Die„Schwerter Joitung“ erscheint wöchentlich sechs mol. Bezugsprets hatdmonatlich 1.20 Mork, 13 Pfg. Dunk u. Verlag von C. Braus, Schwerte(Ruhr, Postschechkonton: Dortmund 2652 und Hannover 21874. Geschöflastele: Große Marktstr. 3—5. Verantwortlich für die Schrifdleitene H. Linner, Schwerts. Hernruf 2770 Verbunden mit: Schwerter Tageblatt und Anzeiger Schwerter Volkszeitung Schwerter Volksblatt Westhofener Zeitung Aplerbecker Zeitung Langscheder Zeitung Holzwickeder Zeitung Snun, Schpore, Sanmz#w Schwerter Volksbla. Kreisblatt für den Kreis Hörde* Erstes und ältestes Tagesorgan Nr. 136(Erstes Blatt) des Kreises. Goueralanzeiger für den Kreis Hörde. 62. Jahrgang Neues in Kürze. Keine Auslandsanleihe des Reiches. pw. Berlin, 13. Juni.(Privattel.) Die meldungen, wonach das Reichsfinanzministerium eine Auslandsanleihe ausgenommen habe, oder wegen einer solchen in Verhandlung stehe, sind unzutreffend. Antrag der Deutschnationalen auf Amnestie. vdz. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Im Reichstag ist ein deutschnationaler Antrag eingegangen, der Straferlaß für die politischen Straftaten im vorigen Jahre, die von der Straffreiheit ausgeschlossen worden waren(sog. Femefälle), fordert. Der Antrag fordert weiter, daß anhängige Femeverfahren eingestellt und neue nicht eingeleitet werden, daß die Löschung amnestierter Strafen von Amts wegen erfolge und daß in den Verfahren, denen nach erfolgtem Freispruch die Amnestie ein Ende machte, den Betroffenen angemessener Ersatz der Barausgaben gewährt werden soll. Fragebogen zur Aktienrechtsreform. pw. Berlin, 13. Juni.(Privattel.) Das Reichsjustizministerium hat zur Aktienrechtsreform Fragebogen an die interessierten Verbände ausgegeben. Belgische Hetzpropaganda. pw. Berlin, 13. Juni.(Privattel.) In Belgien lassen eine Anzahl von Firmen Klebezettel auf Briefumschlägen befestigen, durch die die Hetze gegen Deutschland betrieben wird. Das Reichspostministerium hat am 3. ds. Mts. an die belgische Postverwaltung ein Schreiben gerichtet, in dem darauf aufmerksam gemacht wird, daß Briefe mit derartigen Bemerkungen nach den Bestimmungen des Weltpostvereins von der Beförderung ausgeschlossen sind, und hat die Aufforderung daran geknüpft, für eine Abstellung dieses Mißstandes zu sorgen. Vo“„ehren über Auflösung des lippischen ndtages. pw. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Die Rechtsparteien des lippischen Landtages, die zu der aus Sozialdemokraten, Demokraten und Volksrechtsparteilern bestehenden Regierungskoalition in scharfer Opposition stehen, haben, wie aus Detmold gemeldet wird, in gemeinsamen Verhandlungen beschlossen, ein Volksbegehren mit dem Ziele einer Landtagsauflösung durch Volksentscheid zu beantragen. Die Opposition beruft sich dabei u. a. auf die Art der Regierungsbildung im Frühjahr, auf den Mehraufwand für die Beamtenbesoldung und auf die Berufung eines Dissidenten zum obersten Leiter des Schulwesens. das Disziplinarurteil gegen den Waldenburger Oberbürgermeister. wtb. Breslau, 12. Juni.(Tel.) Der Disziplinarausschuß bei der Regierung Breslau verkündete gegen den Waldenburger Oberbürgermeister, Dr. Wießner, der wegen der Vorkommnisse bei der Ausgabe einer städtischen Anleihe seit 1. Februar vom Dienst suspendiert war, gestern abend das Urteil. Der Angeschuldigte wird wegen Vergehens gegen das Disziplinargesetz zur höchst zulässigen Geldstrafe, die in der Entziehung des Monatsbetrages seines jährlichen Diensteinkommens besteht, bestraft. Enthüllung einer Heine=Gedenktafel in Paris. wtb. Paris, 12. Juni.(Tel.) Heute vormittag wurde die von der Gesellschaft der Freunde Heinrich Heines der Stadt Paris übergebene Erinnerungstafel am Hause Nr. 3 der Avenue Matignon (Champs Elysees) angebracht. Sie trägt die Inschrift:„Heinrich Heine ist in diesem Hause am 17. Februar 1856 gestorben." Der Vorsitzende des Pariser Gemeinderats Lemarchand und der SeinePräfekt hielten Ansprachen. Studentenstreik in Mexiko. wtb. Mexiko, 11. Juni.(Tel.) Reuter meldet: Zweitausend Studenten sind heute nachmittag in den Streik getreten. Sie besetzten die Universität und bemächtigten sich mehrerer Beamter, die sie als Geiseln gefangen halten. Sie fordern die Abschaffung der monatlichen Prüfungen und den Rücktritt des Rektors. Die Sühne für den Vombenanschlag in Delhi. wtb. Delhi, 12. Juni.(Tel.) Die beiden Inder Bhagat Singh und Buteschtwara, die am 8. April d. J. den Bombenanschlag auf die gesetzgebende Versammlung verübt hatten, wurden zu lebenslänglicher Verbannung verurteilt. Der Handstreich von Euracao. wtb. Amsterdam, 12. Juni.(Tel.) Blättermeldungen aus Curacao zufolge ist in Willemstad als Vorsichtsmaßregel gegen eine Wiederholung ähnlicher Vorgänge, wie sie sich in der Nacht zum vergangenen Sonntag abgespielt haben, der Belagerungszustand verhängt worden. Es wird weiter berichtet, daß die venezolanischen Insurgenten, die den Ueberfall ausgeführt haben, inzwischen auf 2000 Mann angewachsen sind und sich in der Nähe des venezolanischen Hasenplatzes Como, den sie bereits vergebens angerissen haben, verschanzt paven. g.11(„„ 45 Der morgen nach Curacab In See gehende Panzerkreuzer„Hertog Hendril“ wird außer seiner gewöhnlichen Landungsdivision eine Abteilung Kolonialtruppen zur Verstärkung der in Willemstad befindlichen schwachen Polizeitruppen mit sich führen. Die Ungemeine und... gemeinschaft könne niemals einen Er Die Dekonzentration. vdz. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Der Gemeindeausschuß des preußischen Landtages setzte am Dienstag zunächst die Aussprache zu Paragraph 41 des Einführungssystems über die Dekonzentration fort. Ministerialdirektor Dr. von Leyden vertrat die Auffassung, daß für Barmen und Elberfeld die Dekonzentration nicht nötig sei, weil beide Städte sehr zusammengewachsen seien. Eine besondere Verwaltung sei entbehrlich. In der Aussprache widersprach Abg. Dr. von Kries(DN.) sehr lebhaft diesem Gedanken. Gerade BarmenElberfeld sei ein typisches Beispiel der Notwendigkeit der Dekonzentrierung. Wenn man diese Städte zusammenlegen wolle, so müsse man zum mindesten die Möglichkeit geben, besondere Verwaltungsstellen einzurichten. In der weiteren Aussprache empfahl Abg. Rhode(Wirtsch. P.) den Antrag seiner Fraktion, die Kann=Vorschrift vor der Dekonzentration in eine Muß=Vorschrift umzuwandeln Er ergänzte diesen Antrag dahin, daß die Möglichkeit gegeben werden soll, in besonderen Fällen von der Dekonzentration mit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde abzusehen. Damit schloß die Aussprache. Die Abstimmung wird später stattfinden. Die interkommunalen Arbeitsgemeinschaften. Der Ausschuß wandte sich dann der Aussprache über Paragraph 40 des Ausführungsgesetzes zu, der die Bildung zwischengemeindlicher Arbeitsgemeinschaften behandelt. Es werden die Gemeinden aufgezählt, die zur Förderung zwischengemeindlicher Zusammenarbeit zusammengeschlossen werden sollen. Ferner wird bestimmt, daß das Nähere durch Satzungen geregelt werden soll und daß ohne Zustimmung aller beteiligten Gemeinden die Satzung nicht bestimmen dürfe, daß Mehrheitsbeschlüsse die Minderheit verpflichten. Der Paragraph 40 besagt schließlich in diesem Absatz III, daß, wenn Stadtgemeinden oder Landkreise, die den Arbeitsgemeinschaften nicht angeschlossen sind, einer Arbeitsgemeinschaft beizutreten wünschen, der Beitritt erfolgen kann, wenn sämtliche in der Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gemeinden und Gemeindeverbände zuAbg. von Eynern(DVp.) äußerte zunächst als Berichterstatter starke Bedenken gegen die lose Form der Bildung von Arbeitsgemeinschaften. Er warf die Frage auf, ob diese öffentlich=rechtliche Korporationen darstellen. Ministerialdirektor Dr. von Leyden gab Aufklärung über die Vorschläge der Regierung. Es handele sich hier um einen tastenden Versuch, weil man noch keine Erfahrung habe. Man wolle Gemeinden und Gemeindeverbänden die Möglichkeit geben, in freien gemeinschaft konne niemats einen Ersatz bilden. Abg. Pohl(Deutsche Fraktion) war der Ansicht, daß eine Dekonzentration auf diesem Gebiet in erster Linie am Platze sei. Kostenersparnisse würde die Ausführung der Regierungsvorlage nicht bringen. In der Abstimmung wurde§ 34 der Regierungsvorlage über die Bildung der Stadtgemeinde Solingen mit 19 gegen 10 Stimmen der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei, der Deutschen Fraktion und der Wirtschaftspartei angenommen. Der Ausschuß behandelte sodann die Zusammenlegungen von Amdbas=Verunglaut. Elf Insassen eines sächsischen Ueberland=Autobusses verletzt. pw. Berlin, 13. Juni.(Funkspruch.) Auf der erst vor kurzem eingerichteten staatlichen Linie Meißen—Nünchritz fuhr ein mit 20 Personen besetzter Autobus gegen einen Straßenbaum und schlug um. Von den Insassen wurden drei schwer und acht leichter verletzt. Die Schwerverletzten wurden ins Landeskrankenhaus in Meißen gebracht. Der Führer des Wagens kam mit dem Schrecken davon. Barmen und Elberfeld. Nach einem kurzen Bericht des Abg. Dr. von Kries(Dutl.) erklärte Abg. Schwenk(Komm.) sich entschieden für die Zusammenfassung und damit für die Regierungsvorlage. Gamzt.. Abg. Haas(Soz.): Wenn Gemeinoen zusammengehören, so sei es gerade hier der Fall. Abg. von Eynern(DVP) betonte den Standpunkt der Selbstverwaltung. Abg. Prof. Greßler(Dem.) wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen die zwangsweise Zusammenlegung der beiden Städte. Abg. Donners=Krefeld(Wirtschaftspartei) sprach sich gegen die Anwendung des Zwanges aus. Abg. Janssen(Dutl.) war gleichfalls gegen die zwangsweise Zusammenlegung. Abg. Sobottka(Komm.) meint, wenn man hier nicht den Zusammenschluß möglich mache, sei die ganze Vorlage überflüssig. uic Nachdem noch Abg. Dr. Leioig(28p) sich gegen den Zusammenschluß ausgesprochen hatte, vertagte der Ausschuß die Weiterberatung auf Donnerstag. Ermes wire bernemnen. Wie von Waldow Stinnes bezichtigtr. Zusammenschlüssen sogenannte übergemeindliche Aufgaben zu lösen. Die Arbeitsgemeinschaft sei keine übergeordnete Organisation über Gemeinden und Gemeindeverbände. Nach kurzer weiterer Debatte wurde die Weiterberatung zu der Frage der Bildung einer zwischengemeindlichen Arbeitsgemeinschaft auf Donnerstag vertagt, da man erst sämtliche Anträge abwarten wollte. Die Abstimmung zu§ 41 über die Dekonzentration ergab die Annahme der Regierungsvorlage unter Ablehnung der Ziffer 3 über die Bildung örtlicher Wahlbezirke. Sämtliche Abänderungsanträge wurden abgelehnt. wtb. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Am heutigen Verhandlungstag des Prozesses Stinnes wurde der Hauptangeklagte selbst vernommen. Zu Beginn der Verhandlung beantragte zunächst Staatsanwaltschaftsrat Berliner die Verlesung derjenigen Protokolle, in denen Geständnisse des Angeklagten von Waldow enthalten sind. Rechtsanwalt Dr. Ehlers widersprach dem Antrage, da diese Protokolle bereits ausführlich erörtert worden seien. Nach kurzer Beratung des Gerichtes verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Dr. Arndt, den Beschluß, wonach das Gericht sich für die Verlesung der Protokolle entscheidet, die darauf sofort erfolgte und längere Zeit in Anspruch nahm. In den verlesenen Protokollen wird der Angeklagte Stinnes von dem Angeklagten von Waldow schwer belastet; von Waldow wirft ihm darin vor, über die Illegalität des Anleihegeschäfts bereits frühzeitig informiert gewesen zu sein. Auch Direktor Nothmann sei sich darüber klar gewesen, daß das Geschäft unkorrekt war. Nothmann habe ferner bei einer Unterredung zwischen Stinnes, Nothmann und von Waldow die von ihm selbst bestrittene Aeußerung getan, daß das Anleihegeschäft in vier bis sechs Wochen abgewickelt sein werde und man dabei das Fünfzehnfache verdienen könne. Weiter hat der Angeklagte zu Protokoll gegeben, daß er, nachdem die betrügerische Basis des Anleihegeschäftes dem Reichskommissar bekannt war und er den Eindruck gehabt habe, daß er im Stich gelassen werde, zu Stinnes gesagt habe:„Tun Sie nicht so, Is wenn Sie von der Sache nichts Einzelberalung der Amgemeindungsvorlagen. Groß=Solingen nach der Regierungsvorlage mit 19 gegen 10 Stimmen beschlossen. Der Ausschuß begann sodann die Beratung der einzelnen Umgemeindungen bei§ 34, der die Bildung der Stadtgemeinde Solingen vorsieht. Hierzu lag vor zunächst ein Antrag der Wirtschaftspartei und der Deutschen Fraktion, die Gemeinden Wald und Ohligs herauszulassen.. Abg. Hoffmann(DN.) sprach sich für weitere Herauslassung von Gemeinden, insbesondere von Ohligs, aus. Die Deutsche Volkspartei wünsche die Vereinigung von Höhscheid und Teilen von Wald mit Solingen, im übrigen die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft. Abg. Dr. von Kries(DN.) gab als Berichterstatter eine kurze Darstellung des Entwurfs. Abg. von Eynern(DVp.) äußerte lebhafte Bedenken gegen die Regierungsvorlage, um so mehr, als Ohligs den starken Willen zur Selbstständigkeit ausgesprochen habe. Abg. Haas(Soz.) trat für die Vorlage ein Abg. Donners(WP.) bezweifelte, ob dieser gesetzliche Zusammenschluß ein zusammenhängendes Stadtgebilde ergebe. Eine Arbeitsgemeinschaft würde eine bessere Lösung darstellen. Zum mindesten müsse man Wald und Ohligs herausnehmen. Abg. Meyer=Solingen(Soz.) setzte sich gleichfalls für die Regierungsvorlage ein. Eine Arbeitsgemeinschaft genüge nicht. Solingen habe bishe: sich immer dahin geäußert, daß es sich an einer Zusammensassung der Gemeinden nur dann interessiere, wenn Ohligs mit umfaßt werde. Abg. Schwenk(Komm.) betonte, daß Ohligs in die neue Gemeinde hineingehöre. Eine ArbeitsHerr Stinnes, als wenn En von ver Sache nichts wüßten. Ich soll wohl der Sündenbock sein? Stinnes habe darauf geantwortet:„Es denkt ja niemand daran, Sie im Stich zu lassen, aber Sie dürfen Nothmann und mich nicht belasten, da wir Ihre einzigen Entlastungszeugen sind.