Die„Schwerter Zeitung“ erscheint wöchentlich sechs mal. Bezugspreis wöchentl. 45 Pfg.(einschl. Trägerlohn). Einzelnummer 10 Pfg. Geschäftsstelle Gr. Marktstraße 3—5. Postscheckkonten: Dortmund 2852 und Hannover 21874. Verantwortlich. Hauptschriftleiter: Heinz Friedrich Kamecke. Verantwortl. für d. gesamt. Texteil: Heinz Friedrich Kamecke. Für den Anzeigenteil: Hans Linner; sämtlich in Schwerte. Druck u. Verlag: Carl Braus, Schwerte.— D. A. VIII/34: 1675 Heimatblatt Einzige in Schwerte gebruckte Tages=Zeitung Anzeigenpreise: Für die sechsgespaltene Millimeterzeile(46 mm breit) 6 Pfg. Familien=, Vereins= u. amtl. Anzeigen 4 Pfg. Reklame: Millimeterzeile 20 Pfg. Nachlässe nach Tarif 9a. Für telefon. aufgegeb. Inserate übernehmen wir keine Gewähr. Bei unvorhergeseh. Betriebsstörung., hervorgerufen durch höh. Gewalten, übernehmen wir keinerlei Gewähr, für pünktl. Erscheinen d. Zeitung u. kann auch keinerlei Anspruch auf Schadenersatz oder Nachlieferung erhoben werden. Tageblatt für die Stadt Schwerte und das Amt Westhofen S Kreisblatt für den nördlichen Teil des Landkreises Iserlohn Nr. 216 Schwerte(Ruhe), Lamstag, den 15. Jeplember 1934 67. Jahegang Die Frantreich dus Saurgertel aursangt Landere sitzung in Saarbrücken— Jährliche Umsatzsteuerschädigung um 800 Mill. Franken— Scharfe Kritik Der Landesrat des Saargebietes nahm am Freitag zu der Abänderungsvorlage zur Umsatzsteuer und zur Verordnung über die Erhebung einer Schlachtabgabe Stellung. Für die Deutsche Front übte Abg. Becker scharfe Kritik an der im Saargebiet durch die schwächliche Passivität der Regierungskomission im Schlepptau der französischen Regierung geschaffenen Zollsituation. Da das Saargebiet nun einmal in die Daumenschrauben des französischen Zollregimes eingepreßt sei, bleibe nichts anderes übrig, als diese Gleichschaltung zu erdulden und den Vorlagen notgedrungen zuzustimmen, wenn auch mit verschiedenen Abänderungen und Zusätzen. Diese beiden Vorlagen, der Ausdruck der steuerlichen Gleichschaltung des Saargebietes, zeigt, mit welchen geringen Hoffnungen man also die Entwicklung des eigenen saarländischen Steuersystems im Falle der Beibehaltung des Status quo schon heute beurteilen könne. Hinsichtlich der Steuergesetzgebung befinde sich das Saargebiet sehr wahrscheinlich heute noch mehr als früher im Zustand einer völligen Abhängigkeit, um nicht zu sagen Hörigkeit von Frankreich. Wenn also von einer kleinen Clique unter dem Gesichtspunkt der„Freiheit“ Propaganda für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes getrieben werde, dann gelte in steuerpolitischer Hinsicht dasselbe, was auf den verschiedensten anderen Lebensgebieten vorauszusagen sei, daß Status quo und eigene Entwicklung und Status quo und Freiheit sich gegenseitig ausschlössen. Grundsätzlich aber lehne die Deutsche Front diejenigen Bestimmungen der Umsatzsteuerverordnung ab, nach denen jetzt zur pünktlicheren Eintreibung der Umsatzsteuer statt einmal im Jahr viermal eine Umsatznachweisung gemacht werden solle. Denn das würde eine neuerliche, geradezu unerhörte Belastung der Gewerbetreibenden bedeuten. In seiner Kritik an den zwischen dem Saargebiet und Frankreich abgeschlossenen gegenseitigen Steuerverträgen ging der Abgeordnete Becker nach einem Hinweis auf die Grubensteuer auf die Umsatzsteuer ein. Nach der jetzigen Regelung werde das Saargebiet bei einem Satz von 2 v. H. jährlich um mindestens rund 800 Millionen Franken geschädigt. Der Redner verwies ferner auf die Luxussteuer, die zwar vor kurzem aufgehoben wurde, aber doch Jahre hindurch von Frankreich geschluckt worden sei. Frankreich habe Jahre hindurch die Hälfte der Luxussteuer für alle Automobile, die im Saargebiet verkauft wurden, zu seinen Gunsten einkassiert. Daher sei es kein Wunder, wenn Barthou in seiner Denkschrift wegen der Beibehaltung des Status quo fordert, daß die Garantie der Entscheidungen, die auf dem Gebiet der Rechtsprechung, der Verwaltung und des Steuerwesens während des Völkerbundsregimes getroffen worden seien, eine besondere Prüfung verdiene. Herr Barthou möchte also diese Aussaugung des Saargebiets noch auf möglichst lange Zeit hinaus beibehalten sehen. Und darin bestehe ja eben sein großes Interesse am Status quo. Die dauernde Aussaugung des Saargebiets sei natürlich nur möglich gewesen, weil von Deutschland erhebliche Mittel in das Saargebiet flossen. Wenn diese Mittel nicht mehr fließen würden, so würde die dauernde Entziehung von Mitteln aus dem Saargebiet durch Frankreich dazu führen, daß das Saargebiet finanziell ruiniert würde. Wenn Herr Barthou wirklich um das Saargebiet so besorgt wäre, dürfte man eigentlich von ihm erwarten, daß Frankreich die in den letzten Jahren aus dem ungerechten Steuerabkommen erhaltenen Summen an das Saargebiet zurückerstatten würde. Aber Heer Barthou interessiert sich wenig für das, was das Saargebiet erhält, als für das, was es bezahlen soll. Er braucht sich auch nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, was aus den Gläubigern des Saargebietes werden soll. Es ist immer wieder die gleiche Status=quo=Wirtschaft. Man ist so für die Interessen des anderen besorgt, daß man die Interessen des Saargebietes darüber ganz vergißt, oder sogar Schädigungen zuläßt, wie in der Frage des freiwilligen Arbeitsdienstes. Die Regierungskommission scheint durchaus gemillt, aus Gründen, die mit der pflichtgemäßen Sorge um das Wohl des Saargebietes nicht das geringste zu tun haben, eine Schädigung des Saargebiets und auch seiner Wirtschaft zuzulassen. Wenn es der Regierungskommission so sehr zu tun wäre, dann hätte sie mit dem gleichen bemerkenswerten Eifer, mit der sie die Arbeitsdienstverordnung in Kraft setzte, auch die Verordnung über das Tarifrecht herausgebracht, die von der Deutschen Front im Landesrat einstimmig gutgeheißen worden war. Interessant ist die Antwort, die die Regierungskommission auf eine Anfrage der Deutschen Front gab. Die Deutsche Front hatte nach der 8.ahl der Pollzeibeamten gefragt, die bis zur Abreise des Präsidenten Knox nach Genf neueingestellt worden waren, und wieviel davon der Deutschen Front angehörten. Darauf antwortete die Regierungskommission, daß am Sonnabend 100 neue Polizeibeamte ihre Verträge unterzeichnen würden, daß aber der Beantwortung der Frage nach der Parteizugehörigkeit grundsätzliche Erwägungen entgegenstünden. Neue Seutschenhehe in Meineigroter Gefährliche Hetzkampagne Im Memelgebiet hat seit Mittwoch eine neue Hetzkampagne gegen das Deutschtum eingesetzt, die durch das herausfordernde Verhalten maßgebender litauischer Stellen gefährliche Ausmaße anzunehmen droht. Aus Anlaß einer zurzeit noch völlig ungeklärten Beschädigung der Anlagen um das litauische Freiheitsdenkmal, wobei aber das Denkmal völlig unversehrt blieb, hat Mittwoch und Donnerstag der litauische Schützenverband Protestversammlungen einberufen, die sich zu einer unerhörten Herausforderung gegen Deutschland und gegen das Deutschtum im Memelgebiet gestalteten. Im Versammlungssaal waren Aufschriften zu lesen wie:„Litauisches Direktorium und litauischer Magistrat säubern das Gebiet von den Vaterlandsverrätern.“„Dem deutschen Drang nach Osten stellen wir den Drang nach Westen in litauisches Land gegenüber.“„Fremde strecken ihre blutbefleckten Hände nach unserem Gebiet!“„Raus mit den Resten der Raubritter aus unserem Lande.“ In ähnlichem Sinne sprachen der Vorsitzende des Memeler Schützenverbandes und der Vorsitzende des litauischen Nationalverbandes. In der angenommenen Entschließung werden der Gouverneur und das Direktorium aufgefordert,„das aus der Fremde kommende Verbrechertum mit Stumpf und Stiel auszumerzen“. Spinale Kinderlähmung greift weiter Noch kein Stillstand— Fast alle Nordschleswiger Schulen geschlossen Die spinale Kinderlähmung in Nordschleswig hat ihren Höhepunkt noch nicht überschritten. Im Kreise Hadersleben sind in den letzten Tagen 60 Krankheitsverdächtige festgestellt worden. Von den 94 ländlichen Schulen des Kreises sind 77 geschlossen, dazu alle städtischen Schulen. In der Stadt Hadersleben sind zwei Schulen als Lazarette hergerichtet worden. Auch in Apenrade sind zwei weiteré Fälle von spinaler Kinderlähmung zu verzeichnen und vier Fälle im Kreise Sonderburg. Im Kreise Tondern mußten 10 ländliche Schulen geschlossen werden. Die Sonderburger Garnison, die dieser Tage aus dem Truppenlager in Barris heimkehren sollte, hat die Rückkehr mit Rücksicht auf die Kinderlähmung zunächst bis zum 24. September verschoben. Mutter mit Kindern in den Tod In Gahma in der Nähe von Lobenstein ereignete sich eine furchtbare Familientragödie. Vermutlich aus Schwermut stürzte sich die 28jährige Ehefrau Roßner mit ihrem fünf Monate bezw. drei Jahre alten Knaben in einen Brunnen, der sich im Keller ihres Hauses befand. Eine Verwandte, die zufälligerweise am Abend einen Besuch machen wollte, fand die Leichen. Bergwerksunglück in Hindenburg Drei Verletzte, zwei Vermißte Das Oberbergamt Breslau teilt mit: Auf den Delbrück=Schächten in Hindenburg(Oberschlesien) hat sich am Freitamorgen im Redenflöz ein schwerer Gebirgsschlag ereignet. Davon sind 16 Mann betroffen worden, von denen aber nur drei das Krankenhaus aufsuchen mußten. Auch bei ihnen besteht keine Lebensgefahr. Zwei Mann werden noch vermißt. Anscheinend sind sie in einem zu Bruch gegangenen Pfeiler überrascht worden. Ein dritter, der auch verschüttet war, konnte bereits unverletzt geborgen werden. Die Bergungsarbeiten haben sofort eingesetzt und sind noch in vollem Gange. Das Oberbergamt Breslau teilt Freitag abend mit: Die Bergungsarbeiten auf den DelbrückSchächten schreiten planmäßig vorwärts. Die zerbrochenen Strecken sind bis auf kurze Teile befahren worden. Dabei konnten von den beiden Vermißten keine Lebenszeichen bemerkt werden, so daß zu befürchten ist, daß sie tot sind. Die bei dem Gebirgsschlag Verletzten, die das Krankenhaus aufsuchen mußten, sind bereits nach Hause entlassen worden. Die sieben Bergsteiger tot Die Deutsche Bergwacht teilt mit: Nach einem Funkspruch der bei der Oberreintal=Hütte stationierten Funkstation der Deutschen Bergwacht gelang es den gegen das Schuesselkar angesetzten Rettungsmannschaften, im unteren Bankdrittel der von der Dreizinkenscharte das Schuesselkar herabziehenden Bank, etwa um 11.15 Uhr in der Schlucht kurz hintereinander die sieben vermißten Bergsteiger tot aufzufinden. Bergung der Leichen erst am Sonnabend Nach der Lage der Leichen ist mit unbedingter Sicherheit anzunehmen, daß die Verunglückten in einer steilen schluchtartigen Wasserrinne Biwak bezogen hatten und von dem wolkenbruchartigen Unwetter Montag früh 1 Uhr überrascht und über steinige steile Sandstufen hinuntergeschleudert worden sind. Der Tod ist teilweise durch Verletzungen, teilweise durch Erschöpfung zweifellos noch in der Montagnacht erfolgt. Die Durchführung der sehr schwierigen Bergung wird am Sonnabend in Angriff genommen. Falischirmlandung auf dem Lövenkäsg Ein gefährliches Abenteuer hatte am Freitag in England der 24jährige Fallschirmspringer Ben Turner zu bestehen. Er sprang in der Nähe von Leatherhead in Surrey mit seinem Fallschirm aus dem Flugzeug, um als erster auf dem neuen Flugzeugplatz Surbiton zu landen. Während des Absprunges drehte sich jedoch plötzlich der Wind und der Fallschirm verfing sich in den Bäumen des Zoologischen Gartens von Chesington, während Turner selbst direkt auf dem Löwenkäfig landete. Die im Käfig befindlichen zwei afrikanischen Löwen wurden wütend und versuchten, Turner durch Sprünge zu erreichen, um ihn von dem hohen Gitter ins Ii## des Käfigs zu ziehen. Mehrere Aufseher des Zoologischen Gartens und die inzwischen alarmierte Feuerwehr versuchten, die wild gewordenen Tiere durch Wasserspritzen von ihrem Opfer abzulenken. Diese Versuche blieben jedoch vergeblich. Erst dem schnell herbeigerufenen Löwenbändiger gelang es, die beiden Raubtiere zu beruhigen, worauf Turner geborgen werden konnte. Von den französischen Manövern die in großem Maßstabe bei Baldahou unweit der Schweizer Grenze abgehalten wurden: Ein mit Maschinengewehren und einer Maschinenkanone bestückter Panzerwagen im Manövergelände. Massenvergiftungen in einer japanischen Textilfabrik Einer Meldung der Tokioter„Nitschi Ritschi“ zufolge traten in einer Textilfabrik Massenvergiftungen unter der Arbeiterschaft auf. Die ganze Belegschaft von 550 Mann ist erkrankt. 350 Mann mußten sofort ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ob ein Sabotageakt oder nur ein Zufall vorliegt, wird zur Zeit von der japanischen Polizeibehörde geprüft. Der kalifornische Kurort Bartlettsprings mit vier großen Hotels und etwa 50 Sommerhäusern ist durch Großfeuer vollkommen zerstört worden. Menschenleben sind nicht zu Schaden gekommen. Schun der Gewemunn und Habrich, Am Sonntag wird sich der Europa-Rundflug 1934 entscheiden Europa-Rundflieger in Warschau Die Gesamtlage des Wettbewerbs ergibt augenblicklich folgendes Bild: Der Pole Bajan führt mit großem Punktvorsprung aus dem technischen Wettbewerb noch immer das Feld der Europaflieger an. Der Deutsche Seidemann und sein Stallgenosse Hubrich sind ihm dicht auf den Fersen. Beide haben auf der gesamten Strecke des Rundflugs und besonders in Afrika bobe Geschwindigkeiten erreichen können. Wieweit sie an die außerordentliche Leistung des Polen Bajan heranreichen, wird erst die endgültige Errechnung der Durchschnittsgeschwindigkeiten ergeben. Auf jeden Fall steht fest, daß für den endgültigen Verlauf des Wettbewerbs ein harter Kampf zwischen Deutschland und Polen eingesetzt hat. Der am 16. September in Warschau zur Austragung gelangende Geschwindigkeitswettbewerb wird zeigen müssen, wer endgültig als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgeht. Nach privaten Meldungen hat der Führer der deutschen Mannschaft. Osterkamp. auf der Tagesstrecke vom Donnerstag eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 265 Stundenkilometer erreichen können. Der Flug am Freitag Die noch im Wettbewerb befindlichen 22 EuropaFlieger haben ihren Streckenflug beendet. Am Freitagmorgen wurde die letzte große Tagesetappe von Prag über Kattowitz und Grodno nach dem Ausgangspunkt Warschau in Angriff genommen. Um 5.43 Uhr flog als Erster der Pole Dudzinski davon, ihm folgten der Tscheche Zacek, der Pole Gedgowd. Hubrich. Balcer, Seidemann, Anderle und Osterkamp. Als erster landete in Kattowitz um 7.22 Uhr der Pole Wlodarkiewicz. und anschließend trafen auch die übrigen 19 Maschinen ein. In Lemberg mußte Wlodarkiewicz notlanden, der mit Gedgowd und Dudzinski als Erster Kattowitz verlassen hatte. Um 9.17 Uhr wurde Lemberg von Gedgowd angeflogen. der somit Spitzenreiter geworden ist. Der in der Gesamtwertung führende Pole Bajan beschränkte sich lediglich darauf. die Bedingungen zu erfüllen. und machte die Hetzjagd der vorderen Leute nicht mit, um seine Maschine nicht zu überanstrengen. Auch die Nachzügler Junck und Francke sind wieder dabei und folgen mit drei Stunden Abstand. Ziel in Warschau Her Deutsche Pasewaldt Zweiter Am Freitagnachmittag um 14.20 Uhr traf auf dem Warschauer Flughafen vor etwa 50000 Zuschauern als Erster der Pole Gedgowd unter dem Jubel der Menge ein. Zehn Minuten später folgte als erster Deutscher Pasewaldt, der gleichfalls von der Menge stürmisch begrüßt wurde. Kurz nach 3 Uhr trafen auf dem Flugplatz in Warschau weitere Piloten ein. Um 14.48 Uhr erschien der Deutsche Bayer auf dem Flugfeld, dann folgten die deutschen Piloten Osterkamp um 15 Uhr. Hubrich 15.01 Uhr und Seidemann 15.02 Uhr. 18 Minuten später traf dann noch der Pole Skrzypinski ein. Alle acht Deutschen gelandet Bis 17 Uhr waren 17 Flugzeuge eingetroffen. darunter alle acht Deutschen. Als Elfter traf um 15.55 Uhr der Deutsche Hirtb ein, und bald danach erreichten auch die beiden Deutschen Junck und Francke das Ziel. Weiter traf der Pole Bajan, der bekanntlich nach Punkten an der Spitze liegt. um 17 Uhr ein. Vorläufiger Stand Die volnischen Zeitungen haben inzwischen ein Gesamtergebnis ausgerechnet, dessen amtliche Bestätigung noch fehlt. Danach wurde folgende Reibenfolge ausgerechnet: Bajan=Polen 1861 Punkte. Plonczynski=Polen 1821 Punkte, Seidemann=Deutschland 1809 Punkte, Ambruz=Tschechoslowakei 1785 Punkte, FranckeDeutschland 1779 Punkte, Junck=Deutschland 1775 Punkte. Pasewaldt=Deutschland 1760 Punkte, ferner Hirt=Deutschland 1760 Punkte. OsterkampDeutschland 1684 Punkte, Bayer=Deutschland 1678 Punkte, Hubrich=Deutschland 1612 Punkte. Am Sonntag wird die Geschwindigkeitsprüsung auf einer 300 Kilometer langen Rundstrecke ausgetragen. Dem Polen Bajan ist der Sieg nicht mehr zu nehmen, denn es ist nicht anzunehmen, daß Seidemann mit seiner Fieseler eine um 52 Stundenkilometer höhere Durchschnittsgeschwindigkeit herausholt als Bajan, dessen Maschine RWD 9 mit Skoda=Motoren gleichfalls schon eine große Schnelligkeit gezeigt hat. Das Luftschiff„Graf Zeppelin“ ist Freitag früh um 4,10 Uhr unter Führung von Dr. Eckener zu einer Sonderfahrt zur Besichtigung der Reichsautobahnen gestartet. Auf dieser Fahrt, die zunächst rheinabwärts ging, erschien das Luftschiff im Laufe des Vormittags auch über der Stadt Köln. Der im Sonnenglanz flimmernde silberne Riesenleib des Luftschiffes gewährte den in den Straßen der Stadt sich schnell ansammelnden Bewohnern ein wundervolles Bild. Die Schulkinder strömten Romreise Barthous am 15. Oklober? Nach einer römischen Meldung der französischen Agentur Radio soll die Reise des französischen Außenministers Barthou nach Rom endgültig auf den 15. Oktober festgesetzt worden sein. Auf der Burg Hoheneck(Mittelfranken) werden am Sonntag am dortigen Heldenweg sieben Armee-Denkmäler eingeweiht. aus den Klassenräumen auf die Straßen und jubelten dem Wunder der Technik zu. Nach einigen Schleifen über der Stadt war„Graf Zeppelin“ bald wieder den Blicken entschwunden. Von Rhein und Ruhr herkommend, wurde das Luftschiff am Freitagmorgen 11 Uhr in mäßiger Höhe und ruhiger Fahrt über der Baustelle Buer der Reichsautobahnstrecke Lintorf—Dortmund gesichtet. Das Erscheinen des Luftschiffes erregte bei der Bevölkerung freudige Ueberraschung. Ein deutsches Volksfest in Amerika Ein Bild vom diesjährigen„Cannstätter Volksfest", das als öffentliche Belustigung der deutschen Vereine der Stadt Philadelphia in gewohnter Weise begangen wurde. Der Mittelpunkt des Festplatzes bildet ein 15 Meter hoher Turm, dessen Flächen völlig mit Obst bedeckt sind. Zum Tag des deutschen Volkstums sprechen Reichsminister Rust und Dr. Steinacher vom Volksbund für das Deutschtum im Auslande im Stadion Eichkamp. Der Reichssender Berlin übernimmt diese Veranstaltung am Montag, 17. September, von 17.50 bis 18.20 Uhr vom Deutschlandsender. Seizter Sder hahn flog 135 Kilometer Mäßiger Betrieb in den Vorkenbergen Freitagvormittag führte der bekannte Pilot Schilling in den Borkenbergen wieder Kunstflüge aus. Da gegen Mittag starke Bölgkeit des Windes aufkam und zudem eine ungünstige Windrichtung herrschte, mußte der Start um 12 Uhr unterbrochen werden. Erst am Spätnachmittag um 5 Uhr konnte das Startverbot aufgehoben werden. Im Mittelpunkt des Nachmittags stand der Empfang des Rekordfliegers Hahn=Gelsenkirchen. der am Donnerstag einen Rekord=Ueberlandflug nach Holland machte. Hahn erzählte in interessanter Weise von seinem Rekordfluge. Der Flug dauerte 3 Stunden 5 Minuten, die Entfernung betrug 135 Kilometer. Die Landung erfolgte in Fest. Schönrath gab in der 5. Kunde auf Im Pariser Sportvalast kämpfte am Donnerstagabend der deutsche Exmeister im Schwergewicht Hans Schönrath gegen den französischen Kolonial= neger Obie Walker. Der Neger, der vor kurzer Zeit den Breslauer Scholz in der ersten Runde entscheidend schlug, wird allmählich der Schrecken der Schwergewichtler. Gegen den Deutschen Schönrath kam er in der fünften Runde zu einem Siege durch technischen k. o. Der Krefelder wehrte sich gegen den zwei Zentner schweren Gegner zwar verzweifelt, war aber in der vierten Runde bereits so stark mitgenommen, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als den für ihn aussichtslosen Kamof aufzugeben. Radrennen in Amsterdam Die letzten diesjährigen Nadrennen fanden am Donnerstagabend vor 10000 Zuschauern im Amsterdamer Stadion statt. Im internationalen Fliegerrennen gelang es dem Kölner Richter, sich für seine Niederlage zu revanchieren und den belgischen Weltmeister Scherens im Kampf um den ersten und zweiten Platz mit 1½ Längen zu schlagen. Guerra siegte in Rizza Das über 25 Kilometer führende Straßen=Kriterium von Nizza wurde eine sichere Beute von Guerra, der die Strecke in 2:03:15.6 Stunden bewältigte und auch in den Wertungen am besten abschnitt. Die drei deutschen Fahrer Buse, Stöpel und Gever konnten sich hier nicht zur Geltung bringen. Neuer Schwimmweltrekord von Makino Bei den japanischen Hochschulmeisterschaften im Schwimmen stellte Shozo Makino über die 800Meter=Kraulstrecke mit 10:07.2 Min. einen neuen Weltrekord aus. Makino war auch der Inhaber der alten, aber noch sehr frischen Weltbestleistung von 10:08.6 Minuten, die erst vor einigen Wochen auf der Sitzung des Vorstandes der FINA in Berlin bestätigt wurde. Inzwischen hat Makinos Landsmann Hiroshi Regami über die gleiche Strecke mit 10:04.2 Minuten eine noch dessere Zeit erzielt, jedoch wurde diese Leistuno bisber noch nicht zur Anerkennung eingereicht. Zum Luftrennen England—Australien das als größte Fliegerprüfung der Welt demnächst zum Austrag kommt, ist in England dieses Spezialflugzeus gebaut worden. Dank seiner vollendeten Stromlinienform erreicht es eine Reisegeschwindigkeit von medr als 329 Kilometer. Der kätsel um die„Morro Castle“ werden mehr 55 Malrosen und seche Fuhrguste im ersten Rettungsboot der„Morro Castle“— Neue Belastungen Im weiteren Verlauf der Untersuchung der Katastrophe auf der„Morro Castle" belasteten zwei weitere Offiziere des Schnelldampfers„President Cleveland“ den Kapitän dieses Schifses ebenfalls schwer. Auch sie warfen ihm eine verspätete Absendung der Rettungsboote vor. Ein Matrose des„President Cleveland“ sagte aus, daß das Schiff 40 Minuten bis zu einer Stunde in der Nähe der „Morro Castle“ gelegen habe, aber in dieser Zeit kein Rettungsboot herabgelassen worden sei. Als schließlich endlich ein Boot abgefahren sei, habe seine Besatzung nicht einmal den Versuch gemacht, die brennende„Morro Castle“ zu besteigen, obwohl sich zu dieser Zeit mehrere Personen auf dem in Brand stehenden Dampferdeck befunden hätten. Ein Newyorker Polizist, der sich als Fahrgast auf der„Morro Castle“ befand, sagte aus, er habe seine Pistole auf einen Mann, offenbar ein Mitglied der Besatzung des Unglücksschiffes, gerichtet, als der Mann habe in ein Rettungsboot springen wollen. Er, der Polizist, habe daVereidigung der Kirchenbeamten Der Reichsbischof und der Reichswalter der Deutschen Evangelischen Kirche haben am 13. September eine Verordnung erlassen, derzufolge die Vereidigung der kirchlichen Beamten nach dem Reichsgesetz vom 20. August 1934 über die Vereidigung der öffentlichen Beamten und der Soldaten der Wehrmacht vorzunehmen ist. Zu den kirchlichen Beamten gehören auch die Geistlichen, die im Haupt= oder Nebenamt im Dienst der kirchlichen Verwaltung stehen, ferner die Kirchengemeindebeamten. Durch dieses Gesetz ist das am 9. August beschlossene entsprechende Kirchengesetz zum Teil aufgehoben worden. Ueber die Durchführung des neuen Gesetzes haben die obersten Kirchenbehörden bis zum 21. September 1934 zu berichten. Auf Grund des Gesetzes hat Ministerialdirektor Jäger am Freitag bereits die Vereidigung der Beamten des Oberkirchenrates in Stuttgart vollzogen. Rückkehr Papens nach Wien Ende September Gegenüber Meldungen Wiener Blätter wird von zuständiger deutscher Stelle in Wien mitbei ausgerufen:„Sie sind eine Leiche, falls Sie herabspringen!“ Weiter sagte er aus, als seine Frau in ein Rettungsboot hinabgelassen werden sollte, habe das Rettungsboot ihre Aufnahme verweigert. Seine Frau sei darüber gestorben. Der Steward des Rauchzimmers, der den Brand entdeckte, erklärte, er habe, nachdem sich ein Fahrgast bei ihm wegen Rauchgeruches beschwert habe, in einem Schranke im Schreibzimmer Rauch bemerkt. Ein anderer Polizist, der ebenfalls als Fahrgast auf der„Morro Castle“ war, fand es unerklärlich, weshalb die Rettungsdampfer nicht die„Morro Castle" umkreisten, obwohl sich zur Zeit etwa 150 Personen im Wasser befanden. Die Untersuchung ergab, daß sich in den ersten der fünf Rettungsboote der„Morro Castle“ 92 Mann der Besatzung und nur sechs Fahrgäste befanden. Die übriggebliebenen Leichenteile vom Kapitän der„Morro Castle“ sollen chemisch untersucht werden, um festzustellen, ob der Tod seine Ursache in einer Vergiftung hat. geteilt, daß von einer Aenderung des bisherigen Planes, wonach Vizekanzler a. D. von Papen gegen Ende September nach Wien zurückkehren werde, nicht das geringste bekannt sei. Die italienisch=südslawische Spannung Angesichts der Haltung der südslawischen Presse gegenüber Italien in der letzten Zeit hat die italienische Abordnung, die an der in Belgrad zusammentretenden Konferenz der Interparlamentarischen Union teilnehmen sollte, Weisung erhalten, nicht nach Belgrad zu fahren. Todesurteil und Begnadigung Der Wiener Militärgerichtshof Der Wiener Militärgerichtshof verurteilte am Freitag den Oberwachmann Franz Theißenberger wegen Hochverrats zum Tode durch den Strang. Nach dem 25. Juli war Theißenberger nach Ungarn geflüchtet; er wurde jedoch von der ungarischen Gendarmerie festgenommen und den österreichischen Behörden ausgeliefert. Der Bundespräsident hat die Todesstrafe in lebenslängliche schwere Kerkerstrafe umgewandelt, verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag alle Vierteljahre und durch einsame Absperrung in dunkler Zelle am 25. Juli eines jeden Strafjahres. Bestimmend für die Strafumwandlung war u. a. der Umstand, daß Theißenberger an den Putschhandlungen nicht unmittelbar teilgenommen hat. Der Reichswehrminister hat, wie das Rdz meldet, angeordnet, daß die Bereidigung der Soldaten auf den Führer in die Personalausweise und Stammrollen einzutragen ist. Professor Radbruch ist von seinem mit der Universität Kowno geschlossenen Vertrag, vom nächsten Semester ab dort Vorlesungen über deutsches Strafrecht abzuhalten, zurückgetreten. Der Reichsführer der Deutschen Studentenschaft erläßt folgende Verfügung: Alle Studenten im ersten und zweiten Semester, die im Wintersemester an einer deutschen Hochschule studieren wollen, müssen sich bis 1. Oktober bei der betreffenden Studentenschaft schriftlich gemeldet haben. Der Landesleiter der Deutschen Front, Pirro, hat eine Verfügung erlassen, nach der er das Mitglied der Deutschen Front Heinrich Rietmann zu seinem Stellvertreter ernannt hat und ihm seine sämtlichen Vollmachten erteilt. „Graf heppeln üder dem Nührgeotel Jahrt zur Besichtigung der Reichsautobahnen Schwerte(Ruhr), Samstag den 15. Sept. 1934 Blick vom St. Viktor=Kirchturm Wie stehen auf dem Turm unserer alten Kirche zu St. Viktor, hoch über dem Häusermeer der Ruhrstadt. Schieferdächer, dunkle Höfe, graue Straßen, grüne Plätze erblickt das Auge. Wie ganz anders sieht sich doch die Welt von oben an! Du siehst Dinge, die du sonst, unten auf der Erde nicht sehen kannst. Du kannst in versteckte Gärten, in Dachstübchen hineinschauen, in die Welt von Menschen, die du nicht kennst. Von unserem Kirchturm schweift das Auge weit, weit über das Land der Ruhr. Nichts hemmt seinen Blick. Felder und Wald umgeben in breitem Band die Stadt und dahinten, ganz in der Ferne sind die blauen Berge des Sauerlandes. Hier oben siehst du die Welt mit anderen Augen an, hier oben fühlst du dich emporgehoben über alle Erdenschwere. Was kümmert dich für eine kurze spanne Zeit das hastende, geschäftige Treiben der Menschen unter dir? Es ist uns gut, das Leben von Zeit zu Zeit auch einmal gleichsam von der Höhe eines Kirchturms aus anzusehen. Nicht hinauf in die Wolken wollen wir steigen, dann vergessen wir die Erde, die Menschen, die mit uns leben. Dann werden wir Menschen, die nur für sich selber da sein wollen und den anderen nichts mehr sind und doch viel sein sollten. Ein Mensch, der in den Wolken lebt, der findet oft nicht mehr zurück zur Erde. Aber das Leben für Augenblicke von der Höhe anzusehen, das ist heilsam. Denn das heißt, sich darauf zu besinnen, wie unser Leben gestaltet ist und das der anderen. Wir sehen, was morsch und faul daran ist. Was besser werden muß. Was wir aber selbst nicht besser machen können, wenn uns Gott nicht die Kraft dazu gibt. Er tut es, wenn wir ihn darum bitten. In dieser Zuversicht können wir wieder hinabsteigen von der Höhe, von der wir unser Leben beschauten, hinab in das Leben und wirken, solange es für uns Tag ist, aus Gottes Gnade. Vom Wetter Wetteraussichten für Sonnabend: Aus südöstlichen Richtungen drehende Winde, vorerst Fortbestand der Schönwetterlage, strichweise Frühnebel, im Laufe des Tages zunehmendes Haufengewölk, warm. Wetteraussichten für Sonntag: Auffrischende südöstliche bis südliche Winde und BewölkungsSchwerte, 15. Sept. In Nürnberg trat die NS. Kulturgemeinde mit einer Großveranstaltung(Hans Sachs=Spiele, Tänze usw.) anläßlich des Parteitages auf den Plan. Die NS. Kulturgemeinde ist aus dem Zusammenschluß der Organisationen„Deutsche Bühne" und Kampfbund für deutsche Kultur hervorgegangen. Gestern abend fand im Parteilokal Wilkes eine Versammlung statt, in der unter der Leitung des kommissarisch ernannten Ortswartes Pg. Berensmann eine Schwerter Ortsgruppe ins Lebens gerufen wurde. Nach einleitenden Worten des Ortswartes, gab Pg. Hens von der Gaudienststelle Westfalen=Süd, kurze programmatische Erläuterungen. U. a. sagte er: Das Theater von früher war ein Amüsierbetrieb für begüterte Leute.