Nr. 14. Mittwoch, den 19. Januar 1898. 30. Jahrgang. E"„ Organ für Stadt& Amt Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn= und Feiertage und kostet vierteljährlich inel. Botenlohn 2 Mk., in der Geschäftsstelle 1.75 Mk. vorauszahlbar.(Im Poscgebiet 2 Mk.) & Tur Kementers Anzeigen werden die Petitzeile ober deren Raum mit 15 Pfg., für Auswärts mit 18 Pfg., Reklamen 60 Pfg. pro Zeile berechnet. Eine Zusage für bevorzugte Stellung kann nicht gegeben werden, billige Wünsche werden gern erfült. Schriftleitung, Druck und Verlag von Carl Busch in Wattenscheid. Telephon Nr. 181. Der Mißbrauch der Coalitionsfreiheit. Vor 3 Tagen war der„Vorwärts“ in der Lage, einen Erlaß des Staatssekretärs des Innern Grafen v. Posadowsky an die Einzelregierungen zu veröffentlichen, in welchem diese um die Einsendung von Berichten über die eventuelle Adänderung des§ 153 der Gewerbeordnung und damit über die Abwehr des Mißbrauches der Coalitionsfreiheit ersucht wurden. Der Erlaß war als„vertraulich" bezeichnet. Weshalb, ist nicht ersichtlich. Wenn je die Regierung die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hat, so ist es beim Schutze der Arbeitsfreiheit des einzelnen Individuums. Schon als der Kaiser in seiner bekannten Solinger Rede eine Verstärkung dieses Schutzes in Aussicht stellte, hallte ein Jubel durch ganz Deutschland. Die Stärkung des Schutzes der Arbeitsfreiheit, die Hebung des Schutzes der nationalen Arbeit und die Förderung des Ansehens und der wirthschaftlichen Machtstellung Deutschlands im Auslande, das sind 3 Momente, bei deren Betonung die Regierung auch bei den Wahlen des besten Erfolges sicher sein kann. In voller Oeffentlichkeit hätte also die Regierung von Anfang an die Erhebungen in dieser Frage anstellen sollen. Daß das sozialdemokratische Parteiorgan sich gegen den Schutz der Arbeitswilligen aussprechen würde, war von vornherein sicher. Ist doch ein wesentlicher Theil der Existenz der"„„'aldemokratie auf dem Terrorismus aufgebaut, mit dem bei Arbeiterausständen die Minderheit der Arbeitswilligen von den Streikenden verfolgt wird. Gegen diesen Terrorismus würde sich eine eventuelle Erweiterung des Strafgebiets des § 153 der Gewerbeordnung sowie eine Verschärfung der Strafe selbst wenden. Es würde also damit nicht nur den Arbeitswilligen genützt, auch der Sozialdemokratie würde Abbruch gethan werden. Das merkt das Centralorgan dieser Partei sehr wohl und daher der Wuthausbruch, mit welchem es den Erlaß des Grafen Posadowsky begleitet. Das aber ist noch begreiflich. Unbegreiflich dagegen ist, wie der„Vorwärts“ die Behauptung wagen kann, es sei seit der Tagung von 1890/91, wo die verbündeten Regierungen schon einmal, leider ohne Erfolg, dem Reichstag eine Aenderung des§ 153 vorschlugen, nichts erfolgt, was zu einer Wiederholung dieses Versuchs Anlaß gegeben hätte. Das geschieht zu derselben Zeit, wo aus einem kleinen Orte in Pommern, Torgelow, bei einem Metallarbeiterstreik eine Horde von Ausständigen ein Paar arbeitswilliger Arbeiter überfielen und einen davon totschlugen. Dem„Vorwärts“ ist diese Thatsache natürlich recht unbequem und er meint, der Arbeiter sei nicht erschlagen, sondern an einem Schlaganfall gestorben. Was daran ist, wird ja die Untersuchung erweisen. Es stehe fest, daß auch bei diesem Torgelower Ausstand die Strikenden die Arbeitswilligen mit Gewalt von der Arbeit haben abhalten wollen. Das ist nun bei fast allen Strikes vorgekommen, welche längere Zeit dauerten und zu Notlagen in der strikenden Arbeiterschaft führten. Das war so bei den großen Kohlenarbeiterausständen der letzten achtziger Jahre, bei dem Hamburger“ Hafenarbeiterausstand u. s. w. Das sozialdemokratische Parteiorgan möchte diese brutalen Ausschreitungen im Mißbrauch der Coalitionsfreiheit möglichst vertuschen und spricht von Ausnahmen, auf die keine legislatorische Rücksicht zu nehmen sei. Im Gegenteil, nicht eine Ausnahme, sondern die Regel ist es, daß bei Ausständen die Arbeitswilligen den Vergewaltigungen, Bedrohungen, Verrufserklärungen seitens der Strikenden und sozialdemokratischen Agitatoren ausgesetzt sind, und wenn diesem Treiben endlich einmal im Wege der Gesetzgebung energisch entgegengetreten wird, dann wird auch der Terrorismus der Sozieldemokratie zu einem guten Teile gebrochen werden. Berlin, 18. Jan. 2. Beratung des Etats des Reichsamtes des Innern. Ausgaben. Titel Besoldung des Staatssekretärs. Abg. v. Kardorff: Heute ist mir ein Artikel der Hamburger Nachrichten vor Augen gekommen. Darin steht, der Gegenstand des Rundschreibens sei kein solcher, daß es nötig sei, ihn geheim zu halten; das sei einfach Pflicht der Staatsregierung. So steht es auch. Während des Hamburger Streiks war in den Organen der liberalen Partei zu lesen, das gehe nicht so weiter, da müsse etwas geschehen. Das ist überhaupt die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung. Ich bin mit den Hamburger Nachrichten der Meinung, daß das Schreiben wirklich nicht hätte vertraulich behandelt werden brauchen. Je öffentlicher solche Dinge behandelt werden, desto wirksamer pflegen sie zu sein. Wenn der Abg. Wurm behauptete, die Arbeiter hätten kein Koalitionsrecht, so war dies eine absichtliche Irreführung. Wir wollen uns die englischen Erfahrungen zu nutze machen, um nicht Tausende und Millionen von Arbeitern durch die Verleihung von Korporations= rechten an die Gewerkvereine und Sozialdemokratie auszuliefern. Das die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen gestiegen ist, ist nur eine traurige Folge der Aufhebung des Sozialistengesetzes. Präsident v. Buol teilt mit, daß die Abgg. Pachnicke und Genossen einen Antrag eingebracht haben, der die Vorlegung eines Gesetzentwurfes verlangt, der die dem Koalitionsrecht der Arbeiter noch entgegenstehenden Hindernisse beseitigen soll. Abg. Dr. Lieber: Die Worte des Vorredners erwecken den Gedanken, daß die wälmsten Freunde einer energischen Bekämpfung der Sozialdemokratie durch das Sozialistengesetz zugleich die ärgsten Feinde des Arbeiterschutzes sind. Auf die Worte des Abg. Singer:„Das Centrum wird sich über die Sache aussprechen müssen,“ habe ich zu erwidern: Wir haben keine Ursache und keinen Anlaß, uns dem Terrorismus der Sozialdemokratie zu unterwerfen. Ich stehe aber andererseits gar nicht an, zu erklären, daß, wenn wir auch in dem Erlaß einige Fragen für bedepklich erachten, wir doch keinen Grund haben, uns über den Erlaß zu erhitzen. Dieser regt die Frage an, was denn das Koalitionsrecht mit dem allemeinen direkten Wahlrecht zu thun hat. Das eine ist eine eminent politische, das andere eine wirtschaftliche Frage. Sollte die Umfrage das Bedürfnis eines weiteren Schutzes des arbeitswilligen Arbeiters gegen den Terrorismus ergeben, so sind wir in eine Erwägung von Maßnahmen einzutreten bereit. Dem Grofen Posadowsky muß ich noch sagen: In dem Erlaß vermisse ich die Frage: Wer treibt nun am meisten Mißbrauch mit dem Koali tionsrecht? Sind es die Gewerkvereine oder sogenannten Wilden? Abg. Osann: Eine solche Frage, wie diese, kann doch nicht lediglich