1849 Wochenblatt für den Sieg=Kreis. 10. Freitaa den 9. Februar. Politische Nachrichten. Siegburg, den 6. Februar. Die Wahlen unserer Vertreter in der zweiten Kammer sind erfolgt. Statt der Herren Justizrath Bauerband, Bürgermeister Kerp und Oekonom Graefe, sind die Herren Professor Kinkel, Gutsbesitzer Becker und Staats=Prokurator Schornbaum aus der Urne hervorgegangen. Wir beschränken uns für heute auf das Bedauern, daß die sogenannte constitutionelle Partei in der Auswahl ihrer Candidaten mit so geringer Umsicht verfahren ist, und es fast den Anschein hat, als wenn es den Herren aus Bonn, welche sich zu Leiterern derselben aufgeworfen hatten, weniger um eine Vertretung der sämmtlichen Einsassen beider Kreise in deren Sinne und Wunsche, als vielmehr lediglich um die Erzielung einer ihren persönlichen politischen Ansichten entsprechenden Opposition gegen die Bestrebungen der andern sogenannten demokratischen Partei zu thun gewesen sei. Auf diese während der Wahlen und Vorwahlen stattgefundenen Manövers werden wir zurückkommen! An den preussischen Handwerker- und Arbeiterstand. Die Unterzeichneten, von dem hohen Handelsministerium berufenen Vertreter des Gewerbe=Standes aus verschiedenen Provinzen, sind zur Berathung der ihnen vorgelegten Entwürfe von Verordnungen zur Ergänzung der allgemeinen Gewerbe=Ordnung v. 17. Jan. 1845 und zur Errichtung von Gewerbe=Gerichten und GewerbeRäthen vom 17. vorigen Monats bis heute versammelt gewesen und haben dabei alles dasjenige mit Freimüthigkeit vorgestellt und begehrt, was ihrer Ueberzeugung nach zur Erhaltung und Hebung des gesammten Handwerker= und Arbeiter=Standes Noth thut. Sie hatten die Genugthuung, von den Vertretern des hohen Ministerii ihre Darstellung der verschiedenen Bedürfnisse mit Theilnahme aufgenommen zu sehen, und dadurch das Vertrauen gewonnen, daß ihren Wünschen die möglichste Gewährung nicht fehlen werde. Dieses Vertrauen ist gerechtfertigt worden. Die Gewährung unserer Anträge, welche durch den Herrn Handelsminister in heutiger SchlußSitzung uns mitgetheilt worden und welche in den nächsten Tagen zur allgemeinen Kenntniß gelangen wird, nehmen wir gern als die vorläufig genügende und als wohlgeeignet an, bei treuer Wirksamkeit des Handwerter= und Arbeiterstandes dessen Hebung und Aufblühen in aller Hinsicht zu ermöglichen und damit das Gesammtwohl des Vaterlandes zu fördern. Dieses schöne Ziel kann aber nur dann verwirklicht werden, wenn die Bedingungen alles gedeihlichen Bestehens, der nährende Friede und die heilsame Ordnung auch in den Verhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt vorhanden sind; wenn ferner die Schranken, welche die scheinbar entgegenstehenden Interessen der verschiedenen Stände im Staate gebildet, durch die Erkenntniß immer mehr fallen werden, daß in dem Wohle Aller auch die Wohlfahrt des Einzelnen ihre Garantie habe; wenn ein brüderliches Zusammenwirken zur Erreichung solchen Zustandes Platz greifen und zunehmen wird. Darum die Bitte zunächst, Alles dazu beizutragen, daß solcher Friede und solche Ordnung immer mehr befestigt werde, und sodann die weitere Bitte an alle unsere Mitbürger, den Geist der Eintracht und der Brüderlichkeit zu pflegen. Dann dürfen wir hoffen, daß auf der Grundlage, welche aus unsern Berathungen hervorgegangen, ein fester und herrlicher Bau sich erheben werde, in welchem Alle ihr Wohlergehen zu begründen vermögen. Berlin, 31. Januar 1849. Schützendorf, Düssel, Friedrich Schmidt aus der Rheinprovinz; Bunkenburg, Selenka, Bisky