(Toller„Masse Mensch“, Zweig, Arnold, Pallenberg, Rotter usw.) Bewußt wurde auf die Verdummung der Massen hingearbeitet. Das Starsystem wurde großgezüchtet. Der Spielplan wurde nach dem 30. Januar 1933 einwandfrei. Wir lernten wiede deutsche Dichter kennen, hörten deutsche Sprache. Es handelt sich um die Schaffung einer deutschen Festgestaltung. Das Gemeinschaftserleben wird propagiert. Die N. S. Kulturgemeinde wurde gegründet. Es soll nur soviel Kunst geboten werden, wie ein gesundes Volk aufnehmen kann. Die Voraussetzung ist die Schaffung eines kulturellen Lebens. Im Volk muß sich ein Kern bilden, in dem der Kulturgedanke bereits Fuß gefaßt hat. Wir wollen alle erfassen. Den zweiten Vortrag hielt Pg. Dr. Marquardt-Bochum über das Thema„Stellung des deutschen Arbeiters der Stirn und der Faust im Kulturleben“. In der Politik wurde reine Bahn geschaffen. In der Wirtschaft wächst das Vertrauen. Wir sehen die Wirksamkeit der deutschen Arbeitsfront, insbesondere die des Amtes der RS. Gemeinschaft„Kraft durch Freude". Wir sehen die Tätigkeit des Amtes„Schönheit zunahme, noch warm, örtliche Gewitter nicht ausgeschlossen. Kundgebung des R. d. K. in Iserlohn: 16. 9. 34. Uns wird mitgeteilt: Unerwartet zahlreich sind die Meldungen für die Kundgebung d. Reichsbundes der Kinderreichen bei der Landesleitung eingelaufen, ein Zeichen dafür, daß die kinderreichen Eltern erwacht sind, daß sie erkennen, die Regeirung unseres Führers wird unseren Kindern zu ihrem deutschen Recht verhelfen; unsere Kinder werden durch ernste Arbeit freie deutsche Menschen werden, die nicht mehr für fremde Völker zu fronen und zu schuften haben werden, deutsche Ehre wird man ihnen auch äußerlich zuerkennen müssen: Deutschland wird wieder froh und mächtig dastehen! Die Schwerter Ortsgruppe fährt am Sonntagmorgen 8,43 Uhr zur Kundgebung nach Iserlohn. Kreisheimatfest in Schwerte Unsere Stadt rüstet zum Kreisheimatfest des Heimatbundes Iserlohn Stadt und Land, das am Sonntag, dem 7. Oktober hier stattfinden wird. Viele Gäste von auswärts werden erwartet, hat doch der Kreisheimatbund in 12 Ortsvereinen gegen 2000 Mitglieder. Der Vorstand des hiesigen Heimatvereins war gestern abend versammelt, um über die Ausgestaltung des Festes zu beraten. Die Tagung wird mit der Besichtigung des Ruhrtalmuseums ihren Anfang nehmen. Dann geht es zur St. Viktorkirche, wo gegen 3,30 Uhr Pastor Ohlig über„die Kunstschätze in der St. Viktorkirche“ sprechen wird. Die eigentliche Feier wird darauf im„Reiche des Wassers“, mit verschiedenen Begrüßungen ihren Anfang nehmen. Daran schließt eine plattdeutsche Aufführung über eine Hochzeit in Schwerte vor 60 Jahren. Bauernreigen und plattdeutsche Vorträge werden ferner zur Unterhaltung dienen. Ein gemütliches Tänzchen beschließt das Fest, zu dem schon jetzt die Bürgerschaft herzlichst eingeladen wird. Feuerschutzwoche in Schwerte Schwerte, 15. Sept. Durch Unkenntnis und durch Fahrlässigkeit im Umgang mit Feuer und Licht, durch fehlerhafte Oefen, Schornsteine, elektrische Anlagen, geflickte Sicherungen, durch Rauchen an feuergefährlichen Orten und nicht zuletzt durch leichtsinniges Spiel mit dem Feuer entstehen die meisten Brände. Dem deutschen Volksvermögen gehen alljährlich durch Brandschäden fast 500 Millionen des Arbeitsplatzes“. Wir haben versucht, den Menschen zu erfassen, indem wir seine Seele beeinflußten. Der deutsche Arbeitskamerad kam zu unseren Veranstaltungen. Das Vertrauen, das der NS. Gemeinschaft„Kraft durch Freude" dargebracht worden ist, ist auch der NS. Kulturgemeinde entgegenzubringen. Alle persönlichen Bedenken müssen zurückgesetzt werden. Ein gedeihliches Zusammenwirken in allen Bevölkerungskreisen soll und kann ermöglicht werden. Wir stellen den Berufskünstler in den Vordergrund. Eine Veranstaltung soll als Eintrittsgeld etwa 60 Pfg. kosten. Dem kulturellen Bedarf soll nach jeder Richtung hin Rechnung getragen werden. Rektor Berensmann ergriff dann das Wort zu etwa folgenden Ausführungen: Wir knüpfen da an, wo einmal unsere Vortragsgemeinschaft aufgehört hat. Nur müßte es in größtem Rahmen geschehen und in echt nationalsozialstischem Geiste. Ein Arbeitsprogramm zusammenzustellen ist nicht schwer. Nur eine Kerntruppe, die sich verpflichtet, die Veranstaltungen zu besuchen, muß da sein. Es bieten sich erhebliche Vorteile, Stunden der Freude zu sammeln, die kulturfördernden Vereinigungen unserer Stadt sollen unterstützt und in die NS. Kulturgemeinde eingebaut werden. Sie sollen bei den Veranstaltungen berücksichtigt werden. Die Veranstaltungen sollen billig durchgeführt werden. Die„Deutsche Bühne“ und der „Kampfbund für deutsche Kultur“ sind zur NS. Kulturgmeinde zusammengeschlossen. Der Jahresbeitrag beträgt nur 1.— Mark. Es meldeten sich sofort 41 Mitglieder. Noch einmal wurde betont, daß die Berufskünstler in den Vordergrund gestellt werden sollen. Der Ortswart berief dann folgende Volksgenossen in den Arbeitsausschuß: Ahrens, Dr. Berkenkamp, Heerhaus, Kamecke, Lengemann, Frl. Nehring, Frau Rohrmann, Rektor Schulte, sowie ein Vertreter der katholischen Schulen. Reichsmark verloren, täglich verlieren 4 Menschen durch Brände ihr Leben. Die Aufgabe des nationalsozialistschen Staates ist es, diese Volksweise der Nation zu erhalten. Dieses kann aber nur erreicht werden, wenn das deutsche Volk in seiner Gesamtheit entsprechend aufgeklärt und erzogen wird. Von der individualistischen und eigensüchtgen Wertung muß jeder Volksgenosse hingelenkt werden zur Schwerte, 15. Sept. Gestern vormittag kam in Hagen vor der Strafkammer IlI die Strafsache gegen den Amtsobersekretär Merschmann aus Ergste zur Verhandlung. Den Vorsitz führte Landgerichtsdirektor Mager. Die Anklage warf dem Angeklagten vor, daß er sich im Sinne der§§ 350,1 und 266,1 vergangen haben soll. Bei Feststellung der Personalien ergab es sich, daß M. unvorbestraft ist. Nach Verlesung des Eröffnungbeschlusses, hörte man den Werdegang des Angeklagten. Von 1907 bis 1909 ist er Lehrling gewesen. In den verschiedenen Verwaltungen des Industriebezirks sammelte er Kenntnisse. Schon in den ersten Kriegsjahren wurde er zweimal verwundet. Er erhielt einen Granatsplitter gegen den Kopf und wurde bei Verdun verschüttet. Nach seiner Kriegsverletzung kam er in die Heimat zurück, vom Bürgermeister angefordert. 1921 wurde er Obersekretär. Als solcher hat er in allen Zweigen der Verwaltung gearbeitet. Außerdem hat er eine Unmenge im Halbzwang auferlegte Posten versehen, so daß er infolge seiner Gutmütigkeit an Arbeit überlastet war wie kein zweiter. Die Arbeit, die sich bis in die Nächte erstreckte, ging auf Kosten seiner Nerven. 1932 hat er nach Pensionierung des früheren Bürgermeisters noch die Dienste des Bürgermeisters versehen. Eine Aushilfe gab es nicht. Mit nur drei Lehrlingen(!!) hat Merschmann das ganze Amt verwaltet. 1933 hat er sich noch in besonderem Maße in den Dienst der Partei gestellt. Als Amtsvormund hat er 30—40 Vormundschaften gehabt, dazu kamen noch private Vormundschaften. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, er habe in“ Fällen Mündelgelder unterschlagen. In einem Fall ist ein Fehlbetrag von 485 Rm. vorhanden, in einem zweiten Fall fehlen 810 Rm. und im dritten Fall 75 Rm. In einer privaten Vormundschaftssache sollen rund 2000 Rm. unterschlagen worden sein. Außerdem wurde ihm vorgeworfen, er hätte das Geld für Quittungskarten, die er für verschiedene Bauern verwaltete, zum Teil nicht ordnungsgemäß verwandt. Hier sollen rund 158 Rm. fehlen. Das Gericht unterstellte schon zu Beginn der Verhandlung als wahr, daß der Angeklagte außergewöhnlich stark mit Arbeit überlastet gewesen sei. Als erster Zeuge trat Ehrenbürgermeister Fritz Hidding aus Ergste auf. Er hat als erster den Verdacht gegen M. geschöpft und hat sich verpflichtet gefühlt, ihn in vertrauensvoller Weise zu warnen. Er stellte dem Angeklagten ein gutes Zeugnis aus. Merschmann sei ein außerordentlich guter Mensch, der allen Leuten helfen wolle. M. sei der beliebteste Mann im Amte Ergste gewesen. Er sei ein arbeitssamer und fähiger Mensch, der sich Tag und Nacht für das Amt zur Verfügung gestellt habe. Bei seiner Vernehmung habe M. immer wieder gesagt, er sei wegen Ueberlastung in die Sache reingeschlindert. Als zweiter Zeuge und Buchsachverständiger wurde der Wirtschaftsberater K. Fischer vernommen. Er hat feststellen müssen, daß in der buchmäßigen Verwaltung der Gelder, die er in den Vormundschaftssachen verwaltet haben, nicht ordnungsgemäß verfahren habe. Der Vorsitzende machte dem Angeklagten klar, daß es nicht angängig sei, daß man, wenn man zwei Vermögenssachen zu verwalten habe, mit der einen die Schulden der anderen bezahlen könne. Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob M. durch an sich unzulässige Vermischungen der Aktiva und Passiva die anvertrauten Gelder nicht ordnungsgemäß verwaltet hat, oder ob er die Mündelgelder auch für private Zwecke verwandt hat. Auf die Vernehmung weiterer Zeugen verzichtete das Gericht, da als wahr unterstellt wird, daß der Zeuge wahnsinnig mit Arbeiten aller Art überlastet worden sei. Der Vertreter der Anklagebehörde Staatsanwaltsschaftrat Dr. Welsholz ging mit dem Angeklagten sehr scharf ins Gericht. Er hielt ihn in drei Fällen der Beamtenunterschlagung für überführt und in einem Fall der Untreue. Der Angeklagte habe zwar dem Beamtentum durch sein Verhalten ein schweren Stoß versetzt, aber man könne ihm mildernde Umstände bewilligen, da er nicht vorbestraft sei, da er sich ferner bemüht habe, die fehlenden Einordnung und Unterordnung seiner Einzelperson unter die Notwendigkeiten und Bedürfnisse der Gesamtheit. Um die Volksgenossen über die Feuersgefahren aufzuklären, veranstaltet das Amt für Volkswohlfahrt in Verbindung mit der Feuerwehr und dem Luftschutzbund vom 17. bis 23. September 1934 eine Feuerschutzwoche. Gelder aufzubringen und da er sich tatsächlich mit Arbeiten übernommen habe. Der Staatsanwalt beantragte eine Gesamtstrafe von 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis, ferner Aberkennung der Fähigkeit öffentliche Aemter zu bekleiden und 5 Jahre Ehrverlust. Der Verteidiger Rechtsanwalt Schmidt II Hagen, setzte sich mit außerordentlicher Wärme für den Angeklagten ein. Merschmann sei ein Mann von besonderer Qualität, der sich für das Wohl aller restlos eingesetzt habe. An jedem Morgen seien 25—30 Personen in seinem Zimmer gewesen. Eine eingeteilte Kassenführung, wie bei den größerene Verwaltungen, habe nicht bestanden. M. habe 10 Verwaltungsposten gehabt, die Polizei, die Wohlfahrtsstelle, die Steuerstelle, das Schulwesen usw., dazu seien ihm Posten auferlegt, die man schlecht habe ablehnen können. Es seien auch unangenehme Ehrenämter gewesen. Die ganze Verwaltung in Ergste habe nur aus dem einen Manne bestanden. Alles sei unter Aufsicht der Behörden vor sich gegangen. Zu den 10 Verwaltungsposten seien noch 30—40 Vormundschaften gekommen. Der Angeklagte habe eine geradezu übermenschliche Arbeit geleistet. Der Staatsanwalt habe den ganzen Fall sehr aufgebauscht. Man dürfe nicht alles vom bösen Standpunkt aus betrachten. Es gehe nicht an, daß man das Zuvorkommen eines pflichttreuen Menschen mit Gefängnis bestrafe. M. stehe schuldenfrei und geachtet da. Es sei ausgeschlossen, daß ein solcher Mann sich an kleinen Beträgen vergreife. Es sei aber skandalös, daß man ihn so viele Posten gegeben habe. Der Angeklagte habe unter der Last zusammenbrechen müssen. Er habe sich regelrecht aufgeopfert. Der Angeklagte sei wohl verdächtig, aber der Nachweis einer Amtsunterschlagung lasse sich nicht erbringen. Infolge der Schwerte am Sonntag im Zeichen der alten Schützenfahnen! grenzenlosen Ueberlastung sei eine ordnungsmäßige Buchführung nicht möglich gewesen. Es handele sich bei dem Angeklagten um eine tadellose Persönlichkeit. Der Verteidiger bat, falls eine Strafe nicht zu umgehen sei, dann die Mindeststrafe in Anwendung zu bringen. Der Angeklagte selbst bat um seine Freisprechung. Das Urteil wurde nachmittags gegen 3 Uhr verkündet. Die Gesamtstrafe lautete auf 1 Jahr 3 Monate Gefängnis. Der Vorsitzende erklärte, daß das Gericht nur Untreue angenommen habe. In der Vormundschaftssache F. und in der Invalidenmarkengeschichte habe man lediglich eine Unordnung feststellen können, aber keine strafbare Handlung. In den übrigen Fällen lasse sich eine Unterschlagung nicht nachweisen. Durch die unzulässige Vermischung in der Verwaltung der Gelder sei für die Auftraggeber ein Nachteil entstanden. Tatsächlich sei der Angeklagte stark überlastet gewesen. So habe man bei der Strafzumessung Milde walten lassen können. Der Verteidiger erklärte nach der Urteilsbegründung, daß der Angeklagte sich die Erklärung, ob er das Urteil nanehme, noch vorbehalte. Wer der Gerichtsverhandlung beiwohnte, der mußte den Eindruck gewinnen, daß Amtsobersekretär Merschmann infolge beispielloser Inanspruchnahme seiner Persönlichkeit das Opfer seiner Gutmütigkeit und seines Uebereifers geworden ist. Schluß des redaktionellen Teils. Vereins= u. Verbandsnachrichten Bürger=Schützen=Verein Schwerte. Die Damen unserer Schützen tuen gut, sich am Sonntag nachmittag recht frühzeitig zum Freischütz zu begeben, da schon ab 3 Uhr die Kapelle konzertiert. Aerztlicher Sonntagsdienst am 15./16. Sept.: Dr. Becker, Königsplatz 11. 2838. Dr. Dickehage Ostbergerstr. 59. 2719. Geöffnet ist die Adler=Apotbeke. RS. Kulturgemeinde in Schwerte gegründet Das Opfer seiner Gutmütigkeit Hohensyburg Von Dr. Otto Schnettler. Wir entnehmen aus Anlaß des Westsalentages auf der Hohensyburg, der prächtigen Kulturzeitschrift„Westfalen im Bild“ folgenden Artikel. Hohensyburg bildet einen Teil des des Ardeygebirges, das hier nach Süden fast steil zum Ruhrtal abfällt. Der ganze Berg liegt frei nach Ost, Süd und West. Man genießt einen herrlichen Ausblick über das von Ruhr, Lenne und Hengsteysee durchströmte Tal zu den waldreichen Höhen des Sauerlandes. Uraltes Siedlungsland bietet sich unseren Blicken: Höfe, Gutshäuser, Burgen, Dörfer und Städte, Landwirtschaft und Industrie, breite, gut gepflegte Straßen, zahlreiche Schienenstränge lassen das Auge des Betrachters schwelgen in der bunten Schau des wechselreichen vor uns ausgebreiteten Landschaftsbildes. So ist Hohensyburg ausgezeichnet durch eine sehr vorteilhafte, nicht zu hohe, schöne Lage. Was dem Platz aber besondere Reize verleiht, das sind die in ihren Resten noch erhaltenen Werke längst verflossener Jahrhunderte: zunächst die ehemals den ganzen Bergrücken deckende Wallburg. Die Wallburg ist ganz offensichtlich in der Form, wie sie heute noch besteht, eine sächsische Anlage. Da die Sachsen aber das Brukterergebiet zwischen Ruhr und Lippe erst gegen 700 erobert haben, so kann die Burg frühestens dieser Zeit angehören. Diese starke Sachsenfeste, Sigiburg genannt, hat Karl der Große 775 erobert. Sie liegt auf einem breiten und nach der Ruhrseite hin sehr steilen Bergvorsprung, der hier sowohl durch die Höhe wie durch den Fluß gesichert war. Im Osten und Westen schützten ihn tiefe Quertäler. Nur nach Norden findet sich ein schmaler Zugang, der desto stärker mit einer Mauer, mit Wällen und Gräben befestigt war. Ein heute noch deutlich sichtbarer hoher Wall mit Mauer liegt rechts vom Wege, der zur Gaststätte Ulmer führt. Er trennte die Hauptburg von den links des Weges gelegenen Vorburgen, dem Gelände, das auch die Kirche umfaßt und nach Westhofen zu abschüssiger wird. Dieses älteste Werk von Menschenhänden auf Hohensyburg pflegt nur von den wenigsten beachtet zu werden. Und doch reicht es zurück bis in die Zeit unserer Vorväter, die beglaubigt ist durch schriftliche Zeugnisse und gegenständliche Beweise, eben die Reste der Wallburg. Der große dreieckige Burgplatz hat eine Länge von 700 Metern und eine größte Breite von 350 Metern. Es ist seltsam genug, daß wir über den Anfang und das Ende jener zweiten Burg, nämlich der Ritterburg, viel weniger unterrichtet sind als über die Lebensdauer der Wallburg. Denn ohne Zweifel hatte letztere nach Unterwerfung der Sachsen ihre alte Bedeutung verloren. Für das Alter der heutigen Ruine, der ehemaligen Ritterburg, die innerhalb der Wallanlagen hart am Südrande des Berges liegt, haben wir nur einen Anhaltspunkt in der Bauart des größten Turmes, des Bergfrieds. Seine viereckige Gestalt macht es wahrscheinlich, daß die Burg um 1100 oder etwas früher erbaut worden ist. Gegen 1300 verdrängte der Graf von der Mark den Erzbischof von Köln in unserer Heimat und erwarb damit auch die Sigiburg und den dazugehörigen Reichshof Westhofen. In diesen Kämpfen muß auch die Ritterburg zerstört worden sein. Allerdings ist sie gleichwohl noch bis zum Ende des Mittelalters als Burg benutzt worden. Denn 1496—1500 wird Gert Spee als Burggraf von Syburg genannt. Der heutige Zustand ist wohl weniger auf absichtliche Zerstörung als auf allmählichen Verfall zurückzuführen. Auch die Hohensyburger Kirche, deren etwas plumper Turm von jeher ein weithin sichtbares Wahrzeichen bildete, kann sich hohen Alters rühmen. Ein Gotteshaus wird schon 776 hier erwähnt. Sicher aber war es nur ein Holzbau. Die heutige romanische Kirche gehört nach ihrer Stilart dem 12. Jahrhundert an, das später angefügte gotische Chor ist ein Werk des 14. Jahrhunderts. Die Kirche war Mittelpunkt einer Pfarrei, zu der auch Westhofen gehörte. Nach Westhofen wurde das Gebiet des Reichshofes benannt, der sich in 6 Klm Länge und Klm. Breite von Hohensyburg bis an die Grenze von Schwerte zu beiden Seiten der Ruhr ausdehnte. Das gewaltigste Bauwerk auf Hohensyburg ist das den Schöpfern des zweiten Deutschen Reiches geweihte Denkmal. Vielleicht vermag die geplante Umgestaltung den monumentalen Eindruck der ganzen Anlage zu verstärken, der durch den geräumigen Vorplatz und die riesigen Ausmaße des Bauwerkes hervorgerufen wird. Es ist in der Zeit von 1893 bis 1902 geschaffen worden. Schon 1857 wurde hier der Vincketurm erbaut zu Ehren jenes ersten und um die Provinz Westfalen sehr verdienten volkstümlichen Oberpräsidenten Ludwig Frhr. von Vincke, der 1844 starb und unten im Lennetale seine Grabstätte „Dus Westfalische Zum 14. Westfalentag in Hagen und auf der Hohensyburg wartet die Zeitschrift„Westfalen im Bild“ mit einer besonderen Kostbarkeit auf: Volk und Arbeit, Heimat und Landschaft und die Stätten des diesjährigen Westfalentages bestimmen den Hauptinhalt der prächtigen Septembernummer. In dem Aussatz:„Das westfälische Antlitz“ von Adolf Wortmann wird— in dieser Form wohl zum ersten Male— in einer Reihe ganz hervorragender Aufnahmen eine Darstellung des westfälischen Volksgesichtes gegeben, die stürkste Beachtung finden wird. Der Bauer und der Bergmann, der geistige Führer und der Handwerker, Alt= und Jungwestfalen treten in typischen Bildern, die zugleich Zeugnis von einer hohen Lichtbildkunst ablegen, vor unsere Augen. Man muß es der Zeitschrift als ein Verdienst anrechnen, daß sie sich der Sammlung dieses wertvollen Bildstoffes, von dem sie auch späterhin noch weitere Veröffentlichungen zu bringen gedenkt, angenommen hat.— Landeshauptmann Kolbow, der Führer der Landschaft Westfalen im Reichsbund„Volkstum und Heimat“ behandelt in einem lebendig und anschaulich geschriebenen Beitrage die Wechselwirkung von„Landschaft und Heimatgefühl“, in dem er die Besonderheiten der westfälischen Hauptlandschaften und die sich daraus ergebende Verbundenheit der verschiedenen Volksgruppen Westfalens mit der Heimaterde kennzeichnet.— Ueber die Grundgedanken und Ziele der Heimatbewegung im Industriegebiet" unterrichtet uns im Zusammenhang mit dem unter dem Zeichen„Volkstum und Arbeit" stehenden 14. Westfalentag in Hagen ein Beitrag aus einer Rede Dr h. c. Karl Wagenfelds, des bekannten Heimatdichters und hochverdienten Vorkämpfers des Heimatgedankens.— Das von starkem Zukunftsglauben erfüllte Gedicht „Nächtliche Fahrt" von Wilhelm UhlmannBixterheide besingt in wuchtigen Rhythmen das Industrieland zwischen Hamm und Duisburg und die schwere Werktätigkeit seiner Menschen.— In den Aufsätzen:„Hagen, die Großstadt zwischen Bergen“ von Dr. K. Bartels und auf dem zu Haus Busch gehörigen Friedhof (nicht weit vom Bahnhof Kabel) gefunden hat. Erst 1901/2 begann man mit der Vollendung des Denkmals auch die bis dahin überhaupt unzugängliche Südseite des Berges dem Verkehr zu eröffnen. Sie hatte einst die am natürlichsten und stärksten befestigte Seite der Wallburg gebildet. Aber immer noch kamen die meisten Besucher nicht vom Süden her nach Hohensyburg. Da wurde nach Anlegung des Hengsteysees in der neuen Brücke und der über sie führenden Straße ein Band geschaffen, das Hohensyburg und Hengsteysee zu einer unzertrennlichen Einheit verknüpfte, aber auch die Zugangsmöglichkeiten umkehrte: nicht mehr von Norden, sondern in weit überwiegender Mehrheit kommen die Besucher nun vom Süden zur Hohensyburg. Die Einrichtung eines Bahnhofes„Hohensyburg“ hat hierauf noch besonders eingewirkt. Wie sehr auch die Anlage des Hengsteysees praktischen Zwecken dient, so ist doch der See, umrahmt von den waldigen Höhen des Ardey, den grünen Wiesen und den Ackerfluren des Tales, in seine Vereinigung mit Hohensyburg auch zu einzigartiger Schönheit geformt, ein seltener Zusammenklang zwischen Natur und den Werken menschlicher Kunst, eine wahre Stätte der Erholung und Stärkung für Leib und Seele. Der 16. September auf der Hohensyburg 14. Westfalentag Volkstum und Arbeitsfront Der diesjährige Westfalentag auf geschichtlichhistorischem Boden am Eingang des rheinischUninig „Kulturleben am Volmestrand“ von Prof. Lic. Dr. Sellmann lernen wir das gewerbefleißige Hagen, den Ort des diesjährigen Westfalentages, nicht nur als eine Stadt inmitten einer prächtigen landschaftlichen Umgebung, sondern auch als ein Gemeinwesen mit einem starken und hohen Kulturwillen kennen. Die landschaftliche und historische Bedeutung der„Hohensyburg“, auf der zum 14. Westfalentag ebenfalls größere Kundgebungen stattfinden, behandelt Studienrat Dr. Schnettler. Großes Interesse wird ferner der Beitrag„Das zweite Gesicht in Westfalen“ von Prof. Dr. zur Bonsen, einem der besten Kenner dieser geheimnisvollen Erscheinung westfälischen Seelenlebens finden. Ueber Geschichte und Schönheit der „Burg Altena“ plaudert Richard Schirrmann, der Begründer des deutschen Jugendherberg= wesens, das auf Burg Altena seinen Anfang nahm. Eine fesselnde Kurzgeschichte„Bei uns in Amerika" von Fritz Müller=Partenkirchen schildert die tiefverwurzelte Liebe des uas der Fremde heimkehrenden Westfalen zu seiner Heimaterde. Aus seinen„Erinnerungen an ein Wirte=Original“ erzählt ein alter Hagener einige lustige Grobheiten des einst im ganzen Volme= und Ennepetal bekannten„ollen Piepenbrink". Aus dem sonstigen Inhalt sei noch auf die Beiträge über die Erholungsmöglichkeiten in der Herbstschönheit der westfälischen, Osnabrücker und lippischen Berg= und Waldlandschaft und auf die Vorschau hingewiesen, die die westfälischen Bühnen auf die neue Spielzeit geben. Mit Freude und Genuß wird jeder diese schöne Zeitschrift lesen, die trotz des hochstehenden Inhaltes und der hervorragenden Ausstattung immer volkstümlich und allgemeinverständlich bleibt, sodaß jedermann sie mit Gewinn zur Hand nimmt. Der ausgezeichnete und wertvolle Bildstoff ist ein besonderes Zeichen dieser empfehlenswerten Zeitschrift. Zu beziehen durch die Buchhandlung Carl Braus, Adolf=Hitlerplatz 3. westfälischen Industriegebietes steht unter der Leitidee: Volkstum und Arbeit. Zehntausende westfälische Arbeiter aus den Großstädten werden hier zusammen mit den noch bodenständigen Volksgenossen unserer Landschaft ein gewaltiges Bekenntnis ablegen zu ihrem Volkstum und werden freudig ihre feste Verbindung mit Blut und Boden ihres Volksstammes bejahen. Um 10 Uhr beginnt der Anmarsch der Formationen auf der Hohensyburg. Um 12 Uhr spricht Reichsleiter Pg. Alfred Rosenberg zur westfälischen Jugend und zur Arbeiterschaft. Um 14 Uhr beginnt das große Volksfest auf den Bergwiesen der Hohensyburg unter Teilnahme der westfälischen Hitlerjugend, Volkstanz=, Singegruppen und Laienspielscharen und der Deutschen Turnerschaft. Eine besondere Note erhält der diesjährige Westfalentag durch eine große, auf der Hohensyburg abgehaltene Ausstellung: „Heim und Handwerk“. Hier wird in denkbar bester Weise dem Arbeiter gezeigt, wie auch er mit seinen Mitteln ein freundliches und gemütliches Heim herrichten kann. Sämtliche Ausstellungsstücke, viele Zimmereinrichtungen, Einzelmöbel, Webwaren, Töpferei, Steinzeug, Bild und Buch werden bei niedrigstem Lospreis verlost. Am 16. September nimmt jeder Arbeitskamerad an dem Heimatfest auf der Hohensyburg teil. Westfalen wird zeigen, daß die VolksverSonderautoverkehr nach Hohensyburg. Von Schwerte aus verkehren nach Hohensyburg anläßlich des Westfalentages Postautobusse von 8,30 Uhr vom Adolf=Hitler=Platz aus. bundenheit eine unumstößliche Tatsache ist, wenn es gilt, das Gesamtbild der Heimat den Vordergrund zu stellen. Arbeitskameraden, wir erwarten Euch in Massen! NS. Gemeinschaft„Kraft durch Freude“, Die Deutsche Arbeitsfront, Gau Westfalen=Süd. Heimatglocken Heimatglocken! Sie läuten in der Stadt und im Dorfe, sie schwingen sich auf am Sonnabend aus dem wogenden Treiben der Straßen, sie schweben Lerchen gleich empor aus den stillen Gassen, wo die Hühner umherlaufen und die Kinder unbesorgt spielen. Ihren Klang vergißt keiner! Ob er auf dem Meere fährt, ob er in fremden Ländern weilt, einmal fällt ihm ein der Klang der Heimatglocken. Dann wird ihm seltsam ums Herz, dann feuchtet sich das Auge, und die Sehnsucht erwacht ungestüm in ihm, wieder daheim zu sein im Dorf, in der Stadt, irgendwo in Deutschland. Heimatglocken! In euch lebt die Seele des Dorfes, in dem wir aufwuchsen. In euch schwingt die kleine oder große Stadt, in der wir Kind waren. Ihr habt unsere Kinderspiele durchläutet, habt uns froh gesehen und traurig. Mit uns trugt ihr helle und dunkle Tage. Am Sonnabend sind wir hinaufgestiegen zur Höhe, um euer Klingen ungestört zu vernehmen, um die Woche ausklingen zu lassen in euerm Danklied. Oder wir gingen hinauf zum Glöckner, der seine Stube hatte, hoch über den Häusern der kleinen Stadt. Dort lebte er mit einem Spitzhund, einem Kanarienvogel und einer flügellahmen Dohle. Er ließ uns durch die Luken schauen, weit über das Land hin und sagte: „Kinder, das ist eure Heimat!" Nun ist er lange tot, der alte Kaspar, aber die Glocken leben noch und singen in die Weite: Heimat, Heimat! Ruhrland Ruhrland, Heimatland— wie wir dich lieben, Sicher darfst du deiner Söhne sein. Die alten Burgen als Wächter uns blieben, Daß wir uns wehrten dem Trug und dem Schein. Zähe Geschlechter bewahren die Scholle, Ziehen den Pflug durch der Väter Grund, Möge nur kommen, was immer da wolle, Mit unsrem Herrgott wir stehen im Bund. Ruhrland, Heimatland— in deinen Tiefen Tapfer der Bergmann die Kohle bricht, Wo die Sirenen zur Arbeit ihn riefen, Hat er stets treulich erfüllt seine Pflicht. Bahnt sich den Weg in der finsteren Enge, Wagt sich hinein in den tiefsten Schacht. Hat er verlassen die Stollen und Gänge, Grüßt er die Sonne nach düsterer Nacht. Ruhrland, Heimatland— in deinen Städten, In deinen Dörfern der Amboß klingt, Rollen die Räder und klirren die Ketten, Heervolk der Arbeit den Hammer hier schwingt. Vor deinen Oefen mit riesigen Flammen Werden gehämmert das Eisen, der Stahl, Arbeiter sind wir hier alle zusammen, Tragen gemeinsam das Glück und die Qual. Ruhrland, Heimatland— auf deinen Bergen, In deinen Tälern ein hartes Geschlecht, Wir dulden nicht unter uns einen Schergen, Wir streiten für Deutschlands heiliges Recht. Dankbar wir reichen dem Führer die Hände, Der aus der Not den Weg uns erzwang, Ueber das Ruhrland in völkischer Wende Wehet der braunen Soldaten Gesang: F. W. H. (Auf vielseitigen Wunsch bringen wir das der Schwerter Hitlerjugend gewidmete Ruhrland=Lied zum Westfalentag noch einmal zum Abdruck.) Samstag, 15. September. 14,30 bis 15,30 Uhr: P. von Peinen=Berlin: Praktische Volkstumsarbeit. 15,30 bis 16,30 Uhr: Prof. Dr. Kelbok=Innsbruck: Volk im Werden(Heimatkunde als Ganzheitsbildungsmittel in der Volksgemeinschaft). 16,30 bis 17,50 Uhr: Prof. Dr. SchulteKemminghausen: Brauchtumspflege im Industriegebiet. 17,30 bis 18,30 Uhr: Prof. Dr. Klose=Berlin: Wei sollen wir wandern? 1 20 bis 22 Uhr:„Ein Gang durch Westfann. (Großer Westfalenabend unter Mitwirkung von Trachtengruppen, der einzelnen Heimatgebiete, des Betheler Posaunenchors usw.), gleichzeitig: Kundaebung der westfälischen HJ. und des BdM. auf der Hohensyburg mit Ansprache von Dr. h. c. Karl Wagenseld. Gottecdienst-Gralung Aus der evol. Gemeinde Schwerte Evangelische Gottesdienste. Johanneskirche: 8 Uhr P. Millard. 9.30 Uhr P. Maack, Altenvörde. Donnerstag 8,30 Uhr Bibelstunde. Evangl. Krankenhaus: 8,30 Uhr P. HageGeisecke=Lichtendorf: 9,30 Uhr P. Millard. Evangelisches Jungmännerwerk Schwerte. Sonntag 8 Uhr Jungtrupp und Jungmannschaft Heimabend.— Donnerstag 8 Uhr Posaunenchor.— Freitag 6 Uhr Bibelschar.— 8 Uhr Bibelabend. Vereine der Frauenhülfe. Donnerstag Frauenhilfe 4. Stadtbezirk Ausflug. Abmarsch 2 Uhr. Evangl. Stadtmission Schwerte, Kuhstr. 7. Sonntag 8 Uhr früh, Blaukreuzstunde.— 11 Uhr Sonntagsschule.— 4 Uhr Bibelstunde. — Mittwoch 8 Uhr abends Gebetsstunde.