederherstellung des Kaiserreiches beschlossen habe, aber er wird nichts thun, um den Moment dazu zu beschleunigen. Den Präsidenten der bonapartistischen Fractionen des Senats und der Kammer, Ferdinand Barrot und Graf Joachim Murat, welche ihn zur Theilnahme an dem Trauergottesvienste in der Kirche St. Augustin einluden, antwortete er, daß diese Feierlichkeit einen rein reltgiösen Charakter haben solle und er jede Kundgebung, welche irgendwie die republikanische Auctorität unangenehm berühren könnte, von vorn herein entschieden tadeln müsse. Andererseits wollen manche wissen, er werde den Bonapartisten des Parlaments, die immer mit den katholischen Parteien in religiösen Fragen zusammen gehen, gewisse Concessionen machen. Ein solches Zugeständniß will man auf: fallender Weise schon in dem Versprechen gefunden haben, mit seinen beiden Söhnen der Trauermesse beizuwohnen. Seine Freunde behaupten ferner, er sei keineswegs ein atheistischer Freidenker, sondern nur ein„Anticlericaler“, er wolle das Concordat von 1801 und nichts weiter, also durchaus nicht etwa die Trennung der Kirche vom Staate, over pöllige Knechtung der Kirche. Die gegenwärtigen Republikaner seien ihm im Kampfe gegen die Kirche schon viel zu weit gegangen. Wie in kirchenpoliticher, so sollen auch in politischer Beziehung sich eine Ideen geändert haben. Allein das sind bis jetzt wohl nur pure Vermuthungen oder fromme Wünsche. Rouher, der von Chiselburst zurückgekehrt ist, hat in diesen Tagen mehrere Besprechungen mit Jerome; dann muß es sich zeigen, ob es möglich ist, die gesammte bonapartistische Partei unter einen Hut zu bringen und vor Zersplitterung zu bewahren. Werden die Bonapartisten bei ihrer momentanen Schwäche noch uneing, so verzichten sie auf eine erfolgreiche Zukunft. 19] Original=Novelle von Mary Dobson. (Fortsetzung) Einige Zeit nach diesen Besuchen hatte die Gutsherrin die Familien Denkwart und Willbrandt zur Mittagstafel einladen lassen, und ihre Gäste erwartend, finden wir ie am Nachmittag etwa fünf Uhr in einem kleinen Saal, brem eigentlichen Wohngemach. Neben diesem Tch zimmer, an welches der Speisesaal stößt; an der Seite des Ersteren befindet sich ein mittelgroßer velcher zum Mufikzimmer eingerichtet ist und zumeist sungen Erben benutzt wird. die writgeöffneten, hohen Bogenfenster oder ringt der Wohlgeruch der zahllosen Blumen, im Garten wie auf der Terrasse blühen, und dieser Fenster steht Frau Arterveld und läßt * über die Blumen und den Garten hinweg Bäumen des Paris schweifen, die jetzt im roth— eicht der langsam sinkenden Sonne einen malerischen jewähren. Sie ist wie immer mit einfacher Eleganz ; d a s g l a t t u m d i e S t i r n a u l t e g e n d e s c h w a r z e wird in noch reicher Fülle am Hinterkopf durch zwei ntnadeln gehalten; ihre Robe mit schwarzer Spitzencur ist von schwerer, grauer Seide: die feinen Hände Ateßen kostbare weise Points, und als einzigen Schmuck sie eine Rosette von Diamanten, die zugleich das e Gewebe zu halten scheint, welches ihren Hals umgibt. Tännliche Stimmen lassen sie auf das Kommen ihres Jrnders und ihrer Söhne schließen, und gleich erscheint iuch Herr von Hochstätten, dem in einiger Entfernung eine Ressen folgen. Ihre Züge verrathen Aufregung und Spannung, die des jüngeren zugleich ein leises Mißver gnügen, welches jedoch das vernehmbare Rollen eines Wagens verscheucht, und den Arm seines Bruders ergreifend geht er mit ihm die Terrasse entlang und bis zu einer Stelle, die ihnen den freien Blick auf die Landstraße gewährt. Indeß traf Herr von Hochstätten zu seiner Schwester und sagte in italienischer Sprache, deren sie sich wenn allein meistens bedienten: Magaretha, ich habe auch heute die Plätze bei Tische geordnet— „Heute und für den kleinen Kreis, der noch dazu so genau bekannt ist?“ fragte einigermaßen befremder die Gutsherrin.„Und darf ich fragen, wie Du sie vertheilt?“ Verstimmung seiner Schwester nicht beirten, sondern entgegnete ruhig „Der Justizrath wird natürlich Dich führen; zu Deiner Rechten sitzt der Administrator mit dessen Tochter, neben welcher Adolf seinen Platz hat. Dann folgen Frav Willbrandt, Doktor Denkwart, Henrik und ich, und Agneta Willbrandt lassen wir neben dem Obervogt den Kreis schließen. Bist Du mit dieser Anordnung einverstanden? Ich habe Adolf und Heurik bereits instruirt?“ Der Gutsherrin sagte aber diesmal die Vertheilung der Plätze; die sie meistens bei größeren Gesellschaften ihrem weltgewandten Bruder überließ, nicht zu; allein es war zu spät, eine andere vorzunehmen, denn ein Diener öffuete die Flügelthüren des Vorzimmers und ließ die Familie Denkwart eintreten, während von der Terrasse aus die Söhne des Hauses erschienen. Mit jener, den höheren Gesellschaftskreisen eigenen, und immer ansprechenden Höflichkeit und Freundlichkeit wurden die Gäste willkommen Nachrichten. Berlin, 29. Juni. Die„Nordd. Allg. Ztg." dementirt(widerlegt) die Nachricht vom Besuch des russischen Kaisers in Ems folgendermaßen:„Die in die hiesigen Zeitungen übergegangene, ursprünglich durch ein Telegramm des„Hirsch'schen Bureau“ gebrachte Nachricht, daß Kaiser Alexander von Rußland demnächst beabsichtige, zum Curgebrauch nach Ems oder zum Besuch nach Jugenheim zu reisen, hat sich auf nähere Informationen als unrichtig herausgestellt. Eine solche Absicht hat niemals vorgelegen und sind alle darüber geheißen, und mit Wohlgefallen und Bewunderung ruheten dabei Aller Blicke auf Hedwig, die im einfachen weißen Kleide, das sie nur durch einige blaßrothe Bänder und Schleifen geschmückt, eine Rose derselben Farbe im vollen, lichtblonden Haar, eine überaus liebliche Erscheinung war. Eine kurze allgemeine Unterhaltung folgte dieser Begrüßung, an welcher sich auch der junge Gutserbe, seine sonstige Schüchternheit überwindend, betheiligte, und mit der ihm zunächststehenden Hedwig über einige ihr gesandte Musikstücke zu reden begann, als abermals die Thüren geöffnet wurden und die Familie Willbrandt erschien, welche mit herzlicher Freundlichkeit begrüßt ward. Agneta war gleich Hedwig weiß gekleidet, doch trug sie eine blaue Schärpe und blaue Bänder, und war ebenfalls eine holde Mädchenerscheinung in der ganzen Frische der achtzehn Jahre, die sie zählte. Sie fesselte besonders durch eine große Lebhaftigkeit, die sich durch Wort, Bewegung und ein besonders ausdrucksvolles Wienenspiel kund gab. Als Frau Willbrandt neben der Gutsherrin Platz genommen, Agneta sich ihrer Freundin zugesellt, sagte der Administrator, sich an seite Gebieterin wendens;### „Zu meiner Freude sehe ich, daß wir nicht zu soit gekommen sind, obgleich sich noch im letzten Augenblick aufgehalten ward, jedenfalls aber haben wir eine Unter„Auich bas aicht, Her Wiülbrändt,“ enigeguctz fremndlch die Angeredete,„allein ich war im Begriff. Herrn Doktor Denkwart zu fragen, ob Henrik diesen Morgen ihn recht verstanden, und er wirklich zunächst nach Italien geht „Ja, Frau Arterveld,“ bestätigte Lothar. (Fortsetzung folgt.) verbreiteten Nachrichten lediglich Vermuthungen geweden: — Die Nachricht der„National=Zeitung", Finanz= Minister