Amtliches Kreisblatt für den Kreis Brilon BrilonerZeitung Amtlicher Anzeiger Bezugspreis: monatlich 2,25 Mark einschließlich Bestellgeld. Bestellungen können jederzeit bei der Post oder bei unseren Boten erfolgen. Bei Eintritt höherer Gewaltusw. keine Gewährfür Lieferung u. Leistung. Verlag von Hans Albrecht in Brilon. Verlagsort für den Postzeitungsvertrieb Lippstadt. Geschäftsstelle und : Redaktion: Brilon, Marktstr. 1. Fernruf Nr. 6. Draht=Anschrift: Zeitung Brilon Postscheck=Konto: Köln Nr. 44892. T Beilagen: Diemel-Bote Marsberger Zeitung Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. „Die Heimat“./ Der Wächter vom Kahlen Asten./ Ratgeber für Candwirte./ Für die Frauenwelt./ St. Nikolausblatt./ für die Stadt Brilon Anzeigenpreis: 1 mm hoch, 45 mm breit 10 Pfg. Bei Platzvorschrift zuzüglich 10%, bei schwierigem Satz(Sabellen etc.) Aufschlag bis zu 20%. Beilagengebühr nach Uebereinkunft. Reklamen: 1 mm hach, 90 mm breit 40 Pfg.— Etwaiger Rabatt gilt als Kassen- Rabanund erlischt bei verspäteter Sahlung. Für teleph. Aufträge und Platz=vorschriften keine Gewähr, sowie für Druckfehler keine Haftung. Gegründet 1888. Nr. 53.(1. Blatt) Brilon, Freitag, 5. März 1926. 38 Jahrgang. Hauszinssteuer und Landwirtschaft. Von Josef Schmelzer. M. d. L. Es sind Anzeichen vorhanden, daß jetzt schon die Behandlung des Hauszinssteuergesetzentwurfs, dessen zweite Lesung der Landtag vornimmt, in landwirtschaftlichen Kreisen zu einer Hetze gegen das Zentrum benutzt wird. Die Hetze geht, soweit es sich feststellen läßt, von den deutschnationalen Kreisen des Landbundes aus. Es ist daher Zeit, einige Feststellungen zur Steuer der Wahrheit sowohl zu machen, wie auch zwecks Verhütung von Schäden, die nachher die Landwirtschaft diesen Kreisen zu verdanken hätte. Der Entwurf des Preußischen Staatsministeriums enthielt nichts von der Hereinziehung der Landwirtschaft in dieses Gesetz. Der Preußische Finanzminister selbst hat sich dagegen verwahrt, weil er mit Recht der Meinung war, daß einmal der ganze Mehrbetrag die Kosten der Steuerveranlagung nicht lohne, und dann aber auch der Ansicht war, daß die Landwirtschaft gerade genug Steuern zahle. Beim Staatsrat haben dann der deutschnationale Abgeordnete Dr. Steininger und Oberbürgermeister Dr. Jarres die Heranziehung der Landwirtschaft beantragt, und der Entwurf kam mit dieser Neubelastung der Landwirtschaft vom Staatsrat zurück. In jeder Partei sind die Ansichten darüber verschieden; im Zentrum sowohl wie bei den Demokraten, bei der Deutschen Volkspartei und bei den Deutschnationalen. Die Besteuerung der landwirtschaftlichen Wohnhäuser ist keine reine Parteifrage, es ist aber bezeichnend, daß gerade aus deutschnationalen— Abgeordnetenkreisen heraus zuerst die Forderung der Besteuerung landwirtschaftlichen Wohnraumes gefordert worden ist. Neben den obengenannten Herren war es nämlich der Abgeordnete des Preußischen Landtags, Herr Howe, Vorsitzender des Haus= und Grundbesitzerverbandes in Kiel, der schon im Vorwinter im Ausschuß für Wohnungs= und Heimstättenwesen die Forderung erhob, die Landwirtschaft müsse ebenfalls mit der Hauszinssteuer belastet werden. Auch andere Herren der deutschnationalen Fraktion sind derselben Meinung. Das Zentrum hat nun mit Erfolg versucht, in das neue Hauszinssteuergesetz Erleichterungen zu bringen für Sozial= und Kleinrentner, für Kriegsbeschädigte, für Besitzer von Eigenheimen usw. Vor allem hat es sich mit den Gewerbetreibenden verständigt, so daß bei der Umgestaltung das Gesetz erhebliche Verbesserungen auch für das Gewerbe aufweisen wird. Das ganze Gesetz darf aber nur von kurzer Dauer sein, denn es ist und bleibt eine Steuerart, die niemals nach allen Richtungen hin gerecht sein kann. Es ist daher nötig, daß nicht noch weitere Volkskreise hineinbezogen werden und diese Hauszinssteuer in der gesamten Bevölkerung verankert wird. Es liegt offenbar auch im Interesse der jetzt Besteuerten, daß nicht nur so viele Erleichterungen geschaffen werden, sondern daß das Gesetz nach zwei Jahren verschwindet. Würde die Landwirtschaft jetzt aber in das Gesetz hineinbezogen, so würde die nächste Folge sein, daß die Grundsteuern entsprechend vermindert werden müßten, denn ein Mehr an Steuern kann die bäuerliche Landwirtschaft so wenig vertragen, wie auch die größeren Betriebe, das ist nachgerade eine Binsenwahrheit geworden. Alle Steuern müssen aus dem Einkommen bezahlt werden können, und deshalb wäre eine neue Steuer nur tragbar für die Landwirtschaft, wenn an anderen Steuern entsprechende Kürzungen erfolgten. Das wäre aber eine Arbeit für den Staat, die wiederum unproduktiv wäre, andererseits hätte die Landwirtschaft nachher kein Interesse an der Aufhebung der Hauszinssteuer. Die Landwirtschaft wird aus den Erträgen der Hauszinssteuer bezgl. des Wohnungsbaues nicht unterstützt. Die Wohnungsnot ist nicht in landwirtschaftlichen Betrieben, sondern nur dort, wo in Industrie und Gewerbe, bei Reichsbahn und Post, sowie bei staatlichen und anderen Behörden Arbeiter, Angestellte und Beamte sich zusammenballen, ohne daß für genügenden Wohnraum vorher Sorge getragen wird. Der Landwirt, ob Groß= oder Kleinbesitzer, muß für die Unterkunft seiner Leute sorgen und findet das auch selbstverständlich. Aus allen diesen Gründen heraus hat selbst die Sozialdemokratie zugegeben, daß im Augenblick eine Besteuerung der Landwirtschaft nicht in Frage kommen könne, und sie würde für ein oder zwei Jahre darauf verzichten. Weshalb man aber dann jetzt schon das Prinzip der landwirtschaftlichen Hauszinssteuer im Gesetz verankern will, ist nicht recht ersichtlich. Das Zentrum wird den Erfordernissen der Landwirtschaft in der richtigen Form dienen— entsprechende Anträge sind gestellt —, es hat nicht nötig, mit diesem Gesetze ein Agitationsbedürfnis zu befriedigen, wir erwarten von unseren Freunden im Lande, daß sie mit Vertrauen das weitere Ergebnis der Landtagsverhandlungen abwarten. Ministererklärungen. Deutschland muß in den Völkerbund.- Die Krise darf nicht zum Kriege treiben. Einigung im englischen Kabinett. London. 4. März.(Eig. Drahtb.)„Daily Telegraph“ zufolge soll nach der gestrigen Kabinettssitzung ein vollkommenes Einvernehmen zwischen Chamberlain und seinen Kollegen herrschen. Die Regierung als Ganzes unterstütze die bedingungslose Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. Die Erweiterung des Völkerbundsrates durch Gewährung von Sitzen an Polen und an andere Mächte sei eine Frage, die vom Völkerbund zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden müsse. Chamberlain habe, wie verlautet, eine„freie Hand“ gefordert, damit er nicht vollkommen an eine bestimmte Politik gebunden sei, daß ihm nichts mehr zu handeln übrig bleiben würde. Die Wirkung der deutschen Haltung. London, 4. März.(Eig. Drahtb.) Im Unterhause gab der englische Außenminister Chamberlain heute seine angekündigten Erklärungen über die englische Haltung auf der Märztagung des Völkerbundes. Er führte aus: „Mit großer Unruhe verfolge ich die letzte Entwicklung um die Erweiterung des Völkerbundsrates. Es herrscht die Meinung, daß gerade diese Frage eines Tages Europa in eine wenig angenehme Situation führen kann. Diese Meinung wird aber widerlegt durch die maßvollen und ruhigen Erklärungen der interessierten Nationen, wodurch zur Zeit die schwierige Lage gelindert wird. Die englische Vertretung sieht angesichts dessen ihre Hauptaufgabe darin, daß nicht etwas geschieht, durch das Deutschland veranlaßt werden kann, in letzter Stunde sich außerstande zu erklären, sein Eintrittsgesuch in den Völkerbund aufrecht zu erhalten. Die britische Regierung legt Wert auf die Feststellung, daß mit ihrem Willen keine Maßnahmen getroffen werden, die Deutschland an der Ausführung von Schritten hindern, die als das Ergebnis von Locarno eine Selbstverständlichkeit sein müssen. Keine Nation der Erde kann die Verantwortung dafür übernehmen, wenn die jetzige Krise, wie 1914, in den Krieg treibt.“ Eine neue Kanzlerrede. Berlin. 4. März.(Eig. Drahtb.) Bei einem Empfangsabend der im Berliner Verband der auswärtigen Presse zusammengeschlossenen Zeitungen im Reich hielt heute Reichskanzler Dr. Luther eine Rede, in der er u. a. ausführte: „Durch einen Rückblick auf die deutsche Politik der letzten Jahre will ich darlegen, welche praktischen Aufgaben für das politische Handeln der Gegenwart bestehen. Hierbei will ich hauptsächlich den Entwickelungsgang der öffentlichen Finanzen aufzeigen, gleichzeitig aber auch dartun, daß eine gerade und klare außenpolitische Linie durch die Ereignisse der letzten Jahre geht. Der Weg der Reichsfinanzen spiegelt sich am deutlichsten in dem Bogen, den die Umsatzsteuer beschrieben hat, die am 1. August 1918 mit einem Satz von 0,5 Prozent eingeführt, am 1. Januar 1920 auf 1,5 Prozent, am 1. Januar 1922 auf 2 Prozent erhöht wurde und am 1. Januar 1924 mit 2,5 Prozent ihren Höhepunkt erreichte; dann erfolgten die Senkungen vom 1. Oktober 1924 auf 2 Prozent. vom 1. Januar 1925 auf 1,5 Prozent und vom 1. Oktober 1925 auf 1 Prozent, Für eilige Lefer. Die Klage der Eisenbahngewerkschaften gegen die Reichsbahn auf Anerkennung des Schiedsspruches wurde vom 8. Zivilsenat des Landgerichts I in Berlin kostenpflichtig abgewiesen. Das Urteil steht noch aus. Wie aus Bukarest berichtet wird, rechnet man in politischen Kreisen mit der Demission des Kabinetts Bratianu zu Beginn nächster Woche. Die Bildung eines Koalitionskabinetts unter dem Vorsitz des Siebenbürger Führers Manju wird erwartet. Der polnische Senat ratifizierte gestern die Verträge von Locarno. Eine Entschließung, in der ein ständiger Sitz im Völkerbundsrat für Polen gefordert wird, wurde einstimmig angenommen. Baldwin deckt Chamberlain. London. 4. Febr.(Eig. Drahtb.) Im Anschluß an die Rede des Außenministers Chamberlain erklärte der Premierminister Baldwin: „Zwischen Chamberlain und den andern Kabinettsmitgliedern bestehen keine Meinungsverschiedenheiten. Deutschland muß bestimmt Mitglied des Völkerbundes werden und in den Völkerbundsrat aufgenommen werden.“ Die deutsche Delegation. Abreise heute abend. Berlin. 4. März.(Eig. Drahtb.) Wie wir zuverlässig erfahren, wird sich die deutsche Delegation für die Völkerbundstagung am Freitag abend mit dem fahrplanmäßigen Baseler Zug nach Genf begeben. Die Zusammensetzung der Delegation steht nunmehr endgültig fest. Sie besteht aus dem Reichskanzler Dr. Luther, dem Reichsaußenminister Dr. Stresemann. den Staatssekretären von Schubert und Kempner. dem Reichspressechef Dr. Kiep und Ministerialdirektor Dr. Gaus. Als Generalsekretär der Delegation reist Legationssekretär Redlhammer mit, der bereits in dieser Eigenschaft die deutsche Delegation in Locarno begleitete. Die englische Abordnung für Genf. London, 4. März. Wie der amtliche englische Funkdienst mitteilt, wird die britische Abordnung für die bevorstehende Sitzung des Völkerbundrats von Sir Austen Chamberlain und Lord Robert Cecil geführt werden. Die übrigen Mitglieder der Abordnung sind: Sir Cecil Hurst als Rechtsbeistand des Auswärtigen Amtes, die Beamten des Auswärtigen Amtes Lampson, Selby, Cadogan, Roberts und Bentinck, ferner Konteradmiral Aubrey=Smith als technischer Sachverständiger und Major Young vom Kolonialamt. Der deutsche Botschafter bei Briand. Paris, 4. März.(Eig. Drahtb.) Der deutsche Botschafter von Hoesch hatte heute vormittag eine Unterredung mit Ministerpräsident Brian. der mit ihm Fragen erörterte, die mit dem Verlauf der bevorstehenden Tagung des Völkerbundes in Verbindung stehen. während z. Z. ein Vorschlag der Reichsregierung vorliegt, vom 1. April 1926 auf den Satz von 0,6 Prozent herabzugehen. Diese Bogenlinie der Umsatzsteuer weist auf eine zusammenhängende Entwicklung hin, bei der die jeweiligen Stufen den sich verändernden Verhältnissen angepaßt wurden. Als zeitlichen Ausgangspunkt meiner Darlegungen nehme ich das Ende des Ruhrkampfes. In dem Zeitpunkt seit Oktober 1923 kann man drei Abschnitte deutlich unterscheiden, von denen die beiden abgelaufenen annahernd je die Länge eines Jahres hatten. Der erste Abschnitt läuft bis zur Annahme der Dawesgesetze im August 1924 bezw. zum Abschluß der Dawesanleihe im Oktober 1924. Der zweite Abschnitt umfaßt die Zeit bis zu der großen finanz= und wirtschaftspolitischen Gesetzgebung des Sommers 1924 oder bis zur Erreichung der internationalen Lage, die im Zeichen von Locarno steht. Zur Zeit stehen wir am Anfang und vor den Aufgaben des dritten Abschnittes. Der erste Abschnitt geht, ungeachtet der inneren Festigungsarbeiten der vorhergehenden Jahre, eigentlich von einem Nullpunkt aus. Außenpolitisch wirkte sich noch völlig die gewaltpolitische französische Richtung aus; der eigentliche Umschwung kam hier erst mit den Wahlen vom 11. Mai 1924. Gleichwohl hatte schon früher unter Führung der Vereinigten Staaten die Ausarbeitung einer neuen reparationspolitischen und auf wirtschaftlicher Erwägung aufgbauten Regelung begonnen, die zum Dawesplane führte. Das unmittelbare Ergebnis des Londoner Abkommens auf wirtschaftlichem Gebiete war ein doppeltes. Der Gewaltzustand im Westen wurde beseitigt, die künstliche Zollinie zwischen besetztem und unbesetztem Gebiet perschwand, das Loch im Westen wurde geschlossen und die Auspressung der Wirtschaft durch die Micum=Verträge hörte auf. Die andere Folge war der Abschluß der Dawesanleihe. Hierdurch wurden Voraussetzungen zu einer allgemeinen Oeffnung des ausländischen Anleihemarktes für deutsche Zwecke geschaffen. In der Außenpolitik wurde die Zusage der Ruhrräumung erzielt, die dann auch erfolgt ist. Dieser ganze außenpolitische Entwicklungsgang wird nur verständlich, wenn man seine tragenden Teile erkennt: die finanzielle Selbstrettung des deutschen Volkes. Mit dem Tage der Ausgabe der Rentenmark am 15. November 1923 wurde dem Grauen der Ueberinflation ein Ende gemacht. Zur Erhaltung der Wertbeständigkeit der Rentenmark waren zwei Voraussetzungen zu erfüllen: die sofortige Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben im Reichshaushalt und die Begrenzung und Festhaltung des Zahlungsmittelumlaufes im Ganzen. Zu letzterem war vor allen Dingen nötig, daß zunächst der dem Reiche von der Rentenbank gewährte Kredit sich in den Grenzen hielt, die durch den aus der schnellen Entwertung der Mark hervorgegangenen Zahlungsmittelmangel und das mit Sicherheit zu erwartende alsbaldige Einsetzen einer Verlangsamung des Zahlungsmittelumlaufes bestimmt sein mußte. Es waren dies jene berühmten 1,2 Milliarden Rentenmark. Die Aufgabe der Herstellung des Gleichgewichts im öffentlichen Haushalt setzte härteste Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen= wie auf der Ausgabenseite voraus. Auf der einen Seite erfolgten die großen Eingriffe des Beamtenabbaues und der niedrigen Festsetzung der neuen Goldgehälter für die Beamten, auf der anderen Seite geschah mit Wirkung vom 23. Oktober 1923 grundsätzlich eine Umstellung der Steuern auf Gold. Dann brachte die zweite Steuernotverordnung jene die Wirtschaft so tief belastende Substanzbesteuerung, die nur noch den Namen einer Einkommensteuer trug. Ohne solche Gewaltmaßnahmen wäre es völlig unmöglich gewesen, die öffentlichen Haushaltspläne ins Gleichgewicht zu bringen.“ Preußischer Landtag. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Im Preußischen Landtag beantragte Abg. Pieck(Komm.) zu Beginn der Sitzung, als ersten Punkt auf die heutige Tagesordnung einen Antrag seiner Fraktion zu setzen, der das Staatsministerium ersucht, dem Landtage sofort den Inhalt des mit den Vertretern des Hauses Hohenzollern abgeschlossenen oder geplanten Vergleiches in einer Vorlage mitzuteilen. Da von deutschnationaler Seite Widerspruch erhoben wird, kann dem Antrag geschäftsordnungsmäßig nicht entsprochen werden. Das Haus setzte darauf die zweite Beratung des Personalabbauabwickelungsgesetzes fort. Aba. Bauermann hält ein entpolitisiertes, pflichttreues und ehrliebendes Beamtentum für notwendig. Abg. Kaster(Komm.) erklärt, die Formulierungen der Vorlage zeigten, daß der Beamtenabbau in Preußen tatsächlich nicht beendet sei, sondern in anderer Form fortgesetzt werden solle. Abg. Bartold(Dem.) begrüßt es, daß die grundsätzliche Einstellung des Beamtenabbaues durch das vorliegende Gesetz lanktioniert wird. Die preußischen Beamten müßten den Reichsbeamten völlig gleichgestellt werden. Die Beratungen werden darauf unterbrochen und das Haus setzt die Abstimmungen zur Städteordnung fort. Der Landtag beendigte heute die Abstimmung über die zweite Beratung der städtischen Organe und des staatlichen Aufsichtsrechtes. Angenommen wurde ein Beschluß, nach dem der Bürgermeister und der erste Stadtrat der staatlichen Bestätigung bedürfen. Dann ging das Haus über zur Weiterberatung des Personalabbauabwickelungsgesetzes.— Angenommen wurden in namentlicher Abstimmung mit 195 gegen 130 Stimmen die Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte.