fer) Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V. Beilage zu Nro. 1 des Westfälischen Merkur. Münster, Samstag den 1. Jannar 1887. * Finanzpolitischer Wochenbericht. (Nachdruck verboten.) Nachdem auch die Erhöhung des Disconto durch die deutsche Reichsbank erfolgt ist, und zugleich eine weitere Erhöhung des englischen Satzes befürchtet wird, ist die Börse ziemlich kleinlaut geworden. Am Berliner Platze hat man bereits seit mehreren Tagen mit der Liquidation und Prolongation begonnen und verfährt dabei außerordentlich vorsichtig, um eine Calamität zu vermeiden. Auch von Neugründungen ist während der letzten Tage weniger die Rede gewesen. Den unangenehmsten Eindruck auf die Börse hat aber, wenigstens vorübergehend, die Vertagung des großen ungarischen Geschäfts gemacht. Daß dies ein höchst verzwicktes Geschäft werden und doch den Ungarn nicht aus ihrer Finanznoth belfen wird, haben wir schon in einem früheren Bericht ausgesprochen. Die Sache scheint in Ungarn sogar zu einer Ministerkrisis zu führen. Graf Szapary, der Finanzminister und Günstling Rothschild's, hat abgewirthschaftet. Man hört, daß im Ministerrathe selbst Tisza, ebenfalls ein Günstling Rothschild's, über die Finanzpolitik Szapary's sich mißbilligend geäußert habe. Da kann man nun lesen in der Germanicus=Broschüre„Die Rotbschildgruppe und der monumentale Conversionsschwindel", Frankfurt am Main, zu beziehen durch alle Buchhandlungen), wie vor erst sechs Jahren über diesen Minister der Börse gesagt wurde:„Lorbeeren,“ sagte damals in der„Allgemeinen Zeitung der Scribent Rothschild's,„wie sie der Finanzminister sich bei dieser Gelegenheit(der ungarischen Conversion) errungen hat, ehren nicht allein seine Person, sondern Staat und Regierung selbst, welche die Leitung ihrer Finanzen mit rückhaltlosem Vertrauen in seine Hände gelegt haben.“ Vielleicht hat die Rothschildgruppe heute noch mehr Grund als damals, mit dem Grafen Szapary zufrieden zu sein, wenn sich vielleicht auch, wie aus der neuesten Haltung Tisza's zu schließen ist, das ungarische Ministerium weniger mehr aus der Selbstbeehrung, die ihnen als lederne Medaille damals durch die„Allgem. Zeitung" verehrt wurde, machen mag. Es handelt sich bei der Verschiebung des ungarischen Geschäfts für die Haute=Finance ganz unverkennbar darum, vor dem formellen Bankerott noch zusammenzupacken, was möglich ist. Das wird erst der rechte „Triumph, welcher in den Annalen der Weltwirthschaft als Unicum bezeichnet werden kann,“ werden. Ein ganzer Staat im Zwangsverfahren! Es hat nämlich die Rothschildgruppe beschlossen, sich mit den Nebengruppen, welche die Hände in den ungarischen Finanzen haben, zu verbinden, nämlich mit der Oesterreichischen Boden=Creditgesellschaft und der mit dieser verbundenen Anglobank, wenn diese nicht von ihren Geschäften zurücktritt, was kaum vorauszusetzen ist. Ueber die Richtung, die nun das Geschäft nehmen soll, läßt sich natürlich Nichts sagen. Allein die Verbindung der verschiedenen Macher und die Betheiligung der Boden=Creditgesellschaft läßt darauf schließen, daß man auch die ungarischen Staatsgüter in den Bereich der Abmachungen ziehen wird, wenn dies auch zunächst noch nicht unmittelbar zum Ausdruck gelangt. Daß man nach jeder Richtung hin sehr weit vorgehen und eine internationale Abmachung ersten Ranges treffen will, ergiebt sich auch daraus, daß die Finanzirung auf dem Wege der Loldanleihe erfolgen soll. Damit wird aber zugleich bestätigt, daß selbst die schlimmiten Befürchtungen hinsichtlich des ungarischen Deficits begründet sind. Um so drohender scheint die Frage, wie es in Zukunft werden soll. Denn an den Staatsausgaben läßt sich nichts vermindern. Von den gemeinsamen Ausgaben Oesterreich=Ungarns trägt Ungarn ohnehin noch nicht den dritten Theil, die übrigen Staatsausgaben, abgesehen von dem Erforderniß für die Schuld, sind schon an sich auf das Aeußerste herabDabei sind die Staatseinnahmen rückgängig. Die Landwirthschaft, gämlich die wirkliche, nicht die in der Einrichtung begriffene capitalistische Lanowirthschaft, ist zum größten Theile ruinirt. Man weiß, daß sich die Zahl der ungarischen Grundbesitzer während der letzten fünfzehn Jahre um mehr als 150 000 vermindert hat. Daß daber der Staatsbankerott dem ungarischen Ministerium in schreckhafter Gestalt vor Augen getreten ist, läßt sich also wohl begreifen. Inzwischen sucht die Börsenpresse alle russischen Anleiheabsichten als mythisch zu bezeichnen. Daß sie damit ihren eigenen Nachrichten(ganz abgesehen von den ihr mehr oder weniger bekannten Thatsachen, die sie verschweigt oder verdreht mittheilt) ins Gesicht schlägt, macht ihr wenig aus; sie schreibt ja für die=Dummen=, welche nicht zufrieden sind, wenn sie nicht täglich wenigstens ein Dutzend Lügen zu verschlucken haben. Gleichwohl steht fest, daß die bekannten Faiseurs in Berlin die Angelegenheit eifrigst betreiben— zunächst freilich im negativen Sinne der Erschütterung der russischen Course und Valuten welche die Voraussetzung eines guten Geschäfts für die Börse sind. In den letzten Tagen war sogar die Rede vom Rücktritt des russischen Finanzministers Bunge, der vielleicht Grund hat, die dulgarische Politik des Zaren für die Ursache des Mißglückens der Anleihe und des Sinkens der russischen Valuten zu halten, während ihn die Politiker zum Sündenbock machen möchten. Jedenfalls ist aber die günstige Lage, die der russische Finanzminister geraume Zeit Vessergune Wy. Pf„. gegen das westeuropäische Capital einnahm, sehr geändert. Es hat den Anschein, als beginne man wenigstens in den deutschen leitenden Kreisen die Frage des Capitalexports auch vom politischen Standpunkt aus ernster zu erwägen. Daß diese Erwägung, wenn sie unbefangen stattfindet, zu iner ernsthaften Prüfung des Verhaltens der Berliner Haute=Finance überhaupt der Börse hinsichtlich der auswärtigen Anleihen führen muß, ist für uns unzweifelhaft; ebenso daß sich unsere leitenden Staatsmänner nicht durch einen oder einige friedliche Zeitungsartikel von Rußland her bestechen lassen werden, nachdem der freigelassene Furor so lange gewüttdet hat. Die Börse hat zwar die Artikel der„Nordd. Allg. Ztg.