Hoorecht habe seine Entlassung eingereicht, hört die„Post“, das Organ der Botschafterfraction, bestätigen. — Präsident Simson traf gestern hier ein, um sich sofort nach Leipzig zu begeben und dort für die Organisation des Reichsgerichts Bestimmungen zu treffen. Dem Vernehmen nach wird Dr. Simson bis zum 1. October wiederholt in Leipzig sein, seine jetzige Stellung aber bis zur Aufhebung des Frankfurter Appellhofes beibehalten. — Der Entwurf über die Verfassung und Verwaltung von Elsaß=Lotbringen, dem der Bundesrath nach den Reichstagsbeschlüssen beigetreten ist, liegt dem Kaiser zur Vollziehung vor; seine Verkündigung wird kaum lange auf sich warten lassen, da das Gesetz schon am 1. August in's Leben treten soll. — Dem Landtage werden in der Herbstsession Vorlagen bezüglich des Ankaufs der Berlin=Stettiner, Magdeburg=Halberstädter und Berlin=Potsdam=Magdeburger Bahn gemacht werden. Nach der„Post“ sei auch der Ankauf des gesammten Unternehmens der KölnMindener Bahn in Aussicht genommen. — Am 18. Februar 1878 hatte der damalige HandelsMinister von den K. Eisenbahn=Directionen Bericht erfordert über den Stand der Bestrebungen, junge Leute in den großen Eisenbahn=Werkstätten zu Handwerkern auszubilden. Nachdem die Berichte angegeben hatten, daß solche Bestrebungen nur in geringem Umfange und mit geringen Resultaten hervorgetreten seien, legte der Minister unter dem 21. December v. I. den Directionen Grundzüge über die Art der Ausbildung von Handwerks=Lehrlingen in den Reparatur=Werkstätten der StaatsEisenbahnen zu gutachtlicher Aeußerung vor. Nachdem diese im allgemeinen zustimmend erfolgt war, sind die Grundzüge unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Abänderungen umgearbeitet worden. Zugleich ist auf Grund der vorgelegten Entwürfe ein Normal=Schema für einen Lehrlings=Vertrag, so wie allgemeine Bestimmungen über Annahme und Ausbildung von HandwerksLehrlingen ausgearbeitet worden. Der Minister für öffentliche Arbeiten hat nunmehr unter dem 16. d. M. den EisenbahnDirectionen sowohl die Grundzüge, als auch das Schema und die allgemeinen Bestimmungen zugehen lassen und in einem beigefügten Erlaß sich damit einverstanden erklärt, daß, dem Wunsch der Bahnverwaltungen entsprechend, Lehr=Werkstätten zunachst in folgenden großen Reparatur=Werkstätten einzurichten : a u f d e r O s t b a h n i n B e r l i n, B r o m b e r g, D i r s c h a u u n d Königsberg; auf der Niederschlesisch=Märkischen in Berlin, Frankfurt a. d. O., Breslau und Lauban; auf der Saarbrücker in Saarbrücken; auf der Hannoverschen in Leinhausen; auf der Nassauischen in Limburg; auf der Frankfurt=Bebraer in Fulda; auf der Main=NaheBahn in Kassel; auf der Oberschlesischen in Breslau auf der Westfälischen in Paderborn und Lingen. Breslau, 26. Juni. Die Ersatzwahl für Reinders im Ostbezirk Breslau ist bekanntlich auf den 8. Juli anberaumt. Candidat der liberal=fortschrittlichen Coalition ist Justizrath Leonhard in Berlin, der Socialdemokraten Schriftsteller W. Hasenclever in Leipzig, Candidat der Centrumspartei der Redacteur der„Schles. Volkszeitung", Dr. Hager. = München, 28. Juni. Nach Allem, was heute schon feststeht, werden wir in Bayern, trotz der angebahnten Verständigung über die constitutionellen Bürgschaften im Reichstage, einer erhevlichen Steuererhöhung nicht entgehen. Viele wollten dieses Resultat, welches die liberale Mißwirthschaft erzielt hat, auch dann noch nicht glauben, als es bereits von der Staatsregierung selbst offen genug zugestanden wurde. Heute aber kann sich darüber Niemand mehr einer Täuschung hingeben. An wirkliche Ersparungen, die eine Minderbelastung des Volkes im Gefolge hätten, denkt man nicht; im Gegentheil, die laufenden Ausgaben nehmen mit jeder Finanzperiode zu; die neuen Einnahmequellen aber versiegen oder münden in die Reichskasse aus. Die bezeichnende Aeußerung, welche der bayerische Finanzminister bei der Berathung des Gesetzentwurfes über die Erbschaftssteuer im Ausschusse jüngst gethan hat, lautet nach dem amtlichen Protokoll wörtlich also: „Die Zustimmung zu den von der königlichen Staatsregierung vorgeschlagenen Steuersätzen ist durch die Finanzlage des Landes selbst dann geboten, wenn durch die Reichsgesetzgebung Quellen für neue Einnahmen eröffnet werden, welche eine Erleichterung der Deckung der bayerischen Staatsausgaben ermöglichen würden.“ Einen sehr ernsten Commentar zu dieser Aeußerung des Ministers bildet die bereits vorliegende provisorische Zusammenstellung der Staatsausgaben für die nächste Finanzperiode, aus der ersichtlich ist, daß abermals eine Erhöhung der Staatsbedürfnisse, hauptsächlich in Folge der Justizorganisation und des obersten Verwaltungsgerichtshofes, eintreten wird. Das sind schlimme Aussichten für die Zukunft, aber sie kommen nicht unerwartet. Wer nicht hören will, der muß fühlen.— bete für Kaiser und Reich verrichten zu dürfen, stattgegeben worden, und ist es demgemäß erlaubt, an 6 Tagen— am Neujahrstag, am Weihnachtsfeste, am Oster= und Pfingstfeste, sowie am Bußtage und am Reformationsfeste— in den protestantischen Kirchen eine Bitte für Kaiser und Reich in das Kirchengebet einzuschalten,„wenn es in den betreffenden Kirchengemeinden gewünscht wird.“— Die niederbayerische Stadt Deggendorf ist unter die unmittelbaren Städte eingereiht worden, und tritt die landesherrliche Verfügung mit dem 1. October dieses Jahres Kraft. Wien, 28. Juni. Der Kronprinz Rudolph ist der Rückkehr von seiner spanischen Reise am 25 an Nachmittags bei eingetroffen. seinen Kaiserlichen Eltern in Ischl Belgien. Brüssel, 28. Juni. Der„Köln. V.= Ztg.“ schreibt man: Wenn die katholischen Deputirten bei der Berathung des Schul=Gesetzes wiederholt äußerten, die Folge der Annahme des Entwurfes werde der Versuch sein, womöglich in jeder Pfarrei des Landes eine katholische Schule zu errichten, so war das nichts weniger als eine bloße Drehung. Die Sache ist bereits in vollem Gange und geht um so besser, als man nicht nöthig hat, von Grund auf anzufangen, sondern nur ein bereits bestehendes Netz katholischer Schulen zu vervollständigen braucht. Die Sammlungen haben schon begonnen, und gleich die ersten Listen weisen wahrhaft fürstliche Beträge auf. Namentlich in der Hauptstadt ist man flott an der Arbeit.„Jeder katholische Bürger von Brüssel“, schreibt das„Journal de Bruxelles", „vom Millionär bis zum Arbeiter, ist im Gewissen verpflichtet, nach seinen Mitteln zu diesem Werke beizutragen. Der Pfennig, den der Arbeiter jeden Sonntag gibt, ist moralisch ebenso viel werth, als der reiche Betrag des wohlhabenden Bürgers. Wir können allerdings empört sein darüber, daß wir gesetzlich gezwungen sind, dem Staate Steuern zu bezahlen, deren zehnter Theil für von uns verworfene Schulen verwendet wird, während wir gleichzeitig aus Gewissensrücksichten eine zweite noch stärkere Steuer für die Unterhaltung der katholischen Schulen bezahlen müssen. Aber die Entrüstung ist unfruchtbar, wenn wir nicht handeln. Schaffen wir allerwärts christliche Schulen, in denen wir die Herren sind. Liefern wir den Beweis, daß der uns auf gesetzlichem Wege angethane Zwang erstickt in der Umschlingung der Unterrichtsfreiheit!