vom Standpunkt der Arbeiter aus beurteilt und bemessen werden; es giebt denn doch auch noch andere Interessen zu schützen. Daß der Erlaß notwendig als vertraulich zu bezeichnen war, möchte ich auch nicht behaupten. Die Sozialdemokratie behandelt gewissermaßen jeden Arbeiter als zu ihr gehörig, und sie übt damit eine weit größere Macht aus als die sogenannte Kapitalsmacht. Abg. Pachnicke: Uns ist der Erlaß nicht unvermutet gekommen, nachdem vor Monaten in Bielefeld jene bekannten Worte gefallen sind. Darum haben wir schon zu Anfang der Tagung den Antrag eingebracht, der Ihnen jetzt, in eine Etatsresolution umgewandelt, entgegentritt. Wir haben ferner noch hinzugenommen die Aufhebung des Vereinigungsverbotes für politische Vereine und die Forderung, Vereinen, die Berufsinteressen wahrzunehmen haben, Korporationsrechte zu verleihen. Wir bedauern den Erlaß, weil er der Sozialdemokratie Stimmenzuwachs bringen wird. Abg. Graf Stolberg=Wernigerode bemerkt, daß seine Freunde gegen den Antrag stimmen werden. Auch die Sozialdemokraten müßten logischer Weise gegen diesen Antrag stimmen. Abg. Schneider bespricht die Thätigkeit der Gewerbeaufsichtsbeamten. Denselben müßten die Kesselrevisionen abgenommen werden. Das Rundschreiben scheine nur bestimmt zu sein, der Regierung weiteres Material zuzuführen. Abg. Legien: Die Koalitionsfreiheit auf dem Papier werde man bis auf weiteres behalten, aber die Arbeiterorganisationen werden noch mehr vom Arbeitgeber und den Behörden drangsaliert und schikaniert werden. Hat doch der Staatssekretär gestern selber gesagt:„Wir haben die Macht in Händen und werden sie rücksichtslos ausnützen!“ Ob das eine Bethätigung des Christentums sein wird, ist fraglich. Und an wen hat sich Graf Posadowsky mit seiner Erhebung gewandt? An das Unternehmertum. Hat der Unternehmer vielleicht ein Interesse, ihm in arbeiterfreundlichem Sinne zu antworten? Durch die drakonischsten Maßregeln wird der Entwickelungsgang der Sozialdemokratie nicht gehindert werden. Sie wird über die Köpfe der Minister und des Herrn von Stumm hinweggehen. Dieser ist mit seinen Ansichten um hundert Jahre zu spät gekommen. Gestern hat er von Blutsaugern gesprochen. Wen meinte er damit? Meinen Sie etwa uns? Woher hat denn Herr v. Stumm seine Millionen? Darauf vertagte sich das Haus bis morgen. Berlin, 18. Jan. Weiterberatung des Etats. Der Präsident dankt vor Eintritt in die Tagesordnung dem Abg. Birchow, welcher nunmehr 25 Jahre den Vorsits der Rechnungs, Tasent und Liebe. Romän von Emil von Theiß. 27 Hedwig kann den Aerger nicht überwinden, ihr Zünglein hat ihr den Dienst noch nie versagt. Nelly soll wissen, daß sie wohl erfahren hat, wo Georg gestern war. Warum verschweigt Georg ihr den Besuch? Wird Nelly es auch thun? Thut sie es, so fühlt sie sich schuldig. Eifersüchtig regt es sich in ihr, kampfgerüstet geht sie zu ihr hinüber. „Ich komme gleich, mein Schatz, ich ziehe mich eben an, warte nur ein wenig!“ ruft Frau von Lohoff aus dem Ankleidezimmer heraus. Innerlich grollend wartet Hedwig, es ist ihr lieb, sie kann sich dann noch einmal zurechtlegen, was sie sagen will. Auf dem Nähtisch liegt ein geöffneter Brief, zufällig liest sie die Unterschrift: Ihr treu ergebener Ernst von Rethel. Dieser Name! Und gerade jetzt tritt er ihr entgegen, jetzt, wo sie sich in dieser verzweifelte Lage befindet! Sollte Nelly auch mit ihm kokettieren? Ihr ist es, als beginge die zukünftige Schwägerin einen Doppelraub an ihr. Gespannt sieht sie auf den Brief, ihre Finger zucken darnach, sie kann nicht widerstehen, sie hat ihn schon in der Hand, sie liest mit fliegender Hast. Herr von Rethel bedauert, daß er das ihm so liebe Gothein verlassen mußte. Hedwig errötet. Ihret= oder meinetwegen? fragte sie sich. Der weitere Inhalt giebt keine Aufklärung darüber. „'ind dennoch fügt es des Himmels Gnade oft besser, als wir schwachen Menschenkinder es uns in unserer Kurzsichtigkeit träumen lassen. Ich habe das Glück gehabt, nach Berlin zum Ballondetachement kommandiert zu werden. Abgesehen davon, daß mein Dienst bei demselben höchst in teressant ist.. Ballondetachement? Da muß Herr von Rethel bestimmt mit in die Luft steigen? O, wie gefährlich, wie gräßlich ist das Hedwig kann sich gar nichts Furchtbareres denken, ihr schwindelt, sie zittert für sein Leben. Endlich zwingt sie sich, weiter zu lesen:„... so kann ich mit meiner lieben alten Mutter zusammen leben. Ich habe ja niemanden, niemanden auf der weiten Welt, der mich liebt, als sie..“ Niemanden? Hedwig blickt zum Himmel empor, dann küßt sie die Stelle des Schreibens, ihre Augen schwimmen in Thränen. Sie preßt die Hand aufs Herz, auf dieses kleine wunderbare Ding, das fähig ist, solche sich innerlich widersprechenden Gefühle auf einmal zu beherbergen. „... Und nun eine Bitte, ganz im Vertrauen auf Ihre Freundschaft, meine gnädigste Frau...“ Was wird jetzt kommen? Hedwig liest schneller.„Sie wissen, meine Mutter ist eine arme Offizierswitwe, wie es so viele giebt, und ist gezwungen, auf Nebenerwerb Bedacht zu nehmen, deshalb hat sie ein größeres Quartier bezogen, ich wohne bei ihr, einige Zimmer giebt sie an fremde Damen ab, die sich zeitweise in Berlin aufhalten. Wenn Sie, gnädige Frau, einmal hierher kommen, oder wenn Freunde Sie nach einer Wohnung fragen, bitte, denken Sie an meine gute Mutter.“ Ein Gedanke durchzuckt Hedwig, sie wird es doch noch durchsetzen, einen Teil ihrer Ausstattung in Berlin zu kaufen und dann.. Sie sucht ein Stückchen Papier, schreibt die Adresse darauf, schnell damit in die Tasche, denn Nelly kommt. Hedwig glüht, sie weiß kein Wort hervorzubringen und hat ganz vergessen, weshalb sie eigentlich kam, fliegt in der Verlegenheit Nelly um den Hals und wünscht ihr stürmisch einen guten Morgen. Frau von Lohoff bemerkt sofort die Unruhe dieses jugendlichen Herzens, es ist kein Zweifel, der Brief von Herrn von Rethel ist daran Schuld, Hedwig hat ihn gelesen, denn, sie weiß es ganz genau, vorher lag er auf dem Nähtisch und jetzt auf dem Spiegelschränkchen. Sie plaudern von diesem und jenem, beide sind nicht bei der Sache, Hedwig geht endlich. Nelly steht mit verschlungenen Händen da und sieht ihr nach. Sie will die Rätsel fremder Menschenherzen lösen und wie viele schlummern noch ungelöst in ihrer eigenen Brust! Grau liegt die Zukunft vor ihr. Die Winde trugen ihr die Mißstimmung der Familie zu, sie ist ihr im Grunde des Herzens unsympathisch, ganz kann sie diese Beziehungen, wenn sie erst mit Kurt verheiratet ist, nicht abstreifen, auch nicht durch einen Gewaltakt, den sie außerdem zu vermeiden wünscht; denn sie weiß wohl, daß sie damit einen Stachel in die Brust des zukünftigen Lebensgefährten drückt, wenn er es ihr vielleicht auch nicht eingestehen würde. Wird er stark und selbständig genug sein, sie vor den gehässigen Angriffen der Seinen zu schützen? Sie findet darauf keine Antwort. Die Rätin ist, seitdem sie weiß, daß ihre zukünftige Schwiegertochter reich ist, viel freundlicher, weit zurückhaltender mit ihren guten, meist auf Einfachheit hinzielenden Ratschlägen als vorher, man könnte beinahe sagen, daß sie ihr jetzt mit größerem Respekt entgegentritt. Das erfüllt Nelly mit Schmerz; als reiche Braut ihres Sohnes ist sie ihr willkommen, wie wäre es aber mit einer armen? Nein, nein, Nelly scheucht solche Fragen mit Abscheu zurück.