— Freitag 8 Uhr Blaukreuzverein. Die Frauenhülfe des 4. Stadtbezirks(Pastor Millard) macht am Donnerstag, den 20. September, nachmittags einen Ausflug zur Kaffeewirtschaft Schäfer am Tunnel. Die zu Fuß durch den Schwerterwald gehen wollen, sammeln sich um 2 Uhr am neuen Rathaus; wer fahren will, fährt bis Nathe mit der Straßenbahn; von da ungefähr noch 20 Minuten zu gehen. Die Frauenhülfe des 2. Stadtbezirks(Pastor Kleinemeyer) am 20. September fällt in diesem Monat aus. Die Versammlung des Männervereins wird wegen des Westfalentages auf der Hohensyburg um eine Woche verschoben. Zusammenkünfte der Jungmütterkreise in der Zeit vom 17. 9. bis 21. 9. Montag abend 8 bis 10 Uhr Bezirk Holzen: Bibelstunde. Dienstag nachm. 3 bis 5 Uhr Bezirk GeiseckeLichtendorf: Wie erzähle ich meinem Kinde bibl. Geschichten. Dienstag abend 8 bis 10 Uhr Bezirk Pfarrer Kleinemeyer: dito. Dienstag abend 8 bis 10 Uhr Schwerterheide: Bibelstunde. Mittwoch nachm. 3 bis 5 Uhr Bezirk Wandhofen: Bibelstunde. Mittwoch abend 8 bis 10 Uhr Bezirk Grüntal: Bibelstunde. Mittwoch abend 8 bis 10 Uhr Pfarrer Hagemann: Wie erzähle ich meinem Kinde bibl. Geschichten. 8. Donnerstag abend 8 vis 10 Uyr Bezirk Pfr. Ohlig: dito. Freitag nachm. 4 bis 6 Uhr Bezirk Villigst: Rüäben. Freitag abend 8 bis 10 Uhr Bezirt Pfarrer Millard: Bibelstunde. Evangl. weibl. Gemeindejugend. Mittwoch abend 8 Uhr im Lutherhaus: Bibelstunde. Getauft: Hugo Adolf Herrmann; Dieter Bruno Kirchhoff; Ruth Maria Gossens. Shne Srirt Märf, Ein Roman aus den Kampfjahren 1929 bis 1932 von Heinz Friedrich Kamecke. 127. Fortsetzung. Nachdruck verboten. * Der neue Stadtverordnetenvorsteher spricht in der überfüllten Ausstellungshalle. Stüwen sitzt noch immer allein am Pressetisch. Als die Versammlung beginnt, gesellen sich drei Kriminalbeamte zu ihm. Es ist, als solle er überwacht werden. Stüwen tut so, als kenne er die Herren Kriminalassistenten nicht und begrüßt sie als Kollegen. Dabei gleitet sein Mantel, den er auf die Stuhllehne gelegt hat, mit einem dumpfen Schlag zu Boden. Es ist sein achtschüssiger Revolver, der in der Manteltasche steckt und der dies verdächtige Geräusch verursacht hat. Stadtverordnetenvorsteher Hellweg erklärt: Der Oberbürgermeister hat die beiden Staatskommissare„vorsorglich" bestellt— Pfuirufe. Da mußten wir dem Angestellten der Bürgerschaft— und das ist der Oberbürgermeister! — das Mißtrauen aussprechen!— Donnernder Beifall. Wir bestimmen die Gesetze unseres Handelns allein! Wir haben jetzt beim Staatsgerichtshof eine Klage gegen den preußischen Staat wegen der Nichtbestätigung der drei Teutowalder nationalsozialistischen Stadträte angängig gemacht!— Unter dem Beifallstosen der Menge ergreift dann ein Reichstagsabgeordneter das Wort: Hochverehrte deutsche Steuerzahler! Arme Almosenempfänger der Republik! Heute ist das Volk unser Reichstag! Es geht um die Rechte des Volkes! Ich habe im Reichstag festgestellt, daß sich unser wegen seiner wissenschaftlichen Verdienste zum Dr. honoris causa ernannter Innenminister,— man nennt ihn auch Getraut: Heinrich Hemeyer und Martha Wilkes; Ludwig Girardi und Agnes Kerber; Gottfried Heinecke und Auguste Börstinghaus. Gestorben: Ehefrau Luise Stenzhorn; Wilhelm Ebbinghaus. Uhr von der Kirche fort nach Geisecke zu Schulte=Höppe. Für Unterhaltung trägt ein bestellter Ausschuß Sorge. Die ganze Gemeinde möge sich als große Familie zusammenfinden. Aus der kath. Gemeinde Schwerte Katholische Gottesdienste. Schwerte. Sonntag, 16. Sept. 17. Sonntag nach Pfingsten 6 Uhr: Stille hl. Messe. 7,15 Uhr: Frühmesse mit Predigt; gem. hl. Kommunion der Jungfrauen. 8,30 Uhr: Schulmesse mit Predigt; gem. hl. Kommunion der Knaben und Mädchen des 6. Schuljahres. 9,45 Uhr: Hochamt mit Predigt. 11,15 Uhr: Letzte hl. Messe mit Predigt. 2,30 Uhr: Christenlehre und Andacht. 8 Uhr: Andacht für die Erwachsenen. In der Krankenhauskapelle ist eine hl. Messe um 8,15 Uhr. 4,30 Uhr: Andacht. An den Werktagen sind die hl. Messen um 6,30, 7,10 und 7,45 Uhr. In der Krankenhauskapelle ist eine hl. Messe um 6,30 Uhr. Jeden Mittwoch ist in der Krankenhauskapelle Andacht zu Ehren des hl. Josef um 4,30 Uhr. Krankenwoche hat in dieser Woche Vikar Münzner. Geisecke. 7 Uhr: Stille hl. Messe mit Predigt. Westhofen. 9 Uhr: Hochamt mit Predigt. Lichtendorf—Sölderholz. Sonntag, 16. Sept. 17. Sonntag nach Pfingsten 7,30 Uhr: Frühmesse mit Predigt und gem. hl. Kommunion der Jungfrauen und Schulmädchen. 10 Uhr: Hochamt mit Predigt, anschließend Segensandacht. Große Kundgebung der Männer u. Jungmänner in Werl am 23. Sept. Am Sonntag, dem 23. Sept. findet in Werl eine große Glaubenskundgbeung der Männer und Jungmänner in Werl statt. Näheres wird nochbekannt gegeben. St. Marien=Frauenverein. Unsere nächste Monatsversammlung findet gemeinsam mit unseren Vereinsschwestern von Wandhofen und Grüntal am Mittwoch, dem 19. Sept., nachmittags 3,30 Uhr am Kreinberg statt. Marien Verein Schwerte(Abt. Grüntal). Wegen vorgerückter Jahreszeit müssen wir unseren Ausflug in diesem Jahre aufheben. Am 19. Sept., nachmittags 3,30 Uhr findet in der Gaststätte Kreinberg eine Versammlung statt, wozu wir alle Vereinsschwestern von Schwerte und Grüntal herzlich einladen. Lichtendorf=Sölderholz. Montag geselliges Beisammensein der Männer. Mittwoch Spielabend der Jungmänner. Für die Gemeinde. Der Männerverein ladet die ganze Gemeinde zu einem Familienausflug am 23 Sept. ein! Wir gehen um 13,30 Karl den Großen— das stimmt aber nicht ganz, er ist nicht groß, ich meine körperlich— ich habe festgestellt, daß der Herr Innenminister sich seine Simsonlocken hat abschneiden lassen, hoffentlich hat er sich nicht auch seine republikanische Kraft abschneiden lassen.— Donnerndes Gelächter. * Es ist Mittagszeit. Klaus Stüwen sitzt noch in seinem Redaktionszimmer und denkt über seine Arbeit nach. Er reißt das Kalenderblatt ab: Es ist Samstag, den vierzehnten Februar neunzehnhunderteinunddreißig. Also Weekend, denkt er, und schon Karnevalszeit. Er wundert sich, wie schnell die Zeit vergeht. Nun ist man schon fast ein Jahr in Teutowalde——— Er nimmt aus der hölzernen Dose eine Fünfpfennig=Zigarette heraus, raucht sie an, tut einen tiefen Zug und bläst den Rauch, daß das Kalenderblatt dahinter verschwindet. Morgen ruhst du dich aus, Klaus Stüwen— hast es verdient, denn du mußt dich stärken für die kommende Zeit, die wer weiß was bringen wird. Die Schreibtischuhr zeigt zwölf Uhr fünfzig. Gleich muß Anke das Büro verlassen. Sein Anruf erregt sie. Er spricht zu ihr, als wenn sie sich wochenlang nicht gesehen hätten. „Du, Anke, ich werde krank vor Sehnsucht, wenn ich dich heute abend nicht sehe... „Mir wird es nicht anders gehen, Klaus...“ „Wir wollen gesund bleiben, Liebling. Ich hole dich ab. Wir verbringen den Abend in der„Viktoria=Diele“, wenn es dir recht ist.“ „Wie freue ich mich——, komm' aber nicht zu spät——“ „Ich will auf der Stelle sterben, wenn ich nicht um acht Uhr bei dir bin.“ „Bleib' lieber leben, Klaus! Ich meine nur, es kann doch etwas dazwischen kommen...“ Rundsuns=Programm Sonntag, den 16. September 1934. 6.15 Hamburger Hafenkonzert. 8.00 Zeit, Wetter, Nachrichten. 8.10 Hermann Löns und das deutsche Bauerntum. 8.30 Die sonntägliche Morgenfeier. 9.15 Funk ins Blaue. 10.00 Chorkonzert. 11.00 Wanderfahrt auf dem kanadischen Strom. 11.30 Bach=Kontate(Reichssendung). 12.00 Musik am Mittag. 12.55 Glückwünsche. 13.00 Ein Wort für alle. 15.00 Eltern und Kinder. 15.20 Namen niederrheinischer Landschaft erzählen. 15.35 Funkbericht von der Grenzlandschau für Bauernrecht und Bauernkultur in Bad Kreuznach. 16.00 Nachmittagskonzert. 17.00 Deutsche Erzähler der Gegenwart. 17.15 Freundschaft mit Büchern. 17.30 Pützchenmarkt. 18.10 Bauernlob. 18.20 E Stündche Kölsch. 19.00 Klavierkonzert(Hans Haaß). 19.40 Sportvorbericht. 20.00 Kammermusik von Händel. 20.15 Die Braut von Messina. 21.45 Kammermusik von Händel. 22.00 Zeit, Wetter, Nachtrichten. 22.20 Unterhaltungskonzert auf Schallplatten. 22.40 Nachtmusik und Tanz. Montag, den 17. September 1934. 5.30 Morgenruf, anschließend Frühkonzert. 6.05 Leibesübungen. 6.25 Morgenkonzert. 6.50 Morgenruf— Zeit, Wetter, Nachrichten. 7.05 Heute ist Lostag! 8.00 Zeit, Wetter, Wasserstandsmeldungen. 8.05 Frauenturnen. 8.20 Was kochen wir in dieser Woche? 10.00 Zeit, Nachrichten, Wasserstandsmeldungen. 10.10 Zur Feuerschutzwoche. 10.30 Wir und die Welt. 12.00 Musik am Mittag. 12.45 Erste Mittagsmeldungen, Glückwünsche. 13.00 Das große Orchester. Dazwischen 13.45 Zweite Mittagsmeldungen. 14.45 Schlachtviehmarktberichte und Wirtschaftsmeldungen I. 15.15 Einiges über die deutsche Reichsbahn. 15.30 Zweite Wirtschaftsmeldungen. 15.50 Stimme der Zeit. 16.00 Nachmittagskonzert. 17.00 Wanderungen im Rheinland und Westfalen. 17.15 Die Auslese. 17.50 Duisburg=Ruhrort, Arbeit und Brot durch Binnenschiffahrt. 18.20 Französische Unterhaltung. 18.40 Vom Tage. 18.50 Zweite Wirtschaftsmeldungen, Sportvorbericht. 19.00 Westdeutsche Wochenschau. 19.30 Das Schrammelquartett des Reichssenders Köln. 20.00 Erste Abendmeldungen. 20.15 Stunde der Nation.„Die Wartburg. 21.00 Schöne Stimmen auf Schallplatten. 21.20 Szenen aus neuen dramatischen Werken. 22.00 Zeit, Wetter, Nachrichten. 22.20 Tanzmusik. Die N. S. V. lut Gutes allen, die unseres Blutes sind! Melde Dich noch heute an und werde Mitglied. „Ich mache mich auf alle Fälle für dich frei——. Heute abend bin ich nur für dich zu sprechen...“ „Ich habe dir viel zu sagen, Klaus... Nun muß ich das Büro schließen. Leb' indessen wohl!“ „Auf Wiedersehen, Anke! Grüße Mama und Eberhard! Leb' wohl... Als er den Hörer auf die Gabel gelegt hat, öffnet Brinkmann vom Kolke von nebenan die Tür.„Stüwen, die Polizei hat eben angerufen.“ „Schon wieder eine Vernehmung?“ „Der Polizeirat hat gefragt, ob ich einen Augenblick Zeit hätte——“ „Lassen Sie sich nur nicht in eine Falle locken, Brinkmann——!“ „Der Polizeirat kann doch bei mir nicht landen— wenn der keß wird, setze ich ihm die Pistole auf die Brust: Haben Sie nicht in der Ehebruchsgeschichte eines gewissen Ministers eine Rolle gespielt, he? Wie kam es, daß Sie zweihundertdreißig Kommissarstellen übersprangen und plötzlich Polizeirat in Teutowalde wurden? Was meinen Sie, wie der hoch geht. Also Mahlzeit!“ „Adjüs!“ Brinkmann verläßt mit der Aktentasche unterm Arm das Geschäftszimmer. Auf der Türschwelle dreht er sich noch einmal um.„Ich will nicht zu viel sagen, aber ich habe jetzt einen Mann gefunden, der echt ist und der auch etwas auf der Weste hat. Es kommt vielleicht eine Beteiligung am Verlag in Frage „So? Na, es wird schon werden. Die kriegen uns nicht kaputt—“ Stüwen geht in sein Redaktionskabinett. Er läßt die Verbindungstür zum Geschäftszimmer auf. um eine Kontrolle zu haben, solange die Sekretärin Tischzeit hat. Er will noch rasch einen Brief nach Hause schreiben, die Mutter wird am Dienstag fünfzig Jahre alt. Das Päckchen ist schon fertig. Er schreibt: Preisausschreiben und Feuerschutz! Für das anläßlich der Feuerschutzwoche vom 17. bis 23. September 1934 von der Obersten Leitung der P. O., Amt für Volkswohlfahrt, „Schadenverhütung“, herausgegebene Preisausschreiben sind Geldpreise in Höhe von 5000.— RM. ausgesetzt. Bei dieser Aufgabe kommt es darauf an, daß von 12 Bilddarstellungen diejenigen zu durchstreichen sind, aus denen eine Außerachtlassung des Brandverhütungsgedankens zu ersehen ist. Es handelt sich also nur darum, richtig zu beobachten. Doch ist es hiermit nicht allein getan, denn jeder, der sich an diesem Preisausschreiben beteiligt, hat die Lösung in der Feuerwache abzugeben, wo er im Falle eines Brandes in seiner Wohnung Meldung erstatten muß. Während der Feuerschutzwoche werden an den Feuermeldern Hinweise angebracht, wo die Feuermeldung zu erstatten ist. Es heißt also, sich genau zu informieren, wo der zuständige Feuermelder aufzufinden ist. Meldungen, die verkehrt abgegeben werden, scheiden von vornherein aus dem Wettbewerb aus. 5000.— RM. sind die Belohnung dafür, daß jeder Volksgenosse sich für die Lage seines Feuermelders interessiert und damit schon praktische Arbeit an der Brandverhütung leistet. Vorbeugen ist die wichtigste Aufgabe und Vorbeugen ist der erste Schritt zur Verhütung! Die Broschüre„Brandschaden ist Landschaden“, die von der Obersten Leitung der P. O., Amt für Volkswohlfahrt,„Schadenverhütung“ herausgegeben wurde, kostet 20 Pfg. Sie enthält die genauen Bedingungen und jeder, der diese Broschüre bezieht, findet hierin den Beteiligungsschein für das große Preisausschreiben von 5000.— RM! Verantwortlicher Hauptschriftleiter: Heinz Friedrich Kamecke, Schwerte=R. Verantwortlich für den gesamten Tertteil: Heinz Friedrich Kamecke, Schwerte=R. Für den Anzeigenteil: Hans Linner, Schwerte=R. D. A. VIII/34. 1675. „Liebe, gute Mutter, nun stehst du auf der Mittagshöhe Deines Leben. Vier Söhne und eine Tochter blicken Dankbar auf zu Dir. Du hast uns das Leben gegeben. Wir können Dir nur unsere Treue schenken. Du bist immer für uns da. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß es einmal anders sein kann, Du liebste aller Mütter. Ich bin Dein Erstgeborener, ich habe Dir wohl die meisten Schmerzen bereitet, mein liebes Mütterchen. Manchmal ist es mir, als müßte ich Dich zu Hilfe rufen——“ In diesem Augenblick hört Klaus Stüwen, daß nebenan die Tür geöffnet wird. Er vernimmt mehrere schwere Schritte, die ihn sofort in die Höhe scheuchen. Unwillkürlich greift er in seine Schublade. Der Revolver ist nicht zur Hand. Da fällt ihm ein, daß er ihn in seiner Wohnung im Nachttisch hat liegen gelassen— Jäh wendet er sich zur Tür. Da stehen schon drei Herren in Zivil. Der erste ist Kriminal= assistent Konradix. „Schon wieder eine Beschlagnahme!“ fährt Stüwen die Beamten an. Konradix zeigt als Antwort seine Kriminalmarke—— „Kennen wir“ winkt Stüwen ab. „Wir müssen hier eine Durchsuchung der Räume vornehmen——“ Stüwen steht einen Herzschlag lang wie erstarrt, dann faßt er sich schnell.„Wenn Sie sich die Mühe machen wollen, bitte, meine Herren——“ „Schließen Sie alle Schubladen Ihres Schreibtisches auf“, sagt Konradix. Man sieht Stüwen an, wie sein Gehirn arbeitet.„Sie wollen also in mein Redaktionsgeheimnis eindringen——“ „Wir richten uns lediglich nach unserer Instruktion—“, erklärt Konradix und durchwühlt die erste Schublade. Die anderen beiden gehen an den Aktenschrank. Fortsetzung folgt. STLiS OSSTaosssertand Wer fährt mit zur Hohensyburg zum Westsatentag! Münster i. W. Die Deutsche Arbeitsfront, Gau Westfalen=Nord, teilt mit: Wie wir bereits berichteten, findet am kommenden Samstag und Sonntag auf der Hohensyburg der diesjährige Westfalentag statt, der durch die Anwesenheit des Reichsleiters, Pg. Alfred Rosenberg, der auf der großen Kundgebung am Sonntagmittag spricht, eine besondere Note erhält. Aus dem Gau Westfalen=Nord werden von Münster und Gelsenkirchen zwei Sonderzüge zum Westfalentag gestartet. Um den vielen an uns gerichteten Anfragen nachzukommen, teilen wir mit, daß alle der Deutschen Arbeitsfront angeschlossenen Mitglieder an dieser Fahrt teilnehmen können, ganz gleich, ob sie als Einzelmitglieder geführt oder durch die Reichsarbeitsgemeinschaften ihr angehören oder durch ihre Organisation korporativ der DaF angeschlossen sind. Meldungen zur Teilnahme an der Fahrt nehmen sämtliche Dienststellen der Deutschen Arbeitsfront und der RSGemeinschaft„Kraft durch Freude" entgegen. Wir bemerken, daß der diesjährige Westfalentag, der unter der Leitidee„Volkstum und Heimat" steht, erstmalig eine große Ausstellung westfälischer Hand= und Industriearbeit bringt, die ausschließlich dem Gedanken„Volkstum und Arbeit“ Rechnung trägt. Weit mehr als 1000 Gegenstände, dieser Ausstellung kommen später zur Verlosung. Der Westfalentag findet seinen Ausklang mit dem großen Volksfest am Sonntagnachmittag, das ganz im Zeichen wahren und echten Brauchtums stehen wird. Der Fahrpreis beträgt ab Münster 1,60 RM, ab Gelsenkirchen 10 RM. In den Reichstag berufen Münster. Der Gauwalter der Deutschen Arbeitsfront, Gau Westfalen=Nord, Pg. Schürmann, wurde zum Mitglied des Reichstags ernannt. Osnabrücker Mörder hingerichtet Osnabrück. Am Donnerstag früh ist in Osnabrück der von dem Schwurgericht in Osnabrück am 31. März d. J. wegen Mordes an dem Brotkutscher Willi Brandhorst zum Tode verurteilte Wilhelm Vogtschmidt hingerichtet worden. Der preußische Ministerpräsident hat von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht im Hinblick auf die Gewissenlosigkeit, mit der der Verurteilte, lediglich, um sich Geld zur Feier des Karnevals zu verschaffen, nach kaltblütig ausgeklügeltem und durchgeführtem Plan einen Menschen ermordet und beraubt hat. Holländische Offiziere in Osnabrück Osnabrück. Zwischen der Offiziers=Vereinigung des ehemaligen aktiven Regiments 78 und der Twenteschen Vereinigung der Urlaubs(Reserve)Offiziere der holländischen Armee besteht seit einigen Jahren ein freundschaftliches Kameradschaftsverhältnis, das bereits mehrfach zu gegenseitigen Besuchen führte. Nun wird die Offiziersvereinigung der 78er abermals Kameraden aus Holland bei sich zu Gast sehen. Die Holländer treffen am Samstag in Osnabrück ein. Am Sonntag findet u. a. eine Besichtigung des Friedenssaals und des Theaters statt. Auch werden die holländischen Offiziere Gäste beim Standkonzert am Haarmannsbrunnen sein. Am Sonntagnachmittag findet eine Autofahrt durch Osnabrücks Umgebung statt, die voraussichtlich auch nach Iburg führt. Dänische Bauernführer in Westfalen Paderborn. Die neun dänischen Bauernführer je zurzeit deutsches Bauernland besichtigen, trafen Donnerstag abend in Paderborn ein. Sie wurden begleitet von dem Landesbauernführer Kost sowie einigen Herren der Reichsbauernschaft aus Berlin und führenden Persönlichkeiten der heimischen Landwirtschaft. Die Dänen hatten in Westfalen bereits am Nachmittag das bekannte Bodelschwinghsche Gut„Heimathof" besichtigt und waren in Hameln durch die Landesbauernschaft Westfalen begrüßt worden. In Paderborn fand man sich am Abend im kleinen Kreise zusammen. Die Gäste wurden durch den Pader= borner Landrat Pg. Homann und den Bürgermeister der Stadt begrüßt. Landesbauernführer Kost, stellte in einer Begrüßungsrede die landwirtschaftliche Eigenart der westfälischen Provinz eindrucksvoll heraus. Der Führer der dänischen Bauern sprach dann über die Verbundenheit zwischen Westfalen und Dänemark. Am Freitag fuhren die Gäste durch das Warburger und das Sauerland zum Rhein hin weiter. Arbenschaffende Nahrkehte Wesideutschlands Wirtschaft ist eug mit der Steinkohle verbunden 290 000 Tonnen Steinkohle wurden im Ruhrbezirk arbeitstäglich im 1. Halbjahr 1934 gefördert. Zu ihrem Versand wurden arbeitstäglich 18 735 Wagen gebraucht. Das sind täglich 4683 Güterzüge zu 40 Wagen in einer Gesamtlänge von rund 225 Kilometer. Rund 1 Drittel der gesamten täglichen Güterwagengestellung der Reichsbahn dient der Beförderung von Steinkohle. Hinzu kommt noch der beachtliche Beförderungsbedarf für Holz. Eisen und Baustoffe, die im Grubenbetrieb benötigt werden. Die Belegschaft des Ruhrbergbaus zählte Ende August 1934 226 505 Köpfe mit je 1.8 Familien= angehörigen, so daß rd. 700 000 Volksgenossen des deutschen Westens unmittelbar durch den Steinkohlenbergbau ernährt werden. Es ist leicht zu errechnen, was das für das mittelständische Gewerbe der Bekleidung. Ernährung und des Wohnungsbedarfs bedeutet, ferner für das Verkehrswesen und die Steuerkraft des Ruhrbezirks. Neben der unmittelbaren Arbeitsbeschaffung ist die mittelbare Arbeitsbeschaffung durch den Materialbedarf des Ruhrbergbaus einerseits und durch seine Energielieferung an zahlreiche Verbrauchergruppen einerseits von großer Bedeutung. Zu den Wirtschaftszweigen, deren Erzeugnisse in besonderem Umfang vom Ruhrbergbau verbraucht werden, zählen die Forstwirtschaft nebst der Holzverarbeitung sowie die Eisen= und Stahlindustrie. Nach einer Erhebung des Bergbau=Vereins verbrauchte der Ruhrbergbau 1928 insgesamt 3.41 Millionen im Rundholz und 188 000 fm Schneidholz. Die Holzkosten betrugen nach dem Schmalenbach=Gutachten 1927 je Tonne Absatzförderung 0.83 RM und die Eisenkosten 0.84 RM. 1931 wurden allein für 88 Millionen RM Grubenholz verbraucht. Neuerdings wird im Schachtausbau in zunehmendem Maße Stahl verwendet, in dessen Selbstkosten rund 80% Löhne enthalten sind. Wesentlich ist auch der Bedarf an Maschinen, Geräten und Armaturen mit ihrem großen lausenden Ersatzbedarf. Ganze Spezialindustrien sind auf die Belieferung des Steinkohlenbergbaus eingestellt. Um sich ein Bild von dem gewaltigen, großenteils unterirdischen Materialverbrauch des Ruhrbergbaus zu machen, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Gesamtlänge aller seiner Grubenbaue rd. 7000 Kilometer umfaßt. Das entspricht der Entfernung von Gibraltar über Madrid, Paris, Essen, Berlin. Moskau nach Jekaterinburg im Ural. Die Gesamtlänge aller Fördergleise beträgt sogar 9000 Kilometer. Die Rohrleitungen für Luft und Wasser umfassen 8000 Kilometer. Die Gesamtkosten all dieser Anlagen dürften mehrere Millionen RM übersteigen, und es braucht wohl kein Wort darüber verloren zu werden, daß ihre Instandhaltung und ihre Erneuerung alljährlich hohe Millionenbeträge erfordern. Es ist bekannt, daß die niederrheinisch=westfälische Eisen= und Stahlindustrie auf dem Vorhandensein der Steinkohle basiert. Nach Feststellungen des Instituts für Konjunkturforschung machte der Wert der verwendeten Kohle von dem Rohwerte der Roheisengewinnung etwa 30% aus. In diesem Zusammenhang verdient Beachtung, daß um so mehr Industrien in zwangsläufiger Hintereinanderund Nebeneinanderschaltung zum Leben erweckt werden, je bochwertiger und veredelter Stoff und Kraft zur Verwendung gelangen. Um zu beurteilen, wie hoch z. B. der Lohnanteil von Profileisen ist, muß man die zablreichen, einem Profilwalswerk vorgelagerten Werke betrachten, wie Blockwalzwerk, Stahlwerk, Hochosenwerk, Kokerei und Steinkohlenbergwerk. Alle diese Betriebe beschäftigen nicht nur ihrerseits zahlreiche Menschen, sondern geben auch vielen Hilfsindustrien Arbeit. Abgesehen von dem erheblichen Lohnaufwand für die Stoffumwandlung der Eisenindustrie entfallen über 25% aller Kosten allein auf die Massenbewegungen der Materialien und beleben den Verkehr. Die innige wirtschaftliche Verflechtung zwischen Kohle und Eisen hat dem Arbeitsmarkt des niederrheinisch=westfälischen Industriereviers ein besonderes Gepräge gegeben. Die Steinkohle wird bei der Eisen= und Stahlgewinnung und=verarbeitung in der Hauptsache in Form von Koks verwendet. Infolgedessen ist im Ruhrkohlenbezirk eine umfangreiche Kokereiindustrie entstanden, die über die Kokslieferung an die Eisenindustrie hinaus durch die Gewinnung von Nebenerzeugnissen eine große volkswirtschaftliche Bedeutung bekommen hat. Die Nebenprodukte Teer, Benzol, Ammoniak und Gas sind wichtige Wertstoffe, deren Verarbeitung und Vertrieb weiteren zahlreichen Volksgenossen Arbeit und Brot gibt. Auch hier greift ein Rad ins andere. Dem Preßwerk, das aus Bakelit Gehäuse für Radioapparate herstellt, sind Phenolgewinnungsund=verarbeitungsanlagen vorgeschaltet, diesen wieder Teerdestillationen, Kokereien und Grubenbetriebe. Es gibt ja überhaupt kaum einen Gegenstand des täglichen Bedarfs, an dessen Herstellung die Steinkohle nicht irgendwie Anteil hat. Fast in jedem Haushalt wird Gas oder elektrischer Strom verbraucht, die überwiegend aus Steinkohle gewonnen werden. Jeder Gewerbebetrieb verbraucht Energie in einer dieser Formen, so daß man fast behaupten kann, daß die Steinkohle überall mittelbar Arbeit schafft, denn zur Weiterleitung von Gas und Strom sind Tausende von Kilometern Leitungen notwendig und zu ihrer Verwendung Hunderttausende von Geräten und Apparaten. Die Arbeitsbeschaffung durch die Steinkohle wirkt sich also strahlenförmig in der gesamten deutschen Wirtschaft aus. Nicht zu vergessen ist auch die Bedeutung der Steinkohlenausfuhr für die Arbeits= und Devisenbeschaffung. 1933 arbeiteten rd. 50000 Volksgenossen unmittelbar und mittelbar für die Ausfuhr von Steinkohle, an der die Ruhrkohle mit 85% beteiligt ist. Von 1929 bis 1933 wurden durch Ausfuhr von Steinkohle. Koks, Preßsteinkohle und Nebenerzeugnissen rd. 700 Mill. RM jährlich an Devisen erzielt. Im August 1934 umfaßte allein die Ausfuhr von Steinkohle wertmäßig rd. 1 Zwölftel der gesamten deutschen Warenausfuhr. Die Steinkohle hat daher für die allgemeine Arbeitsbeschaffung auch große Bedeutung dadurch, daß sie in beachtlichem Maße Devisen beschafft, für die wir Rohstoffe zur Verarbeitung im Inland einführen. Diebische Zigennerinnen Lemgo. In Hörstmar trieben Zigeunerinnen ihr Unwesen. Zwei von ihnen, Mutter und Tochter, erwiesen sich als besonders gefährlich, indem sie einen bejahrten Einwohner hypnotisierten und ihm in diesem Zustande 190 RM abnahmen. Die Tat entdeckte man erst, als die Diebinnen, die bettelnd in das Haus gekommen waren, längst wieder fort waren. Die Polizei untersuchte daraufhin eine aus fünf Wagen bestehende Kolonne, zu der die beiden Zigeunerinnen gehörten, und konnte einen Teil des Geldes sicherstellen. Die beiden Diebinnen wurden in Haft genommen. Erinnerung an die Erbauer des HermannsDenkmals Detmold. In Schlangen starb, 81 Jahre alt, der Schmiedemeister Friedrich Runte, einer der letzten Mitarbeiter des Erbauers des HermannsDenkmals Ernst von Bandel. Man erinnert sich, mit welchen großen Schwierigkeiten dieser auf materiellem Gebiet und in der Personalfrage zu kämpfen hatte. Nur zwei Leute blieben von Anfang an bei ihm: der am 18. Dezember 1925 verstorbene, an der Erbauung des Denkmals hervorragend beteiligte Zimmermeister Gehring aus Jerxen und der Schmiedegeselle Friedrich Runte, der jetzt entschlafen ist. Polizeihauptwachtmeister tödlich verunglückt Nachrodt. Das Opfer eines bedauerlichen Unfalles wurde der in Nachrodt stationierte Polizeihauptwachtmeister Karl Jäger. Jäger befand sich mit seinem Fahrrad auf einer Dienstfahrt, als auf der Hauptstraße plötzlich ein Reifen seines Rades platzte. Er verlor die Gewalt über sein Rad, kam zu Fall und geriet dabei unter den Anhänger eines Treckers, wobei er so schwere Verletzungen erlitt, daß er bald darauf im Krankenhaus starb. Der Verunglückte hinterläßt Frau und drei minderjährige Kinder. Todesurteil vollstreckt Die Ermordung des Iserlohner SA=Trupp= führers Bernsan gesühnt Hagen. Am Freitagmorgen ist in Hagen der von dem Schwurgericht in Hagen am 21. 9. 1933 wegen Mordes rechtskräftig zum Tode verurteilte Franz Schidzick aus Iserlohn hingerichtet worden. Damit hat die am 16. 1. 1933 an dem SA=Truppführers Hans Bernsau verübte Bluttat ihre Sühne gefunden. Wie in dem Urteil des Schwurgerichts festgestellt ist, hatten am 16. 1. 1933 kommunistische Funktionäre die Durchführung einer bewaffneten Aktion gegen die Nationalsozialisten beschlossen und die Ausführung genau festgelegt. Schidzick, der über den beabsichtigten Angriff genau unterrichtet war, hatte in der Nacht zum 17. 1. 1933 im Hause eine Mauserpistole mit mehreren Patronen an sich gesteckt. Während die Kommunisten plötzlich in zwei Abteilungen auf das SA=Heim zu marschierten, um die SA=Leute zu überfallen, stellte er sich in den Schatten eines Baumes gegenüber dem Bahnhofshotel, nahe dem SA=Heim auf die Lauer. Aus diesem Hinterhalt heraus sah er Bernsau, der seinen beim SA=Heim von kommunistischer Uebermacht angegriffenen Kameraden zu Hilfe kommen wollte, im hellen Licht über den Platz kommen und schoß ihn kaltblütig, genau zielend, von hinten nieder. Der preußische Ministerpräsident hat von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht. da der Täter in heimtückischer Feigheit ein für das deutsche Volk und für die nationalsozialistische Bewegung wertvolles Menschenleben vernichtet und sich damit selbst aus der deutschen Volksgemeinschaft ausgeschlossen hat. Bergbau unter dem Rheinstrom Duisburg. Die Vereinigte Stahlwerke AG. beabsichtigt, den Bergbau bis unter die Mitte des Rheinstromes vorzutreiben. Aus diesem Grunde muß mit Rücksicht auf die zu erwartenden Bodensenkungen der Rheindeich in einer Länge von einem Kilometer auf dieser Strecke gefestigt und um einen Meter erhöht werden. Als eigentlicher Hochwasserschutz wird nach der Rheinseite hin ein als Promenadenweg gedachter drei Meter breiter Damm angeschüttet nebst Radfahrweg usw. Die erforderlichen 8000 Kubikmeter Anschüttungsmassen stellt die Vereinigte Stahlwerke AG zur Verfügung, die auch die Kosten für die notwendigen Arbeiten übernimmt. 