— In namentlicher Abstimmung wurde mit 291 gegen 29 Stimmen die Neueinstellung von Beamten von der Zustimmung des Finanzminisieriums abhängig gemacht und den Schulaufsichtsbehörden das Recht gegeben, Schulstellen nicht wieder zu besetzen und aufzuheben. Die zweite Lesung des Gesetzes war damit beendet. In dritter Lesung wurde es in Enbloc=Abstimmung gegen die Kommunisten angenommen. Dann begann das Haus die zweite Lesung der Zwischenlesung des Hauszinssteuergesetzes. Danach soll die Hauszinssteuer nach Inkrafttreten der Friedensmiete von 28 auf 36 Prozent steigen. Das Haus vertagt dann die Beratung auf Freitag Mittag 12 Uhr. Am das (Drahtbericht unseres Berliner Vertreters.) Berlin, 4. März. Im Reichsinnenministerium wird gemäß der Ankündigung des Reichsinnenministers Dr. Kültz ein neuer Entwurf für ein Reichsschulgesetz ausgearbeitet. Es ist das der vierte Versuch, zu einem Reichsschulgesetz zu kommen. Alle drei vorgenannten Entwürfe waren schon bei ihrer Bekanntgabe als gescheitert anzusehen. Man kann darauf gespannt sein, wie das neue Werk sich darstellt. Die Geschichte des Reichsschulgesetzentwurfes wird jedenfalls einmal eine varlamentarische Leidensgeschichte sein. Da die geistigen Strömungen in den Parteien bei dieser Materie immer wieder auf einander prallen, ist noch nicht abzuseben, in welcher Gestalt das Reichsschulgesetz einst zur Tat wird. Die Zentrumsfraktion an Fehrenbach. (Drahtbericht unseres parlamentarischen Vertreters.) Die Reichstagsfraktion des Zentrums hat an ihren Vorsitzenden, den Abg. Feyrenvach, folgendes Schreiben gerichtet: „Sehr verehrter Herr Fraktionschef! Die unterzeichneten Mitglieder der Fraktion, zur Beratung wichtiger Tagesfragen versammelt, gedenken in herzlicher Verehrung Ihres zur wohlverdienten Erholung in der Heimat weilenden Vorsitzenden und senden Ihnen kollegiale Grüße mit den besten Wünschen für eine baldige völlige Genesung. Die täglich bei uns eingehenden, aus warmer Anteilnahme veranlaßten Anfragen der Mitglieder aller Parteien nach Ihrem Befinden geben uns den Beweis für die Die Winzernot Verlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Am Regierungstisch Minister für die besetzten Gebiete Marx. Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 12,20 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen Anträge aller Parteien betr. Aufhebung der Weinsteuer bezw. Verlängerung der Personalkredite, ferner fünf Interpellationen über die Notlage der Winzer. Abg. Haag(Dntl.) eröffnet die Aussprache und erkkärt, es liege den Winzern wahrhafig nichts daran, daß von ihnen so viel geredet werde und daß jetzt sogar eine ganze Sitzung des Reichstages sich mit ihrer Notlage beschäftigen müsse. Sie seien aber das Opferlamm geworden, weil man bei den Mittelmeerstaaten bessere Bedingungen für die Industrie herausholen wollte. Aba Neyses(Z.) nennt die Vorkommnisse im Weinbaugebiet Verzweiflungstaten; sie seien hervorgerufen worden durch den furchtbaren Steuerdruck und die rücksichtslose Steuereintreibung. Weinbau und Weinhandel fordern die sofortige Beseitigung der Weinsteuer. Sollte das nicht angängig sein, so sollte man wenigstens den Ertrag der Weinsteuer den Winzern zugute kommen lassen. Man dürfe eine mehrhundertjährige Kultur nicht zu Grunde gehen lassen. Man verweise die Winzer auf die Auswanderung nach dem Osten. Kein Winzer im Westen denke aber daran, seinen heimischen Weinberg im Westen zu verlassen. Der Redner verlangt Schutz gegen die hemmungslose Weineinfuhr aus dem Auslande. Abg. Kirschmann(S.) stell fest, daß es sich bei der Revolte in Bernkastel nicht um einen Separatistenputsch handelte. Es waren gerade Leute, die seinerzeit die Separatisten ausgeräuchert haben. Wenn nichts zur Behebung der Not geschehe, so bestehe allerdings die Gefahr, daß die Winzer sich der Gewalt zuwenden müssen. Abg. Becker=Hessen(D. Vp.) betont die Notwendigkeit rascher Hilfe, besonders für das Moselgebiet, weil dort der Weinbau die einzige Erwerbsmöglichkeit sei. Schon aus politischen Gründen müsse man die vorhandene Unruhe beseitigen. Andererseits hobe sich die Einfuhr ausländischer Weine nach Deutschland beträchtlich gesteigert. Die Weinsteuer müsse möglichst rasch abgebaut werden. Minister für die besetzten Gebiete Marx gibt zu, daß sich der deutsche Weinbau in einer der schwersten Krisen befinde. 30 Millionen sind für Personalkredite zur hervorragende Selle, die Sie, verehrer Herr Frakionschef, sich im Deutschen Reichstag errungen haben. Möge Ihnen bald beschieden sein, in alter Gesundheit und Frische zu uns zurückzukehren zum Segen alles dessen, dem Sie Ihre Lebensarbeit gewidmet haben, ganz besonders zum Wohle unserer Frakion. In verehrungsvoller Ergebenheit: (Es folgen die Unterschriften der Fraktionsmitglieder.)“ * Wie wir vernehmen, ist im Befinden des Abg. Fehrenbach eine kleine Besserung eingetreten, wenngleich bei seinem Alter gewisse Besorgnisse immer noch obwalten. Scharfer deutscher Protest in Warschau. Berlin, 4. März. Der deutsche Gesandte in Warschau hat am 1. ds. Mts. im Auftrage der Reichsregierung dem polnischen Ministerpräsidenten eine Note überreicht, in welcher gegen die zügellose polnische Pressekampagne, wie sie sich aus Anlaß der letzten deutschen Verhaftungen in Polnisch=Oberschlesien, insbesondere auch gegen das deutsche Generalkonsulat in Kattowitz gerichtet hat. und andauernd richtet, schärfster Einspruch eingelegt wird. In der Note wird nachdrücklich darauf hingewiesen. daß trotz der auf entsprechend ernste Vorstellungen des deutschen Generalkonsuls erfolgten Versprechungen Abhilfe nicht geschaffen wurde, und daß jener weiter den Presseangriffen, die ihm in dürren Worten Spionagetätigkeit vorwerfen, ausgesetzt blieb. Es ist in der Note auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die Ortsbehörden sehr wohl in der Lage waren, diesen allen internationalen Gepflogenheiten widersprechenden Ton der Presse zu mäßigen, seien doch gleichzeitig mehrfach deutschsprachige Zeitungen wegen Auslassungen beschlagnahmt worden, die an dem Vorgehen der polnischen Polizei Kritik übten. Kleine Nachrichten. — Die 27. preußische Stimme im Reichsrat. Des Preußischen Landtag ist jetzt der Gesetzentwurf über die Führung der 27. preußischen Stimme im Reichsrat zugegangen. Danach wird die auf das Land Preußen entfallende 27. Stimme von dem preußischen Staatsministerium geführt. — Stapellauf eines Torpedobootes. Gestern fand auf der Marinewerft Wilhelmshafen der Stapellauf des ersten nach dem Kriege erbauten großen Torpedobootes statt. Das Boot wurde von dem Fregattenkapitän Graf zu Dohna getauft und hat den Namen„Möve“ erhalten. Reichskanzlers mit den Regierungsparteien. Berlin, 4. Febr.(Eig. Drahtb.) Der Reichskanzler hat die Vertreter der Regierungsparteien zu Freitag Vormittag ½12 Uhr zu einer Besprechung über die Fürstenabfindung gebeten. Es werden daran teilnehmen vom Zentrum v. Guerard und Oberstaatsanwalt Schulte, von der Deutschen Volkspartei Kahl und Dr. Wunderlich, von den Demokraten Koch=Weser und Freiherr v. Richthofen, von der Bayr. Volkspartei Prälat Dr. Leicht und Dr. Pfleger. Der Reichskanzler geht in Urlaub. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Wie wir erfahren, beabsichtigt der Reichskanzler. im Anschluß an die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund für einige Zeit in Urlaub zu gehen, um sich von den Anstrengungen der letzten Monate zu erholen. Der Kanzler wird seine Rede bei der Aufnahme in den Völkerbund in deutscher Sprache halten. Die Deutschnationalen gegen das Volksbegehren. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Die deutschnationale Reichstagsfraktion fordert in einer Erklärung ihre Parteifreunde auf, sich an der Eintragung in die aufliegenden Listen im Verfügung gestellt worden. Im letzten Monat sind 12 Millionen an die Länder weitergeleitet worden. Die Reichsregierung ist sich wohl bewußt, daß es sich beim Winzerstande um einen wertvollen Bevölkerungsteil von alter Kultur handelt. Sie ist entschlossen alle Maßnahmen zu ergreifen, um ihn über die Krisis hinweg zu helfen. Die Vorgänge an der Mosel werden von der Reichsregierung bedauert und mißbilligt. Ihre weitere Bereitschaft zur Hilfe soll aber dadurch nicht behindert werden.(Beifall!) Der Bevölkerung muß aber klar gemacht werden, daß solche Ausschreitungen das aller ungeeignetste Mittel sind, um bestehende Notstände zu beseitigen. Die Untersuchung über verfehlte Maßnahmen der Behörden ist sofort eingeleitet worden. Das Ergebnis wird schnellstens dem Reichstagsausschuß zugeleitet werden. Wenn Mißgriffe vorgekommen sind, so wird dagegen eingeschritten werden. Es ist zu begrüßen, daß der überwiegende Teil der Winzer von den bedauerlichen Vorkommnissen sofort abgerückt ist. Die Regierung wird alles tun, um eine baldige Linderung der Not zu erreichen. Sie ist bereit, ernstlich Mittel und Wege zu beraten, um dem hartleidenden Winzerstand Hilfe zuteil werden zu lassen.(Beifall!) Abg. Hörnle(Komm.) verlangt Aufhebung der Weinsteuer. Abg. Dietrich=Baden(Dem.) schildert die Not in Baden, wo die Winzerschaft vornehmlich aus Kleinbauern bestehe. Abg. Dr. Jörissen(W. Vg.) protestiert gegen das rücksichtslose Vorgehen der Steuerbeamten. Abg. Dr. Beyersdörffer(Bayr. Vp.) verlangt, daß die Kreditgewährung und die Steuererleichterungen sofort durchgeführt werden, Es entsteht dann ein Zwischenfall, als von den Völkischen beantragt wird, sofort den Finanzminister herbeizuholen. Der Antrag wird aber zurückgezogen, nachdem Minister Dr. Marx erklärt hat, daß der Finanzminister verhindert sei, aber im Ausschuß sich eingehend äußern werde. Abg. Weidenhöfer(Völk.) bekämpft den deutschspanischen Handelsvertrag. Das rigorose Vorgehen der Finanzämter habe die Erregung der Massen verursacht. Damit schließt die Aussprache. Sämtliche Anträge werden einem Sonderausschuß von 21 Mitgliedern überwiesen. Das Haus vertagt sich auf Freitag 1 Uhr. Tagesordnung: Wehrministerium. Schluß ¾4 Uhr. für den Volksentscheid in der Frage der Fürstenenteignung nicht zu beteiligen. Ein weiterer Fememordversuch. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Wie ein hiesiges Blatt erfahren haben will, beschäftigen sich die zuständigen Behörden mit einem neuen Femefall, bei dem es sich um einen versuchten Mord handelt. Der Feldwebel Gädicke, der im April 1923 der Schwarzen Reichswehr beitrat, und in den Verdacht geriet, sich an Heereseigentum bereichert zu haben, soll in einem Forts in der Nähe von Küstrin von mehreren Angehörigen der Schwarzen Reichswehr, unter ihnen der Feldwebel Klapproth, niedergeschlagen worden sein, sodaß er bewußlos liegen blieb. Klapproth soll geäußert haben, mit Rücksicht auf Frau und Kinder werde Gädicke noch einmal verschont. Keine Geständnis der Gräfin Bothmer. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Wie der Rechtsbeistand der Gräfin Bothmer, Rechtsanwalt Bahn, mitteilt, entspricht die aus Potsdam kommende Meldung, daß die Gräfin Bothmer die ihr zur Last gelegte Urkundenfälschung eingestanden habe, keineswegs den Tatsachen. Vielmehr bleibt die Gräfin bei ihrer in der vorigen Verhandlung gegebenen Darstellung, daß die Frau des Präsidenten Rieck ihr auf dem Sterbebett diesen Brief diktiert, und daß sie, die Gräfin, dann aus eigenem Antrieb den Namen der Schwester Hieronyma hinzugesetzt habe. Eine Expedition in Tibet ermordet. Paris, 4. März.(Eig. Drahtb.) Nach einer Meldung aus London, wurde eine englische Tibet=Expedition, die mehrere von der tibetanischen Regierung angekaufte elektrische Maschinen nach Lhasa bringen sollte, von Tibetanern bis auf den letzten Mann niedergemetzelt. Die gesamte Maschinerie wurde zerstört und einen tiefen Abhang hinabgestürzt. Die Mitglieder der Expedition waren ausnahmslos Tibetaner, die die Maschinen in Lhasa, das kein Engländer betreten darf, zusammenstellen sollten. Börsenstimmungsbild. Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Das weitere Herabgehen der Zinssätze am offenen Geldmarkte, wo Tagesgeld zu 5½—7% reichlich zu haben war, ferner die Nachricht von dem Bevorstehen eines günstigen Abkommens zwischen der HamburgAmerika=Paketfahrtgesellschaft und Harriman regten die Unternehmungslust an und führten auf allen Gebieten des Industrieaktienmarktes zu ansehnlichen Kursbesserungen. Die Meldung von der voraussichtlichen Dividendenlosigkeit der Harpener A.=G. drückte nur auf den Kurs dieses Papiers. Das wesentlichste Interesse bewegte sich zunächst um Schiffahrtsaktien, von denen Hamburger Paketfahrt 1,40%, Norddeutscher Lloyd 2%. Hansa 2½% gewannen. Deutsch=Australische Dampfschiffahrt stellten sich um 4,40% gegen gestern höher. An den Industrieaktienmärkten bewegten sich die Besserungen meist zwischen 1 und 2%. Gestützt wurde die Aufwärtsbewegung durch amerikanische Kaufaufträge.. Man erklärt sich dies damit, daß amerikanische Kapitalisten angesichts der Vorgänge an der Rewyorker Börse auf dem ruhigeren Berliner Markte Anlage machen. Das Geschäft bewegte sich in ziemlich ruhigen Formen, es blieb nur lebhaft am Schiffahrtsaktienmarkte. Die feste, zuversichtliche Haltung blieb bestehen, so daß die erzielten Gewinne ziemlich behauptet werden konnten. Von Bankaktien besserten sich Deutsche Bank und Diskonto=Gesellschaft um je 1%. Deursche Anleihen neigten etwas zur Abschwächung. Das Geschäft darin war nicht besonders lebhaft. Vorkriegspfandbriefe waren weiter fest und 20—30 Pfg. höher. Goldpfandbriefe konnten sich im allgemeinen gut behaupten und zum Teil Kleinigkeiten gewinnen. Berliner Produktenbericht. § Berlin, 4. März.(Eig. Drahtb.) Nachdem Weizen in den Vormittagsstunden zu unveränderten Preisen im Handel gewesen war, hatten die schwächeren Liverpooler Meldungen eine Abschwächung in greifbarer Ware um erwa 1½ A zur Folge, ohne daß das Angebot aus dem Inlande reichlicher oder dringender geworden ist. Vereinzelt war mitteldeutscher Weizen hier zu Preisen, die um 3—4 A über dem Märzlieferungspreis liegen, offeriert. Roggen=Waggonware war spärlich angeboten und die gute Nachfrage seitens der Mühlen konnte nur zu 2 A höheren Preisen befriedigt werden. Im Lieferungsgeschäft war Weizen um 1½—2 A im Preise ermäßigt, Roggen dagegen um 1—2½ M fester. Nr. 53. 2. Blatt. Freitag, 5. März 1926. Aus Westöeutschland. Tagung der Arbeiterzentrumswähler. Düsseldorf, 4. März. Die politische Arbeitsgemeinschaft der Arbeiterzentrumswähler Westdeutschlands hielt in Düsseldorf eine außerordentlich gut besuchte Konferenz ab. Unmittelbare Veranlassung dazu gaben die derzeitige wirtschaftliche Lage und verschiedene politische Tagesfragen, die das besondere Interesse der Arbeiterschaft erheischen. Die Versammlung bekannte sich zustimmend und anerkennend zu dem von der Zentrumsfraktion des Reichstages aufgestellten Wirtschaftsprogramm. Einen breiten Raum in der Aussprache fand die steuerliche Neuordnung und die Frage der Fürstenabfindung. Die Anregungen und Vorschläge aus der Konferenz heraus gingen in steuerlichen Fragen nach folgender Richtung: Die Luxussteuer könne herabgesetzt werden, soweit als dadurch die Qualitätsexportindustrie und die Qualitätsarbeit überhaupt eine Förderung erfahren. Eine Senkung der Umsatzsteuer wäre dringend geboten, falls sich Sicherungen finden lassen, die den Erfolg auch den breiten Massen der Verbraucher zuführen. Die Senkung darf nicht bloß der Produktion und dem Handel zufließen. Außerdem müßten trotz Senkung der Umsatzsteuer ausreichende Mittel gesichert bleiben für die Fortführung der Sozialpolitik und für die Vollbeschäftigung des Baugewerbes als eines der hauptsächlichsten Schlüsselgewerbe der Innenwirtschaft. Sehr entschieden sprach sich die Konferenz gegen eine Senkung bezw. Halbierung der Börsensteuer aus, dagegen war das Verlangen sehr kräftig, daß im Interesse der Wirtschaft nicht nur hohe Steuern, sondern besonders die hohen Zinssätze abgebaut werden, die die Wirtschaft mehr belasten als die Steuern. Heftig umstritten wurde die Fürstenabfindung, die Frage, ob formalrechtliche oder politische Lösung, Volksentscheid oder nicht. Die Frage der Fürstenabfindung eigne sich nicht für einen Volksentscheid im Sinne des kommunistischen Antrages. Sie solle möglichst durch ein Reichsgesetz geregelt werden, in dem klare Richtlinien aufgestellt werden, an die sich das einzusetzende Sondergericht zu halten hat. Die Zusammensetzung des Gerichts müsse die Gewähr bieten, daß ungerechtfertigte Forderungen abgelehnt werden. Für die Auseinandersetzung kommt natürlich nur das strena persönliche Eigentum in Frage, frei von allem, was geschichtlich nur irgendwie als Staats= oder Gemeindeeigentum angesehen werden könnte. Die Abfindung kann nicht anders als im Rahmen der allgemeinen Verarmung des deutschen Volkes gesehen und gelöst werden; insbesondere sind die Gesichtspunkte zur Anwendung zu bringen, die bei der Aufwertung von Kriegsanleihen, Sparkassenguthaben und Wertpapieren, ähnlich den Kriegsanleihen, maßgebend waren. Eine Nichtberücksichtigung solcher Gesichtspunkte würde die Stimmung zu einer radikalen Lösung im Sinne eines Volksentscheides, die im Lande weite Kreise gezogen hat, entschieden verstärken. In Sachen der Wahlrechtsreform gingen die Meinungen noch auseinander. Eine bestimmte Stellungnahme ist nicht erfolgt. * * Bielefeld, 4. März. Einbruch in eine Sparkasse. In die Zweigstelle der Sparkasse Bielefeld im benachbarten Neepen wurde nachts ein Einbruchsdiebstahl verübt. Die Diebe erbrachen die Geldkassenkassette und nahmen 6000 M mit. * Herford, 4. März. Ein gräßlicher Urglücksfall ereignete sich auf dem Bahnhof Herford. Aus dem Zuge Nr. 229 stürzte kurz vor Herford aus einem Abteil vierter Klasse der fünfjährige Sohn Günther des Zimmermanns Klemens Kloß aus