“ Der Vorsitzende fragte darauf den Angeklagten von Waldow, ob er angesichts der Geständnisse seine in der Hauptverhandlung gemachten Angaben aufrecht erhalte. Waldow erklärte, alles, was mit seinen Angaben in der Hauptverhandlung im Widerspruch stehe, entspreche nicht der Wahrheit. Damit ist die Vernehmung des Angeklagten von Waldow beendet, und es folgte das Verhör des Hauptangeklagten Stinnes. Der Angeklagte Stinnes verteidigt sich. Unter außerordentlicher Spannung sämtlicher Prozeßbeteiligter und des bis auf den letzten Platz besetzten Zuhörerraumes fordert der Vorsitzende sodann den Angeklagten Stinnes auf, sich zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu äußern. Stinnes erklärte stockend und mit innerer Bewegung: Ich möchte einige wesentliche Gesichtspunkte an die Spitze meiner Ausführungen stellen. Ich habe, als von Waldow und Nothmann mir das Geschäft vortrugen, auch nicht den geringsten Gedanken gehabt, daß es sich etwa um ein unsaires oder auch nur in irgendeiner Form nicht einwandfreies Geschäft handeln könnte. Betonen möchte ich, daß erstens nach der Art von Menschen wie von Waldow und Nothmann mir keine Zweifel kommen konnten, zweitens aber auch ganz generell niemals ein Beamter der Firma Hugo Stinnes es gewagt hätte, mir ein Geschäft zu unterbreiten, das nicht in jeder Beziehung korrekt gewesen wäre. Ich bin mir selbstverständlich heute darüber klar, daß, wenn man mit der Logik des Juristen an das Geschäft nachträglich herangeht, dann Fragen auftreten könnten, die einen hätten stutzig machen müssen. Ich habe aber damals keine Bedenken gehabt und infolgedessen bin ich auch nicht auf den Gedanken gekommen, einen Juristen heranzuziehen. Auch die Mitteilungen, die ich im Verlaufe des Geschäftes hin bedenklich gemacht, daß überhaupt keine Ansprüche existierten. Ich war nach dem, was ich gehört hatte, der Ansicht, daß durch die zuständigen Stellen eine sorgfältige Nachprüfung erfolgen würde. g f8 109 sih Aus den Mitteilungen von Waldows über das französische Geschäft gewann ich nach und nach den Eindruck, daß sich bei der Durchführung die holländische Bank oder Schrandt sich vielleicht nicht immer ganz fairer Methoden bedienten. Aber niemals ist davon die Rede gewesen, daß etwa Ansprüche nicht eristierten...... ges m; Hen eütmn 2 Diese Bedenren ließen bei mir den sesten Entschluß aufkommen: Wir müssen aus diesem Geschäft heraus. Ichwollte mich nicht in die Hände von Hochstaplern begeben und wollte verhindern, daß mein Name mit im Zusammenhang mit derartigen Geschäftsleuten genannt würde. An eine Schädigung des Reiches habe ich niemals gedacht. Erstens rechnete ich mit einer sorgfältigen Nachprüfung aller Unterlagen durch die Behörden, zweitens sagte ich mir: von Waldow hat die Empfangsbescheinigungen in der Hand, also wenn wirklich Altbesitz gegeben wird, so ist dann noch immer die Möglichkeit, die Sache sorgfältig zu prüfen. Es ist mir selbstverständlich niemals der Gedanke gekommen, für den Fall, daß eine derartige Prüfung den Betrug ergeben hätte, mir dann die Früchte dieses Betruges zugute kommen zu lassen. Wenn Sie mich fragen: Was hätten Sie getan, wenn Sie Altbesitz bekommen hätten? Darauf kann ich nur antworten: Ich hätte dann bestimmt das ganze Geschäft mit von Waldow einer sorgfältigen Prüfung unterzogen und in geeigneter Form die Behörden unterrichtet, wenn mir auch nur die geringsten Bedenken gekommen wären. Es ist hier von einer mehr oder weniger großen Verdienstmöglichkeit gesprochen worden. Ich möchte darauf auf das bestimmteste aussprechen: Keine Verdienstmöglichkeit hätte groß genug sein können, um mich auf Ewigkeit in die Hände von Schrandt und Genossen zu begeben und ihnen damit den Eingang in meine Firma zu verschaffen, 11 inan Gchanstant Dann schildert der Angettagre seinen Levenslauf. Er äußert sich schließlich noch über das rumänische Metallgeschäft, mit dem Direktor Nothmann betraut worden war und in dessen Verlauf er mit dem Anleihegeschäft in Verbindung trat.— Darauf trat eine Mittagspause ein. Die Nachmittagsverhandlung. In der Nachmittagssitzung wurde die Vernehmung des Angeklagten Stinnes fortgesetzt. Was Nothmann ihm seinerzeit über das Geschäft berichtet hat, schildert der Angeklagte im gleichen Sinne wie Nothmann selbst, daß also für das Ausland eine Sonderbestimmung des Aufwertungsgesetzes bestehe, wonach die ausländischen Anleihebesitzer etwa schon verkaufte Stücke wieder nachkaufen konnten, und es vor allem darauf ankam, daß die Anleihen ununterbrochen im Ausland waren. Der Vorsitzende fragte den Angeklagten, ov es ihm nicht bedenklich erschienen sei, auf Kosten des Reichs Ausländern zu Aufwertungen zu verhelfen, die sie sonst nicht bekommen hätten. Stinnes erklärt, zu einer derartigen Ueberlegung habe er nicht kommen können. Er habe sich sagen müssen, wenn er die Sache nicht finanziere, es ein anderer täte. Auf die Frage des Vorsitzenden an den Angeklagten, ob er von Waldow, wie dieser in der Voruntersuchung aussagte, den Auftrag gegeben habe, die Akten beiseite zu bringen, erwidert Stinnes sehr erregt, daß davon gar keine Rede sein könne. Er habe keine Ursache gehabt, irgendetwas zu verheimlichen oder irgendwelche Akten zu vernichten. Die Vernehmung des Angeklagten Stinnes wird erhalten habe, haben mich nicht nach der Richtung! darauf auf Freitag vertagt. Zönig Fuad in Berlin. Der Giftmordprozeß gegen den Arzt Dr. Richter. F““ Harete varmittag Mluachsehl##t der Hoffentliehkeit, Die Erklärungen des Angeklagten. wib. Berlin, 12. Juni.(Tel.) König Fuad von wtb. Bonn, 12. Juni.(Tel.) Heule vormittag Aegypten wurde heute mittag im Rathaus In ½10 Uhr begann der mit Spannung erwartete Gegenwart von Vertreiern der Reichs= und Giftmordprozeß gegen den Binger Arzt Dr. Peter Staatsbehörden empfangen. Im großen Sitzungs= Richter, dem die Anklage vorwirft: saal der Stadtverorductenversammlung sand eine 1. In dem Ehescheidungsprozeß der Krankenmursikalische Veranstaltung statt.. ig pflegerin Frau Käthe Mertens wissenlich als Zeuge Der Oberbürgermeister überreichte dem Konit einen Meineid geleistet zu haben, eine künstlerische Erinnerungsgabe an die Stadt 2. die Krankenpflegerin Mertens vorsätzlich Periin...„Isischer Sprache dem durch Gift getötet zu haben. König Fuad dankte in franzosischer Sprache dem Oberbürgermeister und betonte, daß ihn der Empfang, den ihm die Stadt Berlin bereitet habe, mit besonderer Genugtnung ersüllt habe. wib. Berlin, 13. Juni.(Funkspruch.)„Anläßlich der Anwesenheit des ägyptischen Konigs Feugd, ver; anstaltete die Universität gestern Taggtrung einen Empsang, wozu sich neben dem prengiiche dem Lehrkörper der Universität auch der preunische Kultusminister Becker, Ministerialdirektor Proj. Richter vom preußischen Kultusministerium sowie eine Delegation der Studentenschaft eingefunden hatten. Am Abend fand auf Einladung der, Reichs: regierung eine Festvorstellung in der Stuuisoper Unter den Linden statt. Zur „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauß, unter der persönlichen Leitung des Komponisten. Die am wtb. Madrid. 12. Juni.(Tel.) Im Verlauf der heutigen Ratssitzung wurden sämtliche Pugze, der Tagesordnung ohne nennenswerte 9. Luih. erledigt. Aus den Berichten über die oemichpolnischen Besprechungen in Paris ergeben sich wesentliche Verbesserungen des örtlichen Verfahrens, namentlich eine beträchtliche Beschlezuigungg des Verfahrens und eine Entlastung des Vouerbundsrates, der in den letzten Jahren von polnischer Seite immer mehr mit Bagatellsachen behelligt worden war, während die Beschwerden des Deutschen Volksbundes meist schwerwiegender Art waren und sind. Die jetzige Regelung läßt jedoch die Möglichkeit offen, daß Angelegenheiten, die durch die örtlichen Instanzen nicht befriedigend erledigt werden konnten, vor den Völkerbundsrat gebracht werden. Die polnische Forderung nach Wiedereinführung der Klassenprüfungen, die von der deutschen Minderheit als ein gegen sie gerichtetes Druckmittel betrachtet wird, war für die deutsche Delegation bei den Pariser Verhandlungen untragbar. Eine andere Lösungsmöglichkeit zur Beseitigung der freilich unbegründeten Besorgnisse der Gegenseite wegen der Zulassung nur polnisch sprechender Kinder zur Minderheitenschule, konnte noch nicht gefunden werden. Der Berichterstatter, das japanische Ratsmitglied, spricht in seinem Bericht die Hoffnung aus, daß auch in dieser Frage bei späteren Verhandlungen eine Einigung erzielt werden kann.— Das englische Ratsmitglied Lord Graham dankte dem Berichterstatter für seine Bemühungen zur Erzielung einer Verständigung. Der polnische Außenminister Zaleski und Staatssekretär von Schubert schlossen sich diesem Danke an. Französische Verluste in Marokko wtb. Paris, 12. Juni.(Tel.) Havas meldet aus Rabat über Zusammenstöße einer französischen Aufklärungsabteilung mit Eingeborenen: Zwischen Er Bordj und Ait Jakub gerieten zwei Kompagnien marokkanischer Schützen und eine Reiterabteilung in einen Hinterhalt. Den letzten Nachrichten zufolge haben die französischen Truppen 13 Tote und 100 Verletzte, darunter zwei Offiziere verloren. Die Abteilung hat sich auf Ait Jakub zurückgezogen. Ueber das Schicksal von 15 Franzosen und 70 Eingeborenen hat man noch keine Gewißheit. Truppenverstärkungen sind an den Ort des Ueberfalles entsandt worden. Rückgang des Arbeitslosigkeit. wtb. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Nach den jetzt vorliegenden endgültigen Ergebnissen der Arbeitsmarktstatistik ist die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung vom 15. bis 31. Mai 1929 in allen Landesarbeitsamtsbezirken weiter gesunken. Gegenüber rund 927.000 am 15. Mai waren am 31. Mai noch 807 750 vorhanden. Es ist also ein Rückgang um rund 120100 oder 12,9 v. H. zu verzeichnen. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Krisenfürsorge ist, während in der letzten Zeit vorher ein gewisser Stillstand eingetreten war, um etwas (2,1 v. H.) gestiegen. Sie betrug am 31. Mai 203031 gegenüber 198887 am 15. Mai. An Notstandsarbeiten aus der Arbeitslosenversicherung und aus der Krisenfürsorge wurden am 31. Mai rund 108000 gegenüber 104000 am 15. Mai gezählt Nach den vorläufigen Meldungen der Landesarbeitsämter dürfte die Zahl der unterstützten Arbeitslosen bis zum 11. Juni etwa um weitere 40000 gesunken sein, also erstmalig in diesem Jahre unter dem Stande von 800000 liegen. Die erste Vernehmung besaßt sich mit der Anklage des Meineids im Ehescheidungsprozeß Mertens. Hierzu sagt der Angeklagte aus, daß er Frau Mertens gelegentlich der Impfung ihres Kindes kennengelernt habe. Er hat sie später verschiedentlich aufgesucht, oft in ihrer ehelichen Wohnung in Gegenwart ihres Mannes. Frau Mertens hat ihn dann während seiner Vertretungen in Simmrath, Stromberg und Binsfeld besucht, stets auf ihre eigenen Kosten. Sie stand wegen eines Unterleibsleidens in Behandlung Dr. Richters, der sie deshalb auch in ihrer Wohnung aufsuchte und untersuchte. Dr. Richter gibt zu, Frau Mertens wiederholt im Laufe der Zeit geküßt zu haben, jedoch habe er nur freundschaftliche Gefühle für sie gehabt, da sie in ihm einen gewissen Schutz und Ratgeber gesehen habe. Irgendwelche erotischen Momente seien für ihn nicht in Frage gekommen. Der Ehescheidungsprozeß sei von Frau Mertens angestrengt worden auf Veranlassung ihrer Geschwister und ihrer Mutter. nachdem ihr Mann verhaftet worden war und seine Verurteilung zu einer Zuchthaus= oder Gefängnisstrase bevorgestanden habe. Später sei Frau Mertens drei Wochen in Kreuznach zur Kur gewesen und immer habe sie ihm vorgeworfen, daß die Verschlimmetung ihres Leidens auf seine Behandlung zurückzuführen ist. Auch in einem Beneler Krankenbaus ließ sie sich auf Kosten der Krankenkasse behandeln. Die Ehe mit Mertens war am 6. Dezember 1927 geschieden worden. Der Angeklagte sagt weiter aus, daß er sich nur noch um sie habe kümmern wollen, solange er noch in Bonn war, da sie niemanden hatte. dem sie sich in ärztlicher Beziehung habe anvertrauet können. Es sei ihm bekannt gewesen, daß Frgi Mertens damals schon mit einem Staatsanmalt= schaftsrat Beziebungen angeknünft habe. Er h sie nie danach gefragt, ob diese Beziehungen intimer Natur gewesen seien, da ihm das glei gültig sei. Er habe später auch den Einvruck gehabt, daß Frau Mertens einen anderen Herrn habe heiraten wollen. Im Juli 1928 habe er ihr einen dreiwächigen Kuraufenthalt in Kreuznach bezahlt in Höhe von etwa 300 Mark ebenio eine Nachkur in Remagen. Da nach diesen Kuren keine Resserung ibres Leidens esgzfeggen, eiz egee Auch hierzu habe er ihr wieder Mittel zur Verfügung gestellt. Nach der Operation in Düsseldorf kam Frau Mertens eines Tages unerwartet zu Dr. Richter in seine Sprechstunde. Dr. Richter beendete zunsch die Behandlung der noch anwesenoen neiden Patienten. Frau Mertens wartete und stellte inzwischen fest, daß in der Wohnung Rettwäsche mit einem fremden Monogramm vorbanden war. worüber sie sich ungeheuer erregte. Als Dr Richter ihr dann erzählte, daß er sich am 1. Oktober eine Wohnung eingerichtet und auch schon eine Krankenschwester angenommen heftigen Szenen, in deren Verlauf Frau Mertens mit Selbstmord drohte und sich auch sonst. wi der Angeklagte aussagt. so ungebührlich henahm daß er ihr eine Ohrfeige gab. Man einigte sich jedoch schließlich wieder und Frau Mertens wurde ruhiger. besonders da noch zwei Patienten erschienen. die Dr. Richter zunächst bebandelte. regte dann an, sich außerhalb der Wohnung zu treffen. und entschuldigte sich wegen der Ohrseige. erklärte aber, daß ihr Wunsch sie in sein Haus nehmen, sich nicht erfüllen lasse Frau Merte verließ trotzdem die Wohnung des Angeklagten Aueschlat der Bessemnnasten. Nach der Pause wurde auf Antrag des Staatsanwalts die Oeffentlichkeit vorläufig ausealse, agenlen eine Guns ur Angeklagte Dr. Richter, an Frau Mertens einen verbotenen Eingriff gemacht zu haben. Auf diesen Eingriff habe die Verstorbene ihr späteres Leider zurückgeführt. Er gab auf Befragen verschiedene Gründe an, weshalb er einen intimen Verkehr mit Frau Mertens nicht ausgeübt habe. Beginn der Zeugenvernehmung. Die Krankenschwester Anni Wolf, die den Angeklagten von der Bonner Ohrenklinik her kennt, gibt als Wesentlichstes u. a. an, daß Frau Mertens sie eines Tages in Bonn auf der Straße angesprochen und gefragt habe, ob sie bei D, Fichieg in Bingen Stellung angenommen habe. Sie warne sie(die Zeugin) davor, das zu tun: denn wenn Dr. Richter sie oder eine andere anstellen werde. dann mache sie ihn und sich kaputt. Die Zeugin sagte weiter aus, daß Frau Mertens mit SelbstEhemann Frau Mertens. Hans Mertens, bestätigt im wesentdie Aussage Dr. Richters. Ihm gegenüber übrigen Preise wurden amerikanischen Vertreterinneu zugesprochen. Heute abend findet ein moßes Bankett zu Ehren der neugekrönten internationalen Schönheitskönigin statt, bei dem die Preise überreicht werden. An dem Wettbewerb nahmen Vertreterinnen aller Nationen teil. In engere Konkurrenz kam schließlich eine Gruppe von elf jungen Mädchen. Der Preis wurde Frl. Goldarbeiter, wie es in dem Urteil der sieben Richter heißt, nicht nur ihrer Schönheit, sondern auch ihrer vornehmen Erscheinung wegen zuerkannt. habe seine geschiedene Frau einen intimen Verkehr mit Dr. Richter bestritten. Die vier Zeugen, die er seiner Zeit im Ehescheidungsprozeß zu Ungunsten seiner Frau angeführt habe, hätten alle nichts Positives gegen Frau Mertens aussagen können. Die weiter mit Frau Mertens befreundete Krankenpflegerin Anny Ackermann aus Koblenz at die Verstorbene auf ihr Bitten hin nach Düsseldorf zur Operation begleitet. Dieser gegenüber auch gewesen sei, so stark zu leiden habe. Eine der Hauptbelastungszeugen ist eine Freundin von Frau Mertens, die 23jährige Kontoristin Else Wipperfürth. die glaubt, einen intimen Verkehr Dr. Richters mit Frau Mertens in einem Nebenzimmer zugehört zu haben. Drei weitere Zeugen: ein Referendar, ein Staatsanwaltschaftsrat und ein Rechtskandidat, wußten über die Beziehungen Dr. Richters zu Frau Mertens nichts Bestimmtes auszusagen. Damit schließt die Zeugenvernehmung des ersten Verhandlungstages Die Verteidigung bat anschließend, noch drei weitere Zeugen zu laden. Interessant ist hierbei der eine Zeuge, ein gewisser Baumann, der. aus Neustrelitz geschrieben hatte, er sei mit Frau Mertens in der Eisenbahn fahren; sie habe ihm dabei von Dr. Richter erzähl und erklärt, daß sie sich selbst vergiften und den Verdacht auf Dr. Richter lenken wolle. Todesurteil in Moskau. wtb. Moskau, 13. Juni.