Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage. Bezugspreis einschließlich der täglichen Gratis=Beilage Familienfreund“, sowie der wöchentlichen Beilagen„Thomas a Kempis“ und des„Illustrierten Sonntagsblattes" durch die Boten zugestellt nur 60 Pfg. pro Monat, durch die Post bezogen nur 1,60 Mk. pro Quartal. Anzeigeupreis für die 7 gespaltene Petitzeile 12 Pfg. Reklamen 40 Pfg. die Zeile.— Beilagen pro 1000 6 Mr. Bei zwangsweiser Beitreibung der Insertions=Gebühren durch Klage, Konkursverfahren 2c. wird der bewilligte Rabatt hinfällig. Für die Erfüllung von Platzvorschriften wird keine Gewähr übernommen. Geschäftsstellen: Augustastraße 24 und Hauptstraße 79. Vierzehnter Jahrgang. Telephon=Auschluß: Amt Witten Nr. 1017. J. 4. verbunden mit dem„Wittener Samstag, den 2. Januar Telegramm=Adresse: Volkszeitung, Witten. Redaktion, Druck und Verlag von H. Bringewald, Witten. astenkuttal „Wenn man einmal aus weiter Ferne“— so lesen wir im„Türmer“(Herausgeber Freiherr v. Grotthuß)—„auf unsere Zeit zurückschauen kann, dann wird man vielleicht sagen: Es war die Epoche des Appells an die Massen.“ Deutschland bietet seit der Errungenschaft der Reichseinheit das merkwürdige Schauspiel einer Bewegung einzelner auf die Ganzheit. Während Frankreich aus der Empirie des Empire. aus den Konseqnenzen der Revolution die Bewunderung der „Majestät des Volkes“ gewann, um in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu Taines These von der Vegetation der Masse um des Genies willen durchzudringen, machte Deutschland die umgekehrte Entwickelung durch. Hier festigte sich trotz der nationalen Erhebungs=Abstraktion von 1848 mehr und mehr der seichte, dem konstitutionellen Monarchismus so gefällige Mittelmäßigkeits=Optimismus, der in der Anspruchslosigkeit an sich selbst sich einer völligen Kaut. schukmoral hingibt, und erst in neuester Zeit macht sich eine Reaktion des Selbstbewußtseins geltend, ein Bedürfnis nach der Achtung der Massen.. Deutschland war nie Nation in dem einheitlichen Sinne wie etwa Frankreich; auch nie demokratische Individualität wie das mittelalterliche Italien. Ihm fehlt ebenso der republikanische Geist, der einst Venedig seine Größe gab, wie der parlamentaristische Englands. Das Bequemlichkeitsbedürfnis des in politischen Dingen phlegmatischen Deutschen trieb von jeher zu einem dualistischen Prinzip zwischen Politik und Kultur. Die Person des Herrschers blieb stets ein Außenstehendes neben der allgemeinen Entwickelung. Nie wurde, wie in Frankreich, der Name des Herrschers zur Bezeichnung für den herrschenden Stil, für die Epoche. Nur mit ganz wenigen Ausnahmen verflocht sich je der Name des Herrschers derart mit dem allgemeinen Fortschritt, daß man hätte sagen dürfen, ohne ihn wäre man nicht so weit gekommen. Kultur, Wissenschaft, Kunst und Religion gingen stets ganz ihren eigenen Weg. Diese Eigenmächtigkeit bewahrte sich das deutsche Wesen von altersher und wird nie imstande sein, davon abzugehen. Um dieses Prinzipes willen, das in stillschweigendem Uebereinkommen nie angetastet wurde, konnte die Phrase des Gottes=Guadentums geduldet werden. Dieser Zustand war, ehrlich gesprochen, nie ein wahrhaft glücklicher; aber er war erträglich. Wenn heute in den Wogen der Gegenwartserregung das Wort des„Nichtmehrverstehens" fällt, und für die Augenblickssituation wie ein erhellendes Schlaglicht wirkt, kann es auf den aufmerksamen Beobachter keinen neuen Eindruck machen. Wann haben sich denn je in Deutschland Volk und Fürst verstanden? Wann haben sie sich je verstehen wollen? War auch nur ein mal das Bedürfnis dazu vorhanden? Stand einmal das Volk vor einer entscheidenden Frage, wo es sich sagte: da wollen wir uns erst mit unserem Fürsten beraten? Nie, niel.....„„„ I. 8 Einst, als das deutsche Voir such von einem Napolcon knechten ließ, empfand man es als eine Schmach. Aber Napoleon war eine wunderbare, höchst merkwürdige Ausnahmeerscheinung. Einen Napoleon zu bewundern, ist immer begreiflich. In der Bewunderung seines Genies zu ignorieren, daß er zufällig für uns der Feind, der Bedrücker war— auch das ist begreiflich. Es liegt eine Größe in dieser Schwäche. Aber welch ein Zerrbild bieten dagegen die heutigen Verhältnisse! Ein Volk, das nicht weiß, was im eigenen Hause vorgeht! Ein Volk, das ein diplomatisches System duldet, mit dem es sich unaufhörlich nach allen Seiten hin blamiert. Hier liegt die Schuld, nicht beim Kaiser. Die Verfehlungen unseres Kaisers sind die selbstverständliche Folge des Verhaltens der großen Masse.“ Das Schlagwort: Der Kaiser und das Volk verstehen sich nicht mehr, sei die größte Ironie, die ausgesprochen werden konnte.„Darin liegt ja eben die Gefahr, daß der Kaiser anfängt, zu verstehen: Er kennt Aber das wahre deutsche Wesen, das, wenngleich heute fast völlig erstickt, immer noch in uns schlumme.., das kennt er nicht. Er kennt einen trüben Dunstkreis von Höflingen und diesen umlausend einen äußeren Ring von Hurraschreiern. Der Hintergrund wird in seinen Vorstellungen vielleicht von einem vaterlandslosen Gesindel ausgefüllt sein. Daß es noch etwas gibt, weiß er nicht und kann dieses Etwas darum auch nicht achten. Und das ist das Unglück. Gerade solche Naturen wie unser Kaisar bedürfen des Maßstabes der Masse, bedürfen eines beständigen Vergleichens zwischen dem Gefühl der Meuge und der eigenen Tatenlust. Wenn der Kaiser in diesen Tagen wirklich etwas von heit des Volkes vernimmt, so ist es doch bloß ein unartikuliertes Gebrüll, das zu verdolmetschen sich niemand die Mühe geben wird. Ein Gebrüll, wie es kürzlich Prinz Eitel Friedrich an der Unglücksstätte bei Hamm über sich ergehen ließ. Gebrüll und Hurrarufen vermis denke, Hurrarufe über 300 Tote hinweg! So erzieht sich das deutsche Volk seine Prinzen. Das Ergebnis des Reichstages ist ganz dasselbe: Melange von Gebrüll und Hurra. Ein Gericht, das, kaltgestellt, an der kaiserlichen Tafel schließlich ganz gut munden wird. Wegetann der Sfe. Nein, auf diesem g. Kurse sein Volk nicht achten lernen. Schlimmer als die angebliche Isolierung des Reiches nach außen hin ist die Isolierung, in der sich der Kaiser befindet. Er steht da wie ein Schauspieler, der bloß vor der Claque spielt. Ihm fehlt das Publikum. Das war seine Stellung vom ersten Augenblia seiner Regierung an. Nie war ein Maßstab da, an dem der Kaiser seine Handlungen messen konnte. Darum dieses verzweifelte Hinaustreiben ins Uferlose. Es ist ein Zug unserer Zeit. Nicht bloß die Politik, unsere Kultur leidet daran. Was war denn das Unglück unserer Künste im letzten halben Jahrhundert? Lart pour l'art. Kein Zusammenhang mehr mit dem Willen der Massen. Jeder ergreift ein Brett des gescheiterten Kolosses und läßt sich treiben. Kunst, Theater, Literatur, alles hat seinen Claquekreis und darüber hinaus keine Beziehungen. Pardon— nicht zu vergessen, ein Band ist da, ein famoser Schnürriemen, um den ganzen Flickenpack zusammenzuhalten — der Dilettantismus. Das ist das heilige Zeichen, in dem sich alles findet. Unsere schönen Bestrebungen der Volksbildung und Volksaufklärung, auf was laufen sie schließlich hinaus? Auf das große pädagogische Ziel— ein Volk von Dilettanten! Ja, in allen diesen Bestrebungen allerdings ein sehnsüchtiger Unterton: die Idee der Massenbildung um der einzelnen Persönlichkeit willen. Maßstab gewinnen, Maßstab gewinnen!..19 Mi moll Sind wir auf dem Wege dagar Vir woulen uns keinem schwächlichen Hoffnungstaumel hingeben. Wir wollen arbeiten, an uns arbeiten. Nicht dilettieren— arbeiten. Hurra beiseite lassen— arbeiten. Und wenn wir uns in dem Sinne erzogen haben, dann werden wir erst wissen, was wir von einem Kaiser zu beanspruchen haben. Beamtenbesoldung und Oeffentlichkeit. Seitdem die Beamtenbesoldungsvorlagen zum Gegenstand eingehender Erörterungen in den Fachzeitungen der Beamten geworden sind, hat auch die Oeffentlichkeit Veranlassung genommen, sich mehr oder minder mit den Beamtenverhältnissen zu befassen. Die Auseinandersetzungen unter den einzelnen Beamtenkategorien und Berufen, die Gegenüberstellungen der bei den verschiedenen#### tungen geforderten Vorkenntnisse, die Schwierg####. der Prüfungsaufgaben und der Dienstobliegenheiten, die Verantwortlichkeit im Dienste, die besonderen Anstrengungen im Nachtdienst und daraus folgernd die gewünschte und geforderte Bemessung der Besoldung, haben bei dem nicht direkt beteiligten Publikum wenig Sympathien gefunden. Man hat es mißliebig bemerkt, wie allerorten gewaltige Anstrengungen gemacht wurden, den eigenen Beamtenstand, die Dienststellung des einzelnen mit allem möglichen und öfters wenig überzeugenden Aufwand in die Höhe zu heben, gerade als ob hier allein alles das in höchstem Maße vorhanden sei, was zu einer Beamtenstellung erforderlich. In den meisten Fällen wurden dabei anschließend Vergleiche mit anderen Beamtenstellungen oder auch sonstigen Veruient. geführt, die an Kenntnis der einschlägigen Ver##nnisse und an vorurteilsfreier Würdigung der tatsächlichen Unterschiede viel zu wünschen übrig ließen. Führen aber die gegenseitigen Auseinandersetzungen einzelner Beamtenkörper so weit, daß ein förmlicher Kampf darüber in der öffentlichen Presse ausbricht, so ist das ein durchaus unerfreuliches Zeichen und wenig danach angetan, die Beamtenschaft in ihren Ansprüchen bezüglich der schwebenden Vorlagen Unterstützung finden zu lassen. Daß die Gehälter der Beamten an sich verbesserungsbedürftig sind, wird kein Mensch bestreiten wollen und daß namentlich bei den Unterbeamten an sehr vielen Stellen eine bittere Not zu Hause ist, dürste jedem einleuchten, der etwas Verständnis für die Bedürfnisse des Lebens besitzt. Aber die allgemeine wirtschaftliche Lage ist augenblicklich äußerst ungünstig, es herrschen allenthalben wenig günstige Aussichten auf die Zukunft, und da zudem eine erheblich höhere Steuerbelastung des Volkes in Aussicht steht, so braucht man sich nicht zu wundern, daß selbst notwendige Gehaltsaufbesserungen der Staatsbeamten vielfach eine recht unfreundliche Behandlung in Nichtbeamtenkreisen erfahren. Wenn man allenthalben hört, wie beispielsweise zu Weihnachten eine Lauheit im Geschäftsleben hervorgetreten ist, die für manchen Kaufmann und Geschäftstreibenden geradezu als verzweifelt bezeichnet werden muß, so läßt sich ermessen, daß es nicht die Beamten allein sind, die da Entbehrungen sich auserlegen müssen; daß viel mehr hier sogar noch die Hoffnung fehlt, daß dem nächst eine Besserstellung in Aussicht steht. Bei den meisten Staatsbeamten sind in den letzten Jahren nicht unerhebliche Dienstverbesserungen mit bedeutenden Kosten zur Einführung gekommen; sagte nicht vor einigen Wochen Staatssekretär Krätke bei Gelegenheit der Etatsbesprechungen selbst, daß die gewaltigen Ausgaben für die Beamtenbesoldungen nicht zuletzt auf die Dienstverbesserungen und Diensterleichterungen zurückzuführen seien, welche in den letzten Jahren den Beamten zugute gekommen? Hat nicht der Zentrumsabgeordnete Speck am 5. Dezember im Reichstage ausdrücklich hervorgehoben, daß die Postverwaltung fast gar keine Ueberschüsse mache und im letzten Jahre um 24 Millionen hinter dem Voranschlage zurückgeblieben sei. Die Schwäche der Leistung der Postverwaltung liege vornehmlich an ihrem hohen Bedarf der Besoldung, der von 510 Millionen Mark im Jahre 1907 auf 555 Millionen Mark im Jahre 1908 angewachsen sei. Der Post fehle es an dem notwendigen modernen kaufmännischen Geist, sie besoldet eine große Menge von tostspieligen Beamten, deren Dienstobliegenheiten von minder besoldeten Bediensteten genau