Krris=Brart für das Münsterland. Gratis=Beilage zum Westfälischen Merkur. No. 36. Donnerstag, den 5. Mai 1859. Unterhaltendes. Alphons. Erzählung aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Alphons saß in seinem Dachstübchen und hatte gar trübe Gedanken. Er war in Consolens gewesen und erst vor einer halben Stunde nach Hause gekommen,— seine letzte Hoffnung war auf diesen Gang gesetzt, und diese Hoffnung wie so manche andere zu Wasser geworden. Er war wirklich in einer gar zu schlimmen Lage. Alphons Mathieux war der einzige Sohn armer Bauersleute;— sie hatten ein kleines Gut, das sie recht schön hätte nähren können, wenn sie nicht ein so starkes Kapital darauf schuldig gewesen wären. So mußte aber alljährlich der größte Theil der Ernte verkauft werden, um die Zinsen jenes Kapitals zu bezahlen, und was dann übrig blieb reichte nicht zu, um das Jahr über davon leben zu können, und so war Alphons genöthigt, so oft die eigenen Arbeiten es erlaubten bei den Nachbarn in Tagelohn zu gehen, um das Fehlende zu verdienen. Er war ein kräftiger, fleißiger und in allen landwirthschaftlichen Arbeiten wohl erfahrener geschickter Bursche, und wurde deßhalb von den Nachbarn gerne zur Aushülfe genommen, leider konnte er nur selten abkommen, da die Kränklichkeit des Vaters ihn schon seit einigen Jahren nöthigte, das Gut allein zu bewirthschaften. Die Mutter war noch ziemlich rüstig, sie versah die Haushaltung, wobei Louison ihr treulich zur Seite stand. Louison war eine arme Waise, eine entfernte Verwandte der Familie Mathieux, welche sie aufgenommen hatte, da Niemand sich des verlassenen Kindes annehmen wollte. Sie war damals erst acht Jahre alt, und ein hübsches munteres Ding. Alphons war drei Jahre älter,— er und Louison lebten mit einander und liebten sich wie Geschwister, und wurden später auch vielfach dafür gehalten, schon um deßwillen weil Louison den Eltern des Knaben die Namen„Vater" und„Mutter“ gab. Jetzt waren die Rinder erwachsen, er 25 sie 22 Jahre alt, und sie sollten einander heirathen,— das war schon längst der Wunsch der Eltern, dem der Wunsch der jungen Leute mit großer Freude entgegenkam, und obschon Beide ganz arm waren, so sahen sie doch einer bessern Zukunft entgegen. „Es wird Euch so gut wie bisher gelingen die Zinsen des Kapitals aufzubringen,“ sagte der Vater:„und der reiche Pourchet denkt nicht daran es aufzukünden, denn weder er noch seine Kinder haben das Kapital nöthig. Mit mir wird es nicht mehr lange dauern, das spüre ich in meinem ganzen Körper, und habt ihr mir einmal die letzte Ehre erwiesen, und mich begraben, dann vermindern sich die Ausgaben, und ers wird Euch möglich sein, jährlich Etwas zurückzulegen,— ist es nicht viel, so ist es wenig, und Ihr könnt mit der Zeit, vielleicht einen Theil des Kapitals abtragen.“ „Redet nicht so Vater,“ erwiederte Alphons:„wenn der liebe Gott mein tägliches Gebet erhört, werdet Ihr noch recht lange leben, und wenn Ihr auch nicht mehr arbeiten könnt, so ist doch Euer verständiger Rath mir gar viel werth. Wir haben dieses Jahr eine recht schöne Ernte draußen stehen, auch unser Viehstand ist in erfreulicher Zunahme, und wir können auf den Herbst ein Stück davon verkaufen. So werden wir mit Gottes Hülfe schon in diesem Jahre den Anfang mit einer ordentlichen Ersparniß machen können. Ist einmal der Anfang gemacht, dann wird es schon öfter kommen; Ihr sagt ja immer das erste hundert zu ersparen halte am schwersten.