aus der Provinz Brandenburg; Behrens, Wilhelm Bätge, Göring aus der Provinz Sachsen; Löschburg, Matschke, Wilhelm Weiß aus der Provinz Schlesien; Todt, Petrasch, Faudt aus der Provinz Westfalen; S. G. Schmidt, Fr. Laps, J. C. Babucke aus der Provinz Preußen; Kober, Schmoll, Vollmershausen aus der Provinz Pommern; Poppe, Schnierstein, Brossowski aus der Provinz Posen. Berlin, 31. Januar. In der Schlußsitzung des Handwerker=Parlaments wurde dem Handels=Minister eine Adresse überreicht. In dieser wurden, nachdem dem Minister der Dank der Abgeordneten ausgesprochen, folgende an die Kammer zu machende Vorlagen gefordert: 1) eine allgemeine Gewerbe=Ordnung mit dem Grundsatz des zur Pflicht erhobenen Beitritts zu den Innungen für den Handwerker. Bildung von Gewerbe=Kammern. 2) Einrichtung von zweckmäßig organisirten Vorschußbanken, aus welchen die Innungen gegen solidarische Verbürgung Vorschüsse erhalten können. 3) Einrichtung gewerblicher Fortbildungs=(Fach) Schulen mit freiem unentgeltlichem Unterricht. 4) Aufhebung der Militär=Werkstätten und Uebertragung der Militär=Handwerks=Arbeiten an die betreffenden Innungen. 5) Umänderung des Princips, die Arbeiten des Staates in den Straf= und sonstigen Anstalten mit den Arbeiten des freien Handwerkers concurriren zu lassen. 6) Einkäufe und Bestellungen an Waaren von Seiten des Staates bei den betreffenden Gewerbetreibenden direct zu machen und sich nicht der Zwischenhändler zu bedienen. 7) Die Submission bei Staats= und Communal=Arbeiten nicht ferner zu gestatten. 8) Förderung der inländischen Industrie durch passende Schutzzölle. 9) Aufhebung der bisher zum Nachtheil der PrivatIndustriellen Statt gehabten Wirksamkeit der Seeyandlung. 10) Diese sowohl, als die Consular=Agenten anzuweisen, Mittheilungen über die besten Absatz=Quellen inländischer IndustrieErzeugnisse zu geben. 11) Colonisation im Innern, um dadurch den arbeitlosen, bei Privaten nicht Beschäftigung findenden Arbeitern einen Unterhalt zu gewähren, eben so den Sträflingen. 12) Colonisation nach außen durch den Staat, um dadurch Massen und andere überflüssig gewordene Kräfte anderweitig zu verwerthen und die Production mit der Consumtion auszugleichen; 13) den Hausir=Handel aufzuheben. 14) Umschaffung des Armeu=Wesens. 15) Einführung einer gerechten, nach der wirklichen Leistungs=Fähigkeit der Einzelnen zu berechnenden Besteuerung. Der Handels=Minister, ohne vorläufig näher auf den Inhalt der Adresse einzugehen eröffnete den Deputirten, daß er ihnen eine Audienz bei Sr. Maj. dem Könige ausgewirkt und daß sie sich daher sofort in seiner Begleitung nach dem königl. Schlosse begeben möchten.(Köln. Ztg.) Berlin, 3. Febr. Der Vorsitzende einer Wahlmänner=Versammlung erklärte gestern,„aus sehr guter Quelle" zu wissen, daß der Zusammentritt der Kammern bis zum Anfange April würde verschoben werden. Man glaubt, daß der Grund dieser Entschließung in dem gegenwärtigen Stande der deutschen Frage zu suchen sei. Die Revision der Verfassung vom 5. Dez. ist die eigentliche HauptAufgabe unseres nächsten Landtages, und mit dieser läßt sich allerdings nicht wohl eher vorschreiten, als bis man weiß, wie die ReichsVerfassung ausfallen wird. Soll der„Bundesstaat" in Deutschland mehr als Schein werden, dann wird ein preußisches Parlament neben dem deutschen nicht wohl fortbestehen können. Unsere Schwarz=Weißen sind natürlich von solchen Aussichten sehr wenig erbaut, und die preußische Circular=Note, so vorsichtig dieselbe sich auch