„Er liebt dich uneigennützig.“ Doch unwillkürlich setzt sie hinzu:„Aber doch nicht bedingungslos!“ Verteidigung und Vorwurf in engster Verbindung. Georg's Worte, welche sie die ganze Nacht nicht los geworden ist, brennen ihr in der Seele. Sie ist den höchsten geistigen Interessen abtrünnig geworden, in ihr drängt und wogt es, es ist ein Zustand furchtbarer Oede. Kurt holt sie wie alle Tage zu einem Spaziergang ab.„Bist Du angegriffen, Liebchen?“ fragt er teilnehmend. Die Frage thut ihr wohl, er versteht doch auf ihrem Gesichte zu lesen, und dennoch kann sie die Antwort nicht so freundlich geben, wie die Frage es verdient, denn er kommt ihr wie ein Kerkermeister vor, der ihr die Arme mit unzerreißbaren Ketten band, wenn auch aus Liebe. Soll sie ihm sagen, was sie quält? Soll sie ihm zurufen:„Lieber, nimm mich bedingungslos, dann erst kann ich Dich aus vollem Herzen wieder lieben!“ Aber die Zunge ist ihr wie gelähmt; eine Schriftstellerin, eine Frau, die lieber die Feder wie den Kochlöffel führt, in diese Familie! Sie ahnt, daß es unmöglich ist, daß der Keim zum ehelichen Zerwürfnis darin liegt. Sie schweigt und trägt die drückende Last, denn eine solche ist ihr jetzt das an Kurt abgegebene Versprechen, der Arbeit des Geistes Valet zu sagen. Sie näht, stickt, musiziert, liest, sucht sich in der Kochkunst zu üben und fühlt sich doch unbeschäftigt. Tage sind vergangen, Hedwig hat etwas Feindliches gegen Nelly; wenn sie es auch nicht ausspricht, so fühlt diese es doch. Georg hat sein neues Werk begonnen, hat mit Nelly die Grundidee, den scenischen Aufbau besprochen, unter dem Einflusse ihrer Winke arbeitet er mit Lust und Fleiß. Manchen freien Augenblick bringt er bei ihr zu; kann er sie nicht persönlich sprechen, so fliegt ein Briefchen hinüber, eine Antwort kommt zurück. Für Nelly sind diese Augenblicke, wo sie sich der Alltäglichkeit des Daseins entzieht, wie Oasen in der Wüste. 54,20 kommission führt. Abg. v. Eynern bemängelt, daß Miquel im Extraordinarium ein neues Juliustürmchen anlegen wolle. Der Höhepunkt in der wirtschaftlichen Entwickelung sei noch nicht erreicht. Die Umwandlung der Dampfkraft in die elektrische, die Neuerwerbungen in China geben einen neuen Aufschwung. Daher sei es endlich Zeit, Steuererlasse vorzunehmen. Die Bahnverwaltung sei die milchende Kuh für den Staat. Wenn der Eisenbahnminister Thielen dem Wagenmangel abhelfen will, so steigt ihm der Finanzminister auf den Buckel. Die Eisenbahnverwaltung müsse von der Finanzverwaltung getrennt werden. Redner hebt die verschiedenen Mängel der Eisenbahnen hervor, deren Abhülfe nur wegen der großen Abhängigkeit der Bahnverwaltung unterbleibe. Zur Beseitigung der Uebelstände fordere er eine besondere Kommission, unabhängig von der Budgetkommission. Redner rät Vorsicht an bei Verleihung der Polizeigewalt an die Städte und bemängelt, daß Preußen beim Papfte, der gelegentlich der Canisiusfeier den Glauben der Mehrzahl der deutschen Staatsbürger in haßerregender Weise beschimpfte, noch einen eigenen Gesandten halte. Wenn die Katholiken irgend einen Einfluß in Rom hätten, so sollten sie den Papst bitten, solche Beschimpfungen zu unterlassen. Denn wir können nicht dulden, daß ein von uns anerkannter Souverän zwei Drittel unserer Staatsbürger rücksichtslos beschimpft. Finanzminister Dr. v. Miquel entgegnete, die reichliche Ausstattung des Extraordivariums sei etatsrechtlich zulässig. Das Haus habe früher schon Positionen als auf den nächsten Etat übertragbar bewilligt. Zudem werde die Budgetkommission schwerlich mit einer Aenderung einverstanden sein. Hoffentlich werde v. Eynerns rosige Ansicht von der Zukunft eintreffen, daraufhin aber Steuernachlässe einzuführen, sei gewagt. In England und Frankreich sei das Volk 3mal so hoch belastet wir hier. Für die Steuerscherereten seien die untergeordneten Organe und nicht der Minister verantwortlich. Das Steuersystem habe sich im großen und ganzen so bewährt, daß die andern Staaten es nachahmten. v. Eynern eifere gegen die Verwendung der Bahnüberschüsse. Woraus solle er denn schöpfen? v. Eynern wies auf die Versprechung der Regierung bei der Verstaatlichung der Bahnen hin. Er hätte solchen Versprechungen nicht geglaubt, wenn sie ihm gemacht wären. Die Errichtung eines Gesandtenpostens beim Vatikan geschah nicht dem oder jenem zu Liebe, sondern weil es für eine politische Nützlichkeit gehalten wurde. Die Beamten thäten besser, den Vorgesetzten zu vertrauen, als sich mit Petitionen an den Landtag zu wenden. Der Wunsch nach Aenderung des Kommunalgesetzes werde am besten gelegentlich der Reform des staatlichen Wahlgesetzes erfolgen. Der Vergleich unserer Schulen, unserer Justiz und unserer Verwaltung mit denen anderer Staaten lege nahe, daß man sich nicht an Kleinigkeiten hänge, sondern das Große ganz im Auge behalte. Abg. Motty bekämpft den Dispositionsfonds des Oberpräsidenten, welcher gleichsam von Staatswegen zum Mitglied des Vereins zur Förderung des Deutschtums in den Ostmarken ernannt werden solle. Die Einigkeit brachte nur den Krieg gegen den Katholizismus, den Kulturkampf, das Sozialistengesetz, die Massenausweisungen der besten Arbeiter und den Antisemitismus in jeder Form. Das Ansiedlungsgesetz scheine ein Ausfluß des Kampfes des Protestantismus gegen den Katholizismus zu sein. Der Reichskanzler habe selbst zugegeben, daß Preußen verpflichtet sei, den Polen die Muttersprache zu erhalten. Dofür kämpften die Polen, nicht aus eigenem Triebe, sondern aus Not, eingedenk der Worte des Kaisers;„Auf zum Kampf für die Religion, Sitte und Ordnung!“ Wir verlangen die Erteilung des Religionsunterrichts an unsere Kinder in der Muttersprache und erhoffen hierzu den göttlichen Beistand. Nächste Sitzung morgen. Deutschland. Berlin, 18. Jan. Der Kaiser traf heute Vormittag in Berlin ein, um im Königlichen Schlosse das Kapitel des Schwarzen Adlerordens abzuhalten und die Investitur der neuen Ritter vorzunehmen. Im Anschluß hieran fand die Nagelung und Weihe der neuen Standarte des 8. Ulanen regiments statt. — Dem Abgeordnetenhause ist ein Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung in der Zeit vom 1. Oktober 1896 bis dahin 1897 zugegaugen. — Mit der Angelegenheit des Denkmals der Märzgefallenen beschäftigte sich gestern eingehend der Magistrat. Dem„Berl. Lokal=Anz. zufolge soll mit der Stadtverordneten=Versamm lung ein Kompromiß abgeschlossen werden, wonach der Magistrat dem bekannten Beschlusse beitritt, jedoch die Einweihung des Gedenksteines nicht am 18. März stattfinden soll. — In dem demnächst dem Landtage vorzulegenden Gesetzentwurf wegen des Nothstandskredits für die von Ueberschwemmungen heimgesuchten Theile der Provinzen Schlesien und Brandenburg ist festgestellt, daß auch die Provinzen einen Theil dazu beizusteuern haben. — Die„Berl. Polit. Nachr.