242 Unterstützungsbetrüger meldeten sich freiwillig Duisburg. Um welche ungeheure Summen der Staat und die Städte durch die sogenannten Unterstützungsbetrüger gebracht worden sind und noch gebracht werden, zeigt eine Aufstellung der Stadt Duisburg. Nachdem der Oberbürgermeister in Verbindung mit dem Arbeitsamt im Juli v. J. eine öffentliche Warnung erlassen hatte, worin den sich freiwillig Meldenden Straffreiheit zugesagt wurde, meldeten sich 166 Unterstützungsbetrüger und im März d. J. auf eine öffentliche Warnung der Duisburg=Hambor= ner Gerichte weitere 76 Personen. Die von diesen Leuten zu Unrecht bezogenen Gelder belaufen sich insgesamt auf 70 139 Mark. Außerdem sind 235 Strafanzeigen erstattet worden, in denen das Wohlfahrtsamt um 60 767 Mark geschädigt worden ist. Es handelt sich also insgesamt um eine Summe von 130 906 Mark, ohne die Summe zu kennen, die von noch unbekannten Schädlingen auch heute noch der Allgemeinheit entzogen werden und bei denen auch alle Zarnungen noch nichts halfen. Vom neuen Duisburger hauptbahnhof Neun Häuser unter der Spitzhacke Duisburg. Planmäßig schreiten die Erweiterungsbauten im Zuge des neuen Duisburg=Hamborner Hauptbahnhofes fort. Nachdem die großzügige Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes durch Tieferlegung der Königstraße und Abbruch der Häuserinsel vor der neuen Hauptpost nahezu vollendet ist, werden jetzt die Erweiterungsbauten an der Mülheimer und Otto=Keller=Straße in Angriff genommen. Anfang Oktober werden die Häuser Mülheimer Straße 27 und 29 abgerissen. An ihrer Stelle werden die Widerlager für die neue Straßenunterführung östlich der alten Bahnhofsauffahrt erstehen. Nach Inbetriebnahme des neuen Bahnsteigs 2, die für Ende November vorgesehen ist, wird auch das alte Empfangsgebäude abgebrochen werden. Inzwischen werden Personen=, Post= und Gepäcktunnel um weitere 20 Meter verlängert. Die Arbeiten am und um den neuen Hauptbahnhof werden noch das ganze Jahr 1935 in Anspruch nehmen, was im Interesse der Arbeitsbeschaffung nur zu begrüßen ist. Internationale Straßenbaufachleute in Düsseldorf Düsseldorf. Etwa 200 anerkannte Straßenbaufachleute aus aller Herren Länder, die am 7. Internationalen Straßenbaukongreß in München teilgenommen haben und sich nun auf einer Studienreise durch Deutschland befinden, besuchten Düsseldorf. Die Gäste, die mit Omnibussen von Köln kommend in Benrath eintrafen, wurden hier an der Terrasse des Benrather Schlosses in Anwesenheit von Vertretern der Behörden und der Partei von der Stadtverwaltung begrüßt. An die Besichtigung des historischen Benrather Schlosses schloß sich eine Stadtrundfahrt. Am Abend wurden die Gäste in einem Altstädter Bierlokal noch von Oberbürgermeister Dr. Wagenführ begrüßt, der am Nachmittag verhindert war. Unwahre Behauptungen Grund zur Entlassung Köln. Bei der Ausfahrt eines seiner Vorgesetzten erzählte der Chauffeur diesem, daß der andere Teilhaber der Firma mit einer Angestellten eine Vergnügungsfahrt unternommen habe. Auf dieses Gerede hin wurde der Kraftfahrer fristlos entlassen, der nun am Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung klagte, da nach seiner Ansicht unbillige Härte vorliege. Die Beweisaufnahme ergab aber, daß die Behauptung des Klägers ein leeres Geschwätz darstellte. Das Gericht entschied, daß von einer unbilligen Härte keine Rede sein könne. Wer solche Unwahrheiten ausstreue, die geeignet sind, den Arbeitgeber herunterzusetzen bzw. die beiden Geschäftsinhaber gegeneinander zu verfeinden, der verschulde selbst, wenn er dadurch arbeitslos werde. Die Klage wurde kostenfällig abgewiesen. Feuer im Eichenjungwald Gemünd(Eifel). In den umfangreichen Waldungen im Ortsteil Gemünd=Wolfgarten brach ein Feuer aus, das sich mit unheimlicher Schnelligkeit ausbreitete. Erst nach vielen Stunden konnte die Gemünder Feuerwehr des Brandes Herr werden und eine weitere Ausdehnung verhüten. Insgesamt sind 150 Morgen Eichenjungwald vernichtet worden. Die Brandursache bedarf noch der Klärung. Man nimmt an, daß das Feuer durch Unvorsichtigkeit der in der Nähe mit Rodungsarbeiten beschäftigten Leute hervorgerufen worden ist. Bei einem Brande im Hallenthaler Walde fielen insgesamt 2000 junge Fichtenbäume den Flammen zum Opfer. holländischer Autoele Drei SS=Männer überrannt Aachen. Drei Aachener SS=Männer, die von einem Appell heimkehrten und mit ihren Fahrrädern die Roermonder Straße befuhren, wurden in einer Kurve von einem holländischen Personenkraftwagen überrannt. Das Auto, das in sehr großer Geschwindigkeit herannahte, fuhr in der Kurve plötzlich scharf nach links und erfaßte hier die drei auf der richtigen Straßenseite fahrenden SS=Männer. Erst auf dem Bürgersteig konnte der Kraftwagen zum Stehen gebracht werden. Die drei Radfahrer wurden von ihren Rädern geschleudert, einer von ihnen kam sogar unter das Auto zu liegen. Wie durch ein Wunder kamen jedoch die drei SS-Männer mit leichteren Verletzungen davon. Die Räder wurden vollständig zertrümmert. Der angetrunkene holländische Kraftwagenführer machte sich die erste Aufregung zu Nutze und sprang auf einen anderen gerade vorbeikommenden holländischen Kraftwagen, mit dem er entkommen konnte. Sein eigener Wagen, den er einfach im Stich gelassen hatte, wurde von der Polizei beschlagnahmt. Verlaß: Peien den Beiterbulr? Erörterungen über die Kündigung der Minderheitenschutzverträge Die Erklärung des polnischen Außenministers Beck über die Kündigung der Minderheitenschutzverträge haben allenthalben große Aufmerksamkeit gefunden und in der englischen und französischen Presse große Ueberraschung und zum Teil auch Besorgnis hervorgerufen, da man in der englischen Presse z. B. mit einem völligen Bruch Polens mit dem Völkerbund rechnet. Von der großen Mehrheit der französischen Zeitungen wird Becks Erklärung scharf kritisiert. Nur das„Journal“ hat Verständnis für die Haltung Polens, bedauert aber, daß man Frankreich nicht vorher in Kenntnis gesetzt habe. In Genf sind Bemühungen im Gange, den polnischen Außenminister zu einem Rückzug in der Frage des Minderheitenschutzes zu veranlassen. Die Warschauer Presse begrüßt den Schritt Becks als eine geschichtliche Kundgebung, die dem tiefsten Empfinden des polnischen Volkes entspreche. Um Mißverständnissen vorzubeugen, heißt es u. a. weiter, muß darauf hingewiesen werden, daß sich die Erklärung Becks auf eine Reihe zweiseitiger Verträge über den Minderheitenschutz nicht bezieht, die, wie z. B. die Genfer Konvention, weder der Souveränität noch dem nationalen Empfinden der Partner widersprechen. Auf dem Pilsudski=Platz in Warschau fand am Freitag eine große Kundgebung der sozialen und Militärverbände statt, der sich ein Umzug durch die Hauptstadt anschloß. Am Donnerstagnachmittag hat eine Konferenz der Kleinen Entente stattgefunden, in der die Vertreter der drei Staaten sich den Standpunkt Polens zur Minderheitenfrage zueigen machten und sich gegen eine Diskriminierung durch einseitige Minderheitenschutzverpflichtungen ausgesprochen haben. Simon antwortet beck Zu Beginn der Vollversammlung des Völkerbundes am Freitag begründete der Vertreter Chinas den Anspruch seines Landes auf die Wiederwahl in den Völkerbundsrat und befürwortete den Eintritt Sowjetrußlands. Dann sprach als zweiter Redner der englische Außenminister Simon unter großer Aufmerksamkeit der Zuhörer. Simon erwähnte, daß er ursprünglich nicht die Absicht gehabt habe, zu sprechen und er überhaupt der Ueberzeugung sei, daß es„gerade bei der gegenwärtigen ernsten Lage des Völkerbundes" viel wichtiger sei, hier praktische Politik zu machen und sich mit den vielen ungelösten Fragen und den tatsächlichen Aufgaben dieser Völkerbundstagung zu befassen. Er habe sich aber durch die Erklärung des polnischen Außenministers Beck verpflichtet gesehen, nun doch einige Feststellungen zu machen. Beck habe sich mit zwei Fragen beschäftigt: 1. Mit der Verallgemeinerung des Minderheitenschutzes und 2. mit der besonderen Lage Polens im Hinblick auf seine eigenen Minderheitsschutzverpflichtungen. Hier handele es sich aber in Wirklichkeit um zwei völlig verschiedene Fragen, die auch vertraglich ganz verschieden gelagert seien. Es sei seine Pflicht, hier festzustellen, daß die beiden Fragen völlig unabhängig voneinander seien. Sir John Simon führte dann die wichtigsten Sätze der Erklärung Becks an, insbesondere die Erklärung, daß Polen vom heutigen Tage ab seine Mitarbeit an dem internationalen Garantiesystem ablehne. Simon ist sich nicht ganz klar darüber, wie diese Sätze konkret zu verstehen seien. Er müsse aber feststellen, daß sein Land die Minderheitenschutzverträge ebenso wie andere Mächte unterzeichnet hätte. Aber auch Polen habe sie unterschrieben. Der Artikel 93 des Vertrages von Versailles könne nicht einfach außer acht gelassen werden. Polen habe außerdem auch noch eine gewisse Verfahrensordnung über die Art, wie die Garantien ausgeführt werden sollen, unterschrieben. Kein Staat aber könne sich selbst von Verpflichtungen dieser Art lösen. Auf jeden Fall sei dies eine Angelegenheit von größter Bedeutung für den Völkerbund. Er habe es für seine Pflicht gehalten, das festzustellen; denn Stillschweigen würden die Mißverständnisse nur noch vergrößert haben. Unmittelbar nach dem englischen Außenminister gab auch der französische Außenminister Barthou eine kurze Erklärung ab, die sich ebenso wie die Simons lediglich auf die Rede des polnischen Außenministers bezog. Die Ausführungen bewegten sich auf derselben Linie wie die des britischen Außenministers. Es war ersichtlich, daß sich die beiden Minister vorher verständigt hatten. Als dritter Redner zu dem Antrag des polnischen Außenministers stellte sich der Vertreter Italiens, Baron Aloisi, auf den Standpunkt, daß die Verträge so lange in Kraft bleiben müßten, bis sie etwa durch eine Nevision abgeändert werden könnten. Der Generalsekretär des europäischen Nationalitätenkongresses nimmt in einer Erklärung zu der Genfer biede des polnischen Außenministers ausführlich Stellung und bedauert den polnischen Schritt im Interesse der in Polen lebenden Minderheiten. Dao Eingreifen der drei Großmächte in die Minderheitenfrage infolge der Erklärung des polnischen Außenministers wird in der Form, in sie zum Ausdruck kam, doch einigermaßen überraschen. Die Mißbilligung des polnischen aus praktischen und politischen Gesichtspunkten war ganz offenkundig. Gleichzeitig war deutlich zu erkennen, daß man durch diese Erklärung den Polen eine Brücke bauen wollte, von der formellen Kündigung ihrer Mitarbeit, beim internationalen Minderheitenschutz wieder zurückzutreten und sich hier mit einer informellen praktischen Lösung zu begnügen. Offenbar besteht die Hoffnung, daß Polen in der politischen Kommission diese Brücke betreten wird. Viel bemerkt wird die in der Erklärung Barthous deutlich zum Ausdruck kommende Furcht, daß die selbständige Kündigung eines Vertrages durch PoSchrittes, allerdings mehr aus moralischen als ren gefährliche Rückwirkungen auf das ganze Vertragsgebäude haben könne. Zweifellos wird ein starker Druck auf Polen ausgeübt werden, diese formelle Kündigung zu widerrufen, um dieser Gefahr zu begegnen. Von polnischer Seite erklärt man, daß Polen keinen Grund habe, seine Stellung zu ändern. Aber erst die Verhandlungen in der 6. Kommission werden endgültig zeigen, welche Regelung diese Streitfrage findet und ob Polen tatsächlich durchhält. Von polnischer Seite wird weiter versichert, daß Polen in der Minderheitenfrage nicht mehr zurückweichen könne und werde. Es habe sich in diesem Punkte endgültig festgelegt. Ein Austritt Polens aus dem Völkerbund sei nicht völlig ausgeschlossen, wenn man es dazu zwinge. Kultssenlarden für den Wiener Pal. Vergebliche Bemühungen— Stundenlange Beratungen der Kleinen Entente Die Außenminister der Kleinen Entente haben am Freitagnachmittag in Genf wieder stundenlang über die schwebenden Probleme, besonders über die österreichischen Fragen unter sich verhandelt. Es verlautet, daß zwischen Benesch und dem südslawischen Außenminister Jeftitsch noch immer erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen. Man spricht auch davon, daß der ursprünglich angeregte Nichtinterventionspakt nur wenig Aussicht auf Verwirklichung hat, und daß man um so eifriger an einem Garantiepakt arbeite, der eine Hilfeleistungsklausel enthalten soll. Hier aber sind offenbar schon durch die Abneigung Englands, neuen oder gar automatisch wirkende Garantieverpflichtungen auf sich zu nehmen, ebenfalls Schwierigkeiten entstanden. Oesterreich hält sich, wie man hört, bei diesen Paktverhandlungen sehr zurück. Die Initiative geht von Italien auf der einen und von Benesch auf der anderen Seite aus. Der südslawisch=italienische Gegensatz, den die Franzosen bisher vergebens zu überbrücken suchten, bildet das Haupthindernis für ein Ergebnis dieser Beratungen. So kann man sogar die Meinung hören, daß vor Barthous Reise nach Rom an eine wirkliche Klärung des österreichischen Problems nicht zu denken sei. Oesterreich entscheidet selbst Unterredung mit Bundeskanzler Schuschnigg Die Neue Freie Presse veröffentlicht aus Genf eine Unterredung mit dem Bundeskanzler Dr. Schuschnigg, in der folgendes ausgeführt wird: Die Unabhängigkeit Oesterreichs stehe für die österreichische Regierung außer Frage. Sie sei daher kein internationales Problem, das etwa jetzt vor den Völkerbund gebracht werden müßte. Die österreichische Regierung habe sich daher nicht veranlaßt gefühlt, Vorschläge für eine Garantie der österreichischen Unabhängigkeit in Genf zu unterbreiten. Die Regierung behalte vor, Anregungen, die im internationalen Rahmen für die Unabhängigkeit Oesterreichs vorgebracht werden sollten, eingehend zu prüfen. Ohne Zustimmung Oesterreichs könne kein Pakt, der Oesterreich betreffe, erwogen werden. Es sei natürlich, daß die an der Unabhängigkeit Oesterreichs interessierten Staaten die Gelegenheit in Genf wahrnehmen, um über ein System, das die Unabhängigkeit Oesterreichs im Interesse der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sicherstelle, Besprechungen zu pflegen. Die österreichische Regierung sei für jedes aufrichtig entgegengebrachte Vertrauen dankbar, werde aber die Entscheidung selbst zu fällen haben. Oesterreich dürfe nicht zu einem Objekt der europäischen Politik gemacht werden. Die Regierung lehne nach wie vor jede Einmischung in die eigenen Verhältnisse ab. Es müsse endgültig der Vergangenheit angehören, daß die österreichische Innenpolitik von außen dauernd beeinflußt und revolutioniert werde. Der Bundeskanzler unterstrich noch in dem Gespräch, daß neue wirtschaftliche Möglichkeiten für Oesterreich eröffnet werden müßten. Politische Garantien seien unwirksam, wenn sie nicht wirtschaftlich fundiert würden. Oesterreich müsse wirtschaftliche Garantien zurückweisen, die nicht zugleich die politische Unabhängigkeit und Selbständigkeit Oesterreichs restlos anerkennen. dehi zoger. Enntmei nech Sowjekunion nächste Woche Mitglied? Es galt am Freitagmorgen in politischen Kreisen in Genf als ausgemacht, daß Sowjetrußland spätestens Mitte nächster Woche seinen Einzug in den Völkerbund halten wird. Die Verhandlungen mit der Sowjetunion sind, obwohl noch einige technische Fragen zu regeln bleiben, wie man hört, soweit fortgeschritten, daß im allgemeinen keine Zweifel mehr an der Aufnahme der Russen besteht. Unklar ist es nur noch, wie das Aufnahmeverfahren sich schließlich abwickeln wird und ob die sechste(politische) Kommission des Völkerbundes noch Gelegenheit erhält, die Geeignetheit Rußlands besonders zu prüfen, wie es eine große Zahl, besonders kleinerer Staaten wünscht. Man spricht jetzt vom Dienstag oder Mittwoch nächster Woche als dem Tag des Eintritts der Russen in den Völkerbund. Wie man weiter in Genf hört, hat Stalin dem Volkskommissar des Auswärtigen freie Hand gegeben, über die Eintrittsbedingungen den Umständen nach selbständig zu entscheiden. Die Frage des Eintritts Sowjetrußlands ist auch am Freitagabend noch nicht restlos geklärt. Litwinow soll noch Schwierigkeiten machen. Es heißt, daß er trotz der ihm von Moskau erteilten Vollmachten noch zögert, gewisse Verantwortlichkeiten auf sich zu nehmen. kussische Oeffentlichkeit weiß nichts Der Pariser„Matin" stellt am Freitag fest, daß die sowjetrussische Oeffentlichkeit bisher überhaupt noch nicht von der Absicht ihrer Regierung, dem Völkerbund beizutreten, unterrichtet sei. Die Haltung der Sowjetregierung sei verständlich, denn die sowjetrussische Presse habe bisher den Völkerbund in der gröbsten Weise beschimpft. Man warte daher ab, wenn die Verhandlungen in Genf zum Abschluß kommen würden, dann würde die Presse eben einen Frontwechsel machen müssen, wenn aber nicht, so brauche sie nur in dem bisherigen Ton fortzufahren. KommuntstenauffrunemNheor Gelune Ueber 100 Kommunisten verhaftet— 7000 Mann Bundestruppen bereit Angesichts der Unruhen, die den Textilstreik begleiten, wurden in Neuengland weitere Verbände der Nationalgarde mobilisiert. Beamte von Roosevelts Sommersitz im Hyde Park erklärten, falls die gesetzgebende Versammlung von Rhode Island, die zu einer Sondertagung einberufen worden ist, um die Hilfe von Bundestruppen nachsuchen sollte, würde Roosevelt den Kriegsminister zu Besprechungen nach Rhode Island entsenden, bevor er die Truppen in Marsch setze. Der Gouverneur von Rhode Island erklärte, es handele sich nicht um einen Textilarbeiterstreik, sondern um eine kommunistische Erhebung. In der Nähe der Textilfabrik Saylesville auf Rhode Island wurde die Streikmenge von Nationalgardisten mit aufgepflanztem Seiten gewehr zurückgetrieben. In der Stadt Providence im Staate Rhode Geuf hofft auf einen Rückzug Polens ne hafte; die gröstentells von auferhalb Verhaftel, die großlentenk don außerhart gekommen waren, um in den Textilindustriestädten Unruhe zu stiften. Ferner wurden große Mengen kommunistischer Flugschriften beschlagnahmt. Die Bundesregierung hält 7000 Mann Bundestruppen in Bereitschaft, um sie im Bedarfsfalle nach Rhode Island zu schicken. Die Mittelpunkte der Streikunruhen Woonsocket und Saylesville stehen unter strengster militärischer Bewachung. Die Theater sind geschlossen. Die Straßen dürfen nach Eintritt der Dunkelheit nicht mehr betreten werden. Gendarmen über Bord geworfen Besatzung eines japanischen Fischdampfers wirft Gendarmeriebeamte ins Wasser Wie aus Manila gemeldet wird, teilt der Gouverneur der Provinz Palwan mit: Als am Dienstag in der Nähe von Balabac ein amerikanischer Gendarmeriesergeant und zwei philippinische Gendarmen den japanischen Fischdampfer„Hayun Maru“ innerhalb der Hoheitsgrenze untersuchen wollten, wurden sie von der 24 Mann starken Besatzung des Fischdampfers angegriffen, verletzt, ausgeraubt und über Bord geworfen. Alle drei konnten sich jedoch retten. Zwei amerikanische Küstenwachschiffe haben die Verfolgung des Dampfers aufgenommen, der wahrscheinlich versuchen wird, seinen Heimathafen Takao auf Formosa zu erreichen. Neue Reichsversicherungsordnung bis Ende 1935 fertig? Der Oberregierungsrat im Reichsarbeitsministerium, Dr. L. Münz, würdigt, wie das Rdz meldet, in dem Fachorgan„Arbeitsrecht und Volkstum“ die bisherigen Maßnahmen auf dem Gebiete des Neubaues der Sozialversicherung. Der Referent erklärt, daß durch die Sanierungsgesetzgebung, das Führerprinzip und die bewährte Selbstverwaltung bereits jetzt die Grundlinien der im Gang befindlichen Reform der Sozialversicherung deutlich geworden seien. Wann der Neubau zu Ende geführt ist, lasse sich noch nicht mit Sicherheit voraussagen. Man könne aber annehmen, daß bis zum Ende des Jahres 1935 die neue Reichsversicherungsordnung geschaffen ist. Bestimmt würden bis dahin die großen Zweige der Sozialversicherung(außer der Arbeitslosenversicherung) einheitlich der Aufsicht des Reichsversicherungsamtes unterstehen. Die Landesversicherungsämter, die in Bayern, Sachsen und Baden bestanden haben, würden wegfallen. Durch die planmäßige und straffe Zusammenfassung der gewaltigen Kräfte und Mittel der Sozialversicherung werden diese ganz anders als bisher sich an allen Maßnahmen zur Hebung der Volksgesundheit beteiligen können. Somit werde der Nutzen der Reform für die Volksgesamtheit groß sein. Würktemberger Landesbischof beurlaubt Von der Reichs=Kirchenregierung wird mitgeteilt: Der Herr Reichsbischof hat sich veranlaßt gesehen, zur Ordnung der kirchlichen Verhältnisse und Sicherstellung kirchlicher Vermögensteile in Württemberg den Landesbischof Wurm bis auf weiteres zu beurlauben. Landesbischof Wurm hat sich verleiten lassen, Gelder der Landeskirche den ordentlichen kirchlichen Zwecken zu entziehen. Mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Landesbischofs wurde von dem Reichsbischof der in kirchlichen Kreisen geschätzte Stadtpfarrer Krauß in Ebingen beauftragt. 160 000 Morgen neuer Wald Die vorläufigen Ergebnisse des vom Reichsminister Darré durchgeführten nationalen Aufforstungswerkes weisen, wie das Ndz meldet, nach, daß allein mit Hilfe der Reichskredite für Aufforstungen rd. 160000 Morgen Wald in Deutschland neu entstanden sind. Das Aufforstungswerk kann somit bereits im ersten Jahr seines Bestehens einen glänzenden Erfolg in Bezug auf Umwandlung von Oedland in Kulturland verzeichnen. Das deutsche Aufforstungswerk steht schon jetzt an der Spitze aller Länder. Das endgültige Aufforstungsergebnis wird diese Zahlen noch erheblich übertreffen, da auch umfangreiche Neuaufforstungen ohne Inanspruchnahme von Reichsmitteln durchgeführt worden sind. Von den Ergebnissen des Aufforstungswerkes entfallen beinahe 85 Prozent auf Preußen, davon der größte Teil auf Brandenburg mit 18 und Pommern mit 17 Prozent. Spanische Regierung bleibt noch Rücktritt bis Anfang Oktober verschoben Das spanische Kabinett hat sich entschlossen, seinen geplanten Rücktritt erst nach dem Zusammentritt des Landtages am 1. Oktober durchzuführen. Ein früherer Rücktritt erscheint angesichts der gespannten innerpolitischen Lage als zu gefährlich. Madrider Straßenbahnführer auf seinem Wagen erschossen In einer belebten Straße von Madrid wurde der Führer eines Straßenbahnwagens auf seinem in Fahrt befindlichen Wagen erschossen. Der Täter konnte entkommen. Es handelt sich um einen Racheakt. Der Straßenbahnbeamte hatte es abgelehnt, am letzten Generalstreik in Madrid teilzunehmen. Explosion in einer Sägemühle Drei Tote, zwölf Verletzte in Portugal Bei einer Explosion in einer Sägemühle bei Leiria wurden drei Arbeiter getötet und zwölf schwer verletzt. Das Gebäude ist völlig zerstört. Es steht noch nicht fest, ob unter den Trümmern noch weitere Opfer liegen. Ein Ochsenkarren wurde von dem Luftdruck der Explosion über eine sechs Meter hohe Mauer hinweg 40 Meter weit davongeschleudert. Fenstersturz eines Gelehrten Selbstmord in Chikago? Der in Amerika weit bekannte Forscher, Schriftsteller und Anthropologe Dr. Berthold Laufer stürzte oder sprang aus einem Hotelfenster im achten Stockwerk auf das Dach der Hotelvorhalle. Er wurde tot aufgefunden. Laufer wurde 1874 in Köln a. Rh. geboren und hat mehrere deutsche Universitäten besucht. Der Thüringer Reichsstatthalter Sauckel wurde vom Führer zum Ehrenführer der SS mit dem Range eines SS=GruppenZihrers ernannt. Nachruf Plötzlich und unerwartet verstarb am 13. ds. Mits. unser Pg. Bäckermeister KaffFevei, Um die Verbreitung unserer Idee hat er sich eifrig bemüht. Wir werden sein Angedenken in Ehren halten. N.S.O. A.P. Ortsgruppe Schwerte Köhne, Ortsgruppenleiter. Für die überraus zahlreichen Beweise inniger Anteilnahme beim Heimgange unseres lieben Entschlafenen sprechen wir unseren tiefemfpundenen Dank aus. Familie Hleinrich Witte Schwerte(Ruhr), im September 1934. Danksagung Für die uns dargebrachten Glückwünsche und Blumenspenden anläßlich unserer Silberhochzeit, sprechen wir wir allen, besonders dem V. f. L. Schwerte, unsern herzlichen Dank aus. 1329 Karl Eberling und Frau Durgerschähen Berem Schwerterheide Sonntag, den 16. September 1934, ab 1 Uhr Rempahnke Sergleicheschiegen ab 4½ Uhr Antreten am Schießstand zum Abmarsch ins Manövergelände. Nach dem Manöver großes Erbsenessen. Jeder Schütze muß Löffel mitbringen. 25. Die oberste Heeresleitung. Möbel ab Fabrik direkt an Privat, in bekannt bester Ausführung und Qualität liefert A. Gemmeke, Möbelfabrik, Steinheim i.Westf. Verlangen Sie unverbindlichst Angebot. Lieferung erfolgt frei Haus per Auto. durch Dr. Ernst Richters Frühstückskräutertee regt den Stoffwechsel an, fördert die Ausscheidung und sorgt für gesunde Gewichtsabnahme. Jetzt auch als Drix-Tabletten. In Apotheken und Drogerien. Leitern aus besten thüringischem Tannenholz liefert billigst sofort frei Haus. Zahlbar nach Vereinbarung. C. O. Weise, Dortmund Schützenstr. 74 Ruf 37712 herre, Lesen Die größte Auswahl Carl Feil Westhofen Suche zum Vertrieb eines Massen=haushaltsFertireto (Verkaufspreis 1.50 RM) an Private einen redegewandten Herrn. Zuschrift. an H. Thelen, Iserlohn Westf. 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Ein junger Mann aus Garenfeld, der kürzlich noch verwarnt worden war, wurde wiederum betroffen, als er in der Lenne unberechtigten Fischfang ausübte. Diesmal wurde gegen ihn Strafanzeige erstattet. Geisecke, 14. Sept. Die Schweinezählung hat in der Gemeinde Geisecke folgenden Schweinebestand ergeben: 2 Zuchteber, 30 Zuchtsauen und 329 zur Mast bestimmte Schweine. Es sind 48 Haushaltungen vorhanden, in denen Schweine gehalten werden. Lürnen, Sxiei, Spert Sport-Anzeiger (Unter dieser Rubrik kostet die mm=Zeile 4 Pfg „Sonntag, den 16. 9. nachm. 4 Uhr Tus 06 1.— Iserlohn 05 1.(Meisterschaftsspiel) Sportplatz Schützenhof. BfL. Schwerte BfL. Schwerte 1.— Sportv. Menden 10 1. Die erste Mannschaft von VfL. muß nach Menden zum Meisterschaftsspiel. Der Gegner Ehrenurkunden des Festes der Deutschen Jugend. sind jetzt größtenteil eingegangen; sie werden den Schulen und Vereinen zugestellt. Der Versuch, von der Gemeinde, dem Kreis oder der Regierung den Anschaffungswert zu erlangen, ist gescheitert. Infolgedessen sind die Urkunden pro Stück mit 10 Pfg. zu bezahlen. Jeder Lieferung liegt eine Zahlkarte bei, mittels der der Betrag der Verlagsfirma einzuzahlen ist. Wulf. ist der Neuling Menden 10, welcher in diesem Jahr zur 1. Kreisklasse aufgestiegen ist. Gleich im ersten Spiel gegen Iserlohn 05 führte sich die Mannschaft gut ein und gewann auf fremdem Gelände mit 3:2. Den Schwertern dürfte dieses als Ansporn dienen, denn in allererster Linie darf der Gegner nicht unterschätzt werden. Dazu haben die Mendener noch den Vorteil des eigenen Platzes. Zeigen die Einheimischen jedoch den Siegeseifer wie am vergangenen Sonntag gegen Letmathe 98, so wird der Gastgeber auf harten Widerstand stoßen. Gegebenenfalls liegt ein Sieg der Schwerter Elf im Bereich der Möglichkeit. VfL. Schwerte 2.— Spp. Menden 10 2. Die ersatzgeschwächte Schwerter Mannschaft fährt mit nicht all zu rosigen Aussichten nach Menden, aber immerhin ist ein Sieg nicht ausgeschlossen. Tus 06 Die Grün=Weißen greifen in den Kampf der Punkte ein!— Iserlohn 05 als 1. Gegner! Am vergangenen Sonntag begannen die Meisterschaftsspiele der 1. Kreisklasse. Die 06er waren am ersten Sonntag spielfrei geblieben und hatte noch Gelegenheit im Gesellschaftsspiel gegen Preußen Werl ihr Können einer Prüfung zu unterziehen. Die Leistungen waren zufriedenstellend. Die 06er gewannen knapp mit 1:0. Nun geht es Morgen wieder um Meisterschaftsehren. In neuer Aufstellung und frisch gestärkt, gehen die 06er an's Werk. Iserlohn 05 stellt 06 auf die Probe. Am vergangenen Sonntag ließen sich die 05er auf eigenem Gelände überraschend von dem Neuling Menden 10 mit 2:1 schlagen. Die Iserlohner wollen am Sonntag die Scharte auswetzen. Es gilt daher für die Schwerter auf der Hut zu sein. Vorher spielt Iserlohn 05 2. gegen Tus 06 2. Auch hier geht es um die Punkte. Die Aussichten sind offen. Die Spiele finden wegen der Platzumbauten „Im Reiche des Wassers“ auf dem Sportplatz „Schützenhof“ statt. Reichsbahn=Turn= u. Sportverein Schwerte Reichsbahn Schwerte 1.— Tus 84 Ergste 1. Das zweite Meisterschaftsspiel tragen die Tus=Fußballer zu Hause aus. Es stellt sich auch hier wieder ein Gegner, mit dem man in den vorjährigen Meisterschaftsspielen schon die Klingen kreuzte. Die Ergster bewiesen am Sonntag noch ihre beständige gute Form und schlugen die Schwarz=Weißen aus Holzen klar und sicher mit 2:0. Auch die Schwerter warteten mit einem guten Erfolg auf. So dürfte dies Beweis genug sein, daß es auch am kommenden Sonntag zu einem schönen Kampf kommen wird. Reichsbahn 2.— Tus Ergste 2. Vor dem Spiel der ersten treffen sich die zweiten Mannschaften beider Vereine zum Meisterschaftsspiel. Beide spielten stets mit abwechselnden Erfolgen. Wir halten dieses Spiel offen. Olympia=Trainingsgemeinschaft Iserlohn. Ausscheidungskämpfe am Sonnabend, den 22. September. Die Leitung der Trainingsgemeinschaft Iserlohn gibt folgendes amtlich bekannt: Das nächste Training findet Sonnabend, den 15. September, nachm. 5 Uhr in der HansBernsau=Kampfbohn in Iserlohn statt. Die Prüfungswettkämpfe für den weiteren Verbleib in der Trainingsgemeinschaft werden am Sonnabend, den 22. September, nachm. 5 Uhr ebenfalls in der Hans=Bernsau=Kampfbahn durchgeführt. Es ist Pflicht jedes Mitgliedes der Traningsgemeinschaft an diesen Ausscheidungskämpfen teilzunehmen, zumal dieses die einzige Gelegenheit für die Aktiven ist, sich für den weiteren Verbleib in der Gemeinschaft zu qualifizieren. Wir erwarten daher restlose Teilnahme, die ja nur im Interesse jedes einzelnen liegt. „hör mit mir“ Noch einmal: Reichsparteitag! Die Mikrophone dröhnten in diesen Wochen wider von der Marschmusik und dem Marschtritt der in Nürnberg ausziehenden braunen Kolonnen. In der neuen Nummer— hör mit mir— bringen wir eine kurz gefaßte Uebersicht in Wort und Bild von den Ereignissen dieser Tage, wie sie der Rundsunk wiedergab. Allerdings im Bild können wir nur einige von den zahlreichen Kundgebungen zeigen: Die Kulturtagung und den Aufmarsch der PO. und des Torater Am Sonntag Herbstmanöver Am morgigen Sonntag finden, wie schon durch Vorschauen und Anzeige bekanntgegeben, die großen Herbstmanöver der Bürger= Schützen=Vereine Schwerte und Schwerterheide statt. Die alte Tradition wird einen neuen lebendigen Ausdruck bekommen. Die Oberste Heeresleitung hat das Biwak bestens vorbereitet. Wer am Vormittag auf der Hohensyburg die Rede des Reichsleiters Rosenberg hören will, hat am Nachmittag immer noch Zeit, am Freischütz und auf der Heide zwischen Haus Emde und Eckey am Tunnel die Herbstmannöver unserer auf heimatlichem Boden stehenden Schützenvereine zu beobachten u. sich am Volksfest aktiv zu beteiligen. Schwerter Filmschau In Schwerte erregt augenblicklich der große Schubertfilm„Leise flehen meine Lieder“ außerordentliches Aufsehen. Neben den hervorragenden Darstellern wie Hans Jaray, der den Franz Schubert verkörpert, neben Martha Eggerth und Gucki Wippel als die reizenden Töchter des Grafen Esterhazy, neben dem großen Schauspieler Raoul Aslan in der Rolle des Salieri hört man das Wiener Philharmonische Orchester und die Wiener Sängerknaben. 