ausdrückt, gibt nach ihrer Meinung schon viel zu viel zu. Die„Neue Preuß. Ztg." sagt heute mit einer Zurückhaltung, die ihrer ministeriellen Haltung entspricht, aber ihre Meinung doch hinlänglich durchblicken läßt:„Wir wollen uns über diese zwei Puncte (engeren Bund und Kaiserthum), welche noch der Zukunft angehören, des Urtheils enthalten. Welcher Deutsche würde sich nicht freuen, wenn er sein Vaterland dem Auslande gegenüber einig und hochgeachtet erblickte? Aber welcher Deutsche kann wünschen, daß diese Einheit alles das, was bisher Deutschland eigenthümlich war, also namentlich seine mächtigen Fürsten, seine freien Städte, seine Mannichfaltigkeit, und alles, was sich an diese Fürsten und Städte von Treue, Liebe, Vergangenheit, Sitte, Recht und so weiter knüpft vernichten sollte?"(Köln. Ztg.) Bergisch=Gladbach, 1. Febr. Die seit den Märztagen oft wiederholte Verletzung des Gesetzes, namentlich in den hiesigen königlichen und Privat=Forsten scheinen jetzt den höchsten Gipfel errei chen zu wollen. Der in Köln wohnende Herr V. Bürgers ließ in seinen in den Schluchter Waldungen gelegenen Forsten einen Theil Holz fällen, welches er am gestrigen Tage in der Behausung eines hiesigen Wirthes an den Meistbietenden versteigern lassen wollte. Nachdem dies durch öffentliche Bekanntmachungen zur Kenntniß des Publikums gekommen war, versammelten sich die meisten Bewohner von Strunden und Thurn gestern Abends, zogen auf einen Haufen in den Wald, das Holz unter sich zu vertheilen und begannen diese Handlung mit einer Salve von drei Flintenschüssen. Jeder trug, so gut und schnell er konnte, sein ihm gewordenes Holz bei Seite, und war der Chausseegraben in der Nähe der Dellbrücke beinahe mit Holz angefüllt. Mittlerweile kam der Morgen heran, und mit ihm der Beginn der angekündigten Versteigerung. Auf dieser erschienen eben jene, die sich schon in der vergangenen Nacht zu Besitzern des Holzes gemacht hatten, in großer Anzahl und boten summa summarum 10 Thaler für sämmtliches Holz. Auf dieses Gebot konnte allerdings nicht zugeschlagen werden; aber ungeachtet dies nicht geschehen war, zog der Haufe singend zu der Lagerstätte des Holzes zurück. Während man dort mit dem Herumtragen desselben beschäftigt war und dabei den Ruf:„Hurrah! Es lebe die Republik!" fortwährend ertönen ließ, kam ruhig ein achtbarer Bürger Mülheims jenes Weges gegangen und wurde sofort angehalten mit der Zumuthung, so laut er könne zu rufen:„Vive la rèpublique!“ Um nicht von dieser rohen Horde mißhandelt zu werden, leistete er Folge, worauf ihm eine Tracht Holz als Loyn und Zugabe aufgebürdet wurde, welche er eine Strecke Weges tragen mußte! Heute Morgen ist von Mülheim bewaffnete Macht herangezogen worden; ihr Einschreiten ist aber, da sie diesem Haufen gegenüber sich zu schwach fühlte, erfolglos geblieben. Wird man diesem Treiben nicht endlich mit Energie entgegentreten?(Köln. Ztg.) Trier, 4. Februar. Der königliche Ober=Procurator Deuster hat unterm gestrigen Tage folgende Bekanntmachung erlassen: Mit Bezug auf meine Bekanntmachung vom 21. v. M. beeile ich mich, die Herren Beamten des öffentlichen Ministeriums bei den Polizeigerichten und Hülfsbeamten der gerichtlichen Polizei davon in Kenntniß zu setzen, daß das königl. Landgericht, Zuchtpolzei=Kammer, durch ein, in einer am 27. v. M. verhandelten, dann zum Spruche ausgesetzten Jagd=Contraventions=Procedur, heute publizirtes Urtheil, die in dem Urtheite vom 19. v. M. ausgesprochene Rechtsansicht vollständig zurückgezogen