“ binsichtlich Rußlands sehr freundlich aufgenommen, aber wenn ihr diese Freundlichkeit nicht nach vielerlei Richtungen hin zu besonders gelegener eit käme so würde sie sich wohl erinnern, daß Talleyrand schon gesagt at, die Diplomatie habe die Sprache, um die Gedanken zu verbergen. Indessen war die günstige politische Auffassung, welche die Börse zeigte, nicht genügend, um die Wirkung der Anspannung des Geldmarktes dauernd zu überwinden. Aus New=York kamen zwar keine stärker beunruhigenden Nachrichten, allein der Geldmarkt war dort noch außerordentlich unruhig und zeigte immer noch außerordentliche Schwankungen des Zinsfußes, wenn auch Sätze von 180 Procent nicht mehr vorkamen. Es handelt sich dabei, nebenbei bemerkt, um sogenanntes rtägliches Geld=, wobei, um eine Prolongation zu erlangen oder das Geld zur Abwickelung eines Geschäfts zu finden. ½ Procent Zins für den Tag bezahlt werden muß. Dies weist auch darauf hin, wie wenig angebracht die übermäßige Zartheit bei Bemessung unserer Börsensteuer gewesen ist. Wo man so viel everdient=, um ½ Procent Zins für den Tag oder 183 Procent für das Jahr zahlen zu können, macht eine Steuer von 1 pro Mille sicher keinen Eindruck. Uebrigens hat sich im November eine nicht unbeträchtliche Erhöbung des Ertrags der Börsensteuer ergeben. Dieselbe hat 809 605 Mark eingebracht, während im November vorigen Jahres nur 71.063 Mark eingegangen waren. Im October dieses Jahres war zwar weniger als im October des Vorjahres eingegangen, nämlich 714298 Mark gegen 973 166 Mark. Allein der October 1885 war der Einführungsmonat, wo sich die Geschäftsleute stärker mit Stempelmarken versorgt batten. Man kann übrigens schon jetzt erkennen, daß die Wintermonate bis März Zunahme, die Sommermonate bis August Abnahme der Steuer zeigen. Im vorigen Jahre stieg die Börsensteuer vom November mit 511063 Mark von Monat zu Monat bis sie im März 1011 838 Mark erreichte. Im April sank die Steuer auf 720328 Mark und siel regelmäßig bis im August auf 515 556 Mark. Seit September, wo sie 584 995 Mark einbrachte, ist nun die Steuer wieder in die Veriode des Steigens getreten. Was den Capitalmarkt betrifft, so wird derselbe bis zu einer gründlichen Umwälzung im Bankwesen immer ein leidiges Ansehen haben. Die Hetze um das Geld läßt keinen vernünftigen wirthschaftlichen Gedanken hinsichtlich der Bankpolitik aufkommen. Ein paar Millionen Gold mehr oder weniger in den Bankcassen setzt die ganze Börsenpresse in Aufregung. Aber an die weit wichtigere Frage der Entziehung des in den Bankcassen gehäuften Capitals aus den Canälen des regelmäßigen Verkehrs denkt Niemand. Eben so wenig prüft man die Begünstigung der Arbitrage gegen das nationale Geschäft. Dies zeigt sich wieder darin, daß der englischen Bank vorgeschlagen wird, nicht den Wechseldiscont weiter zu erhöhen, sondern den Lombardzinsfuß höher zu berechnen. Bei uns ist dies sogar Princip=. Alexander III. Der charakteristische Zug des Hauses Romanow in Rußland war Wildheit und Grausamkeit. Die gegenwärtige Dynastie zeigt als erbliche Eigenthümlichkeiten Mißtrauen und krankhaften Eigensinn. Die Neigung zum Argwohn ist sehr erklärlich, da die beiden ersten Kaiser aus diesem Geschlecht ermordet worden sind. Nicolaus hatte bei seinem Regierungsantritte eine Revolution zu bekämpfen und hat immer unter dem Eindrucke, daß er von Aufständen bedroht sei, gehandelt; verblendeter Eigensinn ließ ihn 1853 den Krieg mit der Pforte beginnen, dessen Verlauf seinen Stolz brach; ob das Gefühl der Demüthigung seine Lebenskraft gebrochen, ob er, wie eine sehr verbreitete Angabe sagt, Gift genommen, kommt für unser Urtheil auf Eins heraus. Sein Nachfolger hatte allen Anlaß zum Mißtrauen, Alexander II. ist fünf nihilistischen Attentaten entgangen, das sechste raffte ihn hinweg. Sein Sohn. der regierende Kaiser, hat alle diese Schrecken erlebt und endlich seinen Vater in dem entsetzlichen Zustande, mit zerschmetterten Beinen, aufgerissenem Leibe, zerfleischtem Gesicht sterben sehen. In der Regierungszeit Alexander's III. haben die Verschwörungen noch nicht aufgehört, er verdankt nur dem Umstande, daß er sich ängstlich verborgen hält, die Fristung seines Lebens. So können wir uns nicht darüber wundern, daß das Gemüth des Kaisers krankhaft erregt ist. Ob jedoch eine völlige Störung der Zurechnungsfähigkeit dauernd oder theilweise vorliegt, ob die nervöse Heftigkeit in Tobsucht umschlägt, darüber haben wir bisher nur Gerüchte, keine einzige zuverkässige Nachricht. Auch die angebliche Tödtung des Adjutanten von Reutern durch den Kaiser ist noch nicht authentisch festgestellt. Dagegen wissen wir, daß der Zar in Gatschina und Peterhof wie ein Gefangener lebt, daß mit seiner Furcht ein maßloser Stolz concurrirt, daß er das Selbstherrscherthum wörtlich nimmt, Rathschläge verachtet und in der Politik einen Mißgriff nach dem andern begeht. # Alexander III. ist zuerst am 22. März 1881, neun Tage nachdem am Katharinencanal Russakow und Gelnikow ihre Bomben geworfen hatten, von dem nihilistischen Comité verwarnt worden. Der Proclamation war das am 4. December 1879 seinem Vater übersandte Todesurtheil und das Programm vom 106. Januar 1880, welches Constitution, allgemeines Wahlrecht, Preß= und Versammlungsfreiheit, Gewissensfreiheit, Umwandlung der Armee in Territorialtruppen forderte, beigelegt. Der junge Kaiser hat einige Wochen geschwankt, ob er gewisse Concessionen machen, namentlich die administrative Verschickung nach Sibirien aufheben sollte. Der Minister des Innern, Loris Melikow, neigte zu liberalen Anschauungen, freilich nicht im Sinne westlicher Staaten, noch weniger entsprechend dem erwähnten Programme des revolutionären Comités. Der Kaiser selbst hatte als Kronprinz der Milderung des herrschenden Systems das Wort geredet. Ihn hatte die festgestellte Thatsache, daß in dem Jahrzehnt 1870—80 unter dem als mild und human gerühmten Alexander II. an 90000 Personen nach Sibirien transportirt waren, größtentheils auf Grund von Decreten der Verwaltungsbehörden, während mehr als 150000 Personen anderweit=verschickte worden, peinlich berührt. Er war über das ausgebildete Bestechungssystem und über den schamlosen Nepotismus empört. Sein Verstand billigte manche vom Minister des Innern gemachte Vorschläge. Der Umstand, daß selbst der Adel des Vetersburge Gouvernements am 1. März 1881, zwei Wochen vor der Ermordung des Zaren, in einer Eingabe an diesen um Reformen gebeten hatte, forderte Beachtung. Allein ein anderer Einfluß war überwiegend. Der Erzieher des Kaisers, Pobedonoszew, der Vorsitzende des heiligen Synod, hatte das Gemüth Alexander's seinen Vorstellungen immer sehr zugänglich gefunden: er trat mit Feuer im Namen der Kirche für ein orthodor=conservatives Regiment ein, verwarf alle Neuerungen und erreichte es, daß am 11. Mai ein kaiserliches Manifest im Sinne der schroffsten Autokratie erschien. Loris Melikow nahm seinen Abschied und wurde durch Ignatiew, den Vater der Lüge=, ersetzt. Drei Tage später erhielt der Zar die zweite Proclamation des Nihilisten=Comités, welche ihn nochmals warnte und ihm die Folgen der von ihm zingeschlagenen Richtung vorhielt. Sofort siedelte Alexander nach Gatschina über, im nächsten Monat nach Peterhof und so wechselte er oft plötzlich seinen Wohnsitz, bis an beiden Orten die umfassendsten Sicherheitsmaßregeln getroffen waren. Dreifache lebende Ketten sperren die Schlösser ab, so daß keine Maus unbemerkt sich nähern kann. Verläßt der Kaiser sein Schloß, so ist er nicht bloß von starker Escorte begleitet, sondern auch an dem ganzen Wege, den er durchfahren will, ist Militär aufgestellt. Bei der Zusammenkunft des Zaren mit dem österreichischen Kaiser in Kremsier am 24. August 1885 ist allgemein der scheue, angstvolle Blick aufgefallen, mit welchem Alexander jede sich nähernde Person betrachtete und in alle Winkel spähte. Die Unsicherheit ist um so größer, als bei allen Verschwörungen Officiere der Armee betheiligt sind.