Elberfeld. Der Junge wurde von der starken Zugluft unter den fahrenden Zug geschleudert und über Unterleib und Kopf gefahren. Er war sofort tot. Die Mutter wollte mit ihrem Kinde nach Langenholzhausen bei Vlotho fahren, um die Großmutter zu besuchen. * Löhne, 4. März. Eisenbahnunglück. Auf dem Bahnhof Löhne ereignete sich ein Unfall, der eine längere empfindliche Hemmung des Verkehrs im Gefolge hatte. Mehrere Wagen eines Güterzuges kamen beim Rangieren zur Entgleisung. Die Hauptgeleise wurden gesperrt. Der Personenzugverkehr konnte dadurch mit geringen Verspätungen aufrecht erhalten werden, daß die Züge vom westlichen Stellwerk des Rangierbahnhofes auf die Gütergeleise umgeleitet wurden, so den Bahnhof selbst passierten und dann von der Östseite(Strecke Löhne—Bad Oeynhausen) wieder in die Station Löhne zurückgesetzt wurden. * Lüdinghausen, 4. März. Wilddieberei und kein Ende. Obwohl der hiesige Jagdschutzverein erhebliche Belohnungen auf das Ergreifen von Wilddieben setzt, nehmen die Wilddiebereien in unserm Kreise kaum ein Ende. Das hiesige Amtsgericht befaßt sich in fast jeder Sitzung mit derartigen Delikten und verurteilt die Täter exemplarisch. So hat man kürzlich wieder einige wohlbestallte Landwirte dabei abgefaßt, als sie diesem verbotenen Gewerbe mit Tellereisen, Schlingen und Feuerwaffen nachgingen. Auch die einfachen Jagdvergehen nehmen rapide zu. Der Jagdschutz im hiesigen Revier ist deshalb polizeilich verstärkt worden. * Ennigerloh, 4. März. Von fahrlässiger Tötung freigesprochen. Vor dem Schöffengericht in Münster hatte sich wegen fahrlässiger Tötung der Elektromeister Friedrich T. zu verantworten. Am 2. Oktober vorigen Jahres war auf der Zeche„Elsa“ der Lehrling W. durch Starkstrom zu Tode gekommen. Der Angeklagte T. hatte den Lehrling und einen Schlosser mit Arbeiten an einer Bohrmaschine beauftragt. Die Bohrmaschine soll an einer feuchten Stelle gestanden haben, und das Kabel defekt gewesen sein. Als der Stechkontakt angeschlossen war, fiel plötzlich der Lehrling hin und war tot. Es wurde nun festgestellt, daß schon einige Stunden vorher mit der Bohrmaschine gearbeitet worden war, ohne daß sich ein Unfall ereignet hatte. Zu dieser Zeit soll das Kabel auch noch nicht beschädigt gewesen sein. Als kurz nach dem Unfall ein Arzt eintraf, wurde festgestellt, daß das Kabel beschädigt war. Die angestellten Wiederbelebungsversuche waren erfolglos. Der Verunglückte soll auch herzkrank gewesen sein. Da nun die Möglichkeit besteht, daß kein Unglücksfall, sondern ein Herzschlag vorlag, mußte der Angeklagte freigesprochen werden. * Hamm, 4. März. Der Grubenbrand auf Radbod. Das Feuer gelöscht. Zu dem Grubenbrand auf Zeche Radbod erfahren wir, daß das Wasser im Füllort der 4. Sohle den Brandherd erreicht hat. Damit dürfte der Brand selbst gelöscht sein. Am Montag und Dienstag wurden auf dem Amt für über 2000 Bergleute Anträge auf Erwerbslosenunterstützung aufgenommen. Sonst ist die Lage unverändert.— Abends ist zu ungewöhnlich früher Stunde das Licht in den Häusern der Kolonie erloschen; überall herrscht Ruhe. Das Leben und Treiben steht ganz im Zeichen des Unglücks. Die gesamte Arbeiterschaft hat den Wunsch, die Arbeit bald wieder aufnehmen zu können. *Hüsten, 4. März. Vom Autobus überfahren. In der Nacht zum Montag lärmten junge Burschen auf der Bohnhofstraße in Unterhüsten. Als sie von einem Polizeibeamten zur Ruhe ermahnt wurden lärmten sie noch heftiger; da kam das Schniersche Verkehrsauto auf der letzten Fahrt von Hüsten zum Bahnhof Neheim—Hüsten gefahren. Der 23jährige Arbeiter August Schnettler aus Bruchhausen lief winkend auf den Autobus zu, stolperte kurz vor dem Wagen, stürzte und geriet unter den Wagen. Das Auto stoppte sofort. Der an Kopf und Brust Schwerverletzte wurde sofort zum Hospital gefahren, doch konnte das Auto nur eine Leiche einliefern. * Dortmund 4. März. Die Stadt Dortmund hat von ihrem oldenburgischen Moorgut 400 Hektar zum Preise von 110 000 A abgestoßen. Dieser Verkauf befreit gleichzeitig die Stadt von der dem oldenburgischen Staate gegenüber eingegangenen Verpflichtung, jährlich 100 Hektar zu kultivieren. Der Käufer Kück wird das Gelände zur Torfgewinnung benutzen. * Bochum, 4. März. Verhandlungen über die Stillegung von Hannibal 2. Unter dem Vorsitz des Oberregirungsrats Kattentied(Arnsberg) als Regierungskommissar fanden im Gebäude der Kruppschen Zechenverwaltung in Hordel die Verhandlungen über die angekündigte Stillegung der Zeche Hannibal 2 statt. Die Vertreter der Zeche und der Firma Krupp wiesen eingehend die wirtschaftliche Notwendigkeit dieser Maßnahme nach. Danach liegen bereits 18 Tagesförderungen der Zeche auf den Halden. Die gesamten Haldenbestände der von der Firma Krupp betriebenen Zechen haben bereits eine Höhe von 350 000 Tonnen überschritten. Auf Grund dieser Darlegungen der Verwaltung konnten von keiner Seite gegen die Stillegung irgendwelche Einwendungen erhoben werden. Bezüglich der teilweisen Unterbringung der etwa 1000 überzähligen Bergarbeiter sagte die Zechenverwaltung die ernste Prüfung des Vorschlags der Betriebsvertretung zu, der dahin ging, die etwa 450 auf den übrigen Schachtanlagen von Hannover und Hannibal in Pension stehenden Invaliden abzubauen und dafür eine entsprechende Zahl Arbeiter von Hannibal 2 zu übernehmen. Am Schluß der Verhandlungen nahm der Landrat von Gelsenkirchen die Kruppsche Zechenverwaltung gegen die Angriffe in Schutz, daß die Stillegung mit dem Ergebnis der Eingemeindungsverhandlungen in Zusammenhang zu bringen sei und stellte fest, daß nur die reine wirtschaftliche Zwangslage zu dieser Maßnahme geführt habe.— Bei dem Amtmann Dr. Maßmann(Eickel) ist folgendes Telegramm des Reichswirtschaftsministers eingetroffen:„Keinerlei rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung Stilllegung Schachtanlage Hannibal vorhanden. Prüfung gesamten Stillegungsproblems im Gange. Reichswirt hafteminister.“ * Bochum, 4. März. Die Valutaschulden der deutschen Städte. Das Oberlandesgericht Hamm entschied am 21. Nov 1925 rechtskräftig, daß die Stadt Bochum zur Zahlung der Zinsen ihrer schweizerischen Anleihe in aufgewerteter Mark verpflichtet sei. Wie ich erfahre, weigert sich die Stadt Bochum diesem Urteil nachzukommen. Der Bochumer Oberbürgermeister, Dr. Ruer, hat dem Vertreter eines schweizerischen Gläubigers mitgeteilt, daß diese Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht als maßgebend angesprochen werden könne. Die Stadt Bochum will die Zinsen ihrer Anleihe erst zahlen, wenn auch das Reichsgericht gesprochen hat. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm konnte das Reichsgericht nicht angerufen werden, da die Revisionssumme nicht erreicht ist. Inzwischen ist gegen die Stadt Bochum wegen der rückständigen Zinsen für 1925 beim Landgericht Bochum eine neue Klage eingereicht worden, und zwar wegen der Zinsen einer Schuldverschreibung in Höhe von 20000 Mark, so daß ein revisionsfähiges Objekt wieder nicht in Frage kommt. Doch wird die Stadt Bochum voraussichtlich durch Wiederblage versuchen, daß ein revisionsfähiges Objekt erreicht wird. Die Stadt Dortmund hat sich bekanntlich ihren schweizerischen Gläubigern gegenüber verpflichtet, die durch das Urteil gegen die Stadt Bochum getroffene Regelung der Zinszahlung auch gegenüber ihrer schweizerischen Valutaanleihe als maßgebend zu betrachten. * Buer, 4. März. Auch Buer scheint Schicksalsgenosse von Horst, wo die Zeche Nordstern stillgelegt wurde, werden zu sollen. Schachtanlage 3 der Zeche Hugo in Buer=Beckhausen, die 730 Arbeiter beschäftigt, soll stillgelegt werden. Zunächst werden 300 Bergleute gekündigt. Eine Belegschaftsversammlung forderte, daß der Demobilmachungskommissar die Genehmigung zur Stillegung versage und daß die Staatsbehörden alles tun, um die Stillegung zu verhindern, um em Massenelend der Vergarbeiter zu steuern. Die Flucht über die Kordilleren. Von Friedrich Gerstäcker. (Nachdruck verboten.) „Ich will selber mit dir gehen,“ sagte Ellington rasch, aber Don José ergriff seinen Arm:„Das wäre doppelter Wahnsinn,“ rief er in englischer Sprache,„drohte hier Verrat, so liefst du den Schuften selber in die Schlinge — selbst das aber angenommen, daß sie ehrlich sind, dürfen wir hier gar nicht schießen, denn der Schall würde unendliche Strecken in die Berge donnern und unsern Feinden, sollten uns diese wirklich nachfolgen, genaue Kunde von unserer Nähe geben. Mir gefällt auch der Rat des Burschen nicht— der alte Peon ist viel zu schlau und vorsichtig, sich selber zu verraten, und außerdem glaub' ich nicht einmal, daß er ein Gewehr abfeuern könnte." Der junge Bursche hatte indessen dem Gespräch, von dem er keine Silbe verstand, unruhig und mißtrauisch gelauscht;— was berieten die Männer, und was taten indessen die vielleicht ungeduldig werdenden Mashorqueros, wenn er zu lange zögerte? Er erkannte jetzt recht gut, daß alle auf und zum Weitermarsch gerüstet waren, und was blieb da für ihn selbst das Sicherste? „Aber wo ist Felipe?“ wandte sich Don José jetzt plötzlich gegen ihn,„euer früherer Posten war gerade da drüben, und ich kann nichts mehr von ihm erkennen." „Er ist an der Spitze da vorn stehengeblieben," erwiderte, auf die Frage schon vorbereitet, der Peon;„erstlich hoffte er dort den Puma am ersten wieder zu sehen, und dann kann man auch von dem Punkt aus den von unten heraufführenden Pfad besser überwachen.“ Gut, so leg dich wieder nieder.“ sagte Ellington, und schlaf noch ein paar Stunden: vor Tag aber wollen wir wieder aufbrechen, womöglich noch die zweite Casucha*) zu erreichen; der nächste Tag sieht uns dann auf chilenischem Gebiet, und dort hoffentlich sicher vor den Henkersknechten des blutigen Tyrannen.“ „Nun gut!“ brummte, als halbe Antwort, der Peon. An der Wand der Hütte aber hingreifend, um seinen früheren Lagerplatz wieder zu finden und dort das Weitere zu überlegen, sowie abzuwarten, bis sich die, jetzt mißtrauisch gemachten, Flüchtlinge wieder beruhigt hätten, *) Die steinernen Hütten in den Kordilleren, zum Schutz der Wanderer erbaut. fühlte er plötzlich— und wie mit einem elektrischen Schlag fuhr es ihm durch die Glieder— die Gewehre der beiden Engländer, die Ellington dorthin gestellt hatte, um sie. falls sie wirklich angegriffen werden sollten, gleich zum Gebrauch zur Hand zu haben. Eine rasche Bewegung der Hand überzeugte den Peon jedoch, daß die Pulverhörner nicht dabei hingen, und er kauerte sich dicht daneben auf den Boden nieder, den für ihn günstigen Zeitpunkt abzuwarten. Er sollte nicht lange zu warten brauchen. Wenn auch Ellington im Anfang beabsichtigt haben mochte, zu wachen, und— nachdem er der Gattin wieder das Lager, so gut es die Dunkelheit erlaubte, hergerichtet— ein paarmal zu dem niedern Eingang schritt und hinauslauschte, war die Luft doch zu bitter kalt, sich ihr unnötigerweise zu lange auszusetzen. In seinem Poncho deshalb fest eingehüllt, streckte sich der Verfolgte endlich tief aufseufzend dicht neben die Gattin nieder. Der Peon war indessen nicht müßig gewesen: vorsichtig neben sich herumfühlend, nahm er das eine Gewehr zu sich nieder aufs Knie und fing an. es zu untersuchen. Hierbei aber war für ihn ein Uebelstand— er hatte wohl schon häufig schießen sehen, aber noch nie selber geschossen: nur so viel wußte er, daß der Hahn gespannt werden mußte. Die Waffe, die er in der Hand hielt, war ein Doppelrohr, die andere eine einfache Büchse, aber weder Pulver noch Blei dazu; was half ihm da das Gewehr? Da durchblitzte ihn ein teuflicher Gedanke— wenn er das einfache Rohr in die Ecke abfeuerte, wo die Flüchtigen dicht aneinander geschmiegt lagen, und dann mit dem noch geladenen Doppelgewehr entfloh, brachte ihn die Verwirrung des ersten Entsetzens jedenfalls außer Schußweite, und nicht allein einer oder mehrere der Fremden würden verwundet, sondern die Häscher waren dann auch imstande, mit dem anderen Gewehr sie am Weitermarsch zu verhindern oder doch so lange aufzuhalten, bis sie ihren Mundvorrat aufgezehrt hatten und dann rettungslos ihnen zur Beute fielen. Der Bursche, schlau und gewandt, zögerte nicht lange mit der Ausführung: überdies sollte der Schuß ja als Zeichen den übrigen gelten, und preßten diese scharf heran, so war es sogar möglich, daß sie sich ihrer Beute ohne weiteres bemächtigten. Ellingtons Leichtsinn, die Gewehre solcher Art außer dem Bereich des eigenen Arms zu lassen, wäre den armen Verratenen bald verderblich geworden.— Pedro kannte nur den Mechanismus des Gewehres nicht genau, um den Hahn geräuschlos zu spannen, und als er das Doppelrohr wieder neben sich an die Wand gelehnt und die Büchse erariffen hatte, um den Hahn leise aufzuziehen, knackte dieser, als er in die erste Ruhe trat. Don José hatte gar nicht geschlafen, und schon, seit der Peon die Hütte wieder betreten. lehnte er, halb sitzend und nur in seinen warmen Poncho gehüllt, an der Mauer der Hütte, dem gerinasten Laut horchend, der zu ihm herüberdringen möchte. Er wußte sich selber nicht ordentlich Rechenschaft zu geben, aber er war mißtrauisch geworden und erwartete mit Sehnsucht den anbrechenden Morgen. Nur die Augen schloß er endlich, und überdachte halb wachend, halb träumend, die Möglichkeit des Gelingens— die Gefahren ihres Marsches— als ihn das Knacken des Hahnes zuerst aus seiner Ruhe wieder emporschreckte. Den Blick rasch nach dort richtend, von woher das so unvermutete Geräusch gekommen, sah er jetzt deutlich bei dem schwachen, von draußen hereinbrechenden Schneelicht. wie sich der blanke Lauf eines Gewehres— er konnte nur nicht recht genau erkennen, nach welcher Richtung— niedersenkte. Dann war alles totenstill. Aber auch Ellington war durch den, nur zu gut gekannten Laut aufgestört; auch er sah, gerade als er die Augen aufschlug, die Bewegung des Laufs, und das Blut im furchtbaren Drang zum Herzen zurückpreßte, klang aufs neue das scharfe eigentümliche Klinken des Hahns an sein Ohr. Wie mit einem Schlag, dem im Lager überraschten Wilde gleich, fuhren die beiden Männer empor, der neuen, noch kaum bewußten Gefahr zu beVergebens riß indessen der Bandit an dem Drücker der Büchse, sich selber durch den Schuß zu retten; jedoch mit dem vorherigen„Stechen“ dieser Art Gewehre unbekannt, verweigerte das Schloß den Dienst, und die nutzlose Waffe von sich schleudernd, ergriff er das Doppelrohr, die Tür noch vor seinen Angreifern zu erreichen. Hier aber verrannte ihm Ellington den Weg. und noch wähend er sein Messer aus der Scheide riß. sich die Bahn zu oßen, brach er mit einem leisen Stöhnen zugleich von llingtons Faust und Don Josés scharfem Stahl geroffen, der ihm die eigene Waffe in den Rücken trieb, ine Leiche, zu Boden. Die kleine Hütte war im Augenblick ein Bild der verwirrung, und das Verderben der Unglücklichen ware estegelt gewesen, hätten die Henker nicht auf das Zeichen ses ausgesandten Spions eben gewartet. Aber die Furcht vor Feuerwaffen, die der Gaucho nicht leicht überwindet, besonders wenn er sie in den Händen von Europäern veiß, hielt sie zurück, und so gern sie das Blutgeld ihres derrn verdienen mochten, so wenig dachten sie daran, ihre nm Markte an traaen N. f. Gladbeck, 4. März. Eine neue Bestechungsgeschichte, die große Aehnlichkeit mit den seinerzeit gemeldeten Unterschlagungen des Baufuhrers Pusch und den Verfehlungen der darin verwickelten städtischen Beamten und Angestellten zeigt, ist jetzt durch die Anzeige einer entlassenen Lohnbuchhalterin ans Tageslicht gecommen. Die Baugewerkschaft Gladbeck, ein genossenschaftliches Gewerkschafts=Unternehmen, hatte in umfangreichem Maße auch städtische Aufträge auszuführen, für die staatliche Erwerbslosengelder aufgewendet wurden. Der Geschäftsführer der Baugewerkschaft, Hentrich, ließ nun monatelang in den inzwischen beschlagnahmten Lohnlisten zahlreiche Arbeiter führen, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden waren. Die für diese fingierten Arbeiter gezahlten Löhne, die, da diese Schiebungen viele Monate hindurch ausgeführt worden sind, viele Tausende von Mark umfassen, hat Hentrich in seine eigene Tasche gesteckt und sich inzwischen zum Besitzer eines der schönsten Häuser Eladbecks gemacht. Um seine Machenschaften ungestört vornehmen zu können, hat Hentrich den Vorsteher des städtischen Arbeitsnachweises, Stadtv. Kresch, durch wertvolle Geschenke, u. a. ein bis ins Kleinste eingerichtetes Eßzimmer, bestochen. Die bis ins Einzelne gehenden Aussagen der entlassenen Lohnbuchhalterin, die vor allem in der Lage war, die Beschlagnahme der betreffenden Lohnlisten zu verankassen, haben dazu geführt, daß die jetzt verhafteten Hentrich und Kresch unter der Wucht des Beweismaterials im großen und ganzen geständig sind. In der Angelegenheit haben bereits weitere Verhaftungen einer Anzahl Gladbecker Bürger stattgefunden, die darauf hindeuten, daß auch diese Angelegenheit noch weitere Kreise ziehen wird. * Köln, 4. März. Die Frankenfälscheraffäre.