und in Uebereinstimmung mit dem Antrage des öffentlichen Ministeriums erkannt hat, daß durch das Jagdgesetz vom 31. Oct. v. J. die bisheherigen Strafgesetze gegen Jagd=Contraventionen und die auf den Grund des Gesetzes vom 17. April 1830 geschlossenen JagdPachtverträge nicht aufgehoben worden seien. Trier, 3 Febr. 1849, Der k. Ober=Procurator, Deuster. Hannover, 1. Februar. Die Eröffnung des Landtages hat Statt gefunden. Um 2 Uhr erschien der Graf Bennigsen, als königlicher Commissarius und eröffnete die Versammlung mit der Thronrede, aus der wir Folgendes hervorheben: „Se. Majestät betrachten es als heilige Pflicht, für die Sicherheit und Wohlfahrt Deutschlands keine Opfer zu scheuen; wenn nur die Verfassung so geordnet wird, daß das Land seine Lasten tragen kann und der freien, innern Entwickelung keine verderblichen Fesseln angelegt werden. In diesem Streben hoffeu Se. Maj. auf den Beistand der gegenwärtigen Versammlung zählen zu können. Um so mehr gereicht es Allerhöchstderselben zur Befriedigung, daß eben jetzt durch eine der ersten Regierungen Deutschlands Schritte geschehen sind, um die drohende Gefahr eines Zwiespaltes abzuwenden und diejenige Einigung von Fürsten und Volk herbeizuführen, ohne welche dauernde Eintracht und Sicherheit in Deutschland numöglich ist. Seine Maj. haben diesen mit Freuden ihre Beistimmung gegeben, und werden die Erreichung des Zieles wahrer Einigung mit aller Kraft und Aufopferung, welche die Pflicht gestattet, fördern. Tondern, 25. Januar. Die Nachrichten über den jütschen Landsturm nehmen allmählich eine festere Gestalt an. In Fortballum waren sämmtliche Bauern mit Büchsen versehen; die Büchsen hatten Bayonnette. Aehnliche Auftritte, wie in Forballum vorgekommen, werden von Scherrebeck her berichtet, das größtentheils zum Amt Hadersleben gehört. Auch hier zeigte sich bei einer Militär=Execution plötzlich eine Menge Insassen vollständig bewaffnet. Man sieht, daß Waffen überall an die jütschen Bauern gegeben sind.(K. 3) Schleswig, 29. Jan. Die„Schleswig=Holsteinsche Zeitung" äußert sich über die preußische Circular=Note folgender Maßen:„Ein namentlich für uns verhängnißvoller Satz ist derjenige, wo neben Oesterreich das deutsche Gebiet der Niederlande und Dänemarks genannt wird. Es ist dort zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, daß das deutsche Gebiet der Niederlande und Dänemarks(also Luxemburg=Limburg und Schleswig=Holstein) nicht in den engeren Bundesstaat aufgenommen werden solle. Allein es liegt doch in jener Parallelisirung die Hinweisung auf die Möglichkeit, daß Luxemburg=Limburg und Schleswig=Holstein wie Oesterreich draußen verbleiben, und, ausgeschlossen von dem engeren Bundesstaat, auf das alte kümmerliche Bundesverhältniß beschränkt werden können. Fürwahr eine schöne Aussicht, die uns hier eröffnet wird!"(K. Z.) Gotha, 28. Jan. Die Bemühungen der thüringischen Regierungen, in Bezug auf die neue Organisation des Heerwesens von der Centralgewalt günstigere Bedingungen zu erzielen, sind nicht mit Erfolg gekrönt worden. Es könne— schreibt das Reichs=Ministerium— eine einseitige Bevorzugung nicht mehr gestattet werden. Man solle sich vielmehr vereinigen, um die den thüringischen Staaten zukommende Cavallerie und Artillerie baldigst ins Leben zu rufen, und wenn man auch nicht ungebührlich drängen wolle, so sei doch die militärifche Reichs=Commission(General=Major v. Holtzendorff) beauftragt worden, die Verwirklichung jener Maßregel thunlichst zu beschleunigen. Es ist kaum zu sagen, in welche Verlegenheit die thüringischen Länder durch diesen unwiderstehlichen Beschluß gesetzt werden, und es liegt fast die Vermuthung nahe, die Centralgewalt erwarte offene Bekenntniß: Wir können einem solchen Beschlusse nicht genügen. Die Bevollmächtigten der Thüringischen Regierungen werden deshalb am 5. Februar zu einer Confereuz in Weimar zusammenkommen.