“ In den Schlußworten ist der bewußte Zweck der belgischen Katholiken scharf gekennzeichnet. Das liberale Ministerium hat den Staatsschulen den Rest ihres christlichen Charakters genommen; jetzt sind die Katholiken fest entschlossen, die Staatsschulen zu ruiniren und die herrschende Partei wird bald merken, daß das kein leeres Wort ist. ** Niederlande. Haag, 26. Juni. Die feierliche Beisetzung des Kronprinzen in Delft hat heute programmgemäß stattgefunden. Noch sind keine sechs Monate seit der Bestattung des unvergeßlichen Prinzen Heinrich verflossen und schon wieder nimmt die oranische Fürstengruft in der stillen Stadt einen königlichen Todten auf. Wer hätte das vor zwei Jahren nach der Königin Sophie Hinscheiden erwartet, wer hätte das noch vor zwei Monaten gedacht! Und auch die unglückliche Kaiserin Eugenie ahnte noch vor wenigen Tagen, als sie den schönsten Kranz auf die Bahre des Prinzen von Oranien legen ließ, nicht im entferntesten, daß ihr eigener einziger Sohn bereits als Leiche auf dem Heimweg sei. So greift die lenkende Allmacht in das Denken der Menschen ein!—— Drei Schwadronen Husaren eröffneten den Leichenzug. Bürgerwehr und Garnison bildeten Spalier den ganzen Weg. Die Kanonen donnerten und alle Glocken läuteten. Der Sarg war überdeckt mit Blumen und Kränzen. Der Leichenwagen war sechsspännig. 16 Kammerherren, unterstützt von 16 Unteroffizieren, trugen den Sarg in die Gruft. Der König in Generals=, Prinz Friedrich in Feldmarschalls= und Prinz Alexander in MarineUniform standen vor dem Sarg, alle gebeugt von Schmerz. Als aber der Sarg in die Gruft gelassen wurde, warf sich Prinz Alexander außer Fassung laut weinend auf denselben und es bedurfte der liebreichsten Worte seines Vaters und seines Großoheims, die selbst ihren Thränen freien Lauf ließen. Und Thränen in manchem Männerauge der zahlreichen Menge in dem uralten Delft waren die Huldigung, die den aus Hollands Prinzenstadt rückkehrenden Fürsten zu Theil wurde. Es war ein nationaler Trauertag. Wo aber an einem solchem selbst an Privathäusern Worte angebracht sind, wie diese: „Da liegt die Hoffnung unseres Staates!... Wer lebt, der nach ihm Niederland behüten kann? So klagt das ganze Volk, und wieder spricht die Allmacht: Ich!“— da ist noch lange nicht Alles verloren. Rom, 28. Juni. Der König hat dem Fürsten von Bulgarien das Großkreuz des Mauritius= und Lazarus=Ordens verliehen. Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen würde der Fürst am Montag von hier nach Brindisi reisea, um sich dort nach Konstantinopel einzuschiffen. Frankreich. Dem„National“ zufolge ware unter dem Eindruck der Demonstrationen, welche einige Offiziere bei Gelegenheit des Todes des kaiserlichen Prinzen gemacht hätten, im Ministerrathe beschlossen worden, die Generäle und Offiziere der Armee demnächst auf die Verfassung und auf die Republik zu vereiden. Man glaubt, sagt der„National“, daß viele Generäle es vorziehen werden, sich zur Disposition stellen zu lassen, ehe sie diesen Eid leisten. —(Was den Jesuiten bevorsteht). In der Rede, welche der Unterrichtsminister Ferry am 27. in der Deputirtenkammer zur Vertheidigung seiner Vorlage hielt, findet sich folgende Drohung:„Zweifellos wird das in der Vorbereitung begriffene Gesetz über die Vereinsfreiheit ein gemeinsames Recht schaffen; aber es wird den Bedürfnissen der öffentlichen Sicherheit Rechnung tragen, und dann wird es der Regierung das Recht geben mussen, eine Gesellschaft wie die der Jesuiten aufzulösen, welche die französische Jugend verderben.“ Das war deutlich gesprochen. London, 30. Juni. Den vorgestrigen Meldungen zuwider berichtet die„Morning Post“, der Kriegsdampfer „Orontes" überbringe die prinzliche Leiche und werde schon am 9. Juli voraussichtlich in Woolwich eintreffen, von wo die Ueberführung nach Chiselhurst erfolgen werde. Die Königin befahl die Aufschiebung des auf den 9. Juli angesagten Hofconcerts. — Nach amtlichen Mittheilungen aus der Capstadt über den Tod des Prinzen Louis Napoleon bestand die bekannte Recognoscirungsabtheilung aus einem Officier und sieben Mann; dieselbe wurde von Zulus überrascht, der Prinz floh zu Pferde und kam an eine Stelle, wo sich Zulus versteckt hatten und wurde von diesen getödtet. Nach anderweitigen Berichten konnt der Prinz das Pferd nicht besteigen, weil sich dasselb bäumte, und wurde von den Zulus getödtet, währen er an der Seite des Pferdes lief. Der Prinz soll die Recognoscirungsabtheilung befehligt haben, indeß soll er dem General Chelmsford überhaupt nicht bekann gewesen sein, daß er an der Recognoscirung Theil nahm Der Leiche des Prinzen wurden alle militärischen Ehre erwiesen. Die englischen Truppen setzen den Vormarsch gegen den Feind fort. Ein miltärisches Ereigniß von Bedeutung hat neuerdings nicht statt gefunden. Türkei. Aus Konstantinopel, 26. Juni, meldet ein Privattelegramm des„Berliner Tagebl. Rußland hat gestern, unmittelbar vor der Unter zeichnung des Fermans durch den Sultan, welcher die Abdankung des Khedive anbefahl, die Erklärung abge geben, es könne die Abdankung nicht guthe ßen. Gleichzeitig eröffnete der russische Botschafter L# banow dem Großvezir, Rußland habe bereits Westmächten angezeigt, daß es das Verlangen nac dankung des Khedive nicht unterstütze. Trotz dem erfolgte bekanntlich die Abdankung. In diplo schen Kreisen macht die Affaire große Sensation. De wird entnommen, daß Rußland die westmächtliche 9 erfolglos bekämpfte. Rußland wäre völligisolirt(allein) geblieben. Dies wird. empfindlichen Schlappe gleichgeachtet und beweist falls, daß Rußlands Einfluß in Konstantinopel allmächtig ist. Aegpten. Ueber den neuen Khedive(Vice=K. Tewfik gibt die„Köln. Zeitung.“ folgende S derung: Ismail Paschas Sohn, der neuernannte Khedive, Tewf, ist ein junger Mann von 26 Jahren. Er besitzt ein angeneh. Aeußeres mit gewinnenden Manieren, spricht gut französisch versteht gut zuzuhören. Einen Harem hat er nie besessen, le bis jetzt vielmehr auf seinem, nicht fern von Heliopolis und berühmten Marienbaume gelegenen Landgute mit siiner F häuslich nach europäischem Muster, hielt für die Kindrstube englische Wärterin, freute sich seiner Bäume und Perde, I sich auch eine hübsche Bibliothek und Landkartensammlug an allerdings weniger verbraucht ausfieht als sein Billardtsch. S Vaters Liebling war er nie gewesen— Erstgeborene sind an orientalischen Höfen selten—, und wenn der Vatt au zu sprechen kam, pflegte er ihn als einen wenig begbten dabei eigensinnigen jungen Mann zu schildern. In wiletzteres das Richtige ist, wäre schwer zu sagen; ansund Verstandesschärfe aber steht er offenbar hinter seinem zurück, er müßte sich denn bisher absichtlich verstellt hel.