— Ergebnislose Nachforschungen in Köln. Seit einigen Tagen halten sich der Direktor der Bank von Frankreich und der Kriminalinspektor Domet in Köln auf, weil von Köln aus angeblich das aus einer Dürener Fabrik stammende Papier, das zu den Fälschungen in Budapest verwendet worden ist, geliefert worden sein soll. Die Nachforschungen haben ergeben, daß weder von Köln noch von Düren aus Papier für die ungarischen Frankenfälschungen geliefert wurde. * Köln, 4. März. Eine neue Explosion in der Schlebuscher Karbonitfabrik. In der Karbonitfabrik in Schlebusch, die erst vor kurzem von einem schweren Unglück heimgesucht wurde, ist die Säuredenitrierung, die zum Oelbetrieb gehört, in die Luft geflogen. Die Gebäude wurden zerstört. Es ist nicht ausgeschlossen, daß noch mehrere Explosionen erfolgen. Ein Arbeiter, der sich in dem Gebäude befand, wurde schwer verletzt. * Beuel a. Rh., 4. März. Von einer Granate zerrissen. Im Hofe eines Hauses hier spielte ein Junge mit einer Granate, die vermutlich aus einem in der Nähe befindlichen Steinbruchgelände stammt, wo die englischen Besatzungstruppen einen Tankschießplatz hatten. Das Geschoß explodierte und riß den Jungen in Stücke. Die 14jährige Schwester des Jungen wurde schwer und ein drittes 6jähriges Kind leichter verletzt. * Frankenthal, 4. März. Zu einem Zwischenfall kam es bei der Beerdigung eines freiwillig aus dem Leben geschiedenen 58 Jahre alten Landwirts in Weisenheim a. Sand, eines in der Gemeinde sehr angesehenen Mannes. Da er schon vor mehreren Jahren aus der protestantischen Kirche ausgetreten war, verweigerte der protestantische Geistliche die kirchliche Beerdigung und die protestantische Kirchenverwaltung das Beerdigungsgeläute. Daraufhin faßte der Gemeinderat den Beschluß, gegen den Willen der Kirchenverwaltung bei der Beerdigung die Glocken läuten zu lassen. Er ließ durch die Gemeindepolizei die Türe zum Glockenturme gewaltsam öffnen und die von der Kirchenverwaltung entfernten Glockenseile durch Feuerwehrstricke ersetzen, worauf die Polizeibeamten bei der Beerdigung die Glocken läuteten. Die protestantische Kirchenverwaltung hat wegen des Vorgehens des Gemeinderats Anzeige erstattet, so daß der Zwischenfall gerichtlich ausgetragen wird. * Frankfurt a. M., 4. März. Brand. In der ehemaligen Thurn und Taxisschen Villa, in der das Völkermuseum untergebracht ist, entstund gestern früh kurz nach 4 Uhr ein Brand, der einen großen Teil des Dachstuhles völlig einäscherte. Die Sammlungen wurden von dem Brande nicht berührt. Dagegen wurden die Räume der Geschäftsstelle des Katholischen Volksvereins beschädigt; die reichen Sammlungen des Forschungsinstituts für Kulturmorphologie des Geheimrats Frobenius konnten gleichfalls vor der Vernichtung bewahrt bleiben. Die Ursache des Brandes ist in einem elektrischen Kocher zu suchen, dessen Leitung nicht ausgeschaltet wurde. Im Laufe der Nacht brannte der Kocher durch den Tisch und setzte die leicht gebauten Holzteile der Mansarde in Brand. „Stehst du dereinst, mein Volk, Bekränzt vom Glücke.... Vergiß die teuren Toten nicht!“ Diese Worte unseres begeisterten Heldendichters aus den Freiheitskriegen bringt das Märzheft der„Kriegsgräberfürsorge“ als Leitgedanken des ergreifenden Hinweises auf unseren Volkstrauertag am 28. Februar. Daß wir im ganzen deutschen Vaterland mit verschwindenden Ausnahmen an diesem einen Tage über alles Trennende hinweg unserer unvergessenen Toten aus dem Weltkriege in treuliebender Dankbarkeit gedenken können, verdanken wir dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und den verschiedenen Reichs= und Staatsbehörden, die ihn bei seinen unermüdlichen Arbeiten für die Schaffung eines Volkstrauertages in entgegenkommendster Weise unterstützten.— Dann führt uns das dritte Heft dieses Jahres zu Gräbern in Galizien, Polen, Frankreich und Belgien; mit unserer Jugend wandern wir durch Kriegsgebiet in Ostpreußen. Ueber die Arbeit des Volksbundes auf dem Gebiete der Fürsorge für die ungezählten Gräber in fremder Erde bringt das Märzheft zahlreiche Schilderungen aus Frankreich, Belaien, Polen, Serbien, Rumänien, Griechenland, England und Litauen. Die monatlich erscheinende Zeitschrift veröffentlicht in jedem ihrer Hefte fortlaufend Nachrichten aus allen Ländern der Welt, in denen deutsche Kämpfer aus jenem gewaltigen Ringen zur letzten Ruhe gebettet sind.— Zu beziehen ist die Bundeszeitschrift„Kriegsgraberfürsorge" durch die Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes in Berlin oder auch durch die Geschäftsstelle des Bezirksverbandes„Ruhrgebiet“ in Gelsenkirchen, Hüttenstr. 43. Geschäftsführer Lehver Hatheysen, Fernruf 3791, zum Preise von 2 Reichsmark für das ganze Jahr, oder 1 Reichsmark für ein halbes Jahr. Ein Einzelheft kostet 30 Pfg. Sie erscheint jeden Monat. Probenummern, die gratis und franko verausgabt werden, sind von dort aus anzufordern.„Deutsches Volk, vergiß die Hellden des Weltkrieges nicht!“ Vermischtes. "* Bestechungsaffäre bei einem Berliner Wohnungsamt. Gegen einen Stadtoberinspektor und einen Angestellten vom Charlottenburger Wohnungsamt ist ein Verfahren wegen Meineides, Beamtenbestechung und pflichtwidriger Amtshandlungen eingeleuet worden. Die Beschuldigten sollen einem Fabrikanten, der keinen Anspruch auf eine Wohnung hatte, eine FünfzimmerHandels=Nachrichten. Bevorstehende Aenderung der Fernsprechgebührenpolitik der Reichspost. Verschiedene Anzeichen lassen vermuten, daß die Reichspost den wiederholten dringenden Vorstellungen aus allen Kreisen des Großhandels entsprechend nunmehr bereit ist, eine Aenderung in ihrer bisherigen Fernsprechpolitik eintreten zu lassen. Aus diesem Grunde hat der Zentralverband des Deutschen Großhandels erneut seine Abänderungsvorschläge zu dem augenblicklichen System in einer Eingabe dem Reichspostministerium bekanntgegeben. — Der Entschluß der Reichspost, wieder auf Anleiben zur Finanzierung von Neuanlagen und ähnlichem überzugehen, wird dringend befürwortet, da er geeignet erscheint, eine Senkung des Gebührenniveaus herbeizuführen. Gleichzeitig muß jedoch unbedingt auch eine Aenderung des Systems in der Weise erfolgen, daß die Lasten gleichmäßiger als bisher verteilt werden. Es kann nicht weiter verantwortet werden, daß der geringe Prozentsatz der Vielsprecher zu Gunsten der Wenigsprecher stärker belastet wird. Von diesem Grundgedanken ausgehend, muß eine Aenderung der Tarife sowohl für Einrichtungen als auch für den Betrieb erfolgen. Bei der Festsetzung der Gebühren für die Einrichtung muß grundsätzlich berücksichtigt werden daß es sich nur um leihweise Hergabe der Einrichtungen handelt; der größere Teil der Anlagen muß unbedingt durch Anleihen und Betriebsüberschüsse gedeckt werden. Die Einrichtungsgebühren, deren Ermäßigung gefordert wird, treffen alle Teilnehmer gleichmäßig und sind daher verhältnismäßig tragbar. Die Tatsache kommt darin zum Ausdruck, daß eine außerordentliche Zunahme an Sprechstellen erfolgt, die im Betriebe für die Post unrentabel arbeiten. Da für die Berechnung der Betriebsgebühren der Pauschaltarif grundsätzlich von der Post abgelehnt ird, wird vorgeschlagen, daß neben der Grundgebühr eine mäßige Gesprächgebühr erhoben wird. In der Grundgebühr muß eine gewisse Mindestzahl der Gespräche enthalten sein. Die Gesprächsgebühr darf nicht über ca. 5 Pfg. für das Einzelgespräch hinausgehen. Eine Herabsetzung der Ferngesprächsgebühren besonders für die nahen und mittleren Entfernungen muß erreicht werden. Das System der Gesprächszählung, das beibehalten wird, muß weiter vervollkommnet werden. Solange dies nicht der Fall ist, muß ein höherer Prozentsatz für die Zenhlfehler in Anrechnung gebracht werden. Im Falle der Beibehaltung der Staffelung bei der Einzelgesprächszählung muß, um einen gerechten Ausgleich für die Vielsprecher zu erreichen, die Gesamtzahl der auf sämtlichen Apparaten einer Firma geführten Gespräche der Berechnung zugrunde gelegt werden. Abschließend wird beantragt, daß die angeregten Aenderungen sobald wie möglich durchgeführt werden, da für die Gewerbetreibenden bei der augenblicklichen Wirtschaftsbage jede Erleichterung von allergrößter Bedeutung ist. * Handel und Gewerbe im Februar 1926. ° Nach den Berichten der Preußischen Handelskammern hat sich die Wirtschaft Deutschlands von ihrem Tiefstand noch nicht erholt, während die Lage der Weltwirtschaft einige Anzeichen der Besserung aufweist. Die Lage des Arbeitsmarktes ist weiterhin schlecht. Die Schlüsselindustrien(Koble und Eisen) leiden nach wie vor sehr. Die Lage der Textilinoustrie hat sich noch etwas verschlechtert. An der Börse is leichter Rückschlag eingetreten. Nur einzelne Wirtschaftszweige(wie die Kaliindustrie und das Nahrungsmittelgewerbe) berichten über besseren Absatz. Der Ausfuhr=Ueberschuß von 87 Millionen Mark im Jannar gegenüber 36 Millionen Mark im Dezember ist erfreulich, darf aber nicht zu weitgehenden Schlüssen verleiten. Die Großhandels=Meßziffer ging im Januar gegenüber Dezember um 1,2 Proz. zurück; sie beträgt jetzt 120. Gegenüber Januar 1925 ist die Meßziffer der Industriestoffe um 6,8 v H und die der Agrar=Erzeugnisse um 166 v. H. 3efallen. Gegenüber Januar 1924 ist die Meßziffer der Industriestoffe um 9,5 v. H. gefallen, während die der Agrar=Erzeugnisse um 11, 2 v. H. gestiegen ist. Das deutsch=französische Terlhandelsabkommen vom 12. Februar 1926 über das vorläufige Wirtschaftsabkommen zwischen Deutschland und Spanien und das vorläufige Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei zeigen gewisse Fortschritte auf dem Gebiete der Handelsverträge Auch das deutsch=russische Handelsabkommen ist nach Austausch der Ratifikationsurkunde in Kraft getreten. Die Steuersenkungsmaßnahme des Reiches wird von der Wirtschaft im allgemeinen freudig begrüßt; doch wird erwartet daß die Länder und Gemeinden ebenfalls zu Steuersenkungen übergehen. 2016 Konkurse und 1580 Geschäftsaufsichten. § Zum ersten Male seit dem August 1925 hat die Ziffer der Konkurseröffnungen etwas abgenommen, und zwar,— nach einer Zusammenstellung der Finanzzeitschrift„Die Bank“— von 2104 im Januar auf 2016 im Februar.(Nach den amtlichen Bekanntmachungen im Reichsanzeiger belief sich die Zahl der Konkurse im Januar auf 2092.) Anderseits sind aber die mangels Masse zurückgewiesenen Konkurse von 102 auf 124 gestiegen, und ebenso zeigt die Bewegung der Geschäftsaufsichten eine kleine Zunahme(von 1573 auf 1580). Zum Vergleich seien die Ziffern für Konkurse und Geschäftsaussichten im November und Dezember 1925 beigefügt: Es betrug die Zahl der Konkurse im Dezember 1660, im November 1443, der Geschäftsaufsichten im Dezember 1388, im November 967. Das Tempo der Verschlechterung hat also, wie vor 14 Tagen schon angekündigt und begründet wurde, im Februar nicht weiter zugenommen, im Gegenteil, die Zahl der Zusammenbrüche ist im Februar hinter der des Januar zurückgeblieben. Dieser Rückgang ist allerdings ganz unbedeutend, zumal, wenn berücksichtigt wird, daß der Februar 3 Tage weniger zählt als der Januar. Im Lichte der Insolvenz=Statistik war also die Lage im Februar genau so schlecht wie im Januar. Von einer Besserung ist noch keine Spur, der Einschränkungsprozeß der Wirtschaft geht unentwegt weiter, und der„Silberstreifen am Horizont“, den man vielfach schon greifbar nahe sah, wird blasser und blasser. Auch in amtlichen Berichten wird heute vereinzelt schon ausgesprochen, daß die Hoffnungen auf eine sich anbahnende Besserung und eine baldige Besserung der Krise sich als trügerisch erwiesen hätten. Bezeichnend für die weiter anhaltende Schärfe der Krise ist übrigens die Zunahme der mangels Masse abgewiesenen Konkurse und die weitere Zunahme der Geschäftsaufsichten. Bezeichnend ist auch die auffallend starke Beteiligung des Textilgewerbes an den Zusammenbrüchen. wohnung zugewiesen haben, wofür sie als Entgeld je eine Wohnungseinrichtung erhalten haben sollen. Der Angestellte ist bereits entlassen, während gegen den Stadtoberinspektor ein Disziplinarverfahren schwebt. ** Grauenvolle Mordtat. Warschau, 4. März. Aus der Ortschaft Komarno wird gemeldet, daß dort ein 55jähr. Bauer mit einer Axt seinen drei schlafenden Söhnen und seiner Frau die Köpfe abgeschlagen hat. Danach versuchte der Mörder, sich selbst durch Erhängen das Leben zu nehmen, wurde aber von Nachbarn überrascht, die die Polizei alarmierten. Der Bauer ist verhaftet worden. ** Erdbeben in Spanien. Madrid, 4. März. Die Staaten Badajoz und Jere de Los Cavalleros in der Nähe der portugiesischen Grenze wurden von einem Erdbeben heimgesucht, das großen Schaden verursachte. * Eine lebende Fackel. Tod zur Fastnacht. Madrid, 4. März. Unter schrecklichen Umständen ist hier ein junger Lann ums Leben gekommen. Er hatte sich bei der Fastnachtsfeier ganz in Papierschlangen eingewickelt und sich dadurch ein amüsantes Kostüm geschaffen. Nach dem Balle aina er in diesem Aufzuge durch die Stadt. Plötzlich, wahrscheinlich durch die Unvorsichtigkeit eines Zigarettenrauchers fingen die Papierschlangen Feuer. In wenigen Sekunden glich der junge Mann einer lebenden Fackel. Von Schmerzen gepeinigt, raste er durch die Straßen, bis er halb verkohlt zusammenbrach und wenige Minuten später starb. ** Banknotenfälschungen in Argentinien. Dem„Newy. Herald“ wird aus Buenos Aires gemeldet, daß in Argentinien eine groß angelegte Affäre von Banknotenfälschungen aufgedeckt worden sei. In der Provinz Mendoza seien zweierlei Arten von Zahlungsmitteln im Umlauf, nämlich Banknoten, die vom Staate ausgegeben seien, und Banknoten, die die Provinz ausgegeben habe(sog. Pfandbriefe). Man habe nun eine Geheimdruckerei entdeckt, in der mehr als 3600 auf 500 Dollar lautende Pfandbriefe hergestellt und zum großen Teil in den Verkehr gebracht worden seien. Die Nachahmung ist sehr gut. Die Hauptbeteiligten seien verhaftet worden. ** Wieviel deutsche Zeitschriften gibt es? Nach der eben veröffentlichten Statistik über die deutschen Zeitungen wird nun ebensolche über die Zeitschriften bekannt. Sie sind nach vorübergehendem Sterben in der Inflationszeit meistens wieder erwacht. Nach der internationalen Statistik für das Jahr 1924, die Erich Körner für das Berner Urheberrechtsbureau bearbeitet hat. wird die Gesamtzahl der regelmäßig in deutscher Sprache erscheinenden Zeitschriften auf 16000 geschätzt: dazu gehören freilich alle Zeitschriften deutscher Zunge. Im Jahre 1924 wurden 883 Zeitschriften neu gegründet: für die drei ersten Monate von 1922 ist die Zahl noch günstiger: es sind nämlich 314. 1908 gab es in Deutschland 6040 Fachzeitschriften; 10 Jahre später, am Ende des Weltkrieges, waren es nur noch 4300. 1924 betrug die Zahl 4730, wovon 446 land= und hauswirtschaftliche Fragen, 305 Literatur und Politik, 295 industrielle und technische. 238 medizinische Fragen behandelten. Hervorzuheben ist noch. daß auf die Theologie= und Erbauungsblätter 315 entfallen, auf Heilwissenschaft 293. Erziehungs= und Unterrichtswesen 262, Handel 245. Landwirtschaft 236 und Unterhaltungsblätter 227. Bemerkenswert ist das Anschwellen der Blätter für Jugendbewegung 86, Theaterwesen 49 und Automobil= und Flugwesen 68. Radsport. Bund Deutscher Radfahrer, Gau 55, Soest=Paderborn. ! Lippstadt, 3. März. Zu der am Sonntag, den 28. Februar, stattgefundenen Frühjahrsgautag zu Lippstadt(Wirtschaft Hölscher) hatte sich trotz der schlechten Witterung der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt, ein Zeichen, daß sich das Interesse für den Radsport von Tag zu Tag steigert. Um 2 Uhr eröffnete der 1. Vorsitzende Herr Hoffmann, die Versammlung und hieß alle Erschienenen herzlich willkommen. Alle Vereine des Gaues waren zur Stelle, Neu aufgenommen wurden die Vereine„Edelweiß“=Haustenbeck und„Frisch auf“=Schlangen. Sodann schritt man zur Erledigung eingegangener Anträge. Es wurde sehr über die schlechte Lage des Gaues, bezw. die Unterstützung der Bezirke gegenseitig. diskutiert. Der Bezirk 2 stellte zum zweiten Male den Antrag, aus dem Gau 55 auszutreten und sich einem andern Gau anzuschließen. Darauf ergriff der Vorsitzende das Wort und erklärte, daß schon bereits Verhandlungen mit den Gauen 53—54 stattgefunden hätten, zwecks Zusammenschluß der drei Gaue. Da aber keine Meinung dafür bei den anderen Gauen herrschte, scheiterte die Sache. Der Austritt des Bezirks aus einem Gau wurde von der Hauptgeschäftsstelle nicht genehmigt. Die Anwesenden stellten den Antrag, mit den Nachbargauen eine Arbeitsgemeinschaft zu pflegen, dem auch zugebilligt wurde. Hierauf wurde ein reichhaltiges Fahrten=Programm für 1926 wie folgt, aufgestellt: Am 18. April: Frühjahrsgaukontrolltour Ahlen—Geseke. Am 25. April: Großer Straßenpreis Geseke. Am 2. Mai: Großer Straßenpreis Paderborn über 100 Klm. Am 9. Mai:„All Heil“=Beckum, Stiftungsfest. Am 16. Mai:„Sturmvogel“=Ahlen, Stiftungsfest u. Corso. Am 24. Mai:„Edelweiß“=Haustenbec Stiftungsfest, Am 6. Juni: Großer Straßenpreis Geseke. Am 13. Juni:„Schwalbe“=Oelde, Gau=, Bezirks=, VereinsBergmeisterschaft. Am 20. Juni: Radsportklub„Adler“=Oelde, Gaumeisterschaftsrennen 150 Klm. Am 27. Juni: Jugendwandertag nach Bad Waldliesborn für den gesamten Gau. Am 4. Juli: Großer Straßenpreis von Ahlen(Sturmvogel) 150 Kilometer. Am 25. Juli:„Schwalbe“=Oelde Flieger=Rennen. Am 18. Juli: Dreiermannschaftsrennen im Gau 08 Paderb. Am 1. August: Gau=Wanderschaft Bielefeld, 10 Uhr vorm. Bahnhof Brackwede. Bei Regenwetter am 15. August. Am 6. August: 11. Bundesfest Dresden Am 5. September: Landesverbandsmeisterschaft. Am 12. September: Bezirksmeisterschaft Bezirk 2„All Heil" Beckum. Am 19. Sept.: Herbstkontrolltour„Edelweiß“= Haustenbeck. Am 10 Oktober„Schwalbe“=Oelde Stiftungsfest, Saalsport, Am 17. Oktober: Gau=Schlußfahren. Das Fahrten=Programm möge sich jeder Interessent ausschneiden.