(Köln. Ztg.) Frankfurt, 3. Februar. Mit der heutigen Sitzung wurde die erste Lesung der Verfassung beendigt. München, 1. Febr. Die Kammer der Reichsräthe har in Erwiederung der Thronrede heute dem König durch eine Deputation ihre Adresse überreicht. Wir entnehmen ihr die folgende Hauptstelle: „Der Ausbau des deutschen Verfassungswerkes ist in allen Gauen unseres Gesammt=Vaterlandes der Gegenstand heißer Sehnsucht. Baierns Voik steht auch hierin keinem andern Stamme nach und sieht mit Vertrauen auf seinen für diese heilige Sache beseelten König. Möge der Himmel die gerechten Wünsche der Deutschen bald erfüllen, Weisheit und Kraft denjenigen verleihen, welche zu dem großen Baue berufen sind. Möge das gesammte Deutschland durch den Einklang der Regierungen und der Vertreter des Volkes ungetrennt erstehen in voller Einigung mit unantastbarer Macht, und mit einer Verfassung, welche, unter dem Ausschluß aller Sonder=Iuteressen, die mit der Einheit und Kraft des Ganzen vereinbarliche, durch den deutschen National=Charakter gebotene Selbstständigkeit der Einzelstaaten bewahrt, die gesetzmäßige Freiheit der Personen und das Eigenthum unerschütterlich beschirmt und die Entwickelung der Wohlfahrt des Volkes dauernd zu fördern vermag. Wir überlassen uns der freudigen Hoffnung, daß das große Werk bald gelingen werde, erwarten die darauf bezüglichen Eröffnungen der Krone und die deßhalb angekündigten Gesetze und Verfassungs=Abänderungen, insbesondere jene hinsichtlich der Grundrechte, um innerhalb unseres Wirkungskreises auf dem verfassungsmäßigen Wege an dieser Lebensfrage aller Deutschen Theil zu nehmen." (Köln. Ztg.) prechsaal. In dem Siegkreise, der 1846 77.580 Seelen zählte, hatten die 55 einzelnen Gemeinden nach Maßgabe ihrer Bevölkerung zusammen 285 Wahlmänner für die 2. Kammer zu wählen. Die Wahl fand in 91 Wahlbezirken statt, und die Wahlmänner des Siegkreises haben gemeinschaftlich mit denen des Kreises Bonn am 5. d. M. zu Bonn drei Abgeordnete gewählt und zwar: den Professor Kinkel zu Bonn, den Gutsbesitzer Joseph Becker zu Ettenhausen und den Staatsprokurator Schornbaum zu Koblenz. Von dem zuletzt genannten, welcher hier wenig oder gar nicht bekannt ist, ist es zweifelhaft, ob er diese Wahl annehmen wird, da er gleichzeitig auch in anderen Bezirken gewählt worden. Die beiden zuerst genannten, bei denen die Annahme der Wahl nicht zweifelhaft ist, sind dem Siegkreise zwar einigermaßen, doch nicht so genau bekannt, daß es nicht für die Urwähler höchst erwünscht bliebe, bald durch eine kundige Hand die Beschreibung der wichtigsten Lebensmomente dieser zu so hohem Berufe ausersehenen Männer zu erhalten. Die Beschreibung könnte, wenn sie gleichmäßig die praktische und wissenschaftliche Befähigung der Männer und ihre Bewährung im Leben ins Auge faßte, zur richtigen Würdigung der Hoffnungen, welche die Wahlmänner für das große politische Werk der Revision unserer Verfassung auf sie gesetzt haben, dienen, und uns zu einem näheren Urtheil darüber, inwiefern bei ihnen der Begeisterung auch eine tiefere Kenntniß und Anschauung der Geschäfte und der gegenwärtigen Bedürfnisse