ebenso gut und zuverlässig ausgeführt werden könnten. Seitens des Eisenbahnministers ist in den letzten Jahren ebensolls viel geschehen, um die Dienstverhältnisse der unterstellten Beamtenschaft zu verbessern. Ebenso bedacht wurden die Arbeiter bei der Eisenbahnverwaltung, denen nicht unbedeutende Verbesserungen bezüglich der Löhne sowie der sonstigen Dienstverhältnißse zu geworden sind. Wenn daher ein Fachblatt schreiben konnte, daß die Eisenbahnverwaltung für die Verbesserung der Ruheverhältnisse auf einem einzigen Bahnhof eine Summe von 54000 Mark auswerfen mußte, so ist daraus zu ersehen, welche Summen innerhalb des preußischen Staatsbetriebes allein für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden mußten. Anderseits muß aber der Eisenbahnverwaltung anerkennend zugegeben werden— und die offiziöse „Kölnische Zeitung“, hat dies vor einigen Rochen ausdrücklich hervorgehoben— daß sie als Staatsbehörde eine moderne Auffassung der Leistungen der Beamten sich zu eigen gemacht und diese in die Tat umgesetzt habe. Nicht nur, daß ein Teil der höheren Beamtenstellungen durch mittlere Beamte besetzt ist und noch in weiterem Maße zu besetzen in Aussicht genommen ist, auch eine große Anzahl von Arbeiten, die anderswo mittleren Beamten übertragen wird, findet bei der Eisenbahn Erledigung durch befähigte Unterbeamte. Was dabei an Beamtenbesoldungen erspart wird, kann hier im einzelnen nicht aufgeführt werden, aber bei der enormen Zahl der höheren und mittleren Beamten und den er heblichen Unterchieden in der Besoldungsbemessung dürfte= es nicht schwer fallen, hier greifbare Resultate Es ist die höchste Zeit, daß in allen Staatsgebieten nach diesem zeitgemäßen Vorgehen der Eisenbahnverwaltung verfahren wird, damit so gewissern jede einzelne Verwaltung aus sich selbst heraus einen Teil der Kosten für die Beamtenbesoldung beibringen hilft. Denn wenn eine Staatsbehörde für ihre Beamten Gehaltsverbesserungen beansprucht, so erscheint es eigentlich selbstverständlich, daß sie die Aufbringung der Mittel, soweit dies angängig, fördern helfen muß, ganz besonders aber zu einer Zeit. wo die Regierung ohnehin die Deckungsfrage für die bedeutenden Ausgaben nicht zu lösen weiß. Der Beamtenapparat muß vereinfacht, verbilligt werden, es ist an vielen Stellen viel zu viel Aufsicht und Oberaufsicht vorhanden, an den Zentralen müssen die Arbeiten gesichtet und minderwertige weniger gut bezahlten Kräften übertragen werden. Bei den Lokalbehörden muß an kostspieligen Beamten gespart werden. Das Wort des Abgeordneten Speck im Deutschen Reichstage, daß zum Freimarkenverkauf am Postschalter ein Beamter mit dem zeugnis nicht notwendig sei, sondern ein befähigter Briefträger diese Arbeit ebenso gut verrichten könne, ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist eben vielleicht eine Ansicht der Postverwaltung, daß dies ein mittlerer Beamter sein muß, der aber zwar. an Gehalt usw. 2 bis 3 mal so viel beansprucht. Hier ist also den Behörden ein weites Feld geöffnet, um ihre Sparsamkeit im Volksinteresse zu betätigen, und wenn an diesen Punkten richtig Hand angelegt wird. so dürfte auch die Oeffentlichkeit mehr Verständuts für die Beamtenbesoldungen zeigen und den Beamten vern das gönnen, was ihnen mit Bezug auf die Ausprüche, die gestellt werden, und mit Bezug auf die Schwierigkeit und Verantwortlichkeit ihres Berufes rechtmäßig gebührt. Deutsches Reich. = Das preußische„Reichs=Vereinsgesetz“. In der „Deutschen Juristenzeitung“ hält es KammergerichtsPräsident Dr. Koffka für nötig, darzutun, daß die Regierung im Reichs=Vereinsgesetz„gerade ein Der Erbe von Trefusa Hall. Roman von Silas Hocking. Nachdruck verboten. „Man sag, ich sähe meinem Vater sehr ähnlich,“ bemerkte jer Joyann,„wollen Sie mich nicht einmal genau ansenn?" Schweigend wechselten sie die Plätze und Peter blickte den jungen Mann durch seine Brille scharf an. Endlich stieß er hervor:„„ G- 4 „Tor. der ich war!“ Dann vergruv er sein Gesicht in den Händen und stöhnte:„Verschwört sich denn alles gegen mich?“ „Sind Sie endlich überzeugt?“ fragte Johann, der trotz der gebrochenen Haltung des Alten kein Mitleid verspürte. „Das bin ich, so wahr ich hier stehe.“ „Dann brauchen Sie nich wohl nicht mehr?“ „Jetzt nicht, aber bleiben Sie in St. Aubyn, ich will der Geschichte auf den Grund gehen.— Auf dem Rückwege drängte es Johann, noch einma bei Olga vorzusprechen. Er hatte das Gefühl, daß er sie nicht länger it Ungewißheit lassen dürfe. Wollte er um sie werben, so durfte dies nicht unter talschen Voraussetzungen ihrerseits geschehen. Sie stand am Gartentor, als er den Weg entlang kam, hatte ihm ihr Gesicht zugenandt. Hatte sie vielleicht sein Kommen geahnt? Er sah ihr aufmunterndes Lächeln und eilte zu ihr. Es war, als verständen sie einander bereits ohne Worte. „Ich war bei Ihrem Großvater," begann er in seiner offenen Weise,„und nun möchte ich Ihnen gern etwas sagen. „Hoffentlich etwas Gutes?“ fragte sie lachend. „Es kommt darauf an, wie Sie es auffassen. „Das klingt ja ganz geheimnisvoll“, scherzte sie. „Mir ist, als kennten wir uns schon lange,“ bemerkte Johann. „Mir auch, aber das kommt vielleicht, weil Hänschen mir so viel von Ihnen erzählt hat. Großvater nannte ihn stets Johanncs,“ fuhr sie fort, seinen fragenden Blick bemerkend,„aber ich hatte bestimmte Vorrechte und durfte ihn Häuschen nennen.“ „So?“ sagte er gedehnt,„die Vorrechte der Cousine, nicht wahr?" „O.“ rief sie aufrichtig,„es ist kein Geheimnis; wir liebten uns wie Bruder und Schwester, und es gab eine Zeit, da glaubten wir einander mehr sein zu können. Aber— das war ein Irrtum. wir werden ##er Bruder und Schwiester bleiben,“ fügte sie hinzu. #ntlich wunderte sie Rh selbst über ihre Offenheit. * Johann sah sie ernst und forschend an. Da ihre Miene so vollkommen unbefangen blieb, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus.. 46n. Dann sagte er, an ihre letzte Bemertung anrnubsend. „Wie schade, daß er fort ist, hoffentlich kommt er bald wieder.“ „Wissen Sie, wo er ist?“ „Nein, doch wir werden ihn sicon finden, vie Welt ist im Grunde nicht so groß.“ „Mir scheint sie unermeßlich weit.“ Sie schwiegen beide wie in Gedanken verloren. Dann sagte er:„Würden Sie mich nicht ein Stückchen begleiten, oder erlaubt es Ihre Frau Mutter nicht?“ „Warum denn nicht? Mutter schläft.“ Harmlos öffnete sie die Gartentür und wandelte seelenvergnügt an seiner Seite. e4 un einen Bgr Wäre sie wohl ebenso vereilwillig auf seinen Volschlag eingegangen, wenn sie geahnt hätte, was ihrer wartete? 7. Kapitel. Hoffnung und Enttäuschung. doch erst einen Tag,“ Leichtfüßig schritten sie nebeneinander her. Haus hatte so oft von seinem Pflegebruder gesprochen, daß Olga ihn unmöglich als einen Fremden betrachten konnte, und ihn beseelte die frohe Hoffnung, das holde Mädchen bald sein eigen nennen zu können. Die meisten in seiner Lage würden wahrscheinlich den entscheidenden Schritt erst vorbereitet haben, aber der Grundzug seines Wesens war Offenheit, dazu liebte er es, alles so schnell wie möglich zu erledigen. Sie war ihm das Ideal eines Weibes, warum sollte er ihr das nicht gestehen? „Es freut mich, daß Sie und Hans so gut Freund waren, begann er. „Zuerst waren wir sehr zuruchhallend gegeneinander,“ antwortete sie,„aber später wurden wir sehr befreundet.“ „Und Sie nannten ihn Häuschen, weil Sie ihn wie eine Schwester liebten?“ Sie lächelte nur. „Sie wissen wohl, daß wir beide Johannes heißen?“ „Ja.“ „Sie würden mich sehr glücklich machen, wenn Sie mich Johann nennten und—“ „Sie auch als Bruder betrachtete,“ fiel sie ein. „Nein, nein,“ wehrte er fast erschrocken,„nicht als Bruder.“ Und dann, als er ihr erstanntes Gesicht sah. war es um seine Fassung geschehen. Fast ohne, daß er es wollte, kam es über seine Lippen, das Geständnis seiner Liebe, seine hoffende Zuversicht. Das hatte sie doch nicht erwartet. „Aber wir kennen uns stammelte sie. 8 „Und wenn auch, entgegnele er.„bas Leven läßt sich nicht nach Stunden messen und die Liebe noch viel weniger. Ich will Ihnen ja gern Zeit zum Ueberlegen lassen— ich bin nur ein rauher Austratier, aber wie glücklich sollten Sie bei mir sein. Es sollte Ihnen an nichts fehlen, was nur Ihr Herz begehrt!“ Die Tränen traten ihr in die Augen, da nahm er ihre Hand zärtlich in die seine und sagte:„Zürnen Sie mir?"„. 6 „O nein, gewiß nicht, answortele sie vone aufzusehen. „Vielleicht war ich zu offen,“ fuhr er fort,„aber ich kann nicht anders, ich muß aufrichtig sein. Ich— ich habe Ihnen auch noch mehr zu sagen.“ Wieder blickte sie ihn fragend an. „Sie halten meinen Vater für einen Betrüger, fuhr er fort,„und glauben, Hans sei sein Sohn, und ich Ihr Vetter. Das ist ein Irrtum; ich mag nicht um Sie werben, während Sie mich für einen anderen halten, und ich kann mir nicht denken, daß Sie mich weniger lieben würden, weil ich Funke und nicht Trefusa heiße.", fl. E 2 „Sicherlich nicht,“ antworkele sie, fant ohne zu Wissen, was sie sagte; dann errötete sie über und über. „Und wenn Sie nach reiflicher Prüfung beschlossen haben, daß Sie mir angehören wollen, dann wird uns auch nichts scheiden. Zwischen unseren Familien bestehen leider große Zerwürfnisse; mein Vater hat viel Unrecht erdulden müssen, aber das darf uns nicht ansechten, nicht wahr?“, g6. ,, gim. „Nein,“ kam es wieder über ihte rippen, sie konnte gar nicht anders, sie war wie ein willenloses Werkzeug in einer Hand.. 1. Surg 91.5 „Ich hätte so gern einen Beweis Ihler Eicbe, sprach er weiter,„aber ich kann warten. Daß Sie mich ruhig angehört haben, ist mir ein Zeichen, daß ich Ihnen nicht ganz gleichgültig bin. Ihr Auge hat mich angelächelt, ich durfte Ihre Hand drücken—“ „O. tadeln Sie mich deshalb nicht,“ sagte sie er„Ich Sie tadeln, weil Sie dem Trieb Ihres Herzens folgten? O nein.“ „Was habe ich getan?“ fragte sie ängstlich.„Sie hätten nicht zu mir so sprechen sollen.“ „Wer nicht wagt, gewinnt nicht,“ sagte er zuversichtlich.„Ich weiß, die Vorsehung hat uns für ein„Aber sich habe Ihnen keine— sie stockte plöslich. „Sie haben sich in keiner Weise Vorwürfe zu machen, Sie haben mich angehört und sich nicht von mir gewandt. Sonst haben Sie mich nicht ermutigt.“ „Seien Sie nicht so ungestüm,“ sagte sie,„Sie lassen mir nicht einmal Zeit zum Nachdenken. „Ja, ich bin ungestüm, aber warum auch zögern, wenn man mit sich selber einig ist?“ „Die ernstesten Lebensfragen lassen sich nicht in einem Augenblick entscheiden. „Manchmal doch, aber Sie sollen auch Jel. Juben, — soll ich Sie nun zurückbegleiten?“ „Bitte, lassen Sie mich lieber allein gehen.“ „Sie reiten wohl morgen nicht aus?“ „Nein, ich gehe vielleicht spazieren.“ „Ihren Lieblingsweg nach dem Strande?“ Sie nickte. „Wir werden uns bald wiedersehen,“ sagte er und zog ihre Hand an seine Lippen. Sinnend blieb sie einen Augenblick stehen.— war's Wahrheit oder Traum? Als Johann in das Gasthaus zurückkehrte, sand er seinen Vater ganz in Gedanken verloren am Fenster sitzen; eine unangebrannte Zigarre hatte er zwischen den Zähnen, und in der Hand hielt er ein Streichholz, aber er zündete es nicht an. Er war bei Käthchen gewesen, und nun dachte er, er hätte lieber gar nicht nach England kommen sollen. Wie glücklich war er unterwegs gewesen! Er hatte alles so gefunden, wie er es früher gekannt. Dieselben Bäche, über die er als Knabe gehüpft, dieselben Felsen, dieselben Hügel,— da war ihm gewesen, als seien die Jahre, die er in der Fremde gelebt und gelitten, plötzlich in nichts versunken, als sei er wieder der Jüngling von einstmals, der sein Liebchen aufsuche, wie einst, und er hatte gemeint, sein Käthchen würde auch noch deselbe sein... Wohnune wor... Nicht weit von ihrer Wohnung wur er tor begegnet, er hatte sie in einem Augenblicke erkannt, aber sie ihn nicht. Fragend blickte sie ihn an; denn Fremde kamen nicht häufig ins Dorf. „Kennen Sie mich nicht, Katchene fragte er va schmerzlich bewegt. „Ich kannte Sie sofort, obgleich—,“ er schwieg, er hätte beinahe etwas gesagt, was sie vielleicht schmerzlich berührt hätte. „Ich besinne mich nicht—!