““ Zeit der Eröffnung des Suezcanals, als es von Anen Dämchen aller Art in Kairo schwärmte, erhielt er voniner selben den Spitznamen„Prinz Toothpick“, angeblich eil steif und schweigsam wie ein Zahnstocher ist, vielleicht auch dem englischen Ohr Tewfik ähnlich wie Toothpick klingt sStei Schweigsamkeit und die Sorge, sich nicht allzusehr vondrch geziemen jedoch einem orientalischen Kronprinzen, woser er## eim Herrscher als ehrgeizig verdächtigt sein will. Darrn aurmn läge gewiß kein Vorwurf. Die ihm näher stehen, haben eine recht gute Meinung von ihm. Am allerwenigsten nennen sie ihn eigensinnig, rühmen ihm vielmehr nach, daß er sich vernünftigen Gründen willig füge, guten Einflüssen zugänglich sei und seine Meinung den Rathschlägen derer unterordne, die er lieben und achten gelernt. Wenn dem so ist, dann läge darin eine willkommene Bürgschaft, daß er sich in seiner Stellung besser bescheiden, sich den innern Teufel despotischer Gelüste wirksamer vom Leibe halten werde als sein abgedankter Vater. Sonst dürfte noch der Umstand, daß er von keinem Harem umlagert ist und keinen Schwarm geldgieriger, halb oder ganz abgethaner Paschas zu ernähren hat, für seine zukünftige Verwaltung vor angenehmer Vorbedeutung sein. Einstweilen setzt das Land gu Hoffnungen auf ihn. Le roi est mort, vive le roi(Der König ist todt, es lebe der König)— dies gilt am Nil noch weit mehr als an der Seine und sonstigen Flüssen des Abendlandes. Nordamerika. Aus Cincinnati, 12. Juni, wird der„Köln. V.=Ztg.“ geschrieben: Jetzt heißt es, baldigst 350,000 Dollars aufbringen, falls unsere Kathedrale, das St. Mary's Priester=Seminar und anderes für die Schulden des Erzbischofes verpfändetes Discesan=Eigenthum nicht in fremde Hände übergehen soll. Noch sind schlechte Aussichten für das Aufbringen der nöthigen Summe vorhanden.— Das hier circulirende Gerücht, Bischof Mac Quaid von Rochester (New=York) sei zum Coadjutor unsers Herrn Erzbischofes ernannt worden, scheint sich bestätigen zu wollen. Locales und Provinzielles. F Paderborn, 30. Juni. Ueber den erschütternden Trauerfall in Rhode(einem ½ Stunde von Olpe entfernt ar! woselbst am Samstag Abend der im Alter von 38 J hende, würdige und verdienstvolle Pfarrer Corde Kirche im Beichtstuhl von Blitz erschlage ist, wird weiter bekannt, daß das Unglück sich Aben zutrug. Der Blitz fuhr in den Thurm und gerade Thurme stand der Beichtstuhl. Herr Cordes Blitz getroffen, nachdem er eben die letzte Person Be und diese neben dem Pastor auch allein noch in der Diese Person fand man betäubt, sie erholte sich jedoch Kirche war voll Schwefelgeruch, der Pastor aber saß Beichtstuhl. Der Kirchthurm ist zum größten Theil al und hat nur der starke Regen ein weiteres Umsichgt Feuers verhindert.(Siehe: Rhode.) — Die heftigen Gewitter, welche am Samnaa— Mittags und Abends— über einen groß von Westfalen hinzogen, haben an vielen Orten großen angerichtet. An erster Stelle steht der Trauerfall in Rho Herford wurden, wie bereits in voriger Nummer gePersonen vom Blitz erschlagen. 6 andere mehr ode niger verletzt. Bei Soest wurden 2 Leute des Landwirthse linghoff auf der„Haar“, die auf dem Felde beschäftigt wi vom Blitz erschlagen, ebenso im Dorfe Heeßen bei Ha ein Tagelöhner, welcher in Folge des eingetretenen Gewitters nach Hause begeben wollte. Reisende erzählen, daß in Oelv 4 Personen erschlagen seien; bei Beckum schlug der Blitz in ei Gebäude, wodurch sechs Personen getödtet wurden(Siehe unten Oelde). Nach anderen Nachrichten hat der Sturm das Gebäude umgeworfen und die in demselben Schutz suchenden Personen unter den Trümmern begraben. In Bochum fuhr der Blitz in den Thurm der Klosterkirche, zum Glück ohne zu zünden (Siehe: Bochum). In Blankenstein zündete der Blitz das ins Karhhaus und richtete In. war das Gewitter Mittags zwischen 12½ und 1 Uhr mit einem orkanartigen Sturm und Wolkenbruch verbunden. Der Sturm riß ganze Reihen Bäume nieder, warf auf der Wilhelmstraße einen Tags vorher aufgerichteten Neubau wie ein Kartenhaus zusammen, demolirte zur Hälfte die Seilspinnerei des Herrn Goillo, schleuderte ein Holzdach der Schalker Eisenhütte einige hundert Schritte über andere Gebäude hinweg 2c. In Elberfeld wurde der hohe Schornstein der Dunkelbergischen Färberei durch den Blitz zerschmettert 2c. Auch jenseits des Rheins wurde durch die hestigen Gewitter iel Schaden verursacht. — Nachdem in Hamm eine Reichsbanknebenstelle errichtet worden ist, discontiren die Anstalten der Reichsank auch Wechsel auf Hamm, welche an der Reichsbankstelle in Münster zu giriren sind. — In den Reparatur=Werkstätten der Westfälischen Eisenbahn zu Paderborn und Lingen sollen auf Anordnung des Ministers Lehr=Werkstätten errichtet werden (Siehe Berlin). Detmold, 27. Juni. Nächsten Sonntag, am 7. Juli wird in unserer Stadt zum ersten Male das Lippische Sängerfest gefeiert werden. 8 Wiedenbrück, 29. Juni. Ein erfreuliches Zeichen des erstarkten kirchlichen Lebens ist die Thatsache, daß der Eifer für Restauration, Neubau und Ausschmückung der Gotteshäuser, selbst in diesen schweren Zeiten der materiellen Bedrängnisse zugenommen hat. Auch die Restauration unserer herrlichen Pfarrkirche schreitet rastlos vorwärts. Bereits ist der Neubau des Chores glücklich vollendet. Die Schönheit des Baues nach Plan= und Ausführung findet allseitige Anerkennung und haben es die Herren Baumeister Fischer in Barmen und Maurermeister Eustermann hierselbst auf's Neue bewiesen, daß sie Meister vom Fache sind. In voriger Woche haben auch die 3 Schlußfenster des Chores durch Glasmalereien aus dem Atelier des H. Hertel in Düsseldorf ihren höchst gefälligen und würdigen Schmuck erhalten und ist dadurch die malerisch= schöne Wirkung des Baues erst vollständig zur Geltung gekommen. Die Fenster machen einen kräftigen, harmonisch=wirkenden Eindruck. Das Mittelfenster stellt im oberen Felde die h. Dreifaltigkeit, im mittleren die h. Apostel Petrus und Paulus dar. Die beiden seitlichen Fenster enthalten in der Mitte je 2 Figuren in reicher Gewandung, Carl den Großen und Bonifacius, den Kirchenpatron Aegidius und den Bisthumspatron Liborius, unter und über diesen Figuren Architectur mit farbigem Ornament auf schön gemusterten Grunde. Die übrigen 4 Fenster präsentiren brillante Teppich Muster auf rothem und grünem Grunde. Ueber kurz wird auch für den Hauptchor der überaus sorgfältig und fein behandelte Hochaltar aus Bamberger Sandstein aufgestellt, ein Werk des kunstfertigen Bildhauers Brokhenke hierselbst. Während die nächste Umgebung des Altars mit einer äußerst festen Mosaik=Masse fest gestampft ist, wird noch der eigentliche Chorflur mit einem Fußboden aus Holz belegt in Form eines in Felder eingetheilten Teppichs. Die neue, aber noch nicht placirte Communionbank ist sehr geschickt ausgeführt, ein interessantes Holzschnitzwerk aus der Werkstätte des H. Brokhenke.