“ „Und ich gehe in jeder Woche zweimal in die Stadt,“ siel Louison ein:„und trage Milch, Butter, Käse und Eier zum Verkaufe hin. Nachbars Lucie heirathet in 4 Wochen nach Chinon, und da ist ihr dann der Weg nach Consolens zu weit. Sie will mir ihre Kunden zuweisen und mit mir bei Allen herumgehen, weil wir ihr immer unsere Waare verkauft haben. Da kann ich ein schönes Stück Geld verdienen,— wir verkaufen unsere Waare theurer, und an der anderen Waare, die ich hier aufkaufe, gewinne ich auch etwas.“ Nun, wir wollen hoffen, daß unsere bescheidene Wünsche in Erfüllung gehen werden,“ sagte der Vater:„wir werden Alle unsere Schuldigkeit thun!" Die Familie war außerordentlich vergnügt, und Alles erschien ihnen in einem rosenfarbenen Lichte. Es wurde der Tag bestimmt, wann die Hochzeit sein solle, und der Vater übernahm es, die Anzeige bei dem Maire und dem Pfarrer zu machen. „Das muß Alles ganz in der Stille abgehen,“ sagte der Vater:„unsere Verhältnisse erlauben nicht, daß wir einen Hochzeitsschmaus halten.“ „Was fällt Dir ein, Alter?“ rief jetzt die Mutter in großem Eifer. Sie war bisher, mit einer häuslichen Arbeit beschäftigt, ohne an der Unterhaltung Theil zu nehmen, an dem Fenster gesessen, hatte aber kein Wort davon verloren, wie man dem stillen Lächeln entnehmen konnte, das über ihre Mienen verbreitet war:„Es ist wahr, wir sind arm und können keine große Sprünge machen,— aber ehe ich zugebe, daß mein einziges Kind sich ohne Sang und Klang in den heiligen Ehestand begibt, und ohne daß wir einen kleinen Schmaus halten, zu dem wir den Herrn Pfarrer, den Herrn Maire und die nächsten Verwandten und Nachbarn einladen, wie es Sitte ist in unserm Dorfe, und wie wir und unsere Eltern und Voreltern es gehalten haben— ehe ich das zugebe,— ja, lieber sollen sie ledig bleiben! Es wäre mein Tod, denn ich würde die Schande nicht überleben.— Ist denn unsere Louison nicht eine ehrliche Jungfrau, ein rechtschaffenes Mädchen, und dazu ein schönes und liebes Kind, wie kein besseres im Dorse,— und die soll wohl bei verschlossenen Thüren, oder Morgens vor Tag eingesegnet werden, als ob nicht Alles in der Ordnung wäre, und wir besondere Eile nöthig hätten? O nein! und noch einmal nein! Daraus wird nichts, ganz gewiß nicht! So darf es nun und nimmermehr gehen, so lange ich noch ein Wort mitzusprechen habe. Dreimal müssen sie von der Kanzel herab aufgeboten werden, und dann führen wir das junge Paar unter dem Zusammenläuten der Glocken in die Kirche, und ich selbst setze der Braut das Kränzchen in die Haare, das sie so gut verdient, und wohl noch mehr, als des reichen Müllers Tochter. Und dann halten wir einen Schmaus, wie meine Eltern es thaten als ich Dich heirathete, denn wir sind die Eltern von beiden Brautleuten.“— „Das ist Alles recht schön,“ unterbrach der Vater die sprudelnde Redefluth der guten Frau:„und ich wäre mit allen Deinen schönen Anordnungen durchaus einverstanden, nur weiß ich nicht wo wir die Kosten hernehmen sollen, wenn wir nicht die Hochzeit bis nach der Ernte verschieben wollen.“ „Nur keine traurigen Gesichter gemacht,“ rief die Mutter, indem sie die beiden jungen Leute ansah:„So lange sollt Ihr nicht warten. Ich war doch nicht blind, und wußte längst, daß es so kommen werde, wie der Wunsch von uns Allen war, und so habe ich schon seit Jahr und Tag eine kleine Sparbüchse angelegt, und jeden Sonntag 5 Sous hineingethan,— das muß jetzt schon ein ansehnliches Sümmchen ausmachen und wird nicht viel an 15 Livres fehlen. Mehl und Milch, Butter und Eier haben wir in der Haushaltung, da reicht diese Summe vollständig hin zu einem ganz anständigen Schmause, und es braucht auch der Ehrentrunk nicht zu fehler.