(Funkspruch.) Die Telegraphenagentur der Sowjetunion meldet, daß Kanski, aktives Mitglied einer russischen monarchistischen Organisation, deren Zentrale sich in Lettland befand, und die jahrelang terroristische Akte in der Sowjetunion vorbereitete, vom Obersten, Gerichtshof wegen Militärspionage und terroristischer Tätigkeit zum Tode verurteilt wurde. Kanski habe in enger Verbindung mit jener Terroristengruppe gestanden, die im Jahre 1927 das Bombenattentat im Geschäftsklub in Leningrad organisiert bete. Die Schönheitskönigin der Welt Oesterreicherin. wtb. Galveston, 12. Juni.(Tel.) Auf dem internationalen hiesigen Schönheitswettbewerb wurde die Vertreterin Österreichs, Lisl Goldarbeiter, al gekrönt. Die Oesterreichering er: hielt sechs Stimmen gegen eine, die für die Vertreterin Rumäniens, Frl. Magda Demetreseu, abgegeben wurde. Frl. Goldarbeiter erhält einen Preis von 2000 Dollar in Gold und eine plakette. Der zweite Preis von 1000 Douar fällt an die Neuyorkerin Irene Ahlberg. Auch die varsieß trotdem die Wohnung des Ar nicht sondern zog sich aus und legte sich an Canavee; ein Abendessen lehnte a doch umzubringen gedenke. uf das ie ab da sie sich Dr. Richter blieb während der Nacht in seinem Zimmer Frau Mertens auf dem Kanavee. Am nächsten Morgen besnrachen sie den Zwist weiter später reiste Frau Mertens ab. Es fanden dann noch später Zusanzugzsgizite in Remagen und Godesberg statt. In Gade blieb Dr. Richter mit Frau Mertens bis nachts ½1 Uhr zusammen. Er bestreitet, daß er in dieser Nacht mit Frau Mertens am Rhein spazieren gegangen sei. Der Verteidiger erwähnte, daß Frau Mertens Dr. Richter auch Kenntnis davon gegehen habe daß sie in einen Hehlerprozeß ihres damaligen Mannes verwickelt worden sei. Es wurde dann eine Verhandlungspause eingelegt. Der Kulmbacher Bahnraub. pw. Berlin, 13. Juni.(Funkspruch.) Der 32jährige Maler Wilhelm Werner machte mit seinem Raubgenossen Braun im vorigen Jahre den Kreis Oberfranken unsicher. Die beiden drangen u. a. in die Bahnstation Oberhaid bei Bamberg ein und raubten dort die Schalterkasse aus. Ein ähnliches Verbrechen begingen sie im Postamt Wending, wobei drei Beamte durch Revolverschüsse verletzt wurden. Bei weiteren Raubzügen und auf der Flucht wurden noch ein Hauptwachtmeister schwer verletzt und der Stationskommandant Krauß erschossen. Während Braun Selbstmord beging, wurde Werner festgenommen. Das Schwurgericht Bayreuth verurteilte ihn jetzt wegen Totschlags zu 15 Jahren Zuchthaus. Mord und Selbstmord eine Liebestragödie. wtb. Regensburg, 12. Juni.(Tel.) In der Ortschaft Regenstauf wurde am Montag in den frühen Morgenstunden die 28jährige Therese Schmalzbauer blutüberströmt aufgefunden. Sie war durch Messerstiche schwer verletzt worden und starb noch vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus. Der Verdacht der Täterschaft richtete sich gegen den Liebhaber des Mädchens, den 23jährigen Hilfsarbeiter Dahlmeier aus Reinhausen, der seither bermißt wurde. Nunmehr ist in einem Kornacker in der Nähe von Regenstauf seine Leiche aufgefunden worden. Dahlmeier hatte durch einen Kopfschuß seinem Leben ein Ende gemacht. Der mißglückte Ozeanflug. Die„Sverige“ wieder gestartet. wtb. Reykjavik, 12. Juni.(Tel.) Das schwedische Transozeanflugzeug„Sverige“ ist heute früh um 8.41 Uhr von neuem zu seinem Flug nach Grönland aufgestiegen. „Sverige“, reparaturbedürftig. wtb. Reykjavik, 13. Juni.(Funkspruch.) Das schwedische Transozeanflugzeug„Sperige“, das gestern, wie gemeldet, erneut aufgestiegen ist, ist nach einiger Zeit abermals zurückgekehrt, da es sich, wie es heißt, bei dem Aufstieg überhaupt nur um einen Probeflug gehandelt habe. Jedenfalls hat es sich herausgestellt, daß der Kühler in einem Grade leck ist, der eine größere Reparatur erforderlich macht. Das Flugzeug wird deshalb an Land ausgeschleppt und der Motor abmontiert werden. Aus Nah und Fern. Schweres Explosionsunglück.— Ein Toter, zwei Schwerverletzte. wtb. Egelsdorf bei Königssee(Thüringen), 12. Juni.(Tel.) Heute vormittag ereignete sich bei der Firma Zeise& Co. ein schweres Explosionsunglück. Beim Abmontieren eines Gaskessels flog vieser die Luft. Ein Arbeiter war sofort tot, zwei andere wurden schwer verletzt. Unwetter im Gebiet von Szamos. wtb. Klausenburg, 12. Juni(Tel.) In der Szamoser Gegend ist in der vergangenen Nacht ein riesiger Hagelschlag verbundener Wolkenbruch niedergegangen, der mehrere Ortschaften unter Wasser setzte. 16 Personen fanden infolge der Ueberschwemmung den Tod. Der Sachschaden sol mehrere Millionen Lei betragen. Nascherichtendien Das Der haushalt des Innenministeriums genehmigt. in Anerif gepommen. 84. Sitzung des Reichstages. vdz. Berlin, 12. Juni.(Tel.) Der Reichstag hat heute von 10 Uhr vormittags bis gegen 7 Uhr abends getagt. Er hat also den Achtstundentag überschritten. Das ist der Anfang des intensiveren Arbeitstempos, mit dem er bis zum Ende dieses Monats den Arbeitsstoff aufgearbeitet haben will kenn wargen beginnt die Beratung vereits wieder Der Postetat in Aullgrint venonmnten. ständigen Ausschüssen überwiesen; der von den Deutschnationalen eingebrachte Reichsschulgesetzentwurf dem Bildungsausschuß. Der, demokratische Antrag auf Vorlegung eines Enwurser###,#gei, reform wurde mit überraschend großer Mehrhett abgelehnt. Auch die Sozialdemokraten stimmten dagegen. Angenommen wurde dagegen ein demoAntrag auf Beseitigung der innerdeutRonats vrn Ae##biu dagegen. Angenommen wurde dageher zunerheut, venn mothen behztnnt vir beiatung bereits wieder kratischgzndergesandischaften. Kommunistische Anum 11 Uhr vormittags und so wird es denn bis zu schen bi, die Aufhebung des bavrischen Konkorden großen Sommerferien bleiben. Der Haushalt, träge, 5he.i Berbgt des preußischen Konkordats des Reichsinnenministeriums konnte heute endlich dars un wurden““:: Stimmenthaltung der ng erlarschieer. Weigen Die von forderten, wurden,„Stimmenthalt den Deutschnationalen, den Kommunisten und den in zweiter Lesung verabschiedet werden den Beutschnartonalen, den Kommunisten und den Nationalsozialisten gegen Reichsinnenminister Severing eingebrachten Mißtrauensanträge wurden gegen die Antragsteller abgelehnt. Der Haushalt wurde nach den Vorschlägen des Ausschusses genehmigt. Dazu wurde noch eine ganze Reihe von Anträgen und Entschließungen angenommen, die einen langen Wunschzettel an die Regierung auf Vorlage von neuen Gesetzen darstellen. Nach diesem Wunschzettel sollen u. a. vorgelegt werden: Eine Reichsstädteordnung, eine Reichslandgemeindenordnung, ein Reichsberufsschulgesetz, ein Reichswahlgesetz. Eine ganze Reihe anderer von den Parteien eingebrachter Gesetzentwürfe wurden den zuforderten, Wurven bei Simmenthaltung Sozialdemokraten und Demotraten abgelehnt. Ruhiger und kürzer als beim Haushalt des Reichsinnenministeriums gestaltete sich die folgende zweite Beratung des Postetats. Hier wurde von allen Parteien vor einer weiteren Erhöhung der Gebühren gewarnt und eine Rundfunkgebühren gefordert. Reichspostminister Schätzl konnte jedoch auf die Berufung des Reichssparkommissars zurzeit eine Senkung der Rundfunkgebühr noch nicht in Aussicht stellen. Die Abstimmungen wurden gegen 19 Uhr auf Donnerstag 11 Uhr verzagt. Im Anschluß hieran soll der Justizetat zur zweiten Beratung kommen. Ende Juni nach Baden Baden berufens pw. Berlin, 13. Juni.(Funkspruch.) Nach einer Vorwärts=Meldung dürfte die Sitzung des Organisationskomitees der Reparationsbank Ende Juni in Baden=Baden beginnen. Das Arbeitsprogramm Statulen der Reparationsbank; 2. Ueberwachung der Subskription zum Gründungskapital und Vorbereitung zur ersten Aussichtsratssitzung; 3. Anpassung der innerdeutschen Gesetzgebung, die auf Grund des Dawesplanes erlassen worden ist (Reichsbank, Reichsbahn, Länder usw.) an die neuen Verhältnisse unter dem Young=Plan; 4. Uebergang der Befugnisse der Dawes=Organismen an die Reparationsbank. Begnadigung eines wegen Blutschande Verurteilten. wtb. Berlin, 13. Juni.(Funkspruch.) Der Maurer Otto Krusius, der wegen Blutschande an seiner Stieftochter, mit der er nach der Trennung von seiner Ehefrau fünf Kinder hatte, zu zwei Jahren Zuchthaus und weiteren 1½ Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ist auf ein Gnahengesuch seines Verteidigers auf Anordnung des ministers aus der Haft entlassen und begnadigt worden. Die Verurteilung wegen Blutschande erfolgte, obwohl blutverwandtschaftliche Beziehungen zwischen ihm und seiner Stieftochter, die aus der ersten Ehe der Frau stammte, nicht bestanden. Krusius und seine Stieftochter hatten nach der Geburt der Kinder ein Aufgebot beim Standesamt angemeldet; sie erfuhren aber, daß das Gesetz eine Heirat zwischen ihnen nicht zulasse Die Stieftochter hatte sechs Monate Gefängnis erhalten. Kommerzienrat Röchling=Basel gestorben. wtb. Basel, 13. Juni.(Funkspruch.) Hier starb im Alter von 90 Jahren Kommerzienrat Otto Röchling, stellvertretender Vorsitzender des Haupiverbandes der Bezirksgruppe Basel der deutschen Handelskammer in der Schweiz. Er war der Sohn des Mitbegründers des Handelshauses Röchl.ng, aus dem der große Industriekonzern hervorgeganDas belgische Kabinett und die Markfrage. Gutt, den er über die Ansichten des Kar## dieser Frage informierte Beförderung des Korvettenkapitäns Homan. wtb. Paris, 13. Juni.(Funkspruch.) Der Kommandant des Flugplatzes Ewzeserinnersich, dem Lusischiff„Graf Zeppelin“ bei der Landung hilfreiche Dienste leistete und auch die Rückfahrt nach Friedrichshafen mitgemacht hatte, ist zum Personalchef des Luftfahrtsministeriums ernannt worden. Einladung Hoovers an MacDonald. wib. London, 13. Juni.(Funkspruch.) Wie Evening Standard berichtet, daß der neue Botschafter, Dawes, der am Freitag in London eintrifft, eine in sehr herzlichem Tone gehaltene Einladung des Präsidenten Hoovers an Ramsay=Mac= Donald zu einem Besuch in Washington überbringen werde. Es verlaute, daß Amerita Großbritannien in der Frage der Flottenparität entgegenzukommen beabsichtige. Schächtverbot in Norwegen. wtb. Oslo, 13. Juni.(Funkspruch.) Das Odelsthing hat eine Vorlage, betreffend ein neues Schlachtgesetz, angenommen, das u. a. das Verbe der jüdischen Schlachtmethode des Schächtens enthält. Ein Vorschlag bezüglich Zulassung von D pensationen ist mit 88 gegen 21 Stimmen abgelehnt worden. Militärdienstpflicht bis zum 55. Lebensjahr “ T egruch) Im gestrigen hlohen in Stalten. wib. Rom, 19. Juni.(Funtspruch.) In verre 1. Ministerrat, wurde u. a. die Verlängerung#e# Militärdienstpflicht bis zum 55. Jahre besch. us den Nachbar-Städten Aus Groß=Dotlmund — Freiwillig vor ein Auto geworfen. Ein aufregender Vorfall spielte sich am gestrigen Tage in den Mittagstunden auf der oberen Mallinckrodtstraße ab. Eine Frau in den mittleren Jahren lief direkt vor einen ankommenden Personenkraftwagen, um sich überfahren zu lassen. Dank der Umsichtigkeit des Autoführers und eines Passanten wurde die Frau vor dem Ueberfahrenwerden bewahrt. Sie erhielt nur einen heftigen Stoß von dem Kotflügel gegen die Seite, sodaß sie zu Fall kam und der Arm gebrochen wurde. Nach den Angaben der Frau wollte sie sich das Leben nehmen, um dadurch den dauernden Mißhandlungen ihres Ehemannes zu entgehen. Vom Personenauto überfahren und erheblich verletzt wurde gestern morgen an der Reinoldikirche eine ältere Dame. Als sie hinter der Straßenbahn herging, wurde sie von einem aus südlicher Richtung kommenden Personen=Auto überfahren. Die Verletzte wurde mit dem Krankenwagen fortgeschafft. — Vor die Räder eines Autos geraten. Auf der Hohestraße wollte in den gestrigen Morgenstunden ein älterer Mann im starken Verkehr zwischen zwei hintereinanderfahrenden Personenkraftwagen hindurchgehen, um zur anderen Straßenseite zu gelangen, auf der seine Frau stand. Nachdem der Mann das erste Auto an sich hatte vorbeifahren lassen, wurde er von dem nachfolgenden Auto erfaßt und auf den Fahrdamm geschleudert, wo er mit blutenden Kopfwunden und einem Oberarmbruch riegen blieb. Die den Unfall beobachtende Fralu stei vor Schreck in Ohnmacht. Durch das Amto wurden beide abtransportiert. Wamel(Möhnesee). Ein 18pfündige Hecht mit der Angel gefangen. Ein Angler aus Soest hatte das seltene Vergnügen, mit der Angelschnur, an der ein 10 Zentimeter langer lebender Barschfisch befesttigt war, im Möhnesee einen Hecht im Gewicht von 18 Pfund zu fangen. Es dauerte etwa&a Stunde, ehe der Hecht sich müle gekämpft hatte und mittels Landungshaken an das Ufer gezogen werden konnte. Oberhausen. Starkes Fischsterben in der Ruhr. In der unteren Ruhr ist seit einigen Tagen ein starkes Fischsterben festgestellt. Tausende von toten Fischen wurden an den Ufern gefunden. Die Fische bohrten sich entweder in die lehmige Uferwand oder schnellten aufs Trockene, wo sie umkamen. Viele treiben hinunter in den Rhein. Die amtliche Untersuchung hat über die Ursache noch nichts Entgültiges ergeben. Lippstadt. Brand in einer Herberge. In der„Herberge zur Heimat“ waren mehrere Wanderarbeiter eingekehrt. Einer von ihnen beging die Unvorsichtigkeit, im Bett noch eine Zigarette zu rauchen. Die Inneneinrichtung geriet in Brand und entwickelte einen solchen Qualm, daß die Schlafenden betäubt wurden. Die sofort benachrichtigte Feuerwehr konnte jedoch Haus und Personen vor größerem Schaden bewahren. Münster. Hänschen Fahrtmanns neuestes Abenteuer. Hänschen Fahrtmann oder, wie er sich selbst bei seinem ersten Abenteuer nannte,„Regierungsassessor Graf v. Korff=Schmising=Kerssenbrock“, hat es anschei: nend für nötig gehalten, die staunende Mitlbe wieder von sich in Staunen zu setzen. Diesmal handelt es sich nicht um eine Bürgerstochter aus Ibbenbüren, auch nicht um ein älteres Ehepaar, das auf seine Hochstapeleien hineinfiel. Seit längerer Zeit hatte er vielmehr ein Verhältnis mit einer jungen Hausangestellten auf Mauritz angeknüpft, in Anwesenheit der Herrschaft auch fleißig Umschau in dem Einfamilienhause gehalten und ist jetzt plötzlich mit seiner neuen Dulcinea auf und davon gegangen. Anscheinend nicht wieder nach Hannover. Ob ein in Roxel aufgegebener Brief die Fahndung der Polizei erleichtern wird, wird sich wohl in den nächsten Tagen schon herausstellen. Mit ganz leeren Händen soll übrigens die Flucht nicht unternommen sein. Altenhunden. Krawall in der Wanderarbeitsstätte. In der hiesigen Wanderarbeitsstätte„Vinzenzheim“ kam es abends zwischen zwei Kerlen, die während des ganzen Tages herumgezecht hatten und den übrigen Insassen zu einem schweren Krach, so daß sich der Verwalter genötigt sah, die„Brüder“ an die Luft zu setzen. Von draußen her schlugen die beiden Burschen die Fensterscheiben ein und gebärdeten sich wie toll. Erst als der Verwalter mehrere Schreckschüsse abgefeuert hatte, kamen die beiden zur Vernunft. Man übergas sie der Polizei. Herzogenrath. Die Stieftochter zum Fenster hinausgeworfen. Ein fast unglaubliches Familiendrama spielte ich im benachbarten Orte Kerkrade ab. Ein gewisser W., der mit seiner 30jährigen Stieftochter beisammen wohnt, hat diese aufs schwerste mißhandelt. Die Mißhandlungen waren derart, daß die Tochter aus dem Hause flüchtete. Nachdem er die Stieftochter wieder zurückgeholt hatte, vernahm man aus der Wohnung ein markerschütterndes Geschrei. Gleichzeitig öffnete sich ein Fenster seiner Etagenwohnung und die Tochter fiel durch dieses auf den Hof. Das Mädchen verstarb infolge der erlittenen Verletzungen. Der Vater, der die Tat leugnete, wurde verhaftet