— o steht der Chor unserer Aegidiuskirche verjüngt da und macht auf jeden Besucher einen erbaulichen Eindruck. Noch eine Aufgabe, und zwar eine große, bleibt zu lösen übrig, nämlich die einheitlich durchgeführte Restauration des Innern der ganzen Kirche. Hoffen wir, daß es dem unermüdlich=thätigen und wohlmeinenden Kirchen=Vorstande gelingen wird, auch diese Aufgabe allmählich gelöset zu sehen. Vielleicht würde dann auch noch das Chordach mit einem Meßglocken-Thürmchen beglückt, welches ihm bei seiner sehr bedeutenden Längeentwickelung ohne Zweifel sehr gut stehen würde. Ein ehrenwerther Repräsentant der Kirchengemeinde hat deshalb schon oft gesagt: Jetzt müssen wir noch auf dem Chore„ein Theurten“ haben. + Herford, 29. Juni. Die von der TabaksneuerCommission mit so großer Majorität(22 gegen 5 Stimmen) ausgesprochene Verwerfung der Nachsteuer ist hier mit großer Freude begrüßt. „.; am Sonnabend, den 19. Juli, findet in Tatenhausen bei Halle i. W. eine mischwirthschaftliche Ausstellung statt. Der Minden=Ravensbergische landwirthschaftliche Hauptverein hat für diese Ausstellung 200 Mark an Prämien ausgesetzt. Sämmtliche Mitglieder der Kreisvereine Lübbecke, Minden, Herford, Bielefeld, Halle und Wiedenbrück können in der Abtheilung für milchwirthschaftliche Producte konkurriren, in der Abtheilung für milchwirthschaftliche Geräthe und Maschinen gilt unbeschränkte Konkurrenz. O Minden, 28. Juni. In der heutigen Sitzung der Stadtverordneten kam es wegen des Verkaufs von 5 Bauplätzen des Brückenkopfes zu einer lebhaften Diskussion. Es haben bereits 3 Termine zum Verkaufe dieser Plätze stattgefunden. Im ersten Termine wurden 15,300+ geboten. Im zweiten wurde ein Gebot von 26,115# erzielt, wozu nachträglich noch 1109 nachgeboten wurden(also rund 12,000 A mehr wie im ersten Termine). Im dritten Termine bot ein Buchdruckereibesitzer 28 Der Antrag des Magi Plätze zusammen. 28,700 für alle Ragistrats und der Ent festigungscommission, diesen Preis zu acceptiren, wurde vom Col legium abgelehnt, dagegen der Magistrat ersucht, einen vierten Termin anzuberaumen und hierzu die Presse ausgedehnter zu benutzen.— Heute Nachmittag gegen 3 Uhr erschallten die Brandglocken. Während eines Gewitters hatte der Blitz gezündet. Es brannte ein Haus auf dem Deichhofe. Dank dem sofortigen Eingreifen der Feuerwehr wurde das Feuer auf seinen Herd beschränkt. —. Speft, 29. Juni. Heute wurde hier das JunggesellenSchützenfest nach mehrjähriger Unterbrechung zum ersten Male wieder gefeiert und zwar wie früher in glanzvoller Weise und unter zahlreicher Betheiligung der Bürgerschaft. Es war ein stattlicher Zug, an 500 Schützen stark, der sich durch die Hauptstraßen der Stadt nach dem Schützenhofe bewegte, wo Concert und Ball die Festgenossen vereinigte. X. Rbode, 29. Juni. Gestern Abend gegen 7 Uhr wurde unser lieber Herr Pfarrer Cordes vom Blitze tödtlich getroffen. Ter sehr eifrige, auch von der Nachbarpfarre Olpe vielfach in Anspruch genommene Seelsorger wan als der To zu pastorirende stige Nothstand ist um so drückender, als die beiden großen Nachbarpfarreien Olve und Wenden schon vor mehreren Jahren ihre Pfarrer verloren und nun mehr je einen Seelsorger haben. Unsäglich war der Jammer, als Herr Vicar Tigges von Olve in der Nacht das hl. Sacrament aus unserer Kirche, die übrigens bis auf den Thurm unveschädigt geblieben ist, forttrug. Herr Cordes stand im Alter von 87 Jahren,#irkte 4 Jahre in der Mission Freudenberg bei Siegen und seit November 1872 unter uns, von allen geachtet und geliebt, jetzt von allen beweint. Sein Andenken ist im Segen. Monat, sowie 5 Jahre; für Diebstahl 3 Monate, 2½ und 4 Jahre; Widerstand gegen die Staatsgewalt 2 Monate; Arrestbruch 4 Monate; für betrügerischen Bankerott nach 12 stündiger Verhandlung und der Vernehmung von 20 Zeugen 1 und 1½ Jahre und endlich für Meineid 4 Monate und 2½ Jahre. Die junge Zigeunerin, welche, wie ich letzthin Ihnen schrieb, in verschiede nen Läden Geld annectirte, ist am Freitag mit 14 Tagen Gefängniß bestraft worden. t- Bochum, 29. Juni. Bei Gelegenheit des gestern Mittag sich über unserer Stadt entladenden Gewitters schlug der Blitz in den Thurm der hiesigen Klosterkirche, glücklicher Weise ohne zu zünden. Die deutlichen Spuren seines Weges hatte er in der theilweisen Abdeckung des Schiefers zurückgelassen. Mit Recht fragt man sich hier allgemein, wie es möglich gewesen, den auf einer Anhöhe gelegenen Bau des Klosters und der Kirche ohne Blitzableiter zu belassen. Hoffentlich wird man jetzt nicht lange mehr mit der Anlegung desselben zögern auf daß uns nicht bei nächster Gelegenheit etwas Schlimmeres wiederfahre. Münster, 30. Juni. Die vom Gartenbau=Verein zu veranstaltende Rosen=Ausstellung wird am Sonnabend den 5. und Sonntag den 6. Juli im Kramer=Amthause stattfinden. — Der gestern Abend gegen halb zehn Uhr unserm neuen Herrn Oberbürgermeister Scheffer=Boichorst in seiner neuen Eigenschaft als Ober=Kommandant des Allge meinen Bürger=Schützen=Korps vom Korps gebrachte Fackelzug ist recht glänzend ausgefallen. Oelde, 29. Juni. In der Nähe des Bahnhofs Beckum fuhr gestern der Blitz in eine in baufälligem Zustande befind liche Scheune des Colon Overgahr, warf eine über drei Fuß dicke, verhältnißmäßig hohe Mauer um und begrub unter den Trümmern sechs mit dem Einbringen von Heu beschäftigte Arbeiter, welche sämmtlich als Leichen hervorgezogen wurden. Zwei bei den Pferden in der Scheune arbeitende Leute kamen mit leichten Verletzungen davon. Elberfeld, 28. Juni. Bezüglich der Entlassung der hiesigen Geistlichen aus der Schulinspection schreibt man dem „Reichsboten“ von hier: „Nachdem die Königliche Regierung zu Düsseldorf durch die Verfügung vom 12. Mai die sämmtlichen Stadtpfarrer ihres Amtes als Local=Schulinspectoren entbunden hat, hat die städtische Schulcommission dieselben am 20. d. M. ersucht, in ihrem Auftrage die Local=Schulinspection wieder übernehmen zu zur ministeriellen Genehmigung der neuen Organisation des Elberfelder Volksschulwesens. Wie ich höre, hatten die entlassenen Local-Inspectoren ihre sämmtlichen Acten 2c. in die Hände der Schulcommission gegeben; diese letztere soll dadurch in Rathlosigkeit gerathen sein und sich in Folge dessen zu jenem angegebenen Schritte veranlaßt gesehen haben. Das wäre sehr erKöln, 30. Juni. Auf Einladung eines Comités angesehener Bürger fand gestern— am Namenstage unseres hochw. Erzbiscofs Paulus Melchers— Abends 8 Uhr im großen Saale des Pius=Bau eine stark besuchte Katholiken=Versammlung statt, in welcher eine Glückwunsch=Adresse an den hochwürdigsten Herrn beschlossen worden ist. Herr Landtags=Abgeordneter Wolff führte den Vorsitz; als Redner traten auf die Herren Dr. Cardauns, Kaufmann v. d. Acht, Landtags=Abgeordneter Th. Fuchs, Fr. Meisen und Kaufmann Alsdorff. Es war gestern das vierte Namensfest, welches der vielgeprüfte Oberhirt im Auslande begeht. Die Adresse schließt mit folgenden Worten:“ „Wir hegen die feste Zuversicht, daß der moralische Sieg, den die Ueberzeugungstreue unserer Bischöfe über die Charakterlosigkeit so mancher Zeitgenossen fortdauernd feiert, auch äußerlich wird vollendet werden. Daß dies bald geschehe daß es uns vergönnt sein möge, um Sie, unsern von Gott gesetzten Oberhirten, geschaart, im vollendeten Dome das feierliche Tedeum freudevollen Dankes zu singen, das ist unser Gebet und unser Wunsch zum heutigen Tage!“ St. Goarshausen, 24. Jum. Wir lesen in der„N. Frkf. Ztg.