(Auch bei der republikanischen Verschwörung 1825 sind viele Officiere, unter ihnen sehr hochgestellte von fürstlicher Geburt, betheiligt gewesen.) Der unglückliche Suchanow, welcher am 31. März 1882 erschossen ist, war ein lehrhaftes Beispiel, wie in Rußland ein Ehrenmann zum Nihilisten werden kann. Dieser Marineofficier hatte einen großartigen Betrug entlarvt, bei welchem viele Personen, namentlich ein Schiffscommandant, sich betheiligt hatten. Suchanow sollte fühlen, daß er in ein Wespennest gegriffen, er wurde von Stunde an derartig verfolgt, chicanirt, gekränkt, an seiner Ehre verletzt, daß er dem Selbstmorde nahe war; in dieser Stimmung ging er zu den Nihilisten. Am Tage, wo das Urtheil gegen Suchanow unterschrieben wurde, ist Strelnikow, der Procurator des Militärgerichts in Kiew, ermordet worden. So ging es fort. Am 17. Juni 1882 wurden schon wieder achtzehn DynamitVerschworene verhaftet, unter welchen sich drei Officiere befanden. Im Jahre 1883 sind im April sechs Nihilisten gehängt, bald darauf wurde in Warschau der Nihilismus in der Mädchenschule entdeckt, am 28. December wurde in Petersburg der Polizeioberst Sudeikin ermordet. Am 10. October 1884 sind 14 Nihilisten verurtheilt, unter diesen zwei Officiere zum Tode. Von den in Warschau verhafteten 200 Personen, unter welchen der Friedensrichter Bardowski sich befand, sind 1885 vier gehängt worden. Im laufenden Jahre sind wiederholt massenhafte Einkerkerungen erfolgt. Der russische Kaiser ist um sein Amt nicht zu beneiden. Auch eine eiserne Natur kann dieser unausgesetzten Erregung erliegen. Zu der Furcht vor Mördern tritt bei Alexander III. der religiöse Eifer, der an Fanatismus grenzt, jedenfalls den Fanatikern freie Hand läßt. Politisch setzt namentlich Katkow, der chauvinistische Panslavist, dem Kaiser zu. Dieser hat den Haß gegen Oesterreich und das Mißtrauen gegen Deutschland in vollem Maße aufgenommen. Gleichzeitig zehrt aber der Aerger über den Trotz Bulgariens an dem Machtstolze des Zaren und läßt diesen sich im höchsten Maße unbefriedigt und verdrossen fühlen. Vielleicht ist zu alledem das Gewissen bewegt. Die sämmtlichen Räume des Schlosses, welches Alexander bewohnt, müssen Nachts tageshell erleuchtet sein; das mag nicht bloßz aus Vorsicht gegen Mörder geschehen.(Verl. Btg.) Briefliche Aeußerungen des apostolischen Missionars P. Wilhelm Schmidt zu Tripoli in Syrien in Betreff mancher im hl. Lande durch das katholische Deutschland## lbsenden Aufgaben.*) Ihr Brief hat mir eine tiefe und andauernde Freude verursacht. Die beigelegte Nummer des„Palästina=Blattes bereitete nir eine wahrhafte Ueberraschung. Ich hatte früher von der beabsichtigten Herausgabe eines Palästina=Blattes gelesen und mich dessen höchlich gefreut; von Inhalt, Anlage u. s. w. des Blattes wußte ich jedoch nichts. Gott Lob, daß es nunmehr erschienen, und daß so edle und klangvolle Namen unter dem darin Düer De Penichen Bian eiseisd Hhesher oeucen Beie den uigeies; Bürgschaft ablegen. Soll ich noch sagen, was meiner Stimmung beim Empfange Ihrer Mittheilungen noch obendrein einen hochdichterischen Anstrich verliehen hat? Ich habe Brief und„Palästina=Blatt“ so zu sagen im Schatten der Cedern des Libanon gelesen, und meine Kleider waren noch durchwürzt von dem seinen Harzgeruche, den sie bei meinem Umherwandeln im Cedernwäldchen in sich aufgesogen hatten. Unser Haus hier in Tripoli am Meere besitzt nämlich eine zweite Station hoch oben im Libanon. Ich *) Aus dem„Palästina=Blatt“, Vierteljahrsschrift des Palästina=Vereins der Katholiken Deutschlands, dessen Abonnement wir dringend empfehlen. Es kostet bei der Post jährlich 75 Pfg. Vereinsmitglieder erhalten das Blatt gratis. 1) S Eine fire Idee.“ Von J. von Dirlink. 1. Capitel. Susanne Rövesat stand, beide Hände übereinander auf die Krücke Grabscheites gelehnt, gedankenverloren inmitten ihres Krautackers. Es gelt ein gutes Stück zähen Haidebodens zu verarbeiten, das Vorjahre schon in den Proceß der Urbarmachung hineingezogen war. Sannens Heimwesen glich einer Oase in der Wüste. Ein leichtgezurrmuertes Hänschen mit kaltweißem Anstrich und grasgrünen Läden und Thuren, so hob es sich, weit hinaus leuchtend und in seiner winzigen Form an ein Nürnberger Spielzeug erinnernd, von dem brannen, eintönigen Hiutergrund der öden, schier endlosen Haide ab. Vor zwei Jahren hatte Ignaz Rövesat, Sannens Halbbruder, sich dieses traute Nest hier aufgebaut. Er selber hatte, nachdem der Dochstuhl aufgerichtet war, ihn bestiegen und seinem Häuschen in einem schucken warmen Strohdach die neue Haube aufgesetzt. Sanne war gerade noch einmal so elt wie ihr Bruder Natz. Als sie 25 Jahre zählte, schritt ihr bejahrter Vater zur zweiten Ehe. Zu der Zeit stand Sanne bei demselben Hofschulzen in Dienst, dem ihre Eltern als Heuerlinge lehnspflichtig waren. Schon als zehnjähriges Kind war Saune das Joch der Dienstbarkeit auf die Schultern gelegt. Sie hatte es in stetem Sinne, in seltener Ausdauer getzogen. Denn auf derselben Scholle, wo sie ihre Laufbahn als Seshund gräichestene. eit Suasen n zur Kuituhrhe einer gue Wr, Harschaoft delt große Stückt auf die tmeue wortkange Whgd; des wark inr hald und halb ahnen, als sie eines Tages den Freiwerber für ihren beirathslustigen Vater machte. Das kum so. Ihre Mutter ruhte 6 Wochen unter der Erde, da kehrte Sanne eines Toges in Begleitung aus dar Klache ven dem Cerlenomte für dse Verstordene hatton Vater und Tochter die stundenlange Strecke durch der Alte, Nler auf seive Thranstiefel niederblickend, vor im Du kömmst be1 8 ernstes Gesicht färbte sich doch um einen Ton mehr ins Röthliche, als sie den Vortrag des betagten Mannes in Erwägung zog. Er sah es nicht. Denn, nachdem er sich der schweren Bürde seines Anliegens entledigt hatte, zog er schnell seine kurze Pfeife aus der Tasche seines kurztailligen Rockes, dlies eifrig in das Rohr hinein, zerrte seinen ledernen Tabaksbeutel hervor und stopfte den Maserkopf voll Tabak. „Ich will mir die Sache überdenken, Vater,“ entschloß sich Sanne endlich. „So—o? Hm, ja, wenn die Stine es thun wollte, wäre es doch wohl das Beste,“ gab der Alte, um ein gutes Theil muthiger, zu verstehen.„Du könntest wohl'mal auf den Busch klopfen, he? Kinder und ihre Alten müssen sich brav beistehen in jedweder Noth.