und dem Gefängnis zugeführt. Ringen In die Uebungszweige bei den Kreisvolksturmeisterschaften der Westfalen und Lipper ist auch das Ringen ausgenommen. Bei den Kreiskämpfen am 20. und 21. Juli in Bochum sind deshalb auch Meisterschaften im Freiringen und athletischen Ringen in drei Gewichtsklassen aufgenommen. Turnan Zahlen zum Gauturnfest des Märkischen Gaues in Iserlohn am 20. und 21. Juli. Nach den bisher eingelaufenen Meldungen (Meldeschluß 15. Juni) ist mit einer großen Beteiligung der Turner u. Turnerinnen des Märkischen Gaues bei ihrem Gaufest zu rechnen. Von 153 Vereinen haben 90 Vereine weit über 4000 Turner(innen) gemeldet. Die Zahl 6000 dürfte daher weit überschritten werden, und so das diesjährige Gaufest die größte Veranstaltung in der Reihe der Gaufeste sein. Beim Vereinswettturnen sind bereits 100 Mannschaften gemeldet (70 Männer, 30 Frauen), die mit rund 2400 Turner(innen) auf den Plan treten werden. An der Spitze steht Jahn Lüdenscheid mit 150 Turnern, die an 25 Barren turnen. Erstmalig nehmen auch die Turnerinnen in Iserlohn an dem Gauwetturnen teil. Auch hier führt Jahn Lüdenscheid mit 60 Turnerinnen. Götzwandertag Hagen. Ganz Schlaue! Auf einer Bierreise passierte einem Wirt aus der Bauerschaft Bühren das Pech, daß ihm aus seinem Auto sechs Flaschen„Wurms Magendoktor“ gestohlen wurden. Trotzdem er den Wagen von einer Ecke bis zur anderen untersuchte, blieben die Flaschen verschollen. Mißmutig kehrte er heim. Am anderen Morgen klingelte das Telephon. Ein Gespräch aus Köln. Immer heller lichteten sich die Züge des Bührener Wirtes auf. Es stellte sich nämlich heraus, daß er auf der Bierreise mit dem Kölner das Auto vertauscht hatte, ohne es bemerkt zu haben. Sein Wagen hatte nämlich vor einer Wirtschaft neben dem Auto des Kölner Besitzers gestanden. Somit fand dann auch der„Diebstahl“ der sechs Flaschen „Wurms Magendoktor“ seine Aufklärung. Soest. Eine wahnsinnige Tat. Der Landwirt E. aus der Niederbergstraße, der aus einer Heilanstalt zurückgekehrt ist, hat seinen fünfjährigen Sohn in einen beim Wohnhause befindlichen Brunnen geworfen. Er selbst hat sich dann in den mehrere Meter tiefen Brunnen gestürzt. Vater und Sohn wurden tot aus dem Brunnen gezogen. Die Tat geschah in geistiger Umnachtung. Brügge. Großfeuer. Vorletzte Nacht gegen ½1 Uhr wurde die Holzwarenfabrik Gebr. Dahlhaus im Stephansohl bei Brügge von einem vernichtenden Großfeuer heimgesucht. Der Brand brach auf bisher ungeklärte Weise in der Schlosserei aus und dehnte sich mit rasender Geschwindigkeit auf die ganzen Fabrikanlagen aus, wobei das Feuer an den großen Holzvorräten reiche Nahrung fand. Die sämtlichen Fabrikgebäude wurden bis auf die Grundmauern zerstört, Maschinen und Materialien fast restlos vernichtet. Nur die größeren Rohstoffe, wie Baumstämme und dergl. blieben verschont. Die zuständige Brügger Feuerwehr, bald lebhaft unterstützt von ihren Wehrkollegen aus Schalksmühle, griff das wütende Element mit fünf Schlauchleitungen an, konnte aber nur weiteres Uebergreifen erfolgreich verhindern. Die Schalksmühler Wehr rückte gegen Morgen wieder ab; die Brügger Wehr hatte noch den ganzen Vormittag an der Brandstätte zu tun. Düren. Die verführerischen Russenlieder. Zwei junge Schönen aus Birkesdorf haben sich in die Lieder und Herzen zweier Uralkosaken, die jüngst in einem Chor bei einem hiesigen Lichtspieltheater sangen, so verliebt, daß sie beschlossen, mit ihnen durchzubrennen. Die eine stahl zu Hause das ganze Monatsgehalt ihres Vaters, die andere Wäsche und andere Wertgegenstände. Während ein Mädchen von der Kölner Kriminalpolizei verhaftet wurde, konnte die andere entkommen. Voerde. Leichenfund. In einer Tannenschonung in Oberbauer wurde eine Leiche gefunden. Sie war schon vollständig verwest und das Skelett fast ganz mit Tannennadeln bedeckt. Die polizeilichen und rztlichen Ermittelungen ergaben, daß es sich um eine etwa 30jährige männliche Person handelt. Ob Selbstmord oder ein Verbrechen vorliegt, konnte bisher nicht ermittelt werden. In der Nähe der Leiche fand man eine Ledertasche, welche ein Rasiermesser und andere Sachen enthiekt. Erkennungszeichen konnten nicht festgestellt werden. Nach der ärztlichen Annahme, hat die Leiche schon etwa drei Jahre gelegen. Von den Kleidungsstücken war ebenfalls nichts mehr vorhanden bis auf einige Fetzen eines grünen Hutes. Fuads Berliner Besuch In diesem Jahre haben sich rund 9932 Turner an der Götzwanderung beteiligt gegen 6352 im vor. Jahre. Die größte Teilnehmerzahl hatte Turnvereinigung Hamm 77 mit 370 Turnern und Turnerinnen. Turner als Deutschtums=Erhalter einer der letzten Sitzungen des Detroiter Sozialen Turnvereins wurde der Antrag gestellt, die deutsche Sprache nicht mehr als Geschäftssprache zu behalten und die englische einzuführen. Die Befürworter des Antrages meinten, man würde dann mehr neue Mitglieder gewinnen können. Ein passives Mitglied des Turnvereins, Anwalt E. George, der Herausgeber und Redakteur einer bedeutenden amerikanischen Anwalts=Zeitschrift, wies in einer längeren Rede darauf hin, daß nach seiner Meinung gerade ein deutscher Turnverein in Amerika die beste Pflegestätte für die deutsche Sprache sei. Die Turner sollten sich freuez, daß sie deutsch sprechen könnten, wie ihr Sprecher, G. mann, der, auch in Amerika geboren, deutsch spreche, wo es nur anginge. Und wenn der Verein Mitglieder bekäme oder schon hätte, die kein Deutsch verständen, dann sollten sie es lernen, wozu zie beste Gelegenheit im Turnverein vorhandn sel. Der Beifall, der George zuteil wurde, veranlaßte die sofortige Zurückziehung Vütos. Im Rahmen des für den Berliner Aufenthalt des ägyptischen Königs aufgestellten Programms besuchte Fuad I. u. a. auch haus. Der König befand sich in Begleitung des Reichspräsidenten, der in ordenübersäter Generalfeldmarschallsuniform erschienen war, sowie fast sämtlicher preußischer Minister und Staatssekretäre und der Chefs der Heeres= u Marineleitung. In der Gedächtnishalle de Zeughauses legte der König einen riesigen Kranz mit grün=weißer Schleife und der Inschrift: Fuad Rex 1929“ nieder. Unser Bild zeigt den König(X) im Ehrenhof des Zeughauses, rechts von ihm sieht man: den Reichspräsidenten in Generalfeldmarschallsuniform und mit Marschallstab(XX). Erhaltet die Riststätten Wer wirklich umfassenden Vogelschutz wünscht — und es wünschen ihn heute glücklicherweise fast alle Kreise, die Land= und Forstwirte aus wirtschaftlichen Gründen, ebenso wie die Naturfreunde aus ideellen Rücksichten—, muß vor allem eines fordern: Die Erhaltung der Büsche und Bäume in der Flur, besonders an den Wegerändern und den Feldrainen und an den Wasserläufen. Gewiß ist es nützlich, möglichst viele Nistkästen aufzuhängen und möglichst viele Vogelschutzgehölze und lebende Zäune anzupflanzen. Aber es muß sich endlich die Ueberzeugung durchsetzen, daß mit diesen künstlichen Mitteln durchaus nicht alles getan ist, sondern daß man bestrebt sein muß, die natürlichen Nistgelegenheiten soweit als nur möglich zu erhalten. Jedem, der näher darüber nachdenkt, wird es klar sein, daß nur eine Flur, die solche natürlichen Nistgelegenheiten noch in großer Zahl aufweist, auch einen Reichtum an Vögeln und dadurch eine Polizei gegen das immer mehr überhandnehmende Ungeziefer haben kann. Es müssen deshalb alle Grundeigentümer mit den zuständigen Behörden zusammenwirken, um endlich den notwendigen Schutz der Hecken und Bäume in der Flur zu erreichen. Daß Hecken und Bäume an den Wasserläufen auch für die Fischerei von Wert sind, bedarf keiner weiteren Ausführung. Daß alle Hecken und Bäume aber auch dazu beitragen, das Landschaftsbild so anmutig und freundlich zu gestalten, das darf man schließlich auch nicht ganz vergessen, und man muß auch diesen Wert der Hecken und Bäume in der Landschaft mit in Rechnung stellen. Turnen, Spiel, Sport Fußball Länderspiel Deutschland— Schweden. Der Juni bringt der schwedischen FußballLändermannschaft ein reichhaltiges Programm, abgesehen davon, daß das Treffen gegen Holland schon gewonnen worden ist. Am Freitag steigt im Stockholm das Spiel gegen Finnland, zu dem der schwedische Verband nur eine B=Mannschaft namhaft gemacht hat, um die erste Garnitur für den Kampf gegen Deutschland in Köln zu schonen. Gegen die Deutschen wird dieselbe Elf antreten, die gegen Holland so überzeugend zu gewinnen vermochte. Am 16. Juni, also acht Tage vor dem Spiel in Köln, treffen die Schweden noch auf ihren alten Rivalen: Dänemark. Die Mannschaft, die unserer Elf gegenüberstehen wird, ist übrigens fast so gut, wie die Olympiamannschaft für Paris 1924. Das heiß also, daß das Team der Schweden sehr spielstark sein wird; gerade in Schweden weiß man zu gut, daß Deutschland eine der besten Fußballna tionen Europas ist, und man macht sich einige Sorgen um den Ausgang des Spiels. Wassersport Ozeansegler Müller verschollen. Sein Boot an der Küste von Florida angetrieben Neuyork. Der deutsche Ozeansegler Müller, der bekanntlich in seinem Segelboot von Deutschland über den Ozean nach Kuba segelte, von wo er seine Reise nach Florida fortsetzte, ist verschollen. Das Segelboot Paul Müllers soll an der Küste von Florida angetrieben worden sein, von Paul Müller hat man bisher kein Lebenszeichen erhalten. Der amerikanische Küstenschutz ist angewiesen worden, Nachforschungen nach dem Vermißten anzustellen. Freitag, den 14. Juni. Münster. 10,15—24,00: Uebertragung von Köln. Langenberg. 10,15—24,00; Uebertragung von Köln. Köln. 0.15—11.10: Schallplattenkonzert.— 10.30: Tagesdienst und Wasserstandsmeldungen.— 11,55: Schul#unk für die Oberstufe höherer Sebranfgchzizlatertonzert.— 1250. dienst.— 13.95—14.30: Mittagskonzert des In der Pause Programmbemerkungen.— 15,00: Els Vordemberge: KinderDr“ Hans Fbinden:„Aus der Welt des MitBerufsschulen.)— 16.25: dienst.— 16.30: Willi Schäferdiek: im Buch— Neues vom Weltkrieg"— Bespertonzer:— Merte von Rierole Fgzugs. Sitten und Cebräuche".— 18.50: 19.15: Englische Unterhaltung.— 19.40: Dr. Hans Stein:„Neue Erkenntnisse über unsere Universitäten“.(Aus Anlaß der 10der Kölner Universität).—.20,Puschließend: 24,00: Nachtmusik und Tanz. Leitung: Eysoldt. Börsen und Märkte Dortmunder Zucht= und Faselviehmarkt vom 12. Juni. Auftrieb 577 Stück Großvieh, 21 Kälber, 1 Ziege, 206 Schweine. Der Handel war mittel. Es kosteten Kühe 350—725 M. 250—525 M. Ausgesuchte Tiere wurden über Notiz bezahlt. Sämtliches zum Markt aufg ben gewesenes Großvieh ist gegen Maul= und Tiere sind mit Ohrenmarken versehen, die di Bezeichnung„Magerviehhof Dortmund“ und eine Nummer tragen. Es sind die Numme 15 918 bis 16 493 ausgegeben worden.— Am Schweinemarkt war der Handel langsam. Es kosteten Ferkel im Alter von 6 bis 8 Wochen 23 bis 40 M, von 8 bis 10 Wochen 40—48 M, von 10 bis 12 Wochen 48—70 M. Der nächste Markt tock on 9. bort bel. Verantwortlich für Lokales, Kommunalpolitik, Feuilleton, Provinzielles, Gerichtssaal u. Sport Eberhard Lex, Schwerte Bekanntmachung. IIRACIK Heute entschlief nach langem, schwerem Leiden mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Großvater, Bruder, Schwager und Onkel WrRzIer im Alter von 67 jahren. Um stille Teilnahme bitten: Die trauernden Hinterbliebenen. Schwerte, den 12. Juni 1929. Die Beerdigung findet am Samstag, den 15. Juni 1929, nachmittags 2½ Uhr vom Trauerhause, Hörderstraße 26, aus statt. Die periodische Nacheichung der Meß= und Wiegegeräte für den Stadtbezirk Schwerte und die Gemeinden Villigst und Wandhofen in der Zeit vom 25. Juni bis 24. Juli vs. in der Wirtschaft„Zur Helle“, Ostenstraße 26, Inhaber August Rettstadt, im Wirtschaftssaale, Eingang von der Ostenstraße aus, statt. Zur Einlieferung ihrer Meß= und Wiegegeräte in gehörig gereinigtem Zustande an den den einzelnen Pflichtigen auf der Postkarte mitgeteilten Eichtagen sind verpflichtet die Gewerbetreibenden, die Landwirte, sobald sie beim Absatz ihrer landwirtschaftlichen Produkte die Ergebnisse von Meß= und Wiegegeräten einer Preisbestimmung zu Grunde legen, eine, auch wenn sie nur an Mitglieder Waren absetzen und schließlich die Großhandlungen und Fabrikbetriebe, wenn Meß= und Wiegegeräte entoder Arbeitslohnberechnung Nacheichetage versäumt, muß mit seinen Eichgegenständen ugzug ProvinzalEichungsamt in Dortmund aussamn. Die Benutzung nicht vorschriftsmäßig geeichter Meß= und Wiegegeräte wird nach der Maßund Gewichtsordnung vom 30. 5. 1908 mit Gell strafe bis 150 RM. oder entsprechender Haft bestraft. Die Einziehung der Eichgebühren erfolgt bei der Eichung. Schwerte, den 11. Juni 1929. Die Polizeiverwaltung. Schlegtendal. Inien Bekanntmachung. Die festgestellte Hebeliste der Stadtgemeinde Schwerte über die Handwerkskammerbeiträge für 1929 liegt für die selbständigen Handwerker vom 14. Juni 1929 ab 14 Tage lang im neuen Rathause hierselbst, Zimmer Nr. 4, zur Einsicht offen. 2371 Einsprüche gegen die Umlegung der Beiträge auf die Handwerksbetriebe sind innerhalb der vorbezeichneten Frist bei uns anzubringen. Schwerte, den 12. Juni 1929. Der Magistrat. Fordern Sie Katalog und## Preisliste für die ton n schönen dauerhaften u. g preiswerten Flügel und Pianinos. Auch Sonderangebot in gebrauchten Instrumenten. S A BARMEN NFUERWEG 40 Danksagung. Für die uns belm Lelmgange unferer lieben Entlchlajenen erwiesene Teillnahme sagt herzlichen Dank qamilie Dascedag. Kriegerverband von Schwerte und Umgegend Samstag, den 15. Juni, 8 Uhr im Freischütz Wohltätigkeits-Konzert zu Gunsten der Kriegsbeschädigten-Fürsorge. Musik: Ruhrtaler Jäger- u. SchützenKapelle, Dirigent Ad. Hahn. Karten Im Vorverkauf zu 75 Pfg. bei den Krlegsbeschädigten. Bucharuckerei „Freischütz“ Klaviere sind unentbehrlich für die Ausbildung d. Kinder Herrliche Instrumente Feurich Röm slldt, Herrmann, „Weltmarken. 24— Monate Teilzahlung Schulze zur Wiesch Piano-Spezialhaus DORTMUND Krügerpassage Donnerstag, 13. Juni 1929, 16 Uhr und 20 Uhr: Gastspie! 1: ur ensehen; • gutes, starkes Pack-Papier sowie feines, 5 buntes# Seiden-Papier V. CARL BRAUS# G. m. b. H. jetzt Schwerte Velchstrale 2 (früher Fund'sche Werkstätte) Haupteingang: westwalr-Wilhcnnopt Kur Loch aus Konstantinopel mit seinen Künstlern. Abends moderne Tanzmusik. Eintritt 50 Pfg., inkl. Steuer. Lichtspiele zur Reichskrone Nur heute abend 8¼ Uhr einmalige Aufführung des deutschen Großfilms Der eiserne Bilder aus Krieg und Frieden und aus dem Leben des großen Heerlührers mit zum Tell bisher unveröffentlichen Aufnahmen aus dem Kriegerfilm Archiv. Außerdem das gute Beiprogramm. Heute nachmittag 4 Uhr: Kinder-Vorstellung Zur Vorführung gelangt: Der eiserne Hindenburg, Flaturaufnahme Lustsnie! 2 türig sehr gut erhalten, preiswert abzugeben. Hohenzollernstr. 7 12373 1. Etage. in Tzeeo ßuee Onsmt bei 433 PIENA Schwerte, Brückstraße Der Eaion der Verrückten Kunstausstellung der Geisteskranken.— Die Irren malen„modern“.