— Am Schluß der Versammlung wurde vom Radsport=Verein 08 ein Schreiben verlesen zwecks Neubau einer Radrennbahn in Paderborn. Herr Reinke=Paderborn gab zunächst eine Erblärung, wie der Bau und die Finanzierung vor sich gehen soll. Es ist also schon alles bis auf das bieinste ausgearbeitet. Gegen 6 Uhr schloß der 1. Vorsitzende mit einem dreifachen„All Heil“ die Versammlung. 1 Reich Blätter für weibliche Interessen. rau, Schriftleitung: Carl Laumanns, Lippstadt. Religion und Geburtenrückgang. Von einem Seelsorger. Wie in vielen Städten Deutschlands, so ist auch in Lippstadt vor kurzem ein Bund der Kinderreichen ins Leben getreten. Zu einer Zeit, da das Uebel des Geburtenrückganges immer weiter um sich greift, ist jedes Mittel, das der Erhaltung und Mehrung unserer Volkskraft dient, freudig zu begrüßen. Doch man täusche sich nicht! Staatliche Beihilfen für kinderreiche Familien nerden allein den drohenden Verfall unseres Voltes nicht aufhalten. Dafür spricht unwiderleglich die Tatsache, daß nicht die sozial schlecht gestellten Familien durch Kinderarmut sich kennzeichnen, sondern durchgehends die wohlhabenden, höhergestellten. Wir finden die höchste Kinderzahl und das froheste Kinderlachen in den Ständen, die im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brot verdienen müssen, die niedrigste Kinderziffer bei Leuten mit gesicherten Lebenseinkommen. In der reichsten Londoner Pfarrei kommen auf 1000 verheiratete Frauen jährlich 45, in der ärmsten 198 Kinder, im reichsten Pariser Stadtbezirk 30, im ärmsten 130 Kinder; von 45 Palästen von Milliardären in Newyork klingt nur durch 4 seliges Kinderlachen. (Scheiwiler.) Nein, nicht die wirtschaftlichen Mißstände sind es, die in erster Linie das Elend des Geburtenrückganges heraufbeschworen haben. Die tiefste Ursache ist das Schwinden der Religion. Frankreich, das Land der ausgesprochenen Unkirchlichkoit, ist auch das klassische Land des Frevels an den Naturgesetzen. Seitdem die kirchenfeindliche Regierung mit brutaler Gewalt die Religion unterdrückt, hat das Uebel ständig zugenommen. Jene Gegenden aber, in denen der Einfluß der Kirche am weniasten gelitten, haben bis auf den heutigen Tag die verhältnismäßig höchste Geburtenziffer von ganz Frankreich bewahrt. Auch in Deutschland halten nach Ausweis der Statistik religiöse Gleichgültigkeit und Kinderfurcht gleichen Schritt. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die gemischten Ehen bezüglich der Kinderzahl auffallend hinter den rein katholischen und rein protestantischen Ehen zurückbleiben. Ferner weiß die katholische Kirche den Willen des Volkes zur Fortpflanzung in erheblich höherem Maße zu erhalten als jede andere Konfession. Selbst protestantische Geistliche geben unumwunden zu, daß sich die katholische Kirche als einzig wirksamer Damm gegen das Verderben erweise, während ihre eigene Konfession der einreißenden Flut gegenüber völlig ohnmächtig und widerstandslos dastehe. In Preußen z. B. hat ein katholisches Ehepaar im Durchschnitt fast 2 Kinder mehr als ein nichtkatholisches: die deutschen Katholiken, die vor dem Kriege etwas über ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachten hatten fast ebensoviele Schulkinder wie ihre nichtkatholischen Mitbürger(Hans Rost.) Allerdings hat das Uebel der Geburtenbeschränkung auch beim katholischen Volksteil in letzter Zeit so erschreckend um sich gegriffen daß kein Grund zur Ueberhebung vorliegt. Das eine aber steht fest: Wo der katholische Glaube ungebrochen in den Herzen herrscht, da ist die Widerstandskraft gegen die Unsitte erheblich stärker als bei Andersgläunigen. Das wird jedem einleuchten, sobald er die Stellung der Kirche zu Ehe und Kindersegen kennt. In dem Hirtenschreiben der deutschen Bischöfe vom August 1913 heißt es:„Das aber ist der Hauptzweck der Ehe: durch die unlösliche Lebens= und Liebesgemeinschaft der beiden Gatten eine Familie zu gründen, Kindern das Leben zu schenken die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes den Fortbestand der Kirche und des Staates zu sichern.“ Diesen Hauptzweck durch Mißbrauch der Ehe zu vereiteln, wird als schlimmes Vergehen gebrandmarkt:„Das ist schwere sehr schwere Sünde mit welchen Mitteln und auf welche Weise immer es geschehen mag. Keine Not kann so drückend. kein Vorteil so groß keine Macht der Begierde so zwingend sein. daß dadurch eine solche Verletzung des natürlichen göttlichen Sittengesetzes gerechtfertigt würde. Die ungläubige Welt mag das als Klnaheit und Lebensweisheit anpreisen, aber auch hier trifft das Wort des Apostels Jakobus zu: das ist keine Weisheit, die von oben kommt. sondern irdische, sinnliche, teuflische WeisHeit“ In demselben Sinne sagt einer der größten Gottesgelehrten. St Thomas von Aquin:„Nach der Sünde des Mordes, durch den eine schon tatsächlich bestebende menschliche Natur zerstört wird. nimmt jene Art der Sünde, durch die die Erzeugung eines Menschen nerhindert wird, den zweiten Rang(hinsichtlich der Schwere) ein.“ Das ist die Lehre, mit der die Kirche schon in den ersten Zeiten ihres Bestehens vor ein bis ins Mark verseuchtes Geschlecht hingetreten ist, und an der sie bis auf den heutigen Tag allem Widerspruch zum Trotz mit eiserner Unnachgiebigkeit festgehalten hat Aber ist das nicht heute ein unvernünftiger, überlebter, unhaltbarer Standpunkt? Ist die Kirche nicht dadurch selber schuld. daß sie sich die Massen des Volkes entfremdet? So muß die Kirche handeln; sie kann nicht anders handeln, solange sie die hl. Kirche Gottes ist. Nicht die Kirche hat das Gebot geschaffen, nicht ein Papst hat es gegeben. Gott selber hat es in das Menschenherz hineingeschrieben als unauslöschliches Naturgesetz. Einer jeden gesunden Vernunft leuchtet es klar ein, fern se nicht durch eine verhängnisvolle Begriffsverwirrung und sittliche Verwilderung verdunkelt ist. Alle Menchen ohne Ausnahme, ob Heiden, Juden oder Christen, sind daher für jeden Fall an dieses Gesetz gebunden und werden einst unerbittlich darnach gerichtet werden. Wie sehr Gott den Mißbrauch der Ehe verabscheut.gibt sich aus der schweren Strafe, die er einst über Onan, den Stammvater dieses Lasters, verhängte. Da Onan die Ehe mit Thamar mißbrauchte,„erschlug ihn der Herr.„, weil er„Schändliches“ tat(1. Mos. 38. 10). Ein schauriger Fluch liegt fort und fort auf seiner Tat, mit der er einem abscheuliche. Laster das Kennwort gegeben: so oft man von„Onanismus“ spricht, ist sein Name gebrandmarkt und bleibt bedeckt mit weltgeschichtlicher Schmach(s. Scheiwiler). Mit Recht besteht also die Kirche auf der Heilighaltung der Ehe. Sie läßt für keinen Fall eine Ausnahme zu. Wenn einmal schwerwiegende Gründe, wie Leben und Gesundheit der Frau. Rücksicht verlangen, schärft sie den Gatten völlige Enthaltsamkeit ein. Das ist allerdings eine schwere Pflicht. aber heilige Gottesfurcht und wahre Liebe wird sie entschlossen auf sich nehmen. Leicht wird diese Pflicht denen werden, die oft und andächtig in der hl. Kommunion das Brot der Starken genießen. Solche Eheleute sollten auch bedenken, daß das, was von allen Unverbeirateten als etmas Selbstnerständliches verlangt mind, auch ihnen nicht unmöglich sein kann. Treffend schreibt einmal Alban Stolz:„Es gibt auch sonst tausende von Menschen, denen das Heiraten wegen besonderer Umstände verwehrt ist— und was ehrenhafte, rechtschaffene Leute unter ihnen sind, die halten ihren ledigen Stand auch ehrenhaft und rechtschaffen. Sie denken: Es muß nicht sein; der Mensch ist ein Mensch, ein Ebenbild Gottes und kein Tier, und soll einmal den Engeln gleich werden, die auch nicht heiraten. Wenn nun diese— und es gibt. gottlob, noch recht viele von der Art— so denken und sich enthalten können, so werden doch Eheleute auch keine Tiere sein dürfen, sondern ehrbar, vernünftig und in Enthaltsamkeit ihren Ehestand durchführen müssen. Wer über sich sei nicht Meister ist und keine Meisterschaft ausübt, der ist eben doch nur ein ungezogener Bub, habe er auch schon graue Haare und Söhne so groß wie ein Grenadier. So meine ich für meinen Teil.— Es gibt eine Qualität von Menschen, teils mit Holzschuhen, teils mit gewichsten Stiefeln und Frackröcken, welche anders meinen. Es kommt eben nur darauf an, wer zuletzt recht behält; die hl Schrift aber sagt mit präzisen Worten:„Wer auf das Fleisch sät, wird vom Fleische Verderben ernten.“ Seit Du mich liebst... Seit Du mich liebst, ist Feld und Wald und Stadt Mir seelenvoll und reich und farbensatt. Ich möchte Sonne sein und liebend schenken Im Deingedenken. Seit Du mich küßtest, geh ich durch den Tag Beflügelt, reich; und jeder Stunde Schlag Bringt jene nab, wo wir durchs Wunderland Gehn Hand in Hand. Seit ich Dein eigen, ist die Welt so weit, Ein Meer der seligsten Unendlichkeit, Voll Duft und Blumen, Sonne, Glanz und Schein Denn Du bist mein! Nun ist mein Sein erfüllt. Und immerzu Ruh ich in Deiner Liebe tiefer Ruh. Seit Du mich liebst, bin ich ein ander Wesen— An Dir genesen! Flegeljahre. Sind Kinder noch so sehr von Elternliebe und Wachsamkeit umhegt, mögen sie noch so weich und folgsam sein, mögen ihre Herzen noch so unverdorben und liebevoll sein, einmal kommen sie alle in die Flegeljahre, die das eine Kind mehr, das andere weniger packen und zerzausen, wie der Surmwind ein Blumenfeld. Wir Erwachsene vergessen zu leicht, daß auch wir diese Zeit haben durchmachen müssen. Man denkt an das, was man jetzt ist, und nicht an das, was man einst auch war. Dies Vergessen macht es Eltern daher oft so schwer, mit ihren Kindern in den Flegeljahren fertig zu werden, bringt so leicht ernste Konflikte zwischen Eltern und Kindern, trübt das bis dahin glückliche Familienleben. Darum dürfte es den Lesern und Leserinnen dieser Zeitung, die Väter und Mütter von Kindern sind, die in den Flegeljahren, den Uebergangsjahren stehen, nicht ganz unerwünscht sein, etwas über diese Jahre, ihre Bedeutung zu hören. Diese Uebergangszeit ist für die Knaben und Mädchen gleichsam eine zweite Geburt. Bei der ersten Geburt löst sich das Kind aus dem Mutterschoß zum Leben, bei der zweiten Geburt, die es in den Uebergangsjahren erlebt, reift es vom Knaben zum Mann, vom Mädchen zum Weibe. Damals, als die Mutter es dem Leben gebar, wurde das Kind das geliebte, wohlbehütete Eigentum der Eltern. Und nun kommt das Leben, das große, das fremde und nimmt die Kinder langsam aus der Hand der Eltern. Wie das Kind bei der ersten Geburt oft unter schweren Wehen, unter bitteren Tränen geboren wird, so geht es auch bei der zweiten Geburt, dem Werden zum Mann, zum Weibe. Es werden die Glieder ungelenkig und steif; ähnlich wird ihr Sinn hart und eigenwillig. In ihren Stimmungen pendeln sie, meist ohne jeden verständigen Grund, zwischen„himmelhoch Jauchzen" und„zum Tode betrübt“. An allem, selbst an dem, was ihnen bislang lieb und teuer war, auch an Religion und Kirche, haben sie etwas und oft sehr viel zu kritisieren. Bald sind es Sachen, bald Personen, bald beides zugleich. Mit souveränem Lächeln setzen sie sich über die Weisheit und Lebenserfahrung der Eltern, Lehrer, Geistlichen und anderer hinweg. Sie kennen alles besser als die„aus der alten Zeit“. Dazu kommt dann ein starker Drang zur Freiheit, zum Widerspruch, zur Auflehnung gegen Befehle, von wem sie auch kommen mögen. Es ist in ihrer Brust ein Gären, ein Ringen, sie wissen selbst nicht, was in ihnen vorgeht. Nur das eine fühlen sie, sie wollen, ja sie können nicht mehr das sein, was sie bislang waren, ein Kind. Sie fühlen in sich etwas Geheimnisvolles, dessen Lösung sie dumpf ahnen, aber nicht recht erkennen. Das ist das Neue, das aus ihnen werden will. Wollen wir einen anderen Vergleich nehmen, so ist es dieser. Die Uebergangszeit gleicht der Mostzeit des Weines. Richtig und pfleglich behandelt wird aus Most und reifendem Menschen etwas Edeles, ein guter Wein, ein edler Mensch: vernachlässigt oder nicht recht, nicht klug behandelt, wird in beiden Fällen etwas Unedeles, ein herber Wein, ein verdorbener Charakter. Und das Schwere dabei ist dies. Es muß der junge werdende Mensch zum größten Teil den Kampf selbst durchringen, Eltern und andere könnten ihm wohl in etwa dabei helfen, aber sie sollen ihnen nicht helfen. Die Reifenden wollen aus eigener Kraft mit dem Geheimnisvollen ringen und kämpfen. Wenn sie sich über diese innere Vorgänge aussprechen, dann geschieht das wohl zu ihren Freundinnen und Freunden, selten Eltern, Lehrern und anderen gegenüber. Und darum hat es so ein heranreifender junger Mensch. Knabe oder Mädchen, wahrlich oft nicht leicht. Herr über das Gärende und Schäumende in einem Inneren zu werden. Allerdings erschwert das auch den Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern in dieser schweren Zeit tatkräftig helfen zu können. Je schonender, je Füger, je vorsichtiger, und vor allem je liebevoller und verkändnisvoller sie ihnen in dieser Zeit entgegenkommen, um so wirksamer ist ihre Hilfe für ihre ringenden und kämpfenden Kinder. Nicht mit vielen mahnenden und warnenden Worten. noch durch plumpes Hinhalten der Hand. die helfen soll. ist da gedient, weil dadurch Eltern gleichsam das ans Tageslicht zerren, was die Kinder vor ihnen verbergen möchten. Liebevolles Einfühlen in die innere Not des Kindes, das Ringen um das Vertrauen des Kindes ist da vor allem notwendig. Allerdings gilt auch bei dieer Frage das Dichterwort: Im engen Raume stoßen sich die Dinge. Das will sagen für unseren Fall: Es kann sich jemand in der Theorie für Ausbildung selbstständiger Charaktere einsetzen und er wird dann doch bitter darunter leiden wenn gerade sein Sohn seine Tochter ihm den Die „Max Butziwackel, der Ameisenkaiser", beschreibt das Leben eines in eine Ameise verwandelten trägen Knaben. Voll abenteuerreicher Unterhaltung hat das prächtige Jugendbuch wie in anderen Ländern, so auch in Deutschland(erschienen bei Herder, Freiburg i. Br.; gebunden M. 4.80) eine weite Lesergemeinde erobert. Der Geschichte entnehmen wir nachstehende Einführung in die, man möchte sagen, verwirklichte Phantasiewelt. Mit Tränen in den Augen und zornrotem Gesichte lief unser kleiner Max durch den Garten und kam zu einer Felsgrotte, aus der ein Brünnlein plätschernd hervorsprang. Dort setzte er sich auf einen bemoosten Stein, stützte den Kopf auf beide Arme und starrte vor sich auf den Boden. Siehe, da lief eine Ameisenschar in langer Prozession geschäftig ihre Straße hin und her. Max schaute ihnen eine Zeitlang zu und dachte:„Wie schön haben's doch die Ameisen! Sie gehen den ganzen Tag spazieren, freuen sich des Lebens, müssen nicht lernen und kennen keine Prüfungen. Wenn ich doch nur auch eine Ameise wäre!" Er mußte seine Gedanken laut ausgesprochen haben; denn plötzlich hörte er neben sich eine Stimme: „Willst du, kleiner Faulpelz, wirklich eine Ameise werden?" Erschrocken wandte Max sich um und gewahrte einen sonderbaren Alten langsam auf sich zutreten. Wie sah der Mann so merkwürdig aus! Woher war er nur gekommen? Auf seiner roten, spitzen Nase saß eine Riesenbrille, um den Hals schlang sich eine dicke, schwarze Binde, und ein grüner altmodischer Rock chleifte hinter seinen Fersen her. Dieser Mann beschaute lächelnd den verblüfften Kleinen mit Augen, die aus buschigen, fuchsroten Brauen hinter der funkelnden Brille wie Laternen leuchteten. Es war alles so unheimlich, und der tapfere Max hatte Mühe, seine Furcht zu verbergen. Er hätte nicht gewagt, den Alten zu befraaen. wer er sei und wie er in Vaters Garten bereinkäme. Eine Weile betrachtete der Fremde unsern Butziwackel, der schüchtern und gar nicht keck wie sonst, aber neugierig wie immer auch seinerseits den Unbekannten musterte. Der holte jetzt kopfschüttelnd aus einer tiefen Rocktasche eine großmächtige Dose hervor, öffnete sie sachte, stopfte sich eine ausgiebige Prise in die Abgründe seiner großen Nase, nieste dreimal und brummte dann mit näselnder Stimme die sonderbaren Worte: „Ameis! Mit Fleiß! So sei's!" Leise vor sich hinlachend, schlürfte er dann in seinen grasinen Pantoffeln und dem langen Schlepprock den Kiesweg lang, der zum Gartentürchen gegen den Wald zu führte. Mit seinem roten Schnupftuch winkte er noch spöttisch Mar der ihm verwirrt nachschaute. Er bemerkte noch, wie der derbare Mann belustigt und kichernd seinen Kopf schüttelte d sodann geheimnisvoll hinter den Büschen am Wege verschwand. arr vor Staunen und Verwirrung hatte Max die sonderlichen d unerklärlichen Worte vernommen. Wenn er sie leise nachach, so wurde ihm so furchtsam, so bang zumute, daß er am psten hätte fortlaufen mögen zu Schwesterchen Therese und üderchen Moritz, die ihn vielleicht schon suchten Allein, merkrdig! Er konnte nicht vom Stein aufstehen, es war, wie wenn festgeleimt wäre. Er wollte den Geschwistern rufen, die er i ferne auf dem Gartenwege sah, aber seine Stimme versagte. wollte ihnen zuwinken, aber er fühlte sich so bleiern mude; ie Augenlider waren schwer, sie fielen zu, und es wurde dintel ihn. Nein, wie sonderbar ward ihm doch zumute! Wurde nicht klein und immer kleiner? War er nicht jetzt ganz weich ein rundes Ding geworden? Er wollte die Arme heben, den Beinen zappeln, er hätte schreien mögen, weinen, fortfen, Widerstand leisten gegen die geheimnisvolle Kraft, die iyn ehends veränderte und die, wenn sie noch länger über ihn walt hatte, ihn zu einem spurlosen Nichts zusammenschrumpfen ß. Er war