“ Sie eilte nun in die Kammer und brachte eine kleine hölzerne Schachtel herbei die sie hoch in der Hand hielt und tüchtig schüttelte, daß das Geld darin hell erklang. Alphons und Louison sielen der guten Mutter um den Hals und herzten und küßten sie, während der Vater ihr die Hand reichte, und sie über die Maßen lobte wegen der Sparsamkeit und der klugen Vorsicht, daß der Alten vor Freude die hellen Thränen über die Wangen liefen. „Jetzt lautet es freilich anders,“ sagte der Vater:„und ich will Euch jetzt nur gestehen, daß mir die Geschichte seit einigen Monaten schon vielen Kummer und manche schlaflose Nacht machte. Jetzt ist aber alle Sorge vorbei, und nun kann ich mich erst von ganzem Herzen freuen, und diese Freude habe ich Dir ganz allein zu danken!“ Die Mutter war entzückt über diese Huldigungen, und Alle waren sehr glücklich in diesem Augenblicke;— es war leider die letzte glückliche Minute für lange Zeit!— An demselben Tage noch machte Vater Mathieur Anzeige von der Verlobung und beabsichtigten Heirath bei dem Maire — und am folgenden Tage wurde ihm das Kapital, das er auf sein Gütchen schuldete, von Pourchet zur Heimzahlung binnen drei Monaten aufgekündigt. Das war ein Blitzschlag bei heiterem Himmel! „Das muß ein Irrthum sein,“ sagte der Vater:„Pourchet braucht das Geld nicht, das weiß ich gewiß;— wir haben die Zinsen alljährlich richtig bezahlt,— die laufenden Zinsen sind auch erst in 3 Monaten fällig;— ich will doch gleich hinüber gehen, und mich erkundigen, was das sein soll!“ Noch an demselben Nachmittage ging der alte Mathieur zu Pourchet, welcher etwa eine viertel Stunde vor dem Dorfe ein großes Gut besaß;— er war nicht ohne Hoffnung, doch schweren Herzens. Bisher hatte er noch nie Ursache, sich über denselben zu beklagen, er stand immer ganz gut mit ihm, wie eben ein armer Mann dem reichen gegenüber, dem er viel Geld schuldig ist, in allen Stücken nachgibt, und sich nicht leicht einen Widerspruch erlaubt. Yourchet ließ dieses jedoch die Familie nie merken, er war vielmehr immer recht freundlich gegen sie, besuchte sie öfter mit seiner ältesten Tochter, und lud sie jedesmal recht dringend zu sich ein, doch leisteten Jene diesen Einladungen nur selten, und um den Gläubiger nicht zu erzürnen, Folge. Der Alte traf ihn zu Hause an. „Ihr habt mir das Kapital aufgekündigt, Nachbar!“ sagte er nach der ersten Begrüßung zu ihm:„Wie kommt denn das? Ich habe doch jederzeit meine Zinsen richtig bezahlt und ich wüßte nicht, das Eines von uns Euch oder die Eurigen irgendwie beleidigt hätte.“ „Ich brauche das Geld," erwiederte Pourchet mürrisch: „Ich will meine älteste Tochter verheirathen, und dieses Kapital habe ich schon längst für ihre Morgengabe bestimmt!“ „Ihr verheirathet die Rosine?“ fragte Mathieux:„Das hat sich ja schnell gemacht, da hörte man ja gar nichts davon in der Nachbarschaft!“ „Ja, so geht es“ antwortete Pourchet:„Das macht sich oft recht schnell und unerwartet. Bei Euch ist es ja auch so ergangen; Niemand wußte Etwas von der Verlobung Eures Sohnes,— auf einmal war es fertig.