“ „Ich bin Adolf Funke.“ „Das kann nicht sein,“ untervrach sie, wayreno Tränen ihre Augen umflorten. Es war ein schmerzlicher Moment für Beide— wie ein Erwachen aus einem langen, langen Traum. (Fortsetzung folgt). Mittel gegen den Gebrauch der polnischen Sprache bei öffentlichen Versammlungen haben wollte". Welcher vernünftige Mensch hat denn daran gezweifelt? Wer glaubt denn, daß Preußen das Bedürfnis empfunden hätte, das Vereinsrecht au einigen Stellen ein klein wenig zu bessern, wenn es ihm nicht darum zu tun gewesen wäre, das Prinzip der politischen Ausnahmegesetzgebung hineinzubringen. Die Regierung hat es, wie wir ihr gern zugeben, nie anders gemeint. Nur gewisse Freisinnsleuchten taten so, als glaubten sie an harmlosere Absichten Sie taten so, denn daß sie es wirklich geglaubt haben sollten, sich davon zu überzeugen, fällt einem schwer. Castro, der Mutige. Ein Mitarbeiter der„Voss. Ztg.“ hat Herrn Castro gesprochen, der sich, von einer leichten Aba euntheit abgesehen, wohl zu befinden scheint. Auf die Frage, ob er bereits bei seiner Abreise von Venezuela gewußt habe, was sich demnächst ereignen werde, erklärte Castro mit großer Festigkeit: „Alle diesbezüglichen Gerüchte beruhen auf einer böswilligen Erfindung. Wenn ich auch nur die leiseste Ahnung davon gehabt hätte, daß hinter meinem Rücken eine Revolution entstehen würde, so wäre ich ohne Zögern in Venezuela geblieben, sogar auf die Gefahr hin, infolge meiner schlechten Gesundheit mein Leben aufs Spiel zu setzen. Nein, mein Herr, ich bin immer ein Sklave der Ehre und der Pflicht gewesen und fürchte niemand außer Gott.“ Auf die Frage, ob er an eine Auslieferung glaube, erwiderte Castro:„Vor allen Dingen halte ich eine Auslieferung für ganz unmöglich, weil darüber überhaupt keine Bestimmungen zwischen Venezuela und Deutschland bestehen. Sollte mir aber die venczolanische Regierung auch nur die leiseste Andeutung machen, daß man mich in Venezuela wünscht, so bin ich bereit, unverzüglich nach Venczuela zurückzukehren, um meine angegriffene Ehre zu verteidigen. Ich glaube sicher, daß ich dabei nur gewinnen würde, und zwar nicht nur in bezug auf die inneren Angelegenheiten, sondern auch was die auswärtige Politik betrifft. Ich werde verlangen, vor einen internationalen Gerichtshof gestellt zu werden, der über die Rechte und die Gründe, die Venezuelg zu seinem Vorgehen veranlaßten, sein Urteil abgeben würde, vorausgesetzt natürlich, daß er sowohl Venezuela wie mir wirklich Gerechtigkeit widerfahren lassen wird, wenn die venezolanische Sache als gerechte erkannt wird.“ = Ein seltsames Urteil hat das Schöffengericht in Rybnik, wenn die„Schles. Ztg.“ recht berichtet, am Mittwoch in einer Privatbeleidigungsklage gefällt, die der Führer der Polenbewegung, Rechtsanwalt Dr. Seyda in Kattowitz, gegen den Vorsitzenden des Kreiskriegerverbandes Rybnik, Kreisbaumeister Voß, angestrengt hatte. Boß hatte nämlich im Sommer in einer Sitzung des Kreiskriegerverbandes, in der Vorstandswahlen vorgenommen und außerdem die Mitglieder ausgeschlossen wurden, die bei der letzten Landtagswahl für den Kompromißkandidaten des Zentrums und der Polen gestimmt hatten, nach seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden erklärt, nur dann eine Wiederwahl annehmen zu können, wenn solche Maßnahmen im Verbande sich nicht mehr als notwendig erwiesen und alle Mitglieder von vaterländischer Gesinnung bescelt wären. Auf den Einwand eines Mitgliedes, daß Dr. Seyda eine öffentliche Erklärung abgegeben habe, auf dem Boden der Versassung zu stehen, entgegnete Kreisbaumeister Boß:„Wenn Dr. Seyda das gesagt hat, dann hat er gelogen.“ Der Klageantrag des Dr. Seyda gründete sich auf die§§ 186 und 185 des Reichsstrafgesetzbuches; erstens liege eine sormale Beleidigung vor durch den Vorwurf der Lüge, zweitens sei der Zweifel, daß er nicht auf dem Boden der Verfassung stehe, der Sache nach beleidigend. Das Schössengericht kam nun zur Freisprechung und begründete dies damit, daß eine formale Beleidigung in dem Vorwurf der Lüge nicht gefunden werden könne. Bezüglich des Vorwurfs, daß der Kläger nicht anf dem Boden der Versassung stehe, könnte zwar der Beweis der Wahrheit nicht erbracht werden, da niemand dem Kläger ins Innere sehen und seine Gesinnung ersorschen könne. Dem Angeklagten müsse aber der Schutz des§ 193(Wahrung berechtigter Interessen) zugebilligt werden, da ihm als Vorsitzenden des Kreiskriegerverbandes vom Landeskriegerverbande sehr bestimmte Weisungen zugingen, Mitglieder, die der polnischen oder sozialdemokratischen Partei angehören, ihrer staatsfeindlichen Gesinnung wegen aus dem Kriegerverein zu entfernen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt.— Dieses Urteil und noch mehr seine Begründung wird allgemeines Aufsehen erregen. Daß der Vorwurf der Lüge unter allen Umständen eine formale Beleidigung darstellt, hat man außerhalb des Rubniker Schöffengerichts bisher allgemein angenommen, und daß dieser Vorwurf doppelt beleidigend ist, wenn nicht einmal der Wahrheitsbeweis dafür angetreten werden fann, liegt auf der Hand. Hoffeutlich korrigiert eine höhere Instanz das Schöffengericht in Rybnik. = Falsche Gewerkschaftstaktik. Die sozialdemokratische„Bergarbeiterzeitung“ schleudert in ihrer Nr. 1 vom Jahre 1909 die heftigsten Angrifse gegener Gewerkverein christlicher Bergarbeiter. Dieser vertritt den einzig vernünftigen Standpunkt, sich an dem planten deutschen Bergarbeiterkongreß nicht zu beteiligen, weil derselbe ganz zwecklos ist. Ein Reichsberggesetz wird dadurch doch nicht erreicht. Die Bergleute haben schon so oft erklärt, daß sie eine reichsgesetzliche Regelung der Bergfragen wünschen, daß es noch gerade allgemein bekannt ist. Auch hat sich im Reichstage bereits eine große Mehrheit für ein Reichsberggesetz ausgesprochen. Die Angriffe auf den christlichen Gewerkverein sind deshalb sehr scharf zu verurteilen. Trotzdem schreibt die sozialdemokratische„Bergarbeiterzeitung":„Der Gewerkverein hat.... die Einigkeit der Bergarbeiter mit Füßen getreten.“ Genau dasselbe schrieb das genannte Blatt, als der Gewerkverein im Oktober 1908 eine Petition an den Reichstag sandte und eine reichsgesetzliche Regelung der Bergfragen wünschte. Diese Petition hat etwa 180000 Unterschriften erhalten. Interessant ist nun, festzustellen, daß die sozial demokratischen Führer selbst nicht glauben, daß durch einen Kongreß etwas für die Bergleute erreicht wird. In der Nr. 52 1908 schreibt die „Bergarbeiterzeitung“ wörtlich:„Ob den Bergleuten der verlangte Schutz zuteil wird, ist jetzt schon entschieden.“ Wenn das wahr ist, wenn das jetzt schon entschieden ist, weshalb dann noch ein Kongreß, der doch recht viel Geld kostet. Jetzt ist es erst recht begreiflich, daß der christliche Gewerkverein die salsche Gewerkschaftstaktik der Sozialdemokraten nicht mitmachen konnte. Daran ändern auch alle Beschimpfungen nichts. Es ist aber immer so: Wenn die Sozialdemokratie nicht weiter kann, fängt sie auf andere zu schimpfen an. Das gilt jetzt besonders für den sozialdemokratischen Bergarbeiterverband, der in solchen Situationen immer auf den Gewerkverein schimpft. Ausland. * Oesterreich=Ungarn und die Türkei. Der Pester Lloyd“ veröffentlicht einen Artikel betreffend die Forderung der Türkei auf Uebernahme eines Teiles der türkischen Staatsschuld durch Oesterreich=Ungarn und erklärt, diese Forderung werde in Ungarn trotz aller Sympathie für die Türkei auf das entschiedenste zurückgewiesen. Die türkischen Staatsmänner scheinen das Entgegenkommen, das der Minister von Aehrenthal durch die Rückgabe des Sandschaks und durch Anerbietungen in betreff der Kapitulationen und Zollerhöhung bewiesen habe, als Zeichen von Schwäche und Bedürfnis nach bedingungslosem Ausgleich anzusehen; dies sei jedoch ein schwerer Irrtum. Die Monarchie könne mit größter Seelenruhe den Zeitpunkt der Ernüchterung der türkischen Minister abwarten. Auch sei die Türkei durch die gespannte Lage in Bulgarien, durch die in Mazedonien herrschende Unsicherheit und durch manche anderen Schwierigkeiten bedroht, so daß ihr intransigenter Standpunkt gegenüber der österreichisch=ungarischen Monarchie sich auf die Dauer nicht werde behaupten lassen. 8 Cinterkuren und Cinterreisen. Hygienische Planderei von Dr. Karl Reimer. Nachdruck verboten. Es gibt zahlreiche Menschen in unserer gemäßigten Zone, die den Winter nicht vertragen können. Bei völlig gesunden Personen stellen sich mit Eintritt der kalten Jahreszeit seelische Depressionen ein, die auf körperliches Unbehagen zurückzuführen sind. Dazu kommt dann noch die große Reihe der Erkältungserscheinungen, vor denen man sich nur selten völlig zu schützen vermag. Das ist bei körperlich im allgemeinen sonst ganz gesunden Personen der Fall. Komplizierter ist es bei schwächlichen oder gar kranken Personen, sie werden im Winter schwächer und kränker, ganz besonders ist dies bei Brustkranken der Fall, denen ein Aufenthalt im Süden während unseres Winters nicht selten eine Errettung vom sicheren Tode bedeutete. Freilich haben die Anschauungen in der ärztlichen Welt sehr gewechselt. Es gab eine Zeit, wo direkt von diesen Winteraufenthalten in den füdlichen Kurorten abgeraten wurde. Die Brustkranken von ganz Europa strömten dorthin, meist sogar nur die Todeskandidaten, und der Anblick der Leiden dieser Schwerkranben wirkte so deprimierend auf die Heilungsuchenden, daß sie kränker wurden. Dazu kam für die Gesunden die schwere Gefahr der Ansteckung. So gab es eine Zeit, in der in der deutschen Aerztewelt entschieden davon abgeraten wurde, die Schwerkranken an die Riviera zu schicken. Haben sich einerseits durch Eröffnung zahlreicher neuer Kurorte im Süden, sowie durch die modernen hygienischen Vorsichtsmaßregeln in ihnen in den letzten Jahrzehnten die Verhältnisse außerordentlich gebessert, so ist man wieder andererseits durch die sogen. Heimstättenbewegung vielfach von den Winterkuren im Süden abgekommen. Man hat nämlich einsehen gelernt, daß unser nordisches Klima an sich weit besser ist als sein Ruf, daß es nicht minder wertvolle Heilpotenzen enthält, wie das südliche Klima und daß es eben nur darauf ankommt, daß einem sozusagen dieses Klima in unverfälschter reiner Weise verabreicht wird. Unter dem Eindruck dieser Erkenntnis ist in Deutschland die sogenannte Heimstätten=Bewegung ins Leben getreten, die vielen in der Genesung begriffenen Lungenkranken zugute kam, in dem sie diesen einen Anfenthalt in gesunder Luft ohne die Fährlichkeiten einer langen Reise bot. Wenn man die Heilfaktoren des füdlichen Klimas in Betracht zog. so war es nämlich weniger die Wärme desselben, die bei vielen Krankheiten förderlich war, als die windfreie Lage der Orte, der gleichmäßige Landwirtschaftliche BezugsGenoslenschaften. Die großen Gesellschaften und Einzelunternehmer, die der Landwirtschaft die Bedarssartikel liefern, schließen sich immer mehr zu Ringen, Syndikaten usw. zusammen. Die Wirkung dieser Kartellpolitik zeigt sich besonders bei der vielfach selbstherrlichen Preisfestsetzung und den einseitigen Lieferungsbedingungen zuungunsten der Abnehmer. 