“ melden, es liege nicht in der Absicht der Regierung, ein Auswanderungs=Auskunfts. Bureau zu errichten. — Mit Bezug auf die von der deutschen Regierung anläßlich der Ermordung der Missionare geforderten Genugthuung därften die Verhandlungen bereits in allernächster Zeit zum Abschluß gelangen. In Betreff der zu zahlenden Entschädigungssumme wurde bereits ein Uebereinkommen erzielt. Dresden, 18. Jan. Die Handelskammer hat eine Umfrage über die Vermehrung der deutschen Kriegsflotte veranstaltet. Sämtliche Antworten aus der Großindustrie, dem Handwerk, dem Großhandel und dem Kleinhandel sind für die Vermehrung. Wien, 18. Jan. Bischof Anzer weilte 3 Tage hier und reiste gestern Abend ab, um über Amerika in seine Diözese nach Süd=Schautung zurückzukehren. Prag, 18. Jan. In der gestrigen Sitzung des Landtags führte vor dem Stadthalter Grafen Coudenhove der Abg. Wolf aus: Die Tschechen mögen ihre staatsrechtlichen Träumereien aufgeven, das geschlossene deutsche Sprachgebiet anerkennen und von ihren autonomistischen Ideen ablassen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, die Rechte der Freiheit, die jedes Kulturvolk besitzen muß, zu erlangen. Die Deutschen verhalten sich ablehnend gegen alle Anträge. Als Redner den Bürgermeister von Prag, Podlipny einen Bürgermeisterhanswurst nennt, entsteht ein wüster Lärm auf Seiten der Tschechen. Der Oberstlandmarschall ruft Wolf zur Ordnung. Dieser verlangt die Entfernung des Grafen Coudenhove, den er als einen gehässigen Feind der Deutschen bezeichnet. Dabei wird Wolf abermals vom Oberlandmarschall unterbrochen. Redner bezeichnet den Antrag des Großgrundbesitzes als eine Hinziehung und erklärt, die Deutschen könnten dem Großgrundbesitz kein Vertrauen entgegenbringen. Redner normiert seine Ansprüche folgendermaßen: Die deutsche Staatssprache für alle Länder, ausgenommen Galizien und Dalmatien, Aufhebung der Sprachenverordnungen und Entfernung des Statthalteis Grafen Coudenhove. openhagen, 17. Jan. Ein gefährlicher, oft bestrafter Verbrecher suchte ins Residenzschloß„Amelienborg“ einzudringen. Er überfiel die Wache und konnte erst nach längerem Kampfe überwältigt werden. Ueber seine Absichten hat er bisher nichts sagen wollen. 18. Jan. Ministerpräsident Meline führte in der Deputiertenkammer anläßlich der Interpellation Cavaignac in der gestrigen Sitzung u. a. aus: Die Politik der Beschwichtigungen habe nach innen sowohl wie nach außen nur gute Erfolge erzielt. Die Regierung fordere von der Kluzheit der Kammer, daß sie ein Ende mache mit der übertriebenen Agitation. Meline schloß, indem er auf die Ehre der Armee und die Achtung vor dem Richterstande hinwies und das Vertrauen der Kammer forderte. Cavaignac hielt es für unzulässig, daß der Kriegsminister schweige in dem Augenblicke, da die Armee angegriffen werde. Lavertugon brachte einen Antrag ein, die Beratung der Interpellation Cavaignacs um einen Monat zu vertagen. Die Vertagung um einen Monat wurde mit 277: 216 St. abgelehnt. Abg. Perier de Larsan beantragt die Besprechung der Interpellation bis nach Erledigung der bereits vorgemerkten Tagesordnung zu vertagen. Cavaignac bekämpfte die Vertagung und tadelte den Ministerpräsidenten, daß er nicht seine Ansicht ausspreche. Meline rief dazwischen: Ich will sie nicht aussprechen. Cavaignac besteht auf sofortige Besprechung. Ministerprösident Meline schließt sich dem Antrag Perier de Larsan an und weist darauf hin, wie unpolitisch es wäre, eine Agitation weiter zu unterhalten, die schon zu lange gewährt habe. Er fügte hinzu, sollte die Kammer sich für eine sofortige Beratung aussprechen, dann wird das Kabinett demissionieren. Der Antrag Perier de Larsan wurde sodann mit 310: 252 St. angenommen und die Sitzung geschlossen. — Ueber den Verlauf der Versammlung im Tivoli Vauxhall wird nach gemeldet: Die Versammlung war von der„Libre Parole“ veranstaltet. Während der Verlesung der Tagesordnung des früheren Boulangisten Thibault kam es zu einer großartigen Schlägerei. Din Anarchisten hatten eine Fahne abgerissen, was einen so grimmigen Zusammenstoß verursachte, daß die Abstimmung der Tagesordnung unmöglich wurde. Darauf zogen die Antisemiten ab. — In den Couloirs des Palais Bourbon beschäftigte auch gestern die Dreyfus=Angelegenheit die gesammte Unterhaltung und drehte sich insbesondere um die Frage der Erklärung des Kapitäns Lebrun Renault. Auch von der Agence Havas veröffentlichte Note wurde lebhaft besprochen. Man wollte nicht einsehen, daß eine Veröffentlichung dieses Aktenstückes, das dem Prozeß Dreyfus gänzlich fern stehe, zu Unzuträglich keiten führen könne. Perpignau, 18. Jan. Als der Präfekt sich an die Ueberschwemmungsgebiete begab, fiel er in einen mit Wasser gefüllten Graben. Seinem Gefolge gelang es, ihn aus der gefährlichen Lage zu befreien. Rom, 18. Jan. Der Papst empfing gestern im Saale des Consistoriums 400 Personen vom römischen Patriziat und nahm ihre Huldigung als Bestätigung der unlöslichen Verbindung des Papstthums mit der Stadt entgegen. Er wies die Anschuldigung zurück, woran diese Treue mit der Liebe zum Vaterlande nicht vereinbar sei und versicherte, daß Italien so lange nicht zufrieden sein könne, als es unter dem trennenden Einfluß stehe. Er forderte zum Schluß zur Aus übung guter Werke und Bethätigung der Tugend auf, als das beste Mittel zur Gewinnung der Zufriedenheit in dieser schwierigen Zeit. Der Papst erfreut sich einer außerordentlichen Gesundheit. Konstantinopel, 17. Jan. Der Flottenminister empfiehlt, die 8 besten Panzerschiffe der Firma Krupp zur Ausbesserung, Erneuerung und Neubewaffnung zu übergeben. Der Sultan billigt den Vorschlag, es ist aber noch keine Jrade darüber erlassen. — Der Direktor des hiesigen deutschen Postamtes, Höhne, tritt in das türkische Ministerium des Auswärtigen über, um den nach Deutschland zurückgekehrten Adjunkten Kroll Efendi zu ersetzen. Peking, 17. Jan. Der britische Gesandte teilte dem Tsung=li=Yamen mit, England sei bereit, China zur Zahlung der Kriegsentschädigung an Japan zu verhelfen durch eine Anleihe von 5000000 Pf. Sterl. auf 50 J. zu 4 pCt. einschließlich Amortisation. Die Bedingungen sind folgende: Eröffnung von 3 Vertragshäfen, nämlich Talienwan=Siangin, Hunan und Naning, ferner die Erklärung, daß kein Teil des Yang=Tse=Kiang=Thales einer anderen Macht überlassen werden soll; schließlich soll die birmanische Eisenbahn bis Yunan weitergeführt werden. Falls China seinen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte, werden die Einkünfte unter die Kontrolle der britischen Zollverwaltung gestellt. Die Verhandlungen werden auf dieser Grundlage geführt und die Chinesen betrachten das Geschäft als vorteilhaft, befürchten aber den Wiederstand Frankreichs und Rußlands, besonders bezüglich der Eröffnung von Talienwan und Naning. Kanton, 18. Jan. Bei dem Orte Langthen ist der Missionar Homeyer von der Station Ramjung der Berliner Mission beraubt und verwundet worden. Auf Intervention des hiesigen deutschen Konsuls hat der General=Gouverneur sofort telegraphisch die nötigen Maßnahmen zur Sühnung des Vorfalles getroffen. Gerichtssaal. Essen, 17. Jan.