“ „Das ist ganz was anderes,“ sagte Mathieux:„Das wußte doch das ganze Dorf, daß die Beiden schon seit vielen Jahren für einander bestimmt waren!“ „Ich wußte nichts davon,“ erwiederte Jener:„War auch nicht nöthig;— wünsche Euch Glück dazu!“ „Ich danke für den Wunsch,“ antwortete Mathieux:„Damit ist es aber nicht gethan— wo soll ich das Geld hernehmen, wenn Ihr auf der Rückzahlung des Kapitals besteht?“ „Der Alphons heirathet ja,“ erwiederte Pourchet boshaft lachend:„Nehmt die Morgengabe seiner Braut!“ „Scherzt doch nicht bei einer Sache, wo mir das Herz blutet,“ unterbrach Mathieux Jenen:„Ihr wißt recht gut, daß meine künftige Schwiegertochter nichts im Vermögen hat.“ „Da habt Ihr aber einen recht dummen Streich gemacht, Nachbar,“ entgegnete Pourchet:„Niemand weiß besser wie Ihr, daß Ihr ein größeres Kapital auf Euer Gütchen schuldig seid, als es vertragen kann, und daß ich nur aus nachbarlicher Gefälligkeit und alter Freundschaft es Euch geliehen habe. Ihr hattet keine Hoffnung, dieses Besitzthum für Euren Sohn zu erhalten, und Euch und Eurer Frau ein ruhiges und sorgenfreies Alter zu bereiten, als indem Ihr Euch eine reiche Schwiegertochter nahmt. Statt dessen habt Ihr Euch das ärmste Mädchen im Dorfe ausgesucht,— da kann man nicht genug dumm sagen!“ „Die Louison ist aber so lieb und gut, und brav und fleißig,“ antwortete Mathieux:„Die Beiden lieben einander schon gar zu lange, und auch wir Alten haben sie so gerne!“ „Meint Ihr denn, es gäbe sonst kein„liebes und gutes, braves und fleißiges Mädchen“ als Eure Louison?“ fragte Jener:„und dabei solche, die das nöthige liebe Geld haben?“ „Das weiß ich wohl,“ antwortete Mathieux;„aber ein solches Mädchen nimmt keinen Burschen zum Manne, der nichts im Vermögen hat und auf Geld sehen muß!“ „Wo habt Ihr denn angeklopft?“ „Nirgends! Wir wollten uns keinen Korb holen!“ „Ei seht doch, wie hochmüthig! Ihr habt wohl darauf gewartet, daß Euch ein solches Mädchen angetragen werde?“ „O nein! wir waren aber überzeugt, daß wir damit schlechte Geschäfte machen würden!“ „Da habt Ihr vorgezogen, das gute Geschäft mit Eurer Louison zu machen? Nun— Glück zu!“ „Spottet doch nicht, Nachbar, und reißt mich aus meiner großen Unruhe wegen des Kapitals. Ihr habt Eure Zinsen immer richtig bekommen, und da könnt Ihr mir das Geld stehen lassen,— ich wüßte mir sonst nicht zu helfen!“ „Das wird Euch allerdings schwer fallen, schwerer als eine reiche Schwiegertochter für Euren Alphons zu finden. Euer Sohn ist ein großer, schlank gewachsener, sauberer Bursche,— dabei ist er brav und fleißig, und versteht den Feldbau aus dem Fundament. Dann ist er auch nicht so arm, wie Ihr sagt; wenn er ein Mädchen mit Geld bekommt, dann kann er sich das Gut erhalten, und das ist jedenfalls mehr werth, als Ihr darauf schuldig seid, wenn Ihr auch Niemand findet, der Euch das Kapital darauf leihen möchte, weil man wenigstens doppelte Sicherheit verlangt. Kurz und gut,— ich bin überzeugt, Euer Sohn hätte nirgends vergebens angeklopft.“ „Da habt Ihr eine bessere Meinung von der Welt, als die Erfahrung lehrt,“ sagte nun Mathieur kopfschüttelnd: „Was hättet Ihr mir zum Beispiel für eine Antwort gegeben, wenn ich um Eure Tochter für meinen Sohn angehalten hätte?“ „Ich hätte mit Freuden eingeschlagen“ antwortete Pourchet,„und einen so wackern Schwiegersohn willkommen geheißen!“ „Ihr habt jetzt gut reden, da Ihr wißt, daß es zu spät ist, und Ihr nicht mehr in diese Verlegenheit kommen könnt.