1865 gab es in Deutschland 4, 1885 90, 1896 260, und heute zählen wir rund 340 Syndikate und Kartelle. Um den Auswüchsen derselben erfolgreich zu begegnen, müssen sich auch die Landwirte ihrerseits fest zusammenschließen, damit den großen Lieferantenverbänden auch große Abnehmerverbände, und zwar in Form von landwirtschaftlichen Rohstoff= und Bezugsgenossenschaften. gegenüberstehen. Daß der genossenschaftliche Warenbezug noch einer großen Ausdehnung fähig ist, beweist die Angabe, daß erst ½ bis ½ des Gesamtbedarfs an landwirtschaftlichen Artikeln auf genossenschaftlichem Wege bezogen wird, während ¼ bis ½1 der Privat= handel vermittelt. Namentlich beim Maschinen= und Kunstdüngerbezug hat sich in den letzten Jahren der Einfluß der Kartellpolitik fühlbar gemacht, und nur durch einen möglichst lückenlosen genossenschaftlichen Zusammenschluß wird es möglich werden, jenen mächtigen Kontrahenten einen gleich starken Machtsaktor entgegenzusetzen, um so wenigstens einigermaßen einen Einsluß auf die Preis= und Lieferungsbedingungen der Bedarfsartikel zu bekommen Die wirtschaftlichen Vorteile des gemeinsamen Bezugs mittels Genossenschaften liegen auf der Hand. Der Bezug im großen gegen Barzahlung hat naturgemäß zunächst eine Verbillillgung der Produkte zur Folge. Die Ersparnis wächst durch den Bezug von großen, leistungsfähigen Firmen unter Vermeidung des Zwischenhandels und durch Frachtverbilligung beim Transport großer Mengen. Die Landwirte haben dabei die Gewißheit, für ihr Geld auch vollwertige Ware zu erlangen, denn die Lieseranten werden sich hüten, einer großen Abnehmerorganisation welche die Angebote besser auf ihren Wert prüfen Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre und— infolge der Windfreiheit— die vollständig staub= und nebelfreie Luft dieser Plätze. Diese Bedingungen hat man auch in Genesungsheimen in Deutschland zu schaffen gesucht. Entsprechen die geschaffenen Bedingungen auch nicht völlig den vorhandenen in den Kurorten des Südens, so sind dafür wiederum andere. die wesentlich besser für die Kranken sind, als sie die Reise nach den Süden gewährt. Znnächst bedarf es nicht der Strapazen der langen Reise, die selbst auf den Gesunden schwächend und anstreugend wirkt und niemals ohne Aufenthalt unterwegs ausgeführt werden sollte. Nun ist es aber selbstverständlich und natürlich, daß der Kranke, der dem nordischen Klima enteilt, von besonderer Sehnsucht für den Süden erfüllt ist und daher diese Etappen auf der Reise möglichst unterläßt oder abkürzt. So kommen die meisten kränker im Süden an, als dies für die kurze Zeit ihres Aufenthaltes daselbst gut ist. Man will diesen so lange wie möglich ausdehnen und führt dann wieder die Rückfahrt in gleichen Eilschritten aus. So kann im allgemeinen gesagt werden, daß die meisten Kranken zu einem Kuraufenthalt im Süden sich viel zu wenig Zeit nehmen, als notwendig ist. Auf die Hinfahrt mit den nötigen Etappen muß man eine Woche berechnen, für den Aufenthalt im Süden mindestens vier Wochen und für die Rückfahrt ein bis zwei Wochen. Dazu kommt ferner ein Uebelstand: auch der Süden hat zuweilen kalte Winter, nicht so kalte freilich als unsere gemäßigte Zone, aber doch kommen Tage vor, die kälter sind, als wir sie lieben, und von den im Süden Weilenden besonders lästig empfunden werden, zunächst deshalb, weil die Kälte ihnen unvermittelter erscheint, und weil die Bewohner des Südens vielfach nicht auf den Schutz gegen die Kälte so eingerichtet sind, wie wir: Die Bauten sind leichter, die Heizvorschriften mangeln vielfach völlig oder sind ungenügend. In neuester Zeit ist endlich noch ein Mangel der Winterkuren im Süden eingetreten. Das, was wir vor allem dort suchen, die staubfreie Luft, ist in den vielbesuchten Kurorten keineswegs mehr in dem Maße vorhanden, wie ehedem. Das Automobil, das überall hindringt, hat auch dorthin seinen Weg gesunden, und sein Gefolge ist Verpestung der Luft durch Staubentwicklung und Benzingeruch usw. Dazu sind die Hauptkurorte der Riviera geräuschvolle Vergnügungsstätten geworden, an denen der wirklich Kranke vergeblich die ihm notwendige Ruhe finden kann. Alles dieses will in Betracht gezogen sein, wenn Krante oder Schwache eine Erholungsreise nach dem Süden unternehmen. Dazu kommen natürlich noch rein therapeutische Unterschiede. Die klimatischen Verhältnisse der verschiedenen Kurorte im Süden sind kann, ichtechte Waren zu liefern. Des wetteren wird die Genossenschaft den Landwirten die Möglichkeit bieten, die Zahlung für die Bezüge zu einem Zeitpunkt zu leisten, wo entsprechende Einnahmen aus der Wirtschaft fließen; sie stellt ihre Kapitalkraft zur Verfügung ihrer Mitglieder, während sie anderseits auch mit dem unheilvollen Borgsystem gründlich aufräumen wird. Der Landwirt wird überhaupt durch die Genossenschaft an die rechtzeitige Bezahlung für seine Bes züge gewöhnt und so allmählich dazu gebracht, seine wirtschaftlichen Handlungen von kaufmännischen Erwägungen leiten zu lassen. Dieser Einfluß ist um so höher anzuschlagen, weil es heute mehr und mehr für den Landwirt zur dringenden Notwendigkeit wird, den Betrieb unter kaufmännische Grundsätze zu stellen und eine geordnete Buchführung anzuwenden. Der kaufmännische Geschäftssinn der Genossenschaft wirkt somit auf die Mitglieder zurück. Der jeweilige Ueberblick über den Markt und die Ausnutzung der Konsunktur wird den Genossenschaften insofern noch erleichtert, als sie durch ihren Anschluß an die zentralen Warenvermittlungsstellen, die sogenannten Zentralgenossenschaften, jederzeit über die Marktverhältnisse auf dem Laufenden gehalten werden. Die Zentralgenossenschaften wirken zugleich auch bessernd auf den Handel und regelnd auf den Preis ein, so daß ein vorteilhafterer Ausgleich und eine bessere Verteilung ermöglicht wird. Zwecks engeren Zusammenschlusses gegenüber den Lieferantenorganisationen wurde 1897 von dem„Allgemeinen Verband“— jetzt Reichsverband genannt— angehörenden Zentral=Ein= und Verkaufsgenossenschaften die„Großhandelsgesellschaft der deutschen landwirtschaftlichen Ein= und Verkaufsgenossenschaften“ als eingetragene Genossenschaft m. b. H. zu Hamburg errichtet mit der Aufgabe. 1. den gemeinsamen Einkauf von landwirtschaftlichen Betriebsstoffen, namentlich von Einfuhrartikeln, 2. den gemeinsamen Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf dem Wege der Ausfuhr, 3. das Speditionsgeschäft für die Genossen zu besorgen. In gleichem Jahre wurde auf Anregung des Westsälischen Bauernvereins und Einladung des Allgemeinen Verbandes die„Bezugsvereinigung der deutschen Landwirte“ zu Berlin(Geschäftsstelle jetzt am Sitz des Reichsverbandes in Darmstadt) ins Leben gerufen, welche alle großen landwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Körperschaften in Deutschland (Genossenschaften. Landwirtschafts=Gesellschaft, Bauernvereine usw) umsaßt und den Zweck hat. den Handel mit Kunstdünger in gesunde Bahnen zu lenken. Es mag im Deutschen Reich annähernd 2000 landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaften geben; manche sind zugleich Absatzgenossenschaften, und auch verschiedene Kredit= und sonstige Genossenschaften betreiben gleichzeitig das Bezugsgeschäft. Das Ziel muß sein, daß möglichst alle Landwirte den Bedarf an landwirtschaftlichen Gebrauchsgegenständen durch genofsenschaftliche Vermittlung beziehen. Dabei müssen die Landwirte es sich angelegen sein lassen, auch in Zeiten einer besseren Konsunktur ihren Bedarf durch die Vermittlung der Genofsenschaft zu decken, damit diese in die Lage versetzt wird. lauafristigere umfangreiche Kaufabschlüsse zu machen und damit den Bezug auch in Teuerungsjahren sicherzustellen. Drovinzielles. = Münster, 31. Dez. Heute morgen in der Frühe erschollen die gellenden Feuersignale in den Straßen unserer Stadt, und heller Feuerschein, der den westlichen Himmel rötete, zeigte, daß das Feuer bereits weit um sich gegriffen haben mußte. Und in der Tat: Der große Dachstuhl des Seitenflügels der Landesversicherungs=Anstalt der Provinz Westfalen stand in Flammen. Das verheerende Clement fand in den dort aufgestapelten Akten und Papieren nur allzu willkommene Nahrung. Hoch schlugen die Flammen zum Himmel; die starken Balken des Daches brannten lichterloh und bald stürzte hier, bald dort ein Teil des Dachstuhls in die Tiefe. Die Feuerwehr hatte einen schweren Stand; sie richtete ihr Augenmerk vor allem darauf, daß nicht auch das Hauptgebäude von den gefräßigen Flammen ergriffen wurde. Schon hüllten dichte Rauchwolken den Dachstuhl ein, und die Flammen zungelten bereits am Rande des Daches, so daß jeden Augenblick zu befürchten war, daß auch hier das Feuer zum Ausbruch kommen werde. Aber immer und immer wieder sandten mehrere Stahlrohre starke Wasserstrahlen an die bedrohten Stellen, und endlich war hier der Kampf von Erfolg begleitet: das Hauptgebäude konnte vor dem Schlimmsten bewahrt bleiben. Arg hat die Feuersbrunst den Seitenflügel mitgenommen: Der Dachstuhl des drei Stockwerk hohen und 15 Fenster in der Front zählenden Gebäudes ist vollständig niedergebrannt; auch im dritten Stock hat das Feuer gewütet und großen Schaden angerichtet; und was die Flammen verschonten, das ist von den riesigen Wassermassen, die in die Flammen geschleudert wurden, arg beschädigt worden. Die starke Kälte, die das Wasser bald gefrieren machte, erschwerte sehr die Löschungsarbeiten unserer Wehr. Sie wurden darin von mehreren Abteilungen unserer Dreizehner, die im Laufschritt angerückt kamen, tatkräftig unterstützt. Gegen 9 Uhr konnte die Gefahr des Weitergreifens des Feuers als beseitigt gelten. = Neuß, 30. Dez. Zu dem Ankauf der Internationalen Harvester= Kompanie in Chicago am hiesigen neuen Hafen wird noch gemeldet: Für die hiesige Niederlassung wurde mit dem heutigen Tage eine Gesellschaft gegründet, die als Internationale Harvester=Kompanie G. m. b. H. zu Neuß, eingetragen wird. Vorstand der Neußer Firma ist u. a. der Vertreter der Chicagoer Firma für Europa, Herr William V. Couchman zu Hamburg. Für den Bau und die spätere Leitung der Fabrik ist ein Ingenieur aus Chicago bestimmt. Mit dem Bau wird so zeitig begonnen, daß ein Teil der Fabrik schon im Herbst 1909 in Betrieb genommen werden kann. Durch eine städtische Fähre werden Ueberfahrten vom Rheintor zu dem Hasengelände gegen Entrichtung der üblichen Gebühren vermittelt. Die elektrische Energie bezieht die Gesellschaft vom städtischen Elektrizitätswerk. Sitz der Verwaltung ist Neuß. Noch im letzten Augenblicke war von verschiedenen Seiten versucht worden, die seit Monaten schwebenden Verhandlungen zu vereiteln und das Unternehmen nach anderen Plätzen zu ziehen; dennoch ist es der städtischen Verwaltung nach vielen Bemühungen gelungen, den Verkauf zum Abschluß zu bringen und das große und bedeutungsvolle Unternehmen für die Stadt Neuß zu sichern. Die Chicagoer Gesellschaft hat ein Aktienkapital von 504 Millionen Mark. = Köln, 31. Dez. Einiges Aufsehen dürfte eine Verfügung der königlichen Eisenbahn=Direktion Köln erregen, aus welcher die„Zeitung des Ver. D. Eisenb.=Verw.“ folgendes hervorhebt: Bei der gerichtlichen Untersuchung von Betriebs=Unfällen sind wiederholt von den als Zeugen geladenen Eisenbahn=Bediensteten Unregelmäßigkeiten zur Sprache gebracht worden, die von ihnen weder vorher der vorgesetzten Dienststelle gemeldet, noch bei der eisenbahnamtlichen Untersuchung angegeben warey. In einer Strafsache wegen Transportgefährdung z. B. ist von mehreren Bediensteten ausgesagt worden, daß ein Signal häufig versagt bezw.