wie eingeschnürt von allen Seiten, und deutlich Gehorsam verweigert. Eltern müssen sich daher gerade für diese Jahre im Leben ihrer Kinder mit doppelter Liebe, mit doppelter Geduld rüsten, damit sie bei ihren Kindern nicht den Mut verlieren. Sie dürfen es auch nicht als eine Unehre ansehen, daß auch ihre so treu bewachten, so innig geliebten Kinder wie die Kinder anderer Leute die Flegeljahre durchmachen müssen. Das ist und bleibt eben ein ewig alter und immer wieder neuer Vorgang der Natur. Wie ich schon sagte, ist in dieser Zeit für die Eltern viel, sehr viel Liebe und Geduld und Mut und Vertrauen zu ihren Kindern notwendig. Wie es Weine gibt, deren Gärung mehr still verläuft, so gibt es auch Kinder, die stiller, kampfloser durch die Uebergangszeit kommen. Aber es gibt auch Weine, die gewaltig brausen und schäumen, so daß es scheint, als ob von ihnen nichts Gutes mehr übrig bliebe. Aehnlich gibt es auch junge reifende Menschen, in denen es in dieser Zeit ganz gewaltig gärt und schäumt. Da gilt es, nicht Mut und Geduld verlieren, Liebe und Vertrauen bewahren. Weiterhin dürfen Eltern nicht dies vergessen. Der Winzer kann und muß wohl den werdenden Wein gut hegen und pflegen, er muß aber auch mit dem sich abfinden und zufrieden sein, was die Natur für ihn hat wachsen lassen. So sind auch die Kinder nicht in allweg so zu führen und so zu modeln, wie die Eltern es gern möchten, sondern so zu führen und zu gestalten, wie es ihren Anlagen. ihren Fähigkeiten und tiefwurzelnden Neigungen entspricht, vorausgesetzt natürlich, daß aus dem Kinde etwas Gutes und Brauchbares wird. Es läßt sich eben nicht aus jedem Marmorblock ein Apollo von Belvedere meißeln. Jedes Kind ist ein Individuum, d. h. ein für sich bestehendes Einzelwesen mit seinen guten und schlechten Seiten, mit seinen ihm eigenen Fähigkeiten und Anlagen, mit dem ihm eigenen Können und Nichtkönnen. Darum muß auch letzthin jedes Kind und jeder Mensch sich ein Lebensschiff selbst zimmern, in dem es fahren muß. Wird ein Kind dann auch nicht das, was die Eltern gern aus ihm gemacht hätten, seien sie Gott dankbar, wenn nur etwas Gutes aus ihm wird. Besser ein zerschlagener Wunsch als ein zerschlagenes Menschenglück. Können demnach Eltern auch weniger unmittelbar in dies neue Werden im Kinde eingreifen, so können sie wohl die günstigen Bedingungen schaffen, unter denen dieses geheimnisvolle Werden nach Möglichkeit zu guter Frucht geführt wird. Diese günstigen Bedingungen sind wohl diese: Da es sich bei den Uebergangsjahren um ein neues Werden im ganzen Menschen, also im Körper wie im Geiste, handelt, so muß Leib und Geist klug und sorgsam betreut werden. Daher sollen die Eltern gerade in dieser Zeit für eine möglichst gesunde Lebensweise ihrer Kinder Sorge tragen. Dazu gehört viel frische Luft und viel Bewegung in frischer Luft, aber auch genügender Schlaf und Ruhe; weiterhin eine kräftige, aber einfache Kost; das Fernhalten von Alkohol, Nikotin und anderen Reizmitteln. Nicht zu vergessen ist die Sorge für ein volles Maß von Arbeit, an regelmäßiger, geordneter, pflichtmäßiger Arbeit. Das gilt nicht zuletzt für die heranreifenden jungen Mädchen. Ohne diese Arbeit gibt sich das junge Mädchen noch viel mehr als der Knabe jeder Laune und Sentimalität hin, einem erschlaffenden und für die heutigen harten Lebensverhältnisse wenig geeigneten dolce far niente, läßt sich Phantastereien und Träumen nachgehen, die so gar nicht zur rauhen Wirklichkeit unserer Tage passen, ganz abgesehen davon, daß solche jungen Mädchen sich selbst und der ganzen Familie zur schweren Plage werden können. Wenn es stets bedeutsam für ein Kind ist, daß es mit innerer tiefer Achtung und Ehrfurcht zu seinen Eltern und ihrem Beispiel aufschauen kann, dann ist das besonders für diese Zeit der inneren Unruhe, des Tastens und Werdens wichtig, daß es in dem Tun und Lassen der Eltern einen treuen Kompaß und Führer durch die Wellen, die sein Inneres durchfluten und durchtoben, findet, einen Kompaß, der untrüglich und sicher den rechten Weg ihm zeigt. Der Eltern vorbildliches Leben muß ihm feste Stütze sein, wo es ein beängstigendes Schwanken in und um sich fühlt. „Last not least“ gilt auch hier das Gotteswort: Wenn Gott nicht mitbaut, dann bauen die Bauleute vergebens. Wohl den Eltern und wohl den Kindern, denen Elternliebe und Elternsorge von frühesten Kindheitstagen an eine wahre, echte, tiefe Ehrfurcht vor Gott ins Herz gesät. War es den Kindern in den reinen, stillen Kinderjahren die Quelle, aus der sie so viel Schönes und Liebes schöpfen, das ihr Herz klar und rein wie diamanthelles Bergwasser erhielt, jetzt in den Tagen des Gärens, des ringenden Werdens ist gerade die tiefe Ehrfurcht das, was ihnen, wenn selbst die Liebe zu den Eltern versagt, der letzte Halt ist, der sie nicht versinken läßt, das sie, wenn auch vielleicht unter schwerem Ringen gegen ernste Zweifel, bewahren läßt den Glauben der Kindheit, der nun aber aus schlichter bindlicher Hinnahme zum bewußten Glauben wird; das sie unter heißem Ringen gegen ungekannte sinnliche Regungen retten läßt den Glanz der Tugend ihrer Kindheit, die nun nicht mehr bloß Hrotsvitha von Gandersheim. Von Liane von Gentzkow. (Nachdruck verboten.) Das Mittelalter, das begabten Frauen niemals die Bildung der Zeit vorenthielt und die Vorurteile gegenüber„gelehrten“ Frauen späteren aufgeklärteren Jahrhunderten überließ, hat eine bedeutende Anzahl hochgebildeter weiblicher Persönlichkeiten aufzuweisen; unter ihnen nimmt Hrotsvitha als erste deutsche Dichterin einen besonderen Platz ein. Von ihrer Herkunft, ihrem Leben wissen wir sehr wenig; kein Wunder, daß sich allerlei Legenden um sie gesponnen haben, wie um diese eigenartige Erscheinung noch mehr herauszuheben. So wird sie zu einem Sproß des sächsischen Kaiserhauses, zu einer englischen Prinzessin, endlich zu einer Griechin gemacht: als Freundin der Prinzeß Theophano, der Braut Ottos 2., soll sie aus Byzanz nach Deutschland gekommen sein, aus jener sterbenden Kulurwelt, über der noch ein letztes blasses Abendrot von der untergegangenen Herrlichkeit der Antike lag. Und wirklich haben ja Form und Sprache ihrer Dichtungen einen Zusammenhang mit jener alten Kultur bewahrt. Aber Hrotsvitha ist echt deutsch, so deutsch wie ihr Name, der„starken" oder„hellen“ Klang bedeutet. Einem edlen Hause muß sie entstammt sein, sonst hätten sich ihr die Pforten von Gandersheim, der vornehmen Stiftung des Kaiserhauses, darin die Nichte Ottos des Großen, Gerberga, Aebtissin war, wohl nicht aufgetan. Wo sie vor ihrem, in jungen Jahren erfolgten Eintritt in den Benediktinerorden gelebt hat, ist unbebannt, ebenso unbekannt wie ihr Geburts= und Todesjahr. Im allgemeinen wird angenommen, daß sie um 935 geboren ist und ihre Dichtungen in den sechziger und siebziger Jahren des Jahrhunderts verfaßt hat. In Gandersheim, das wie die meisten Klöster jener Zeit eine wirbliche Pflegestätte geistigen Lebens war. fand ihre Begabung reiche Anregung und Förderung, namentlich durch die selbst sehr gebildete Gerberga, mit der sie enge Freundschaft verbunden zu haben scheint. Daß sie nicht in ihrer Muttersprache schrieb, bleib stets zu bedauern, war aber kaum anders dendbar. Das prachtvolle Althochdeutsch, zu dessen Schönheit sich die deutsche Sprache nie wieder erhoben hat. war im Abklingen begriffen, die Blüte des leuchtender Schmelz ihres kindlichen unentweihten Herzens ist, sondern im heißen Kampf errungene, gewollte Tugend wird. Katholische Eltern, die von der hohen Aufgabe voll und ganz erfüllt, die ihnen Gott der Herr den Kindern gegenüber gestellt, werden darum gerade in dieser Zeit das Gebet für ihre Kinder verdoppeln, damit Gott den Ringenden zum Siege helfe. Sie werden zu Gott flehen, daß er nach dem Ringen die Kinder ihnen wieder in die Arme führe, nun aber nicht mehr als schwache, hilflose Geschöpfe, sondern als im inneren Ringen gestärkte Söhne und Töchter, die, weil ihnen die tiefere Erkenntnis des wunderbaren, geheimnisvollen Zusammenhanges zwischen Eltern und Kind geworden, nun mit umso größerer Ehrfurcht, mit umso innigerer Liebe zu denen aufschauen, die ihnen Vater und Mutter sind. Das eine hohe Ziel, dem Eltern suchen sollen ihre reifenden Kinder entgegen zu führen, muß für sie in dieser Zeit ihnen klar vor Augen stehen; dieses Ziel ist: ihre Kinder zur Selbstständigkeit zu führen, daß sie das, was sie bislang sollten, nun auch selbst wollen. Wer mit dem Leben spielt, kommt nie zurecht. Wer sich nicht selbst befiehlt, bleibt immer Knecht! Eisenhut-Rüthen. Winke für den Waschtag. Meine liebe Martha! Laß Dir für Deine kommenden Wäschetage ein weniges gesagt sein, selbst auf die Gefahr hin, daß mein heutiger Brief ein„Wäschebrief“ wird, dem alles übrige folgt. Verschiedenes, was ich aus Deinen Mitteilungen über Deine Wäscheerlebnisse herauslesen konnte, hat mich gefreut. Du frägst nach Zusammenhängen,— Du stellst Vergleiche an,— Du „denkst“ jetzt mehr als damals, da Du nicht immer mit heiterster Miene die Wäsche im Elternhaus mitbesorgen halfst. Mehr um zu lernen war's, als zu helfen und weil ich's so wünschte, nicht wahr? Aber helfend lernen, lernend helfen oder auf eigenen Füßen stehend, selbst einteilend es schaffen und vollmenden wollen, ist zweierlei. Gefreut hat mich Dein fester Entschluß, Deine neue Wäsche recht lange gut zu erhalten, alles ängstlich vermeiden zu wollen, was ihr schadet. So frägst Du mich, was ich von den modernen Waschmitteln halte, welche Erfahrungen ich damit gemacht habe und ob ich mich dabei wirklich an die unglaublichen Gebrauchsanweisungen zu halten pflege. Gibt es denn überhaupt„neue“ Waschmittel im strengen Sinne desWortes? Ich pflege die Wäsche nach dem Herausnehmen aus dem Burnusbad mit warmer Seifenlauge, hergestellt aus bester Schmierseife(ein halbes Pfund auf 8—10 Liter Wasser) zu übergießen, nach mehrstündigem Stehen gieße ich kochendes Wasser daran und reibe die heiße Wäsche Stück für Stück sorgfältig heraus, derbe und stark beschmutzte Wäsche nehme ich zum Einseifen und Einbürsten eigens vor, übergieße die so vorbereitete Wäsche mit heißem, reinem Wasser und wasche sie aus. Dadurch kommt die Wäsche rein in den Kessel. Damit beantworte ich Deine Frage über meine Folgsamkeit gegenüber den„unglaublichen“ Gebrauchsanweisungen. Ich habe(besser gesagt: Meine Wäsche hat) diese Folgsamkeit einmal büßen müssen beim Ausprobieren eines selbsttätigen Waschmittels. Das war in der Vorkriegszeit, damals, als Persil als„das“ neue, selbsttätige Waschmittel das Interesse aller Hausfrauen auf sich zog. Seine Zusammensetzung— ob sie noch die gleiche ist, ist mir nicht bekannt— hat mit meiner Erklärung nichts zu tun, ich stelle lediglich für mich selbst die Unwahrscheinlichkeit fest, daß ungewaschene, in diesem Falle nur eingeweichte Wäsche lediglich durch ein viertelstündliches Kochen ohne andere Anwendung als das des selbsttätigen Waschmittels völlig rein und schneeweiß werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Jedenfalls haben wir hier die merkwürdige Erscheinung, in welcher chemisch=technische Möglichkeiten(hier die Garantie bietenden Faktoren) an Widerständen zerschellen. Dadurch wird eine theoretisch zwar gesicherte, praktisch aber nicht erreichbare Wirkung illusorisch. Die kritische Unterscheidung, Kennzeichnung und Bewertung, alles das, was sich aus Deiner Frage nach dem besten Waschmittel aufrollt, setzt Fachbildung chemisch=technischer Art voraus. Der Chemiker sieht selbstverständlich die Arbeit, welche ihm sein neues Produkt leisten soll, anders an als der Verbraucher, dem es im Handel übergeben wird. Die unveränderlich bestehenden Eigenschaften der Seife, der Natronseife einerseits, der Kaliseife andererseits, bilden die grundlegenden Teile seiner Forschung, mittels deren er neue Auswertungsmöglichkeiten entdecken, nicht aber neue Gesetze, bestehende Eigenschaften ändern kann. Er sieht im ganz reinen Seifenkern das einzig genügende, schmutzentfernende, gewebschonende Waschmittel. Er sieht aber auch, wie diesem kostbaren Grundstoff durch den Unverstand der Hausfrauen die Arbeit erschwert wird. Wie aus Unkenntnis desselben eine nutzlose Verschwendung mit ihm getrieben wird, wenn der Seife, bevor sie ihre schmutzlösende Wirkung beginnt, zugemutet wird, daß sie, die wertvolle Kernseife, sich für die wertlosen Erdsalze opfern, sich im Kampf mit ihnen herumbalgen soll, bis sie dieselben unter eigener Vernichtung(sich selbst auflösend)„zu Fall“ bringt(Zersetzung in unlösliche Bestandteile: fettsaurer Kalk und Magnesiumsalze) während sie sich durch Auflösung in weichem Wasser sich sogleich in ihre Grundbestandteile: Lauge und fettsaures Salz, teilen kann. Wieviel Stücklein Seife sind auf solche verkehrte Weise (durch nicht enthärtetes Wasser) von gedankenlosen Wäscherinnen schon geopfert worden. Wie nötig ist Gedankenarbeit auch ner Waschküche! Ein Teil von uns Hausfrauen leistet sie tatsächlich neben der praktischen Arbeit der Hände und der mechanischen Arbeit der Waschmaschine, aber auch dieser kleine Teil wird ängstlich, zweifelnd. Rat suchend bei dem Massenangebot vielgepriesener Hilfsmittel— probiert, verwirft, befrägt sich gegenseitig, ganz ebenso wie Du, liebe Martha, mich heute über meine Erfahrungen mit Burnus, Lux und Perflor befrägst. Zunächst zu Burnus. Es kommt nicht das Waschmittel, sondern nur das Einweichmittel in Betracht. Als solches schätze ich es sehr hoch. Es ist derjenige Helfer, welcher dem Seifenkern den Arbeitsweg ebnet, unsere mechanische Nachhilfearbeit(nicht wir waschen, sondern die Seife wäscht) unterstützt, beschleunigt und uns sowohl als der Seife die gesamte Arbeit ungemein erleichtert. Es war im Jahre 1916 oder 1917, da hat mir und anderen Hausfrauen ein Lichtbildervortrag schon damals die Eigenart und Wirkung des Burnus gezeigt. Hergestellt aus der tierischen Bauchspeicheldrüse ist es nur ein winziges Körperchen(Enzym), das die Fähigkeit besitzt, Fett und Schweiß des menschlichen Körpers, wie er sich in der Gewebefaser festsetzt, zu zersetzen, ähnlich wie Salmiak in Verbindung mit Terpentin als fettlösend wirkt. Burnus fängt zu arbeiten an, sobald es in körperwarmem Wasser aufgelöst ist(daher die strenge Weisung, kein heißes Wasser zum Auflösen zu nehmen). Seine Wirkung wird nach drei Stunden schwächer. In dieser Zeit geht die schmutzlösende Wirkung vor sich. Die Untersuchung der Gewebefaser nach der Behandlung mit gewöhnlicher mittelstarker Sodalösung und nach einer solchen mit dem Einweichmittel Burnus hat gezeigt, daß Soda die Faser angriff, Burnus nicht. Auch kann ich aus eigener Erfahrung bemerken, daß hartes Wasser prächtig weich und zum Einweichen geeignet wird, wenn ich auf die vorschriftmäßige Menge Wasser ein Päckchen Burnus und auf weitere 10 Liter 1—2 Löffel Salmiakgeist dazugebe(statt Soda). Technische Gründe mögen es gewesen sein, velche nach dem Kriege das kleine Hilfsmittel wieder verchwinden ließen, bis vor kurzem eine neue Bewegung sich daür einsetzte und die jetzt unverkennbare Verbreitung in Hausrauenkreisen erzielte. Die besten Erfahrungen habe ich zum Kochen weißer Wäsche und zum Brühen der feinen Wäsche mit Lux gemacht. Ich kann es Dir unbedingt auch hier empfehlen, nicht nur zum Herauswaschen von farbigen, empfindlichen Stücken, wozu es ganz hervorragend geeignet ist. Ich bereite die Wäsche genau so vor, wie ich eben bemerkte und gebe außer dem Lux ein anderes Waschmittel nicht in den Kessel. Du sagst mir, daß Du ein Büchlein vermissest, in dem nach Art eines Kochbuches die verschiedenen Waschrezepte zusammengestellt sind, und außerdem das ganze Material, das wir zur Wäsche benötigen, einer kritischen Besprechung unterzogen ist. Eine derartige Zusammenstellung hätte allerdings für die denkende Hausfrau den Vorzug einer vergleichenden Darstellung. Ich muß gestehen, daß ich eine solche Erscheinung ebenfalls begrüßen würde, aber doch nur dann, wenn sie die erste Forderung erfüllte, welche ich für meine Person an sie stellen würde: Der denkenden Hausfrau Aufklärung zu bringen und die Möglichkeit, im selbständigen Urteil das Gute zu suchen und das Schlechte abzulehnen, moderne Vorteile an Stelle veralteter Begriffe zu setzen, ohne das bestehende Wertvolle am Ueberlieferten auszuschalten. Wenn ein solches Büchlein zugleich einen Wegweiser durch das Labyrinth der Waschmittel ergeben soll, dann müßte dieser Wegweiser eine gemeinsame Arbeit von Chemiker und Hausfrau bedeuten, die Theorie des Wissenschaftlers müßte sich auswirken in der stillen, verkannten unermüdlichen Arbeit der Wäscherin, als Erhalter, nicht Zerstörer unserer häuslichen Werte. Cornelie Mayr mittlere Reife für Mädchen in Preußen. Es ist verhältnismäßig sehr wenig bekannt, daß seit Sommer 1925 die Möglichkeit für Mädchen besteht, durch eine Prüfung als Externe an einem Oberlyzeum die Reife für die Obersekunda eines Oberlyzeums zu erwerben. Solange eine allgemeine Regelung über die Erlangung der mittleren Reife für Mädchen noch nicht getroffen ist, ist diese Prüfung von großer Bedeutung für Schülerinnen, die vor 1923 das Lyzeum mit dem Schlußzeugnis verlassen haben, und für Schülerinnen zehnklassiger höherer Mädchenschulen, die weiterstudieren wollen. Durch die Prüfung kann auch diesen Schülerinnen der Weg zur Handelshochschule und zur Universität erschlossen werden. Vielleicht ist es für viele Schülerinnen, die Ostern eine höhere Mädchenschule verlassen, von Bedeutung, jetzt schon zu erfahren daß es außer dem bereits abgelaufenen Ostertermin für Meldungen(15.