“ „Macht einmal die Probe, Nachbar, und haltet mich beim Worte!“ „Wozu sollen diese Reden führen! Ich bitte Euch nochmals, Nachbar, macht meiner peinlichen Ungewißheit ein Ende, und reißt mich mit einem Worte aus dieser großen Verlegenheit!“ „Nun denn,“ sagte Pourchet,„entweder wollt Ihr mich nicht verstehen, oder Ihr seid so einfältig und versteht mich wirklich nicht,— darum will ich offen und deutlich mit Euch reden,— merkt Euch aber das: wenn Ihr meinen Vorschlag nicht annehmt, so läugne ich überall, daß ich ihn gemacht habe. Meine Rosine hat einen wahren Narren an Eurem Sohne gefressen, und ist entschlossen, ihn zu heirathen. Sie hat, wie Ihr wißt, nicht nöthig auf Geld zu sehen, und glaubt mit Eurem Alphons glücklich zu werden;— ich habe ihr Alles vorgestellt, und da sich gerade wieder ein reicher Freier eingefunden hatte, dessen Vermögen dem ihrigen entspricht, so machte ich sie darauf aufmerksam, wie schön und angenehm es ist, wenn man sich in der Welt nicht um seine Nahrung quälen muß u. s. w. Ich habe jedoch tauben Ohren gepredigt; wenn sie Nachbars Alphons nicht haben kann, sagt sie, so bleibt sie lieber ledig,— viel lieber wolle sie mit diesem in den Tagelohn gehen, als mit einem Andern in Saus und Braus leben. Nun so schlimm soll es nicht werden,— ich gebe der Rosine das ganze Kapital mit, das Ihr mir schuldig seid, und nebst dem hat sie sich eine schöne Ausstattung zurecht gemacht, das kann man sich denken, und mein schönstes Paar Ochsen gebe ich dem Mädchen mit, daß der Alphons die Kühe schonen und sein Feld besser bauen kann. Wenn ich einmal die Augen zumache, dann erhält sie noch weiter ein schönes Stück Geld als Erbtheil, immer so viel, als Euer ganzes Gut werth ist, das ist Euch ja bekannt. Ich lasse Euch und Eurer Alten die Nebenstube schön zurecht machen zu Eurer Auszugswohnung, und ein tüchtiges Leibgeding muß Euch verschrieben werden. Die Rosine ist ein Kapitalmädel, die wird Euch auf den Händen tragen, und Alles zu Gefallen thun, was sie Euch an den Augen absieht.— Nun,— was sagt Ihr zu meinem Vorschlage? Ihr seid ja plötzlich ganz stumm und ordentlich nachdenklich geworden?“ „Du lieber Gott“ antwortete Mathieux:„was soll ich da sagen? Alphons hat doch der Louison die Ehe versprochen und ich habe es schon dem Maire angezeigt und das Protokoll unterschrieben! Das hätte früher vielleicht sein können— jetzt ist es doch wahrhaftig zu spät!“ „Es ist nicht zu spät, Nachbar,“ entgegnete Pourchet,„so lange der Pfarrer nicht Amen gesagt hat, läßt sich noch Alles ändern. Der Louison geben wir einen andern Mann, der besser zu ihr paßt, Euer Sohn ist viel zu gut für die. Mein Großknecht ist ein ganz hübscher Kerl, dem kaufe ich ein Taglöhnerwerk, er hat auch ein bischen Vermögen, dabei etwas erspart— der mag sie heirathen. Ich nehme Alles auf mich, Ihr habt nichts als„Ja“ zu sagen.“ Mathieux wußte nicht, was er anfangen solle— er war in der schrecklichsten Verlegenheit, und ein= über das anderemal wischte er sich den Angstschweiß, der in dicken Tropfen auf seiner Stirne stand, ab. Die Rosine war weder eine Frau für seinen Sohn, noch wäre sie ihm als Schwiegertochter recht gewesen. Es wäre nichts aus diesem Projekte geworden, auch wenn Louison gar nicht dagewesen sein würde,— das konnte er doch dem Manne nicht sagen, der sein und seiner ganzen Familie Glück und Wohlergehen in diesem Augenblicke in der Hand hatte! Endlich sagte er: „Es