„Fahrt“ gezeigt hätte, während es auf„Halt" stehen mußte; in einer anderen Strafsache haben mehrere Bedienstete ausgesagt, daß zwei Signale, die sich nach den technischen Sicherungs=Einrichtungen gegenseitig ausschließen, mehrfach gleichzeitig auf„Fahrt“ gestanden hätten Auf die Frage des Richters, weshalb sie jene Unregelmäßigkeiten nicht der Eisenbahn=Behörde gemeldet hätten, erwiderten die Zeugen:„Derartige Anzeigen wären ihren Vorgesetzten nicht erwünscht!" Die Direktion bezeichnet die Handlungsweise der Zeugen als„unverantwortlich und mit den Pflichten eines Staatsbeamten unvereinbar“ und bemerkt dazu: „Es ist selbstverständlich Pflicht aller Bediensteten, jeden wahrgenommenen Mangel in den Einrichtungen, insbesondere, sofern sie die Sicherheit des Eisenbahn=Betriebes berühren, sofort zur Anzeige zu bringen. Ebenso ist jede Dienststelle, der eine solche Meldung gemacht wird, verpflichtet, behufs Untersuchung und Abstellung der Mängel unverzüglich das Weitere zu veranlassen.“ Die Behauptung, daß solche Anzeigen der Verwaltung unerwünscht seien, wird als unbegründet zurückgewiesen; im Gegenteil läge der Verwaltung selbstverständlich daran, von allen Mängeln, besonders in Betriebs=Einrichtungen, sofort Kenntnis zu erhalten und sie müsse sich in dieser Beziehung auf alle ihre Beamten verlassen können. Zum Schlusse spricht die Direktion die Erwartung aus, daß in Zukunft mit Mängeln nicht wieder erst bei einem Gerichtsverfahren hervorgetreten werden möge. = Koblenz, 30. Dez. Landgerichtsrat Sprung ist im Lesezimmer des Kasinos, während er die Zeitung las, einem Schlaganfall erlegen. Vermischtes. Madrid, 30. Dez. In dem Dorse Cubilla, in der Nähe von Burgos, fiel am Sonntag morgen ein Meteor und setzte drei Häuser in Brand. Die Bauern befanden sich gerade auf dem Wege zur Frühmesse, als sie plötzlich einen großen Feuerball am Himmel erscheinen sahen. Der Ball siel mit großer Geschwindigkeit und traf wenige Sekunden später die Erde. Es folgte eine gewaltige Explosion mit lautem, lang anhaltendem Donner. Die Bauern glaubten, der jüngste Tag sei gekommen, und sielen betend auf die Knie. Das Haus, in welches der Feuerball einschlug, wurde zertrümmert; es ging mit den beiden Nachbarhäusern in Flammen auf. Nachdem sich die Bauern von ihrem Schrecken erholt hatten, gingen sie. an die Löscharbeit und fanden nach dem Löschen des Brandes in den Trümmern des Hauses große Massen von krystallisiertem Eisen und zahlreiche minimale Diamanten. Die Bruchstücke wurden dem Museum in Madrid übersandt. Ein großes Gruben=Unglück in Amerika. = London, 31. Dez.„Daily Chroniele“ meldet aus Pittsburg: In Maybury(Vikginia) ereignete sich nicht die gleichen; es ist Sache des behandelnden Arztes, vorsichtig zu erwägen, welcher Ort zu wählen ist. Es kommt dabei nicht nur auf die Art der Krankheit an, ob es sich nur um eine Erkrankung der Atmungsorgane handelt, ob Lungenkranke nach dem Süden geschickt werden sollten, ob nervöse Kranheitserscheinungen dabei in Frage kommen. Dann ist das Stadium der Krankheit wesentlich von Bedeutung. So hat z. B. das Klima der Riviera, obwohl dieser herrliche Küstenstrich doch am Meere liegt, keineswegs soviel Feuchtigkeitsgehalt, um den Aufenthalt daselbst allen Lungenkranken empfehlen zu können. Wo es sich um nur chronische Katarrhe handelt, wird dagegen ein Aufenthalt daselbst wohl wirksam sein. Andererseits sind wieder einzelne Orte dieses Küstenstrichs besonders geartet. Brustkranke werden mit Erfolg nach Rapallo, Nervi und Pegli geschickt. Andere Kurorte des Südens sind Montreux und die Orte um den Genfer See, Arco. Gardone=Riviera und andere Plätze am Garda=See, am Lago Maggiore, am Comersee und in Südfrankreich Pau und noch mehrere andere Orte kommen in Betracht, unter denen der behandelnde Arzt zu entscheiden hat, unbekümmert, ob Reklame und Mode den einen oder anderen der Orte gerade mehr en vogue gebracht haben. Leider ist ja vielfach die Reise nach dem Süden, der Kuraufenthalt in den Modeorten der französischen Schweiz oder Italien zu einer Gesellschaftsfrage geworden. Solch eine Winterreise gehört wie die Sommerreise für viele der oberen Zehntausend jetzt zum auten Ton, und zahlreiche Personen haben diese Mooe bereits mit Krankheit, ja mit dem Tode bezahlt. Gesund und völlig körperlich frisch sind sie dorthin gereist und in der Heimat harrte ihrer dann Krankheit und Tod. Derartige Fälle sind in den letzten Jahren, in denen die Reise nach dem Süden immer mehr Madesache geworden, zahlreich vorgekommen, der Vorgang ist ein sehr einfacher. Man wählte natürlich für die Vergnügungsreise die kältesten Monate unserer Gegenden: Januar und Februar. Die füdlichen Kur= und Vergnügungsorte haben für die Monate in der Regel eine große Reihe von Festen eingerichtet, da strömen jetzt alljährlich die Fremden aus aller Welt zu. Berühmt sind z. B die Taubenschießen in Monaco, die im Februar stattzufinden pflegen." Der Deutsche gibt sich im Süden einem völlig freien Leben hin, wie es das südliche Klima gestattet; er genießt die Freuden des Aufenthalts im Freien ohne winterliche Hüllen und kehrt dann in die Heimat zurück, wo noch meist der strenge Winter herrscht und alle seine klimatischen Gefahren dräuen. Einerseits sind nun dem an das freie Leben im Süden Gewöhnten alle die Vorsichtsmaßregeln lästig und ungewohnt geworden, die wir gegen Erältungsgefahren des Winters anzuwenden pflegen, und er verabsäumt leichtsinniger Weise alle diese notwendigen Schutzvorschriften, andererseits hat er sich oft schon in der kurzen Zeit so an die besseren klimatischen Verhältnisse gewöhnt, daß er diese heimischen um so schwerer erträgt. Der schroffere Klimawechsel sollte gerade im Gegenteil um so stärkere Vorsichtsmaßregeln erheischen. Wir daheim Gebliebenen können mit Leichtigkeit eine Kälte von 10 Grad und mehr ertragen, weil wir durch das Zunehmen dieser Wintertemperatur uns langsam an sie gewöhnen konnten. In jedem Jahre kann man ja die Beobachtung häufig machen, daß eine plötzliche starke Herabminderung der Temperatur die meisten Erkältungskrankheiten hervorruft. So muß auch dieser unvermutete Klimawechsel Krankheiten zur Folge haben. Besonders ist das der Fall, wenn sich zu starker Temperaturherabminderung noch heftige Ostwinde hinzugesellen. Kranke, wirklich Heilungsbedürftige sollten aus dem Süden daher nicht vor dem Eintritt der warmen Witterung zu uns zurückkehren, oder wenigstens in Deutschland Genesungsheime aufsuchen. Vergnügungsreisende aber sollten den Aufenthalt im Süden, wenn sie ihn nicht auf mehrere Monate ausdehnen können, auf den März verschieben, so daß ers der April zur Heimkehr gewählt wird. Wer trotzdem im Jannar oder Februar reist, wird aber nach der Rückkehr sich größter Vorsicht befleißigen müssen. Insbesondere ist die Rückreise mit mehreren Aufenthaltsctappen auszuführen, so daß man sich langsam an die kältere Temperatur gewöhnt. Daheim aber ist es der Wind, den man vor allem zu fürchten hat, auch der Gesundeste und Kräftigste. Bei starken Winden setze man sich die ersten Wochen so wenig wie möglich den unmittelbaren Einwirkungen des Klimas aus; man halte bei Ausgängen den Mund geschlossen, verpacke din Hals sorgfältig. Auch wer sich für völlig abgehärtet gegen Wind und Wetter hält, hat diese Vorsichtsmaßregeln zu befolgen; denn wenn man wohl abgehärtet und wetterfest vor dem Aufenthalt im Tüden war, braucht man es aber nun keineswegs mehr zu sein, nach dem das südliche Klima seine erschlassende Wirkung ausgeDies natürlich ist ein Moment, das die ärztliche Wissenschaft noch keineswegs genügend in Erwägung gezogen hat; wohl hat das südliche Klima Heilsaktoren. Aber es geht dabei zu, wie bei allen Heilmitteln, sie haben auch schädliche Nebenwirkungen. Als solche ist bei dem südlichen Klima die Erschlafsung des Körpers anzusehen. Der vorsichtige Arzt zieht auch dieses Momer bei der Wahl des Kurortes und vor allem auch bei der Behandlung des Kranken in Betracht. Der Gesunde aber denkt nur an die herrliche Schönheit kes Südens und die Bewegungsfreiheit, die ein misses Klima uns gewährt. im Kohlenschachte der Lickbrauch=Kompaguie eine Explosion. 23 Leichen wurden bereits geborgen; 9 Bergleute sind noch in der Tiefe eingeschlossen. „Len anderer Seite wird folgende Darstellung ver* Newyork, 31. Dez. In Lickbrauch(Birginia) wurden 00 Bergleute durch einen Kohlenflözusammenbruch lebend begraben. Zehn wurden gerettet. Ungeheure Kohlenmassen versperren alle Auswege und machen die Rettungsarbeit schwierig. Die Erdbeben-Katastrophe in Italien. iebt Zusammenbängende Per zember kammen und nicht nu...— De srs, zuch,%e Sorge der Iialiener um die Zukunst s escsens che Se ealgenell. Die Teligeregsei. 1nd Vos Besürzung und Vermandten zu eehalten wüni de Verdadung bit deit daduer geirosenen Scheedkekt des Srdbebens wisgel 19ch ershs der unglücksschen Leute Zie#n#nttommen. Die Rot der ungrücklichen reute, die, zum Teil nackt, aus den zählen, wie sie aus den Beiten: Die Geretteten erhalb zertrümmerte Frannen ihren Mag halb gertrummerte Treppen ihren Weg ins suchten, um dort das grausige Bild der von Geschrei der Veriesten zu böten. u sen und das Bsonstasen Leben davonkamen, wurden vor Angst beträchtliche Strecke weit zurück und stürzte sich dann Zenderf. Fister„weit zus Land Häuser wurden mit Resina in Catania eintraf. Beigure 3. Die allgemeine Rot wurde noch geund der aus den somachvolle Benehmen des Böbels linge, die an die Lisziuonisen enwichenen StrafF#underung der halbzertrümmerten Häuser uno ver reichen gingen. Das Entsetzen steigerte sich noch, als der Aetna rege Tätigkeit zu zeiges. begann. Die Erbebenkundigen versichern freiLuch g.# eine große Eruption nicht wahrscheinlich sei. Während der Nacht vom 28. zum 29. und während des darauffolgenden Tages zog Militär in die zerstorte Staot ein.