—31. Dezember) auch noch ein Termin gibt für Meldungen zu Prüfungen im Herbst(15.—30. Juni). Die Meldungen sind einzureichen bei den Provinzialschulkollegien der Heimatprovinz. Mittelhochdeutschen, die Tage Walthers und Wolframs noch fern. Für die geistig hochstehenden Kreise war das Latein Umgangssprache geworden; auch das urgermanische Waltharilied wurde um dieselbe Zeit von Ekkehard lateinisch gedichtet. Von Hrotsvithas Werken sind ihre sechs Dramen am bekanntesten geworden. Sie schrieb sie zu dem ausdrücklichen Zweck, dadurch die Lektüre der Komödien des Terenz zu verdrängen und wählte daher ihre Stoffe aus der christlichen Legende. Um heute nach 1000 Jahren noch einen gewissen Eindruck von der damaligen Wirkung zu erhalten, muß man versuchen, sich in die Dichterin hineinzudenken. Sie selbst hat ooffenbar in dem Beruf der Klosterfrau höchste Befriedigung gefunden. Alle ihre Heldinnen empfinden wie sie, sehen das erstrebenswerteste Ziel in einem gottgeweihten Leben. Keine Buße erscheint denjenigen, die einmal vom rechten Wege abgeirrt sind, zu schwer, um die Versöhnung mit einer beleidigten Gottheit zu erlangen; lächelnd gehen die Märtyrerinnen in den Tod, beruhigt durch zahllose Wunder, die ihr Leben schon begleiteten. Diese Legendenstimmung muß der moderne Leser in sich wach werden lassen, dann wird er manches Widerwärtige übersehen und durch anderes gefesselt werden. Erstaunlich ist die Kraft und Kühnheit, mit der Hrotsvitha versteht, Empfindungen und Lebensumständen gerecht zu werden, die ihr eigentlich ganz fern liegen müssen. Ohne Bedenken läßt sie eine wichtige Szene ihres besten Stückes „Vom Fall und der Buße der Maria“ in einem Bordell spielen und auch der„Thais“, einer schwächeren Wiederholung der Motive des erstgenannten ist die Heldin eine alexandrinische Dirne Im„Calimachus“ w.rd die mahnwitzige Leidenschaft eines heidnischen Jünglings zu einer Christin geschildert, die bis zur Leichenschändung geht. Von den beiden Dramen die, einander ähnlich, das Märtyrertum dreier Schwestern schildern, erhält eines eine beabsichtigte, leicht komische Note durch die Verliebtheit des dummstolzen römischen Beamten. der das Verfahren gegen die Shwestern leitet Der„Callikan“ endlich führt an den Hof Konstantins und zeichnet die Bekehrung des Feldherrn Gallikan und die innerliche Ueberwindung seiner Leidenschaft zur Kaisertochter.— Auffällig und mehrere Stellen, die von dem umfassenden philosophischen Wissen der Verfasserin Zeugnis ablegen: da die Stücke ja zur belehrenden Lektüre und nicht zur Aufführung geschrieben wurden, entschuldigt diese Absicht die unkünstlerische Unterbrechung der Handlung.— Weit unbekannter als diese damatisierten Legenden blieben Hrotsvithas epische Versuche, die die Toten der Ottonen und die Geschichte des Gandersheimer Klosters schildern, und ihre ersten Dichtungen, in lateinischen Hexametern geschriebene Legenden. Zwei von diesen letzteren,„Theophilus“ und„Maria“, sind erst kürzlich neu übersetzt worden und geben einen Begriff von der schönen Sprache und der tiefen reinen Empfindung der Dichterin. Für ihre dramatische Begabung ist es charakteristisch, daß auch diese Legenden sich durch einen lebendigen Dialog auszeichnen. Die„Maria“ berichtet auf Grund eines apokryphen Evangeliums die Geschichte von den Eltern Mariens und ihre eigene Jugend bis zur Flucht nach Aegypten, also Themen, die in der Kunst des Mittelalters und der Renaissance eine große Rolle spielen. Wer sich in diese liebenswürdignaive Dichtung, die einen feierlichen Ausklang nimmt, vertieft. wird so manches Kunstwerk von sich aufsteigen sehen, dessen stofflicher Inhalt ihm bisher unverständlich geblieben war. Der„Theophilus“ hat noch seinen besonderen Ruhm: er enthält den ersten Keim zur deutschen Faustsage. Theophilus, ein gelehrter, hochangesehener Geistlicher, wird unverdient zurückgesetzt und in seinem Ehrgefühl verletzt und schließt unter Vermittlung eines jüdischen Schwarzkünstlers, der den Mephisto vertritt, einen schriftlichen Pakt mit dem Teufel ab, worauf er wieder zu Würde und Glück gelangt. Quälende Reue führt ihn schließlich in ein der Maria geweihtes Heiligtum. Während die spätere Volkssage und das Puppenspiel vom Dr. Faust jedoch diese Reue zwecklos bleiben und ihn der Hölle verfallen lassen, findet die Dichterin die Lösung Goethes. Auch ihr schwebt in Schönheit strahlend die Mater Gloriosa hernieder und verkündet die Verzeihung der Gottheit.— Wie Hrotsvitha selbst über ihr Werk dachte, ist aus ihren Vorreden ersichtlich. Die tiefste Bescheidenheit und eine offenbare Scheu vor dem Urteil der gelehrten Freunde, denen sie ihre Drämen überreichte, spricht sich darin aus; aber es findet sich doch ein Wort, das wie ein frohes Bekenntnis eigener Schaffenslust und wie ein Gruß an alle schöpferisch tätigen Frauen herüberklingt:„Wenn aber auch niemand mir Beifall zollt, so habe ich doch selbst meine Freude an dem was ich geschaffen.“ Magnesiumsalze), Zasser sich sogleich res Salz, teilen verkehrte Weise losen Wäscherinankenarbeit auch frauen leistet sie nde und der meuch dieser kleine ei dem Massentt, verwirft, bebe Martha, mich und Perflor licht das Waschacht. Als solches er, welcher dem inische Nachhilfeäscht) unterstützt, gesamte Arbeit 6 oder 1917, da dervortrag schon is gezeigt. Heres nur ein winbesitzt, Fett und in der Gewebek in Verbindung ingt zu arbeiten ist ist(daher die ssen zu nehmen). icher. 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Die im Landbund organisierte westfälische Landwirtschaft erachtet den Ausbau dieses Kanals für völlig unrentabel und ist der Ansicht, daß die fraglichen Grundstücke, landwirtschaftlich genutzt, der Volkswirtschaft mehr Vorteile bringen. Sie bittet deshalb die Regierung, von dem Ausbau dieses unrentablen Kanals Abstand zu nehmen. 2. Die Ufer des Lippeflusses sind in einem trostlosen Zustande: sie wurden in früheren Jahren vom Staate und den Anliegern gemeinsam unterhalten. Seit Kriegsende weigert die Regierung die Mittet zur Unterhaltung, und den Anliegern ist verboten, ohne Genehmigung etwas zur Unterhaltung zu tun. Wir bitten die Regierung dringend. den früheren Zustand wieder herzustellen. 3. Das Hochwasser der Lippe und anderer Flüsse schädigt die anderen landwirtschaftlichen Grundstücke in ihrer Ertragsfähigkeit schwer. Hier Abhülfe zu schaffen, dürfte ebenfalls eine dankbare Aufgabe der Regierung sein. Die Stellungnahme des Landbundes zu dem Kanalprojekt halten wir für reichlich einseitig. Wenn der weitere Ausbau des Kanals vom Landbund als völlig unrentabel bezeichnet wird, so scheint man sich in Landbundkreisen doch nur wenig mit dem Projekt befaßt zu haben. Die an der Kanalstrecke gelegenen Städte, Industrien und landwirtschaftlichen Betriebe sind über den Ausbau des Kanals wesentlich anderer Meinung. Es dürfte kaum anzunehmen sein, daß sich die Regierung in ihrer Entscheidung über die Fortführung des Kanals bis nach Lippstadt durch die Forderungen des Landbundes beeinflussen lassen wird. Die Steuermilderung vom Reichsrat angenommen. Berlin, 4. März. In der Vollsitzung des Reichsrats vom Mittwoch wurde der Gesetzentwurf über Steuermilderungen zur Erleichterung der Wirtschaftlage gegen die Stimme von Bayern und Mecklenburg=Schwerin bei Stimmenthaltung von Baden und Thüringen angenommen. Der Gesetzentwurf setzt die Umsatzsteuer vom 1. April dieses Jahres auf 0,6 Prozent herab. Die Luxussteuer wird ganz beseitigt. Weitere Artikel des Gesetzes bringen steuerliche Erleichterungen für wirtschaftlich notwendige Betriebszusammenschlüsse, also eine Ermäßigung der sogenannten Fusionssteuer. Die Hauptbestimmung ist, daß bei Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften die Gesellschaftssteuer auf 1 Prozent ermäßigt wird. Werden Grundstücke eingebracht, so ermäßigt sich die Grunderwerbssteuer auf 1,5 Prozent. Zuschläge zur Grunderwerbssteuer und eine Wertzuwachssteuer dürfen nicht erhoben werden. Diese neue Bestimmung hat rückwirkende Kraft für Rechtsvorgänge für die Steuerschuld, die in der Zeit vom 1. September 1925 bis 31. März 1927 entstanden sind. Bereits geleistete Zahlungen an Länder und Gemeinden werden nicht zurückerstattet. Außerdem enthält die Vorlage Bestimmungen über die Verlegung der Zahlungstage für die Vorauszahlungen der Einkommensteuer und der Körperschaftssteuer sowie Bestimmungen über eine vereinfachte Erhebung der Vermögenssteuer von 1926. Darnach wird die Vermögenssteuer für das Kalenderjahr 1926 nicht besonders veranlagt. Sie wird in Höhe von drei Vierteln des Jahressteuerbetrags für das Kalenderjahr 1925 erhoben. Die am 15. Mai 1926 vorgesehene Zahlung auf die Vermögenssteuer 1926 ist nicht zu entrichten. Weiterer Zentrumsantrag zum Fürstenabfindungsgesetz. Berlin, 4. März. Das Zentrum hat zur zweiten Lesung des Fürstenabfindungsgesetzes im Rechtsausschuß einen bemerkenswerten Antrag eingebracht, der eine Ergänzung bildet zu dem Kompromiß, wie es in der ersten Lesung beschlossen worden ist. Danach soll das Gericht, das über die Fürstenabfindung entscheidet, aus neun Richtern zusammengesetzt sein. Einer davon ist der Reichsgerichtspräsident Dr. Simons, dessen Objektivität von keiner Seite des Reichstages irgendwie in Frage gestellt wird. Von den übrigen acht Richtern sollen nach dem Antrage des Zentrums vier„Mitglieder von Gerichten oder Verwaltungsgerichten des Reiches oder der Länder“ sein. Wenn dieser Antrag Annahme findet, dann würden also, abgesehen von der Person des Reichsgerichtspräsidenten, die überall Vertrauen genießt, vier Berufsrichter und vier Laien in dem Gericht vertreten sein. * Bayerische Volkspartei und München, 4. März. Der Vorstand der Bayrischen Volkspartei fordert in einem längeren Aufruf die Parteiangehörigen auf, sich in die Listen für das Volksbegehren der Sozialdemokraten und Kommunisten auf entschädigungslose Enteignung der Fürsten nicht einzutragen. Der Vorstand des Bayrischen Bauernund Mittelstandsbundes hat in seiner letzten Sitzung übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, daß das geforderte Volksbegehren durch die Verträge Bayerns mit dem Hause Wittelsbach überholt sei. Der Entwurf für ein Städtebaugesetz. Im Dienstgebäude des Miniskeriums für Volkswohlfahrt fand, wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, am 3. März unter dem Vorsitz des Ministers Hirtsiefer eine Aussprache über den Referentenentwurf für eine Städtebaugesetz statt an der Vertreter der preußischen Kommunalverbände aus landwirtschaftlichen und Grundbesitzerkreisen, der gewerkschaftlichen Verbände, des Bundes deutscher Bodenreformer, der Baugenossenschaften, der deutschen Architekten und Städtebauer, und der siedlungswissenschaftlichen Vereinigungen teilnahmen. Es wurde an Hand der eingegangenen schriftlichen Gutachten zu den Grundfragen der Flächenaufteilungspläns, ihrer Festsetzung, Genehmigung und Rechtswirkungen, insbesondere auch zu den Fragen der Enteignung und der Entschädiaunasregelung von den Vertretern der einzelnen Verbände Stellung genommen. Die Erörterung der beiden letzten Fragen nahm den größten Umfang ein. Seitens des Ministers wurde eine erneute Prüfung zugesagt. Der Grundgedanke des Entwurfs, die wohnliche Unterbringung der in den nächsten Jahren zu erwartenden Bevölkerungsmenge in geregelte Bahnen zu lenken, wurde trotz mancher Bedenken im einzelnen als nichtig anerkannt. Die Not der Ein Weinbergbesitzer aus dem eine halbe Stunde von Bernkastel gelegenen Lieser schreibt der„Voss. Zeitung anläßlich des Winzersturmes in Bernkastel: Die Lage der Winzerschaft an der Mosel ist wohl die trostloseste, die man sich denken kann. Die einzige Einnahmequelle bildet der Verkauf der Weinernte. Der Absatz ist aber seit Mitte 1924 dermaßen ins Stocken geraten, daß man heute nur mehr von Notverkäufen sprechen kann, deren Erlös die Arbeitsunkosten nicht zu decken vermag. Wenn schon die Versteigerungen erstklassiger Weine, sogenannter„Spitzen“, heute dermaßen schlechte Ergebnisse erzielen, daß die Versteigerer ihre Ware vielfach zurückziehen, so kann man sich denken, was ein kleiner Winzer, auch wenn er in den gesegneten Teilen der Mosel zwischen Piesport und Traben=Trarbach wohnt, an Erlös aus den Verkäufen seiner Produktion erzielt. So werden heute in Lieser, einem Weinort, der nicht nur durch den Freiherrn von Schorlemer, sondern auch durch seine Spitzenweine, die heute kaum auf einer Weinkarte fehlen, bekannt ist, Preise erzielt, die etwa zwischen 400 bis 500 Mark per Fuder— ein Fuder— 960 Liter— liegen. Der norddeutsche Leser, der von der Weinproduktion kaum oder doch nur sehr wenig Ahnung hat, wird vielfach nicht wissen, daß ein sehr guter Jahrgang dazu gebört, wenn man von 1000 Stöcken ein Fuder Wein ernten soll. Das letzte gute Jahr hatten wir 1921, dessen Ergebnis aber für den Winzer völlig illusorisch wurde, da die Geldentwertung ihm jeden Vorteil aus der Hand nahm. Es hat keinen Wert, heute über diese Zahlen weiter zu sprechen, da sie ja auch in der übrigen Geschäftswelt ihr Pendant haben. Der 1922er ist fast durchweg erfroren, und man benötigte ungefähr 2000 Stöcke, um ein Fuder Wein keltern zu können. Der 1923er war an Qualität nicht schlecht, an Quantität war das Ergebnis aber direkt niederschmetternd. Ich selbst habe bei 3000 Stöcken nur ein halbes Fuder Most erzielt. 1924 war die Ernte an Qualität und Quantität zwar besser als 1923, es waren aber immerhin noch 2000 Stöcke notwendig, um enin Fuder Most keltern zu können. Das gleiche ist von 1925 zu sagen. Wenn man nun bedenkt, daß der Durchschnittsbesitz eines selbständigen besseren Mosel=Winzers etwa 6000 bis 10 000 Stöcke beträgt, so kann man sich ein Bild von dem Jahresertrag des Weinbauern machen. Dieses Bild aber wird noch deutlicher, wenn man weiß, daß die meisten Winzer noch ihren Ertrag von 1924 und 1925 im Keller haben. Nehmen wir aber auch an. ein Winzer verkauft heute das Fuder Wein zum Preise von 500 Mark, so wird ein mittlerer Mosel=Winzer als Ergebnis seiner und seiner Familie schweren Arbeit 1500 bis 2500 Mark einschließlich aller Unkosten verbuchen können. Ich glaube nicht, daß in Lieser z. B. zehn Winzer sind, die dieses Ergebnis in den letzten zwei Jahren gezeitigt haben. Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der übrige landwirtschaftliche Betrieb der Mosel=Winzer sehr gering ist und nur in beschränktem Umfang den eigenen Bedarf zu decken vermag, kann man sich ein Bild von der Not, die an Mosel und Rhein herrscht, machen. Nun sieht und hört der Winzer von der Fürsorgetätigkeit für Arbeitslose und muß feststellen, daß man seiner höchstens dann gedenkt, wenn er mit Schneid und großer Vaterlandsliebe seine Zugehörigkeit zum Deutschen Reich den Separatisten gegenüber verteidigt. Auch daß die Finanzämter den Steuerstundungsanträgen so wenig Entgegenkommen zeigen ist eine Ursache der kolossalen Erregung, die sich des Winzerstandes bemächtigt hat. Die Kredit=Hilfsaktion, die seinerzeit groß aufgemacht in den Zeitungen stand, und noch von dem verflossenen Reichsfinanzminister Schlieben zur Durchführung gebracht wurde, hat bei der Winzerschaft nicht den geringsten Eindruck gemacht, da ihr Ergebnis gleich Null war, denn die Quote, die als Darlehn an die Winzer gegeben wurde, bezifferte sich auf 30 Mark pro 1000 Stöcke. Danach wird sich der Leser vielleicht errechnen können, was auf den Durchschnitt der Mosel=Winzer an Darlehen gefallen ist. Der Winzer verlangt ein anderes Entgegenkommen als ein solches, das an Almosengeben erinnert. Er fordert, daß eine Steuer= und Handelspolitik betrieben wird, die auch ihm das Leben ermöglicht. Aus dem katholischen Akademikerverbande. (Kanzlei: Köln, Viktoriastraße 15.) Im Frühjahr 1926 finden folgende religiöse Tagungen statt: Franziskanerkloster Annabera in Oberschlesien. Exerzitien für Akademikervom 28. bis 31. April. Exerzitienhaus Biesdorf bei Berlin: Exerzitien für Akademiker vom 31. März bis 4. April. Benediktinerabtei Grüssau in Sclesien: Liurgische Tagung vom 31. März bis 4. April(auch für Damen). Benediktinerabtei Maria=Laach: Liturgische Tagung vom 31. März bis 3. April. Exerzitienhaus Marienthal bei Hamm an der Sieg: Exerzitien für Akademikerinnen vom 25. bis 28. Mai. Leokonvikt in Paderborn: Exerzitien für Abademiker vom 31. März bis 4. April, Benediktinerabtei Seckau in Steiermark: Liturgische Tagung vom 31. März bis 4. April. Die Sondertagung des Verbandes in Kevelaer unter Leitung des Chefarztes Dr W. Bergmann findet statt vom 15. bis 18. März 1926 über das Thema:„„Religion und Seelenleiden“. Als Redner haben zugesagt: P. Franz Hürth S. J. aus Volkenburg; Stadtpfarrer Ludwig Husse aus Ludwigshafen: Oberarzt Dr. Kleefisch aus Essen; Universitätsprofessor Dr. Lindworski S. J. aus Köln und Staatsanwaltschaftsrat Schorn aus Bonn. Die Herbsttagung des Verbandes ist auf den 1. bis 6. Aug. in Aachen festgsetzt. Das Thema, um das sich alle Vorträge und Gemeinschaften gruppieren, lautet:„Gesellschaftsordnung und katholischer Gedanke“. Das eben zur Ausgabe gelangte Jahrbuch 1926 des Verbandes enthält Beiträge von Karl Josef Kardinal Schulte, Karl Bihlmeyer, Josef Przywara. Das 15. Høft der„Mitteilungen" bringt außer den geschäftlichen Mitteilungen Aufsätze von Josef Mausbach, Paul Dirkina, Gottfried Hasenkamp und Josef Maria Nielen sowie die Probe einer Uebersetzung des Compendium theologiae des heiligen Thomas, das in der Sammlung des Verbandes„Aus Gottes Reich“ erscheinen wird. Eben sind die beiden ersten Bände der im Auftrag des Verbandes von Professor Walter Braunfels, dem Die#er der Hochschule für Musik in Köln, herausgegebenen neuen Sammlung „Heilige Tonkunst" im Oratoriumsverlag(Köln=MünchenWien) erschien. Der erste Band enthält Altniederländische Motetten für A-capella Chor, der zweite die geistlichen Arien Mozarts. Die zahlreichen, das geistige Leben des Katholizismus in Deutschland charakterisierenden Stellungnahmen zu den bekannten Aufsätzen des Kölner Pbilosophen Veter Wust sind im Auftrage des Verbandes durch Karl Hoeber in einem Band „Die Rückkehr aus dem Exil. Dokumente der Beurteilung des deutschen Katholizismus der Gegenwart“ zusammengefaßt worden.