kommt am Ende doch immer auf den Alphons an, — ich will es ihm einmal vorschlagen, und werde Euch wieder Antwort sagen. Nehmt aber einstweilen die Last von meinem Herzen, und versprecht mir, daß das Kapital stehen bleiben kann!" „Spart nur jedes Wort“ erwiederte Pourchet:„Das kann in keinem Falle geschehen. Die Rosine hat das Alter, wo ich sie jedenfalls verheirathen will, und dieses Kapital ist ihre Morgengabe. Heirathet sie der Alphons, so hab' ich ja nichts mehr an Euch zu fordern;— heirathet er sie nicht, dann muß ich das Geld ohne allen Verzug haben. Versteht Ihr das Nachbar? Davon will und kann ich auch kein Haar breit abgehen. Ihr wißt ja, daß ich stets Wort halte. Versucht jetzt Euer Glück bei Eurem Sohne und stellt ihm vor: Mit Rosine wird er ein reicher Mann sein, mit Louison ist er ein Bettler, und seine Eltern werden im Alter darben müssen und der Gemeinde zur Last fallen!" (Fortsetzung folgt.) Miszellen. Die Soldaten des Vizekönigs von Aegypten schildert L. Haase folgendermaßen: Die Kavallerie, auf welche der Vizekönig viel Geld verwendet(für seine Garde hat er sogar Taschenuhren aus Frankreich kommen lassen), ist sehr gut beritten, paßt aber nicht für das Klima. Die Garde besteht aus Kürassieren mit Stahlhelmen und Kürassen(die, wenn die afrikanische Sonne darauf brennt, eben nicht angenehm sein mögen) und einer Schwadron Mameluken(lauter Neger), mit weißen Turbanen und blanken Panzerhemden über den rothen Gewändern. Ihre Bewaffnung besteht außer dem krummen Säbel, Karabiner und Pistolen aus einer langen Lanze, die oben mit Straußfedern geschmückt ist. Weiter gibt es noch Uhlanen und Husaren; letztere haben spitze Pelzmützen. Die Infanterie, ganz in weißen Baumwollstoff gekleidet, sieht gut aus, marschirt ziemlich ordentlich, besteht aber aus sehr jungen Leuten(14—15jährige bilden die Mehrzahl), dürfte daher die Strapazen eines Feldzuges nicht lange ertragen. Die Artillerie ist mittelmäßig. Verpflegt werden die Truppen gut, die Löhnung ist aber unbedeutend und wird nicht regelmäßig ausgezahlt. Ein Kaufmann gab jüngst folgende Desinition von Experimental= und Natural=Philosophie: Experimentalphilosophie ist, wenn ein Mann vom Andern Geld borgen will, Naturalphilosophie, wenn dieser es ihm abschlägt. Gemeinnütziges. Gewerbliches. (Ein neues Polster=Material.) Gerhard's„deutsche Gewerbe=Zeitung" in New=York bringt folgende Notiz, auf welche wir die betreffenden Gewerbe aufmerksam machen wollen: Faßt man eine reife und getrocknete Klettensamen=Kapsel bei ihrem Stiel und mit den Nägeln des Daumens und des der anderen Hand bei einer Art von kleinem Nabel, den man in senkrechter Richtung über dem Stiele findet, so läßt sich die mit feinen Stacheln besetzte äußere Hülle, welche eben die Samenkapsel bildet, zu einer Spiralförmigen Locke von zehn bis zwölf Windungen aus einander ziehen. Schon einzeln sind diese Klettenlocken außerordentlich elastisch; faßt man aber deren eine Hand voll zusammen, so mag man sie drücken, wie man will, sobald der Druck nachläßt, nehmen sie sogleich wieder ihre frühere Form an. In den so ausgezogenen Samenkapseln der Klette bietet sich daber ein zwar noch unbekanntes, aber schon beim ersten Anblicke so unverkennbar treffliches Polstermaterial dar, daß jeder Tapezierer, jeder Sattler sich desselben mit Vortheil bedienen dürfte. Das Sammeln der Klettenköpfe und das Aufziehen derselben zu Polstermaterial kann