(Strafkammer.) Der Kutscher August Heirat von Gelsenkirchen hat den elektrischen Bahnbetrieb gefährdet. H. hatte einen Freund bei sich auf dem Bocke sitzen, mit dem er sich unterhielt. Er wurde seine Unachtsamkeit nicht eher gewahr, als bis er unmittelbar vor der Carambolage mit einem Wagen der elektrischen Vahn stand, der Zusammenstoß verlief glücklicher Weise ohne böse Folgen, und kam für diesmal mit 3 Tagen Gef. davon. Dortmund, 17. Jan. Ein militärisches Gepräge hatte die heutige Verhandlung des Schwurgerichts. Es waren u. a. 2 Stabsärzte, 1 Assistenzarzt, 1 Offizier und 17 Musketiere des 67. Inf.=Reg. in Metz als Zeugen geladen. Im Herbste 1896 war der Rottenarbeiter Paul Dittmann aus Kirchderne als Rekrut in jenes Regiment eingestellt worden. Er machte dem Unteroffizier und dem Rekrutenoffizier viele Mühe, denn er konnte angeblich das linke Knie nicht durchdrücken. Schließlich kam Dittmann in das Lazarett und der Stabsarzt Kuntze beobachtete eigenartige Muskelspannungen in beiden Beinen. Weil zu befürchten war, daß diese Erscheinungen beim Marschiren wiederkehren würden, so wurde Dittmann im Januar 1897 als Dispositionsurlauber entlassen. Dem Stabsarzt Kuntze und anderen Aerzten, einem Offizier und zahlreichen Mitrekruten hatte Dittmann gesagt, er habe schon vor 2 Jahren an Gelenkrheumatismus im Knie gelitten, die Krankheit trete jetzt wieder auf. Als Dittmann vom Dienste frei war, zeigte er seinen Unteroffizier wegen fortgesetzter Mißhandlung an, durch die das Leiden im Knie hervorgerufen sei; der Unteroffizier habe ihm beim langsamen Schritt, bei Freiübungen u. s. w. tagtäglich mit dem Säbel vor das Knie geschlagen. Der Unteroffizier wurde mit 2 Tagen Mittelarrest bestraft. Auf Ersuchen des Kriegsgerichts war Dittmann hier eidlich vernommen worden. Hier behauptete er die angeblichen Mißhandlungen, und stellte namentlich auch in Abrede, daß er schon früher an Gelenkrheumatismus in dem Knie gelitten habe. Weil diese Aussagen im Widerspruch mit der Aussage von mindestens 20 Zeugen vor dem Kriegsgericht standen, wurde gegen Dittmann die Anklage wegen Meineids erhoben. In der Voruntersuchung legte er theilweise ein Geständnis ab. Heute widerrief er dieses Geständnis und behauptete, er sei als gesunder Mensch zum Militär gekommen, aber als Krüppel zurückgekehrt und könne sich sein Brot nicht verdienen. Die Beweisaufnahme fiel ganz zu ungunsten des Angeklagten aus. Sanitätsrath Dr. Gerstein=Dortmund hat den Angeklagten als Simulanten entlarvt; Dittmann rufe Muskelspannungen willkürlich hervor. Die Geschworenen sprachen den Dittmann des wissentlichen Meineids schuldig. Das Urtheil lautet auf 2 J. 6 M. Zuchth. und 5 J. Ehrverlust. Düsseldorf, 17. Jan. Der Fabrikdirektor Bernhard Joosten aus M.=Gladbach stand heute zum 2. Male vor der hiesigen Strafkammer unter der Anklage, durch zu niedrige Selbsteinschätzung dem Staate erhebliche Steuerbeträge hinterzogen zu haben. Joosten, früher Fabrikbesitzer, jetzt Direktor seines in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Unternehmens, hat, wie der Staatsanwalt Leggemann in seinem Plaidoyer ausführte, die Steuer in folgender Weise„gespart“: Er unterließ die Selbsteinschätzung, und infolgedessen wurde er von der Steuerbehörde mit einem Einkommen von 57000 Mk. veranlagt, thatsächlich betrugen seine Einnahmen aber bedeutend mehr, in 1 Jahre z. B. über 340000 Mk. Bezüglich einer Steuerhinterziehung aus 1892 wurde die Verjährungseinrede erhoben. Der Staatsanwalt erklärte diese Einrede für unbegründet, weil die Verjährung unterbrochen worden sei durch eine in der Sache erfolgte Verfügung der königl. Regierung zu Düsseldorf, und diese Verfügung habe die Wirkung einer richterlichen Handlung. Der Staatsanwalt beantragte 7000 Mk. Geldbuße, das Urteil lautete auf 2800 Mk. Geldbuße. Der Gerichtshof trat der Ansicht des Staatsanwalts nicht bei, daß eine Verfügung der königlichen Regierung, also einer Verwaltungsbehörde, die Wirkung einer richterlichen Handlung haben könne. Düsseldorf, 18. Jan. Wegen Körperverletzung sind vom Landgerichte Düsseldorf am 28. Oktober u. a. der Gärtner Ernst Müller in Rath und der Fabrikarb. Laute in Kalk zu 3 Wochen Gef. verurtheilt worden. Die von ihnen eingelegte Revision wurde vom Reichsanwalte für begründet erklärt, da ein Zeuge ohne Grund unbeeidigt geblieben sei.— Das Reichsgericht erkannte deshalb in der heutigen Sitzung auf Aufhebung des Urtheils und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Köln, 18. Jan.(Strafkammer). Eine bei verschlossenen Thüren stattgefundene Verhandlung gegen einen 16jährigen Lehrling von hier und 2 14= bezw. 17jährige Ballettänzerinnen vom hiesigen Scala=Theater endete mit der Verurtheilung des Burschen wegen Diebstahls von 270 Mk. und wegen Bedrohung zu 6 Mon. Gef. Die Tänzerinnen waren der Hehlerei beschuldigt, wurden jedoch freigesprochen. Limburg, 15. Jan. Ein 16jähriger Wilddieb aus Kirchöhr, der beschuldigt war, am 26. Oktober v. J. in dem Walde bei Horhausen den Förster Ries lebensgefährlich verwundet zu haben, wurde nach einer sehr umfangreichen Zeugenvernehmung wegen Mordversuchs zu 6 J. Gef. verurtheilt. Kopenhagen, 18. Jan. Hauptmann der Kriegsreserve a. D. Bech hatte, um sich Geld zu verschaffen und damit seine Schulden zu bezahlen, gegen den Gerbermeister Thauloew einen Raubmordversuch unternommen. Bech ist heute zu 10 J. Strafarbeit verurteilt worden. und Kreis. * Wattenscheid, 19. Jan. In den letzten Tagen sind hier bei mehreren Manufakturisten Diebstähle an den ausgestellten Sachen vorgekommen. Nachdem schon früher derartige Diebereien bei den Herrn M. Samuelsdorff und Alb. Stern verübt sind, haben sich diese Beraubungen in den letzten Tagen bei den Herren L. Spiero und N. Röttgen wiederholt; mögen diese Vorfälle den andern Geschäften zur Warnung dienen. * Eine größere Zahl junger Damen und Herren dahier hat sich vereint, um in nächster Zeit, wie auch in früheren Jahren wieder einen Theaterabend zum Besten der diesjährigen hülfsbedürftigen Erstkommunikanten in der Johannishalle zu veranstalten. Die Proben sind bereits im Gange. Es wird das hübsche Schauspiel„Rosa von Tannenburg“ zur Aufführung gelangen. * Ein ehrenwerthes Ehepaar, der Markenkontroleur der Zeche Centrum, Herr Stephan Adler feierte gestern mit seiner Gattin geb. Elise Rüpping das schöne Fest der silbernen Hochzeit im Kreise der Kinder, Freunde und Verwandten. Das rüftige Jubelpaar hat die besten Aussichten, nach 25 Jahren das goldene Fest feiern zu können, was wir von Herzen wünschen. * Ein„Eingesandt“ vom Berg.