(L. Schwann, Düsseldorf.) Die Herausgabe der dritten Auflage des Buches„Das Wesen des Katholizismus“ von Karl Adam steht bevor. Das Urteil gegen Regierungsrat Bartels. Berlin, 4. März. Zu Beginn der heutigen Verhandlung verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Schultze, das Urteil gegen den Angeklagten, Regierungsrat Bartels: Der Angeklagte wird wegen fortgesetzten Vergehens gegen§ 332 (Bestechung) und wegen fortgesetzter Urkundenfälschung zu einem Jahr, vier Monaten Gefängnis verurteilt; fünf Monate und drei Wochen Gefängnis werden auf die Untersuchungshaft angerechnet. Ferner werden dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und ihm die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von 5 Jahren aberkannt. Der Betrag von 24800 Mark, den der Angeklagte als Bestechung erhalten hat, verfällt der Staatskasse. Bartels hat als Leiter des Berliner Fremdenamtes(er war dazu ernannt worden wegen seiner Kenntnis der östlichen Verhältnisse, die ihm während seiner Beschäftigung auf dem Petersburger Konsulat vertraut geworden waren) auf unlautere Weise Pässe ausgestellt und Aufenthaltsbewilligungen vergeben und im Verkehr mit dem vielgenannten Kaufmann Holzmann, der sich durch die Flucht einer gleichzeitigen Aburteilung entzog, sich in Bestechungen verwickeln lassen. Der Fall Jürgens. Einreichung der Ehescheidungsklage. Berlin, 4. März. Drahtmeldungen aus Kassel zufolge hat Landgerichtsdirektor Jürgens zwei Tage vor seiner Verhaftung einen dortigen Anwalt mit der Einreichung der Ehescheidungsklage gegen seine Ehefrau beauftragt. Diese Mandatsübertragung erfolgte bereits am Donnerstag der vorigen Woche, an welchem Tage Jürgens als Zeuge für einen Zivilprozeß in Kassel geladen war. Er begründete diesen Schritt mit ehewidrigem Verhalten seiner Gattin, das er in der unerhörten Verschwendungssucht erblickt. Jürgens soll diesen Entschluß keineswegs erst auf Grund der Mitteilungen gefaßt haben, die ihm von der Mutter des ersten Gatten seiner Frau, des Fabrikanten Kugler, gemacht worden sind. Dazu kam dann die Unterredung mit der früheren Schwiegermutter seiner Frau, daß nach seiner Darstellung die erste Ehe, die durch den April 1918 erfolgten Tod des Fabrikanten Kugler beendet wurde, unglücklich gewesen sei, weil die damalige Frau Kugler hinter dem Rücken ihres Mannes unglaubliche Geldgeschäfte und beträchtliche Schulden gemacht hatte. Das Ehescheidungsverfahren wird, wie wir erfahren, in Berlin durchgeführt werden. Landgerichtsdirektor Jürgens glaubt, allen Verpflichtungen finanzieller Natur nachkommen zu können. Der Vertreter des Ehemannes, R.=A. Wiesel=Kassel, hat allen geschädigten Geschäftsleuten in Stargard mitgeteilt, daß Dr. Jürgens selbstschuldnerische Bürgschaft für die noch zu zahlenden Schulden übernehme und daß er die Versicherung abgeben könne, daß die Gläubiger in voller Höhe befriedigt werden könnten. Wie wir weiter erfahren, ist damit zu rechnen, daß die Untersuchung gegen das Ehepaar Jürgens in Berlin Ende dieser Woche abgeschlossen wird, und daß am Dienstag kommender Woche die beiden Untersuchungsgefangenen nach Stargard überführt werden. Verschiedenes. ** Ein Kellner erbt eine Million Dollars. Ein Kellner eines Cafes in Bordeaux hat von seinem verstorbenen Bruder die riesenhafte Summe von einer Miltion Dollars geerbt. Der Bruder war nach Südamerika ausgewandert und hatte in San Paolo die Viehzucht betrieben. Er ist vor kurzem gestorben und hat seinen jüngeren Bruder in Vordeaux um alleinigen Erben eingesetzt. *Zwölf Jahre unschuldig im Zuchthaus. Glatz, 4. März. Der Fleischer Eduard Trautmann aus Reichenau in Sachsen, der im Jahre 1911 vom Glatzer Schwurgericht wegen Mordes zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, wurde im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen, weil aus den Aufzeichnungen des Münsterberger Mörders Denke hervorging, daß der Trautmann zur Last gelegte Mord in Wirklichkeit von Denke begangen worden war. *Zweitausend Diebstähle in fünf Jahren. Breslau, 4. März. Wie aus Breslau gemeldet wird, hat sich dem Breslauer Gericht ein 40jähriger Schmied Barbe gestellt und gestanden, daß er in den letzten fünf Jahren gegen zweitausend Diebstähle begangen habe. Barbe wurde auf Grund seines offenen Geständnisses zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Heitere Ecke. Kürzlich geschah es, daß im Wartesaal des Leipziger Hauptbahnhofes an einem Tische der frühere sächsische König Friedrich August, auf den Anschlußzug nach Dresden harrend, bei einer Flasche Rotspon saß, und am Nebentisch zwei biedere sächsische Spießer sich nicht klar waren, wer der dem Wein zusprechende auffallende Gast war. Der eine vermutete ganz richtig seinen früheren Landesherrn und meinte:„Das is err.“—„Ae. das is err nich.“—„Nadierlich is das dr Geenig.“— Als ein dritter Herr am Nebentisch Platz nahm und sagte: Freilich is das dr Geenig“ horchte Friedrich August auf und unterbrach die hochnotpeinliche Erörterung mit dem fröhlichen Ausruf:„Gewäsen! Kindervorstellung.„Jetzt wollen wir aber hingehen. Käthe; es muß gleich anfangen."—„Aber Frieda, das macht man doch nicht, Mama kommt auch immer zu spät ins Theater. Unerwartete Wirkung. Sparsame Hausfran:„Ich habe meinem Manne zu seinem Geburtstage vom ersparten Wirtschaftsgelde eine goldene Uhr gekauft."— Freundin:„Und wie hat er sich dafür revanchiert?"— Hausfrau:„Das Wirtschaftsgeld hat er herabgesetzt!“ Unter Brautleuten. Sie:„Ich möchte, daß wir nun endlich Hochzeit machen, ich bin es müde, noch länger zu warten."— Er:„Na, wenn du müde bist, dann will ich dich sitzen lassen!“ Schönes Bild.„Sieh nur, wie ledern der Mann deiner Freundin Eugenie aussieht!“—„Nun, er ist ja auch ihr Portemonnaie!“ Eine Erfahrene. Die junge Frau:„Die Eier sind aber heute sehr klein."— Händler:„Tatsächlich? Ich habe sie aber so vom Bauern bekommen.“— Die junge Frau:„O. ich vermute, daß er sie zu früh aus dem Nest genommen hat. Beim Landarzt.„Du, Doktor, guck amal! Wenn i mi hia kneif, danach tuts weh."—„Ja, Huber, wieso kneifst du dich? Liebhaberpreise. Die beiden Neuvermählten begeben sich in eine Kunsthandlung, um Bilder für ihre Wohnung zu kaufen. In einiger Entfernung von dem Laden löst der junge Ehemann zart den Arm der Gattin aus dem sein n.„Meinst du nicht auch, Alice, daß es gut ist, wenn wi. nicht so sehr zärtlich tun? Sonst nimmt man uns womöglich Liebhaberpreise ab.“ Aus Stadt und Kreis Brilon Brilon, den 5. März 1926. machen! Christen heißen wir in Deutschland seit Jahrhunderten; sind wir Christen?——— In Hunderten von Städten stehen täglich Zehntausende von Männern, in langen Reihen, um ihre Arbeitslosenkarten stempeln zu lassen,— einige Stunden später stahen in andern Straßen Hunderte von Menschen an hellerleichteten Theater- und Kinokassen—— Cristen? In zel nausenden Familien steht seit Wochen immer wieder dasseld auf dem Tisch: trockenes Brot, Salzkartoffeln, sogegannter Kaffee, hie und da ein Salzhering— in der lben Stadt sitzen Menschen im Re staurant, speisen à—4 Gänge und studieren die Weinkarte—— Christen? Zehntausende von Müttern stecken die mageren Kinder ohne die Leib= und Betlwäsche unter die Decken, sitzen dann mit Nadel und Faden und wenden, damit Mann und Kinder wenigstens sauber und ordentlich aussehen möchten für Straße, Arbeitsstätte, Schule, Kirche,— sie selbst bedecken mit einer großen Schürze Blöße Zerschlissenheit und Mangel, wenn sie einmal aus ihren vier Wänden müssen— in denselben Städten kaufen und tragen junge und alte Frauen und Männer seidene Strümpfe, modernste Kleider, Schals und Hüte, Pelzmäniel—— Christen? Tausende von Kindern sehnen sich am Sonntag nach der Kirche, nach Luft, Licht, Sonne, Kameraden, harmlosem Spiel, müssen aber zu Hause hocken, weil kein Sonntagskleid da ist, keine heilen Schuhe; hunderte von Zehnjährigen weinen bittere Tränen oder grämen sich, wenn sie an den Weißen Sonntag denken, der für sie keiner sein wird, aus demselben Grunde— in der Kirche und auf dem Kirchweg tragen andere. Große und Kleine, ihre Lackschuhe, ihr allerneuestes Kleid, ihren modischen Hut,-ihren Schmuck, vielleicht auch den Goldschnitt ihres Buches zur Schau—— echte Christen? Bitterster Mangel bei den einen— gedankenloser, aber auch bewußter Nur=Genuß, unnützer der Verbrauch bel den andern—— Christen? Wassagt Jakobus? Was ist„echle und wahre Religon?—„Witwen und Waisen betreuen und sich reinhalten von der Zeitverderbnis."(Jak. 1,27). Wollen wir nicht eine Woche wenigstens Ernst machen mit dem Christentum? Soll nicht die Caritas=Opfer=Woche wenigstens eine echte Christenwoche sein? Kirchturmbrand Der Blitz in den Kirchturm eingeschlagen. Nachdem in der vorhergehenden Nacht und am gestrigen Morgen ein starker Sturm, verbunden mit vereinzelten Regenschauern, geherrscht hatte, ging gestern mittag plötzlich unter heftigem Schneetreiben ein kurzes Gewitter nieder. Hierbei schlug der Blitz, dem unmittelbar ein starker Donner folgte, in den Kirchturm unserer Propsteikirche ein, der sofort unterhalb der Kuppel Feuer fing. Der Brand wurde jedoch erst nach ungefähr einer halben Stunde bemerkt, als eine Flamme aus der Spitze des Turmes schlug. Die Feuerwehr, die auf den Alarmruf fast augenblicklich zur Stelle war, begann sofort mit den nötigen Löscharbeiten. Während einige Dachdecker auf die Kirchturmspitze stiegen, um an der durch den Blitz zerstörten Dachstelle die brennenden Teile abzuhacken, stürzten plötzlich der Turmhahn und die darunter befindliche Kuppel, deren Stütze bereits durchgebrannt war, in die Tiefe. Dabei durchschlug der Hahn den etwas vorspringenden unteren Teil des Turmdaches und fiel von da aus auf den Kirchplatz. Inzwischen hatte die Feuerwehr eine Schlauchleitung durch das Innere des Turmes bis zur Höhe gelegt und versuchte den Brand zu löschen. Mehrere Bürger hatten Minimax=Apparate zur Verfügung gestellt, die vortreffliche Dienste leisteten. So gelang es, das Feuer zu löschen, sodaß in ca. einer halben Stunde jegliche Gefahr beseitigt war. Inleressant istses, daß vor etwa 115 Jahren, nämlich am 10. oder 11. Februar 1811, der Kirchturm ebenfalls bei einem Gewitter im Winter vom Blitz getroffen und in Brand gesetzt wurde. Wie uns von einem Leser unserer Zeitung darüber berichtet wird, hat damals ein Zimmermannsgeselle aus Altenbüren unter Einsetzung seines Lebens das Feuer von der Spitze des Turmes abgehackt und so dem Brande Einhalt getan. Als Lohn und Anerkennung für seine mutige Tat erhieltger dann auf Lebzeiten eine jährliche Rente von 5 Talern. Vor dem erwähnten Brande ist der Turm einige Meter höher gewesen als nach der Wiederherstellung, bei der er seine heutige Höhe erhielt. holt Klagen laut geworden, die sich mit der Anrechnung der Renten für Kriegsbeschädigte auf die Erwerbslosenunterstützung befassen. Die Annahme, daß Schwerkriegsbeschädigte infolge der Höhe ihrer Militärversorgungsgebührnisse in keinem Fall als bedürftig anzusehen und daher tatsächlich von dem Bezuge der Erwerbslosenunterstützung ausgeschlossen sind, trifft nicht zu. Die zur Entscheidung über Unterstützungsgesuche berufenen Stellen können vielmehr bei Schwerkriegsbeschädigten, namentlich Kriegsblinden, wegen der besonderen Ausgaben, die diesen durch die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit entstehen, nach pflichtmäßigem Ermessen eine erhöyte Bedürftigkeit anerkennen und ein entsprechend erhöhtes Existen minimum festsetzen. Auf den so ermittelten Bedarfsbetrag sind dann allerdings die Militärrenten einschließlich der Pflegezulage anzurechnen; anrechnungsfrei beibt nur die Zusatzrente. Der Reichsarbeitsminister trägt kein Bedenlen, den vorstehenden Grundsatz auch auf solche schwerkriegsbeschädigte Rentenempfanger anzuwenden, die in ihrer körperlichen Unversehrtheit so schwer beeinträchtigt sind, daß ihnen dadurch besondere Ausgaben erwachsen. Hiermit wird den Schwerkriegsbeschädigten in der Regel geholfen werden ronnen. Wo der angedeutele Weg nicht zum Ziele führen sollte, muß gegebenenfalls mit Mitteln der Wohlfahrtspflege eingegriffen werden. § Sonntags=Rückfahrkarten. Man schreibt uns: Mit Gültigkeit vom 1. März tritt ein neuer Teil II des deutschen Eisenbahn-Personen= und Gepäcktarifs in Kraft, dessen Bestimmungen über die Sonntags=Rüchfahrkarten zum Teil neu sind und weitere Kreise interessieren dürften. Sonnlags=Rückfahrkarten werden ausgegeben an Sonntagen und an folgenden Festtagen: Neujahrslaa, Karfreitag, Östermontag, Himmelfahrtstag, Pfingstmontag, Fronleichnamstag, Peter= und Paulstag, 1, und 2. Weihnachtsfeiertag zur Hin= und Rückfahrt am Tage der Ausgabe; ferner: Am Tage vor Sonntagen und vor den genannten Festtagen und zwar zur Hinfahrt am Tage der Ausgabe von mittags 12 Uhr an oder am Sonntag oder am Festlag. Zur Rückfahrt gelten diese Karten aber nur am Sonn= oder am Festtag. Liegen mehrere Sonn- und Festtage hintereinander, so gelten die Karten zur Rückfabrt bis zum letzten Sonn- oder Festtage. Für die Festzeilen ist eine besondere Regelung getroffen und zwar gelten die Sonntags=Rückfahrtkarten wie folgt: An den Östertagen: Vom Gründonnerstag mittags 12 Uhr bis Östermontag einschließlich. Pfingsten: Vom Freitag mittags 12 Uhr bis zum Pfingstmontag einschließlich, Weihnachten: Vom 23. Dezember mittags 12 Uhr bis zum zweiten Festtaa einschließlich, und zwar bei allen diesen Festzeiten zur Hin= und Rückfahrt an jedem Tage innerhalb der angegebenen Gellungsdauer. Fahrtunterbrechung ist auf der Hin= und Rückfahrt je einmal gestattet, auch kann die Rückceise von einer Zwischenstation angetreten werden. Für Kinder vom vollendeten 4. bis zum vollendeten 10. Lebensjahr und für jüngere Kinder, für die ein Platz beansprucht wird, ist eine Sonntagsfahrkarte zum halben Preise zu lösen. () Altastenberg, 3 März. Meteorologisches. Der Februar verzeichnet 22 Tage mit Regen in einer Gesamlmenge von 99,2 mm. Die größle Regenmenge wurde gemessen am 20. Februar mit 31,4 mm, die geringste am 14. Februar mit 0,1 mm. Am 10. Februar lag eine Schneedecke in Höhe von 3 cm. Die durchschnittliche Temperatur betrug 2,6 Gr., das durchschnittliche Maximum 4,8 Gr. und das durchschnittliche Minimum 1,0 Gr. Die höchste Temperatur wurde beobachtet am 26. Februar mit 8,2 Gr. und die niedrigste am 6. Februar mit—2,2 Gr. An 22 Tagen herrschte Nebel. () Rüthen, 4. März. Kurzarbeit. Die Nordische Holzhandels=Gesellschaft m. b. H. hat für die Zeit vom 1. März bis 3. April einschließlich Kurzarbeit eingeführt. Auf dem Werk werden von einigen Arbeitern nur die nolwendigsten Arbeiten ausgeführt. 37 Mann verrichten Kurzarbeit und zwar besteht diese im Schälen der von der Firma gekauften Fichten. Für die Kurzarbeit sind drei Gruppen gebildet, und jede Gruppe arbeitet je zwei Tage in der Woche. Gleich nach Ostern soll das Werk wieder voll in Belrie genomme werden. Bleiwäsche, 3. März. Verurteilt weger Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz. Di Arbeiter Heinrich D. und Joseph Sch. aus Bleiwäsch hatten sich vor dem Schöffengericht in Paderborn weger unbefugten Besitzes von Sprengstoffen zu verantworten. Sie wollen aus Unwissenheit gehandelt haben Für unbefugten Besitz von Sprengstoffen sieht das Gericht eine Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnit vor. Diese Strafe beantragte auch der Anklagevertreter. Da beide Angeklagte sich des besten Leumunds erfreuen und auch noch nicht vorbestraft sind, so schloß sich das Gericht dem Antrage des Staatsanwalts au die gesetzliche Mindeststrafe an, setzte aber die verhängte Strafe für die Zeit von zwei Jahren gegen Zahlung einer Buße von 20 Mark aus mit der gleichzeitigen Aussicht auf Erlassung der Strafe im Gnadenwege bel guter Führung. Die Kosten des Verfahrens fallen den Angeklagten ebenfalls zur Last. Verantwortlich für den lokalen Teil: Heinrich Schröder für den Anzeigenteil: Hans Albrecht, Brilon. Unsern verehrten Chefs, dem Geschäftsführer Herrn Fritz Ohrmann sowie dem Prokuristen Herrn Fritz Heitmann zum heutigen Namensfeste die Glück= und Segenswünsche! Ver. Terrazzo- und Steinwerke Hans Heitmann G. m. b. H. die Angestellten und Arbeiter der Abtlg. Brilon. Zur Frühjahrsbestellung empfehle chinen„Saxonia" alle Größen und Ersatzteile zu denselben. Wieseneggen, Ackereggen und Saateggen Jauchefässer und Jauchepumpen. 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