Kindern und schwächeren Personen überlassen werden, und zwar bietet sich diese Erwerbs=Quelle, da man das Trockengewordensein der Klettenköpfe abwarten muß, mit dem Winteranfang, wo so viele andere zu fließen aufhören. (Neue Schlichtmetbode; von Naire, Spinner.) Der Verf. will einen Apparat beschreiben, der das Schlichten der Kette ermöglicht, ohne daß es nöthig ist, die Schlichte mit Wasser zu verdünnen, welche Verdünnung im Allgemeinen die Klebkraft der Schlichte und ihr Vermögen die Fasern niederzuhalten schwächt, die Kette mit einem Uebermaß von Feuchtigkeit sättigt, welche schwer zu entfernen ist, und sie steif und nach dem Trocknen brüchig macht, so daß die Fäden wieder rauh werden, was beim Weben binderlich ist und die Schönheit des Gewebes beeinträchtigt. Der Arparat für die neue Schlichtemethode besteht in einer Bütte, in welcher eine Walze sich langsam dreht. Ueber derselben ist ein Abstreicher angebracht, ähnlich dem beim Walzendruck gebräuchlichen und zum Näher= und Entfernterstellen eingerichtet. Von dem Abstande seiner Schneide, von der Walze und von der Umdredungsgeschwindigkeit, welche man der letzteren giebt, hängt nun die Menge der Schlichte ab, welche auf eine Länge der Kette kommt. In der Bütte befindet sich ein beweglicher Stoßer, welcher die Schlichte zusammenschiebt und der Walze zutreibt, so daß sie fast vollständig aufgebraucht werden kann, ehe man frische Schlichte hinzuzugießen hat. Die Schlichte muß nämlich in diesem Apparate so steif sein, daß sie nicht nach der Walze zufließt, wenn sie nicht bingeschoben wird. Die Bürsten, welche die Schlichte über die Kette verbreiten, berühren diese Walze oberflächlich, nehmen die nöthige Menge Schlichte ab und tragen sie auf die Kette über.(Nach d. deutschen Gewerbeztg.) Landwirthschaftliches. (Ueber Weidenzucht.) Nach Mittheilungen des Oberforstrathes v. Berg hat sich in dem großen Obrabruche bei Grüneberg in Schlesien bei der Anlage von Weidenwerdern folgendes Verfahren als sehr praktisch gezeigt: Man zieht, je nach der Größe des Distrikts, einen oder zwei 10 Fuß breite Hauptgräben, in welche in einer Entfernung von 12 Fuß, 6 Fuß breite Seitengräben einmünden. Diese lausen mit einander parallel und fallen fast rechtwinkelig in den Hauptgraben. Die Zwischenräume bilden auf diese Weise ziemlich hohe Beete, auf welchen in 2 Fuß Abstand querüber 3 Zoll tiefe Rillen gezogen und in diese Ruthen von der Bandweide 3 bis 4 Stück neben einander gelegt werden, welche gleichsam kleine aber nicht zusammengebundene Faschinen bilden. Ueber diese bringt man eine Lage Sand, welche die ganzen Zweige bedeckt. Sand hierzu zu verwenden, hält man für unerläßlich, da die Versuche, eine dumose oder lehmige Erde zum Bedecken zu verwenden, nicht geglückt sind. Handels- und ökonomische Nachrichten. Amsterdam, 2. Mai Weizen 5 fl. böher Roggen niedriger zu haben. Saat per October 66½. Rüböl per Mai fl. 38, per Oktober fl. 37½. Leinöl per Mai fl. 32, per Oktober fl. 33¾, Banca Zinn fl. 76½. Met. 37½. Nat. 41½. Stettin, 30. April. Heutiger Landmarkt: Weizen 57a 62, Roggen 44 a 48, Gerste 34 a 36, Hafer 30 a 32, Erdsen— a— Thlr.— Rüböl flau, loco 12 3/3 Thlr. Br., per april bis Mai 12½ a 12¼ Thlr. bez., per September bis October 12½ Thlr. bez. und Br.— Spiritus flau, loco Faß 18 7/16 a 18½ pCt. bez., per Mai bis Juni 18¼3 18 3/8 pEt. bez., per Juni bis Juli 18 pCt. bez. u. Br., per Juli bis August 17½ pCt. bez. u. Br., per August 17 1/8 pCt. bez. und Br. Köln, 2. Mai. Weizen nach Qualität effectiv per 200 Zollpfd. 