“: Gestern ereignete sich in dem in unserem Amte gelegenen Welterod folgendes beklagenswerthe Unglück: Ein dortiger Landmann war beim Futterholen von seinem Söhnchen begleitet, und dasselbe nahm zum Nachhausefahren oben auf dem beladenen Wagen Platz. Der Vater will die Sense nach ländlicher Art in der Futterladung festhauen, schlägt zu und dem kleinen Knaben, dessen er nicht gleich gedacht, den Kopf vom Rumpfe. Der unglückliche Mann wird sich neben all dem Elende jetzt noch wegen fahrlässiger Tödtung zu verantworten haben. Aus Nassan, 26. Juni, schreibt man der„Köln. V.=Ztg.“: Wir deherbergen eben in dem ehemaligen, jetzt vom Herrn Grafen v. Schmising=Kerssenbrock bewohnten Redemptoristenkloster Dornhofen den durch seine Verbannung auf die einsame Ostseeinsel Zingst, wie durch seine dieser harten Maßregel vorausgegangenen und gefolgten Leiden weithin bekannt gewordenen Vicar Ruszkiewicz, welcher bei der genannten gräflichen Familie als Hausgeistlicher freundliche Aufnahme gefunden hat. " Hannover, 27. Jumi. Die ihrer Zeit viel besprochene Duell=Affaire zwischen den Referendaren Berthold und Herz, bei welcher Letzterer sein Leben einbüßte, hat ihren Abchluß in einer Verhandlung vor dem hiesigen Obergericht ge funden, in welcher B. zu 28 Monaten Festungshaft verurtheilt wurde. Köln, 2. Juni. Die Geschichte einer Nadel erzählen die„X. Nachr.“ wie folgt: Vor ungefähr 40 Jahren erblickte ein hübsches Mädchen in Köln das Licht der Welt, welches jedoch schon gleich nach seiner Geburt die Bitterkeit des Lebens erfahren sollte. Die niedliche Kleine verfiel in hestige Krämpfe und die besorgte Mutter ließ es sich nicht nehmen, ihr Liebstes, welches in den größten Schmerzen wimmerte, fast fortwährend auf ihren Armen zu tragen und zärtlich an sich zu drücken. Plötzlich zuckte das Kind außergewöhnlich zusammen und begann viel heftiger zu weinen wie zuvor. Man entkleidet die Arme und bemerkt in der Magengegend eine kleine Wunde, welche offenbar von dem Stich einer Nadel herrühren mußte. Als die Mutter nun eine solche auf ihrem Kleide vermißte, unterlag es keinem Zweifel mehr, daß die Nadel dem Kinde in den Magen eingedrungen war. Alle ärztliche Bemühung, dieselbe wieder ans Tageslicht zu fördern, scheiterte, und man mußte der Natur das fernere Walten überlassen. Das Kind wuchs zur blühenden Jungfrau heran, wurde eine zärtliche Gattin und liebende Mutter und längst war die Nadel, von der man ihr früher so oft erzählt vergessen. Ein häufig in der Seite auftretendes Stechen, welches sich bald wieder verlor, schrieb man anderen Ursachen zu. Vor Kurzem aber wurde die Empfindung an der genannten Stelle so stark, daß die Dame, welche jetzt bereits eine angehende Vierzigerin ist, die Zuziebung eines Arztes für gerathen hielt Als dieser nun die Seite untersuchte, fühlte er bald einen spitzen Gegenstand, der zwischen den Rippen durchzudringen suchte. Es gelang denn auch bald nach einer glücklichen Operation, die Nadel herauszuholen, welche circa 40 Jahre gebraucht hat, den Weg wieder zurück zu finden, den sie ehemals so mühelos hingewandert war. Am 8. Juli findet vor dem Bezirksgericht München I. d. I. Verhandlung gegen ungefähr 20 Studirende der Universitäten München und Jena wegen einer großartigen Paukerei auf dem Mathäserkeller statt. Mainz, 27. Juni. Unlängst fuhr ein Mädchen von Bodenheim von Mainz dahin. Bei dem Coupiren des Fahrbillets nahm der Konducteur, der eine Frage an das Mädchen richtete, Anlaß, zu sagen:„Machen Sie das Maul auf“, worauf das Mädchen dem Konducteur erwiderte:„Sie sind ein Grobian, ein Fleael, ein Bengel.“ Der Konducteur stellte wegen Beleidigung Klage; das Bezirksgericht aber sprach das Mädchen frei, indem es(nach dem„M. A.“) sagte, daß das Mädchen sich allerdings richtig ausgedrückt habe, denn ein Eisenbahnconducteur müsse anständig sich benehmen. Paris. Prinz Jerome Napoleon und sein Sohn. Ein pariser Witzblatt legt dem Prinzen einen Witz in den Mund, der auf seinen 17 jährigen Sohn Victor, den angeblichen Prätendenten, Bezug hat. Derselbe habe von seinen „Rechten“ gesprochen, worauf Papa mit ironischem Lächeln entgegnet:„Songeons d’abord à nos devoirs“.(Denken wir zuerst an unsere Pflichten.)„Devoirs“ heißt aber auch„Schulaufgaben.“ Neueste Nachrichten. □ Berlin, 30. Juni. Unsere regierungsfreundlichen Blä tte sprechen sich mit Befriedigung über das Ende der äguptischen Krisis aus, obgleich die Art und Weise, wie diese Krisis zum Austrag gelangt ist, nicht zur Hebung unseres politischen Ansehens beitragen dürfte. Denn darüber kann kein Zweifel bestehen, daß die vol. uns in der ägyptischen Frage erlassene Note nur dahin geführt hat, Frankreich und England zu einigen und zu einem Auftreten in Kairo zu bestimmen, welches in erster Linie bezweckte, uns die Führung in jener Sache zu entreißen. Wenn unser auswärtiges Amt trotzdem die Schritte der Westmächte in Kairo unterstützt und wenn dem entsprechend die zu unserer Regierung in Beziehung stehenden Preßorgane ihre Zufriedenheit mit dem Erfolge der westmächtlichen Action ausdrücken, so erklärt sich dieser scheinbare Widerspruch durch die naheliegende Erwägung, daß mit der Herstellung der Einigkeit zwischen den Westmächten der Gefahr einer französisch=russischen Allianz vorgebeugt worden ist. Mit Recht wird deshalb auch von jener Presse betont, daß in der günstigen Lösung der ägyptischen Frage eine Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens liege.— Die Nachricht, laut welcher der Sultan sich geweigert habe, den Fürsten von Bulgarien persönlich zu empfangen, bestätigt sich. Bei den innigen Beziehungen diees Fürsten zum russischen Kaiserhause muß diese Thatsache allerdings einigermaßen befremden, da sie ein recht trübes Licht auf das Verhältniß zwischen Rußland und der Türkei zu werfen geeignet ist. Indessen wird der Grund, weshalb der Sultan den jungen Fürsten nicht empfangen win, wohl hauptsächlich in gewissen ceremoniellen Rücksichten zu suchen sein. Der Fürst von Bulgartien ist nämlich Vaall des Sultans und hätte daher als solcher die Pflicht, sich dem vorgeschriebenen Ceremoniell zu fügen, wozst er aber schwerlich geneigt sein dürfte.— Das Gerücht, wonach der Finanzminister Hobrei„ wegen Meinungssverschiebenheiten der sein Ressort berührenden schwebenden Fragen seine Entlassung gefordert habe, erhält sich und scheint allerdings begründet sein. Eine lange ministerielle Dauer hat man bekanntlich dem ehemaligen Oberbürgermeister von Berlin von vornherein nicht prophezeit. ".