“ Es wird bei dem Rettungswerk von Freiwilligen aus der Bürgerschaft unterstützt. Die Tapferteit, mit der die Leute an dem Rettungswerk arbeiteten, wurde ihnen manchmal verhängnisvoll, aber der Erfolg blieb den wackeren Leuten nicht ver3t S che Ba5,„Feuer zu unterdrücken und dem Treiven des poveis ein Ende zu machen. Die vorhandenen Hilfskräfte entsprachen jedoch am Dezember immer noch nicht der Größe der Not. Die schönsten Paläste, die Kirchen, die Theater und die Villen sind nur noch Trümmerhausen, aus denen verwesende Leichen einen surchtbaren Geruch verbreiten. ###. p#lle, Umfang des Unglücks bekannt wurde, „#“ Konig, daß ihn ein Sonderzug so nahe wie möglich an die Unglücksstätte bringen solle. Die Königin weigerte sich, ihn allein gehen zu lassen, weil sie das Anrecht habe, sich an dem Rettungswerk zu beteiligen. Die Abfahrt des Königspaares veranlaßte eine große Kundgebung. Minister, Senatoren und Deputierte hatten sich auf dem Bahnhose versammelt, wo zahlreiche Damen unter Tränen dem Königspaare„Gott segne Euch!" nachriefen. Von dem diplomatischen Korps war bei der Abfahrt nur der amerikanische Botschafter zugegen. Er eilte, als er von der Abfahrt hörte, auf den Bahnhof, um im Namen seines Landes sein Beileid auszusprechen. Er sagte, daß er als Amerikaner infolge der Erfahrungen von San Franzisko das Elend zu würdigen verstehe. Das Herrscherpaar dankte dem Botschafter warm und bat ihn, diesen Dank auch der amerikanischen Regierung und dem amerikanischen Volke zu übermitteln. Auch der Papst hatte nach dem Süden aufbrechen wollen, erhielt jedoch nicht die ärztliche Erlaubnis. Er telegraphierte an den Erzbischof von Palermo, an den Erzbischof von Catania und an die Bischöse von Catanzaro und Lileto. Er ordnete Gebete an und erkundigte sich nach dem Umfange des angerichteten Schadens, weil er Geldspenden zu senden beabsichtige. Wenn die Berichte der Flüchtlinge aus Reggio sich bestätigen, so wurde diese unglückliche Stadt nicht nur zertrümmert, sondern auch von der Erde verschlungen, die sich mit einem Knall wie von hundert Geschützen öffnete, während zu gleicher Zeit die See sich unter Getöse auf das Trümmermeer stürzte. Die Bestürzung in ganz Italien ist unbeschreiblich, besonders in Rom und in Neapel, wo viele Leute Verwandte in Messina und Reggio haben. Viele Leute sind nach dem Süden aufgebrochen, trotzdem die Behörden darauf aufmerkRuinen umwarf. In Syrakus wurde die Bevölkerung gestern früh um 5 Uhr durch einen 25 Minuten dauernden Erdstoß aus dem Schlaf geschreckt. Die Leute liefen schreiend und weinend durch die Straßen. Aus Neapel ist folgende telegraphische Meldung eingegangen: Konsul Jakobs aus Messina ist mit seiner gesamten Familie gerettet. Seine beiden Töchter sind heute morgen mit dem Lloyddamnufer„Tberantz“ bier eingetrossen, ebenso Fräulein Jouwerki, Dnr Familie Duden, die Familie Pastor Müllensiefen, die Erzieherin Behrand, Dresden, 31. Dez. Könia ugust richtete gnläßlich der FrähehSühitalsen der Erdbebenkatastrophe in Beileidstelegramm. atien ein berzliches ihr Belleid dem dier do““ lüchtiche Regierung drückte ten durs“- Stag andten burch den Siuarsminister Grafen von Hohenthal und Bergen aus. e4lscb scäs erilichehen Biste se ae P, scpensgefährich verlede, eines ibrer Kinder Aussagen de anderen Vversogen sind unversehrt. Nach der Augenzeugen Duden haben sich auf and5rs, Schiffe gerettet: Familie Troeglen, die Herren uumg(Bsise, Vogelsang. Das Schicksal der weiteren erwa 1o Personen der Kolonie von Messina war noch zumeier Veusicher aun. angeblich das Schilsal zweier Druncher, von Soden, unbekannt. Kamisse.“ 31. Dez. Von der hier lebenden die dort pere Peinkommissars Reen sind in Messina dort zu Besuch meis Schweite deren zwei Kinder, die an Esuch weilende Schwester und ein im Geschäft der verheirateten Schwester tätiger Sohn verschwunden ist. Mehrere de stürzten ebenso wie die Kirchen und kasernen ein. Von Reggio aus konnte man die sam machten, daß die Eisenbahnverbindung unterbrochen sei. Hunderte von Studenten aus Reggio, die es unmöglich fanden, von ihren Familien Nachricht zu erhalten, beschlossen, bis Bagnara die Bahn zu benutzen und von dort zu Fuß nach Reggio durchzudringen Der Tod des Polizeichefs von Messina war besonders tragtsch. Er kam mit fünf Kinder ums Leben. Sein Weib entkam auf wunderbare Weise mit einem ihrer Knaben. Sie wurde sich zuerst klar über das drobende Verhäugnis. sprang aus dem Bett, riß das Kind an sich und hatte die Geistesgegenwart, unter der Wölbung einer der großen Tore des Gebäudes stehen zu bleiben, während um sie herum die Mauern des Hauses einstürzten und die übrigen Mitglieder der Familie begruben. Das Schicksal der Deutschen, Berlin. 30. Dez. Begreiflicherweise sind die Angehörigen der Deutschen, die sich zurzeit in Süditalien aufhalten, aufs außerste besorgt und viele von tonen mmen der breunenden Hots.aus konnte man die HZeitzen sich auch schon an das Auswärtige Am mit der Die drei Kruminien“““ Trummer Messinas sehen. Sirie um Auskunft gewendet. Leider konnte eine solche Erdbeben verwitet: Mess. 4sgprien sind durch das nicht erteillt werden, denn obgleich sofort nach dem des Wortes zerkört, Nach 110 t in, wahren Sinne Ietanntwerden der Katastrouhe an die Botschaft in sich die Zahl der Toten gurin Verichten beläuft Rom und unsere Konsulate in Süditalien telegrapbiert sabl der Verlepten is nach bzzekrttausend und die wurde, um so rasch wie msglich die Namen der verlang des Elends in I. 875##k- tiever den Um= unglickten oder geretteten Leutschen zu erhalten, so ist man immer noch im iugi“ und dessen Umgebung ist noch keine Auskunft eingegangen. Es erklärt sich das Listrikt liegt abgeschnitten von der übrigen Welt aes Seitcie eie elce bekommen hat. Zurzeit weiß ob die an die Konsuln in gerichteten Telegramme angesi##nd Her semmen ind und ob die Konsuln selbt gerettet wurDie Ausdehnung der Erdbeben zugenommen hat. Das Catania oder Neapes eingetraf Patermo, lelsche ur uekeraikeshgshesbite. Die Panik Rerskende Kandeilt, die in den beressenden Stüden sen, ober es ik nicht zu lenanen Jaßinus ge= naturgemäß nicht bekannt waren. Auch nach dieser der größten Tatastropßen e man muß ltgeschichte sießt. Die bkaßttofe Bisher aud owierigen Verhältnisen rechnen. Telegraphie hat sich in dieser Zeit der Rot der: ach ga le ,ur gzn den Blätern eine Depesche vor, ordentlich bewährt. So wurde beispielsweise durch größen: Anzahl Koriu kommender Llonddampfer eine Bie ie Let seches tseggen die breit beten Linienschife, Haben ol. sdr ur Behue bgefahren waren, nach Messng zu beordern. Liplomatt slaenes Sas euls eie. eie bechise ige ios Seichek an de uiteaishen asheg u uiad bnertöhhen kommen. Der Schwiegersohn wurde schwer verletzt. * Weitere Meldungen. = Rom, 31. Dez. Der Papst hat den auf den 35szzter angesetzten Empfang des römischen Adels und die Abhaltung von feierlichen TrauerIn Monte Leone beg net. aus Begain eir uunn die ersten Ueberlebenden neggio einzutreffen, die erzählen, daß die Stadt vernichtet, die dem Meere zunächst liegenden Stadteeile vom Erdboden verschwunden seien. Man glaubt, daß in breggio 10000 Personen ums Leben gekommen hierie von Feggig. Burermeister und der Depu= Reggio di Calabria, 31. Dez. Der König sprach zahlreichen Verwundeten, die auf der Straße lagen, Trost zu, und fuhr dann im Boot die Küste aus zu sehen, welchen Schaden die Stadt erlitten hat. Die Bevölkerung bezeugte dem Könige tiefbewegt Beifall. Der Kreuzer„Napoli“ ist hier mit den ersten Hilfsmitteln eingetrossen. Die Bäckereien haben ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Die Geschafte, die Levensmittel verkaufen, werden von Truppen bewacht, um eine Plünderung zu verhindern. Die zu langjährigen Strafen verurteilten Geingeichi apoli“ wan zing die übrigen zu ibren Familien geschickt. wan sing an. die Leichen zu beerdigen und die nötigen Desinfektionen vorzunehmen. = Palermo, 31. Dez. Der deutsche Kaiser richtete an den Präfekten von Palermo ein in bewegten„Worten gehaltenes Beileidstelegramm anlaßlich der schrecklichen Katastrophe in Sizilien. 31. Dez. Trotzdem die Katastrophe über Reggio nicht weniger fürchterlich hereingebrochen ist als über Messina, bietet doch Reggio nicht ein so schreckensvolles Bild wie diese Stadt Das mag entweder daran liegen, daß drüben in Reggio die Bevölkerung weniger zahlreich ist, und die Häuser kleiner sind, oder auch daran, daß dort keine Feuersbrünste auskamen. Waren können zurzeit nach Reggio nur auf dem Meereswege befördert werden. Man hält es für notwendig, alle Ueberlebenden aus Reggio und Messina hinwegzuschaffen. o, 31. Dez. Längs der ganzen Küste von Reggio bis Lazzaro herricht eine grauenhafte von vielen kleinen Bauernhausern. eine Spur ist übrig geblieven, weil das Meer mit fortgerissen und die ausgedehnten Franzenheine vernichtet hat. Die Meereswogen einmärts. Aus.. Hunderte von Metern land. G###uf der Straße von Lazzaro nach Reggio begegnei man zahlreichen Gruppen Ueberlebender, die Pestege. luchten, wo wieder eine Bahnverbindung „# Pellaro wurde eine Brücke fortgerissen uno vom Meere eine weite Strecke längs der Bahn miessligg“ Zenseits der Meeresstraße sieht man über wesch fünf. ungebeuere Rauchsäulen aufsteigen, Weicht die Lust verfinstern. Längs der Eisenbahn arbeitet man an der Wiederherstellung der TeleGerbsun. Ein Gang am Meere entlang Wanderer an Hunderten von unbegrabenen die in entsetzlichen Stellung daliegen. Ihre zerschmetterten Körper und entstellten Gesichter bieten ein fürchterliches Schauspiel. Die Hilfstruppen arbeiten mit aroßer Ausonserung Es fehlt am einigen Orten, wie in Pizzo, Catrone, Santa Severina sen i. unter dieund Piscopio, wazten die Menschen in die halb= von Beamten gn s geboten, durch Entendung Perkorten Kirchen zu bringen, um die Statuen der Städten für diend esing und andern beichädigten u holen, die sie, unter Anrufung der Barm= Schicksal der De Nachrichten über das 640 herz gen der Hi nissen seien, die sich an noch vor Sonnenaufgal nichtet wurde, und die Me mechten, die Straßen u fanden, während auf allen Base. faß es Mahen Movin das Auge eimmerlich gerleizek„so verletzten Menschen, die, Ammerlich gerleider ind vor Furcht halb wahnsinnig, gten gin“ nroßer ausopferung. Es sehlt am Nötigertämeaferufe und herzzerreißendes Hungergeschrei Hilsgtin gus den Feldern. Die vorhandene ärztliche Hills.i# bei weirem nicht ausreichend. Der Vorüberhmring mit dem Ruse Wir haben Hunger! Helfen Sie u281 Allenthalben auf den Feldern herrscht ein gräßlicher Verwesungsgeruch. Wenn man nach Reggio geht, sieht man, daß längs des Weges auch nicht in einziges Haus stehen geblieben ist. Beim Eintritt in vir Stabt versperren einem die zwei Meter hoch aufgeschichteten Trümmer der Strade cal Opinace den Bari sr sic de der Korvskommandant aus die letzten 12 Filzsact dier angekommen und mußte i#1ometer zu Fuß zurücklegen. Aus Hilfskorps von 150 Freiwilligen eingetroffen. Die Retter müssen sich vor der Wut der die gestern ersolaten a0 nehmen. Zwei Erdstöße, häsch el cecse em Morgen abspielten, wo Stadt sozusagen verdie sich zu retten veron Haustrümmern gesperrt noch stehende Häuser pianlos in dem strömenden stirzten, während der niedrige Stadt von der tobenden See ul Rann namens Lojacone, der be Jampfers„Washington gebrad iim Bewußtsein zurückgekehrt, ignen Kindern. Als ihm nieme per Wegen der Unterbrechung der Verbindung wird Aufschluß schwerlich sogleich zu erhalten sein.“ Der kaiserliche Konsul in Palermo meldet:„Ueber das Befinden des Konsuls Jakobs und der Deutschen Messinas hier auch auf amtlichem Wege nichts festzustellen, da. dise. Verbindungen unterbrochen sind. Hier ist nichts =.Rcapel, 31. Dez. Der deutsche Dampfer„Therapiar ist hier eingetrossen. Der Mannschaft war es gelungen, 51 Personen von der deutschen Kolonie zu retten. Die Zahl der in Messina ums Leben gekommenen oder vermißten Deutschen wird auf 500 bis 600 geschätzt. In Neapel sind 20 Deutsche eingehervor. Pallaro und San eume 100 Kar n zerstört. In San Gregorio sind die 250 Toren schon fast alle begraben, aber noch fehlt S8. dort an Hilfe für die vielen Verwundeten. In „Laxxe Suveriore, nahe Reggio, sind die Gebäude entezngstürzt oder, drohen einzustürzen. Auch die Dörfer weisitano und Bocale sind ganz zerstört. ten aud Peis. 2.3: Die ausführlicheren Nachrichaus Messina entrollen ein immer schrecklicheres Bild von der Katastrophe. Ueber dem Trümmerfelde liegt nachts tiefe Dunkelheit, die nur von den Scheinwerfern der auf der Reede liegenden Schifse durchvird. Es fehlt auch an Wasser. Die Mannitalienischen, englischen und russischen Fchifie, sind unermüdlich an dem Rettungswerk tätig. liegen Tote, Verwundete und menschliche Srach sänagt am sich e sind weitere Flüchtlinge komitees sind eifrig an der Arbeit und haben zunächst ist nach Messng abgereist. ersvischof von Letzte Meldungen. Deutschen#. Dez. Dem Präsidenten des Leiggn Reichstages ist auf sein Beiataggee a mmn aus Anlat der Erdbeben. in Süd=Italien an den Präsidenten der italienischen Deputierten=Kammer folgende Antwori zugegangen: Rom, 30. Dez. Die rührenden Rtalienische Fratienische Kammer zu richten die Güte hatten, werden für die so schwer geprüfte Seele unseres Volkes von großem Troste sein. Die beiden Provinzen, Ressina und Reggio,— mit