=Märk. Bahnhof“. theilt mit, daß von der Eisenbahndirektion seit kurzem mehrere Laternen am Zugangswege zum Bahnhof aufgestellt sind und richtet, hieran anknüpfend, an das verehrliche Bürgermeisteramt dahier die Bitte, den andern Teil des Weges, soweit er städtisches Gebiet berührt, wenigstens bis zur Brücke am Mühlenbach, der gefährlichsten Stelle des ganzen Weges, durch einige Laternen beleuchten zu lassen. Dann werde auch die Gemeinde Westenfeld nicht zurückbleiben können und auch einige Laternen auf ihrem Gebiet aufstellen. Wir empfehlen die Ausführung dieser Anregung, wodurch einem wirklichen Uebelstand abgeholfen würde. * Ueber den von uns schon am Montag gemeldeten Brand im Blumengarten des Herrn Knobbe an der Weststraße teilt uns dieser noch Folgendes mit. Gegen 8 Uhr abends bemerkte man in der Nachbarschaft, wie neben dem Treibhause des Herrn Knobbe ein lustiges Feuer flackerte. Es brannte eine große Partie dort ausgelegter Strohmatten. Mit einigen Eimern Wasser waren die Flammen von den Nachbarn bald gelöscht. Herr Knobbe selbst war am Sonntag verreist. Man vermutet, daß der Brand auf einen Racheakt zurückzuführen oder jenen Buben zuzuschreiben ist, die hierselbst in letzter Zeit allerhand feigen Unfug verübten. * Am Donnerstag Abend veranstaltet der Radfahrer=Verein hierselbst in seinem Vereinslokal des Herrn Guntermann (Walterscheid) ein Festessen. * Der wohlberufene Dilettanten=Verein„Edelweiß“ beging am Sonntag im Saale der Frau Wwe. Pickel in festlicher Weise den allerhöchsten Geburtstag Sr. Majestät. Der hübsch dekoriette Saal war ganz besetzt. Den Kaisertoast brachte der Gründer des Vereins, Herr Oberkontroleur Ingelheuf von hier, aus. Sein Hoch auf den obersten Beschützer aller schönen Künste, auf Se. Majestät Kaiser Wilhelm 2. fand brausenden Wiederhall bei der ganzen Festversammlung. Nachher fand ein gemütlicher Festball statt, der die Teilnehmer bis zum frühen Morgen beisammen hielt. Für flotte Bedienung und ff. Getränke und Speisen hatte Frau Pickel in ausgiebiger Weise gesorgt. * Schon gestern theilten wir das Urtheil mit, welches das Schwurgericht Bochum gestern Mittag über die ruchlosen Totschläger=Lellesch und Dziabel von hier fällte: 10 resp. 5 Jahr Zuchthaus und Ehrverlust. Die Strafe ist eine recht angemessene, wenn auch eine mehrfältige Prügelstrafe mindestens ebenso angebracht gewesen wäre; zeigten doch beide Angeklagten keine Reue, der eine schob dem andern die That zu und mit cynischer Frechheit blieb Lellesch beim Leugnen, während Dziabel schließlich alles eingestand und Lellesch dadurch überführt wurde. Er ist der Hauptthäter. Der Hergang der grausigen That hat sich genau so ergeben, wie wir ihn s. Zt. mitgetheilt haben. Der arme Müting ist geradezu totgetreten. * Der Verband der evang. Arbeitervereine von Rheinland=Westfalen zählte am 1. Jan. 1898 25253 Mitglieder, die sich auf 120 Vereine vertheilen. Im vor. Jahr sind 5 Vereine neu beigetreten, ausgeschieden sind die 2 Vereine von Sterkrade und Siegburg. Die Einnahme betrug nach einer Aufstellung des Verbands=Kassierers Herrn TheisBarop, welche von den 3 Revisoren Herren Büscher, Kloppert und Müsse geprüft ist, 6400,01 Mk.(darunter 500 Mk. als Geschenk vom Geh. Rath Krupp); die Ausgabe 6129,76 Mk., mithin ein Bestand von 270,25 Mk. Die Einlage in der Sparkasse beziffert sich auf 2055,99 Mk. Gelsenkirchen, 17. Jan. Von den Resolutionen, die der Gewerkverein christlicher Bergleute in seiner gestrigen General=Versammlung annahm, erwähnen wir folgende: 1.) Die General=Versammlung giebt ihrer vollständigen Zustimmung Ausdruck zu dem bisherigen Vrhalten der Leitung des Gewerkvereins gegenüber dem alten Verband. Der Gewerkverein soll nach wie vor seine eigenen Wege gehen und nicht mit dem alten Verband paktiren oder mit ihm berathen und tagen. In dieser Stellungsnahme bestärkt uns die unausgesetzte Hetze des Organs des alten Verbandes gegen die Leitung unseres Gewerkvereines, sowie die neulich bekannt gewordenen Briefe des Vorsitzenden des alten Verbandes. 2.) Die GeneralVersammlung eckennt an, daß namentlich im Ruhrkohlenrevier die Bergarbeiterlöhne eine Steigerung erfahren. Diese Steigerung entspricht aber nicht den in der Lohneingabe des Gewerkvereins des verg. Jahres gehegten berechtigten Wünschen der Bergarbeiter, sowie der günstigen Lage des Kohlenmarktes und der damit verbundenen, sich stetig ste.gernden Unternehmergewinne. Die General=Versammlung erwartet deshalb, daß die Bergarbeiterlöhne auch noch in Zukunft den Verhältnissen entsprechend aufgebessert werden und daß namentlich auch eine gerechtere, der Billigkeit entsprechende Verteilung der Löhne vorgenommen wird. 3) Die GeneralVersammlung erklärt es bezüglich der praktischen Heranbildung eines tüchtigen geschulten Bergarbeiterstandes und der gerechten Entlohnung der Lehrhauer für notwendig, daß: a) Die Heranbildung der Bergarbeiter nach bestimmten Stufen geregelt werde, indem der Lehrhauer mindestens 2 Jahre Hauerarbeit erlernt, b) der Lehrhauer im 1. Halbjahr dieser Lehrzeit 50 Pfg. und im 2. Halbjahr derselben 25 Pfg. Lohn pro Schicht weniger erhält als sein Hauer, aber nach einjähriger Lehrzeit mit den Hauern gleich entlohnt werden, und 4) Die General=Versammlung beauftragt den Zentral=Vorstand, an den deutschen Reichstag zu petitionieren, Hochderselbe wolle an die deutsche Staatsregierung das Ersuchen stellen, baldigst einen Gesetzentwurf einzubringen zwecks Erweiterung der Competenz der Berggewerbegerichte, dahin, daß die Berggewerbegerichte als Einigungsämter in Thätigkeit treten können. An der Versammlung nahmen Teil als Vertreter der Bergbehörde Herr Bergmeister Uthemannn der Stadt Gelsenkirchen Herr bes. Beigeordneten Breidenbach. Außerdem waren u. a. erschienen die Herren Lic. Weber=M.=Gladbach, Vikar Brauns=Borbeck, LegewittEssen. Die politische Polizei vertrat der Herr Beziikskommissar Krohn. Aus Bochum, 18. Jan. Ein raffinierter Schwindler wurde gestern Mittag am Berg=Märk. Bahnhofe hierselbst festgenommen. Derselbe stammt aus Hagen und trieb seit Jahren einen äußerst lucrativen Handel mit Uhren, Uhrketten und Ringen. Für Blechuhren im Werte von 1,30 Mk. erzielte er 40 Mk., für Uhrketten von 26 Pfg. Wert nahm er 4 Mk. und für Ringe von 50 Pfg. Wert 2 Mk. Er wäre gewiß noch ein Krösus geworden, wenn ihm nicht das Handwerk gelegt worden wäre. Hagen, 17. Jan. Augenblicklich bereist Herr Ahlwardt wieder unsern Wahlkreis, um ihn für die„teutsche Sache“ zu erobern. Dabei ist ihm nun aber das Mißgeschick passiert, selbst von den Antisemiten im Wahlkreise Hagen=Schwelm abgethan zu werden. Auf einer nationalliberalen Versammlung in Sprockhövel erklärte der Führer der dortigen Antisemiten, daß er und seine Parteigenossen für Ahlwardts Wahl nicht zu haben seien würden, sondern daß sie ihre Stimme dem nationalliberalen Kandidaten geben würden. Diese Erklärung wird den Herrn Rektor wohl veranlassen, seine Zuversicht in etwas einzudämmen. Paderborn, 16. Jan. In der heutigen vom BankschutzVerein einberufenen Versammlung von Interessenten der Pader= borner Bank, die sehr zahlreich besucht war, gab Hr. Kaufmann Dau in längerer Rede eine Darlegung der Verhältnisse der Bank. In Folge der Nachrichten über Verluste der Bank bei dem Krach der Arminius=Brauerei in Kohlstädt und anderer Gerüchte sei eine allgemeine Beunruhigung entstanden, die eine massenhafte Kündigung zur Folge hatte. Indessen würde die Bank über alle Schwierigkeiten nur hinwegkommen