133 Stars debütieren in diesem herrlichen Tonfilm, der ein musikalisches Ereignis 1. Ranges ist. Willy Forst führt die Regie. Eine nähere Besprechung behalten wir uns für Montag vor. * * Bauernreime. Laß die Rüben noch im Feld; denn im Felde wächst dein Geld.— Zartes Futter, gute Butter.— Aehren am Rocke, das Geld will in die Socke.— Eines Schlachtfest's Rosinken sind zwei saftige Schinken.— Welkende Blätter, Nebel im Wetier.— Wer im Sommer bleibt sitzen, muß bei Frieren dann schwitzen.— Wird gedroschen, halt' die Groschen!— Bei jeder Pfütze müssen sein, Frau Ente und Gevatt'rin Schwein.— Heu vom Sumpf schmeckt immer dumpf, macht auch krank den besten Rumpf.— Der Vater erbaut's, der Sohn verhaut's. - Stand der Viehseuchen. Im Regierungsbezirk Arnsberg waren am 1. September 1934 folgende Viehseuchen gemeldet: Rotlauf der Schweine einschl. des Nesselfiebers(Backsteinblattern) in 44 Gemeinden(67 Gehöfte); äußerlich erkennbare Tuberkulose des Rindviehs in 35(36); Schweinepest in 2(2); Räude der Einhufer in 1(1). Arbeitsdienstes. Nachdem wir in der letzten Nummer die Namen der Preisträger im Rundfunksprecherwettbewerb bekannt gaben, wird es unsere Leser heute gewiß interessieren, daß das neue Heft die drei ersten Preisträger im Bild bringt. Ueberall wird für die Kulturveranstaltung der Wintersaison geworben, so auch im Rundfunk, wo in dieser Woche Generalintendant Hans Meißner=Frankfurt, den Sie abgebildet finden, für das deutsche Theater wirbt, und Lil Dagover und Johannes Reimann, die wir Ihnen ebenfalls zeigen, über die Filme der Wintersaison sprechen. Das Titelbild zeigt ein neues Ufa=Filmgesicht, die entzückende List, Hauptdarstellerin in dem neuen Ufa=Großfilm„Turandot“. In der folgenden Woche geht ein Hörspiel aus der Spartakistenzeit in Essen über den Kölner Sender, zu dem wir, manchen wohl bekannt, den damals heiß umkämpften Wasserturm in Essen zeigen. Das Leben auf der Straße und in der freien Natur, wie es auch der Funk behandelt, wird in mehreren Bildfolgen unserer Zeitschrift gebannt: Straßenarbeit in Berlin, der Pferdemarkt einer ländlichen Kleinstadt und schließlich ein Bild von den Tippelbrüdern, die am Straßenrande liegen und sich ein Liedlein spielen. Die schöne, mittelalterliche Burg in Thüringen, die Wartburg, auf der sich fast in jedem Jahrhundert ein Stück Geschichte abgespielt hat, zeigt uns ihr stolzes Profil.— Die Frauenseite beschäft'gt sich anläßlich der Feuerschutzwoche mit der Feuersgefahr im Haushalt, insbesondere auf dem Boden unter dem Dach. Ein lustiges Bild, was manche Hausfrau an diesem Ort für ein Sammelsurium alter wertloser Sachen aufbewahrt, erfüllt hoffentlich seinen ernsteren Sinn. Außerdem bringt die Frauenseite Neues über die Herbstmode.— Vor einiger Zeit wurde Sie auf ein kleines Rundfunk=Märchenbuch von Kurt Wagenführ aufmerksam gemacht, von dem iwr in dieser Nummer einige Auszüge bringen. Danach haben Sie bestimmt einen vollständigen Einbruch von diesem reizenden Buch. Peter Fünkchen beschäftigt sich vor allem mit seinem neuen Werbefeldzug, den er den in diesem Jahr hinzugekommenen Abonnenten erklärt, auf daß sie ihm eifrig helfen können. Mit unserem Reisedienst können Sie zur Weinlese an den Rhein und die Mosel für einen ganz geringen Preis fahren.— hör mit mir— ist auch diesmal wieder unterhaltsam und interessant als Begleiter durch die neue Woche. Nr. 216(Drittes „Schwarter Zeitung" gauntauis eutentrint 4-4 Oe 7 sece! vor hundert Jahren brachte der Dostreiter oder die Jahrpost die„neue Jepfung“, freudig begrüßf von Jung und Alt, zu ben wenigen Orten mit, die an der„Dostroute“ lagen. Und diese Zeitungen kamen damals nicht täglich heraus, sie wurden mit der Hand geschrieben, gesetzt, gedruckt. Man kann in der Geschichte der Dost von unserem großen Generalpostmeister von Stephan, dem Schöpfer des Weltpostvereins, lesen, wie langsam im Grunde der Vertrieb der Zeitungen selbst nach 1870 noch vor sich ging. Wie stolz war er auf die Entwicklung seines„Dost=Zeitungsamtes“ Wenn dieser weitvorausschauende, aus Kleinem zu Großem erwachsene Mann, hätte erleben können, wie sich in unseren Tagen des Aufbruchs die Technik der Zeitungsherstellung und des Vertriebes entwickelt hat, er würde selbst über die Ziffern lächeln, die ihm schon groß erschienen. Denn die Technik hat den Schriftleitungen für das Nachrichtenwesen den Funkdienst, den Druckern für das Setzen und Drucken die schnellarbeitende Setzmaschine und Druckmaschinen bis zur Schnelläufer=Rotationsmaschine mit fast irrsinnigen Leistungsziffern (30000 Exemplare in der Stunde) zur Verfügung gestellt. Und der Vertrieb? Schnellfahrende Züge, Triebwagen, Autos, Blitzflugzeuge, Ilugzeugstützpunkte auf hoher See und der Fernzeppelin... immer neue Möglichkeiten stellen die Tageszeitungen zugunsten ihrer Leserschaft, zugunsten der Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Streuwirkung in ihren Dienst. Obendrein folgen sie dem starkem Auftrieb der neuen großen Führung mit dem Willen zur vollen Leistung im Gefüge des neuen Werdens. Auch das hat Stephan, der urwüchsige Mann aus dem Volke, bei aller Sehergabe nicht ahnen können; und doch war ihm klar, was jetzt in unserem nationalen und sozialistischen Volfskaat zu ganzer=Wahrbeit geworden i#tt Jeder Deutsche ist Leser, Gefolgsmann„Freund einer Tageszeitung! Das Hundetragen als Strafe Bürgermeister Möller sagt in seinem Buche „Alte Nachrichten von Lippstadt":„Noch eine besondere Sitte dieser und der nachherigen Zeiten war das Hundetragen. Es mußten nämlich große Herren, Ritter, Grafen und dergleichen, wenn sie gegen den Oberherren etwas verbrochen hatten, einen Hund auf eine oder mehrere Stunden zur Strafe auf den Schultern tragen. Daher ist Hundssott noch jetzt ein ehrenrühriger Schimpfname.“ Es handelt sich dabei zunächst um eine militärische Strafe, die schon im Mittelalter außer bei den Sachsen auch bei den Schwaben, Thüringern, Franken und Longobarden üblich war. Sie wurde nur am hohen Adel vollzogen und mußte vom Kaiser selbst verhängt werden. Der niedere Adel mußte Katzen tragen, während der gemeine Soldat ein Pflugrad mit fortschleppen mußte. Je schwerer der zu tragende Hund war, desto größer war der Schimpf, am größten aber, wenn ein räudiger Hund getragen werden mußte. Das Tier mußte auf den Schultern oder um den Nacken gelegt mindestens eine deutsche Meile(2 Stunden) getragen werden; meistens war die nächstgelegene Stadt, oft aber auch die zeitweilige Residenz des Kaisers der Zielpunkt. Angewandt wurde diese Strafe in erster Linie bei Störung der öffentlichen Ordnung, dann aber auch bei schweren Verleumdungen und Beleidigungen. Mitunter wurde der Schuldige außerdem noch mit einer Geldstrafe belegt; selbst einschlägig zum Tode Verurteilte mußten vorher noch den Hund tragen. Eine Verschärfung dieser Strafe bildete das Abscheren des Bartes. Die erste Nachricht über den Vollzug dieser Strafe gibt der bekannte Geschichtsschreiber Widukind von Korvei aus seiner Zeit. Als Herzog Eberhard von Franken, Bruder des Kaisers Konrad I., die Stadt Elmershausen an der Weser in Brand gesteckt und alle Einwohner ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht niedergemacht hatte, legte ihm der Kaiser eine schwere Geldstrafe auf; die beteiligten hohen Offiziere aber mußten Hunde nach Magdeburg tragen. Später entartete die Strafe mehr und mehr. Meinhart von Lüchtringen erzählt, ein leichtsinniger Bauer habe seinen Hund nur immer den„schorfigen Vit“ genannt. Da habe Abt Marquard von Korvei ihn damit bestraft, daß er diesen Hund„eine ganze Meile Wegs mit bloßen Füßen in seinen Armen bis vor die Kirchtüre von Korvei" tragen mußte. Alsdann habe der Bauer noch einen Fußfall tun und den Hund küssen müssen. Ueber die Herkunft dieser Strafe ist nichts Gewisses bekannt. Die Erklärungen, die Farinus und Rittershaus geben, erscheinen viel zu gesucht, ils daß sie glaubwürdig erscheinen. Voll befriedigen kann auch die Meinung nicht, die Michael Goldast vertritt. Er leitet die Strafe des Hundetragens davon ab, daß Friedensbrecher, di an erster Stelle diese Strafe zu erdulden hatten, gleichsam wie wütende Hunde angesehen wurden, die in Abwesenheit ihres Herrn blutdürstig auf ihre Gegner sich gestürzt haben. K. Lamprecht. Der Schuß in die Ehe Eine Gerichtsverhandlung in Temesvar brachte kürzlich eine Liebestragödie ans Licht, die beinahe einen schlimmen Ausgang genommen hätte. Da hatte der Sohn eines Friseurs namens Richard Müller der schönen und feurigen Ilonka Kucisvan den Hof gemacht und auch Erhöhrung gefunden. Wenigstens bei dem jungen Mädchen, nicht aber bei den Eltern der Angebeteten. Die erklärten, eine Ehe zwischen den Leutchen unter keinen Umständen dulden zu wollen. Der Fall schien so hoffnungslos, daß Richard und Ilonka zu sterben beschlossen. Der junge Mann jagte also dem Mädchen eine Kugel in den Kopf und richtete dann die Waffe gegen sich selbst. Doch konnte man ihn im letzten Augenblick daran hindern, Selbstmord zu begehen. Und es stellte sich heraus, daß auch Ilonka nicht gefährlich verletzt worden war. Immerhin mußte man den Lebensmüden vor das Gericht stellen. Wegen seiner Jugend kam Richard mit einer Gefängnisstrafe von vier Monaten davon. Und noch mehr Glück hatte er in der zweiten Instanz. Da wies der Anwalt darauf hin, daß ja nun die Eltern zu der Eheichließung ihre Einwilligung erteilt hätten. Würde man nun den glücklichen Bräutigam ins Gefängnis stecken, so könnte dies leicht nachteilige Folgen haben. Wozu die ganze Geschichte noch einmal aufwärmen? Der Richter war so verständnisvoll, die Gefängnisstrafe aufzuheben. Er begnügte sich mit einem väterlichen Verweis. Und der war denn auch wohl erforderlich, denn sonst könnte der junge Mann od so großen Glückes wieder einmal die Ueberlegung verlieren. Wer wollte den weisen Salomo für solche Milde rügen? Der Hilferuf Einen absondetlichen Verlauf nahm die polizeiliche Hilfeleistung, die kürzlich von Frau Ogawa in Tokio beansprucht wurde. Sie melbete angstschlottern, in der verflossenen Nacht seien Einbrecher in ihrem Hause gewesen. NaAuf Schusters Rappen durchs Sauerland Zwischen Nuhr, Wenne und Leiße. Wunderschön ist Gottes Erde, Und wert, darauf vergnügt zu sein, Drum, ehe wir zu Asche werden, Woll'n ihrer wir uns freu'n! In Meschede fließen zwei Hennen in die Ruhr,— was, das stimme nicht?— Bitte, jede einigermaßen gute Karte, und dazu rechnet auch Blatt 3 Arnsberg wie Blatt 8 Schmallenberg der Sauerlandkarte 1:50 000 vom Sauerland=Verlag zu Iserlohn, bestätigt die Tatsache, daß es zwei Hennen gibt, die sich unterhalb der Hennetalsperre vereinigen, um wenige Minuten danach ihre Vermählung mit der Ruhr zu feiern. Kurz und gut, diese Stellen wählen wir als Abgang für unsere Wochenendfahrt. Gleich links vom Bahnhof Meschede (260 m) kommen wir zur Ruhrbrücke, dann rechts über diese quer durch die Kreisstadt zum Marktplatz, wo Hauptwanderstrecke 22 des Sauerländischen Gebirgs=Vereins anfängt. Schon 20 Minuten vom Bahnhof entfernt, überschauen wir an der Staumauer die hübschgelegene Hennetalsperre. Auf ihrem Nordufer verläuft Hwstr. 22 noch ¼ Std. entlang, um sich dann, rechts bergansteigend, davon zu trennen. Am Schürener Baum, den wir auf schönem Waldweg in 50 Min. erreichen, haben wir bereits 435 m Höhe erreicht. Der von hier absteigende Feldweg leitet uns in 10 Min. zum Dörflein Schüren(390 m). Die kleine Ortschaft Oesterberge folgt nach 25 Min.; sie liegt bereits 480 m hoch. Nachdem unser Feldweg bei 545 m nahe dem Marksberg die höchste Höhe erreicht hat, lassen wir uns auf dem abschießenden Waldweg in 40 Min. schnell wieder auf 280 m hinabgleiten. Kaum haben wir die Gleise überquert, stehen wir schon mitten in der Sommerfrische Wenholthausen mit Freibad an der Wenne. Sind wir nicht zu sehr ermüdet und ist es noch nicht gar zu spät, erquicken wir uns daran, ehe wir unser Abendbrot einnehmen. Am Sonntag früh steigts mählich um 50 m in ¼ Std. zum Gut Habbecke hinauf und dann noch ungefähr 75 m weiter in 1 Std. weiter bis zum Sattel zwischen Henne= und Estenberg empor. Das kurze Waldstück hier oben hört leider allzubald wieder auf, wenn wir am Hang des Henneberges auf mehr und mehr sich senkendem Pfade in 20 Min. Niedereslohe gewinnen wollen. 10 Min. dahinter stehen wir in der Sommerfrische Eslohe selbst(320 m). Von hier aus halten wir uns an Hwstr. 13, die erst durch Wiese und Feld, dann später ansteigend durch Wald in 50 Min. zur 470 m hohen Stange aufwärts klettert. An deren Osthang hält uns der Wald noch ½ Std. umfangen, ehe wir nach kurzem Feldweg Dorf Grimminghausen(330 m) erreichen. Befanden wir uns in Eslohe im Esselbachtale, so überqueren wir in Grimminghausen wieder die Wenne. Um von hier zum Leißetal dem Dritten unserer Wanderfahrt, zu gelangen, müssen wir steil zum Nordhang des Eschenberger hinauf. In 20 Min. sind wir 120 m gestiegen. Dann fällts wieder, natürlich schneller, denn schon nach 1 Std. überschreiten wir die Bahn und die Leiße unmittelbar am Dorf Dorlar (340 m). Meist zwischen Feldern wandern wir weiter leicht bergan, lassen die Hardt und den Stottenberg rechts liegen und kommen nach 40 Min. nach Sellinghausen(430 m). Ein friedlicher Waldweg am großen und kleinen Buchhagen mit einer Quelle führt noch mählich weiter aufwärts bis zur Straße AltenilpeFredeburg(35 Min., 517 m). Auf dieser Straße erreichen wir endlich nach nochmaligen 35 Min. das reizvoll oberhalb des Leißetales gelegene Bergstädtchen Fredeburg(440 m), dessen Bahnhof 10 Min. südlich der der Ortsmitte liegt. türlich eilte alsbald eine Anzahl Polizisten in das Haus der Bedrohten, konnten jedoch nicht die geringste Spur von den unerwünschten Besuchern entdecken. Keinerlei Handhabe bot sich hinsichtlich der Person der Spitzbuben. Schließlich kam man zu der Anschauung, daß der ganze Bericht der Frau unwahr sei. Ein Detektiv suchte sie auf. Sie blieb bei ihren Behauptungen. Aber ihr achtjähriger Knabe verriet dem Beamten, die Mutter habe alles erlogen. Das genügte dem Detektiv. Er verabschiedete sich. Als er jedoch außer Sichtweite der Frau war, wandte er sich zurück und stieg durch ein Fenster in das Haus ein. Da sah er, wie die Mutter ihren Sohn ausgiebig verprügelte:„Was, du Schlingel!“ schrie sie.„Du willst deine Mutter verraten und ins Unglück stürzen?" Da sprang der Geheimpolizist dazwischen. Bestürzt starrte ihn die Frau an. Dann gestand sie, daß ihr Bericht von dem Einbruch erlogen gewesen sei. Aber sie habe solche Sehnsucht nach ihrem Manne gehabt, der außerhalb arbeitete. Sie hätte gehofft, daß er zurückkehren würde, wenn er hörte, daß sie sich in Gefahr befand. Ein Nervenzusammenbruch Der bekannte englische Großkaufmann Lord Donfield, der seinen Ruf und sein Vermögen als junger Mann in den indischen Kolonien des Inselreiches begründete, berichtet in seinen erst teilweise veröffentlichten Erinnerungen von einem merkwürdigen Wendepunkt in seinem Leben. Donfield weilte um die Zeit jener Lebenswende in Kalkutta und hatte sein ganzes, damals noch nicht sehr großes Hab und Gut in eine Tee=Ernte gesteckt, die durch eine Seuche unter den Arbeitern der betreffenden Gegend nur zu einem geringen Teil geborgen werden konnte. Donfield, plötzlich ein armer Mann, stand über Nacht vor dem Nichts, und ein völliger Nervenzusammenbruch war die Folge seines Schrecks. Er beschloß, sich das Leben zu nehmen, er schrieb Abschiedsbriefe und ließ sich von seinem indischen Diener Gift geben, nahm es ein und sank auf sein Lager. Am anderen Tage wunderten sich einige seiner Freunde, Abschiedsgrüße von ihm zu erhalten. während er in Wirklichkeit in seinem Büro saß und die energischsten Anstrengungen machte, von seinem Geschäft zu retten, was zu retten war. Er gab Telegramme und nahm einen Kredit auf, er war blaß vor Erregung, und als am Abend ein Bekannter zu ihm trat, konnte er ihm erklären, daß er aus dem Aergsten heraus und einer neuen Zukunft sicher sei. Plötzlich aber sank er in sich zusaumen, denn jetzt erst entsann er sich plötzlich, daß er am Vorabend aus dem Leben scheiden wollte und sowohl Abschiedsbriefe geschrieben als auch Gift genommen habe. Es stellte sich heraus, daß sein Diener ihm nur ein starkes Schlafmittel verabreicht hatte und daß Donfield einen ganzen Tag rein instinktiv gearbeitet hatte, ohne sich selbst zu beachten und ohne den Konnex zu seiner Vortragsstimmung zu empfinden. Während er sich selbst tot glaubte, arbeitete er, wie er nie zuvor gearbeitet hatte. Ein Zircushund macht von sich reden Ein neues, rührendes Beispiel von Hundetreue lieferte ein Pudel, dessen Leben sich drei Jahre lang an das armselige Dasein eines kleinen, italienischen Dorfzirkus knüpfte, wo er ein paar einfache Kunststückchen zum Besten gab und nach Schluß seiner Attraktion mit einer Mütze in der Hand unter den Zuschauern Geld sammelte. Luigi, so hieß der Hund, schien dieses Leben auch recht froh zu sein, bis eines Tages der Junge starb, der ihn abgerichtet hatte und allabendlich mit ihm auftrat. Zunächst wollte der Hund trotz reichlicher Schläge überhaupt nicht arbeiten, plötzlich aber schien er sich eines anderen zu besinnen. Er schlug wieder Purzelbäume, sammelte auch die Trinkgelder der Zuschauer, stürmte dann aber aus dem kleinen Zelt und verschwand. Mit der Mütze und dem Geld fand man ihn am anderen Morgen auf dem Grabe seines einstigen Herrn, wo er weder das Geld noch sich selbst anfassen lassen wollte. Die Zirkusleute mußten ohne ihn weiterziehen, und auch die Dorfbewohner konnten nicht verhindern, daß der Hund nach einiger Zeit einging. Eine„unsträfliche Mettwurst“. Es war zu der Zeit, da die Naturalabgaben noch einen wesentlichen Bestandteil des Einkommens der kirchlichen Beamten bildeten und erst auf Grund des Gesetzes vom 27. April 1872 nach und nach zur Ablösung kamen. Unter diesen Abgaben nahmen die für das leibliche Wohl des Pfarrers oder Küsters dienlichen Lebensmittel einen besonderen Platz ein. Während der Pfarrer Anspruch auf einen Schinken hatte, erhielt der westfälische Küster von den bäuerlichen Verpflichteten einen Schweinskopf oder einen halben Schweinskopf mit Ohr und Rüssel, drei Finger breit hinterm Ohr senkrecht abgeschaitten. Derartige Abgaben waren auf den Hausstätten der Pflichtigen im Grundbuch eingetragen, obschon der Volksmund dafür eine an das Gewohnheitsrecht erinnernde knappe Form gefunden hatte: De Pastäuer krit'n Schinken, Dao kann hei düchtig nao drinken; De Köster krit'n Suogekopp, Dao büört bei de Nase säu häuge van op. In den alten kirchlichen Lagerbüchern findet sich zu derlei Abgaben vielfach die Bemerkung: „Bei jedem halben Schweinskopf wird meistens eine Wurst zugelegt“, die aber auch als selbständige Abgabe erscheint und in den Grundbüchern als„eine unsträfliche Mettwurst“ aufgeführt wird. Aus gerichtlichen Entscheidungen wissen wir auch, was man darunter versteht. Es ist eine Wurst, die aus reinem Schweinemett(Rippenfleisch) und Speck ohne Zusatz von anderen minderwertigen Fleisch verfertigt wurde und die in geräuchertem und getrocknetem Zustande ein Mindestgewicht von einem Pfunde hat. Die Entscheidung legt Zeugnis davon ab, daß unsere Alten auch nicht immer nach dem Grundsatz handelten:„Gemeinnutz geht vor Eigennutz“, und daß es notwendig war, gegen pfiffige und böswillige Verkürzungen der Abgabenmengen sich zu schützen. Der Küster hatte unter diesem Uebel weniger zu leiden als der Pfarrer, weil er zugleich Lehrer war. Da erreichte die unsträfliche Mettwurst mitunter eine Größe, die Erstaunen hervorrief und selten ihre Wirkung verfehlte. Das war namentlich bei kinderreichen Haushaltungen der Fall, wo die liebe Mutter Ursache hatte, mit der Riesenwurst einen freundlichen Eindruck bei dem Lehrer ihrer Kinder hervorzurufen. Hinzu kamen noch Kornabgaben, Käse und Eier, allerhand Geldeinnahmen für den Kirchendienst des Küsters und für den Unterricht armer Kinder. Für jede Trauung erhielt er in einem Orte der Soester Börde 15 Silbergroschen und dazu ein sog. Traktament. Dafür mußte er Braut und Bräutigam die Türen der Kirchenbank öffnen, worauf ihm beide eine Gabe auf das auf das Gesangbuch des Küsters gelegte Taschentuch spendeten. Für jede Taufe standen ihm 3 Sgr. 9 Pfg. und 1 Sgr. Weißbrot zu. Jeder Sterbefall brachte ihm 7½ Sgr. ein. Außerdem hatte er das Recht, seine Schweine mit dem Dorfhirten austreiben zu lassen; dafür mußte er diesen aber einigemal beköstigen. In Schwefe wurden dem Küster von den 36 großen Bauern jährlich ein Pflugdienst zu je einem halben Tage geleistet, wobei diesen aber„observanzmäßig" Essen, Tabak und Branntwein gegeben werden mußten. Zu seinem Einkommen gehörte ferner auch das Opfergeld der Kinder zu Weihnachten, einige Ostereier und ein Eingangsgeschenk, wenn die Kinder zum ersten Male zur Schule kamen.„Der Küster darf in obstreichen Jahren im Kirchspiel durch seine Magd einsammeln lassen“ Derartige Abgaben finden in den zur Zeit ihres Aufkommens bestehenden volkswittschaftlichen Verhältnissen ihre natürliche Erklärung. Sie wurden abgelöst, als die Zeit dafür gekommen war. K. Lamprecht. Boaventuras 1050 Milreis Untreue schlägt ihren eigenen Herrn, sagt das Sprichwort. Spitzbuben sollten nicht zu fest an dem unrechten Gute hängen. Sonst ergeht es ihnen wie dem Manne, der kürzlich im brasilianischen Porto Alegre der Leidtragende war. Da hatte eines Tages in einer Gastwirtschaft jemand seine Geldtasche verloren. Es waren 1050 Milreis, also etwa 500 Mark, darin gewesen. Eine recht schmerzliche Angelegenheit! Sicherlich hatte man dem biederen Boaventura das Costa das Geld gestohlen, als er gerade einen Schwächezustand erlitt. Dann schaffte man ihn nach der Krankenwache. Aber hier schlug der Bestohlene Krach, und der Vorfall kam, wie es sich gehört, auch in die Zeitung. Dort las ein Mann die Geschichte, der vor einiger Zeit Brotherr des armen Boaventura gewesen war. Dem fiel die Zahl von 1050 Milreis auf. Donnerwetter, das war doch die Summe, die ihm einer seiner Kunden seit einiger Zeit schuldete! Düstere Ahnungen stiegen in dem Lesenden auf. Er setzte sich an den Fernsprecher. Er rief den Kunden an, der 1050 Milreis geschuldet hatte. Und der antwortete prompt, jawohl, er habe bezahlt. Ganz genau 1050 Milreis. An wen? Natürlich an den Angestellten des Fragenden, an Herrn Boaventura das Costas. Nun klärte sich alles auf. Der Bestohlene war selbst ein Spitzbube gewesen. Er hatte eine Unterschlagung verüben wollen. Das war ihm zwar gelungen. Aber ein Zeitgenosse mit noch größerer Fingerfertigkeit hatte ihm die Beute wieder abgejagt. Schadenersatz muß er nun trotzdem leisten. Und außerdem wird er aller Voraussicht nach hinter schwedischen Gardinen Platz nehmen dürfen. Die Moral: Laß deine Augen offen sein, geschlossen deinen Mund! Das sagte einst Hermann Löns. Aber von dem weiß Boaventura natürlich nichts. Sehr zu seinem Schaden. Humor Liebe auf den ersten Blick. „Hermann und Dorothea sind auseinander? Warum?“ „Es war eine Liebe sauf den ersten Blick.“ „Na und?“ „Er hatte sie auf einem Maskenball kennengeleung. + * Mae Es lebte vor Jahren ein reicher, mächtiger König. Der hatte ein fröhliches Herz, sah gern heitere Gesichter um sich und war als gastfrei weit und breit berühmt. An seiner Tafel pflegte ein Narr zu sitzen, an dessen drolliger Einfalt man sich viel belustigte. Eines Tages war beim König ein Doktor zu Gaste; der hatte eine große, große feuerrote Nase. Als man sich zu Tische gesetzt hatte und anfangen wollte, zu essen, da verwunderte sich der Narr über die Maßen, stützte seinen Kopf auf beide Hände und sah mit einem langen Blick auf den Fremden. Dann schüttelte er sich wie ein Pudel, brach in ein schallendes Gelächter aus und rief:„Herrgott, was habt Ihr für eine große Nase!" Der arme Doktor wurde puterrot vor Scham; der König aber zürnte und befahl, den Narren aus dem Saale zu führen. Da stand nun der Narr vor der Tür, legte den Finger an die Nase und bedachte, was für ein großes Unrecht ihm widerfahren sei.„Hab' ich doch nur die Wahrheit geredet und kein Wort erlogen! Hört man vielleicht die Wahrheit nicht gern? Aha! So will ich's wieder ins Geschick bringen!“ Schlich sich also wieder hinein, verbeugte sich vor dem Doktor. fing wieder an zu lachen und sagte: „Mein lieber Mann, was habt Ihr für ein kleines Näslein!?“ Da schämie sich der Doktor noch ärger, und der König steckte den Narren abermals zur Tür hinaus.„Wohlan". sprach dieser zu sich selbst.„weder mit der Wahrheit noch mit der Lüge hab' ich Glück! Ich muß es auf andere Weise versuchen. Ging noch einmal in den Saal, klopfte dem Doktor auf die Schulter und sagte:„Mag die Nase groß oder klein sein, ich will Euch nicht weiter hineinreden." Jetzt hatte er die Sache völlig verdorben. Er wartete nicht einmal, bis man ihn hinauswarf, sondern lief eilends davon und ist nicht wiedergekommen. Die Sonne brannte tüchtig. Ueberhaupt diese Sonne! Wie die heute komisch aussah! Ganz rot und kugelig, wie ein Gummiball. Sie saß da oben auf dem Wald und rutschte langsam von einem Baum zum anderen. Und gegen Abend kam ein langer schwarzer Mann, der packte sie, steckte sie in einen Sack und ließ sie erst am nächsten Morgen an einer anderen Stelle wieder laufen.„Heute will ich sie mir mal holen“, beschloß Klein=Hellmut.„Ich will wissen, wie sie sich von nahem anfühlt, und dann nehme ich sie mit nach ins Bett.“ Schnell lief Klein=Hellmut in den Schuppen und holte seinen roten Schiebekarren hervor, denn darin war die Sonne wohl am besten zu befördern und nun noch die Schaufel aus dem Sandkasten. Zuerst ging es ganz gut durch den Garten, aber nun kam der Zaun und das Tor, das war schon schwieriger! Das Schloß war so hoch; springen half nichts, da schnappte es gleich wieder zu. Aber vielleicht so. Klein=Hellmut rückte den Schiebekarren ganz nahe heran und stellte sich hinein. So, das ist noch mal gut abgelaufen! Das Tor kann offen bleiben; ich komme ja bald wieder zurück, der Wald ist ganz nahe. Ach Gott, sind hier viele Leute auf der Straße. Ich sollte doch die Schürze abbinden. Klein=Hellmut blieb noch einmal stehen und legte die Spielschürze in den Schiebekarren; so konnten die Menschen auch sehen, daß er schon richtige Hosen an hatte! Was wohl die Gretel, die kleine Freundin aus dem Nachbargarten, sagen wird, wenn sie von der Reise hört? Ach, sie hätte sicher Angst. Sie war überhaupt dumm, die Grete; die spielte immer mit Puppen, für was anderes war die nicht zu haben. Aber weit konnte es eigentlich nicht mehr sein; die Sonne war doch vorhin ganz nahe gewesen. Bestimmt mußte sie nun bald irgendwo auf einem Baume sitzen. Nur, das war noch nicht ktar, wohin zu Hause mit der Sonne? Damit sie auch bestimmt immer dabliebe und nicht wieder wegrollte. Das beste war wohl, man steckte sie in den Pferdestall! Aber was wohl Lisa, das weiße Holzpferd mit dem roten Sattel, dazu sagen würde? Ach was, die hatte nichts zu sagen; denn sie hatte keinen Schwanz mehr, und Pferde ohne Schwänze sind im Grunde genommen gar nichts und können zur Not unter dem Gitterbett schlafen. Hellmut stapfte energisch weiter. Bums, da hatte er nicht aufgepaßt und war über eine Baumwurzel gestolpert! Der Schiebekarren fiel mit lautem Gepolter um, und Klein=Hellmut saß daneben mit etwas verdutztem Gesicht. Zuerst überlegte er, ob er weinen solle, aber dann— es war ja niemand in der Nähe, der es gehört hätte. Aber ein wenig ausruhen wollte er doch, da er nun einmal auf dem Boden saß. Wenn die Sonne doch nicht gar so weit wäre! Es wurde schon ganz finster im Walde, und die Füße taten auch weh. Sie hätte so gut in den Schiebekarren gepaßt, die Sonne... Klein=Hellmut legte den Kopf auf die Spielschürze, damit es weicher war— er war ja so müde. Wenn doch rasch ein kleines Englein ihm die Sonne bringen würde!„Ach, liebes gutes Englein“, flüsterte Klein=Hellmut schon halb im Schlaf, „schenk mir doch die schöne Sonne— ja, bitte?“ Dann war es ganz still. Eine lange Zeit. Plötzlich mußte Hellmut mit den Augen blinzeln.„Kommst du schon, liebes Englein? Hast du auch die Sonne mitgebracht?