die schönsten unseres Italien,— welche durch den Charakter ihrer BevölEerung und die, Reize ihrer Natur auch Ihren erbanen Kaiser begeistert haben, bestehen jetzt nur noch als schreckliches Erinnerungsmal. Gewiß, die Gefühle der Italienischen Kammer zum Ausdruck zu bringen, spreche ich Ihnen unseren tiefgefühlten Dank (gez.): Marcora, Präsident der DeputiertenKammer. W Catanzara, 31. Dez. Nachrichten aus Palmi besagen, daß dort heute abend 700 Tote geborgen sind. Kein Haus ist bewohnbar. Die Deputierten Bovi und Alessio sind wohlbehalten. Nach Meldungen aus Reggio ist der Deputierte Demetrio Tripepi schwer verletzt aus den Trümmern geborgen worden. Der Deputierte Valentino ist gestorben. W Rom, 31. Dez. Der Bürgermeister von Rom ließ im Spital Santa Sabina 200 Betten für die Verwundeten bereit halten. In Reggio ist, ebenso wie in Messina, die Cassa in den Räumlichkeiten der Banca d'Italia unversehrt geblieben. W Palermo, 31. Dez. Der Dampfer„Umberto“ ist mit 500 Ueberlebenden aus Reggio angekommen. Unter diesen Flüchtlingen sind 95 verwundet. Der Kapitän erzählt, er habe in Reggio gesehen, wie die Geretteten vor Hunger ihre Hunde töteten, um sie zu verzehren. Auch der Dampfer„Sicania“ landete 300 Flüchtlinge aus Messina, darunter 20 Verwundete. W Neapel, 31. Dez. Der Dampfer„Simeto", welcher sich zurzeit der Katastrophe in Messina befand, ist mit 400 Verwundeten, darunter 100 Soldaten der Garnison Messina, hier eingetroffen. Die Herzogin von Aosta besuchte am Vormittag die Spitäler, tröstete die Verwundeten und führte drei Waisenkinder ins königliche Palais. Auch andere adelige Damen bemühten sich um die Verwundeten, insbesondere um die verwaisten Kinder. W Neapel, 31. Dez. Der russische Panzer„Slava“. ist hier mit 500 Schwerverletzten eingetroffen. W Rom, 31. Dez. Infolge der aus Messina und Reggio di Calabria eingetroffenen Nachrichten traten der Kriegsminister und der Minister der Posten sowie die Unterstaatssekretäre der Marine und der öffentlichen Arbeiten und der Kommissar für Auswanderungsangelegenheiten zusammen und beschlossen, die nötigen Maßnahmen zu treffen zur sofortigen Absendung großer Auswandererschiffe nach Reggio und Messina, ausgerüstet mit Lebensmitteln auf 30 Tage; die Schiffe sollen zum Transport für die Ueberlebenden und zum augenblicklichen Asyl für die völlig hoffnungslose Bevölkerung dienen. W Rom, 31. Dez. Ein Telegramm des Direktors des Observatoriums in Catania, Ricco, an die„Agenzia Stefani“ besagt, die Docks des Hafens in Messing hätten sich bis zum Meeresspiegel gesenkt, die Flutwelle sei von Messina bis Syrakus und Termini Imerese gegangen. Die Zahl der Opfer betrage insgesamt 200000.— Das Observatorium in Catania verzeichnete nach den ersten heftigen Erdstößen noch 42 Erschütterungen. Seit den letzten 13 Stunden sind die Instrumente des Observatoriums fast in völliger Ruhe. Da der Aetna und der Stromboli nicht in Tätigkeit sind, ist ein vulkanischer Ursprung des Naturereignisses ausgeschlossen. Die Erscheinungen sind denen vom 6. Februar 1783 ähnlich. W Rom, 1. Jan. Der deutsche Kreuzer „Hertha“ ist gestern abend vor Messina eingetroffen. Nach weiteren Nachrichten aus dem Erdbebengebiet beträgt die Gesamtzahl der Opfer Reggios 20000. Die Erdstöße dauern fort bei fast ununterbrochenem Regen. Die Behörden verteilen Lebensmittel. Die sozialen Unterschiede hören auf, da alles unter dem Hunger leidet. Die Ueberlebenden sind beinahe ohne Kleidung, erzählen nur von ihren Leiden. Zur Sicherstellung der Rettungsarbeiten ist Messina in Zonen eingeteilt Die Aerzte verbinden die Verletzten bei Reogio unter freiem Himmel, gestern etwa achthundert. Fortwayrend landen Truppen, da Hilfe überall erforderlich ist. König Viktor Emanuel landete gestern bei Messina, überall trostspendend und Hilfe zusagend, auch die Königin Clena besuchte ebenfalls die Verwundeten. Die Beträge der Spenden für die Opfer der Katastrophe sind in aller Welt bedeutend. Neapel bewilligte 50000 Lire. In Neapel trafen außer den schon gemeldeten weiter keine Deutschen ein. W Washington, 31. Dez. Präsident Roosevekt wird am Montag eine Sonderbotschaft an den Kongreß gelangen lassen, in welcher er eine beträchtliche Unterstützung für die durch das Erdbeben in Italien Geschädigten befürwortet. Telegramme. Regen hin und her gelegene Teil der verspült wurde. Ein zußtlos an Bord des rden war, fragte, troffen. seiner Frau und]= Neapel, 31. Dez. Zu den geretteten Deutschen istangtez gsben Bchixerg, gußzer dem deutschen Konsul Jakobs auch der mochte, stürzte er sich, ehe konnte, über Bord und man ihn duran hinoern pantor Mullensiefen und einige Frauen. Die deutsche ichte, an Land zu Zolozig ERessina unterhielt eine von 45 Zöglingen Teilnahme und Hilfe. „Laiser Wilhelm hat für die Verunglückten in Suonatten 6000 Mart gestistet.ten in r Magistrat hat am Donnerstag 50 000 Mark für die Opfer der Erdbebenkatastroph.n auf Sizilien und in Kalabrien vorbehaltlich der Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung beDie Handelskammer in Frankfurt a. M. stellts, 20 00 Francs für die bei dem Erdheben auf Sizilien Verunglückten zur Verfügung. Außer den Spenden des Königs von Italien erschöpfung, mit blutenden Händen in den mern. Er erklärte, die Trümmerstätte nicht in zu wollen, bis er die Leiche seines Bruders LAldsterchenisek Sagricgen Keasden. Cchel. Bise Weising, ze einem neuen Erdstoß heimgesucht, der die noch steyengebliebenen Mauern der Häuser und W Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier fand am kaiserlichen Hofe in üblicher Weise statt. W Berlin, 31. Dez. Der Präsident des Deutschen Reichstages hat auf sein Glückwunschtelegramm zur Eröffnung des türkischen Parlaments nachstehende Antwort erhalten: Konstautinopel, 30. Dez. 1908. Die freundlichen Gefühle und Glückwünsche, welche der Reichstag für das Ottomanische Parlament gütigst übermittelt hat, sind mit höchster Befriedigung von den Ottomanischen Abgeordneten entgegengenommen worden, und hat das Parlament bei dieser Gelegenheit seine Dankbarkeit und Hochachtung für den Deutschen Reichstag zum Ausdruck gebracht. Der Präsident des Parlaments: Ahmed Risa. —.W Le Maus, 31. Dez. Heute nachmittag machte Wilbur Wright gelegentlich des Wettbewerbes um den Michelinpreis 56½ Runden in 2 Stunden 20 Minuten und 44 Sekunden, wobei er 124,3 Kilometer zurücklegte. Hiermit schlug Wright seine bisherigen Rekords. gesagt. schen Konial in P. g###shn, bresden für Messina 30000 Mark. Die Privatrycater veranstalteten Sondervorstellungen zugunsten der Opfer des Erdbebens. Mann ließ sich ohne Widerstand verhaften und erklärte, daß er nur habe protestieren wollen, weil ein von ihm an Clemenceau gerichtetes Gesuch abgelehnt worden sei. Der Mann heißt Benedetti und stammt aus Korsika. Ortssatzung betreffend die gewerbliche Fortbildungsschule in Witten. Auf Grund der§§ 120, 1391, 142, 150 und 154 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900(R. G. Bl. Seite 871 ff.) werden aach Anhörung beteiligter G werbetreibender und Arbeiter und unter Zustimmung der Stadtve ordneten=Versammlung für den Stadtbezirk Witten die nachstehenden ortsgesetzlichen Bestimmungen erlassen. § 1. Alle im Stadtbezirk Witten nicht blos vor übergehend beschäftigten gewerblichen Arbeiter(Gesellen, Gehülfn und Lehrlinge) im Handelsgewerbe, im Handwerks= und im Fabrikbetriebe sind verpflichter, die hierselbst errichtete öffentliche gewerbliche Fortbildungsschule an den vom Magistrate festgesetzten Tagen und Stunden zu besuchen und an dem Unterrichte teilzunehmen. Die Schulpflicht endigt mit dem Schlusse des Schulhalbjahres, in welchem die Schüler das siebzehnte Lebensjahr vollenden. Zur Teilnahme am Zeichenunterricht sind nur diejen'gen verpflichtet, welche des Zeichnens für ihren Beruf bedürfen. Im Zweifelsfalle entscheidet hier über das Kuratorium. S 2. B=freit von der Verpflichtung zum Besuche der Schul sind diejenigen, welche: a. die Berechtigung zum Einjähr. Freiwilligen Dienst erlangt haben, b. eine vom Staate oder der Gemeinde anerkannte Fachschule besuchen, c. den Nachweis führen, daß sie diejenigen Kenntassse und Fähigketten b sitzen, deren Aneignung das Zil der Fort bildungsschule bildet. § 3. Falls bekannt wird, daß„Schüler der in§ 2 b gedachten Fachschulen den Unterricht derselben nicht regelmäßig besuchen, so können sie der öff nt ichen gewerblichen Fortbildungsschule zugewiesen werden. Die Zuw isung erfolgt durch schuiftliche Benachrichtigung des Magistrats, welche sowohl an den Schüler als dissen Arbeitgeber zu ergehen hat und am Tage nach der Zustellung in Kraft tritt. § 4. Ortsangesessene gewerbliche Arbeiter, welche zum Schulbesuche nicht verpflchtet sind, können auf Antrag de gesetzlichen Vertreter oder Arbeitgeber zum unentgeltlichen Besuche der Schule zugelossen werden, wenn ausreichender Platz vorhanden ist und sie sich vipflichten, sich der Schulordnung zu unterwerfen. Nicht zum Schulbesuche veipflchtete auswärtige Arbeiter, die beim Vorhandensein der gleichen Voraussetzungen ebenfalls zugelassen werden können, haben ein von den städtischen Kö perschaften festzusetzendes Schulgeld zu entrichten. Ueber die Zulassung freiwilliger Schüler entscheidet das Kuratorium. § 5. Ausgeschlossen von dem Besuche der Schule können durch das Kurato ium solche Schulpflichtige werden, welche wegen geistiger oder kö perlicher Gebrechen zur Teilnahme am Unterrichte ungeeignet erscheinen. § 6. Der Unterricht in der Fortbildungsschule hat in der Regel nur an den Wochentagen stattzufinden. Die Unterrichtsstunden und jede„Abänderung des Stundenplanes sind nach Anhörung des Kuratoriums durch den Magistrat festzusetzen und öff utlich bekannt zu machen. S 7. Zur Sicherung des regelmäßigen Besuches der Fortbildungsschule, sowie zur Sicherung der Ordnung in der Fortbildungsschule und eines gebührlichen Verhaltens der Schüler w.rden folgende Bestimmungen erlassen: 1. Die zum Besuche der Fortbildungsschule Veipflichteten und die freiwillig Zugelassenen müssen sich zu den für sie bestimmten Unterrichtsstunden rechtzeitig einfinden und dürsen sie ohne eine nach dem Ermessen des Leiters der Schule ausreichende Entschuldigung nicht ganz oder zum Teil versäumen. In Zweifelssällen entscheidet darüber, ob die vorgebrachte Entschuldigung für ausreichend zu erachten ist, auf Antrag das Kuratorim endgültig. Sie müssen die ihnen als nötig bezeichneten Lehr- und Lernmittel in den Unterricht mitbringen. Sie haben die Bestimmungen der für den Besuch der gewerbiichen Fortbildungsschule erlassenen Schulordnung zu befolgen. Sie müssen sauber und in reinlicher Kleidung in die Schule kommen. Sie dürfen den Unterricht nicht durch ungebührliches Betragen ftören und das Schulgebäude, den Schulhof, die Schul=Geräte und Lehrmittel nicht verderben, beschädigen oder verunreinigen. 