— Die Naiven und die Kubisten. Von Georges Moysard=Paris. Im vorigen Jahr wurde in Paris zum ersten Mal eine Ausstellung von Gemälden— wenn man in diesem Zusammenhang den Ausdruck überhaupt benutzen darf— Geisteskranker veranstaltet. Der Erfolg war, wie nicht anders zu erwarten, außerordentlich groß und ermutigte die Väter des Gedankens zur Wiederholung in weit größerem Umfange. Die Besucherzahl des diesjährigen„Salons der Verrückten“ hat alle Erwartungen übertroffen. Und doch war ein großer Teil der Neugierigen ehrlich enttäuscht. Sie hatten sich unter„verrückten Zeichnungen und„Gemälden“ etwas ganz Besonderes, etwas höchst Pikantes vorgestellt und fanden, daß zwischen den Arbeiten der Heilanstaltsinsassen und denen mancher moderner frei umherlaufender Künstler kein großer Unterschied ist. Kein Wunder also, wenn unter den Besuchern die Meinung aufkam, die Begriffe verrückt und gesund seien in diesem Falle recht relativ und besser durch„eingesperrt“ und „nicht eingesperrt“ zu ersetzen. Die Gemälde selbst scheiden sich in zwei Gruppen. In der ersten bemühen sich die Geisteskranken, die Gestalten, die ihnen noch von früher her in der Erinnerung haften oder die ihnen in der Anstalt begegnen, mit mehr oder weniger großer Pinselfertigkeit und möglichst naturgetreu wiederzugeben. Ihre Zeichnungn und ihre Farbenwahl sind kaum„verrückter“ als die der Schulkinder; vielleicht ist nur die Naivität, die in ihnen zum Ausdruck kommt, größer. Allen Arbeiten aber sieht man das ehrliche Bestreben des„Künstlers“ an, etwas zu leisten. Soweit also verrät nichts den aus dem Gleichgewicht Gebrachten. Doch plötzlich weicht irgend ein Strich von der bis dahin eingehaltenen Linie völlig ab, und der Beschauer erkennt, wo der Geist des Malenden einen unerwarteten Seitensprung machte. So sitzt auf einem mit naiver Wahrheitsliebe gezeichneten Körper ein Kopf, der nicht die geringste Menschenähnlichkeit besitzt. Das Bild ist eben nichts anderes als ein stummer Zeuge vom Zustand des Malers, der auch in der Unterhaltung Fremden solange völlig normal erscheint, bis ein unvermuteter, völlig abwegiger Gedanke seine Krankheit verrät. Die zweite Gruppe könnte man mit Recht die Kubisten unter den geisteskranken Malern nennen. Denn sie zeichnen Dreiecke, Trapeze, Quadrate, Würfel, Kreise mit scharf abgegrenzten Farbfeldern, die dem Beschauer vollkommen unverständlich sind und nur dem Malenden selbst etwas sagen können. Wir gewinnen den Eindruck des vollendeten Wahnsinns, der Verbildlichung des geistigen Zustandes des Verrückten. Haben wir die Werke der Angehörigen der ersten Gruppe, der Naiven, noch zu deuten verstanden, so muß hier jeder Versuch von vornherein scheitern, weil keinerlei Kontakt zwischen der verwirrten Auffassung des wahnsinnigen Malers und der des geistig normalen Beschauers hergestellt werden kann. Grotfol SIe Meute begimet die große SERVICE-REKLAME(Chinablau) Wir haben hierfür mehrere tausend KaffeeService in feiner Ausfertigung bereitgestellt. Beachten Sie unsere Schaufenster! Auch Sie werden diese günstige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ein solch schönes Service zu erhalten. Nur eine beschränkte Anzahl Reklame- Prospekte werden verteilt und in den Filialen ausgegeben. OPre NUUS Spezialgeschäft für sämtliche Lebensmittel Filiale: Schwerte, Hagenerstraße 1 Der Auffassung mancher übermoderner Künstler zufolge dürfte diese Tatsache aber keinen Einfluß auf die Beurteilung des künstlerischen Wertes der Malereien haben, denn auch ihre zeugnisse sind dem größten Teil der Menschheit nicht verständlicher als die Arbeiten im Pariser„Salon der Verrückten". Trotzdem werden diese Werke nicht nur von ihren Erzeugern, sondern auch von einigen Gefolgsleuten als Kunstwerke bezeichnet und finden in Ausstellungen und Museen Aufnahme. Der wesentlichste Unterschied, der zwischen diesen Werken und der zweiten Gruppe der Pariser Ausstellung bestehen dürfte, ist eben der vom Publikum bald erkannte: Jene werden in Ateliers und von freien Menschen geschaffen, diese von Eingesperrten, die unter dem Eindru# der Unfreiheit stehen. Den Wahnsinnigen nahm man bisher jede Möglichkeit, ihre Gedanken dem normalen Publikum mitzuteilen. I Werke werden aus allen Museen ausgeschlossen bleiben und niemand wird sich die Mühe geben, in ihre Gedankengänge einzudringen. Ihre lebenden Kollegen dagegen wollen von anderen ernst genommen werden, verlangen die nahme in Kunstgeschichte und Museen und fordern, daß die Mitwelt ihre Gemälde für teure Geld kauft. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, sind also die Geisteskranken, die bei ihrem Schaffen von keinerlei materiellen Motiven## leitet werden, die besseren Künstler. Nr. 136(Zweites Blatt) „Schwerter heltuns Donnerstag, 13. Juni 1929 Die Arberspannung dee Wentrront Beseitigung der Schutzzölle.— Eine internationale Forderung. Von Dr. Hans Als eins der für uns Deutsche erfreulichsten Ergebnisse der englischen Wahlen kann die unbestreitbare Tatsache verzeichnet werden, daß die Anhänger des überspitzten Protektionismus in England auf der ganzen Linie vorerst geschlagen worden sind. Wäre das Kabinett Baldwin auch weiterhin am Ruder geblieben. s. hätten sich die gegenwärtig noch bestehenden englischen Schutzzollbestimmungen in Form höherer Zölle für das Ausland, nicht zuletzt für den exporthungrigen deutschen Außenhandel, noch ungünstiger als bisher ausgewirkt. Im neuen englischen Parlament werden jedenfalls die Verfechter des Protektionssystems sich ganz erheblich in der Minderzahl befinden. Seit Jahrzehnten gehört das Freihandelsprogramm zu den feststehenden Forderungen der Liberalen sowie der Labour=Party, und es liegt gerade jetzt drinsender als je für die Regierungsvertreter der letzteren Partei die Notwendigkeit vor, diese Forderung mit allem Nachdruck zu verfechten. Der neue Zolltarif der Vereinigten Staaten ist in England Gegenstand ernsthefter Besorgnisse, gilt es doch als sicher, daß er die bisher schon fast prohibitiven Zölle noc wesentlich erhöhen wird. Man rechnet damit, daß ein so eifriger Verfechter der Freihandelsbewegung wie Philip Snowden ganz energisch gegen die vorgesehenen amerikanischen Zollerhöhungen protestieren wird, und zwar mit dem Hinweis, daß die Vereinigten Staaten nicht das Recht haben, auf diese Weise Europa die Abbezahlung seiner Kriegsschulden zu erschweren. Daß durch die Erhöhung der an sich schon hohen amerikanischen Zollmauern der Goldstrom nach den Vereinigten Staaten anschwellen muß und das zahlungspflichtige Europa zu ren Kreditaufnahmen förmlich gezwungen 9, liegt auf der Hand. Erst kürzlich wies bekannte englische Wirtschaftstheoretiker Sir George Paish in „Th: Statist“, einer der führenden Finanzzeitschriften des Inselreiches, auf die enge wirtschaftliche Verflechtung der Staaten und Kontinente hin u. betonte in diesem Zusammenhang, der gesamte Weltkredit" bereits derartig angespannt, daß ein Dilemma des internationalen Wirtschaftsverkehrs befürchtet werden müßte. War während des Krieges die Arbeit der Weltwirtschaft, da die Welt selbst in zwei feindliche Kriegslager zerfiel, auf ein den meisten Staaten gemeinsames Ziel gerichtet, so zeigen heute die in der Weltwirtschaft tätigen Kräfte längst nicht mehr die gleiche Tendenz zur Zusammenarbeit. Der Kreditbedarf der Welt hat sich seit 1914 gewaltig vermehrt und weist heute Erscheinungen auf, die katastrophale Wirkungen zeitigen können. Seitdem ist praktisch nichts geschehen, um die Kreditsucht der Weltwirtschaft auf ein normales Maß zurückzuführen. Der Worte sind freilich genug gewechselt. Schon auf der internationalen Wirtschaftskonferenz in Brüssel 1920 wurde— theoretisch Hillebrand. — die Forderung einer Beseitigung der Zollschranken aller Staaten gestellt. Im Verlauf der folgenden Konfcrenzen in Rom, Brüssel und Stockhulm gab die Internationale Handelskammer Hinweise für die erforderlichen Vorarbeiten zur Festsetzung dieses für alle Staaten gemeinsam zu erlangenden Zieles. wirtschaftskonferenz richtete 1927 an alle Nationen das Ersuchen, ihre bisherige starre Schurzollpolitik zu Gunsten des Freihandels aufzugeben. Da jedoch weder die Vereinigten Staaten noch England und seine Dominien mithin also die beiden bestimmenden Faktoren der Weltwirtschaft, wenig Lust verspürten, ihren Wirtschaftsprotektionismus aufzugeben, blieb alles beim alten. In England selbst erregte allerdings das damalige Verhalten der maßgeblichen Politiker und Wirtschaftsführer heftigen Unwillen und berechtigte Kritik. Der inzwischen verstorbene Direktor der Westminster Bank, Walter Leaf, äußerte sich über diesen Mangel an wirtschaftspolitischer Einsicht:„Man hat alle nur erdenklichen Maßnahmen zur Behinderung des internationalen Handelsverkehrs getroffen. Daß einzelne Länder vorübergehende Vorteile daraus gezogen haben, soll nicht bezweifelt werden. Doch ist dies eine Methode, die sicherlich einen Kontinent wie Europa zum ökonomischen Selbstmord führt, falls nicht eines Tages die Zollschranken zwischen den Ländern fallen.“ Bei der jüngsten Behandlung des strittigen Zollproblems im Wirtschaftsrat des Völkerbundes kennzeichnete der tschechoslowakische Großindustrielle Hodac die Befürchtungen vieler internationaler Wirtschaftskenner dahin, daß die weltwirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre im Zeichen erheblicher Depressionserscheinungen stehen werde. Nichteunerwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß im Rahmen dieser Verhandlungen Loucheurs Gedanke einer umfassenden Organisation aller europäischen Industrie= und Landwirtschaftsproduzenten gerade von den Vertretern der internationalen Industriekartell. nicht nur abgelehnt, sondern teilweise sogar heftig bekämpft wurde. Loucheurs Plan einer Gründung der„Vereinigten Staaten von Europa“ auf rein wirtschaftlicher Grundlage dürfte damit abermals in weite Fernen gerückt sein. Schwierig ist der Weg einer vernunftgemäßen Sanierung der Weltwirtschaft, deren Glieder teilweise noch unter den rheumatischen Schmerzen der durch Kriegs= und Nachkriegswirren erzeugten Leiden und funktionellen Störungen zucken. Aber er muß beschritten werden, und zwar durch allmählichen Zusammenschluß aller nationalen und darüber hinaus kontinentalen Wirtschaftskräfte. Berlin, zweite Juniwoche 1929. Man kann nicht immer bloß von Helen Wills lesen und von König Fuad! Mit ganz besonderer persönlicher Anteilnahme wende ich mich von der immer wieder gekrönten Königin des Tennisspiels ab— und dem Tyrannen der zu, dem schrecklichen Vesuv. Denn es ist noch gar nicht so lange her, daß ich den jetzt geborstenen kleinen Krater mitten in dem toten großen Krater vor mir liegen und rauchen sah— so friedlich wie eine zum Diner zu heiß servierte Riesenpastete. Jetzt ist sie geborsten, in die Lüfte gegangen und hat als feuriges Schrecknis die Täler bedroht... Gott, der einst in seinem Grimme Sprach, wo hoch der Gipfel ragt, Hat der Warnung heil'ge Stimme Den Propheten längst versagt. Zu der Menschheit, tief in Sünden, Die im Stolz der Laster lebt, Kommt kein Engel mehr, zu künden Himmelsrache, hergeschwebt. Seinem erdgeschaff'nen Kinde Wehrt nicht mehr des Schöpfers Hand, Wenn es Feuer, Licht und Winde In die Fron des Alltags spannt; Wenn es Himmelsmächte stündlich Bastelnd webt zu Spiel und Spott— Unerforschlich, unergründlich Hüllt in Schweigen sich der Gott. Aber über sanften Triften, Meer und Strand und Menschenhaus Bricht in Flammen, Gas und Giften Plötzlich eine Säule aus. Schleudert Felsen in die Lande, Reckt das feu'rige Fanal; Mit der Lava flüss'gem Bande Würgt's die Arbeit tief im Tal. Vor der Eitelkeit Umgarnung, Mensch, die dich gefangen hält, Speit der Berg die Feuerwarnung Ueberm schönsten Golf der Welt. Der Aberglaube wird wieder seine besonderen Folgerungen daraus ziehen, daß der alles vernichtende glühende Lavastrom dicht vor der kleinen Kirche von Terzigno Halt gemacht hat. Aber der Aberglaube hat ja immer zu tun. Wie wird er's— ich bin begierig— erklären und deuten, daß der Fenstervorhang im Sitzungssaal plötzlich in Flammen stand, als nach dem vier Monate langem Gezerre und Gezeter der feilschenden Tributkonferenz die Unterschrift unter das Protokoll unserer Dauerversklavung gesetzt werden sollte? Man liest: der Präsident und die Sitzungsteilnehmer hätten keinen Augenblick ihre Ruhe verloren. Wenn das wahr ist. scheint mir's sehr schade, daß während all dieser Paxiser Sitzungen durch vier Monate nicht immerzu irgendwo im Saale ein Vorhang oder sonst was gebrannt hat. Denn, während nichts gebrannt hat, ist diese beim Brand so herrlich bewahrte Ruhe öfters verlorengegangen. War dieser wehende, brennende Vorhang nun eine Versuchung des Teufels, der— wenn man belgischer Hetzpropaganda, die unsere harmlose deutsche Post sogar auf Briefumschlägen noch ins Land herein läßt, glauben will— heute und immer mit den Deutschen im Bunde ist? Freilich, es muß ein saudummer Teufel sein: denn genützt hat er uns bei allem Eifer nicht viel, dieser Böse! Ich meine: War dieser Brand gar nicht vom Gottseibeiuns angezettelt, um das üble Dokument, das, aufgebaut auf der unerschütterlichen Schuldlüge, uns fast drei Generationen lang in Heloten=Dienste zwingt, heimtückisch zu vernichten? Und haben die Engel selbst in der Uniform französischer Hotelangestellter mit Hilfe von modernsten Feuerlösch=Apparaten, diesen höllischen Frevel noch rechtzeitig verhindert und erstickt? Uebrigens, wenn man richtig und mit einigem guten Gedächtnis sucht, hat alles in der Welt und im Völkerleben sein Vorbild. Denk' ich zum Beispiel an Madrid, wo man jetzt im„Völkerbund" besten Willen zur Völkervereinigung mimt, so steht vor mir der Eduard Blumenthal. Und denke ich an die im Flammenzeichen beschlossene Tributkonferenz von Paris, so sehe ich in einer Vision die kleine, Sandwespe ihr eben mühsam verklebtes Sandloch verlassen. Wer ist Blumenthal? fragen Sie vielleicht. Und— wieso, Sandwespe?— Gleich! Der Schwärmer Eduard Blumenthal hatte bereits in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts— in Berlin natürlich— die„Religion des fortschreitenden besten Wissens und Gewissens“ gegründet. Das sogenannte Kogitantentum. Allzu viele Anhänger hatte seine geplante Staats= und Weltreligion just nicht. Aber sie war(die undankbare Welt hat's vergessen) der Vorläufer des„Völkerbundes". Muß es gewesen sein, denn§ 9 ihrer Satzungen lautete:„Das Präsidium der Kogitanten=Allianz unterzieht sich beim Auftauchen ernster internationaler Konflikte der Aufgabe, durch schiedsrichterliche Interventionen einen alle Teile befriedigenden gerecht. Ausgleich herbeizuführen.“ Ach, du lieber Himmel! Das Präsidium der Kogitanten=Allianz hat niemals befriedigt und hat nichts herbeigeführt; aber wir— wir reisen jetzt über Genf nach Madrid und: beim Auftauchen ernster internationaler Konflikte unterzieht sich nicht mehr Eduard Blumenthal, sondern der Völkerbund der Aufgabe, durch schiedsrichterliche Interventionen... usw.— Schön. Und die Sandwespe(an die ich, auf das Pariser Dokument in Beleuchtung des flammenden Vorhanges schauend, denken muß)— die Sandwespe? In dieser besten aller Welten eines der sympathischsten Geschöpfe, sucht sie sich, wenn sie ein Ei versorgen will, eine Raupe. Durch einen Stich in die Gehirnganglien lähmt sie ihr Opfer völlig— ohne es ganz umzubringen dann legt sie ihr Ei in die aufgestochene Brust der Gelähmten und vermauert das verwundete, hilflose Tier in einer kleinen Erdgrube. Das tut sie— sinnreich und lieb ist die Natur—, auf daß die dem Ei sich entwindende Larve, die wie9 Der Lrötz vom Eichenkamp“ Westfälischer Heimatroman von Adolf Löhr. 63. Fortsetzung.