“ Jetzt schob er die Pfeife zwischen die Zähne, setzte sie in Brand und trollte sich schmauchend von dannen. Seufzend begad sich Sanne ins Haus. Desselben Tages noch legte be ihres Vaters Anliegen in die Hände ihrer Gebieterin. Diese wollte #edoch von Sannens Entlassung nichts wissen. „Laß er Stine nur nehmen,“ meinte die Schulzin nach kurzem Besinven, er sitzt sonst an den langen Winterabenden so allein da und könnte möglicher Weise an den Trunk kommen. Bei Wittmännern fängt es gemeinhin so an, daß sie Niemand bei sich haben, der sie Sonntags, nach der Kirche, aus dem Wirthshause zieht. Und wenn Dein Alter einmal die Rücken zum Freien im Kopfe hat, könnte er schlimmer enkommen als mit Stige: Dieser Zuspruch der Herrin verfehlte seine Wirkung nicht. Nach sechs Wochen gad es Hochzeit in der Leidzucht; eine stille ohne Biolinen und Baßgeigen, aber einen Schmaus, zu dem das Schulzenhaus und Sanne geladen woren. Und Alle schienen still vergnügt, obschon es der Braut in den Kranz geregnet hatte. Ein Jahr nach der Hochzeit ließ man in der Leihzucht kansen. Es war ein prächtiger Knabe, dessen blaue Augen Niemand so felig ins Herz leuchteten als seiner Halbschwester Sanne. Hatte sie bis dahin ihe Vaterhaus, so gut es ohne Aufsehen anzing, ermieden, so suchte sie es jetzt mit Fleiß heim, daß es ordentlich auffällig wurde. Wer hatte es gedacht, daß Sanne eine so warme Kinderfreundin sei? Und der Bruder vergalt ihr diese verschwiegene Zärtlichkeit dadurch, daß er mit Hünden und Fühen zu ihr strebte, sobald ste in Sicht kam. ihrem falpn übte er se.. säheige Btblein in die 64 los dasitzen, wenn das Kind auf An ihren haltbaren keinenen ine ersten Gehversuche, und Sanne war es, die das goo, den Bruder ordentlich in Zeug zu erhalten. Ignaz war zehn Jahre Ionaz kurzweg Rützchen genannt, eine geheiam Leidenszeit. So dürftig und haapp es auch mitz dem Haushalt zn der Leidzucht bestellt gewesen, sauber und ordentlich hatte es stets aus allen Ecken und Enden herausgeschaut. Nach und nach aber trat hier eine auffallende Armseligkeit hervor, für die Niemand ein schärferes Auge besaß als Sanne. Eines Tages fand sie die Stiefmutter am hellichten Morgen auf dem Krautacker eingeschlummert. Sanne traute zuerst ihren fünf Sinnen nicht und trat schon argwöhnisch an sie heran. Als sie sich über die Schlafende. die hinter einem aufgeschichteten Hügel Spörgel gekauert lag, beugte, fuhr sie wie von einer Viper gebissen zurück, so widerwärtig berührte sie der ihr ins Gesicht strömende, nach Fusel duftende Athem. Die welken Züge der Frau waren gedunsen und von bläulichrother Farbe. Erschreckt, voll Abscheu wandte sich Sanne ab. Sie hätte laut schreien mögen; aber sie preßte die Lippen, daß sie schmerzten. Kummer und Zorn, Angst und Sorg#r schnürten ihr die Brust ein; sie stand da, bleich, verstört, händeringend. Am nächsten Sonntag benutzte Sanne ihren Kirchgang, um in der Pfarre einzukehren. Um Vieles gefaßter begab sie sich nach einer stündlichen Unterweisung vom Pfarrer auf den Heimweg. Mit der alten Gelassenheit ging sie wieder an ihr Tagewerk. Aber jeden Abend traf sie im Vaterhause ein, hier nach dem Rechten sehend. Sie kütterte das Vieh, überhörte Ignaz seine Lectionen, säuberte und flickte die Anzüge der Kinder, ohne daß die Mutter den geringsten Einspruch erhob. Wenn Sanne das Haus verließ, folgte ihr Nätzchen auf dem Fuße. Einmal klogte er, daß die Mutter nie zu Hause sei, wenn er aus der Schule Seschge A eien in Eur ut Aurignt, Aren bur ch verschwunden. Und selbst das Erbstück für ihn, die silberne hr. wie eine Rüde groß. läge nicht mehr in der Truhe auf ihrem alten Platz. Sanne erbleichte; sie überlegte, sollte sie länger schweigen, und nicht zu dem klugen Knaben von dem peden, was er ja längst geahnt haben konnte. Ob er es nicht wie ein geheimes Leid in der Seele trug, daß es ihm schier das Herz abstoßen mußte, das Leid um die Mutter, die dem Brannweinteufel verfallen war. Nach und nach hatte dieser Dämon Gewalt über das junge Weib bekommen; kein Mittel half, sie zu retten. Alles, was nietund nagellos war, wurde dem Schluck aus der Kümmelflasche geopfert. Daher kam es, daß mehr und mehr alles das aus dem Haushalt verschwand, wos entbehrlich schien. Sannens tägliches Erscheinen im Vaterhause, ihr wortloses und doch beredtes Gebahren, mit dem sie sich um die Pflichten der Hausfrau annahm, es hatte eine Bußpredigt, ein stummer Allein das gesunkene Weib erschien dumpf Mahnung, wie sie ihr in dem bleichen flehenden Blicken entgegentrat. Sanne hielt Reden verflichtet. Ader ach. Ignaz mußte, sein verschwiegenes, gutes Gemüch hatte Mittheilung ihm das Herz. Er bekannte kausend Vorkomn nicht für möglich geholten hatte, und die ihm wahre Angstschaner durch die Seele jagten. Rathlos, an allen Gliedern gitternd, stand sie dem bleichen Kuaben gegenüber, mns un, wes nun?!. G ie! *** — Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V. 85 sickt, um mich etliche Wochen im Hochgebirge zu erholen. “ mir ein solch willkommener Lustwechsel soich willlobinlter zu Theil. Begleitung von etlichen Franzosen, die unsere Gastfreundschaft genossen hatten, und deren dringenden Bitten ich es nicht versagen konnte, ihnen als Führer und Erklärer zu dienen. Sie hätten hören und sehen sollen, wie das Völkchen sich verwunderte bei dem Anblicke dieser Riesenbäume und wie es in die Hände schlug, als ich ihnen klar machte, daß immerhin eine Anzahl derselben die Tage David's und Salomon's gesehen hätte. rern hätte ich es gesehen, daß ich statt der Franzosen, die zahlreich Lmmen, auch einmal einer kleinen Gesellschaft von deutschen Lands## als Begleiter hätte dienen können, Leuten von Bedeutung und An-hen, die Kenntniß nehmen kämen von den Zuständen des Landes, seinen Sitten, Bewohnern, von dem, was ihm wahrhaft noth thut, um dann später durch Wort und Schrift im deutschen Lande eine tief gebende Bewegung zu Gunsten des Palästina=Vereins hervorzurufen! Als ich mit der Gesellschaft zurückkam, fand ich Ihre Sendung vor, die mir ins Gebirge nachgesandt worden war. Was ich darin las, bestätigte meine Gedanken und Ansichten, die sich mir seit dem ersten Jahre meines Aufenthaltes hier im Lande übrigens schon aufgedrängt haben und die im Laufe der Zeit durch Beobachtung und erfahrungsmäßige Kenntnißnahme der Verhältnisse sich nur defestigen konnten, daß es nämlich hohe Zeit ist, mit eigenen, selbständigen deutschen Werken in Palästina und Sprien vorzugeben, und zwar genau in dem Sinne und in dem Geiste, wie es unser katholischer Palästina=Verein anstrebt, der den Araber bei der Seite faßt, wo er es am meisten nöthig hat, nämlich ihn lehrt, den Boden vernünftig zu bearbeiten, die Einfachheit seiner Vorfahren zu lieben, vor der Windigkeit und Leichtfertigkeit moderner europäischer Bildung sich zu bewahren, auf sein eigenes Land seine Liebe und sein Interesse zu richten, und nicht immer, wie nach spanischen Schlössern, nach Fränkischem und Europäischem hinüber zu blicken und Alles, was glänzend und schillernd von dort sich ihnen vorspiegelt, für eitel Gold zu halten. Wir hätten ferner seit Jahren