=enn, 50. Juni. Es bestätigt sich, daß der Finanz= minister Hobrecht sein Entlassungsgesuch dem Kaiser zugeschickt hat, nur weiß man noch nicht, ob es ungenommen werden wird oder nicht. Die„liberale" Presse bemüht sich, das Entlassungsgesuch in Zusammenhang mit dem Antrage Franckenstein zu bringen und zwar in doppelter Hinsicht. Einmal soll, wie schon neulich gemeldet, Herr Hobrecht erst durch die Zeitungen von dem besagten Antrage und seiner Billigung seitens des Reichskanzlers erfahren haben, sodann soll aber der Minister mit den Zielen des Antrages selbst nicht einverstanden sein. Wenn die erstere Nachricht begründet ist— ne hätte auch Sürn ar;: saorvo, Allg. Ztg“, die sch, so stelt, als hätte auch Fürst Bismarck nichts von der Sache gewußt, bestätigt— so hätte allerdings Herr Hoorecht allen Grund, sich über mangelnde Berücksichtigung seiner amtlichen Stellung zu beschweren, was aber sein Verhalten gegenüber dem Inhalte des Antrages Franckenstein angeht, so möchte ich die ihm zugechriebene Mißbilligung desselben bis auf Weiteres noch bezweifeln. Der preußische Finanzminister ist nämlich unter allen seinen Collegen gerade derjenige, der am meisten das constitutionelle und föderative Princip schützt. Man erinnere sich nur daran,######n zur Zeit des Verfassungsconflictes gerade deshalb als Oberbürgermeister von Breslau gewählt wurde, weil er als ein constitutionell gesinnter Beamter bekannt war uno wal seine Stellung zum föderativen Character des Reichs anlangt, so kann ich versichern, daß Herr H. ein viel zu guter Kenner der deutschen Geschichte ist, als daß er die Eigenart der deutschen Volksstämme durch büreaukratische Unificationsmaßregeln zu vernichten für möglich halten könnte. Dazu kommt, daß ihm die Annahme des Antrages Franckenstein mehr Geld einbringt, als er oone denselben bekommen hätte. Nachdem dem Centrum constitutionelle und föderative Garantieen gesichert sind wird es auch Finanzzölle, soweit dieselben zur Deckung der Matricularbeiträge neben den Ecträgen der Schutzölle nöthig sind, Pe######e Fr.## on hat denn gestern auch einstimmig beschlossen, das Tabaksteuergeserz, wie es in der Commission angenommen worden, auch seinerseits zu acceptiren und was die im Tarif be ndlichen Zölle auf Kaffee und Petroleum anlangt so find die Centrumsmitglieders, welche in der Tarifcommission sich #, Namen der Fraction ermächtigt, sich mit den conservativen Parteien über die Höhe dieser Zölle zu verständigen. Ohn Erlangung constitutioneller und föderativer Garantieen seiic Eegcums hätte a.r der Fmanzminister möglicher Weise nicht einen Pfennig an indirecten Steuern und Zöllen mehr als bisher halten, werl das Centrum mit den freihändlerischen Nationalliberalen, dem Fortschritt, den Polen 2c., stark genug gewesen wäre, den ganzen Tarif und vielleicht auch das Tabaksgesetz zum Falle zu bringen. Ich erwähne dies unn sm in n:* gen wird, daß nach Eingang der indirecten Steuern das Vol anderweitig entlastet wird.— Herr Hobrecht ba chon von vornherein sein jetziges Amt ungern übernommen und ne Reiauna hemtelhen au bationss ui aaanm an geführt worden sein. Herr Hobrecht hatte durch seinen Commissar ommission in aller Form erklären lassen, daß, wenn dieselbe die Zoll= und Steuersätze unter 100 M. für ausländischen u. 60 M. für inländischen Tabak normiren,„das Zustandekommen des Gesetzes ernstlich gefährdet werden könnte.“ Trotzdem nahm bekanntlich die Commission einen Satz von 85 resp. 45+ an. Nach den vom Finanzmininer ursprünglich geforderten Sätzen von 120 u. 80 M sollte der Tabak rund 57 Millionen der Reichskasse resp. den Einzelstaaten bringen; nach dem von der Commission festgesetzten Steuersatze wird er aber vermuthlich nur 39 Millionen eintragen; dabei gehen 42 Mill. für die regierungsseitig erhoffte Nachsteuer ab; endlich bringt nach den Commissionsbeschlüssen auch der inländische Tabakbau für die 3 nächsten Jahre etwa 25 Mill. weniger ein. Der Finanzminister würde also vom Tabak dauernd weniger als er erwartet erhalten: 18 Mill.: einmal weniger 42 Mill. und während der drei nächsten Jahre würde er noch einen besondern Verlust von 25 Mill. zu erleiden haben. Daß bei einer solchen „Verrechnung“ einem Finanzminister das Heft aus den Händen fallen kann, ist am Ende begreiflich.— In der vorgestrigen „freien wirthschaftlichen Vereinigung", welche bis 11 Uhr Nachts„tagte“, kam es bei der Tarifposition„Baumwollengarne“ zu einer mehrstündigen gegensätzlichen Erörterung zwischen dem Elsässer Grad und dem Abg. Reichensperger (Crefeld), ohne daß die Versammlung einen Beschluß fassen konnte, da wegen allzu vorgerückter Stunde die Sitzung aufgehoben wurde. Herr Reichensperger legte aber in der heutigen Sitzung der Centrumsfraction. die vor der wegen Beschlußunfähigkeit zweimal unterbrochenen Plenarsitzung stattfand, das Interesse seines und seiner benachbarten Wahlkreise allen Anwesenden ans Herz und wird gewiß von seinen Fractionsgenossen unterstützt werden. Berlin, Montag 30. Juni. Die ministerielle Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Die von mehreren Zeitungen gebrachte Nachricht, daß der Finunzminister Hobrecht seine Entlassung erbeten habe, wird uns bestätigt. — Der heutigen„Kreuzztg.“ wird als bestimmt versichert, daß auch die Staatsminister Dr. Falk und Dr. Friedenthal bereits Entlassungs=Gesuche eingereicht haben. — Das„Berl. Tagebl.“ schreibt: Man erzählt sich, daß der Reichskanzler bereits mit Graf Udo Stolberg für das landwirtoschaftliche und mit dem Reichstagspräsidenten v. Seydewitz für das Finanzministerium in Unterhandlung getreten sei. — Man glaubt, daß die drei Minister(Hobrecht, Falk und Friedenthal) erst beim Schluß des Reichstages Nachfolger erhalten werden. — Unsere NPC. meldet: Als Nachfolger des Herrn Hobrecht wird neben dem Oberpräsidenten der Provinz Schlesien, Herrn v. Puttkamer, einem nahen Verwandten des Fürsten Bismarck, auch der seitherige Präsident der Regierung zu Schleswig, Herr v. Bötticher, genannt. Letzterer, der schon seit längerer Zeit zum Präsidenten des neu zu bildenden Reichsschatzamtes ausersehen war, scheint die meiste Aussicht zu haben, der Nachfolger des Herrn Hobrecht zu werden. Rom, 30. Juni. Die„Italie“ meldet, der Fürst von Bulgarien(Prinz Battenberg) habe sich gestern früh nach dem Vatican begeben, woselbst er eine lange Besprechung mit dem Papste hatte. Paris, 30. Juni. Nach Nachrichten aus Chislehurst ist in den Befinden der Kaiserin Ejugenie keine bemerkenswerthe Veränderung eingetreten. Dieselbe hatte eine unruhige Nacht. Versailles, 30. Juni. Die Deputirtenkammer beschloß, den Gesetzentwurf betreffend die Freiheit des Unterrichts dringenden zu behandeln. London, 30. Juni. Cardinal Newman ist auf seiner Rückreise von Rom in Brighton angelangt. Bekanntlich war der 78 jährige Cardinal unterwegs erkrankt. — Telegraphische Berichte, welche die Untersuchung über den Tod des Prinzen Navoleon betreffen, bestätigen, daß die Begleitung in wilder Flucht davonrannte, ohne daß für den Prinzen irgendwelche Fürsorge getroffen worden war. Der Prinz hatte Aussitzen befohlen, konnte aber selbst nicht in den Sattel gelangen. — Die Königin hat den Pfarrer Joseph Barclay zum(protestantischen) Bischof von Jerusalem ernannt. Das Ernennungsrecht wechselt bekanntlich zwischen der Krone Preußen und England. — Aus Aeavvten wird gemeldet, daß der frühere Khedive Ismail von den ihm vom Sultan angebotenen Aufenthaltsorten Smyrna und Brussa(in Kleinasien) die erstere Stadt gewählt habe und am 30. Abends dahin abreisen werde. Privat=Telegramm des„Westfäl. Volksbl.