„(Nachdruck verboten.) Der Sommer ging allmählich zur Neige. Trotzdem meinte es die Sonne noch gut. Die heißen Erntewochen hatten ihn recht gebräunt. An die See brauchte er nicht. Der Eichenkamp ersetzte sie vollkommen. Wie schön war es aber auch wieder. Eben brachte Kaline den Nachmittagskaffee. Ene Pause hatte er verdient. „Hüh, Alex!“ Der neue Oldenburger hörte nämlich auf den schönen Namen Alex. Er hatte einen guten Kauf damit gemacht. Das Pferd war kräftig und ausdauernd. Zufrieden rupfte es das Gras an der Hecke ab. Auch Heiner suchte sich ein weiches Plätzchen. „Was macht der Vater?“ fragte er die eben ankommende Kaline. Sie zuckte die Achseln. „Er schläft.“ Mit dem Vater war nämlich in den letzten Tagen eine auffallende Veränderung vor sich gegangen. Die fortschreitende Besserung in seinem Befinden, über die er sich schon so sehr gefreut hatte, war plötzlich in das Gegenteil umgeschlagen. Er verfiel zusehends. Die geringste Bewegung verursachte ihm Schmerzen, darum verließ er das Bett gar nicht mehr. Der Doktor hatte die Achseln gezuckt. Das Alter machte sich eben bemerkbar. Die erlittenen Schlaganfälle hatten das ihre getan. Helfen ließ sich da nicht mehr viel. Die plötzliche Verschlechterung hatte er aber auch dem ungewohnten Alkoholgenuß zugeschrieben. Ungewollt hatte Vera dem Vater mit ihren Aufmerksamkeiten leider einen schlechten Dienst erwiesen. „Ich vermute, daß es zu Ende geht,“ hatte der Arzt draußen auf dem Hofe zu Heiner gesagt. Er hatte es gar nicht fassen können. Zu plötzlich war es gekommen. Kaline stellte ihm den Kaffeekrug zurecht und packte die kräftigen Butterbrote aus. Dann eilte Arbeit gab es ja immer, nun nahm sie obendrein die Pflege des Eichenkämpers wieder in Anspruch. Heiner ließ die Blicke sinnend über Felder und Wiesen bis hinüber zum Walde schweifen. Die Heimat wirkte mit ihrem ganzen tiefen Zauber auf ihn ein. Konnte er sie wirklich jemals lassen? Ganz unmöglich dünkte es ihm wieder. Aber Vera als Bäuerin, niemals würde es etwas werden. Trotzdem hielt ihn noch immer ein heißes Begehren gefaßt. Ganz war er ihrem Zauber erlegen. Immer wieder sah er sie vor sich, wie sie ihm auf der Terrasse so berückend schön gegenübergesessen hatte. In dem zartgrünen Gewand ganz eine verkörperte Rheinnixe. War sie nicht wirklich eine? Wollte sie ihn auch in die Tiefe hinabziehen? Haltlos und entwurzelt würde er sich vorkommen, wenn er nicht mehr auf dem Eichenkamp leben und schaffen konnte. Gerade in der schweren Zeit hatte er ihn erst recht lieb gewonnen. Der von Vera so glänzend geschilderte Posten war ja sehr bestechend. Nichtsdestoweniger hatte seine anfängliche Begeisterung schon bedeutend nachgelassen. Abhängig würde er doch sein. Die Firma würde auch Ansprüche stellen, denn umsonst würde sie das viele Geld sicher nicht hinauswerfen. Auf dem Eichenkamp aber war er frei. Auf der eigenen Scholle sein eigener Herr. Als sie vor wenigen Tagen in später Abendstunde vom Rhein zurückgekommen waren, hatte er Vera schon so halb und halb das Versprechen In überströmender Freude hatte sie sich kaum zu fassen gewußt und ihn mit einer Flut leidenschaftlicher Zärtlichkeit überschüttet. Da war er erst recht keines klaren Gedankens mehr fähig gewesen. Spät in der Nacht waren sie nach kommen. Er war dann allein mit dem Wagen zum Eichenkamp zurückgefahren. Vera hatte den Wagen am nächsten Nachmittag abgeholt. Der Brauereibesitzer hatte gleich einen Notar mit einem Kaufvertrag mitgeschickt. Da war er denn doch ein wenig aus den Wolken gefallen und heftig aufgefahren. Der Notar war unverrichteter Dinge nach Hause gegangen. Vera hatte ihn mit Bitten bestürmt, alle ihre Reize ausgespielt und als es doch nichts gefruchtet, geweint und gezankt. Empört war sie zuguterletzt ebenfalls davonsesahren.. icht Mie Seitdem hatten sie sich noch nicht wieder gesehen. Sollte es wirklich aus sein? Brennend heiß stieg das Begehren wieder Nun war der Vater auch noch schwer erkrankt. Glücklicherweise war er bei dem Auftritt in die Wiesen hinunter gewesen, denn da war es ihm noch sehr gut gegangen, so daß er sich schon immer wieder ein Stückchen weiter gewagt hatte. So hatte er wenigstens nichts davon erEbensowenig Kaline, sie hatte in den Rüben gearbeitet. Langsam erhob er sich. Sieh dal Dort kam sie ja, an die er noch sorven gedacht hatte. Vera. Vom Hof herauf. Da war sie wohl gar ohne Wagen von drüben gekommen. Ein weißes Sportkleidchen trug sie. Auch jetzt wieder verführerisch schön. Wie ein Rausch wollte es ihn wieder überkommen. „Tag, Heinerle!“ Harmlos, als wäre nichts geschehen, gab sie sich. „Vera, du?“ Erschrocken faßte er ihre Hand. Um den Arm trug sie einen Verband. „Hast du dich verletzt?“ Sie lachte. Jum Gi2 nicht „Eine kleine Schramme. Ium Glück nicht von Bedeutung. Kein Wunder, wenn man so aufgeregt hier fortfahren muß. Da wollen die Gedanken nicht gehorchen, man gibt nicht acht und hast du nicht gesehen, rennt man gegen die Bäume und Telegraphenmasten. Beinahe hättest du mich gar nicht wiedergesehen. Der schöne neue Wagen hat einen bösen Knacks abge„Deine Schuld. Wenn du so wenig für mich übrig hast.“ „Vera!" „Vielleicht nicht? Der Eichenkamp ist dir ja lieber. Ich habe es mir noch einmal ganz gründlich überlegt und du mußt es doch selbst einsehen, zur Bäuerin tauge ich wirklich nicht.“ „Das ist ja auch nicht unbedingt nötig. Ich habe auch sehr darüber nachgedacht in den letzten Tagen. Einen Knecht und eine Magd stellen wir selbstverständlich noch ein. Ich will auch mehr tätig sein. Warum soll es dann nicht gehen?“ Vera verzog das Näschen. „Mein Leben hier in der Einsamkeit vertrauern?" „Eine halbe Stunde von der Stadt! „Aber neben Viehställen, Düngerhaufen und schmutzigen Feldern. Jetzt im Sommer sich das alles sehr schön an. Aber der Winn# ist lang. Zu Hause bei dem Onkel graule ich mich schon beinahe zu Tode, dabei bin ich den Winter durch mehr bei den Freundinnen als dort. Hier würde es noch viel schlimmer sein. Wenn du aber den Posten annimmst, suchen wir uns eine schöne Wohnung in der Stadt aus. Nicht weit vom Fischertal haben sie ganz entzückende Häuschen gebaut. In wenigen Wochen sind sie bezugsfertig. Einige Wohnungen sind noch frei, wir werden ohne Schwierigkeiten eine bekommen, denn sie gehen das Wohnungsamt nichts an. Bis zur Stadt hinunter sind es nur einige Minuten. Theater, Concordia, Kinos, alles in der Nähe, zum Tennisplatz nur ein paar Schritte." GFortsetzung folgt.) der eine brave Sandwespe werden soll, frischen Fleisch des gelähmten Opfers sich nähre. — Aber was gehen uns Madrid und der tote die Fahnen— die grünen Fahnen des en und die Fahnen der Republik. Jx. Ihuswer. tigen Amt sagt man: für König Fu#ol In Sportkreisen sagt man: für Helen Wills! sache: sie flattern! Mir aber, der ich sie flattern sehe, steigt eine Doktorfrage auf: Das Problem mir vorzustellen, Stell' ich so die Frage ein: Möcht' ich in Berlin die Helen Oder— König Fuad sein? Beiden weiß man viel zu bieten In des Frühlings märk'schem Haus; Doch ist das Programm verschieden Für der Freuden Blumenstrauß. Helen fährt von Tee zu Teen — Jeder reizvoll und intim—, Doch den Fuad in Museen Schleppt man und erklärt sie ihm. Helens sportlich leichte Seele Macht man mit Musike froh; Fuad zeigt man die Kamele Seiner Heimat hier im Zoo. Helen unter hübschen Mädchen Fühlt geehrt sich und bestaunt; Fuad plauscht mit Diplomätchen Würdig zwar, doch mißgelaunt. Helen tanzt hier im LyzeumClub, was ihr durchaus genügt; Während im Reichspost=Museum Fuad mäßig sich vergnügt. Helen holt sich hübsche Preise, Von den Gegnern kaum gestört; Während Fuad sich viel weise Reden der Behörden hört. Eins nur dünkt mich schön und eigen Und dasselbe— so und so: Wo die beiden auch sich zeigen Auf der Straße oder wo, Hüllen der Begeist'rung Wellen Beide gleichermaßen ein. Immerhin— ich möcht' die Helen Lieber als der Fuad sein! Diogenes. Abschied vom Arlaub Gedanken meines Freundes Willi. Schwerte, den 13. Juni 1929. Ist's möglich, könnt ich nicht mehr wie ich wollte? Müßt ich wiederum vollbringen, an das ich in den Wochen des Urlaubs garnicht mehr gedacht und auch durchaus nicht zu denken wünschte? Ist's wirklich aus mit dem logenhaften, wabernden Umherschweifen in der von Wirklichkeiten träumenden und Träume sehr konsequent verwirklichenden Stadt an der Ruhr. Ist es wirklich vorbei mit abendlichen Wanderungen an silbrig violetten Gestaden? Flugzeugabstieg und Urlaubsende sind Verlogisch ähnlich aus. In beiden Fällen ist urplötzlich das Pathos der Distanz aller Landschaft und allen Menschen gegenüber abgedrosselt, jenes Pathos der Distanz, das erst Kern und Wesen alles Daseins und alles Lebens enthüllt. In den Wochen des Urlaubs redet uns nicht nur jeder D=Zug und jeder Gewitterschauer, jeder Sonnenstrahl in höflicher Sprache an. D=Zug und Gewitterschauer sind entzaubert. Ihre Augen sind erloschen, ihr Mund ist verschlossen. Es sind wieder leblose Dinge. Und diese Umoder vielmehr Rückwertung aller Werte verursacht mehr als einen Druck in der Herzensgegend. Sie ist wie ein wohlgezielter MagenAbschied vom Urlaub Selbst ein eingeborener, appetitgesegneter, mit eisernen Nerven ausgerüsteter Westfale fühlt sich dabei durch die Stichflammen eines neurasthenischen Inferno zum mindesten peinlich berührt. Der Avschico vom Urlaub ist deshalb so grausam, weil er ohne jede Wehmut ist. Vergebens wartet man auf die Träne, die da quillt, um uns der Erde wiederzugeben. M J 5 Der Heimkehrer empfindet sich wie ein Verstoßener. Er lebt in absoluter Disharmonie mit dem Unendlichen und zeitlich Begrenzten. Aehnlich wie ein atonaler Musiker. Er gehört weder der Fremde, noch der Heimat an. Und wenn er krampfhaft versucht, in irgend ein schönes Ferienerlebnis zu flüchten, so gleicht er dem dürstenden und hungernden Tantalus, vor dem das Wasser zurückweicht und der vergeblich nach köstlichen und duftenden Früchten greift. Der erste Arbeitstag ist eine Nervenprüfung und eine Heimsuchung sondergleichen Von drei, vier Urlaubswochen, die eine köstliche Schale zu sein schienen, angefüllt bis zum Rande mit berauschendem, beseligendem Lebensgefühl, blieb nichts übrig als eine Hand von Alltagsstaub... Wär's da nicht besser, in Zukunft allen Ferienverlockungen zu widerstehen und kategorisch jeden Urlaub abzulehnen?... Hans von der Ruhr. ugabstieg und Urlaubsende sin. Sie wirken sich physiologisch und psychoGedenklage. 13. Juni. 1075: Kaiser Heinrich IV. schlägt die Sachsen bei Hohenburg a. d. Unstrut.— 1525 Vermählung Martin Luthers mit Katharina v. Bora.— 1810 Der deutsche Dichter Johann Gottfried Seume in Teplitz gestorben(geboren 1763).— 1878(bis 13. Juli) Berliner Kongreß.— 1886 König Ludwig II. von Bayern(geboren 1845) verunglückt mit dem Irrenarzt B. v. Gudden(geboren 1824) im Starnberger See. Jagdwurst 1.30, Bierwurst 1.30, Zervelatwurst Butter und Eier. Butter 1.70—2 M, Eier 8 und 9 Stück 1 M.„„0 Obst, Südfrüchte und Gemüse. Aepfer 50—10, Kirschen 50—70 L, Apfelsinen 8 Stück 1 M, Zitronen 3 Stück 25 H, Bananen 45—55 H, Erdbeeren 1.70, 1.80, Tomalen 70—90 H, Spargel 90 L bis 1.10, Blumenkohl 50—70 H, Bohnen 50 L, Kohlrabi 2 Stück 25 H, Zwiebeln 15 H, Möhren das Bund 30 H., Rhabarber 10 Melde 10 L, Spinat 10 cH, Wurzel 2 Pfd. 25, Stielmus 5 H, Salat 10 u. 15 H, Schwarzwurzel 45 u. 50 H, Gurken 35—50 H, Kartoffeln neue 25 J., Radieschen 10 u. 15 Fischwaren. Schellfisch 35 L, Goldbarsch 40 und 50 H, Heringe 12 u. 16 Stück 1 M, Matjesfür 1929 vom 14. Juni ab 14 Tage lang im neuen Rathause, Zimmer 4, zur Einsicht offen liegt. Am heutigen Tage kann die an der Freiherr vom Steinstraße in der Familie ihres Sohnes wohnende Wwe. Becker ihren 84. Geburtstag feiern. Die aus dem Kreise Brilon stammende alte Dame erfreut sich noch bester Gesundheit und geistiger Frische und betätigt sich trotz ihres Alters noch tüchtig im Haushalt. Wir sprechen dem Geburtstagskinde unsere besten Glück wünsche aus. Möge ihr noch ein recht langer, goldener Lebensabend beschieden sein. : Die Auszahlung der Zusatzrente für Kriegshinterbliebene und nicht im Erwerbsleben stehende Kriegsbeschädigte für den Monat Juni 1929 findet am Sonnabend, den 15. Juni vormittags an der hiesigen Stadtkasse statt. Schutz des Viehes auf der Weide gegen Blitzschlag. Die Westfälische Provinzial=Feuersozietät schreibt uns: Das Vieh hat die Gewohnheit, sich während eines Gewitters heranzudrängen an die Eisendrähte der Einfriedigung, an die Ein= und Ausgänge der Weiden und an die Tränkstellen, die sich oft in der Nähe der Drahtumzäunung befinden. Hier ist es dann in hohem Maße der Gefahr eines Blitzschlages ausgesetzt. Die Gefahr solcher Blitzschläge abzuwenden, gibt es ein einfaches und billiges Mittel. Man braucht nur zwischen den Einfriedigungsdrähten und der Erde eine den Blitz leitende Verbindung herzustellen. Das geschieht auf billige Weise dadurch, daß man etwa alle 50 Meter an den Holzpfählen die Einfriedigungsdrähte untereinander verbindet und den Verbindungsdraht etwa ½ Meter tief in die Erde verlegt. heringe 2 Stück 25 J. Achmed Basun... 