schon, wenn denn überhaupt bedeutende Summen für Palästina verwendet werden sollten, auch in der Art der Verwendung daselbst eine Wahrung deutschen Interesses mit beanspruchen sollen. Die hier herrschende Strömung gipfelt nicht darin, gute, einfache, katholische, ihren heiligen Boden liebende und pflegende Araber zu bilden, sondern vielmehr darin, französische Sprache, Richtung und Bedürfnisse mit all dem Erziehungsapparat, der dafür zu Gebote steht, dem Volke beizubringen. Alle Beihülfe wird hierzu von der französischen Regierung, von patriotischen Verbindungen zur Förderung der Ausbreitung der französischen Sprache von Paris aus und anderwärts gewährt. An Mitteln fehlt es durchaus nicht, sowie auch nicht an beharrlicher Thätigkeit, das Französische unter die niedere und breite Schicht des gewöhnlichen Volkes zu bringen. Fast alle in Frankreich bestehenden Vereinigungen für Unterricht der Orientalen setzen als Bedingung eine gus von den französischen Unterricht. Von einer Nothwendigkeit oder auch nur Angemessenheit desselben zu reden, kommt mir gerade so vor, als wenn man behaupten wollte, unsere armen Bauern in der Eifel oder auf dem Eichsfelde könne dadurch aufgeholfen werden, daß man unter ihnen französische Schulen gründet. Warum man die Arbeit unter den Orientalen gerade in diese Richtung hinein gebracht hat, wissen die Franzosen recht wohl, und wir verstehen das auch. Ich bin auch weit entfernt, es ihnen von ihrem Standpunkte zu verübeln. Würden Sie mich fragen, ob denn nicht in irgend einer Anstalt hier zu Lande auch von deutscher Sprache und Art etwas gelehrt und gelernt werde, gewissermaßen als kleine Steuer der Dankbarkeit für die vielen und großen Summen, die wir hergeschickt haben, so kann ich Ihnen nur verneinende Antwort geben. Ich rede hier von regelrechtem Unterricht und ernster Beachtung des Deutschen, nicht von ein paar Brocken, die etwa im Hause Ratisbonne in Jerusalem als Deutsch irgend einem Jungen vorgesprochen werden. Meine Ansicht ist hier übrigens nicht, daß wir es so machen und in denselben Fehler fallen sollen, wie die Franzosen; ich meine im Gegentheil, daß der Araber in seiner Sprache, in seinen Sitten und in der Weise, wie es dem Bedürfnisse seines Landes entspricht, erzogen, gebildet und vervollkommnet werden soll, wobei immerhin Einzelne aus ihnen als Berufene auch fremde Sprachen lernen mögen, ähnlich wie bei uns. Ich denke, der PalästinaVerein wird sich die deutschen Templer, die seit 15 Jahren bereits sich hier niedergelassen, zum Muster nehmen und dasjenige, was diese in einem protestantischen Geiste begonnen und durchgeführt haben, im katholischen deutschen Geiste aufnehmen und ausbauen. Dazu muß freilich immer und immer wieder die Wichtigkeit und Hoheit der Sache unserem guten Volke nahegelegt werden. Wir Deutsche sind da, wo es sich um's Geben handett, mitunter ein wenig schwerhörig und lassen uns in diesem Punkte gar sehr von den Franzosen beschämen. Die Gaben, zumal die der Reichen, müssen nicht auf 5 und 10 Mark, sondern auf 100 und 1000 Mark lauten. Unsere Presse muß der Sache sich annehmen und rufen und erörtern und begeistern; und nicht nur die kleineren Blätter, sondern die großen Zeitungen müssen mit Wucht und Nachdruck über eine so bedeutende nationale Angelegenheit sich aussprechen und ihre Leser dafür erwärmen. Auch Pilgerzüge müssen hierher kommen in ganzen Zügen und großen Schaaren. Und wenn unsere edle Geistlichkeit dabeim viel zu thun hat und „ nicht gut abkommen kann, so müssen die Laien um so zahlreicher sich aufmachen, gute, einsichtige, gediegene Männer. Sie müssen herkommen und deutsch sprechen, frank und frei, und zeigen, daß es in Germanien nicht Eukur geschmpirrshen, sondern auch Kattoliken, und zwar Katholken, die — grtumoft haben, und sich nun in Palästina umsehen wollen, um dort unter eigenem und deutschem Namen Gutes zu tyun und Segen zu stiften. Kommen nur erst viele Pilger und sehen sich an Ort und Stelle die Verhältnisse an und lassen sich nicht von Fremden vorab einnehmen, so wird bald eine richtigere und den deutschen Wünschen gerechtere Auffassung der Dinge sich Bahn brechen. Provinzielles aus dem Reiche. 30. Dec. Gestern Morgen verunglückte ein Bergmann in der Grube der Zeche„Clerget" dadurch, daß ein aus dem Hangenden sich lösender Stein ihn ins Genick traf, wodurch der Tod sofort eintrat. Der Verunglückte ist unverheirathet.— Dem hiesigen Bincenz=Vereine ist seitens der Stadt zur Beschaffung von Kohlen für die hiesigen Armen die Summe von 150 Mark in anerkennenswerther Weise überwiesen worden. Olotho, 29. Der. Vorgestern wurde einem Manne aus Veltheim, der hierselbst den bereits in der Fahrt begriffenen Zug nach Eisbergen besteigen wollte und dabei hinstürzte, der Kopf abgefahren. Herne, 24. Dec. Die„Rh.=W. Ztg.“ bringt folgende abenteuerliche Meldung Zugberaubungen sind wiederholt schon von Amerika gemeldet, daß aber derartige Fälle auch hier in unserer civilisirten Gegend vorkommen, ist ein seltenes Ereigniß, weshalb der Leser sich wundern wird, von einem solchen in nächster Nähe zu hören. Vom Bahnhof Herne (K.=M.) wird allabendlich zwischen 8 und 9 Uhr ein Lastzug nach RiemkeBochum abgelassen. Jenseits des Anschlußpunktes des Geleises der Zeche „Shamrock“ an die Bergisch=Märkische Bahnstrecke Herne=Riemke befirdet sich ein Gehölz, welches der Sammelpunkt einer Bande geworden war, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, diesen Zug während der Fahrt, welche dort in Folge einer Steigung sehr langsam vor sich geht, am 17. und 18. d. M. unter Bedrohung des Personals zu besteigen, größere Kohlenstücke aus den Wagen zu werfen und mit diesen beladen sodann das Weite zu suchen. Um diesen Zugplünderungen zu begegnen, hatte sich die Bahnverwaltung genöthigt gesehen, die königliche Staatsanwaltschaft schleunigst zu benachrichtigen und um Abhülfe zu ersuchen. Für den 20. d. M., Abends, wurde die polizeiliche Begleitung sofort angeordnet. Drei Schutzleute, ein Gendarm und zwei Bahnpolizeibeamte, hatten neben dem ständigen Zugpersonal den Zug bestiegen und auf den Bremsen Platz genommen. Als der Zug sich dem erwähnten Gehölz in der Dunkelbeit näherte, stürzten gegen 15 Personen beiderlei Geschlechts aus demselben hervor und eilten dem Zug entgegen, um ihre Plünderungen wieder auszuführen. Die Absicht merkend, ließ der Locomotivführer den Zug langsam halten, worauf die bewaffnete Macht herabsprang, um die Bande dingfest zun machen. Die Letztere aber, die bewaffnete Mannschaft erblickend, stob auseinander und verschwand im Dunkel der Nacht, so daß es nur gelang, einen etwa 20jährigen Burschen und dessen Mutter festzunehmen. Die ganze Geschichte riecht sehr nach— Amerika! Dutsdurg, 29. Der. Die letzte Volkszählung ergab für unfere Stadt als ortsanwesend 47 517, und zwar 24 204 männliche und Die Bevölkerung bat in den letzten fünf Von den Einwohnern sind 22 536 kathotkatholisch, 441 Juden, 62 Dissidenten, 5 sse. Die Zahl der Mischehen betrug 98.