6. Sie haben sich auf dem Wege zum Unterricht und vom Untericht jedes Unfugs und Lärmens zu enthalten. Zuwiderhandlungen der zum Besuche der Fertbildungsschule verpflichteten Schüler werden nach§ 150 Nr. 4 der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900(Reichs=Ges. Bl. Seite 871 ff.) mit Gldstrafe bis zu 10 Mk. oder im Unvermögensfalle mit Haft bis zu einem Tage bestraft, sofern nicht nach gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist. In leichteren Fällen der Zuwiderhandlungen können Karzerstrafen bis zur Dauer von 6 Stunden durch den Schulletter festgesetzt werden, welche an Sonntag Nachmittagen zu verbüßen sind. Sollten diese Strafmittel zur Herbeiführung eines regelmäßigen Schulbesuches nicht auereichen, dann kann im Wege des unmittelbaren Zwanges vorzegangen und der Schuspflchtige dem Unterrichte zwangsweise zugeführt werden. § 8. Die Gewerbe=Unternehmer haben jeden von ihnen beschäftigten gewerblichen Arbeiter, der nach§ 1 zum Besuche der gewerblichen Fortbildungsschule veipflichtet ist, spätestene am 6. Tage nach Einstellung desselben mit Vor= und Zuname, Stand und G.burtsdatum dem Leiter der Fortbildungsschule anzumelden. Die Anmeldepflicht besteht auch für probeweise eingestellte, im schulpflichtigen Alter stehende Personen, und ist auch begründet, wenn ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen ist. S 9. Innerhalb derselben Frist haben die Geweibeunternehmer die von ihnen aus der Arbeit entlassenen Schüler vom Besuche der Schule abzumelden. Hat ein Schüler das Arbeiteverhältnis eigenmächtig oder rechtswidrig gelöst, ohne daß der Arbeitgeber Anspruch auf Rückkehr geltend macht, oder machen kann, so hat letzterer denselben unter Innehaltung einer Frist von 6 Tagen abzumelden. Wird eine solche Person später wieder eingestelt, sie von neuem als Fortbildungsschüler anzumelden. s 10. Die Plicht zum Schulbesuch bleibt auch dann bestehen, wenn schulpflichtige Personen infolge vorübergehenden Aebeitsmangels, wezen Betriebsstbrungen oder aus sonstigen für kunze Zeit(die 14 Tage) aufreiwillig be2. 3. 5. so ist schäftigungslos werden,“es sei denn, daß sie infolgedessen aus ihrem letzten Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. S 11. Die Arbeitgeber haben die zum Schulbesuch Verpflichteten so zeitig von der Arbeit zu entlassen, daß sie rechtzeitig und soweit erforderlich, gereinigt und umgekleidet im Unterricht erscheinen können. S 12. Eltern oder deren gesetzliche Vertreter dürfen ihre zum Besuche der Fortbildungsschule verpflichteten Söhne oder Mündel vom Besuche des Unterrichts nicht abhalten, sie haben denselben vielmehr die ersorderliche Zit zu gewähren. Hat ein Schüler eine dringende Reise anzutreten, so haben dieses die gesetzlichen Vertreter dem Leiter der Schule anzuzeigen unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Reise. § 13. Ist ein Schüler an einem einzelnen Tage durch Krankheit am Schulbesuch verhindert, so hat der Arbeitgeber darüber dem Schüler zum nächsten Unterrichtstage eine Bescheinigung mitzugeben, welche an den Klassenkehrer abzugeben ist. Diese Bescheinigung ist seitens der im§ 12 benannten gesetzlichen Vertreter auszustellen und dem Schüler mitzugeben, wenn die Krankheit dem Arbeitgeber nicht b.kannt war oder mitgeteilt ist. Dauert die Krankheit eines Schülers länger als eine Woche, so haben Arbeitgeber oder gesetzliche Vertreter im Laufe der darauffolgenden 6 Tage dem Leiter der Fortbildungsschule schriftliche Mittteilung zu machen. § 14. Die Arbeitgeber oder die gesetzlichen Vertreter eines Schülers können letzteren nur in sehr dringenden Fällen für einzelne unbedingt erforderliche Stunden an einem Schultage vom Besuche der Schule zurückhalten. Sie haben hierüber dem Schülr zum nächsten Unterrichtstage eine dem Klass nlehrer zuzustellende Bescheinigung, aus welcher die Gründe der Zurückhaltung genau ersichtlich sein müssen, mitzugeben. Mehrmaliges eigenmächtiges Zurückbehalten des Schülers innerhalb desselben Monats ist nicht zulässig. Arbeitsüberhäufung kann abgesehen von besonders zu bezeichneten dringenden Fällen, als genügender Entschuldigungs= grund für die Schulversäumnes nicht angesehen werden. Enistehen darüber, ob das erfolgte Zurückbehalten eines Schülers zulässig war, Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten zw schen dem Gewecbetreibenden und dem Schulletter, dann ist den Beteiligten fteigestellt, die Eatscheidung des Kuratoriume anzuruf n. Schüler, die mit oder ohne Entschuldigung dem Unterrichte für eine längere Zeit fein geblieben sind, können durch den Schulleiter vorpfl chtet werden, neben den gemäß§ 6 dieses Statutes fistgestzten Unte richtsstunden in b sonderen Nachhülfe= oder Strafstunden an Wochentagen das Versäumte nachzuholen. S 15. Wünschen Arbeitgeber oder gesetzliche Vertreter die Befreiung eines Schülers vom Unterricht aus dringenden Gründen für längere Zeit, so haben sie dieses so rechtzeitig beim Schulleiter zu beantragen, daß derselbe im Stande ist, nötigenfalls die Entscheidung des Kuratoriums herbeizuführen. Arbeitg ber des Bauvandwerkes, welche bei Ausführung auswärtiger Arbeiten schulpfl chtige Prisonen längere Zeit vrwenden, deren rechtzeitiges Eintreff.n im Unterricht dadurch unmöglich oder erschwert sein würde, haben die Befreiung der Schüler für die Dauer der Arbeiten ebenfalle vo her beim Leiter der Schule zu beantragen. S 16. Arbeitgeber und gestzliche Vertreter der zum Besuche der Fortbildungsschule Veipftchteten werden, bei nachgew esener Uebertretung der B stimmungen dieser Ortssatzung nach§ 150 Nr. 4 der Reichegewerbe=Ordnung, sofern nicht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe viwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 20 Mk. und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft. S 17. Diese Orssatzung tritt nach erfolgter Genehmigung in Kraft. Mit gleichem Zitpunkte verliert das Orisstatut vom 15. Dezember 1891 nebst dim Nachtrage hierzu vom 9. F.b uar 1904 seine Wirksamk.it. Witten, den 30. September 1908. 25. November Der Magistrat: Laue. Pfeiffer. Genehmigt. Arnsberg, den 4. Dez mber 1908. Namens des Bezirks=Ausschusses Abt. II. (L. S.) Der Vorsitzende. BAIOVI 19/08 J. V.: — Kern. Vorstehende Ortssatzung wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Witten, den 22. Dezember 1908. Der Magistrat: Pfeiffer. Schul-Ordnung für den Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule zu Witten. Auf Grund der§§ 120, 142 und 150 der Reichs=Ge werbe= Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. 7. 1900(R. G. Bl. S. 871 ff) wird nach Anyörung beteiligter Gewerbetreibender und A beiter und unter Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung für den Besuch der gewerbl. Fortbildungsschule zu Witten die nachstehlnte Schulordnung erlassen. S 1. Mit seiner Aufnahme in die gewerbliche Fortbildungsschule übernimmt jeder Schüler die Veipflchtung, sich allen Bestimmungen und Einrichtungen derselben unbedingt zu unterweisen. S 2. Die Fortbildungsschüler haben sich sowohl in der Schule als außerhalb derselben eines wohlanständigen Verhaltens zu befleißigen und unter einander verträglich zu verkehren. Si. sind verpflichtet, so lange sie sich im Schulgebäude aufhalten, den Weisungen eines jeden Lehrers sofort und unweigerlich Folge zu leisten, ferner alle Lehrer in höflicher Weise zu grüßen und ihnen innerhalb wie außerhalb des Schulgebäudes Achtung und Ehrerbietung zu erweisen. S 3. Die Schüler haben pünktlich zur festgesetzten Zeit zum Unterrichte und zu den Schulfestlichkeiten zu erscheinen. Sie sind zur regelmäßigen Teilnahme an allen Unterrichtsgegenständen ihrer Klasse verpflichtet. Wiederholte Unpünktlichkeit wird ebenso bestraft, wie unentschuldigtes Fehlen. § 4. Jeder Schüler hat sich sauber gewaschen und in reinlicher Kleidung in der Slule einzufinden und vor Eintritt in das Klassenzimmer seine Kopfbedeckung abzunehmen. § 5. Joder Schüler hat nach seinem Einteltt in das Schulzimmer sich auf seinen Platz zu begeben und denselben ohne Erlaubnis nicht zu verlassen. Das Verlassen des Schulzimmers während des Unterrichts darf nur im äußersten Notfalle und nicht ohne Erlaubnis des Lehrers geschehen. § 6. Die zum Unterrichte nötigen Bücher, Hefte, Schreib= und Zeichengeräte hat sich jeder Fortbildungsschüler rechiz itig anzuschaffen und sleis zur Schule mitzubringen; auch müssen dieselben sich jederzeit in gutem Zustande befinden. § 7. Während der Unterrichtsstunden haben die Schüler die strengste Ruhe und Aufmerksamkeit zu beobachten. Das Verzehren von Eßwaren in den Unterrichtsräumen ist verboten. § 8. Kein Schüler darf sich an Lehrmitteln oder Schulgeräten vergreifen oder dieselben absichtlich beschädigen, ebensowenig ist es erlaubt, sich mit dem O.ffnen der Fenster und dem Anzünden und Auslöschen der Lampen ohne Auftrag des Lehrers oder an den Gashähnen zu schoffen zu machen. § 9. Für Schäden und Verunreinigungen, welche nachweisbar durch Fortbildungsschüler an den Schulgebäuden, den Gerätschaften, den Lhimitteln oder dem Eigentum der Mitschüler verschuldet worden sind, hat der berr. Schüler zu haften. § 10. Beim Schluß des Unterrichts haben die Schüler das Klassenzimmer und Schulgebäude in der bestimmten Oldnung zu verlassen und auf dem Nachhausewege sich ruhig und anständig zu betragen. Das Rauchen ist auf dem Schulhofe und im Schulgebäude streng verboten. § 11. Verstöße gegen die Schuloronung führen zur Verhängung von Schulstrafen. Diese können je nach Lage des Falles bestehen in: a) Ermahnung, Verwarnung oder Tadel durch Klassenlehrer, b) Erteilung eines Verweises durch den Leiter der Schule oder c. schriftlicher Benachrichtigung der Eltern, Lehr=, Dienstoder Arbeitsherren. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, dann werden— insbesondere bei wiederholten Vergehen der gleichen Art— die durch§ 7 des Oliststatuts festgesetzten Strafmittel angewandt. Die Verbüßung von Karzerstrafen findet nach Anordnung des Schulleiters in einem Klassenraum an Sonntag=Nachmittagen statt. Wärrend der Verbüßung sind von dem Klassenlehrer gestellte Aufgaben zu bearbeiten. S 12. Wohnungswechsel der Schülers, wie auch Wechsel des Lehrherin sind dem Leiter der Schule sofort mitzuteilen. § 13. Die Versetzungen in die höheren Klassen finden in der Regel zu Ostern statt, bei heivorragendem Fleiße, lobenswertem Betragen und guten Leistungen ausnahmsweise im Laufe des Schuljahres. Ein in eine höh re Klass vrsetzter Schüler kann nicht in die vorhergehende Klasse zu ückversetzt werden. § 14. Im Herbst und zu Osten werden den Schülern Schulzeugnisse ausgehändigt, dieselben sind von dem Vater oder d ssen Ste llvertreter und dem Lehrherrn unterschriftlich vollzogen in der nächsten Unterrichtsstunde dem Klassenlehrer zur Einsicht mitzubringen. § 15. Beim Abgange aus der Fortbildungsschule wird den Schülern auf ihren Wunsch ein Abgangszeugnis ausgestellt. Wied dasselbe nicht beim Abgange, sondern später verlangt, so sind für die Ausf riigung 50 Pfg. zu zahlen. S 16. Diese Schulordnung tritt nach erfolgter Genehmigung in Kroft. Mit gleichem Zeitpunkte verliert das durch Gemeindebeschluß vom 14. Apr'l/31. August 1893 festgelegte„Riglement für die stäotische gewerbliche Fortbildungsschule“ seine Wieksamkeit. Witten, den 30. September 1908. Der Magistrat: Laue. Pfeiffer. Genehmigt. Arnsberg, den 4. Dezember 1908. Namens des Bezirksausschusses Abt. II. (L. S) Der Vorsitzende. BAIICVI 19/08 In Vertretung: 1 Kern. Vorstehende Schulordnung wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Witten, den 22. Dezember 1908. Der Magistrat: Pfuffer. Stadttheater=Ensemble Witten. Borgmann's Theatersagl. Direktion: Josef Zwenger. Sonntag, den 3. Jannar Der Walzerkönig. Große Posse mit Gesang in 4 Akten von Mannstädt. Preise der Plätze wie bekannt. Musik von der Kapelle des Musikdir. Herrn Kratz. Kassenöffnung 7 Uhr. Anfang 8 Uhr. Vorbereitung: Sudermanns neuesteo epochemachendes Werk: Novität! Das Blumenboot. Novität. Feiner: Größter Schlager der Saison! — Ein seltsamer Fall.— Die Direktion. 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Predigt. Nachm. ½8 Uhr: Andacht. St. Josefskirche. ½8 Uhr: Frühmesse mit Predigt. 10„ Hochamt mit Predigt. ½8„ nachm. Herz-Jesukirche- Bommern. Vorm. 10 Uhr Hochamt m. Predigt. ½9 Uhr Andacht.