“ Und dann fühlte KleinHellmut, wie er auf den Arm genommen und fortgetragen wurde. Nun küßte ihn jemand auf den Haarschopf; das war die Mutter, und sie hatte ganz große Tränen in den Augen. „Die Sonne war so arg weit, Mutti“, flüsterte Hellmut. Dann war wieder alles weg, und Klein=Hellmut hatte plötzlich seinen Schiebekarren in der Hand und die Schaufel— und da lag ja auch die Sonne schon mitten auf dem Wege! Schnell, damit sie nicht wieder wegläuft! Hellmut packte sie. Ach, sie fühlte sich ganz eisig kalt an. Da gab es einen Ruck, Klein=Hellmut wachte auf und hatte das Gitter von seinem Bettchen in der Hand! Aber was war denn das? Da hatte er also doch nicht geträumt? Auf seinem Bett lag ein wunderschöner Ball, ganz rot mit goldenen Streifen! Den hatte sicher das Englein hingelegt! W. B. Das Brot. Es sieht häßlich aus, wenn ein Stück Brot oder eine Semmel beschmutzt und zertreten auf der Straße liegen. Es gab in Deutschland eine Zeit, und das ist noch gar nicht lange her, da war ein Stück Brot sehr wertvoll. Einige von euch werden sich erinnern, daß es damals Brot nur auf Marken gab. Die Mutter schnitt dünne Scheiben davon ab und verteilte sie. Die Krümchen wurden schließlich sorgsam aufgelesen und mit dem Finger aufgestippt. Damals lag kein Brot auf der Straße, wie man es heutzutage leider oft genug sieht. Und es ist doch so überaus einfach, übriggebliebenes Brot nutzbringend zu verwerten, ohne gleich eine Brottorte— die übrigens auch gut schmeckt, nur nicht überall bekannt ist— daraus zu machen. Wenn du irgendwo ein Stück umherliegen siehst, dann hebe es ruhig auf. schneide es in kleine Stückchen und wirf die Brocken in den Anlagen den Vögeln hin. Die werden sich freuen. Oder wenn du mutig bist, dann pass’ auf. wo ein Pferd an seinem Wagen steht. Es wird dir den Bissen, den du ihm hinhältst, mit dankbarem Blick belohnen. Wagst du es nicht, dem Pferde das Brot zu geben, dann nimmt es der Kutscher bestimmt gern. Denn Brot ist ein Leckerbissen für Pferde, wie es einst Leckerbissen für den Menschen war. Und dann in der Schule! Es gibt bestimmt Schulkolleginnen oder =kollegen neben oder hinter deinem Sitz, die nicht so gut belegte Brote mitbekommen wie du. Vielleicht nehmen sie das Brot, das dir zu viel ist, gern und verspeisen es mit ganz besonderem Appetit. Oder sie haben Hühner oder anderes Tierzeug zu Hause, dem sie das Brot bringen. Nur kein Brot wegwerfen oder weglegen. Es sieht häßlich aus und hat seinen Ein Handwerksbursche klopft an eure Tür. Deine Mutter ist gut und reicht dem armen Teufel ein großes Stück Brot, vielleicht belegt oder beschmiert. Der Handwerksbursche hat aber zufällig schon tüchtig„gespeist" und— es gibt solche Kerle— er legt das Brot einfach weg. Es gibt aber Hausfrauen, die fragen in einem solchen Falle den Bettelmann, ob er einen Pfennig, oder zwei, oder Brot haben wolle. Denn schließlich braucht ein Bettelmann auch Geld, sonst kann er sein Bett nicht bezahlen. Die zwei Pfennige, die er dann bekommt, wirft er bestimmt nicht weg. Ich weiß nicht, ob irgend jemand von euch im Leben schon einmal gehungert hat. So richtig gehungert, zwei Tage lang nichts gegessen. Für einen solchen Menschen ist ein Stück Brot, auch ohne Belag, mehr wert als Kuchen oder Braten. Er kann mit Brot seinen Hunger stillen. Die tägliches Brot gib uns heute“ ist so alt wie das MenschenDarum sieht es häßlich aus, wenn ein Stück Brot, gleichgültig ob weiß oder schwarz, auf der Straße liegt. Unachtsame treten darauf oder schieben es weg. Du aber bist vernünftiger. Du hebst es auf und verfütterst es an die Tiere, die auch Hunger haben, genau so wie der Mensch, und die sich für die Gabe schön bedanken werden, wenn du ihre Sprache auch nicht verstehst. Onkel Peter. Ein Zeichenund Jahlenscherz. * Oukel Fritz. Es ist der liebe Onkel Fritz Trotz seinen forschen Zügen Stets aufgelegt zu Scherz und Witz, Zu neckischem Vergnügen. Klein=Lotti fragt:„Wie alt bist du?“ „Schnell“, sprach er,„ist's gefunden. Aus meinem Bildnis könnt' im Nu Mein Alter ihr erkunden!" Es zeichnete sein klug' Gesicht Der Onkel mit Behagen.— Nun, kleine Freunde, könnt ihr nicht Sein Lebensalter sagen? unichziun 2M Ja, die Entlein können wirklich schwimmen. Für jedes Entlein braucht man einen Streifen Stanniolpapier und ein kleines Stück Pappe. Paßt auf, wie schnell und leicht das geht. Das Stanniolpapier muß dreimal so lang wie breit sein. Zuerst faltet man es längs zur Hälfte zusammen und dann nochmals das doppelte Blatt zur Hälfte. Danach nimmt man den gefalteten Streifen so zwischen Daumen und Zeigesinger, der linken Hand, daß ein Zentimeter der Schmalseite rot. Dieses Stück Stanniolpapier dreht man mit Hilfe des Daumens und Zeigefingers der rechten Hand spitz zusammen. Es wird der Schnabel des Entleins. Ohne nun die Lage der Finger der linken Hand zu verändern, dreht man die andere Seite des Stanniolpapiers ebenfalls fest zusammen. so weit, wie der Hals lang sein muß. Aus dem zwischen den Fingern der linken Hand befindlichen Stück Stanniolpapier hat sich der kleine Entenkopf gebildet. Der noch unbearbeitete Bruches in der Mitte Schwänzchen zusammengedreht oder etwas hoch ausgezogen. Nun ist das Entlein fertig; es muß nur erst noch schwimmen lernen. Damit es dies erreicht, muß man eine ovale Pappscheibe schneiden in der Größe der Bauchöffnung des Entleins. Diese Pappscheibe muß man dann hineinlegen und einen kleinen Rand des Stanniols umbrechen. Auf diese Weise bekommt die Pappscheibe einen festen Halt. Es gibt ein ganz reizendes Bild, wenn drei bis vier Entlein auf einem mit Wasser gefüllten Suppenteller schwimmen. W. B. Der O=Zug befand sich in voller Fahrt, als der Schaffner in einem Wagen der Polsterklasse den Durchgang versperrt fand; denn es lag ein großer Reisekoffer mitten im Wege. Am Fenster daneben lehnte gleichmütig ein Herr und blickte in die vorübergleitende Landschaft. Der Schaffner, entrüstet über die Wegversperrung durch den großen Koffer, rief dem danebenstehenden Herrn zu:„Nehmen Sie, bitte, den Koffer da weg!" Der Herr sah den Schaffner von der Seite an und sagte:„Fällt mir nicht ein!“ Der Schaffner forderte den Herrn von neuem mit erhöhter Stimme auf:„Nehmen Sie sogleich den Koffer da weg!" Doch der Herr wiederholte mit derselben Gleichmütigkeit:„Fällt mir nicht ein!“ Zornschnaubend rannte der Schaffner durch den Wagen zurück und kam bald mit dem Zugführer. Dieser befahl dem Herrn, der neben dem Koffer stand, in ziemlich energischem Ton:„Mein Herr, nehmen Sie schleunigst den Koffer da weg!"—„Fällt mir nicht ein!“ sagte der Herr wie vorher und blieb dabei, wie erregt ihn auch die beiden Beamten von neuem aufforderten, den Koffer wegzunehmen. Auf der nächsten Haltestelle wurde der Bahnhofsvorsteher geholt, es entstand ein lauter Wortwechsel; viele Menschen sammelten sich an. „Nehmen Sie sogleich den Koffer aus dem Gang!“ schrie jetzt der Vorsteher dem Reisenden am Fenster zu.„Fällt mir nicht ein!“ sagte der Herr so ruhig wie zuvor. Die Bahnpolizei wurde geholt. Der Wachtmeister kam mit Revolver, Säbel und Gummiknüppel, blitzte den Herrn am Fenster an und rief:„Im Namen des Gesetzes— nehmen Sie sofort den Koffer aus dem Gang!“—„Fällt mir nicht ein!“ gleichmütig der Herr am Fenster. Da trat ein freundlicher Mann aus der Menge herzu und fragte den Ungehorsamen: „Sagen Sie mal, werter Herr, warum wollen Sie eigentlich den Koffer nicht da wegnehmen““—„Well er Fefogr gehört!“ lachte der Fremde und begab sich auf seinen 2.—6. B. DenksportAufgabe. Ein Künstler malte der Kinderlein sieben Und setzte sie hübsch in gefälliges Rund; letzte Das—.. ist namenlos leider geblieben. Wer macht nun von euch seinen Namen uns kund? Ich glaube, die Namen der Sechse verraten — Die ersten Zeichen zusammengesetzt— Den Namen des Letzten. Ihr Jungen, ihr Alten, Wie heißt im Kreise der Siebente jetzt? G u u uctun:unigzlun Optische Täuschung. Laufen die beiden Balken parallel? c cet uug zim e M t woc ung Jnn gub zgon kube St u n mc n wsg ud 53 unid 10# Wu Wnt We wing 2c:11c allun Ein kühner Abenteurer gibt sich als Jarewitsch aus und ist elf Monate lang Herrscher von Rußland. Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle(Saale) (Schluß.) Godunow konnte aufatmen, wie von einem bösen Alp befreit. Die Gefahr, die so bedrohlich über seinem Haupte geschwebt hatte, schien beseitigt zu sein. Hätte er die Lage jetzt gut ausgenützt, so wäre es auch der Fall gewesen. Statt dessen schürte er selbst sein Verderben, indem er es geschehen ließ, daß seine Generäle mit bestialischer Grausamkeit, die an die Zeit Iwans des Schrecklichen erinnerte, in den abtrünnigen Provinzen wüteten. Dadurch trieb er die Bewohner mit Gewali in die Arme des Usurpators, der sie im Gegensatz zu ihrem Bedrücker mit Milde und Gerechtigkeit behandelte. So mehrten sich von Tag zu Tag wieder die Anhänger des letzteren, der sich in Putwil aufhielt, während der tapfere Kosakenhauptmann Korella mit 2000 Kosaken in der Festung Kromy das siebzigtausendköpfige Russenheer aufhielt. Die Nachricht von dem Anwachsen der Macht des Demetrius verstärkte Godunows Nervosität. Mitteilungen der Generäle, daß sie sich für die Treue ihrer Soldaten nicht mehr verbürgen könnten, steigerten die Besorgnis. Da griff er zu einem heimtückischen Mittel. Er sandte drei Mönche nach Putwil mit dem Auftrag, den Ruhestörer umzubringen. Das Attentat mißlang. In seiner Verzweiflung wandte er sich an eine geistesschwache alte Frau, die als Wahrsagerin allgemeine Verehrung genoß. Als er das erste Mal erschien, wies sie ihn ab; beim zweiten Versuch ließ sie durch einen Popen ein Weihrauchfaß über einen Balken schwingen, wie man dies bei einer Bestattung zu tun pflegt. Boris erschrak. Er sah sein Ende kommen. Zusehends siechte er hin. Sorgen und Gewissensbisse rieben ihn auf. Sein Körper war nicht mehr fähig, die Seelenpein zu ertragen. Er verschloß sich ganz vor der Außenwelt und ließ sich bei allen wichtigen Angelegenheiten durch seinen Sohn vertreten. Einmal übernahm er jedoch aus Anlaß eines Empfangs die Repräsentationspflicht selbst. Bei dem sich anschließenden Mahle erlitt er einen Blutsturz, und zwei Stunden später starb er. Als Godunows sechzehnjähriger Sohn Feodor unter Vormundschaft seiner Mutter dem Vater auf den Thron folgte, mußte das Heer eine seiner ersten Sorgen sein, denn von der Ergebenheit desselben hing der Bestand seiner Regierung ab. Da schlug nur wenige Wochen später wie ein Blitz aus heiterem Himmel in die beruhigte Hauptstadt die Nachricht über Basmanows Verrat ein. Man weiß nicht genau, welche Gründe diesen treuen Diener Boris Godunows bewogen haben mögen, so schnell seine Gesinnung zu ändern. War es Abneigung gegen den schwächlichen Feodor, in dessen Händen er Rußlands Schicksal nicht gut aufgehoben wähnte? Oder war es gekränktes Ehrgefühl, weil der junge Zar das Versprechen seines Vaters, ihm seine Schwester Tenia zur Frau zu geben, nicht erneuert hatte? Am 7. Mai brach die Verschwörung aus. Man schlug Lärm, denn es hieß, die Polen rückten an. Da schwang sich Basmanow aufs Pferd, ritt auf die Brücke, die beide Armeekorps voneinander trennte, und rief mit lauter Stimme den Demetrius zum Zaren von Moskau aus. Tausende wiederholten den Ruf. Viele jedoch schwiegen bestürzt oder griffen, den Verrat erkennend, zu den Waffen. In diesem Augenblick brachen Korellas Kosaken aus der Festung aus, überfielen die in die Verschwörung nicht eingeweihten Offiziere und fesselten sie. Nur wenigen Treugebliebenen gelang es, zu entfliehen. Am folgenden Tage begab sich Fürst Golitzyn nach Putwil, um Demetrius die Huldigungen des Heeres zu überbringen. Er wurde gnädig und freundschaftlich empfangen. Großmütig versicherte der Prätendent, daß er den Truppen den ihm geleisteten Widerstand nicht nachtragen werde. Gleichzeitig gab er den Befehl zum Vormarsch auf die Hauptstadt. Er selbst folgte wenige Tage darauf, nachdem er sich noch Korellas Verteidigungswerk angesehen hatte. Der Vormarsch vollzog sich ohne Schwierigkeit. Ueberall kamen ihm die Bewohner der Städte und Dörfer entgegen und überreichten ihm als Zeichen ihrer Unterwürfigkeit Salz und Brot. Und immer wieder beteuerte er den Abordnungen, daß er dem Volke nicht ein strenger Zar, sondern ein milder und gerecht denkender Vater sein wollte. In Moskau herrschte dumpfe Gewitterschwüle. Bebend sah man den kommenden Ereignissen entgegen, denn noch hatten in der Stadt die Godunows die Gewalt in den Händen, und daß sie sich bis zum äußersten verteidigen würden, darüber war man sich klar. Der Mord, der an den ersten Kundschaftern des neuen Zaren, die zur Erforschung der Gesinnung des Volkes ausgesandt worden waren, auf Befehl der Verwandten Feodors vollzogen wurde, ließ Schweres erwarten. Am 1. Juni trafen abermals zwei Sendeboten ein, die Edelleute Puschkin und Pleschtschejew. Sie wandten sich nach Krasnoje Sjelo, jenem Stadtviertel Moskaus, das von den reichen Kaufleuten bewohnt wurde. Nachdem sie dort ein Schreiben des Demetrius verlesen, das mit furchtbarer Rache alle diejenigen bedrohte, die sich den Befehlen seiner Sendlinge widersetzten, zogen sie, begleitet von einem großen Anhang, in die innere Stadt, beriefen das Volk auf den Marktplatz und forderten es auf, den neuen Zaren anzuerkennen. Sofort jubelten Tausende ihnen zu, und als gar Schuiskis, der bisher immer als Kronzeuge dafür gegolten hatte, daß der echte Demetrius in der Tat getötet worden sei, vor den Versammelten die Erklärung abgab der Ermordete sei nicht der Zarewitsch, sondern ein Popensohn gewesen, stimmten auch die letzten Widerstrebenden in den Ruf ein:„Es lebe Demetrius Iwanowitsch, unser rechtmäßiger Zar!“ Die Schicksalsstunde der Godunows hatte geschlagen. Der Zar, seine Mutter und Schwester wurden gefangen genommen, ihre Angehörigen in Ketten gelegt und in das Lager des Siegers geschickt. Zu gleicher Zeit stürmte der Pöpel den Kreml und plünderte das Hab und Gut des Zaren. Die Plünderungen nahmen einen immer weiteren Umfang an und erstreckten sich schließlich auf alle, die den Godunows gewogen gewesen waren. Während der Unruhen verbreitete sich schließlich das Gerücht, Feodor und seine Mutter hätten sich vergiftet. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß sie meuchlings getötet worden waren. An ihrem Halse habe man deutlich— behauptet ein Zeitgenosse— die Spuren der Strangulation bemerkt. Vermutlich hatten Golitzyn und Massalsky, die als Statthalter des neuen Zaren zuerst in Moskau einzogen, diese Tat ausführen lassen, um sich ihrem neuen Herrn gefällig zu erweisen. Dem Einzug des Demetrius stand nichts mehr im Wege. Aber er zögerte ziemlich lange— vielleicht in der Absicht, sich erst die Zuneigung der ganzen Bevölkerung zu sichern—. ehe er der schon am 3. Juni an ihn gerichteten Aufforderung der Hauptstadt Folge leistete. Endlich, am 20. Juni, willigte er ein. Der Einzug wurde mit theatralischem Pomp ausgeführt: voran ritt polnische Kavallerie mit Pauken und Trompeten, dann folgten andere militärische Formationen und schließlich Demetrius selbst hoch zu Roß, umgeben von Bojaren; alle Glocken läuteten, und in den Straßen stand dichtgedrängt das Volk. Der Zug begab sich zur Hauptkirche, wo die gesamte Geistlichkeit den Zaren empfing und eine feierliche Messe zelebrierte. Nach dem Gottesdienst besuchte er die Erzengel=Kathe= drale, wo die Gebeine Iwans IV. und seiner beiden Söhne bestattet lagen. Hier kniete er an dem Marmorsarkophag nieder, küßte ihn und rief— die Augen voller Tränen— in erheuchelter Rührung:„Oh, geliebter Vater! Du ließest mich als Waise in der Welt zurück; aber deine heiligen Gebete halfen mir in aller Verfolgung und führten mich auf den Thron!" Als das Volk das hörte, weinte es und sagte:„Das ist der wahre Demetrius!" Draußen jedoch auf dem roten Platz stand der alte Bielskij, der Vormund des kleinen Zarewitsch, nahm das Bild des heiligen Nikolaus von der Brust, küßte es vor der Menge und schwur, daß der neue Landesherr in Wahrheit der Sohn des Zaren Iwan Wassiljewitsch sei. Demetrius hatte manche Eigenschaft, durch die er sich beliebt zu machen wußte. Aeußerlich zwar fehlte ihm alles Einnehmende. Aber er zeichnete sich durch große körperliche Geschicklichkeit aus, galt als vortrefflicher Reiter und Jäger und wußte in Haltung und Bewegung königliche Würde zu wahren. Noch mehr als durch sein Aeußeres wirkte er im Umgang. Hier entfalteten sich die liebenswürdigen Züge seines Wesens: Zuvorkommenheit, Ritterlichkeit, Großmut und Milde. Freilich konnte er auch aufbrausen und jähzornig sein. Wenn er zornig war, kam es sogar vor, daß er die Bojaren schlug. Doch er bereute sehr schnell, bat die Gekränkten um Verzeihung und überhäufte sie mit Geschenken— darin eine echt russische Natur. Er liebte es, den Großmütigen zu spielen. Als Schuiskij mit den Kaufleuten eine Verschwörung gegen ihn angezettelt hatte und von dem Gerichtshof zum Henkertod verurteilt worden war, begnadigte er ihn auf dem Wege zum Schafott und verbannte ihn mit seinen beiden Brüdern, setzte ihn dann jedoch bald wieder in allen Ehren ein. Er wußte, daß die Menge sich leicht durch das Theatralische einfangen ließ, und er buhlte mit solchen Taten gern um ihre Gunst. Auf eine solche Wirkung war auch die Szene an dem Grabe Iwans beim Einzug abgesehen. Und ein ähnliches Schauspiel bot er einen Monat nach seiner Thronbesteigung, als er seine im Kloster lebende Mutter Marfa zurückberief. Er selbst eilte ihr mit großem Prunk und von einer ungeheuren Menschenmenge gefolgt, entgegen. Bei dem Dorfe Toininsk fand die Zusammenkunft statt. Ein Schuiskij wurde vorausgeschickt, um der Mutter die Ankunft des Sohnes zu melden und ihren Segen zu erbitten. Als sie eintraf, führte man sie in ein prächtiges Zelt, wo sie einige Minuten allein mit dem Sohne verweilte. Dann traten die angebliche Mutter und der angebliche Sohn aus dem Zelt und umarmten sich zärtlich vor den Augen des Volkes, das aus Rührung mitweinte, weil es Tränen in den Augen der Mutter erblickte. Wie plump und auf Täuschung berechnet auch solche Szenen der Nachwelt erscheinen müssen, so darf man Demetrius doch nicht für einen abgefeimten Betrüger halten. Er glaubte unerschütterlich an seine hohe Herkunft und hielt an diesem Wahn vielleicht bis zu seinem letzten Atemzug fest. Demetrius ergriff die Zügel der Regierung von vornherein mit fester Hand; die Richtlinien seiner Politik waren im Grunde genommen beinahe die gleichen, die sein heftigster Gegner, Boris, befolgt hatte: Hebung der Bildung, Ausbreitung der Zivilisation durch Heranziehung von Ausländern, Förderung des Handels, Kampf gegen Auswüchse des Beamtentums, namentlich Bestechlichkeit, und Fühlungnahme mit dem Volke. Allein, während Godunow die unteren Schichten durch beispiellose Freigebigkeit und Geschenke zu gewinnen trachtete, ihnen jedoch innerlich fremd blieb, weil er sie durch unerhörte Zwangsmaßnahmen andererseits wieder unterdrückte, schuf sich Demetrius ein innigeres Verhältnis zur Masse, indem er ihre Daseinsbedingungen erleichterte, die Rechtsfrage verbesserte und nach dem Beispiel früherer Zaren eine unmittelbare Verbindung zwischen sich und ihr herstellte; an jedem Mittwoch und Sonntag nahm er auf der Freitreppe seines Palastes persönlich alle Bittschriften entgegen und entschied oft durch ein einziges Wort irgendeine Streitfrage. Daß ein solches Verfahren seine Beliebtheit im Volke fördern mußte, ist leicht zu verstehen. Godunow blieb stets, trotz aller fortschrittlichen Maßnahmen, die er traf, ein asiatischer Despot. Das erweist so recht seine Einführung der Leibeigenschaft. Demetrius dagegen war von ausgesprochen liberaler Gesinnung. Er bekundete dies vor allem dadurch, daß er die Verwandten des ehemaligen Zaren von der Acht befreite und ihnen Wojewodschaften in Sibirien und anderen entlegenen Provinzen zuteilte; auch milderte er die Leibeigenschaftsgesetze, indem er die Diener, die gewaltsam zur Fron gezwungen worden waren, für frei erklärte. Manche Historiker wollen in dieser geübten Milde, die bei einem Volke, das nur gewöhnt war, mit Strenge regiert zu werden, die Ursache seines Sturzes erblicken. Das geht zu weit. Wohl untergrub er mit seiner Nachsicht, die er Schuldigen gegenüber häufig walten ließ, seine Autorität, weniger jedoch beim Volke als bei den Bojaren, die noch zum großen Teil den Despotismus des Zaren Iwan Wassiljewitsch in Erinnerung hatten. Mehr als mit dieser im heiligen Rußland unangebrachten Tugend der Toleranz schadete sich Demetrius durch seine Mißachtung und Verhöhnung der russischen Sitten und Gebräuche. Zu allem Verdruß, den sein Betragen bereitete, gesellte sich noch sein ausschweifendes Leben. Keine Frau war vor seiner Nachstellung sicher. Am meisten empörte man sich über die Behandlung, die er Kenia, der Tochter Godunows, widerfahren ließ. Er zwang das blührnde, schöne Mädchen in seinen Palast zu ziehen, und machte sie zu seiner Geliebten. Erst als die Verhältnisse ihn zwangen, das dem polnischen Wojewoden Mnischek gegebene Wort einzulösen und dessen Tochter zu ehelichen, trennte er sich von Tenia und sandte sie in ein Kloster. Maria, die ihre Ehe mit Demetrius mehr aus Ehrgeiz als aus Liebe einging, eine hochmütige Polin, haßte im Grunde ihres Herzens Rußland. Der Zar schickte einen Jesuiten nach Rom, um bei dem Papst durchzusetzen, daß man Maria die Abendmahlzeremonie, das Mittwochsfasten und den Besuch der griechischen Kirche gestatte. Trotz der Befürwortung des Kardinallegaten Rangoni erteilte der Papst keinen Dispens. Ignatius, der seine Patriarchenwürde dem jungen Zaren verdankte und ihm darum gewogen war, kam schließlich auf den Ausweg, Maria nur mit dem heiligen Oel zu salben, ohne sie zu taufen, und sie darauf mit dem Zaren das Abendmahl nehmen zu lassen. Es hieß, Demetrius habe diesen Geistlichen an Stelle des von ihm ins Kloster verwiesenen Patriarchen Hiob eingesetzt. Die Vermählungs= und Krönungsfeierlichkeiten, die auf den 18. Mai 1606 fielen, verliefen in auserlesener Pracht. Auf die weitläufigsten kirchlichen Zeremonien folgte eine schier endlose Reihe von Schmausereien und Bällen. Ueberhaupt hörten seit Marias Einzug in Moskau die Lustbarkeiten nicht mehr auf. Die junge Zarin war vergnügungssüchtig und liebte Aufwand, Tanz und Musik. Auf einer Balustrade mußte die Musik von morgens früh bis abends spät unausgesetzt spielen. Dazwischen donnerten die Kanonen täglich, zum Zeichen der Fröhlichkeit des Zaren; Pulver wurde nicht geschont, und in den fünf bis sechs Tagen, die mit den Hauptfestlichkeiten ausgefüllt waren, soll mehr verschossen worden sein als in dem ganzen Kriege Godunows gegen Demetrius. Die ehrwürdigen Bojaren murrten über diese sinnlose Verschwendung, mehr jedoch noch über das freche Benehmen der polnischen Edelleute, die scharenweise als Begleiter ihrer schönen Volksgenossin und deren Vater nach Moskau gekommen waren, um hier auf Kosten des jungen Zaren ein lustiges Leben zu führen. Jetzt rächte sich bitter die Voreiligkeit, mit der Demetrius seine Versprechungen gegeben hatte, als er noch Kammerdiener des Fürsten Wischnewetzky gewesen war. Die Geister, die er gerufen hatte, wurde er nicht wieder los. Sie gebärdeten sich, als ob sie die Herren wären, ließen es die Russen fortwährend fühlen, daß jene es ihnen allein zu verdanken hätten, wenn sie jetzt einen rechtmäßigen Zaren besäßen, und bezeigten den Bojaren auf Schritt und Tritt ihre Verachtung, indem sie sich über den Ritus lustig machten, sich auf Reliquien enthaltende Sarkophage setzten, an Ikonostase anlehnten, laut schnäuzten und lachten. Unterdessen schürte Schuiskij den Haß und sammelte seine Getreuen. Obwohl er nach seinem ersten mißglückten Komplott, dessentwegen er zum Tode verurteilt und nur dank der Milde des Zaren begnadigt worden war, das Versprechen gegeben hatte, sich an keiner neuen Rebellion zu beteiligen, ersann dieser verschlagene und gewissenlose Bojar, dem die Heuchelei Lebensgewohnheit war, neue Mittel zum Sturze des Zaren. Damals hatte er sich nur auf ein Häuflein von Mißvergnügten stützen können— Leute, die vor allem über die fiskalischen Maßnahmen des neuen Zaren gegenüber den Klöstern empört waren(die Klöster sollten nämlich den geplanten Eroberungskrieg gegen die Tataren und die Türken aus ihren Vermögen bestreiten helfen); jetzt durfte er schon mit einer größeren Anhängerschaft rechnen. Er versammelte eine Anzahl Verschwörer in seinem Hause und hielt eine zündende Ansprache, in der er das Sündenregister des Zaren aufzählte, dessen Vorliebe für die Polen schilderte, die Gefahr der Polonisierung Rußlands mit den grellsten Farben malte und den Urheber alles dieses Unheils als einen Betrüger brandmarkte. Seine Worte fanden tiefen Widerhall in den Herzen der Anwesenden. Man verabredete Maßnahmen zum Sturze des Zaren, wählte Schuiskij zum Oberhaupt der Verschwörung und schickte Agitatoren in die Vorstädte, um das Volk gegen die Polen aufzuwiegeln. Die Vorbereitungen waren so offenkundig, daß man mit Blindheit geschlagen sein mußte, um sie nicht zu erkennen. Von vielen Seiten wurde auch Demetrius gewarnt. Aber er mißachtete alle Warnungen, fühlte sich so sicher, daß er nicht einmal seine Leibwache verstärkte. Die Polen trafen jedoch für alle Fälle Vorsichtsmaßregeln und setzten die Häuser in Verteidigungszustand. In der Frühe des 27. Mai läuteten in ganz Moskau die Glocken Sturm. Das war das Zeichen zum Ausbruch der Verschwörung. Dem herbeiströmenden Volke wurde von den Empörten weisgemacht, die Litauer wollten den Zaren ermorden. Wütend stürzte sich der Pöpel in die von Polen bewohnten und schon vorher mit Kreide bezeichneten Häuser und begannen ein entsetzliches Blutbad unter den noch schlafenden Fremden anzurichten. Im Kreml, der unterdessen von den Verschwörern besetzt worden war, richtete sich das Feldgeschrei dagegen direkt gegen den Zaren. Basmanow, der zu den Getreuesten des Zaren gehörte und im Palast schlief, erkannte sofort den Ernst der Lage und eilte zu Demetrius. Dieser war gewillt, sein Leben so teuer als möglich zu verkaufen. Er rannte in die Wachstube der Leibwache, entriß einem Mitglied derselben das Schwert und warf sich mit dem Rufe:„Elende, ich werde euch zeigen, daß ich kein Boris bin!“, den Verschwörern entgegen. Sein Mut feuerte die Leibwächter an, die ihren Herrn gegen die Eindringlinge verteidigten. Als einer nach dem anderen fiel und auch der tapfere Basmanow unter den Streichen eines Bojaren zusammenbrach, versuchte Demetrius zu fliehen. Er sprang aus einem enth das dre legenen Zimmer durch in den stube durc eißig Fuß hochliegende Fenster sein. Die und broch sich das Bein. Die aus der nahen Wachsein Stöhnen herbeigelockten Strelitzer hoben ihn auf und legten ihn auf eine Bahre. Sie schworen dem Zaren, ihn bis zum letzten Blutstropfen gegen seine Feinde zu verteidigen... Inzwischen hatte Schuiskij erfahren, daß sich Demetrius bei den Strelitzern befand. Die Verschwörer eilten hin und zwangen letztere durch die Drohung, im Weigerungsfalle deren Frauen und Kinder umzubringen, zur Herausgabe des Opfers. Unter brutalen Mißhandlungen wurde er in den Palast geschleppt. Dort rissen sie Demetrius die Kleider vom Leibe, zogen ihm den Kaftan eines Pastetenbäckers an, verhöhnten ihn und schrien:„Seht hier den Zaren aller Reußen! Er hat die Kleider angezogen, die ihm gebühren!“ Einer der Verschwörer forderte ihn auf, er möge nun sagen, wer er sei. Da erhob Demetrius zum letzten Male seine Stimme und erwiderte:„Ich bin der rechtmäßige Sohn des Zaren Iwan Wassiljewitsch!“ Hierauf drang der Kaufmann Walujew auf ihn ein und rief: „Wozu noch viel Federlesens mit einem solchen ketzerischen Hunde machen? Seht, wie ich dem polnischen Dudler die Beichte abhöre!“ Bei diesen Worten tötete er ihn durch einen Schuß. Wie die Rasenden stürzen sich die übrigen auf den Toten und durchstachen und zerfleischten ihn mit ihren Schwertern. Bis zur Unkenntlichkeit entstellt, wurde der Leichnam auf den Balkon geschleppt und von dort in den Hof hinabgeworfen. Der wütende Pöbel aber ergriff ihn, schleppte ihn aus dem Kreml und legte ihn unweit des Richtplatzes auf einen Tisch, daneben eine Maske, Pseife und einen Dudelsack, zum Zeichen der Vorliebe des Getöteten für Possenreißerei und Musik; ihm zu Füßen, auf eine Bank, betteten sie Bosmanow, der für seinen Herrn das Leben ließ. Drei Jahre lang hatte der kühne Abenteurer die Rolle des letzten Rurikersprosses gespielt, und fast elf Monate dieser Zeitspanne war er Zar gewesen. Dann brach die ganze Herrlichkeit zusammen. Fürwahr ein seltsames Schicksal! Oonos Aiio Gidost Sehr kühl, sehr zurückhaltend, dabei aber doch übergossen von seinem Rot, hört ihm Irene zu. Sie hat der vorsichtigen Schwester dieses jungen Herrn gewissermaßen auch etwas versprechen müssen. So gewandt, so vorsichtig, so leichthin, daß sie in ihrer Erinnerung die diplomatischen Worte gar nicht wieder gefunden hätte, hat ihr die Frau Rittmeister angedeutet: die Bedingung für ihr Hierbleiben sei strengste und kühlste Zurückhaltung gerade diesem jungen Herrn Tausendsassa gegenüber. Wie diese Tage dahineilen! Irene hat ihrer Mutter einen Brief nach Hause geschrieben, von dem es kein Wunder wäre, wenn er irgendwie in der Frühlingsluft zerwehte, so viel Flügelzittern, so viel Seelenbewegtheit, so viel Sehnsucht nach Hause und heimlich jauchzendes Glück der Ferne ist in ihm. Was ist das mit ihr? Mein Gott!, was ist das mit diesem Mädel?!