— jahre 1885—86 905 644 Tonnen(à 20 Crr.), 1884. dieses Jahres sind 105 Kleinit beschrünkter Concession wegen Auszur Bestrafung gezogen. Trotzdem die bemessen werden, mußte neuerdings gegen eine geschritten werden. Am Schnapsverkauf scheint Die kürzlich verösfentlichte Mittbeilung der„Dür. verstordenen Herrn Passerin, eirea antheimgefallen, ist unrichtig. Das biesige Amtsgericht hat damals steben Personen die Erbbescheinigung ausgestellt, und diese sieben Erben haben sich in den Nachlaß getheilt. Dem Fiscus Wiesbaden, 29. Der. Heute munde dier der Kauf eines Bauplatzes für eine zweite kath. Kirche zum Preise von 55000 Mk. perfect. Aus Rassan, 29. Dec. Der Herr Bischof von Limburg hat den Domcapitular und geistlichen Rath Walter daselbst zum Domdecan und General=Biear ernannt. Derselbe erfreut sich ungetheilter Hochachtung. Seit 1864 war er in Limburg ununterbrochen, zuerst als DomBicar, dann als Wirklicher Geistl. Rath und Ordinariats=Rath, seit 1871 als Domcapitular in der Central=Verwaltung des Bisthums, beschäftigt. Erfurt, 30. Dec. Großen Schaden hat durch die SchneeCalamität der vergangenen Woche der bekannte hiesige Blumenhändler Schmidt erlitten. Er hatte am letzten schneefreien Tage allein 10000 Postsendungen, meist mit lebenden Blumen, aufgegeben. Nach seiner Katalogbedingung leistet„Blumenschmidt“ nun Garantie für frisches, unversehrtes und rechtzeitiges Eintreffen der Sendungen und haftet bei nicht vorauszusehenden Ereignissen, wie Betriebsstörungen, Entgleisungen, Ueberschwemmungen für jeden Schaden, so daß alle Kunden vor Verlusten bewahrt sind.— Herr Schmidt erklärt jetzt öffentlich, daß er seine Katalogbedingung strenge inne halte— aber schwerlich wird er die Härte dieser sich selbst auferlegten Bedingungen jemals so bitter empfunden haben, wie in der Weibnachtswoche des Jahres 1886 Aus dem Königreich Sachsen, 29. Dec. Hier haben abermals Schneeverwehungen stattgefunden, so daß auf kleineren Zweigbahnen der Verkehr wieder gesperrt ist. Wiener und süddeutsche Posten bleiben wieder aus. Die Zahl der Unglücksfälle, welche das Schneewetter verursacht, mehrt sich von Lag zu Tag.. München, 29. Dec. Ein Act grenzenioser noyheit wurde während der Christmette in der St. Benedictuskirche verübt. Ein angetrunkenes Individuum erfrechte sich, mit vollem Literkruge sich in die Kirche zu begeben und beim Zeichen des Segens mit dem Krugdeckel zu klappern. Natürlicher Weise erregte dieser Vorfall die peinlichste Aufregung und die sofortige Entfernung des Frevlers, welcher leider, noch ehe die Polizei ihn zu fassen vermochte, entkam, ohne erkannt zu werden. Vermischtes. Abenteuner eines Eingeschneiten.— Das Sprichwort:„Wenn Jemand eine Reise thut, so kann er was erzählen, hat sich wohl selten in solchem Maße bewährt, wie in diesen Tagen der Schneestürme. So erzählt dem„B. T.“ ein in Berlin wohnhafter Kaufmann die Abenteuer, die er auf der Fahrt von Dresden nach Berlin erlebt hat: Am Montag voriger Woche war derselbe um 5 Uhr 45 Minuten mit dem Personenzuge von Dresden abgefahren, und— anstatt fahrplanmäßig um 10 Uhr 35 Minuten desselben Abends in Berlin anzukommen— dauerte diese Fahrt zwei Tage und 17 Stunden! Von Dresden war er im leichten uhneegestöber, abgefahren, das indessen an Heftigkeit immer mehr zunahm. Kurz nach 7 Uhr Abends, etwa fünf Minuten hinter der Station Weißig, blieb der Zug im Schnee stecken. Alle Bemühungen, vorwärts zu kommen, waren vergeblich, und schließlich konnte der Zug auch nicht mehr rückwärts sich concentriren. An genau derselben Stelle war schon vor zwei Jahren ein Eisenbahnzug in Folge von Schneeverwehung stecken geblieben, und die Bahnverwaltung hatte schon damals in Aussicht genommen, durch Abtragung des Terrains derartigen Eventualitäten vorzubeugen. Bis jetzt ist es leider bei der guten Absicht geblieben. Tröstlich war dies für die gefangenen Passagiere keineswegs, deren sich 36 im Zuge befanden. Ein Theil derselben— Damen und Herren— begab sich zu Fuß unter Vorantragung von Laternen nach dem etwa acht Minuten von der Unglücksstätte entfernten Orte Weißig, und fand dort bei dem Restaurateur Köhlau gastfreundliche Aufnahme und ein Strohlager für die Nacht. Der andere Theil der Passagiere blieb in den warmen Coupés die Nacht hindurch und kam erst am anderen Morgen nach Weißig. Der von dem Unfall benachrichtigte Bahnmeister erschien mit etwa acht requirirten Arbeitern, um das Schneehinderniß fortzuschaffen, allein die Leute weigerten sich, für den ihnen gebotenen winzigen Lohn zu arbeiten. Die Betriebsdirection in Dresden wurde telegraphisch um Requirirung von Militärmannschaften ersucht, jedoch ohne Erfolg. Inzwischen war der Berliner Schnellzug, welcher am Montag Abend von Berlin abgegangen war, bei Weißig angekommen und dort ebenfalls im Schnee stecken geblieben. Für diesen wurde noch in derselben Nacht das Geleise frei gemacht, so daß er in der Richtung nach Dresden weiterfahren konnte. In der„Hitze des Gefechts" hatte man aber vergessen, zwei abgehängte Wagen des Schnellzugs wieder anzuhängen, die Passagiere waren im Gefühle völliger Sicherheit in ihren Coupés geblieben, und als der Zug abdampfte— blieben die beiden Wagen mit etwa acht Passagieren ruhig zurück. Der Schnellzug kam aber nicht sehr weit, er blieb vielmehr bei Priestewitz nochmals liegen. Die im Stiche gelassenen Passagiere begaben sich ebenfalls zum Restaurateur Köhlau, und es wurde mit den bereits anwesenden Leidensgefährten allgemeiner Kriegsrath abgehalten. Selbstverständlich wurde zunächst der Stationsvorsteher zum„Angriffsobject“ genommen und in mehr oder minder freundlicher Weise bestürmt, nach Riesa und Dresden um Hülfe zu telegraphiren, was derselbe auch bereitwilligst that. Im Uebrigen fanden die Reisegefährten, daß sie in Weißig recht gut aufgehoben waren, und beschlossen, vorläufig dort zu bleiben. Zum Danke für die gewährte Gastfreundlichkeit wurde Herrn Köhlau ein großartiges Anerkennungs= und Belobigungsschreiben abgefaßt, das von sämmtlichen Gästen unterzeichnet wurde. An ein Fortkommen der Passagiere war indessen am Mittwoch noch nicht zu denken. Erst am Abend gelang es, die Strecke bis Riesa frei zu machen, und um halb 8 Uhr wurden sämmtliche Passagiere nach Riesa zurückbefördert. Schon wiegten sich dieselben in der Hoffnung, daß sie nun an demselben Abend noch nach Berlin würden fahren können. Allein, als sie um 8 Uhr in Riesa anlangten, erfuhren sie zu ihrem Schrecken, daß der Schnellzug nach Berlin vor zehn Minuten abgegangen sei, und daß an diesem Tage kein Zug mehr nach Berlin abgelassen werde. Die Passagiere mußten sich dabei die Nacht zum Donnerstag noch auf dem Bahnhof Riesa herumdrücken, und um halb 5 Uhr Morgens wurden sie endlich nach Berlin befördert, wo sie am Donnerstag