unseres theueren Vaterlandes entspricht, verhelfen. Daran, daß die Erwählten von der reinsten, edelsten Gesinnung und von der wahren Vaterlandsliebe beseelt sind, wollen wir nicht zweifeln, auch daran nicht, daß sie auf der Grundlage, welche ihnen ihr Dasein als Abgeordnete gegeben hat, auf der Verfassungs=Urkunde vom 5. Dec. v. I.,— sorgsam und gewissenhaft fortbauen werden. Denn die Verfassungs=Urkunde ist durch die am 22. v. M. vollzogenen Wahlen von allen Urwählern als Gesetz anerkannt worden, und der Abgeordnete, welcher, wie es manche vor den Wahlen verbreitete Programme für volksthümliche Wahlen gethan haben, diese gesetzeskräftige Urkunde als einen bloßen Verfassungs=Entwurf behandeln wollte, würde sich selbst das Gesetz unter den Füßen hinwegziehen, und sich auf ein schwankendes, auch sein Abgeordnetenthum jeden Augenblick gefährdendes Project stellen. Danach Glück auf unseren Abgeordneten und daß sie im gesetz= und verfassungsmäßigen Wege den Willen ihrer Wähler thun und zur Wohlfahrt und Kräftigung Preußens und Deutschlands ihr Bestes beitragen! (Eingesandt.) Wer ist ein Demokrat? Als nach der März=Revolution die verschiedenen Ansichten sich mit einander vereinigten, als sich Parteien bildeten, nahmen diese auch bestimmte Namen an. Bald fand man in allen Städten eine Partei, die sich selbst die demokratische nannte, überall erschienen Zeitungen, die sich Organe der Demokratie nannten. Untersuchen wir einmal, ob diese Partei wirklich demokratisch ist. Demokratie heißt Volksherrschaft. Diese Volksherrschaft verlangt keine bestimmte, feststehende Staatsform, sondern nur eine solche, in welcher der Gesammtwille des Volkes der Grund der Gesetze ist, in welcher das Volk seine Angelegenheiten, so weit moglich, selbst besorgt oder durch seine Vertreter besorgen läßt, oder durch seine Vertreter die Beamten beaufsichtigt. Demokratie ist nicht möglich in einer absoluten Monarchie, wo nur der Wille des Fürsten entscheidet, sie ist nicht möglich in einer aristokratischen Staatsform, wo nur der Geburtsadel herrscht, sie ist aber möglich in der Republik und in der aus Monarchie und Republik gemischten Staatsform der constitutionellen Monarchie. Erstrebt nun die demokratische Partei wirklich die Volksherrschaft? Das Volk ist doch die Gesammtheit der Einwohner eines Staates, alle Klassen dieser Einwohner zusammen genommen sind das Volk, das Volk in seiner Gesammtheit soll die Herrschaft in der Demokratie führen. Allein das will die demokratische Partei nicht, sie scheidet das Volk in Klassen, will die eine Klasse unterdrücken, die andere zur Herrschaft bringen. Diese Trennung in zwei Klassen ist eben so unwahr, als sie hämisch ist. Die sogenannten Demokraten scheiden das Volk in Proletarier und Bourgeoisie. Wo ist dann die Grenzlinie dieser beiden Klassen? Wo hort die Bourgeoisie auf und wo fängt das Proletariat an? Sehen wir genauer zu, was die sogenannten Demokraten unter dieser Scheidung verstanden wissen wollen. Sie stellen zuweilen auch Arbeiter und Bourgeoisie einander gegenüber. Demnach arbeiteten die Bourgeois nicht. Wer aber in dieser Welt muß nicht arbeiten? Die wenigen Rentner ausgenommen, arbeitet Alles. Wenn der Handarbeiter ermüdet von seinen Anstrengungen sich durch einen gesunden Schlaf zu neuem Tagewerke stärkt, sitzt der Gelehrte noch über seinen Büchern, der Kaufmann durchreis't die Nacht im Postwagen, der Arzt wird aus seinem Schlummer geweckt, um einem Kranken Hülfe zu bringen. Wenn der Handarbeiter seine schwere aber