“ fragt sich mit von jedem Tage wachsender Unruhe Wolf von Hartenessen. Vergeblich versucht er schon seit Tagen, sich den Eindruck des Unbedeutenden, Netten, den er durch die Fensterscheibe des Eisenbahnzuges von der kleinen Irene gewonnen, jetzt noch einmal zurückzurufen. Ist Irene in drei Tagen gewachsen? Hat sie in Tau gebadet? Hat Sonnenlicht ihr Haar vergoldet, ihre reine, gescheite Stirn geküßt? Eine Macht der Anziehung, wie er sie noch an keinem weiblichen Wesen gespürt, geht von diesem lieben, lieblichen Menschenkinde zu ihm hin, quält ihn nachts im Traume, ruft alle seine jungen Manneskräfte auf. sich dagegen zu wehren. Unsinn, berghoher Unsinn ist diese, ihn plötzlich wie mit Zauber überrumpelnde Neigung. Was soll dieses Interesse mit seinem von Tag zu Tog wachsenden Ernst? Was soll so eine Irene, so eine rechtschaffene, kirchenmausarme, junge Lehrerin in seinem Leben? Zum Tändeln fände er, auch wenn die Schwester diesen lächerlichen, trennenden Seidenfaden zwischen ihm und ihr nicht gezogen hätte, jetzt nicht einmal mehr die Lust. durchs blaue, samiene Dunkel leuchtet eine schneeige Magnolie aus einem einsamen Herrengarten. Als der schöne, schimmernde Baum zurückgeglitten ist in die samtene Nacht, drückt eine zärtliche, herrische Hand im schwerrumpelnden Wagen Irenes Linke mit stürmischer Gewalt... Eine Magnolienblüte, die die festgeschlossene Knospenhülle über Nacht gesprengt hat— so hat er sie beim Tanz in süßem Flüsterton genannt. Dies und alles, was sie am Abend nicht hören wollte, glüht und pocht und pulst nun in schlummerloser Nacht in ihrem Gedächtnis in ihrem Blut. Er hatte Dinge gesagt, die um sie her in der Luft erklingen und sie beglücken mochten. Aber eine dunkle Angst steht auf und schnürt die Freude ein. Ob Angst vor sich? Ob Angst vor ihm? Oder Angst, ihre liebe, geliebte Stelle zu verlieren, durch die sie der Mutter helfen will und die ihr von Tag zu Tag köstlicher wird? Sie weiß es nicht. Und ist ihr denn auch wirklich ihre Stelle so köstlich an sich? Oder ist sie's, weil etwas hineinklingt, etwas Zauberhaftes, Geheimnisvolles, von dem ihre junge Seele bis vor wenigen Tagen keine Ahnung hatte? Sie können sich natürlich nicht meiden, die beiden. Schaukeln und Kegeln, Krockeitspielen und Veilchensuchen, Eierfärben, Verstecken und Suchen— alles, was es in anderen Frühlingsund Osterzeiten zwischen Onkel Wolf und den Kindern gegeben hat, gibt es naturlich erst recht in diesem Jahre, und die neue Lehrerin ist wie umsponnen von der Liebe der Kinder, die sie bei keinem Spaß und Spiel mehr entbehren wollen. Spazierfahrten und Spaziergänge werden von der gesamten Familie unternommen. Der Frühling tut, als sei er der erste der Erde, Gottes neueste, menschenbeglückende Erfindung. Aber in den stillen Zauber der Tage, die geheimnisvoll webendes Glück und Wohlfühlen durchstrahlen, fallen wie dröhnende Hammerschläge allerhand Geschäftssachen. Es sind Verhandlungen wegen des Verkaufs der Mühle im Gange. Käufer, die schon lange im stillen um das Kaufobjekt geworben, kommen und bieten. Lodernde Zornausbrüche des Hausherrn sind die Antwort auf ihr niederes Gebot. Es wird auf den Spaziergängen und bei den Mahlzeiten immer wieder von diesen bingen gesprochen, leicht hingeworfen, ungeniert, auch vor Irenes Ohren. Irene ist so vollig Hausgenossin geworden, daß man sie in alles einweiht, indem man ohne weitere Erklärung alle Familiensachen offen vor ihr bespricht. Harte, schmerzliche Worte hört sie oft in den Gesprächen der Familie. Derbe, drastische Worte, wie sie bei ihr zu Hause nicht gesprochen worden sind. Irgendeiner Baronin gelten sie, irgendeiner Feindin voll unerbittlichem Haß. Ihr Name wird wohl genannt. Irene ist nicht neugierig, ihn zu hören. Sie ist„Baronin“ schlechthin. Wie die sich freuen wird, daß sie nun die Mühle verkaufen! Sehr leicht möglich, daß sie sie mit Hilfe eines Deckkäufers sogar selber ersteht... wütet einmal der Rittmeister. So drängt sich das Thema des Mühlenverkaufs neben all den reizenden, die Österzeit ausfüllenden Interessen von Tag zu Tag mehr in den Vordergrund. * Am Ostersonntag fährt die Familie über Land in eins der schönen, von Parkbäumen umstandenen Herrenhäuser, wie Irene sie auf der Herfahrt wiederholt gesehen hat. Irene ist, als zur Familie gehörig, selbstverständlich dabei. Die netten Worte, mit denen Frau Janka sie den fremden Leuten vorstellt, schaffen ihr die freundlichste Aufnahme, und sie wird merkwürdig schnell sicher in der Luft von Wohlwollen und Sympathie, die sie umgibt. Das halsfreie, weiche, schwarze Examen=Seidenkleid mit der seltsam schönen, grünen Perlenkette, die ihr die Mutter zum Abschied geschenkt, hebt blendend ihre frühlingshelle Haut, ihre frische, gleichsam in acht Frühlingstagen aus dem unscheinbaren Kind heraus erblühte Jungfräulichkeit. „Fesch!“, das ihr erst sehr unsympathische Wort, das aber bei den Leuten, wie sie merkt, etwas sehr Liebes, Nettes meint, sähe sie aus. Wiederholt bekommt sie das zu hören. Auch er, der sich seit ein paar Tagen geschworen hat, sie zu meiden, nennt sie fesch. Es wird nach dem Abendbrot getanzt, und er tanzt mit ihr. Sie wollte nicht; sie kann ja kaum tanzen, hat kaum je mit bewußtem Sehnen an diese ihr unerschlossene Lebensfreude gedacht. Aber nun fliegt sie von Arm zu Arm— und aus dem des dritten oder vierten Tänzers, der ihre Feschheit pries, wie selbstverständlich in die seinen. Wie er sie im Arme hält— anders als die anderen. Sie will es nicht fühlen. Was er ihr sagt— sie will es nicht hören. Auf der Heimfahrt aber hört sie den Frühling singen in ihrem raugs'den Blut. Die weißergsgeistzuhhume, am Straßenrande sind aufgewacht— ein paar Vogelstimmen schlagen schon an—, Es darf nicht sein! Es darf nicht sein! Sie ist am Ostermontag mit dem klaren Bewußtsein erwacht, daß etwas in ihrem Herzen glimmt und glüht, ein Gefühl, das nicht leben darf und das Gott sei Dank noch so schwach und jung ist, daß sie es zerdrücken und zertreten kann mit aller ihrer Kraft. Sie hat es sich fest gelobt. Sie hat an ihre Mutter geschrieben. Sie hat ihre Seele gekühlt und gestärkt im Quell eines aufrichtigen Gebetes. Nun will sie heiter und fest durch die nächsten Tage gehen, die letzten, in denen jene geliebte Nähe sie als Gefahr umdroht. Die halb traurigen, halb lachenden, dunklen Männeraugen meiden!— Das ist heute gar nicht so schwer. Es ist ein Gewirr und Geschwirr im Hause, ein Kommen und Gehen von Besuchen. Zum kleinen Mittagessen gibt es Gäste; zur Jause, mit den mehr als zehnerlei Österkuchen, wieder andere, neue. Und wie immer an Festtagen, die man zu Hause verlebt, steigert sich die Zahl noch gegen Abend. Frau Jankas Bruder zu grüßen, muß man doch hineinsehen ins fröhliche Rittmeisterhaus. Man weiß, wie Frau Janka den Bruder liebt! Viel frohe Frauen, nette Mädel und Offiziere des Regiments sitzen um schöngedeckte Tische und Tischchen bei pikanten Leckerbissen und süßem oder kräftig dampfendem Getränk. Irene, heute flinke, geschickte Haustochter, hilft den beiden zierlichen Stubenmädchen beim Anbieten und Einschenken. Voll von viel lustigem Reden und Necken, kräftigem Spaß, dröhnendem Lachen hallen die Räume. Ein„Hoch!“ auf die allgeliebte Hausfrau wird eben ausgebracht. Da springt mit einem grellen Schrei eine am halb offenen, nach der Landstraße zu liegendem Fenster sitzende Freundin der Hausfrau auf. „Janka.!“ Wie ein Funkenblitz des Entsetzens wirkt der Laut. Und schon hüllen ihn andere, gellende, bebende Stimmen ein. Die kleinen Kreise der schmausenden, lachenden, zechenden Menschen sind auseinander gesprengt. „Herr Rittmeister! Janka! Kinder! Um Gottes willen!" Geschrei, Tumult auf den Straßen. Sturmglockenläuten von den alten, schweren Kirchtürmen der Stadt. Und nun aus all dem Geschrei und Getön und Gedröhn heraus jetzt auf einmal, wie von hundert Stimmen zugleich, die hörbar ausgesprochenen, unverhüllten Alarmworte:„Die Mühle brennt!“ Aus allen nach der Landstraße zu liegenden Fenstern sieht man es. Weit über Felder und Heide hinweg ein rauchumhülltes, gelbes, goldenes, purpurnes Glühen und Lohen, ein Riesenbüschel flammender, zersetzter Tulpen, der immer höher wächst, immer breiter wird, ein enormer Glutschein am weithin sichtbaren Horizont. In den lichtdurchfluteten Speisezimmern und Sälen der Villa ist von lachenden Menschen nichts mehr übriggeblieben. Die Gäste sind teils nach Hause gestoben, stehen teils in Mänteln und Schals gehüllt oder wie sie eben waren, glühend und aufgeregt auf der Landstraße, durch die jetzt schon die Feuerwehren der Stadt rasseln. Im hohen Zweisitzer, der wie durch Zauberspruch angespannt vor dem Gartentor stand, ist der Rittmeister mit Frau Janka davongesaust; ein paar vollbesetzte Krümperwagen folgen. Wolf von Hartenessen hat mit mühsam beherrschter Ruhe seinem Freund, dem Herrenreiter Wilkens, zugeraunt: „Leih mir dein schnellstes Pferd und bet' ein Vaterunser für uns, wenn du magst! Seit einem Jahre ist die Mühle, nach Ablauf der letzten Police, nicht versichert... Herz dir anheimgefallen ist, nur ein erlösendes„Frei!“. Ich bin ein Mensch mit kräftigen Händen, und ich habe mancherlei gelernt. Die Welt ist groß und hat viel Stätten und Werke, in die sie arbeitstüchtige Menschen setzen muß. Sei du mein, du Einzige, du Geliebte, du Beste und Feinste, die ich fand, und meine Kräfte werden sich festigen und verzehnfachen. Sei du mein!" Sie war es. Sie war es schon in allen diesen Tagen mit ihrem ganzen Herzen. Und doch ist noch eine Gegengewalt, eine zagende Angst und erzwungene Abwehr in ihr, die der liebeflehende Mann in allen Fibern spürt. Sie denkt an Frau Janka, sie denkt an ihre Mutter, für die sie leben wollte, sie denkt all das grübelnde Sinnen über seinen Menschen= und Manneswert noch einmal durch, mit dem sie sich in all diesen Tagen wie zur Abwehr gequält hat, denkt es so traurig durch, daß ihr Rittgenosse es bis ins Herz hinein spürt. „Kannst du mir denn nicht vertrauen? Vertraust du mir nicht?“ fragte er, sie fester und zarter umschlingend. Und wie zur Abwehr sagt sie, überehrlich und übertapfer, ein verzitterndes leises:„Noch nicht ganz!“ Sich überstürzend, gibt sie dem herben Wort gleich darauf die Erklärung. Als er mit ihr im Zuge damals fuhr und wieder und wieder die Blicke zu ihr schickte, hatte sie bei seinem ersten Anblick mit ihrem Herzen unbewußt gewettet: er sei etwas Rechtes— ein Adelsmensch—. ein richtiger Mann. Aber dann— Mit hängendem Köpfchen erzählte sie leise, wie er sie dann enttäuscht habe. Als das zornige Weib vor aller Augen den alten Knecht geprügelt, wie die Leute gelacht und wie sie erwartet habe, er, den sie doch noch im Zuge gewußt, würde einspringen, ein Ritter sein und der wütenden alten Bauernfrau die Peitsche entreißen. Er sagt, den zärtlichen Griff, mit dem er sie umfaßte, ein wenig lockernd, in herbem Ton:„Das hab' ich freilich nicht getan.“ Zwei große, ehrlich kluge Augen sehen ihn streng, als wäre er ein Schüler auf der Schulbank, schon im Schein des *** taghellen Feuerh beinah erreichten tagheuen Frürtherdes, an. „Weil diese Bauernfrau keine Bauernfrau war, du gestrenge Lehrerin“, sagt er ruhig.„Sie ist die Frau, von der du uns in diesen Tagen wohl sehr oft sprechen hörtest— die Frau, die ihre Kinder haßt, weil sie ihren Herzen gefolgt sind, statt dem Klingen von Silber und Gold. Die ihre Kinder ohne Liebe ließ, so daß nun diese lechzen nach dem lebendigen Gut. Diese Frau, du vorsichtiges Mädchen— ist meine Mutter! Sie vor den gaffenden Leuten zurechtzuweisen— dieses Schauspiel wollte ich ihr und mir lieber schenken. Es wunderte sich niemand in der Kette der die Wassereimer vom Fluß zur Feuerstätte, von Hand zu Hand weiterbefördernden Leute, daß Irene da ist. Es fragt niemand, wie sie gekommen ist. Alles ist selbstverständlich, und alles ist unerhört, furchtbar und herrlich. Die Flammen haben noch nicht halt gemacht vor den silbernen, schräg=steil emporsteigenden Wasserschlangen. Mit unbändiger Gewalt fassen sie weiter in alle Kammern und Räume, die, nach dem prasselnden Jauchzen des fressenden Elements zum Bersten voll scheinen von gemahlenem und ungemahlenem Korn Ihr eigenes Jauchzen reißt die lodernden Goldzungen höher und höher empor. In ihrem Wühlen liegt grausames Zerstören. In ihrem Auswärts etwas wie aller Fesseln spottende Herrlichkeit. Irene, die außer in ihren Träumen noch keine große Feuersbrunst gesehen hat, starrt über ihre Hantierung weg mit großen vergeistigten Augen, straffen bleichen Angesichts, wie eine junge Seherin in die Glut. Als erschaue sie schon über Not und Schaden neues Leben, neue Kraft, neues Werden— so strahlen ihre Blicke. In tiefster, leidenschaftlicher Bewegung wirft sie selbst ihres jungen Lebens Kindertraum, alle Angst, alles Zagen, alle Bedenken hinein in den lodernden Brand. Nur glühende, von allen Fesseln befreite Liebe ist in ihr. Das will ie Wolf auf dem Heimritt sagen. Das Süßeste, was die Welt zu geben hat, den ersten glühenden, langen, zärtlichen Liebeskuß, hat sie von diesem Heimritt mit in ihre stille Kammer genommen. Es war nun alles recht, was war und was kommen würde. Sie war nun sein! Sie jauchzte„Mutter! Mutter! Mutter!“ in ihr weißes Kissen hinein die ganze Nacht. es der Mutter Flammen war sie es Irene hat das Wort von ihm nicht gehört. Aber es liegt in der Luft, es geht von Mund zu Mund. Die Menschen in dieser Stadt wissen mehr voneinander, als sie manchmal von sich selber wissen. Jeder Nerv in ihr, jede Faser ihres Herzens ist in körperlich schmerzhafter Weise gespannt. Die erregten Kinder an der Hand, steht sie unter den Dienstleuten auf der Landstraße und sieht in Gedanken dem Reiter nach, der jetzt wohl schon durchs Nordtor der Stadt über Heide, Feld und Moor nach der Brandstelle fliegt. Ihre Seele fliegt hoch in Sehnsucht. Könnte sie mit! Da— ein Augenblick— sie weiß nicht, wie es geschah— ist ihr Wunsch erfüllt. Sie kann es später nie sagen, nie schildern— ein dampfendes Roß hält vor ihr; eine Stimme befiehlt. „Wir brauchen alle Hände!“ hört sie nur aus den knappen, scharf kommandierenden Worten. Und ehe sie sich besinnen kann, fühlt sie sich emporgehoben.„Führt die Kinder ins Haus!“ bittet sie atemlos die Dienstboten. Der Köchin gefallige breite Hände bieten sich ihr als Steigbügel. Und dann nichts, nichts, als daß sie fliegt, daß sie, ohne von ihrem eigenen Willen etwas hinzugetan zu haben von zwei kräftigen Armen umschlungen, auf den Rücken des Pferdes gehoben wird. Und daß das Pferd mit seiner doppelten Last nun dahinrast, zu fliegendem Galopp angespornt. „Du! Du! Du!“ Eine flüsternde, dunkelwarme Stimme sagt es, sagt es wieder und wieder, sagt es in einem Ton, als lege der, dem die Stimme gehört, sein Leben in das Wort. Sie darf es nicht hören; sie möchte ihm und dieser glühenden, gefährlichen Stimme entfliehen— aber wohin soll sie denn fliehen, noch schneller, als das stiebende Pferd sie trägt? Ueber sich muß sie die glutenden Worte fluten lassen. Einhüllen lassen muß sie sich von ihnen, samt ihrem Schrecken, ihrer Angst, ihrem wilden Herzklopfen, ihrem zitternden, jubelnden Glück. „Nicht! Nicht!“ wehrt sie wohl ernst und flehend. Aber Wolfs Herz ist seit Tagen so bis zum Rand voll von gepreßtem, herrischem und doch verzagtem Empfinden, daß er sein Gefühl um so weniger zum Schweigen bringen kann, wie sein rinnendes Blut, sein fliegendes Roß. „Du mein Liebling! Du mein wunderbarer Liebling!“ sagt er unter glühendem Atem.„Lege deine lieben Arme um mich! Lehne dich fest an mich! Und nun höre, was ich dir zu sagen habe. Hörst du mich? Kein Halt steht mehr vor mir! Kein Druck liegt mehr über mir! Dort brennt mein Beruf, meine Laufbahn, die letzte Rettungsmöglichkeit für den Verschuldeten, den Leichtsinnigen, nieder. Und ich liebe dich! Mehr weiß ich nicht. Um meiner Geschwister willen tut mir es weh, was dort niederprasselt; für mich ist es, da ich dich liebe, da mein Nädchenjugend hatten Morgen im Tagesgrauen wollte schreiben, sie, die seligste Braut. Unter geworden. Die Flammenträume ihrer 2 sich erfüllt. Noch nicht freilich so völlig, wie sie es dachte. Sie hat sieben Wochen später noch in ein anderes Flammenmeer gesehen, nicht in das verzehrende Wüten und Rauben einer glühenden Feuersbrunst. Hundert und wieder hundert stiller, feierlicher Flammen ragten auf dicken, weißen Wachskerzen, die in silbernen Kandelabern brannten, zwischen Lorbeer= und Oleanderbäumen in hoher, mit alten Wappen und Geweihen geschmückter Halle um einen eichenen, silberbeschlagenen Sarkophag. Die darin ruhte in starrer, schwarzer Seide, mit dem silbernen Kreuz auf der Brust, mit kostbaren Spitzen geschmückt, war das Bild der Würde, der Vornehmheit, der lächelnden Ruhe. Und doch hatte die Baconin Hartenessen, diese stolze, stille Schläferin, den vor sieben Wochen erfolgten letzten Versöhnungsversuch ihrer Kinder mit unbeugsamer Härte kalt und schroff abgewiesen. Als Erben eines für alle unerwartet großen Besitzes standen die vier nun um die schlummernde Edelfrau, die der Tod auf einem ihrer derben Ritte, im schäbigen Bauernzeug, vom Die kuss.,, Derk* Nachlverkehr. „Wissen Sie, Ihre Betten erinnern mich auffallend an ein Schachbrett.“ „Wieso?“ „Es gibt da Läufer und Springer.“ Aus dem Gerichtssaal. Richter:„Sie sind gewiß, daß diese Frau die Angreiserin war?“ Klägerin:„Natürlich! Obgleich ich es nicht beschwören möchte, denn ihr wirkliches Gesicht hat wohl noch kein Mensch gesehen, weil sie es immer einen Finger dick mit Schminke belegt!“ A.A. Grautschau. Frau:„Nun hören Sie aber auf; vorige Wochs#erzühlten Sie mir eine ganz andere Geschichte?!" Bettler:„Ja... aber... die wollten Sto mir ja nicht Hauben!“ Bescheiden. „Reich möchte ich k.—! Das muß. man so viel Zaster hat, daß man jar nich alles nich sein! Das muß dämlich sein, wenn versaufen kannk“ Bedenkliche Wißbegier. Heinz hat eine„neue“ Tante bekommen; sie fragt den Kleinen, ob er sie nicht auch besuchen wolle. .=Gewiß!“ erwidert dieser.„Ich freue mich schon darauf, deine Wirtschaft zu sehen.“ „Wieso denn gerade meine Wirtschaft?“ fragte die Tante weiter. „Na“, erklärt Heinz,„Papa hat doch gestern gesagt: Bei Tante Marieist’ne nette Wirtschaft!" kgl. Unter Freundinnen. Von Anne=Marie Mampel. (Nachdruck verboten.) Egon wollte und sollte heiraten. Wollte— weil er des Unbeweibtseins müde war, sollte— weil sein Vater es so wünschte. „Ich stelle keine unbilligen Anforderungen an meine zukünftige Schwiegertochter“, pflegte der zu sagen.„Sie muß nur jung und gesund, anständig und aus einwandfreier Familie, vermögend, häuslich und anspruchslos sein.“ „Blond, schlank und hübsch aber auch“, ergänzte der Sohn, „musikalisch und naturliebend.“ Dagegen hatte der Vater nichts einzuwenden, wenn ihm auch des Sohnes Wünsche nicht so wichtig schienen wie seine eigenen. Die Grundlagen zu ersprießlicher Werbung waren somit geschaffen. Aber wo war sie zu finden, sie, die alle die gerechten und billigen Ansprüche erfüllte? Egon hatte keine Damenbekanntschaften. Mädchen, die man nicht heiratet, mied er aus eben diesem Grunde: die anderen aber nicht minder, weil es geschehen konnte, daß sie sich für einen anderen entschieden hatten. Also war guter Rat teuer. Ihn zu erlangen, wandte sich Egon an seine Base Theodora, eine nicht mehr ganz junge und ebensowenig schöne, aber um so lebenslustigere Frau, die, von ihrem Manne geschieden, ohne erheblichen Tiefgang vergnügt und kostspielig durchs Leben segelte. Und sie, die auf den schönen und sinnreichen Namen „Das Gottesgeschenk“ hörte, pflichtete ihm bei.— Gewiß, aus diesen und jenen Gründen war es höchste Zeit, daß er auf Freite ging. Und sie würde in ihrem weiten Bekanntentreise bestimmt ein blondes, blauäugiges, schlankes, hübsches, junges Mädchen finden, das gesund, anständig, vermögend, häuslich, anspruchslos, musikalisch und naturliebend war.— Er möge doch in vierzehn Tagen bei ihr eine Tasse Tee trinken. Bis dahin würde sie ihm Bescheid sagen können.— Die liebenswürdige Bereitwilligkeit der schwarzbraunen, ihn an Umfang und Gewicht bei weitem überragende Base berührte Egon, den Zaghaften, wohltuend und beruhigend. Erwartungsfrohen Herzens rückte er daher nach Ablauf der anberaumten Frist an, einen Blumentopf als Dank für die gehabten Bemühungen im Arm. Theodora, die eben mit unbezahlten Rechnungen ein gemütliches Feuer im Ofen entfacht hatte, empfing ihn in voller Herzlichkeit in einem pfaublauen, ausgeschnittenen Teekleid und hatte merkwürdig rosige Wangen auf lilienweißem Grund. Auch schien sie etwas schlanker und blonder geworden zu sein. Der Tee war von köstlichstem Aroma, das Backwerk aus einer erstklassigen Bäckerei. Die Brautschau aber hatte ihre Haken gehabt. Die Blonde war nämlich nicht vermögend und die Vermögende nicht blond. Er mußte sich also noch weitere vierzehn Tage gedulden. Und als er, mit einer Schachtel Konfekt bewaffnet, wiederkam, erzählte ihm Theodora, diesmal in einem hochgeschlossenen, weinroten Tuchkleid und noch etwas blonder und schlanker, von einer Musikelevin mit vielversprechender Zukunft und wenig verbürgter Vergangenheit und von einer schwindsüchtigen Naturschwärmerin. Nein, das war nicht das Rechte. Theodora gab es selber zu. Aber sie wollte alles, alles daransetzen, den Vetter glücklich zu machen! Sie schenkte ihm zur Beteuerung ihrer Worte einen langen, innigen Blick, sang darauf, sich selbst Gounods„Veilchen“, und bat ihn, nach vierzehn bei ihr vorzusprechen. Und als sie nach aller selbstlosen Mühe noch immer keine geeignete Braut für ihn gefunden hatte und ihm, blond, schlank und hausmütterlich, mit einem Tändelschürzchen und einer Handarbeit gegenübersitzend, selbstgebackenen Streuselkuchen anbot, stellte er demütig und bescheiden die schwerwiegende Frage, ob sie nicht vielleicht selbst... Theodora zierte sich erst ein wenig.— Gewiß... ja— von Herzen gern. Aber sie entspräche doch in manchem nicht so ganz seinen und seines lieben Vaters Ansprüchen.— Da ließ Egon sie nicht ausreden, steckte ihr den auf Vorrat gekauften Ring an die linke Hand und nannte sie sein liebes, füßes Dorchen, seine Gottesgabe. Daß man Theodora heißen kann, ohne eine Gottesgabe zu sein, und daß man eine Frau, die selber heiraten möchte, nicht auf Brautschau schicken darf, begriff er erst, als der Irrtum unabänderlich geworden war. ir:„Lassen Sie mich als Sklave vor Ihnen knien!“ ame:„Nein!— Aber als Freier.“ Dame:„Sie sollten bloß mal sehen, was mein Hänschen für schöne Gedichte macht. Und dabei ist er erst dreizehn Jahre alt.“ Redakteur:„Da sollten Sie die Hoffnung noch nicht aufgeben, gnädige Frau. Dem kann man das Dichten noch durch ne Keile austreiben!“ fh. Das dürfte genügen. „Papa, warum schießt der Mann nicht lieber mit'ner Kanone! Da würden sich die Leute doch bedeutend mehr erschraden? Unverständlich. Der Fußballverein„Kniescheibe“ hatte die Meisterschaft von Kleinmeckershausen errungen. Meinte der Vorsitzende:„Nu vasteh ick bloß nich, warum de Uja keenen Toufilmwagen jeschickt hat!" Beya. Zurückgewiesen. Jüngling:„Gnädige Frau, Sie sind doch die schönste Blüte in dieser herrlichen Natur.“ Dame:„Auch Sie passen trefflich in die grüne Umgebung.“ N. Ih. Frage den Zahn selbst. „Also, ich würde Ihnen den Wagen ja gern auf Kredit geben, Herr Baron! Aber haben Sie vielleicht irgendwelche Ausweise oder amtliche Papiere da— ich kenne Sie ja kaum?“ „Tja, warten Se mal, Ausweis hab' ich nicht da; aber hier ist’ne Vorladung zum Offenbarungseid— genügt das vielleicht?“ „Ilseken, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie verrückt die Männer nach mir sind!" „Hast recht, Lore, das kann ich wirklich nicht!“ Der musikalische Nachbar. „Gnädige Frau, ich bin der Klavierstimmer.“ „Aber, ich habe Sie ja gar nicht bestellt!“ „Ihr Nachbar hat mich zu Ihnen geschickt!“ 11. St. „Gestern war ich beim Zahnarzt!“ „Und tut denn der Zahn noch weh?“ „Ich weiß nicht, er hat ihn dabehalten!“ Unwahrscheinlich. „Nun, wie hat dir das neue Stück gefallen?“ „Gar nicht! Die Handlung ist zu unwahrscheinlich. Der ette Akt spielt drei Jahre nach dem ersten— und die Leu# immer noch dasselbe Dienstmädchen!" HI. Klug. Sie: Bist du gestern abend auch wirklich auf deinem Büro gewesen, Max?“ Er:„Eine kluge Frau fragt ihren Mann nicht so.“ Sie:„Aber der kluge Mann darf fragen, wenn es seiner Frau Er:„Oh. Else, kluge Männer haben überhaupt keine Frauen!" b. b. „Herr Zeuge, ich muß Sie ermahnen, bei der Wahrhett zu bleiben. Sie geben an, einen Bruder zu haben. Ihrs Schweiter sagte aber, sie hätte zwei!“ Die Brau und ih.. 10 3e5 Die Vortreffliche. Knoll ist Witmann gewesen, jahrelang. Man hat ihn bedauert. Auch jahrelang, obgleich er jedem versicherte, daß er nicht zu bedauern wäre. Gewiß sei es ja damals kurz nach dem Tode seiner Frau alles sehr viel anders geworden, aber er könne nicht sagen, schlechter; im Gegenteil, denn— er hätte doch eine ganz vortreffliche Wirtin. „Eine Wirtin kann niemals das sein, was eine Frau ist!“ beharrten eigensinnig Knolls gute Bekannte, speziell seine verbeirateten Freunde.„„.44 L42uug fia6 u Knoll antwortete ihnen nicht darauf, ließ sich weiter von seiner Wirtin betreuen und war ganz von ihrer Vortrefflichkeit durchdrungen. 4an umd Manst, und 2u2 8. Darüber vergehen Wochen und Monate, und aus den Wochen und Monaten werden Jahre.—„„ Eines Tages macht sich Woll auf, um seinen Freuno Knoll zu besuchen, weil der sich schon eine ganze Zeit unsichtbar Wie staunt Woll, als er Knoll beim— Stiefelwichsen antrifft, und er kann es nicht unterlassen, zu fragen: „Rudolf, hast du denn deine tüchtige Wirtin nicht mehr?“ Knoll wird verlegen, schaut sich erst vorsichtig um, bevor er ganz kleinlaut antwortet:„„, 45s6m Shiet. „O doch, Karl— aber ich habe sie inzwischen geheiratet!“ „Ich bin zu bang, mich zu freuen...“ „Ich bin zu bang, mich zu freuen!" Das ist nur ein kurzer Satz. Dennoch wirken diese Worte ergreifend und erschütternd für den, der ihren Sinn ganz erfaßt. In diesem einen Satz kiegt die unselige Zermürbung, die das Leben vielen Menschen brachte. Es ist ein ausgesprochen weibliches Wort. Man hört es fast nur von Frauenlippen. Es schließt in sich all die bitteren Enttäuschungen. die ein Mensch durchgemacht haben muß, ehe sich ihm diese Worte auf die Lippen drängen. Ich sehe noch die blasse, kleine Frau vor mir, der ich vor einiger Zeit begegnete. Fast alles, was das Leben an Schönem und Angenehmem bot, hatte diese Frau verloren. Von einem großen Menschenglück war ihr als einziges der Sohn übriggeblieben, der ins Ausland gegangen war. Als ich sie traf, teilte sie mir die baldige Heimkehr dieses Sohnes mit. „Da sind Sie aber sicher glücklich, liebe Frau Grete?“ meinte ich lächelnd.„Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich freuen müssen!".47, zust umk ärhar unm Cem Oichen a. Doch da kam es leise, fast unhörbar, von den Lippen der nderen: Ach, ich bin ja zu bang, mich zu freuen! Das meiste, Wohl habe ich versucht, ihr ein wenig Mut und Selbstvertrauen wieder einzuflößen. Aber es war schwer, dieser niedergedrückten Seele die verlorene Spannkraft zu geben. Die verlorene Spannkraft— das ist es! Daran fehlt es! Aber nicht von außen her kann uns die kommen. Die muß uns aus unserem Inneren erwachsen. Wodurch aber haben die meisten ihre Spannkraft eingebüßt? Hauptsächlich durch den Mangel an Gottvertrauen. Man hat es in der Not der Zeit verlernt, auf den zu bauen, der stärker ist als die Nöte dieser Zeit. Man hat die Fähigkeit eingebüßt, sich innerlich zu sammeln. So erstarkt man nicht durch Ueberwinden der Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten, sondern man wird von ihnen zermürbt und niedergedrückt. Es liegt in dem Wort„Ich bin zu bang, mich zu freuen!“ auch etwas Abergläubisches. So gibt es viele, die jedem ausgesprochenen Wunsch schnell ein„Unberufen!" beifügen oder die gar mit dem Finger unter den Tisch klopfen, zur Abwendung etwaigen Unheils! Das Seltsamste aber ist, daß diese Menschen nicht einmal ausgelacht werden! Man hat sich an diese lächerliche Beschwörungsart gewöhnt, findet sie sogar ganz vaturuch.„ 7###cher Abevimst in 8.5 bi. 8ahWer aber fest davon überzeugt ist, daß die Fäden irdischen Geschehens in Gottes Hand ruhen, der wird nie und nimmer zu solch kindischen Mitteln seine Zuflucht nehmen. Wo uns der Himmel selbst einen Lichtblick eröffnet, wenn er wieder der Himmel„selhft, einen Lichtblick eröffnet, wenn er wieder durch graue Wolken ein wenig Blau hindurchschimmern läßt, darf man sich die Vorfreude auf glücklichere Zeiten nicht durch das verzagte Wort verderben:„Ich bin zu bang, mich Teuen„dher Fir Arent: Iun uuns eicht uuraA Soviel ist sicher: Eine Freude kann uns nicht durch die hoffnung auf Erfüllung und die köstliche Vorfreude zerstört werden. Denn wie jedes Leid von Gott kommt, so kommt auch jede echte Freude von ihm! Smada, Das Kind geht spazieren. Im allerbesten Wohnviertel unserer Stadt, wo die Gärten noch prächtig die Straße begleiten, gingen die beiden vor mir her: ein seines, kleines Mädelchen von vielleicht acht oder neun Jahren, wunderschön angetan in einem hellen Mäntelchen, unter dem ein Seidenkleidchen hervorkam. Das kleine Ding sah deutlich nach Geburtstagskaffeebesuch aus und trug ein zierlich eingewickeltes, schleifengeschmücktes Päckchen in der Hand. Neben dem Mädelchen ging ein hübsches Fräulein unter einem billigen, aber schicken Hütchen und führte das Kind an der Hand. Die beiden gingen langsam, im Spazierschritt, vor mir her und schienen in eine wunderschöne Unterhaltung vertieft. Aber als ich sie fast eingeholt hatte, hörte ich:„Fünfzehn und neunzehn?" Lange Pause. Dann ein zögerndes Stimmchen:„Sechsunddreißig...?“. Empörtes:„Aber Elli! Fünfzehn und neun?“ Das Fräulein rechnet mit dem kleinen Mädel auf dem Spaziergang! Kindertragödie, die immer wiederkehrt! Da ist odue bene esäise Khäche ae ie eis chäiche geht, kann das Fräulein ja während der Zeit mit ihr ein bißchen rechnen.“ Und fortan geschieht es so. Da geht nun ein kleiner Mensch durch einen hellen Tag und möchte nach den Tauben und den Spatzen sehen, die über die Zäune fliegen, möchte die kleinen Blumen betrachten oder einen blühenden Baum, dreht das Köpschen nach einem großen Hund oder nach einem glänzenden Auto, das vorbeikommt, denkt an das Märchenbuch daheim oder an den Geburtstagskuchen, der auf sie wartet— aber in die Viertelstunden des Ausspannens und der Vorfreude klirrt immer wieder die dumme Frage:„Wieviel ist fünfzehn und neunzehn...