Vormittag gegen 10 Uhr mehr oder minder„wohlbehalten“ anlangten. Die unvergeßliche Fahrt von Dresden nach Berlin hatte also, anstatt fünf Stunden, zwei Tage und 17 Stunden gedauert. Ueber das neue deutsche Repetirgewehr(Infanterie=Gewehr 71.84) wird dem„Fränkischen Courier“ Folgendes mitgetheilt:„Das Gewehr ist im Allgemeinen das Gewehr Muster 71(Mausergewehr) und hat nur die für ein Repetirgewehr nöthige Mehrladevorrichtung erhalten, welche sich der Hauptsache nach im Schlosse vereinigt. Die Mehrladevorrichtung nimmt 8 Patronen in sich auf und hat den Zweck, diese Patronen beim Oeffnen und Schließen der Kammer in die Patroneneinlage zu befördern und somit den Ladegriff entbehrlich zu machen, wenn ausnahmsweise besonders schnell geschossen werden soll. Das Patronenmagazin besteht aus einem Rohr von dünnem Stahlblech, welches im Schaft unterhalb des Laufes liegt, hinten in die Hülse mündet, vorne dagegen über den Oberring vorsteht und mit einem aufschraubbaren Deckel versehen ist. Im Magazin befindet sich eine lange, das ganze Rohr ausfüllende Spiralseder— Magazinfeder— zu dem Zwecke, die eingeladenen Patronen nach hinten, beziehungsweise auf den Zubringlöffel zu bringen. Beim Aufund Zumachen der Kammer mittelst des Hebelknopfes wird, wenn das Schlotz zum Magazinfener gestellt ist, kurch das gleichzeitig stattfindende Auf= und Abbewegen des Löffels die aus dem Magazinrohre tretende Patrone in die Patroneneinlage befördert, von wo sie beim Vorschieben der Kammer in den Lauf gelangt. Das Abfeuern geschieht wie gewöhnlich. Soll das Gewehr als Einzellader benutzt werden, so wird der Löffel festgestellt. Das Gewehr hat eine Länge von 1,3 Meter ohne und 1,8 Meter mit aufgestecktem Seitengewehr, wiegt bei leerem Magazin 4,6, beziehungsweise 5.4, bei gefülltem Magazin 5.0, beziehungsweise 5,8 Kilogramm. Die Patrone hat eine Hüse von Messing, die Pulverladung „ aus 5 Gramm neuen Gewehrpulvers A. 71; das Geschoß ist aus Bleidraht gepreßt, 25 Gramm schwer, cvlindrisch geformt und mit einer stumpfen Spitze versehen; die fertige Patrone hat eine Länge von 78 Millimeter und wiegt 43 Gramm. Das Visir kann auf die Entfernungen von 200 bis 1000 Meter gestellt werden. Der Lauf ist aus Stabl gefertigt und zum Schutze gegen Rostbildung gebräunt, hat ein Kaliber von 11 Millimeter und 4 Züge; der Schaft ist aus gutem Nußbaumholz geschnitten und gefirnißt.“ Ueber Franz Liszt.— Aus Pest wird der„N. Fr. Pr. berichtet: „Dasjenige Mitglied des hiesigen Franciscaner=Klosters, welches für Franz Lilzt seiner Zeit das Ordenskleid(des dritten Ordens) angefertigt, hat vor Zeugen die schriftliche Erklärung abgegeben, daß Liszt in bestimmtester Weise den Wunsch ausgesprochen, in dem für ihn angefertigten Ordenskleide in der Gruft der hiesigen Franciscaner beigesetzt zu werden. Ein anderes Mitglied des Ordens erklärte gleichfalls schriftlich, daß zur Zeit, in der Franz Liszt in den Franciscaner=Orden eintrat, unter den Ordensbrüdern als etwas allgemein Bekanntes und Selbstverständliches der Wunsch ihres neuen Bruders besprochen wurde, im Kreise seiner hiesigen Ordensgenossen bestattet zu werden. Ein dritter Zeuge, der in verwandtschaftlichen Beziehungen zu Liszt stehr, bezeugt gleichfalls, daß sein Verwandter vor seiner im heurigen Jahre erfolgten Abreise aus Pest vom Wiederseben sprach und erklärte:=Wir werden uns, wenn auch nicht lebend, so doch gewiß wiedersehen, denn der Platz für einen Sohn Ungarus ist dier.= Bei der Inventarisirung der Hinterlassenschaft Liszt's ist auch die weiße Schnur zum Ordenskleide der Franciscaner vorgefunden worden. Bei diesem Anlasse sei auch des von Franz= Liszt im Jahre 1863 an den Ordensgeneral der Capuciner nach Rom gerichteten Schreibens gedacht, in welchem sich der Künstler für die Zusendung einer Relique des heiligen Franciscus von Assisi bedankte; diesen Brief unterzeichnete Liszt mit seinem Namen und mit dem Beisatze: stertit ordinis sancti Franciseie. Wie verträgt sich das mit den Angaben eines Freimaurerblattes, wonach Liszt noch 1870 seine Zugehörigkeit zum Freimaurerorden bezeugt haben soll?“ Ein interessanter Patient.— Unter den Augenkranken, welche dem gegenwärtig in Wien weilenden Bruder der Kaiserin von Oesterreich, Herzog Dr. Karl Theodor in Bavern bei seinen Besuchen an der Klinik des allgemeinen Krankenhauses in Wien vorgestellt wurden, befindet sich auch der Albanese Konstantinowitsch, welcher zu den interessanten Straßenfiguren der Stadt Wien zählt und von den Wienern kurzweg„der Tätowirte“ genannt wird. Derselbe hat, wie das„Dresdener Journal berichtet, schon vor Jahren, als er sich in Wien öffentlich sehen ließ, das Interesse der ärztlichen Kreise, sowie auch des großen Publicums durch die kunstvolle Tätowirung seiner Körperhaut auf sich gelenkt. Dem grausamen Verfahren ist er als Gefangener in Indien unterzogen worden. Inzwischen weilte Konstantinowitsch auf einer mehrjährigen Tournée in Amerika, welche ihm zwar glänzende materielle Erfolge brachte, aber auch eine heftige Augenkrankheit im Gefolge hatte, die von den Aerzten der neuen Welt so wenig glücklich behandelt wurde, daß der Albanese die Sehkraft des einen Auges gänzlich einbüßte. Im Sommer kam er wieder nach Wien, um die dortigen Capacitäten der Augenheilkunde um ärztlichen Beistand zu bitten. Bei einer dieser Consultationen an der Klinik des allgemeinen Krankenhauses wurde nun Konstantinowitsch dem Bruder der Kaiserin vorgestellt, der dem exotischen Patienten seine besondere Sorgfalt zuwandte. Auch ein sichtbares Zeichen der Huld hat der Herzog dem leidenden Tätowirten gespendet, indem er dem Albanesen gelegentlich eines Besuches eine seinem Augenleiden entsprechende Brille zum Geschenk machte, was Konstantinowitsch eine unbeschreibliche Freude bereitete. Mit seinem pecuniären Loose könnte der Albanese wohl zufrieden sein, denn außer daß ihm von einem Londoner Museum„gegen Ueberlassung seiner Körperhaut nach dem Tode“ ein ansehnliches Jahrgehalt gezahlt wird, hat er sich auf seinen Tournées ein bedeutendes Vermögen erworben. Davon legt ein Schatz kostbarer suwelen, den er beständig bei sich trägt und der von Kennern auf zehn Tausend Gulden Werth geschätzt wird, Zeugniß ab. Ueber seine Brust spannt sich ein Netz von fingerdicken, massiven, mit allerlei Münzen, Berloques und Edelsteinen behangenen Ketten; um seine Armgelenke schlingen sich schwere Goldbracelets, und an seinen Fingern funkeln Ringe mit kirschengroßen Brilanten. G5 men erssauet. Jäger und Wilddieb.— Bei Podersam in Bohmen ereignere sich in der vorigen Woche der seltene Fall, daß ein Jäger und ein Wilddieb einander erschossen. Der Forstadjunct Eberl wurde im Alberitzer Forste erschossen aufgefunden. 