können, wenn ihr badigst Mittel zur Verfügung gestellt würden, und das bezwecke der Bankschutz=Verein, der bis zu 4000 Antheilscheine a 50 M. ausgeben will, welches Kapital gegen Platzwechsel der Bank auf längstens 2 Jahre zur Verfügung gestellt werden soll. Nach dieser Zeit werde sich die Bank, wie voller Sicherheit zu erwarten sei, so weit erholt und Maßnahmen getroffen haben, daß sie dieser Beihülfe nicht mehr bedürfe. Ein Konkurs würde, wie Hr. Dau bemerkte, hier am Platze allein 400 bis 450 Subhastationen zur Folge haben und auf alle Verhältnisse, besonders aber auf den gewerblichen Mittelstand, dessen Interessen die Erhaltung der Bank dringend erheischen, höchst verderblich einwirken. Bielefeld, 18. Jan. Das Dunkel in der Schildeschen Mordaffaire scheint nicht aufgeklärt werden zu können. Als einziger Mitschuldiger der vor 7 J. an dem Kolonsohn Voß in Schildesche verübten Mordthat war bekanntlich vor kurzem, nachdem jetzt erst infolge der angestellten Nachgrabungen die Leiche des Vermißten, im Garten vergraben, aufgefunden worden war, dessen eigener Vater, Kolon Voß verhaftet worden. Der Bruder des Erschlagenen, der als der eigentliche Mörder gilt, war schon vor Jahren gestorben. Nun ist der alte Voß aus der Haft entlassen worden; anscheinend hat die Untersachung nichts Belastendes für den 70 J. alten Mann ergeben. Sterkrade, 17. Jan. Der Bahnwärter Schmidthuysen, der den Unfall der Jagdgesellschaft in Osterfeld herbeigeführt hatte und alsbald in Haft genommen wurde, ist nun aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Bahnverwaltung hat ihn von seinem Posten enthoben. Duisburg, 17. Jan. Die hier in der Schwedenallee gepflanzte, mit einem starken Schutzgitter umgebene Friedenseiche war am Abend der Jahrhundertfeier, als der Festzug die Aufmerksamkeit der Bewohner ablenkte, angebohrt und mittelst einer ätzenden Flüssigkeit so schwer beschädigt worden, daß das weitere Wachstum derselben noch jetzt in Frage steht. Der Frevler blieb unermittelt. Jetzt hat eine Person, die sich mit dem Thäter befeindet hat, diesen angezeigt. Es ist ein mehrsach vorbestrafter, auch politisch auf radikalsten Bahnen wandelnder noch junger Arbeiter namens Kr., der sofort verhaftet wurde. Wesel, 17. Jan. Der Schiffer Uebing warf nach seiner Frau im betrunkenen Zustande mit einer brennenden Petroleumlampe. Heute ist die Verletzte ihren Brandwunden erlegen. Kleve, 18. Jan. Als gestern abend ein Arbeiter der Lindenbrauerei hierselbst mit dem Putzen des im Keller untergebrachten Benzinkessels beschäftigt war, näherte sich ihm der Besitzer der Brauerei, Herr Massen, mit einem brennenden Lichte. Plötzlich explodierte der Kessel unter einer derartigen Kraftäußerung, daß die Trümmer das Kellergewölbe, sämtliche Stockwerke und das Dach durchschlugen. Die beiden im Keller anwesend gewesenen Personen sind schwer verletzt. Aachen, 18. Jan. Gestern Nachmittag um 5.20 Uhr zog bei vollständig klarem Himmel ein prachtvolles Meteor über unsere Stadt. Im Norden erscheinend, nahm es seinen Weg nach Süd=Süd=Westen, dabei an Größe und Helligkeit stets zunehmend, bis zur Größe eines halben Monddurchmessers. Die Feuerkugel zeigte anfangs ein grünliches Licht, das, je mehr es sich der Erde näherte, eine blendend weiße Färbung annahm und sich beim scheinbaren Niedergange des Miteors in einem rötlichen Funkenregen auflöste. Das Meteor kann unserer Erde nicht gar zu fern gewesen sein, denn man konnte einige Sekunden nach dem Erlöschen deutlich das Brausen vernehmen, das der Himmelskörper beim Durchschneiden unserer Atmosphäre verursachte. Köln, 18. Jan. Der in der Wolfsstraße wohnende Papierwaaren=Fabrikant Ed. Padberg früher in Barop wurde gestern Abend durch einen Polizei=Commissar verhaftet. Er soll sich mit Curpfuscherei befaßt und diese zu noch schlimmern Dingen benutzt haben. Die angestellten Ermittelungen bewirkten seine Festnahme unter dem Verdacht des Betruges, des versuchten Betruges, der thätlichen Beleidigung und des Verbrechens gegen§ 176, 3 des Str.=G.=B. in mehreren Fällen. Koblenz, 18. Jan. Garnison=Veränderungen stehen wahrscheinlich für den 1. Okt. 1898 oder den 1. April 1899 bevor. Es soll beabsichtigt sein, das Inf.=Reg. Nr. 68 von hier nach Metz zu verlegen. Dafür soll das jetzt in Metz garnisoni. rende König=Inf.=Regt. Ne. 145 Koblenz als Garnison erhalten. Wie ferner mitgeteilt wird, ist die Verlegung der 1. Abteilung des Feldartillerie=Regts. Nr. 23 von hier nach Köln ebenfalls in Aussicht genommen. Berlin, 17. Jan. Zu einem Generalappell traten gestern vormittag die hiesigen Düppel= und Alsenstürmer vor dem kommandierenden General des 16. Armeekorps, Grafen Häseler, der im Feldzuge von 1864 Adjutant des Prinzen Friedrich Karl war, in der„Hopfenblüte" an. Im Saale des zweiten Stocks versammelten sie sich. Graf Häseler erschien um 11,30 Uhr und wurde vom Vorstande des Vereins der Düppel= und Alsenstürmer empfangen. Schriftwart Registrator Jauß meldete 80 Mann zur Stelle. Der General gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß ihm die alten Kameraden Gelegenheit gegeben hätten, sie begrüßen zu können, und brachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Er begrüßte auch alle Veteranen einzeln und erkundigte sich nach ihren Lebensschicksalen. Dem Veteranen Kitto aus der Weinstraße der mit seinem verstorbenen Kameraden Klinke Pulversäcke an die Schanze schleppte, das Pulver mit der Zigarre anzündete und durch die Explosion die Pallisaden sprengte, reichte er mit den Worten die Hand:„Sie haben Großes geleistet.“ Nachdem der General mit den Düppel= und Alsenstürmern photographiert worden war, begrüßte er in dem unteren Saale noch 200 Veteranen der Feldzüge von 1866 und 1870=71. Kreuzburg, 17. Jan. Ueber das schreckliche Ende des Seminardirektors Jaenicke und seiner Familie verlautet noch: Direktor Jaenicke wurde am 4. Jan. wegen Schulden(er hatte allein 23000 M. Wechselschulden kontrahirt) und wegen Unterschlagung ohne Pension aus seinem Amte entlassen. In der Nacht zum 5. Jan. versuchte J. im Einverständnisse mit einer Frau und seinen beiden jüngsten Söhnen, im Alter von 18 und 16 J., sich und seine Familie durch Kohlenoxydgas zu tödten. Der älteste Sohn ein Student, war nicht zu bewegen, dem Zureden seines Vaters Folge zu leisten; er meldete den Mordversuch dem Seminarlehrer D., welcher sofort in die Wohnung des J. eilte, Thüren und Fenster öffnete und den Mordversuch verhinderte. Es muß nun ein Zwischenfall eingetreten sein, welcher den J. veranlaßte, mit seiner Familie am 5. Jan. mit dem Mittagszuge nach Breslau zu reisen. In Breslau fand die Familie aber in keinem Gasthof ein Unterkommen, weil von Kreuznach aus telegraphisch auf J. aufmerksam gemacht wurde. Man fuhr daher am 5. Jan. mit dem Abendzuge nach Oppeln und ging von da zu Fuß weiter. Am 6. Jan. Abends trafen die 4 Personen in Klein=Lassowitz bei Kreuzburg ein. Im Walde zwischen Klein=Lassowitz und Kuhnau wurde nun das Verbrechen ausgeführt. Nach dem örtlichen Befunde hat der 18 Jahre alte Sohn, welcher in Kreuzburg das Schlosserhandwerk erlernte, erst seine Eltern und seinen 16 Jahre alten Bruder und dann sich selber in die linke Schläfe geschossen. Am 7. Jan. früh wurden die Lichen gefunden, nach dem Spritzenschuppen von Kotschanowitz gebracht und am Sonntage auf dem ev. Kirchhofe in Kreuzburg beerdigt. London, 17. Jan. Der japanesische Transportdampfer „Vara“ ist auf der Reise nach den Fischerinseln mit 80 Personen untergegangen. Nur 5 Seeleute wurden gerettet. Washington, 18. Jan. 15,000 Arbeiter und Arbeiterinnen der Baumwollenspinnereien haben die Arbeit niedergelegt. Telegramme der Wattenscheider Zeitung. Prag, 19. Jan. Gestern Abend durchstreifte Militär die Stadt und verhinderte 8 Ansammlungen. Ebenso wurde eine große Volksversammlung am Graben von der Kavallerie auseinandergetrieben. 