“ Berlin, Dinstag, 1. Juli, 10 Uhr Morgens. Daß die Minister Falt und Friedenthal ihr Entlassunas=Gesuch eingereicht haben, wird allseitig bestätigt. Hierdurch beehre ich mich, meinen geehrten Kunden ergebenst anzuzeigen, daß ich von heute ab den Baarverkauf einführen werde, was mich in den Stand setzt, auf die bisherigen Preise 10 Prozent gewähren zu können. Es werden meine geehrten Kunden die Ueberzeugung gewinnen, wie sehr es in ihrem eigenen Interesse liegt, nur gegen= baar zu kaufen. Sodann spreche ich noch die Bitte aus, mir das seitherige Wohlwollen zu erhalten, und gebe ich die Versicherung, daß ich bemüht bleiben werde, billigst und streng reell zu bedienen. Vaderborn, den 1. Juli 1879. E. Oberbeck. 3655 Bekanntmachung. Zur Ausführung des mit dem 1. Juli d. J. in Kraft tretenden Gesetzes vom 4. d. M.(Reichs=Gesetzbl. S. 151), durch dessen Artikel I§ 2 der Tarif für die Erhebung der Wechselstempelsteuer anderweitig festgesetzt worden ist, sind neue Wechselstempelmarken und mit dem Reichsstempel versehene Wechselblankets angefertigt worden, welche vom Ende des laufenden Monats ab bei den mit dem Debit von Wechselstempelmaterialien betrauten Postanstalten zu dem Preise des Stempelbetrages, auf welchen sie lauten, zum Verkauf gestellt werden. Die neuen Stempelmarken lauten über Steuerbeträge von 0,10; 0,20; 0,30; 0,40; 0.50; 1,00; 1,50; 2,.00; 2,50; 3.00; 3,50; 4,00; 4,50; 5.00; 10,00; 15,00 und 30,00 Mark, die neuen gestempelten Blankets über Steuerbeträge von 0,10; 0,20; 0,36; 0.40; 0.50; 1,00; 1,50; 2,00; 2,50; und 3,00 Mark. Der Kaiserliche Ober=Postdirector. In Vertretung: Köhler. Bekanntmachung. In Assinghausen wird am 1. Juli d. J. eine Telegraphen=Betriebsstelle mit beschränktem Tagesdienst eröffnet werden, welche mit der Postanstalt des genannten Ortes vereinigt ist. Arnsberg, 24. Juni 1879. Der Kaiserliche Ober=Post-Directer. Fekanntmachung. General=Versammlung der Westfälischen Eisenbahn=BeamtenSterbekasse „Westialia“ Auf Antrag mehrerer Mitglieder ist auf Sonntag den 20. Juli Nachm. präcise 2 Ahr eine nochmalige General=Versammlung im Lohmann'schen Locale anberaumt wozu sämmtliche Mitglieder freundlichst eingeladen werden. Tagesordnung: 1. Wahl von Vorstands=Mitgliedern. 2. Berathung resp. Abänderung der Vereins=Statuten. 3651] Der Vorstand. in der Nähe Paderborns Grsucht en zuverlässiger unverheiratheter Kuhknecht, der zugleich melken kann. Eintritt auf sogleich, oder 1. Octbr. Näh. die Exp.(3647 Haferhülsen, Hafermehl verkaufe billigst.[33345 C. Witteborg in Paderborn. Ein Ladenlocal, welches als solches schon längere Zeit benutzt worden ist und sich zu jedem Geschäfte eignet, steht nebst Wohnung zum 1. October zu vermiethen. Näheres die Erpd.(36410 Ein tüchtiges Rüchenmädchen (Spülmädchen) wird für sofort oder später im Hotel Schützenhaus in Barmen gesucht.(36375 Mehrere Wohnungen, darunter auch große, die sich für Schlosser und Tischler eignen, in der Nähe des Rathhausplatzes zu vermiethen.[36176 Näh. d. Exped. VCOTHANATON. Atork Vihlanche-P- Sächberiahie Ein Müllerlehrling gesucht. Kamp, Lippspringe. Eine Wohnung auf der Kampstraße, bestehend aus 9 Zimmern, Küche, 2 Kellern, Waschküche, abgeschlossenem Bodenraum nebst Garten ist zum 1. Octbr. cr. zu vermiethen Näb* Käh. die Exped. 34950 Ein erfahrener Sattlergeselle gesucht. Winterarbeit wird zugesichert. Näh. die Exped.(3650 Neue juristische Publikationen vorräthig in der Schöningb'schen Buch=& Kunsthdlg.(I. Esser) in Paderborn. Struckmann u. Koch, die Civilproceßordnung. 2. Auflage. 18 M Dalcke, Strafrecht und Strafprozeß. 3648] 5 Jitting, Reichs=Civilprozeß. 4 Reichs=Strafprozeß. 4# Kayser, die Reichs=Justizgesetze 6 Prämiirt Lyon 1872, Wien 1873, Paris 1878 Silberne Medaille. Saxlehner’s Bitterquelle Hunyadi János durch Liebig, Bunsen, Fresemus analysirt, ist laut Gutachten medizinischer Autoritäten(Virchow, Bamberger, Wunderlich, Kussmaul, Scanzoni, Spiegelberg, Friedreich, Nussbaum, Buhl, Ebstein etc.) als das vorzüglichste und wirksamste aller Bitterwasser erprobt und empfohlen.— Niederlagen sind in allen soliden Mineralwasserhandlungen und den meisten Apotheken, doch wird das p. t. Publikum im eigenem Interesse gebeten, in den Niederlagen ausdrücklich Saxlehner’s Bitterwasser zu verlangen. 3505c] Der Besitzer: Andreas Saxlehner, Budapest. Niederlage in Paderborn bei F. W. Kölling. Einige Schock Stroh zu kaufen gesucht. Näh. die Exped.[3649 Bahnhofs. Kost und Logis zu haben in der Nähe des Näh. d. Exped.(36328 = Eine Wohnung— von 4—6 Räumen zum 1. 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Im October 1877 reiste derselbe nach Amerika in die Diöcese Alton und wurden ihm in kurzer Zeit die beiden Gemeinden Mitchel und Bethalto zur Seelsorge anver traut. Möge seine Seele ruhen im Frieden![3661 Auenhausen, 1. Juli 1879. Die trauernden Angehörigen. Stellensuchende Personen jeder Branche placirt Büreau Silesia, Dresden, kl. Ziegelstr. 6.(3626a Berliner Weißbier empfiehlt 3659 Rud. Ullner. Es wird eine Stelle als Amme gesucht. Näh. die Exp. 3663 Einen kleinen Gam zu vermiethen. Näh. d. Exped.(3658 Männer=Todalität. Mittwoch den 2. Juli Abends 6 Uhr Begräbniß der Witwe Heuthurm von der Gaukirche aus. Der Vorstand. Geboren. Fiedrich Wilhelm, S. d. Malers Ant. Uhle. Nicolaus Hugo Heinrich, S. d. Gastwirths Ed. Güniker. Anton Gustav Rudolph, S. d. Locomotivführers Joh. Koch. Theresia Elisabeth, T. d. Damenkleidermachers F. Sauerland. Auguste Gertrud, T. d. Arbeiters Carl Westphalen. Theresia Maria Auguste, T. d. Arbeiters Fried. Franke. Johannes, S. d. Schlossers H. Finke. Eduard Julius, S. d. Oeconom Florenz Nolte. Elisabeth Johanna Ida, T. d. Gastwirths Joh. Rohde. Clara Anna Sophia, T. d. Stellmachers Ant. Gehle. Eine T. d. Bezirksfeldwebel Ferd. Seiler. Anna Johanna, T. d. Handelsmanns F. Henke. Eine T. d. Pr. Lieutenant von Jeinsen. Eine unehl. Geburt. Gesterben. Johannes., S. d. Schlossers Carl Meyer, 6 W. 4 T. Theresia, T. d. Damenkleidermachers F. Sauerland, 5 T. Glasschleifer August Muche aus Rauscha, R S Marktberichte. Berlin 30. Juni. Weizen loco 175- 202 M. nach Qual. Roggen loco 118—138. Gerste gr. u. kl. 100—180. Hafer 110—146. Rüböl loco ohne Faß 5,0. Petroleum loco—. Spiritus 100 Liter à 100%= 10,000% ohne Faß loco 53,4 Neuß, 30. Juni. Weizen à 100 Kilo 19/80—20,80 M. Roggen 12,70—14,20 Gerste—.——.— Buchweizen—.— Hafer 14,30. Rübsen(Aveel)—.— Raps —.——.—. Kartoffeln 8. Rüböl p. 100 Kilo faßweise 62+ Bremen, 30. Juni. Petroleum Standard white loco 7,00, per Juli 7,10, Aug. 7,20, Sept.=Dec. 7,45bez. Ruhig. Börsen=Court Berlin, den 30. Juni Dtsch. Reichs=Anleihe Consolidirte Anleihe Staats=Anleihe St.=Schuld=Scheine Rh.=Westf. Rentenbr. Sächsische Rentenbr. Oesterreichische Papier=Rente Silber=Rente 250 Fl. 1854 Kredit 100 Fl. 1858 Ins 4 4½ 4 3½ 4 4 4½ 4½ 4 p St 1879. 58,90 b6 105,805 98.60b 94 805z 99255 98.905 18 25 59.25et 113.505 325.00B Geldcours. Ducaten 9,63 bic., Livre Sterling 20,37 G., 20 Francs 16,23 bz., Dollars—.— G., Russ. 5 Rubel in Gold—.— G bz., Franz, Banknoten per 100 Francs 80,80 be., Oesterr. Banknoten per St. 1,75 Oesterr. Silbergulden p. Fl. 1.75 Bank=Disconto in Berlin 3%6. Verantwortlicher Redactenr und Herausgeber J. Honcamp m Paderdorn.— Druck und Verlag von Ferdinand Schöninab in Paderborn.