9. konzertiert heute nachmittag 4 lihr im„Freischütz“ mit seinen Künstlern. Heute abend 8 Uhr wird die gleiche Kapelle einen modernen Tanzabend arrangieren. Wir weisen auf beide Veranstaltungen noch einmal empfehlend hin. Der Magistrat gibt in unserm heutigen Anzeigenteil bekannt, daß die festgestellte Hebeliste der Stadtgemeinde Schwerte über die Handwerkskammerbeiträge Verfassungsfeier. Sitzungssaale der Satdtverordneten fand gestern abend 6 Uhr unter dem Vorsitz des Kreisjugendpflegers, Rektor Henkel aus Berghofen, eine Versammlung statt, die sich mit der Ausgestaltung der diesjährigen Verfassungsfeier beschäftigte. Rektor Henkel begrüßte die Erschienenen und gab einen Erlaß des preußischen Wohlfahrtsministers bekannt, welcher sagt, daß sich am 11. August zum zehnten Male der Tag jähre, an dem das deutsche Volk sich eine Verfassung gegeben habe. Dieser Gedenktag von überragender Bedeutung müsse durch würdige Feiern festlich ausgestaltet werden. Es würde vor allem darauf ankommen, weiteste Kreise der Bevölkerung für die Beteiligung an den Feiern und damit zu wirkungsvollen Kundgebungen für den neuen Staat anzuregen. Als besonders geeignet zur Ausgestaltung der Verfassungsfeiern haben sich turnerische und sportliche Bezirks= u. Kreisjugend=Wettkämpfe sowie Jugendtreffen erwiesen. Der Reichspräsident wird Ehrenplaketten und Ehrenurkunden für die turnerischen und sportlichen Wettkämpfe zur Verfügung stellen. Zu den entstehenden Kosten werden Beihilfen aus dem Jugendpflegefonds zur Verfügung gestellt. Für den Kreis Hörde sind zwei große Jugendpflegeveranstaltungen für den 11. August in Aussicht genommen. Die eine soll in Schwerte stattfinden für die Gemeinden des östlichen Teil des Kreises, also für Schwerte, die Aemter Westhofen und Aplerbeck und die andere in Hombruch für die Gemeinden des westlichen Teiles des Kreises. An die turnerischen Vorführungen mit anschließenden Wettkämpfen soll sich ein Volksfest mit Ansprachen, Verteilung der Preise, Volkstänzen und Laienspiel anschließen. Die Kosten sollen zu je einem Drittel von der Stadt, dem Kreise und der Regierung aufgebracht werden. Für morgens 11 Uhr ist am Verfassungstage ein Staffellauf vom Rathaus aus rund um Schwerte in Aussicht genommen. Eine Kommission wird sich mit der Ausgestaltung der Feier befassen. Es nehmen an derselben nur Jugendliche von 14 Jahren an teil. Am Freitag, den 28. Juli und am Samstag, den 29. Juli, finden von 6 bis 8 Uhr nachmittags auf dem Sportplatz beim Gymnasium Lehrgänge zur Einführung in die neuzeitlichen Leibesübungen und zur Vorbereitung auf die Verfassungswettkämpfe statt. Im Anschluß daran ist am Freitag eine Besprechung über die Verfassungsfeier, an der auch die Vertreter der übrigen Gemeinden teilnehmen sollen. Die Reichsjugendwettkämpfe für die Jugend unter 14 Jahren ist auf Sonntag, den 21. Juli, festgelegt. Die Bedingungen zu diesen Kämpfen setzt eine Kommission, bestehend aus den Herren Homel, Pötsch und Wulf, fest. Meldungen zur Teilnahme sind bis zum 8. Juli an Lehrer Honsalek zu richten. Zu einer sprechung über die diesjährigen Reichsjugendwettkämpfe wird der Unterausschuß l des städt. Ausschusses für Jugendpflege unter dem Vorsitz des Herrn Honsalek am kommenden Montag, den 17. Juni, 20,15 Uhr, bei Wirt Kremer in der Mährstraße tagen. Der gestrige Wochenmarkt. Bei dem sommerlichen Wetter hatten sich auch gestern viele Besucher auf dem Markt eingefunden, die in dem großen Angebot an frischem Gemüse und Obst Anreiz zum Kauf erhielten. Es entwickelte sich denn auch ein lebhaftes Geschäft bei den Gemüse und Obsthändlern. Wir notierten folgende Preise: Fleischwaren. Rindfleisch 1.10, 1.20, Schweinefleisch 1.30, 1.40, Kalbfleisch 1.30, Gefrierfleisch 50 u. 90 J. Gehacktes 1.40, Speck 1.20—1.40, Schinken 1.80, Plockwurst 1.50—1.80, Mettwurst 1.40—1.70, Blut= u. Leberwurst 60 J. bis 1 K, Schwerte, den 13. Juni 1929. * Gestern sah ich die Glatze eines Herrn von blinkenden Perlen betaut und mir wurde es recht schwül zumute. Schwül, sage ich, denn ob der drückenden Temperaturen, die sich vorwiegend in den Mittagsstunden hier in Schwerte ein Stelldichein gaben, hämmerten die Pulse vernehmlicher in den Handgelenken, die Zunge klebte unter dem Gaumenstockwerk fest und ein innerer Drang ließ am Hinterkopf kleine Bäche entstehen, die sich anschickten, auf dem Rücken eine Landkarte zu entwerfen. Ob das bei allen so ist, vermag ich nicht zu sagen, mir aber und noch einigen passionierten Leidensgefährten, die grundsätzlich nach Bohnensuppe und Pfefferpotthast auf unserem Planeten ein Stündlein herumspazieren müssen, passierte es, so daß die allgemeine Feststellung getroffen wurde: Es ist gräßlich schwül und aufdringlich warm, so warm, das einem das Fell zu jucken beginnt. Das hat mit irgend welchen springenden Fauna=Vertretern bestimmt nichts zu tun, sondern das sind Erscheinungen, die nun einmal sich bemerkbar machen, wenn es gräßlich schwül ist. Man möchte am liebsten die weißen Angströhren nebst Kragenknopf vom Halse herunterreißen und diese seltsamen Erfindungen in einen Käfig lebenslang einkerkern lassen, ohne eigentlich Rücksicht auf zivilisierte Verhältnisse zu nehmen. Man sollte bedenkenlos zur Schere greifen und alle Hosenbeine unterhalb der Kniekehlen guillotinieren und mit derselben Schere sollte man in einem Atemzuge alle Westen zerteilen und einem Krematorium überweisen und aus den Hemdeinsätzen in kühnen Bogenformen ein pikantes Schnittmuster heraustrennen. O wir armen Männer, die wir bei des Tages Hitze bis an den Hals hinauf zugeknöpft vor ununseren Arbeitstischen sitzen u. nicht das Vergnügen haben dürfen, dekolletiert vor dem Herrn Chef zu erscheinen oder wie die kleinen niedlichen Stenotypistinnen und Verkäuferinnen unsere wunderschönen Waden zu zeigen. Es ist einmal an der Zeit, auf diese Benachteiligung nachdrücklichst hinzuweisen, aber keine neue Modeschöpfung erbarmt sich über unser bejammernswertes Schicksal. Immerhin gibt es noch kragenlose Individien, so z. B. den Eismann, der das beneidenswerte Vergnügen hat, mit einem Löffel in weiße Töpfe hinabzutauchen und wohlschmeckende Eisportionen in Waffelhörnchen für einen geringen Obulos zu präsentieren. Er macht in diesen Tagen Bombengeschäfte, der Herr im weißen Kittel hinter seiner„Eiskiste", und besonders ist es die Jugend, die in ihm den aktuellsten Vertreter angeheizter Sonnenstunden erDie Fliegen schwitzen an den Hauswänden, brüten resigniert vor sich hin und überlegen, wie sie die menschliche Unerträglichkeit noch erhöhen können, während ein Schwerter Junge mit einer Gummistrippe in der Hand auf die schwarzen Punkte zielt und einige der beflügelten Quälgeister schnell und schmerzlos ins Jenseits befördert. Hitze und Schwüle kennen kein Erbarmen und durchdringen selbst die neu geweißten Porzellanhosen bemützter Jünglinge, die sich hinter VoileToiletten temperamentvoll in Bewegung setzen. In Schwerte=City ist das durchaus eine nicht seltene Erscheinung, die sich nicht minder an den plätschernden Gestaden der Ruhr auswirkt und die voller Liebenswürdigkeit und Galanterie ist. Mit Badehosen, Trikots und schlafrockähnelnden Badelaken ausgerüstet, vergnügt man sich — je länger je lieber— in unmittelbarer Nähe des feuchten Elements, wandert familieneinig über den Ruhrkiesel in die kühlende Flut hinein, bespritzt sich mit Wassermolekülen oder pausiert in langgestreckten Körperkulturen. Die Bademeister, denen noch in letzter Woche Aerger und Mißstimmung über die Leber gelaufen war, rollen über den„Betrieb“ freudig mit den Augen, und auch die Verkäuferinnen zeigen selterwasserfröhliche Gesichter. Erst dem Abend ist es zu eigen, daß Hitze und Schwüle einen Dämpfer erfahren und von einem erfrischenden Lüftlein narkotisiert werden. Die Straßenbahnschienen verlieren langsam ihr heißes Flimmern und die Blumen in den Gärten prangen noch einmal so schön. Das sind die Stunden, in denen es in Schwerte=City lebendig wird, wo die Poren wieder aufhören zu tröpfeln und die Taschentücher in den Trockenzustand zurückversetzt werden. Das sind die Stunden für die Jugend, die auf der Hüsingstraße Interviews mit ihren Amazonen austauschen und Schwüle und Hitze in ihren Herzen erneut entbrennen lassen. Während das ältere Geschlecht irgend einen gemütlichen Winkel bevorzugt, um die letzten Schweißreste hinunterzuspülen. Und alles Tun der Menschen wird ja jetzt so verständlich, wo Schwerte von Schwüle und Hitze heimgesucht wird. Haus von der Ruhr. : Ernannt. Lehrer Rahlenbeck, ein Sohn unserer Stadt, der an der Schule zu Benninghofen tätig ist, wurde dort an Stelle des in den Ruhestand getretenen Hauptlehrers Schäfer von der Regierung zu Arnsberg zum Hauptlehrer ernannt. Der Vaterländische Frauenverein vom Roten Kreuz spricht allen denen, die zum Erfolg des Rotkreuztages beigetragen haben, seinen herzlichen Dank aus. Wir danken den gütigen Gebern, die es durch ihre Spenden dem Verein ermöglichen, in seiner Liebestätigkeit weiter zu arbeiten, den jungen Mädchen, die um der guten Sache willen die mühevolle und nicht immer angenehme Aufgabe des Sammelns übernommen haben und vor allem den kleinen Schauspielern und Schauspielerinnen, die mit so viel Eifer und Geschick ihre zum Teil recht großen und schwierigen Rollen durchgeführt haben. Auch Herrn Dir. Kappenmacher möchten wir an dieser Stelle nochmals unsern herzlichen Dank dafür aussprechen, daß er seine hervorragenden schauspielerischen und pädagogischen Talente mit so viel Eifer und Hingabe in den Dienst des Rotkreuztages gestellt und uns mit dem anmutigen und reizvollen Märchenspiel„Die Königskinder" bekannt gemacht hat. Alle Zuschauer, die sich zu den drei Vorstellungen am Sonnabend und Sonntag eingefunden hatten, waren des Lobes voll über die Vorführung und gingen erfreut und befriedigt nach Hause. Die perivdische Nacheichung der Maß= und Wiegegeräte für den Stadtbezirk Schwerte und die Gemeinden Villigst und Wandhofen findet vom 25. 6. bis 24. 7. ds. Is. in der Wirtschaft„Zur Helle“, Ostenstraße 26, statt.(Siehe Inserat!) Wetterbericht der Wetterwarte Essen vom 12. Juni 1929. Während das Tiefdruckgebiet bei Island wenig Aenderung zeigt, hat sich das Hochdruckgebiet ostwärts mit seinem Kern nach Ostdeutschland und Polen verlagert. Ueber Frankreich und Südengland ist von Südwesten her ein Teiltief vorgedrungen. Dieses brachte heute früh in Westdeutschland stärkere Bewölkung, während es sonst in Deutschland noch meist heiter war. Die heutigen Morgentemperaturen betrugen 13 bis 19 Grad. Der Kahle Asten meldet schwachen Nordostwind, heiteres Wetter und 12 Grad. Wetteraussichten bis Freitag: Wechselnde Bewölkung, strichweise Gewitterregen und ziemlich warm. Amt Aplerbeck Berghofen. Gegen ein Auto gefahren. Dienstag nachmittag ereignete sich auf der Höchsteuer Chaussee ein schwerer Verkehrsunfall. Der mit dem Rade von der Arbeit kommende 18 Jahre alte Karl Götz, von hier, Hörderstr. 68, fuhr am Damm gegen ein Auto. G. wurde vom Rade geschleudert und zog sich eine schwere Schädelverletzung zu. Er mußte sofort einem Hörder Krankenhaus zugeführt werden. Rad wurde stark beschädigt #. 9 Es gibt Leute, die grundsätzlich jeder Neuerung mit einem spöttischen Lächeln gegenüberstehen. Im Grunde bleibe doch alles beim alten, sagen sie. Einen ganz wesentlichen Fortschritt aber werden selbst sie nicht zu leugnen vermögen, da er sich nur allzu klar beweisen läßt. Es steht nämlich fest, daß der Mensch unserer Zei. — Mensch als Gattungsbegriff gebraucht wesentlich länger lebt als seine Vorfahren in früheren Jahrhunderten. 9.— Eine kleine Rechnung beweist das augenfällig. Die Einwohnerzahl Europas hat sich vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1900 verdoppelt. Nähme man an, daß sich im Laufe jedes Jahrhunderts die Einwohnerzahl ver. doppelt hätte, so bekäme man rückrechnend für das Jahr 1000 nur eine Million Einwohner, und halbierte man immer weiter nach rückwärts, so blieben für das Jahr 1 nur noch etwa 1000 Einwohner in ganz Europa übrig. So war es natürlich nicht. Schon damals— man denke nur an das Römische Reich!— zählte Europa viele Millionen. Daraus folgt, daß sich die Europäer früher viel weniger rasch vermehrten, denn sonst zählte Europa heute viele Milliarden, und da nichts davon bekannt ist, daß dereinst ein geringerer Kindersegen herrschte als heute, so bleibt nur der Schluß übrig, daß sie viel rascher wegstarben. Das will natürlich nicht sagen, daß es vor Jahrtausenden keine alten Menschen gegeben hat. Erzählt doch der römische Naturforscher Plinius, daß in Italier unter drei Millionen Einwohnern 170 über 100 Jahre bekämpfung. 40 30 20 10 im Laufe von nur fünf Jahren gelungen, die Tuberkulose auf fast die Hälfte der früheren Verbreitung herabzudrücken. Was verdankt unser gesteigerter Lebensindex nicht alles der Wohnungshygiene, der Kanalisation, der Lebensmittelkontrolle, der Seucheng! Als Hauptantrieb mag bei dieser Wohlfahrtstätigkeit auch der Umstand mitspielen, daß wir modernen Menschen das Leben mehr lieben und schätzen. Das eigene— das schätzten wohl auch schon unsere Vorfahren aus ältesten Zeiten. Aber mit dem fremden nahmen sie es noch nicht so genau.„. umsars Eine wichtige Frage ist, ov wir unsere Lebensverlängerung nur unserem hygienischen Fleiße zu verdanken haben, oder ob sich etwa unsere Konstitution, unsere angeborene Lebenskraft gegen früher gebessert hat. Daß es langlebige und kurzlebige Familien gibt, steht fest. Aber ob es jetzt mehr langlebige gibt, das ist allerdings mehr als zweifelhaft. Man spricht auch von langlebigen und kurzlebigen Rassen, und die Statistik scheint dem rechtzugeben. Denn aus ihr ergibt sich nämlich, daß die Lebensdauer von den Germanen über die Romanen Slawen abnimmt. Es starben Personen in den Jahren 1908 in Dänemark „ England „ Preußen „ Frankreich „ Italien Rußland den 1000 1913 * O — die kinderpflege des mitnelalters war noch ungesunder als Die 9ge, gurgschlschen locerne Sduglingsfarforge und Tepensggauer gsse, Auseurogiter beigetragen Aber wer will all die Faktoren ergründen, die diese Zahlen beeinflußt haben: Industrie und Klima, Kulturunterschied usw., nicht zuletzt das Rasse gemisch selbst, aus dem fast jede moderne Nation besteht. Ebensowenig, wie wir also heute einem ganzen Volke eine angeerbte, längere, individuelle Lebensdauer zuzusprechen vermögen, können wir es der jetzt lebenden Menschheit gegenüber einer früheren. Wir können nur sagen, daß wir uns die Erde wohnlicher, gesünder, lebensfördernder gestaltet haben. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß es der Erblichkeitsforschung nicht einmal gelingen sollte, in der Menschheit den Erbfaktor der Langlebigkeit auszubilden, zu züchten. Denn wenn man in Betracht zieht, daß jede Erbanlage sich wohl aus einer langen übung früherer Generationen entwickelt hat, so kann man wohl hoffen, daß unsere durch die übung der Hygiene und sozialen Fürsorge geschaffene„künstliche" Langlebigkeit auf die Dauer in eine allgemein konstitutionelle übergehen wird. Dr. Arnold Hahn. alt gewesen sind. Es gab einzelne Menschen, die uralt wurden. Aber der Durchschnitt hatte eine geringere Lebensdauer. Eine altrömische Versicherungsgesellschaft hätte bei der Geburt eines Römers keine langfristige Versicherung eingehen dürfen. Denn soviel wir aus verschiedenen alten Dokumenten berechnen können, hatte der Römer im Durchschnitt nur die Aussicht 22 Jahre alt zu werden. Allerdings muß man dabei berücksichtigen, daß in diesen„Durchschnitt“ all die Säuglinge inbegriffen sind, die früher in großer Zahl wegstarben und dadurch die „mittlere", Lebenszahl gewaltig herabdrückten. Also auch nach Vollendung des fünften Jahres, mithin nach Überwindung der„lebensgefährlichsten Lebenszeit". hatten die römischen Kinder auch nur die Aussicht, noch 22 weitere Jahre auf Erden zu verweilen. Wer das 21. Jahr erreicht hatte, konnte nur noch auf weitere 17 rechnen. Vergleicht man damit die Zahlen für das heutige England, so erkennt man deutlich, um wieviel besser es heute um uns bestellt ist. Der eben geborene Engländer darf— laut Statistik— erwarten, 46 Jahre alt zu werden, hat er das fünfte Jahr erreicht, so winkt ihm das Durchschnittsalter von 60 Jahren, is er 21 Jahre alt geworden, so spricht ihm die Statistik weitere 42 Jahre zu. Auch im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war es nicht besonders gut um die Lebensaussichten männlichen 31 Jahre hältnissen lebten. Da ergibt sich für die Fürstenstämmlinge ein Durchschnittsalter: Von den Karolingern bis zum Jahre 1300 Von Rudolf v. Habsburg bis Mitte des 15. Jahrhunderts Hohenzollern 1400—1600...... 