19. Jan. In Bordeaux und Montpellier wurden gestern Abend antisemitische Kundgebungen veranstaltet. Ein ernsterer Zwischenfall ist jedoch dabei nicht vorgekommen. In Nantes wurden einige Schaufenster an jüdischen Geschäftshäusern zertrümmert und mehrere Verhaftungen vorgenommen. Le Havre, 19. Jan. Das englische Transportschiff Newly hat in der Seine=Mündung ein von Vellerville sur Mer kommendes Depeschenboot in den Grund gebohrt, 2 Matrosen ertranken. Ancona, 19. Jan. Im Laufe des gestrigen Tages kam es wieder zu stürmischen Kundgebungen. Nachdem die Teilnehmer vom Rathausplatze und vom Cavouplatze vertrieben waren, versammelten sie sich wieder vor dem Stadttheater, wurden aber von berittenen Truppen auseinander getrieben. Ein Teil der Manifestanten zog vor das Landhaus eines Getreidemaklers und suchte es in Brand zu stecken. Das Feuer war zum Glück bald gelöscht. Mehrere Personen wurden, nachdem man Militär zugezogen hatte, verhaftet. Später fanden abermals Ansammlungen statt. Abends befanden sich noch einige Hundert Manifestanten außerhalb der Stadt, konnten jedoch nicht zurückkehren, da die Stadtthore verschlossen waren. Im Ganzen wurden am gestrigen Tage ca. 50 Verhaftungen vorgenommen. Bis zur Wiederaufnahme der Arbeit durch die Bäcker, die man für heute erhofft, werden durch Militärbäcker täglich 150 Centner Brot hergestellt. Petersburg, 19. Jan. Im Taganroger=Bezirk in der Grube der russischen Donezaer=Gesellschaft sind infolge Wetterexplosion vergangene Nacht 40 Arbeiter getötet und 18 schwer verwundet. Die Bergungsarbeiten der ganz entstellten Leichen gehen flott von statten. Untersuchungen zur Feststellung der Ursache der Katastrophe sind im Gange. Kairo, 19. Jan. Die bisher in den Händen der Derwische befindliche Stadt Lussieh westlich von Casala ist ohne Widerstand von den Truppen von Casala gestern eingenommen. ist nicht dringend genug anzurathen, Kehlkopfleidenden beim Promeniren, oder auf ihren Berufswegen sich vor den Folgen des Luftwechsels dadurch zu schützen, daß sie sich der Jay's ächten Sodener Mineral=Pastillen bedienen. Katarrhalische Erkrankungen werden dadurch leicht verhütet. Man kann diese Pastillen im Vorbeigehen in jeder Apotheke, Drogerie oder Mineralwasserh. a. 85 Pfg. p. Sch. einkaufen. Danksagung. Für die vielen Beweise des Beileides und die reiche Theilnahme an der Beerdigung unserer teueren Entschlafenen Frau Jsaac Rosenthal sagen wir hiermit herzl. Dank.(189 Familie Rosenthal. Sr. M0. B0ue Specialarzt für Haut=Geschlechts= u. Blasenleiden. Gelsenkirchen, Friedrichstr. 10. Spurlos verschwunden sind alle Hautunreinigkeiten und Hautausschläge, wie Flechten, Finnen, Mitesser, Blüthchen, rothe Flecke 2c. durch den täglichen Gebrauch von: Bergmann's CarboltheerschwefelSeife v. Bergmann& Co. in Radebeul Dresden a Stück 50 Pfg. bei: H. Schmidt Drogerie Pelbtsk-4 Köstehauschlagt etc. etc. werden billigst angefertigt.(148 Auskunft in der Exped. d. Zeitung. Zeinsten durchwachsenen sowie fetten west fälischen S•* empfiehlt äußerst billig Berh. Klumbeck. Vödestr. 45. Vergebung von Fuhrarbeiten. Das gesammte städtische Fuhrwesen einschließlich Reinigung der Canal=Schlammfänge für das Jahr 1898 soll werden.(164 Die Angebotsformulare und Bedingungen können auf dem Stadtbauamte entnommen werden. Die verschlossenen, mit entsprechender Aufschrift versehenen Angebote sind ebendort bis Montag, den 24. d. Mis. einzureichen. Wattenscheid, den 14. Januar 1898. Bürgermeister: Wibberding. Handelsregister des Kgl. Amtsgerichts zu Wattenscheid. Folgende Eintragungen sind heute bewirkt worden: 1) bei Nr. 28 des Firmen=Registers, woselbst die Firma####rl Busch mit dem Sitze zu Wattenscheid eingetragen steht: Die Firma ist, da das Handelsgeschäft durch den Eintritt eines Gesellschafters in eine offene Handelsgesellschaft umgewandelt und unter Nr. 30 des Gesellschafts=Registers eingetragen ist, gelöscht; 2) bei Nr. 14 des Prokuren=Registers, woselbst die von dem Firmen=Inhaber Carl Busch dem Carl Busch jun. zu Wattenscheid ertheilte Prokura eingetragen steht: Die Prokura ist erloschen; 3) bei Nr. 30 des Gesellschafts=Registers: Die offene Handelsgesellschaft unter der Firma Carl Busch mit dem Sitze zu Wattenscheid. Die Gesellschafter sind: 1. der Buchdruckereibesitzer Carl Busch, 2. der Buchhändler und Buchdrucker Theodor zurm, beide zi Wattenscheid. Die Gesellschaft hat am 1. Januar Die Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, haben die Gesellschafter H bei Dre 15 des Prokren=Regzsters die von den Tohehbegl. vorgenannten offenen Handelsgesellschaft jun. zu Wattenscheid, welcher berechtigt ist, die Firma in Gemeinschaft mit einem Gesellschafter und dem Zusatze per procura zu zeichnen, ertheilte Prokura. Petrisch, in Ir. Junu. 190e. gbnigl, Antigeriche. In dem Konkurse über das Vermögen des Colonialwaaren= händlers Adam Schäfer zu Wattenscheid ist Termin zur Legung dir Schlußrechnung auf den 4. Februar 1898, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht anb eraumt. Besterithet, iun 1. Vunu, Abalg, Aintsgericht. Konturs Kleine=Trodposs. Die von dem Gemeinschuldner geführten Geschäfte (Specereiwaaren 2c.) in Bochum, Herne, Wanne, Gelsenkirchen und Wattenscheid sollen sofort einzeln oder zusammen verkauft *(166 werden. Nähere Auskunft ertheilt der Unterzeichnete. Der Konkursverwalter: Schunck, Rechtsanwalt in Zu den Beerdigungsfeierlichkeiten des Herrn Hauptlehrers * werden die ehemaligen Schüler höflichst eingeladen.(185 Das Comitee. Agenten welche Privatkunden besuchen, gegen hohe Provision für 6mal prämürte neuartige Holzroul. u. Jalousien gesucht. Offert. mit Referenzen an C. Klemt, Jal.=Fabr. in Wünschelburg i. Schl. Erablirt 1878.(182 Ein zuverlässiger Fuhrknecht sofort gesucht.(190 Joh. Mauermeister. | Ein ordentliches, properes, Schule der böheren Iuschneibsekust!“ Pienstmädchen auf sofort gesucht.(175 Chausseestr. 14. Ein ordentliches, properes Sienstmadchra auf sofort gesucht.(168 Zu erfragen in der Exped. Unterzeichnete beabsichtigt hier einen ständigen Zuschneide=Kursus zu eröffnen, und wird den Unterricht sowohl praktisch wie theoretisch ertheilen. Eine jede Dame kann sich während des Unterrichts 3 bis 4 Kleider, Costüme oder dergl. anfertigen. 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