200 Schritte von ihm entfernt lag tödtlich verwundet ein berüchtigter Wilddieb. Der Jäger hatte den Wilddieb angetroffen und sich sofort an dessen Verfolgung gemacht. Der Wilddieb schoß auf seinen Verfolger, die Kugel traf denselben in die Brust und verwundete ihn tödtlich. Dieser fand aber noch die Kraft, auf den Wilddieb zu schießen und stürzte dann sterbend zusammen. Der Wilddieb kam, nachdem man ihn aufgefunden hatte, nochmals zum Bewußtsein, erzählte den Hergang in der eben geschilderten Weise und starb dann. Schliemann das Grab Alexander's des Großen aufdecken wollte (wir wissen nicht, ob derselbe deshalb jetzt in Aegypten weilt), kam ein Italiener auf die Idee, das Grab Alarich's im Busento zu suchen. Wenn dagegen eingewendet wurde, dasselbe beruhe auf Dichtung, so zeigen doch andererseits Funde, daß diese Bestattungsweise an sich üblich war. So ist jetzt ein solches Grab im Torrente di Negrar bei Negrar di Balpolicella (Venetien) gefunden worden. Auf dem Grunde dieses Flüßchens lag unweit eines Palazzo genannten Grundstückes unbeachtet ein Steinblock von quadratischem Querschnitt und etwa 0,80 Meter Seitenlänge. Ein Ungewitter ließ den Bergstrom anschwellen und das Wasser rückte den Stein, auf den Niemand früher geachtet hatte, von seiner Stelle. Nach dem Ablaufen der Hochfluth wurde nun eine Grabkammer sichtbar, welche der Stein bedeckt hatte. Dieselbe war von sechs Steinen gebildet und enthielt drei menschliche Schädel und verbrannte zerkleinerte Gebeine, sowie einen Terracottakrug von grauem Thon ohne Verzierung, der eine Lampe, ebenfalls von Terracotta, mit der Darstellung eines geflügelten nackten Genius in Relief entbielt. Meng g. 8a.. Ueber den Geruchssinn haben in neuenter Zeil die beiden nordamerikanischen Physiologen Nichols und Bailey interessante Untersuchungen angestellt, die zu unerwarteten Ergebnissen führten. Die beiden Gelehrten füllten Fläschchen mit verschiedengradigen, genau bestimmten Lösungen starkriechender Substanzen, Oel aus Nelkengewürz, Knoblauch=Extract, Blausäure u. dergl., und ließen nun eine Anzahl von Personen den betreffenden Geruch bestimmen. Dabei zeigte sich vor Allem eine außerordentlich große Verschiedenartigkeit in dem Geruchsvermögen der einzelnen Individuen; während z. B. noch drei Männer Blausäure in einer Mischung rochen, bei welcher auf 1 Gramm Blausäure 2000 Kilogramm Wasser kamen, war für Andere der Geruch bei einer um das Hundertfache stärkeren Mischung noch nicht wahrnehmbar. Das überraschendste Resultat ergab aber der Vergleich der Empfänglichkeit der Männer und der Frauen für Gerüche; es wurden daraufhin 44 Männer und 39 Frauen untersucht, und es zeigte sich, daß die Männer einen bedeutend feineren Geruchssinn haben, als die Frauen. Keine der Frauen nahm Blausäuregeruch mehr wahr in Mischungen von 1: 20000 Gewichtstheilen Wasser, während die Mehrzahl der Männer denselben noch in Verdünnungen von 1: 100000 constatirte. Citronengeruch rochen die Männer noch bei einer Mischung in einem 250000fachen Wasservolumen, während die Frauen eine doppelt so starke Mischung brauchten, um ihn wahrzunehmen; dasselbe Resultat ergab sich bei den Versuchen mit Knoblauch= und anderen Gerüchen. Ein Riesentunnel.— Ein Project ist gegenwärtig im Gange, einen Eisenbahntunnel durch die Felsengebirge zu bauen, und zwar mitten durch den Grays Peak, der sich nicht weniger als 14441 Fuß hoch über der Meeresfläche erhebt. Derselbe soll sich 4441 Fuß unter dem Gipfel des Peak befinden und eine Länge von 25000 Fuß haben. Der Tunnel soll die Thäler auf der östlichen, sog. atlantischen Seite mit denjenigen an der Pacificküste in Verbindung oringen und gleichzeitig die Entfernung zwischen Denver in Colorado und Salt Lake City in Utah verringern, so daß die Eisenbahnfahrt vom Missouri=Fluß oder von St. Louis aus bis nach San Francisco um ungefähr 300 Meilen verkürzt werden würde. Ein Theil der zu dem Unternehmen nothwendigen Vorarbeiten ist bereits vollendet. Das Land vom Missouri an bis zum Fuße der Felsengebirge erhebt sich nach und nach zu einer wellenförmigen Prairie, die zuletzt eine Höhe von 5200 Fuß über dem Meeresspiegel erreicht. Ueber diese Prairie hinaus erheben sich noch die Bergmassen der Rocky Mountains stellenweise bis zu einer Höhe von mehr als 11000 Fuß. Von den zwanzig berühmtesten Engpässen, die durch das Gebirge führen, befinden sich nur sieben in einer Höhe von weniger als 10 000 Fuß über dem Meeresspiegel. Von den 73 bedeutenden Ortschaften in Colorado liegen nur zwölf in einer Tiefe von 5000 Fuß über dem Meeresspiegel, während zehn über 10.000 Fuß erreichen und eine gar 14000 Futz über der Meeresfläche liegt. Gebirgspässe in einer solchen Höhe bieten natürlich dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr große Schwierigkeiten dar, und die von Meer zu Meer führenden Eisenbahnen haben daher oft große, Hunderte von Meilen weite Umwege machen müssen, wodurch reiche Ebenen, die an der Westseite des großen Gebirgszuges liegen, thatsächlich von Denver und den Märkten des Ostens ausgeschlossen worden sind. Die Stelle, von welcher aus der Tunnel gebohrt werden soll, befindet sich 50 Meilen westlich von Denver. Land= und Hauswirthschaftliches. Eicheln als Hühnersutter.— Die bisher nur bei Schweinen angewandte Eichelmast hat sich, nach Versicherung praktischer Geflügelzüchter, auch bei den Hühnern in ganz besonderer Weise bewährt, indem, wie die „Zeitschrift für Geflügel und Singvögel“ schreibt, dieselbe die Thiere zum Eierlegen anregt. Zu diesem Zwecke läßt man die im Herbst gesammelten Eicheln in einem Backofen dörren und zu Mehl vermahlen. Man kann dem gewöhnlichen Futter eine kleine Portion dieses Mehles in guchtem Zustande beifügen, es über Tischabgänge von Fleisch und Kartoffeln streuen, wodurch es an den Brocken, gut angerührt, haften bleibt und möglichst lauwarm gegeben wird. Von anderer Seite wird gerathen, um den Erfolg noch wirksamer zu machen, den Hühnern vor Allem einen warmen Stall zu geben und die Hähne von ihnen abzusondern. Die Eichelkost sei am besten dargereicht, wenn man aus dem Eichelmehl einen Teig mit warmem Wasser bereite, hiervon kleine Brödchen, ungefähr wie eine Semmel groß, forme und diese dann im Backofen trockne. Es genüge für zwölf Hühner, wenn man ein Biertel bis eine halbe Semmel dieses Eichelgebäckes auflöse und es dem Futter beimische, das alsdann schon etwas geringer zu sein braucht, als ohne diese Zugabe. Man meinte sogar, daß, wolle man nur mit dieser Futtermischung füttern, Brode von Eichelmeyl in der Größe einer Hand ausreichend wären, um zwölf Hühner damit zu sättigen, was allerdings etwas wenig erscheint, ohne Zugabe anderer Stoffe. Verantwortlicher Redacteur: Johaanes Hoffmann in Münster. Berliner Schneider=Akademie(Berlin C., Rothes Schloß), größte Lehranstalt für Herren=, Damen= und Wäscheschneiderei. Ausgebildete erhalten Stellung als Zuschneider, Directricen 2. Besuch im Jahre 1886: 883 Schüler und Schülerinnen. Actien=Gesellschoft für Verlag und Druderel in Drus Zu 6 t#b'schen Buchdruchkerei.