5%—7 ¼ Thlr. Br.,— Gld, per Maj 6 7/10 Thlr. Br., 6 1/10—½3 bez.,— Gd., per Novhr. 6 Thlr. Br.,— bez, 6 ¾1 Go. Roggen effect. per 200 Zollpfd. 4 2/—5 Thlr. Br.,— per Mai 4 3/15 Thir. Br., 4 7/16—½ bez.,— Gld., Novbr. 4 1/12 Thlr. Br.,— bez, 4 1/18 Gld. Gerste, oberland neue per 200 Zollpfd. 5 ½ Thlr. Br.,— Gld. Hafer, neuer per 200 Zpfd. 5½ Thlr. Br.,— Gd., do. alter 6 5/12 Thlr. Br.,— Gld. Rüböl effectiv in Partieen von 100 Centnern per 100 Pfund Zollgew. mit Faß 13 3/16 Thlr. Br.,— bez., per Mai 12 7/10 Thlr. Br., 12 7/10— 7/10 bez.,— Gld., per Okwovrr 12 3/10 Thlr. Br., 12 3/10 bez., 3/10 Gd Spiritus 80% in Partieen von 3000 Quart per 100 Quart 18 3/16 Thlr. Br.— Rüböl ziemlich unverändert. Weizen effect. höher, auf Termine ziemlich unverändert. Roggen per Mai matter, per November fest. Spiritus unverändert.— Am Landmarkt bei einer Zufuhr von 100 Sack, Preise etwas matter, durchschnittlich wurde per 200 Pfd. bezahlt: Weizen 6 Thlr. 23 Sgr. 6 Pf., Roggen 5 Thlr. 11 Sgr. 6 Pf. Dortmund, 30. April. Weizen 2 Thlr. 20 Sgr.— Pfg. Roggen 2 Thlr. 4 Sgr.— Pfg. Sommergerste 1 Thlr. 20 Sgr. — Pfg. Wintergerste 1 Thlr. 18 Sgr.— Pfg. Hafer 1 Thlr. 28 Sgr.— Pf. Erbsen 3 Thlr. 27 Sgr.— Pfg. Bohnen 2 Thlr. 25 Sgr.— Pf. Kartoffeln— Thlr. 21 Sgr.— Pf. Heu per Ctr. 2 Thlr. 6 Sgr.— Pf. Butter per Pfo.— Thlr. 10 Sgr. — Pf. Eier 7 Stück— Thlr. 2 Sgr. 6 Pf. Neuß, 3. Mai. Weizenà 200 Pfd. Zollgewicht 1. Qual. 6 Thlr. 28 Sgr., 2. Qual. 6 Thlr. 22 Sgr., 3. Qual. 6 Thlr. 16 Sgr. Land=Roggen a 200 Pfd. Zollgewicht 5 Thlr. 5 Sgr. Wintergerste do. 5 Thlr.— Sgr.— Pf. Sommergerste do. 5 Thlr.— Sgr.— Pf. Buchweizen do. 4 Thlr. 24 Sgr.— Pf. Hafer, neuer do. 6 Thlr.— Sgr.— Pf. Erbsen do. 8 Thlr.— Sgr.— Pf.— Rübsamen per berl. Scheffel 3 Thlr. 12 Sgr.— Pf.— Kartoffeln à 200 Pfd. Zollgewicht 1 Thlr. 8 Sgr.— Pf.— Heu per Ctr. a 100 Pfd. 1 Thlr. 26 Sgr.— Pf.— Stroh per 200 Pfd. Zollgewicht 1 Thlr. 18 Sgr.— Pf.— Aveel=Samen 3 Thlr. 14 Sgr. — Pf.— Rüböl per 100 Pfd. neues Gewicht 13 Thlr. 24 Sgr.— Pf.— Rübkuchen per 1000 Stück Stampf 45 Thlr. — Sgr.— Pf.— Preßkuchen per 2000 Pfd. neues Gewicht 37 Thlr.— Sgr. Branntwein per Ohm a 123 Quart zu 47 pCt.(ohne Maklergeld) 12 Thlr. 20 Sgr.— Pf.— Gereinigtes Oel 14 Thlr. 9 Sgr.— Pf.— In dieser Woche hatten wir eine recht ansehnliche Getreidezufuhr. Für Weizen war die Stimmung matter und mußte selbiger etwas billiger abgegeben werden. Roggen wurde dagegen ca. 1/ Thlr. höder bezahlt. Hafer steigend und ebenfalls ½/ Thlr. höher.— Rüböl stik und ohne Preisänderung. Börsen-Course der Staatspapiere und Actien. Elberfeld, 2. Mai.— Wechsel=Course: Amsterdam k. S. 141 7/10 Br., 140 3/16., d. 2 M.— Br. 139 Gd.— Paris k. S. 78 9/10 Br., 77 5/10 Gd., d. 2 M. 77 3/10 Geld. Hamburg k. S. 151 Br., 149 Gld., d. 2 M. 148 Gld., d. 3 M.— Gld.— Bremen k. S. 109¼ Br., 108 5/16 Gd., do. 2 M. 107 Gd.— Frankfurt k. S. 85 3/10 Br., 85 3/10 Gd., d. 2 M. 85 1/10 Br., 85 Gd. do. 3 M.— Gd. Berlin 14 T.— Br., 99 5/ Gd., do. 2 M. 99½ Geld. Leipzig 2 M. 99 3/10 Geld.— London k. S. 6. 17½ Brief, 6. 16 Gd., d. 2 M. 6. 14½ Geld.— Geld=Course: Neuethlr. 1. 16. 9. Brabthlr. 1. 16. 5 Franken=Stücke 1. 10. Preuß. Frd'or. 5. 20. Ausl. Pist. 5. 14. Napd'or. 5. 10. Druck und Verlag der Coppenrath'schen Buch= und Kunsthandlung. Herausgeber F. Coppenrath, Münster.