einfache Arbeit verrichtet, sitzt der Uhrmacher bei seiner körperlich leichten, aber mühevollen Arbeit, der Handwerker verfertigt seine mehr oder minder künstlichen Arbeiten, der Advocat erledigt seine langen, ermüdenden Schreibereien. So sehen wir, daß Jeder in der Welt arbeitet, Jeder nach seinen Kräften, seiner Geschicklichkeit, seinem Berufe. Wenn also Jemand sagt, es gäbe Arbeiter und Nichtarbeiter, so ist das eine Lüge, denn wir müssen Alle arbeiten. Doch die Demokraten machen auch noch eine andere Unterscheidung, sie stellen die Besitzlosen den Besitzenden gegenüber. Diese Unterscheidung ist noch viel weniger stichhaltig. Ist denn blos Geld, Häuser, Felder der Besitz? Sind Fleiß, Geschicklichkeit und Arbeitskraft nicht auch ein Capital? Und ist das letztere Capital nicht sicherer als das erste? Haben wir nicht in der letzten Zeit die Beispiele oft genug erlebt, wo wohlhabende Leute durch Handelskrisen, durch Bankerotte, durch verfehlte Speculationen ihr ganzes Vermögen verloren? Giebt es dagegen nicht Tausende von Beispielen, wo ein armer Geselle durch Fleiß, Sparsamkeit und Arbeit sich Vermögen erworben hat? Die Häuser brennen ab, die Felder verheert der Hagelschlag, die Capitalien verschlingt eine Handelskrisis, die Geschicklichkeit und Arbeitskraft aber wird von keiner Feuersbrunst verzehrt, von keinem Hagel, von keiner Handelskrisis getroffen. Jener alte Philosoph antwortete, als er eine Schiffsreise machte und als Andere von ihren Schätzen sprachen und nach den seinigen fragten: omnia mecum porto, d. h. ich trage Alles bei mir. Er meinte, daß seine Kenntnisse mehr werth wären, als alle die Schätze der Anderen. Und er hatte Recht; denn bard darauf ging das Schiff, auf dem sie sich befanden, zu Grunde, und mit Mühe retteten die Reisenden das nackte Leben. Die Schätze der Anderen lagen im Meere, sie waren Bettler geworden, der Philosoph aber war so reich wie vorher. Es liegt eine tiefe Weisheit in dieser einfachen Erzählung, denn wahrlich, Kenntnisse, Geschicklichkeit und Arbeitskraft sind ein sichereres Capital, als der Besitz von Vermögen, das allen Wechselfällen unterworfen ist. Wenn nun die sogenannten Demokraten die Besitzlosen den Besitzenden entgegenstellen, ist das richtig? Wenn sie Arbeitskraft und Fähigkeiten mit zum Besitze rechnen, so sind Besitzlose doch nur Altersschwache und Kranke. Die Kranken aber wollen wir doch nicht zur Herrschaft des Staates berufen. Verstehen sie unter Besitz aber nur materielle Güter, so dehnt sich die Klasse der Besitzlosen unendlich aus. Alle Handwerksgesellen gehören zu den Proletariern, weil sie noch zu jung sind, um bereits ein eigenes Geschäft begründet zu haben. Schwerlich aber wird sich ein Geselle, der das Seinige gelernt hat, zu den Proletariern zählen. Mit frischem Muthe, im Vertrauen auf seine Kenntnisse und seine zwei Hände, die er mit Stolz sein Capital nennt, beginnt er ein Geschäft, und wenn er es mit frischem Muthe beginnt, gedeiht es sicher. Der Musiker, der Dichter, der Maler, alle Künstler sind nach dem Worte der sogenannten Demokraten Proletarier; denn sie haben keinen Besitz, als ihre Geschicklichkeit und ihre Arbeitskraft, die sie ernähren. Alle Lehrer, alle Gelehrten sind Proletarier; sie haben keinen Besitz, als ihre Kenntnisse. Alle Beamten, vom höchsten bis zum niedrigsten, sind Proletarier; denn sie leben nicht von ihrem Besitze, sie leben von dem Gehalte, das sie für ihre Arbeit bekommen. Alle Aerzte, alle Advocaten, alle Geistlichen sind Proletarier; denn