*“ Was verlangen denn eigentlich die Eltern von ihrem Kind?! Würden sie selbst es sich gefallen lassen, daß man sie auf einem Spaztergang aus der Freude am Atemholen, am Blumen= und Tieresehen oder auf dem Wege ins Konzert, ins Theater herausreißt mit dem Verlangen, französische Vokabeln zu lernen oder sich Stenogrammsigel vorzustellen! Würden sie es sich gefallen lassen, daß man sie um die Erholung bringt? Um die Vorfreude? Um ein bißchen Träumen und Nichtstun? Warum belasten sie also ihr Kind damit? Abgesehen davon, daß es eine sinnlose Quälerei ist, von einem Kinde, das spazieren= oder zu einer Kindereinladung geht die konzentrierte Aufmerksamkeit zu verlangen, die eine wenaufgahe fordert— es ist auch ein pädagogischer Fehler und, pfychologisch gesehen, eine Dummheit. Der Kräfteverbrauch, der da getrieben wird, ist viel zu groß, als daß ein Kind ihn leisten kann. Entweder es rechnet richtig, dann erschöpft es sich in der doppelten Arbeit der erzwungenen Aufmerksamkeit und der unbewußten Hingabe an die Freuden des Schauens; oder es rechnet falsch— was meistens der Fall sein wird—, und die schlechte Leistung, die ihm fortwährend zum Bewußtsein gebracht wird, veranlaßt das Kind, sich selbst zu unterschätzen, das Zutrauen zu sich völlig zu verlieren und nun erst recht in dem gleichen Fach, das da geübt werden soll, für immer zu versagen. M. W. Kapitalien in Frauenhänden. Durch die Hände der Frau geht der größte Teil des Gesamteinkommens einer Nation. Mit dieser Erfahrungstatsache weist man gern auf die besondere Bedeutung hin, die das Schaffen und Walten der Frau für den volkswirtschaftlichen Kreislauf der Waren, der Leistungen und des Geldes hat. Aber die volkswirtschaftliche Funktion der Frau erschöpft sich nicht in der Ausgabenwirtschaft; ihr fällt auch auf dem Gebiete aufbauender Arbeit eine wichtige und überaus bedeutsame Funktion zu. In einer gar nicht groß genug einzuschätzenden Zahl von Familien ist der Mann der erwerbende, aber auch nur der erwerbende Teil. Das Erworbene zu erhalten und es zu mehren, ist die natürliche Mission der Frau. In der Frau dürfen wir die berufene Hüterin und Walterin des Familienvermögens erblicken. Gerade bei einer so vertieften Auffassung des Familienbegriffs, wie sie unserem Volke eigen ist, können wir schon aus frühester Zeit das Loblied der Frau dahin vernehmen, daß sie kostbares Linnen und anderes wertvolles Gut in den Truhen anzusammeln versteht. Unter den modernen Verhältnissen ist an die Stelle einer Anhäufung von Sachwerten die Bildung eines geldlichen Vermögens getreten. In der Erhaltung und Vermehrung des Familienvermögens tritt die Frau in unmittelbaren Kontakt mit jenem volkswirtschaftlichen Berufsstand, dem die Verwaltung des Volksvermögens als besonderes Aufgabengebiet zufällt. Als die Treuhänder des Volksvermögens, als die Verwalter und Verteiler der in den Familien sich ansammelnden Kapitalien üben die privaten Bankunternehmungen eine Funktion aus, die gerade in einer Epoche des wirtschaftlichen Aufbaus eine besondere Bedeutung erhält. Wie aus vielen kleinen Quellen ein gewaltiger Strom wird, so fließt aus den Mitteln vieler Einleger der große befruchtende Strom arbeitsspendender Kapitalien in alle Kanäle des Wirtschaftslebens. Was heute eine Familie als Einlagekapital der Bank übergibt, kann morgen schon als produktiver Kredit einem Mittelstandsbetrieb zur entscheidenden Förderung geworden sein. Fast zehn Milliarden Mark haben die privaten Bankunternehmungen so als Betriebskredit an eine fast unübersehbare Zahl kleinerer und größerer gewerblicher Unternehmungen gegeben. Anf eschalchse Kostaserie eu. lcliche Verisce. 95 träge von mehreren tausend Mark— ja, wie man bei Gelegenheit erfährt, Beträge von zehn=, zwanzigtausend Mark und mehr zu Hause verborgen zu halten, ist allein schon wegen der Gefahren ein Unfug, die durch Brand oder Einbruch für das aufbewahrte Kapital gegeben sind. Neben dem weiter damit verbundenen Zinsverlust muß eine solche Zurückhaltung von Geldbeträgen aber auch als unsozial bezeichnet werden. Sie bekundet jedenfalls einen Mangel an volkswirtschaftlichem Gemeinschaftsgefühl und sozialer Verbundenheit. Indem der Besitzer derartiger Beträge sein Kapital dem ortseingesessenen Bankinstitut anvertraut, wird er zum Paten einer neuen Welle von Arbeitsbeschaffung. Die angesammelten Vermögensbeträge zum Wohle des Volksganzen als Betriebsmittel zu verteilen— die Erfüllung dieser Aufgabe müßte Stückwerk bleiben, wenn nicht der aufbauende und kapitalbildende Teil der Bevölkerung die sich ansammelnden Beträge den Banken als den berufenen Sachwaltern der Betriebsmittelverteilung anvertraut. Der Frau als der Hüterin und Walterin des Familienvermögens wird der Bankier gleichzeitig der sachkundige Berater. Ein Blick in die Schalterhallen unserer Provinzaktienbanken wie in die Geschäftsräume der Privatbankiers zeigt denn auch ein enges Nebeneinander von schaffenden Menschen aller Stände, deren Arbeitsertrag in der Weiterleitung durch das Bankunternehmen zum arbeitsspendenden Lebensstrom wird. Wie hoch man die Rolle der Frau im Kräftespiel der Volkswirtschaft einsetzt, läßt unter anderem die Tatsache erkennen, daß in neuerer Zeit fast alle Hausfrauen plan auch die rinnen ausgenommen haben. Man will damit schon be werdenden Hausfrau das Verständnis wecken für die bedeutsamen Aufgaben, die ihrer in der Erhaltung und Mehrung des Familienvermögens harren und die sie damit zugleich in der Erhaltung und Mehrung des Volksvermögens zu erfüllen hat. Dr. B. Die Lüftung der Wohnung. Wir atmen in 24 Stunden etwa 9000 Liter Luft ein und nehmen nur 3 bis 4 Liter Nahrung zu uns. Das besagt, daß die Lüftung der Wohnung ungeheuer wichtig ist. Die kühle Zimmerluft im geschlossenen Raum während warmer Tage verdirbt sehr schnell; im Winter ist die Zimmerlüftung bei kurzem Oeffnen der Fenster äußerst gründlich. Die Bauweise ist zwar auf die Devise„Sonne, Licht und Luft fürs Haus“ abgestimmt, doch gibt es immer noch genug Menschen, die in alten Wohnungen hausen müssen. Diese Häuser sind nicht gerade ideal gebaut. Die Straßen und Höfe sind eng, weil der Grund und Boden teuer ist, so daß er weitgehend ausgenutzt wurde. Hier haben Luft und Sonne sowieso wenig Zutritt— um so schlimmer, wenn nun noch die Lüftung vernachlässigt wird. Das beste Mittel, im Frühjahr, Sommer und Herbst schnell gute Luft in die Zimmer zu bekommen, ist Durchzug. Gesundheitlich Empfindliche werden protestieren, aber wer sagt ihnen. daß sie sich selbst in die Zugluft setzen oder stellen sollen? Deshalb wird tunlichst so verfahren, daß zuerst das eine Vorderzimmer und ein Hinterzimmer, dann die Küche und das andere Vorderzimmer, und so fort, gelüftet werden. Auch können tags die Schlafzimmer durchlüftet werden und nachts die Wohnräume. Sehr empfehlenswert ist auch, die Luft dadurch zu reinigen, daß im Sommer der Fußboden mehrmals am Tage recht feucht aufgewischt wird. Nasse Laken können beim Lüften vor die offenen Fenster gehängt werden, dann dringt die warme Luft nicht ein und es bleibt trotzdem im Zimmer kühl. Regenfeuchte Kleider, geschmierte Schuhe, nasse Windeln, Petroleumlappen usw. dürfen im Sommer keinesfalls in Wohn= und Schlafräumen vorzufinden sein, ebenfalls keine Speise= und Obstreste. Reine Luft und peinlichste Sauberkeit sind im Sommer für die Gesundheit unerläßlich! G. R. Schreibfaulheit. Schreibfaulheit ist ein weitverbreitetes Laster. Und wenn auch im allgemeinen Faulheit auf irgendeinem Gebiet nicht zugegehen wird— den Vorwurf der Schreibsaulheit läßt man gelassen gefallen; hat man durch ihn doch eine Entschuldigung für Nichtschreiben, die meist verständnisvoll angenommen wird. Und wie steht es in Wirklichkeit? Das„Nichtschreiben" basiert, man darf es drehen und wenden wie man will, nur auf Interesselosigkeit. Trägheit, Bequemlichkeit lassen das Schreiben nicht zu. Die Zeit zum Schreiben wäre vorhanden gewesen; es macht aber zuviel Umstände und Mühe, dem Freund, Bekannten oder Verwandten einen brieflichen Gruß zu senden, ihn nach seinem Wohlergehen zu befragen, ihm vom eigenen Leben zu erzählen. Oft findet man, daß beruflich sehr in Anspruch genommene Personen sich schneller zu einem Brief ausschwingen als oberflächliche Gesellschaftsmenschen. Arbeitende Menschen haben meist ein größeres Pflichtbewußtsein; auch verstehen sie es besser, ihre Zeit einzuteilen. Viel tut aber auch die gute Erziehung; früher wurde darauf hingewirkt, an allerlei Verwandte zu schreiben, wenn es auch manchmal unangenehm und unbequem war. Dieser Zwang förderte den Familiensinn und erzog zur Rücksichtnahme. Wiezwischen dem Briefwechsel werden, je nichtssagender und interesseloser werden meistens die Briefe. Das ist sicher. Und es ist oft genug sehr schade, durch eigene Schuld mit einem lieben Menschen völlig auseinander zu kommen. Isabella. Die praktische Hausfrau. k. Rußbildung im Herd zu verhindern. Verbrennt man Kartoffelschalen und Gemüseabfälle im stark brennenden Herd, so wird man finden, daß der dadurch sich entwickelnde feuchte Dampf den angesetzten Ruß mit fortnimmt. Dadurch spart man einige Herdreinigungen durch den Schornsteinseger. k. Kaffeemühlen zu reinigen. Das Reinigen der Kaffeemühlen sollte von Zeit zu Zeit vorgenommen werden, und zwar kann es auf ganz einfache Weise geschehen: Man mahle weißen, feinen Sand mehrmals durch die Mühle, wobei alles Unsaubere mit fortgenommen wird und die Mühle wieder in tadellosem Zustand ist. f. Störrisches Haar wird wieder weich, wenn man es mit Brillantine, die in der Drogerie erhältlich ist, einreibt und es dann mit einer weichen Bürste behandelt. Die Haare müssen nachdem unter eine Frisurkappe oder ein Häubchen gebracht werden. k. Kopfschmerzen. Ein gut helfendes Mittel gegen Kopfschmerzen ist das Einreiben der Stirn mit Pfefferminzöl. Man muß aber gleich hinterher die Hände waschen und darauf achten, daß nichts von dem Oel in die Augen kommt, da es brennende Schmerzen verursacht. Kaninchen in allerlei Zubereitung. Kaninchenbraten mit Weintunke. Ein Kaninchen wird sorgfältig vorgerichtet, dann in eine Bratpfanne in zerlassene Butter gelegt und mit gehackter Petersilie und entgrätetem Hering oder Sardelle bestreut. Man läßt das Kaninchen anbraten und überfüllt es dann beim Weiterbraten mit Apfelwein und mit der sich bildenden Bratenbrühe. Die Tunke wird, sobald das Fleisch weich genug ist, mit einer braunen Mehlschwitze verkocht, mit etwas Zitronensaft gewürzt und über dem in Stücke geschnittenen Fleisch in erwärmter Schüssel angerichtet. Kaninchen in Tomatentunke. Das enthäutete, gespickte Kaninchen wird in Stücke zerlegt, d. h. man schneidet den Rücken in zwei bis drei Teile und läßt die Beine ganz. Nachdem das Fleisch mit zwei Zwiebeln in Butter angebraten ist, gießt man so viel Wasser und Rotwein zu gleichen Teilen hinzu, bis das Fleisch bedeckt ist. Das Kaninchen wird darauf langsam weich gedämpft, dann aus der Brühe genommen und mit Tomatenmark gewürzt. Die Tunke wird sämig gemacht, durch ein Sieb getrieben und über das Kaninchen gegossen. Kaninchen mit Reis. Das Fleisch von den Knochen lösen und in Würfel schneiden und die Knochen in einem Liter Salzwasser kochen, die Fleischwürfel in Schweinefett mit Zwiebel anrösten, pfeffern und unter Zusatz von etwas Brühe nahezu weich schmoren. 250 Gramm Reis brühen, unter das Fleisch rühren, dann so viel Brühe darauf, daß der Reis gut bedeckt ist, worauf man das Ganze auf schwachem Feuer so lange dünsten läßt, bis die Brühe aufgesaugt und der Reis weich, aber noch ganz ist. Nach Bedarf etwas Brühe nachgießen. Kaninchengulasch. Das Kaninchenfleisch wird in Würfel geschnitten, die Knochen in wenig Salzwasser gekocht. Dann zerläßt man etwa 200 Gramm Speck, gibt eine große, geschnittene Zwiebel, das Fleisch, Salz und eine Prise Paprika dazu, brät das Fleisch unter öfterem Umrühren recht scharf an und läßt es unter Beigabe der Brühe zugedeckt etwa 1½ Stunde schmoren. Dann gibt man nach Bedarf Brühe dazu und bindet alles leicht mit Kartoffelmehl. Mit Paprika recht pikant abschmecken, eventuell etwas saure Sahne hinzufügen. Kaninchenpfeffer. Kopf, Hals, Rippen, Läufe, Herz, Lunge und Leber des Kaninchens werden in etwa 1½ Liter Wasser mit 1/mp Liter Essig, einigen Gewürz= und Pfefferkörnern, Salz und einem Lorbeerblatt weichgekocht. Dann löst man das Fleisch von den Knochen, schneidet es in Stücke, passiert die Brühe und läßt sie bis zur Hälfte einkochen. In 100 Gramm Schweinefett dunkelt man ebensoviel Mehl, löscht mit der Brühe ab, gibt das Fleisch zu und kocht alles noch einmal auf. Mit Zitronensaft pikant abschmecken. Kaninchensuppe. Alles Fleisch wird von den Knochen entfernt und in kochendem Salzwasser ein Weilchen gekocht, dann abgekühlt und feingehackt. Die Knochen werden zerhackt, mit ein bis zwei Zwiebeln und zerschnittenem Suppengrün in genügendem Wasser ein bis zwei Stunden gekocht, dann die Brühe durch ein Sieb gegossen, mit etwas in Butter gelb geröstetem Mehl verkocht und mit Pfeffer, Salz und Muskatnuß gewürzt. Aus dem feingehackten Fleisch wird mit Eiern. geriebener Semmel, Salz, Pseffer. etwas Milch oder zerlassener Butter ein guter,„Haltparer„Klöschentelg genacht. werden Klößchen geformt, die in der Brühe noch eine Stunde cht, nit dem Schaupalössel heraus* ein guter, haltbarer Klößchenteig gemacht. Dav werden Klößchen geformt, die in der Brühe noch eine Sim kochen müssen. Nach Belieben können die Klöße auch für allein in Salzwasser gar gekocht, mit dem Schoumlössel her genommen und in die fertige Suppe gelegt werden. (6. Fortsetzung.) „Nun, jeder nach seinen Mitteln und wenn einer Artischocken liebt, fragt er nicht, ob die Gemüse, die er nicht mag, teurer sind...“ Sie zuckte die spitzen Schultern:„Obwohl — Geschmack hat er, der Freiherr Janne. Sie müssen sehen, daß Sie noch hier sind, wenn er sein Diner gibt, Herr Petersen. Vielleicht läßt er das Schloß malen, er ist reich genug, einen direkten Auftrag zu erteilen! Wie reizend das sein muß, sich sein Haus malen lassen zu können! Sie müssen sich das Schloß mal ansehen, allein die Tür ist ein Wunderwerk! Der alte Freiherr hatte sie mal aus Italien mitgebracht, ein herrliches Stück Schnitzerei. Aus dem Vatikan soll sie stammen, einer der früheren Päpste soll sie sich aus Liebhaberei für sein Privatgemach haben schnitzen lassen. „Die Tür zum Höllenparadies!“ wiederholte der Maler. Soeitor enstrer 10t„Glauben Sie, daß die Menschen inzwischen besser geworden sind?" fragte der Arzt trocken.„Zwischen Hölle und Paradirs pendeln wir alle hin und her.. Sich aus beiden das Beste herauszuholen, ist der ganze Witz!“ „Ja, das ist es!“ Markus stand auf, verabschiedete sich. „Ich muß morgen zeitig aufstehen, das schöne Wetter muß ich ausnutzen, ich mache alle Skizzen bei hellstem Sonnenschein, und wer weiß, wie lange der noch hält—“ Er ging, nachdem er dem Freunde die Hand geschüttelt und dem Ehepaar noch höflich für die Einladung gedankt beike. „Solch' gute Manieren findet man seiten bei einem Kunstler,“ anerkannte die Apothekerin. Sie konnte sich nicht zum Heimgehen entschließen, solange noch eine halbe Flasche auf dem Tisch stand.„Wie kam er gerade auf Heemskrona? Bisher ist hier nie gemalt worden! Ob sich da im Pfarrhaus was anspinnt? Ist die Sophie nicht Diakonissin in Kopenhagen? Da haben sie sich vielleicht kennengelernt!“ „Keineswegs. Ich machte ihn selber erst mit der Familie bekannt,“ sagte der Doktor.„Fräulein Sophie ist auch kaum jung genug. Doch wenn die Skizzen Sie interessieren?“ Er holte die begonnenen Bilder heraus und stellte sie unter die elektrische Beleuchtung. Die Apothekerin verstand nichts von der Malerei, ihr genügte es, daß sie alles„erkennen“ konnte, was es darstellte. Das schien ihr künstlerisch genug und sie lobte immer wieder das„gemütvoll aufgefaßte Haus“, und meinte:„Und schau einer, wie ähnlich die Gertrud ist! Richtig zu erkennen... Ordentlich mit Liebe ist das gemalt, nicht wahr, lieber Doktor?“ „Kommst du nach...?— im Vergleich mit dem Tier, ja, auch mit dem kulturell niedrig stehenden Menschen der Wildnis sind unsere Sinne entschieden grobe zu nennen. Unsere Nase ist stumpf, unser Ohr faßt nicht den dritten Teil dessen, was andere Geschöpfe erfassen. Unser Auge bedarf der Brillen und Ferngläser, unsere Zunge unterscheidet nur direkte Reize, unser Gefühl— Tastsinn wie Eindrucksempfindung — liegt in den Anfängen... „Nicht so rasch, Onkel Janne!“ Eline bemühte sich, ihre Finger so schnell wie möglich über die Tasten tanzen zu lassen, aber weil sie gleichzeitig versuchte, den Sinn des Diktates zu begreifen, um keinen Unsinn zu schreiben, ward sie oft wirr. Der Freiherr merkte es kopfschüttelnd.„Du sollst nur die Worte schreiben, die Worte, verstehst du? Was sie bedeuten, muß dir gleichgültig sein!“ „Aber— wenn ich den Sinn nicht kapiere, könnte ich etwas auslasserg „Der Maschinenschreiber hat nur eine Maschine zu sein, der durch sie wiedergibt, was er hört. Ungebildete Personen sind, deshalb für dies Amt die besten, soweit sie nicht nachsenken, sondern mechanisch arbeiten. Bei ihnen ist freilich die Gefahr, daß sie über Fremdwörter stolpern... du bist merkwürdig sicher darin, kleines Mädchen, du mußt gute Schulen besucht haben!“ „Das schon. Das Meiste aber verdanke ich Großmutter. Sie lehrte mich alles, was ich in der Schule nicht richtig begriff. Sie war so klug. Hast du sie nie gesehen, Onkel Banne?“ „Nein. Wenn das Bild auf deinem Nachttisch sie darstellt, so gleichst du ihr nicht.“ Flüchtig dachte Eline, wann er wohl in ihrem Zimmer gewesen sei?„Ich soll meinem Vater gleichen, findest du es auch? Mutter war dunkelhaarig... Sie sah zu ihm auf, sein Blick ruhte seltsam auf ihr, so daß sie rasch die Lider senkte.„Deine Mutter... begann er nachdenklich. Verlor sich in Sinnen:„Wie lange ist es her, daß sie starb?“ „Oh, sie starb kurz nach meiner Geburt; ich erinnere mich nicht an sie. Es gibt ein wundervolles Gemälde von ihr, das hat Großmutter leider verkaufen müssen, da sein Kunstwert hr hoch war und wir Geld brauchten. Ich besitze eine sotographie davon.— Aber wenn ich von meinen Eltern sprach, trat immer solch Schmerzensausdruck in Großmutters Gesicht, daß ich schwieg. Vielleicht hätte sie mir aber mehr von ihnen erzählt, wenn sie gewußt hätte, daß sie so schnell sterben würde——“ „Ich denke, sie ist jahrelang krank gewesen?“ „Das wohl. Bei guter Pflege hätte sie aber noch lange leben können, und sie sprach oft von meiner Mündigkeit, die sie ganz bestimmt zu erleben dachte. Der Herzschlag, der sie mir raubte, trat völlig unerwartet ein. Ach— und ich war gerade abwesend! Fand sie tot, als ich von einem Besorgungssang zurückkehrte!" Eline schlang die Hände ineinander. Die Erinnerung packte sie grimmig, doch es gelang ihr, die Tränen zurückzuhalten. Sanft strich der Onkel über ihr Blondhaar.„Armes kleines Mädchen! Solch bescheidenes kleines Leben und doch schmerz genug! Nun, das Leben hat noch viele Freuden r dich! Wie für jeden Menschen. Ist nur die Frage, was der daraus macht... Die goldene Rokoko=Uhr auf dem Kaminsims tat ihre keinen Schläge. Der Freiherr stand auf.„Ich darf nicht vergessen, daß heute der Geburtstag des Apothekers ist! Töricht genug, daß ich mich mit den Leuten überhaupt eingelassen habe! Das bedeutet wieder einen verlorenen Tag. Langweile dich nicht zu sehr, kleines Mädchen, übe dich tüchtig in der Kurzschrift.— Und damit nach der Arbeit das Vergnügen nicht fehlt, habe ich vorhin ein Paket in dein Zimmer gelegt, darin sind Dinge, die ein junges Herzchen schon erfreuen können...“ „Oh— ich danke dir, Onkel Janne!“ Er lächelte.„Ich schließe ab, wie immer. Falls jemand klingelt, brauchst du dich nicht bemerkbar zu machen. In meiner Abwesenheit hat kein Fremder das Haus zu betreten.“ Eline bedeckte sorgsam die Schreibmaschine und säuberte Tisch und Geräte. Das war's, was dem Freiherrn ihre überraschende und keineswegs angenehme Gegenwart gleich in den ersten Wochen annehmbar gemacht: Diese zierliche Ordnung und Sauberkeit, mit der sie jede Beschäftigung erledigte. Es bleibt für einen Junggesellen doch ein eigener Reiz, seine Zimmer von liebevoller Frauenhand geordnet zu sehen.— Die alte Aufwärterin, mit der Eline auf seinen Wunsch nie zusammentraf, wunderte sich über sich selber, wie geschickt und sauber sie in der letzten Zeit geworden! Jetzt lief Eline eilig die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Der Nachmittag war reichlich ausgefüllt, wenn sie ihre Aufgaben erledigen wollte! Ach— diese greuliche Stenographie! Und sie wollte die Muße benutzen, an ihrem„Tagebuch“ weiter zu kritzeln.— Ob dieser Petersen bald mal wiederkam? Der Inhalt der Pakete in ihrem Zimmer entlockte ihr einen Freudenschrei nach dem andern: Zwei reizende Sommerkleider, ein Jackenkostüm, ein Dutzend Strümpfe, durchbrochen, gestickt, Flor und Seide, feine Wäsche,„zur Anprobe, wie ein Zettel besagte, der um Angabe bat, ob die bestellten Dutzende nach diesen Maßen auszuführen seien. Nein, wirklich. Eline konnte es nicht unterlassen, gleich anzuprobieren! Ein rosa Batistkleid, das ihr herrlich saß, begeisterte sie so, daß sie zum Onkel hinunterlaufen mußte, sich zu bedanken. Da hörte sie schon die Haustür knack sagen und lief schnell zum Fenster. „Onkel Janne!“ schrie sie hinaus:„Onkel Janne! Warte noch einen Moment!" Drei Stufen auf einmal nahm sie und stand dann atemlos vor ihm, der mit erschreckter Miene die Tür wieder aufgeschlossen... „Oh— ich mußte dir doch erst danke schön sagen, ehe du gingst!" stotterte sie.„Das ist ja alles viel zu viel und zu reich und schön für mich!“ Der Freiherr nahm ihre ausgestreckten Hände, und sein Schreck wandelte sich in staunende Freude.„Wirklich: Du bedarfst bloß eines Rahmens, um deinen Wert zu zeigen, kleines Mädchen!“ sagte er warm.„Mein Wort darauf, du sollst ihn haben, diesen Rahmen!" Er zog sie an sich und küßte sie.— Gleich darauf sagte die Tür wieder knack und Eline stand verwirrt dahinter, wahrend sein Schritt sich entfernte. Ja, sie hatte ihn küssen wollen vor Dankbarkeit und Seligkeit— wie man einen Onkel küßt. Aber— war das ein Onkelkuß gewesen? Unbehaglich ging sie in ihr Zimmer und begann zu schreiben. Aber sie hatte ein schlechtes Gewissen dabei. Ein Päckchen Blätter war vollgekritzelt, als etwas ins Zimmer fiel und vor ihr emporschlug: Ein Gummiball. Sie haschte ihn. Es war ein buntkarierter Ball, auf dem ein Zettel klebte:„Betrachten Sie den Ball unter diesem Papier!“ Da entdeckte sie eine sorgsam eingepreßte Oeffnung in der Rundung, und darinnen befand sich ein Brief. „Ich bin wieder auf der Mauer. Legen Sie schnell Ihre Post ein und werfen Sie mir den Ball wieder zu. Wenig Zeit, denn ich muß auch zum Essen, wie Ihr Onkel, können Sie mit mir reden, dann schnell! Stellen Sie jedesmal, wenn Sie Briefe zu besorgen haben, eine rote Blume oder sonst etwas Rotes an Ihr Fenster, ich kann es sehen. M. P.“ Sie lachte über diese romantische Sache! Rasch verschloß sie den Umschlag, vertraute ihn dem Ball an und lief in das Speisezimmer hinunter. Eines der mit feingeschmiedeten, weit ausladenden Gittern gesicherten Fenster öffnend, rief sie gedämpft:„Wo sind Sie? Ich sehe Sie nicht!“ „Aber ich kann Sie sehen... Wie ein Röslein schauen Sie aus, oder wie Dornröschen, das im verwunschenen Schloß sitzt! Rasch den Ball.— Werfen Sie ihn aber um alles nicht in den Garten. Besser von oben aufs freie Feld, über die Mauer hinaus. Das nächste Mal bringe ich einen braunen Ball, der den Erdschollen gleicht, oder einen grünen, der ins Gras fallen kann. Wie geht es Ihnen? Dem Aussehen nach gut.. nicht aber zum 2 mag ich nicht hinein!“ „Sie müßten sich einen heimlichen Ausgang suchen!“ „Das wäre eine Idee! Aber— wenn Onkel merkt, daß ich sein Vertrauen täusche?— Er ist rührend gut zu mir!“ „Wie ist das anders möglich!“ Eline hörte der Stimme an, daß Bewunderung darin lag und fühlte sich geschmeichelt. Es war bedauerlich, daß sie so gar kein Plauderstündchen abhalten und ihr Kleid bewundern lassen konnte. Fast mit Widerstreben warf sie den Ball— hiermit nahm die Zusammenkunft ja ein Ende! Allerdings sah sie ihren Reisegefährten jetzt endlich, wie er, aus dem Blättergewirr der Mauer springend, den Ball im Sprunge ergriff und einsteckte. Zu längerer Unterhaltung war die Entfernung doch zu groß. Ja, wirklich, sie saßen schon alle bei der Suppe, als er den ertsschrücten Saal des Holger Danske betrat, und „echtter nahm seinen Glückwunsch und seine Entschuldigung recht steif entgegen, taute jedoch auf, als der Maler sagte:„Erlaube mir, dem Gabentisch nebenan eine bescheidene Skizze beizufügen.— Dadurch, daß ich des Rahmens halber in die Kreisstadt fahren mußte, habe ich mich leider verpätet!“ „Aber— aber—! Solche Mühe meinethalben, haha! Das ist ja rührend! Eine Skizze sagen Sie?— Was stellt sie denn vor?“ Der Apotheker hielt als vorsichtiger Mann mit dem Dank noch zurück. „Ihre Gattin äußerte neulich, daß sie sich über ein Bild Ihres schönen Hauses ein wenig freuen würde. Deshalb gestattete ich mir, es von der Wohnung gegenüber aufzunehmen.“ „Sie sind ja ein Tausendsassa! In solch kurzer Zeit!— Und von Frau Kruse aus?— Ja, da sieht man die Altane des Eingangs am besten, ei, da bin ich begierig.— Aber essen Sie erst mal, Sie sind ganz außer Atem! Meine lieben Gäste, darf ich Ihnen den Kunstmaler Petersen präsentieren, dem unser schönes Heemskrona es angetan hat— ein Freund unseres lieben Doktors.— So, nun haftete Doktor Dandrup für diesen Fremden, das hatte der Apotheker schlau gemacht. Petersen setzte sich auf den leeren Platz, den der Wirt, der selber bediente, ihm zeigte. Der Riesentisch war rund, so gab es kein oben und unten, nur die Nachbarschaft zeigte wie gebührend Ehren und Würden der Gäste. Der Gastgeber hatte neben sich den Freiherrn und den Bürgermeister, der Maler sah sich zwischen dem Doktor und einem braungebrannten, untersetzten Mann unbestimmten Alters, dessen Gehaben auf einen Landwirt schließen ließ. „Es kommt ja jetzt gar kein Zug aus der Kreisstadt,“ sagte der Landwirt bedachtig, indes Markus sich eilig mit der Suppe beschäftigte.„Der Vormittagszug kommt um 11,30 Uhr, rief der Bahnvorstand,„dann ist Pause bis 4.28 Uhr; zwei Schnellzüge täglich, das genügt allen billigen Anforderungen, sollte ich denken!" „Ich fuhr mit dem Rad, erklärte Markus.„Man hatte mir den Rahmen mit der Post zu senden versprochen, und als er ausblieb, machte ich mich auf den Weg!" „Sind Sie Schnellfahrer? Die Post kommt um 10 Uhr, so lange mußten Sie doch warten, ob das Paket käme, ha? Zur Stadt braucht man mindestens zwei Stunden... sagen wir, bis 12,30 Uhr.. eine halbe Stunde Ruhepause, Rahmenkauf, zwei Stunden zurück, macht drei Uhr. Jetzt haben wir 20 Minuten nach 3 Uhr, und Sie löffeln bereits Ihre Krebssuppe! Allerhand Achtung!“ Markus kannte den Herrn nicht, der da sprach. Er war klein, unfrisch, seine Stimme klang scheltend, setzte den Angesprochenen ein für allemal ins Unrecht. „Ja, der Herr Amtsrichter!“ bewunderte sein Nachbar, der Buchhändler Velten:„Ein Großinquisator ist an ihm verloren gegangen!“ „Sie radelten um 3 Uhr an meinem Gemüsegarten vorüber,“ sagte Markus' linker Nachbar, ebenso bedächtig wie vorhin.„Demnach hätten Sie zur Zeit hier sein können.“ „An Ihrem Gemüsegarten?— Mit wem habe ich die Ehre?“ „Ach, mein Freund kennt Sie noch nicht, Herr Hafgreen? Markus, Herr Hafgreen ist der Pächter des großen Krongutes vor der Stadt, über den Friedhof hinüber, weißt du... das„Hofgut“ heißt es seit alten Zeiten. „Die Hafgreens sitzen schon seit Jahrhunderten darauf,“ sagte der würdige Vertreter dieser Familie. Und sah wirklich aus, als bliebe er sitzen, wo er einmal saß.„Es ist Tradition. Und der Staat weiß, wem das Hofgut eigentlich gehört. „Nun, eigentlich sollte es wohl den Schjerups gehören, sagte eine melodische Stimme über den Tisch herüber.„Sie wissen, Herr Hafgreen, daß die Trennung einstmals durch eine törichte Heirat zustande kam—“ „Davon steht in unserer Chronik nichts verzeichnet.— Törichte Heiraten mag es gegeben haben, aber nie bei den Hafgreens.“ Der Landwirt nahm sich eine große Portion zuchs.„Ein altes Bild aber zeigt, daß noch bei der Belagerung Heemskronas vor dreihunoert Jahren der Schloßbesitz nicht existierte, die unterirdischen Gänge und Wassergraben durchziehen den ganzen Boden von Heemskrona, wo der Friedhof liegt und alles zusammen heißt einfach: Hofgut. Der Friedhof wurde erst nach dem Krieg angelegt. „Tun Sie mir den Gefallen, nicht von Friedhöfen zu reden, wenn wir hier den köstlichsten aller Fische vor uns haben! rief der Bürgermeister.„Dieser Lachs ist herrlich! Eine Gottesgabe, für die man dankbar sein soll. Hab ich recht, Herr Pfarrer?“ „Ganz recht, Herr Bürgermeister!" Der Pastor sah heute weniger müde aus als sonst. Der Wein belebte ihn, er unterhielt sich angeregt.„„sfe 9 Markus betrachtete die Honoratioren vonl Intelesse. Wohl waren sie verstaubt, verwinkelt, veralltagt, doch meist gute Köpfe mit intelligenten Augen und männlicher Schädelbildung. Nur der Bürgermeister glich einer altfränkischen Hebamme, der Amtsrichter schien bereits versauert auf die Welt gekommen zu sein, und der Apotheker besaß zuviel steife Knochen. Der Maler nahm einen Bleistift aus der Tasche und zog verstohlene Linien in ein Skizzenbuch. „Dies Blatt fiel aus Ihrer Tasche,“ sagte Herr Hafgreen und schob ihm ein grünes, eigen geformtes Baumblatt zu. Verwundert nahm es Markus.„Das ist von einem ausländischen Baum, sagte der Doktor.„Wo hast du es her?“ „Keine Ahnung.— In diesem Augenblick sah er, wie gezwungen, empor in des Freiherrn Gesicht. Sonderbare Augen, dachte er, ihn aufmerksam prüfend. Die Pupille gar nicht recht rund, sondern vieleckig wie ein Stern und um sie herum laufen verschieden dunkle Kreise... „Das ist ein Blatt von einem Pawlownabaum,“ sagte der Freiherr, die Hand ausstreckend:„Ich dachte nicht, daß ein solcher in der Gegend wächst, außer in meinem Garten. Markus lächelte freundlich.„Wie interessant; das Blatt eines Baumes, den ich nicht kenne und der ausgerechnet im Garten eines Hauses steht, das mich außerordentlich interessiert.“ 8 A“ dieses interessanten Hauses zog die Brauen so malerisch wie die Apotheke?“ sagte er spöttisch. Es klang, als dächte er. der Maler suche Mittagessen=Einladungen gegen Bilder. (Fortsetzung folgt.)