1600 bis zum Tode Friedrichs des Großen von dieser Zeit bis heute Noch schlimmer sähen natürlich die Zahlen für die Gesamtbevölkerung aus, aber wir kennen sie leider nicht. Denn während die Fürsten vielfach eines unnatürlichen Todes— Mord. Turnier, Schlachtfeld— starben, wurden gewöhnliche Sterbliche in ihren unhygienischen Städten und Wohnungen, ausgeliefert abergläubischen Arzten und Kurpfuschern, von den Krankheiten, besonders von den großen Volksseuchen wie Pest usw., gleich herdenweise dahingerafft. Dr. Hans Ullmann, der sich in der Brugschen „Biologie der Person“ sehr eingehend mit der menschlichen Lebensdauer befaßt, führt die Abnahme der Sterblichkeit in unserer Zeit vor allem auf Rückgang der Kindersterblichkeit und auf den Rückgang der— Geburten zurück. Wir sind reicher, als es die Durchschnittsmenschen früher waren. Wir können uns daher über die unmittelbare Lebensnotdurft hinaus auch noch mit der wissenschaftlichen Forschung beschäftigen, die ja schließlich in ihren notwendigen praktischen Auswirkungen zur Lebenserleichterung und damit zur Lebensverlängerung führt. Ist es doch 9 Wir sind auch größer geworden! Der Durchschnittsmensch von heute käme in die mittelalterlichen Rüstungen nicht mehr hinein. ∆ 4 S J.S VON EHNEIDEK S URHEBERRECHTSSCHUTZ DURCH VERLAG OSKAR MEISTER. WERDAU I. SA.E (28. Fortsetzung.) Die Ebrachschen Kinder— es waren ihrer bereits sechs— wuchsen zu kräftigen Buben und Mädels heran. Lore=Lies ging in langen Zöpfen Doktor Dorfbach brachte regelmäßig in den Ferien seinen ältesten Jungen zu den Großeltern hinüber. Die Zwillinge, die Trude ihm zwei Jahre darauf geschenkt hatte, erfüllten das große Haus mit ihrem Lachen und Spielen. Gerdas Tochter hatte sich bereits verheiratet. Die Söhne waren auf einer Weltreise begriffen. Rita und Ernst kamen ab und zu einmal, nach dem General zu sehen. Immer nur fünf Tage! Dann zog es sie wieder nach Hause, in ihr eigenes Nest. Die Stürme der Vergangenheit waren verebbt. Es war ein ruhig=stilles Glück daraus geworden.„ 9 Von Max kamen die Nachrichten sparlicher, aber die Zeitungen brachten dafür desto mehr Berichte über ihn. Seine Oper war ein durchschlagender Erfolg gewesen. Seine Kinderlieder wurden mit einer wahren Begeisterung aufgenommen. Ab und zu nahm er noch einen Schüler, aber er war sehr wählerisch geworden Es durfte sich nur um eine große Begabung handeln. Alljährlich kam er einmal, den Vater zu besuchen. Das war für die Ebrachschen Kinder dann stets ein Freudentag ohnegleichen. „Du verschwendest," zürnte Karl, wenn er die Geschenke für die Kleinen auszupacken und zu verteilen begann. „Neidest du mir die Freude?“ war die Erwiderung. „Was soll ich mit meinem Gelde sonst machen? Ich habe niemand, für den ich sorgen muß.“ Dann wurde der General unruhig. Es drängte sich ihm etwas auf die Zunge, aber er mußte schweigen. Das gegebene Wort drückte ihn über Gebühr Jedes Jahr, das nun folgte, mehrte den Ruhm des Komponisten, und mit dem Ruhme wuchs sein Vermögen. Er baute sich im Harz eine Villa in großem Stil, einen riesenhaften Komplex mit ebensolchen Gartenanlagen dahinter, aber er wohnte keine zwei Wochen im Jahre dort. Das Ehepaar, welches ihm das Haus verwaltete, kannte ihn fast nur dem Namen nach. Saß er einmal irgendein paar Tage oort, trieb es ihn schon wieder auf und wo anders hin, als wäre jede Stunde, die er noch verweilte, ein Verlust für ihn. d „Er geht zugrunde daran. Genau so, wie er damals abwärts kam, wird es wieder sein,“ sagte der General. wenn man im Familienkreis von Max sprach. Karl hegte diese Befürchtung nicht.„Seine Nerven werden vor der Zeit streiken. Das ist alles! Dann gibt er von selber Ruhe.“ Von den Adressen, die er sandte, übereilte eine die andere. Kaum war die erste eingetroffen, wurde sie schon von einer anderen überholt. Er schrieb gewissenhaft jede Woche. Immer an den General, mit Grüßen an die anderen. Nur Rita und Ernst bekamen ihre Briefe für sich.„„ „Er schreibt kein Wort mehr von Lore=Lies,“ sagte Karl, „wahrscheinlich hat er sich nun endlich darein gefunden.“ Als sollte das die Antwort darauf sein, brachten die Zeitungen tags darauf die Meldung, der berühmte Komponist Max von Ebrach gedenke sich mit einer Dame der englischen Hocharistokratie zu verloben„Er hat's weit gebracht, weiter als alle!“ sagte Karl und sprach zugleich seine Verwunderung aus, wie sich der Vater so fürchterlich darüber erregen könne. „Wenn ich einmal zehn Jahre lang nach einer Frau suche, und sie läßt sich nicht finden, so ist das der untrüglichste Beweis, daß sie nichts mehr von mir wissen will! Ergo! Max kann doch nicht bis in sein Greisenalter das Zigeunereben, wie er es jetzt führt, fortsetzen. Ich begreife vollcommen, daß er das Bedürfnis hat, endlich auch wieder einmal ein Heim zu haben, in dem Ordnung herrscht und in welchem, wenn er von seinen Reisen zurückkommt, eine Frau auf ihn wartet, die ihn liebt.“ Der General sprach kein Wort dagegen, aber im geheimen schrieb er an Max und hat ihn um Aufklärung, ob die Zeitungen richtig gemeldet hätten. Die Antwort kam postwendend.„Ja!“ Zugleich war die Einladung an den Vater beigeschickt, mit ihm den Sommer auf seinem Gute im Harz zu verleben. Der General war achtundsiebzia Jahre. Er haßte das Reisen. Aber in diesem Falle gob es kein Besinnen Er wollte in den Harz, damit er den Sohn um sich hatte und ihn womöglich beeinflussen konnte, die geplante Verlobung nicht zu verwirklichen. Niemals in seinem Leben hatte er etwas so sehr bereut als das Wort, das er Lore=Lies in jener Nacht gegeben hatte. Damals war kein Gedanke in ihm aufgestiegen, daß er noch so lange Lebensfahrt vor sich hatte Zehn Jahre waren darüber hinweggegangen Zehn lange, lange Jahre. Max von Ebrach empfing ihn zwei Tage später auf dem kleinen Bahnhof, welcher die Menge der Reisenden kaum zu fassen vermochte.„Ist das dein Wagen?" fragte der General, als sie vor dem Ausgange in ein tiefblaues Auto stiegen, das allen Lurus der Neuzeit aufwies Mar nickte gleichgültig„Irgendwie muß ich mein Geld doch anlegen Es kriselt schon wieder Ein bißchen Inflation liegt in der Luft. Ich habe keine Lust. über Nacht mein Erspartes in den Rachen irgendeines Schiebers zu werfen Ich baue vor, und dann— ich rechne doch auch jetzt wieder,“ — er lächelte, als er abbrach und sich eine Zigarre in Brand setzte.„Du erlaubst doch. Vater! Rauchen, das ist nämlich zurzeit meine einzige Leidenschaft.“ Der General hörte das letzte nicht, nur den einen Satz: Ich baue vor. und dann— ich rechne doch auch jetzt wieder nach seinem Gutdünken.„Aber zurzeit ist deine zukünftige Braut nicht hier, Mar? Ich meine, hier am Ort?“ „Nein! So weit sind wir noch nicht“. Ich bin sehr froh, daß du gekommen bist. Vater! Das ist die beste Ausrede für mich, jetzt nicht nach England hinüber zu müssen.“ Er beobachtete, wie der Vater ein wenig außer Fassung geriet. Vielleicht war es doch möglich, etwas aus ihm herauszubekommen wo Lore=Lies und der Junge steckte. Aber er hatte die Ebrachsche Art des Schweigens. wenn es sich um ein gegebenes Wort handelt. Allzuviel Hoffnung durfte er sich nicht machen.1.44 Matter— „So etwas haben wir uns immer gewulscht, Mutter und ich!“ sagte der General, als der Wagen die breite Auffahrt zur Villa hinauffuhr.„ 143s41— Bs. Links und rechts dehnte sich gruner, sammerglalter Kusen, von weißen Kieswegen durchschnitten. Die hellen Rinden der Birken, die dazwischenstanden, gaben mit den Blautannen, die reglos in die Sommerluft starrten, ein feierlich friedliches Bild. Der hohe Gitterzaun war von einem einzigen Meer von weiß= und rotfarbenen Blüten versteckt. Der große Park. der sich hinter dem Hause mit seinen Terrassen und den breiten Seitenerkern dehnte, schien endlos zu sein, denn nirgends zeigte sich eine Umfriedung. „Dreißig Tagwerk— alles zusammen!“, sagte Max. Er nannte die Summe, die das Gelände gekostet hatte. „Wahnsinnig!“ entsetzte sich der General. „Ich hätte es wo anders billiger haben können, gewiß! war die Erwiderung.„Aber es hat mir gerade hier gefallen. Wenn du länger bleibst, Vater, mußt du mir recht geben. K 10 ct G6 5* Nach zwei Tagen begriff der General. Abgesehen davon, daß das Heim seines Sohnes fürstlich genannt werden mußte, innen und außen, bot auch die Umgebung so viel an Abwechselung, daß man wohl den Sommer über stets von neuen Eindrücken überrascht wurde. Wie hübsch der kleine Ort lag! Ganz eingerahmt von Wald und Bergen! Kein rauher Wind! Keine Sturmplage! Keine zudringliche Neugier. Die Häuser und Häuschen, die Straßen und Sträßchen strahlten in peinlichster Sauberkeit Hinter den Zäunen lagen kleine Gärten von intimem Reiz, verschlungenen Wegen, verschwiegenen Lauben, Blumen, die das Grün der Rasen neidvoll bargen. von deren Duft man aber jederzeit genießen konnte, wenn man die Straßen entlang ging. „Gerade das hat mich hier so ungemein angezogen. Die verschwiegene Stille, dieser eigenartige Reiz der Dinge und Menschen Nichts ist hier aufdringlich. Man läuft mir nicht nach, wie anderswo—— und——“ Der General konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.„Seit heute morgen mußten wir aber mindestens an zweihundertmal den Hut ziehen. Man scheint dich gut zu kennen.“ „Gott ja! Sie kennen mich! Natürlich! Seit jenem Konzert!" „Gab es einen großen Reingewinn für die Armen?“ „Dreitausend Mark!“ Der General blieb stehen und starrte ihm ins Gesicht. „Hier in dem kleinen Nest?“ „Ja, nicht wahr! Ganz anständig eben deshalb. Uebermorgen soll ich wieder spielen. Ich wollte erst ablehnen, habe aber nun doch wieder zugesagt. Sie wollen ein Spital bauen oder eine Schule oder so etwas Nun ja! In Gottes Namen! Warum hab ich mich hierhergesetzt“. Sie rechnen mich zu ihnen gehörig. Und im Grunde genommen, macht es mir auch Spaß. Sie hatten sich auf eine Bank in den Anlagen gesetzt, es war wohlig kühl Der kleine Fluß gurgelte an den flachen Ufern vorüber, und die Weißdornhecken bildeten eine natürliche Grenze gegen die Straße zu. Auf der anderen Seite derselben stand, in hellem, lichtem Grau gehalten. die Schule. aus deren Fenster ab und zu eine Stimme erklang Im Erdgeschoß schien Singstunde zu sein. und die beiden Ebrach horchten mit Veranügen auf die hellen, frischen Töne Hin und wieder brachen sie ab und horchten auf einen Zuruf. Eine Glocke gellte mitten zwischen hinein. Das Lied verstummte. Durch die affenen Fenster drang verworrener Schall herüber Die Schüler sprachen das Schlußgebet. Gleich darauf wurde die große Doppeltür ausgerissen: erst der eine Flügel, dann prallte der andere zurück. Gleich einer Lawine brach sich eine rielhundertköpfige Menge Bahn nach der Straße zu Das lachte, lärmte schrie, tollte durcheinander und wand sich in Gruppen und Knäueln. Die Ferien hatten begonnen. Max von Ebrach hatte das Wort aufgefangen Ein Strom von Freude lief ihm durch alle Adern. So war das auch einmal gewesen in seiner Kinderzeit—— genau so. Die Weißdornhecke ließ einen schmalen Durchgang nach der Straße hin. Darein wälzte sich nun ein Teil der Schüler, die sich von den anderen, deren Weg wohl nach der Stadt zu führte, abgesondert hatten. Sie trugen die Mappen unter dem Arm und fächelten sich mit Kappen und Mützen Kühlung. Einzelne warfen ihre Bücher wie Bälle in die Luft, um sie geschickt wieder aufzufangen, andere kramten allerlei nutzloses Zeug aus den Taschen und begannen es großmütig gönnerhaft zu verteilen. Nun waren ja Ferien. Bis zum Schulbeginn bekam man wieder neues. Dann plötzlich ein Auseinanderstieben und erschrockenes Zurseitespringen. Wie ein paar Kampfhähne kamen zwei Jungens durch die Heckenöffnung geschossen Der eine warf seine Mütze ins Gras und die Mappe darauf, und stürzte dann auf den anderen los, der unter dem Anprall haltlos zu Boden fiel. Ununterbrochen prasselten die Schläge über den Wehrlosen.„Wirst du noch einmal?—— Noch ein einziges Mal?—— Dann schlag ch dir die Knochen entzwei —— du—— du Lausbub!" Er ließ dem anderen gar nicht Zeit zum Antwortgeben, kniete ihm auf die Schulter und faßte ihn an den Ohren. Max von Ebrach war aufgesprungen und zog ihn hoch. „Pfui, einen Schwächeren zu schlagen!“ Das Knabengesicht war dunkel gerötet. Die eine Hand knüpfte die Matrosenbluse zu, während die andere den Schweiß von der Stirn wischte und dann die Haare zurückAuch der Geschlagene hatte sich erhoben und griff taumelnd nach seiner Mütze, die ihm entglitten war, dann nach seiner Mappe, aus der die Bücher verstreut lagen. Eilig wollte er sich entfernen. Da vertrat ihm der andere nochmals den Weg„Wirst du noch einmal?———“ Ein trotziges Aufwerfen der Lippen, da hatte ihn eine Hand schon wieder am Kragen des Rockes gefaßt.„Ja oder nein?“.„„ uum Lig Schulter5 Ebrach legte begütigend seinen urm um die Schuller des Fragenden.„Weshalb streitet ihr?“ Zwei große blaue Augen blitzten ihn an.„Er hat meinen Bater beichimpft“....—icht, ig schlimm ains: Mar lächelte.„Es wiro wohl nicht is schlillml sein „Nicht schlimm!“ fuhr der Junge auf, ohne den anderen loszulassen.„Er hat gesagt, mein Vater sei ein Schuft!— Ein Schuft!“ „Du hast ja gar keinen Vater!“ Ein Aufschrei! Der Junge wollte sich wieder auf seinen Gegner stürzen. aber Max von Ebrach hielt ihn fest, bis der andere sich in Sicherheit gebracht hatte Die Knabenaugen sprühten ihn in hellem Zorn an. Ohne ein Wort zu sagen, klopfte er mit den Händen den Staub von seiner Matroseniopne und suchte die Schmutzflecken von den Kniehosen zu entfernen. Dicht unter dem Saum. wo die Strümpfe sich unter das blaue Rändchen des Beinkleides schoben. saß ein klaffender Riß. Der Junge biß die Zähne übereinander und begann die Strümpfe abwärts zu rollen. „Mutter zankt wohl?“ sagte der General, der immer noch auf der Bank saß und halb zwischen Lachen und Erzürntsein nach dem Missetäter hinsah. Der Knabe zuckte die Achseln, nahm die Mappe auf, dann die blaue Matrosenmütze, die er auf das verwirrte Haar drückte, und machte eine Bewegung nach der Bank hin, die einen„Guten Tag“ bedeuten sollte, und ging dann den Kiesweg nach dem Fluß hinunter. Marx sah ihn niederknien und sein Taschentuch herausziehen, das er eine Weile ins Wasser hängen ließ und dann über das Knie legte.„Er scheint sich verletzt zu haben!“ sagte er.„Ich will doch noch nach ihm sehen.“ „Ach. laß ihn!“ meinte der General.„das ist dann eine Lehre für ihn, daß man sich nicht so ungebührlich benimmt. Sie gingen aber trotzdem zu ihm hin und sahen, wie er eben das Tuch um das Knie wand. „Tut's weh?“ fragte Max. „Nein!“ kam es abweisend. „Warum machst du dir dann einen Verband," forschte der General. 6 „Damit es wieder heil ist. bis ich heimkomme. „Mutter zürnt wohl?“,. g 3 In die Augen des Knaben kam ein Ausorua, der oas ganze Gesicht im Nu verwandelte. Es wurde weich und zärtlich. „Nun?“ drängte Max. Er schüttelte den Kopf und schöpfte mit der hohlen Hand Wasser, das er auf das Knie träufelte.„Mutter schilt nie! —— Nie! Aber sie sorgt sich und weint dann, und sie hat es so nicht leicht.“ Der Knabenmund zuckte, etwas Heißes, Feuchtes schoß ihm in die Augen, er nickte und wollte gehen. Der General hielt ihn zurück.„Und dein Vater?——“ „Du hast keinen! Hat nicht dein Mitschüler so ähnlich gesagt?“ forschte Max...., g. Sr22sscht Eine tiefe Röte brannte in dem schmalen Kinvergencl. Das Leder seiner Mappe knirschte, so fest preßte er die Hände darum Max sah, wie tief er ihn gekränkt hatte.„Ich meinte natürlich." begütigte er.„daß du ihn durch den Tod verloren Der Junge wurde ruhiger.„Ich weiß es nicht! Mutter sagt, als ich noch klein war, ging Vater auf Reisen und kam nicht mehr.—— Aber gehabt—— gehabt habe ich schon einen Vater!“.„ Hetmaiell 9n4 Mi. „Natürlich, mein Junge!—— Das bezweifell auch niemand! Warum sagt aber der andere, dein Vater sei ein Schuft?“ Einen Augenblick kämpfte das Kind mit sich. Dann überstürzten sich die Worte, die aus seinem Munde kamen.„Die Leut: sagen—— er hätte Mutter davongejagt". Die Tränen liefen ihm über die Backen, und sein schmaler Körper wurde geschüttelt. Der General zog ihn zu sich auf die Bani, die zwischen den Sträuchern stand.„Du mußt nicht glauben, was die Leuite bogent(Forsetung falgt.)