ihr Capital ist kein Vermögen, ihr Capital sind ihre Kenntnisse. Man sieht, die ganze Unterscheidung zwischen Proletariern und Bourgeoisie ist ein Unsinn. Der ganze Unterschied läuft auf arm und reich hinaus— und wo ist da eine Grenze, um zwei Klassen zu scheiden? Mit wie viel Hundert oder Tausend Thalern beginnt der Reichthum? Das stuft sich nach und nach ab, das ist nach Sitten und Gewohnheiten und Bedürfnissen verschieden. Ein Bauer, der ein Gut von 10,000 Thlrn. Werth besitzt, ist ein reicher Mann in seinem Dorfe— in einer großen Stadt gibt der Besitz von 10,000 Thlrn. kaum zu dem Namen Wohlhabenheit Ansprüche. Fünfzigtausend Thaler sind bei uns ein hübsches Vermögen— in England ist das kaum der Rede werth. Wo ist eine Grenze? Und wo bleiben diese Verhältnisse fest bestehen? Der Reiche verarmt, der Arme wird wohlhabend; das wechselt je nach Fleiß, Sparsamkeit oder Glück. Man sieht also, selbst zwischen Arm und Reich ist keine bestimmte Grenze zu ziehen. Demnach ist die von der sogenannten demokratischen Partei zuerst aufgestellte Unterscheidung des Volkes in zwei Klassen gar nicht haltbar. Wenn nun die sogenannten Demokraten diese Unterscheidung dennoch festhalten wollen, wenn sie Haß und Vernichtung gegen die eine Klasse predigen und immer nur im Interesse der anderen Klasse reden: so wollen sie nicht Volksherrschaft, sondern sie wollen die Herrschaft einer einzelnen Volksklasse— demnach sind sie keine echten Demokraten; sie sprechen aber so nur im Interesse einer Partei, wie es auf der anderen Seite die Aristokraten thun. Unter Volk versteht man das ganze, gesammte Volk; die sogenannten Demokraten verstehen aber unter Volk nur die ärmeren Klassen. Und warum thun sie das? Weil die ärmeren Klassen leichter zu bearbeiten sind, weil sie nicht Kenntnisse genug haben, um das Lügenhafte der sogenannten Demokratie zu durchschauen; weil der Mensch leichter zur Leidenschaft zu entflammen ist, als zur ruhigen Prüfung und Ueberlegung zu bringen. (Eingesandt.) Der vorigjährige Deputirte F. Harkort hat an die Bewohner von Prettmin, Spie, Nehmer, Garrin und Rossentin bei Colberg einen Brief über die Wahlen gerichtet, aus dem wir folgende Stelle mittheilen wollen: „Wenn's jetzt nicht besser wird, so ist's Eure eigene Schuld. Vor allen Dingen wählt tüchtige und redliche Wahlmänner und Abgeordnete. Richtet Eure Augen nicht auf die Marktschreier und Rechtsverdreher, sondern auf bescheidene Leute, die ihre eigene Sache daheim gut und in der Stille führen, die gesunden Menschenverstand besitzen, und die nicht Alles mit Unrecht verlangen, und deshalb Nichts erhalten. Greift Euch ein Herz, und stellt dem Kandidaten folgende Fragen: „Bist du dem Könige getreu?" „Bist du zufrieden mit der vom Könige gegebenen Verfassung, oder willst du helfen, den alten unglückseligen Streit wieder anschüren?" „Kannst du gewissenhaft Mein von Dein unterscheiden, und kennst du Gottes Gebot, du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut!?" „Bist du ein Steuerverweigerer oder giebst du dem Kaiser, was des Kaisers ist?" „Hast du deine Streitigkeiten vor dem Schiedsmanne geschlichtet oder liebst du die Prozesse?" Glaubt mir, wer mit dem Nachbar ohne Noth streitet, der wird auch mit dem Könige hadern, und dann müßt Ihr aus eigener Tasche den Schaden doppelt bezahlen. Schaut auf die Tumulte in Berlin! Die Brandstiftung und Einäscherung der Artillerie=Wagenhäuser rc. kostet 2,000,000 Rthlr. Für versetzte Pfänder zahlte der König... 400,000 An die Sparkassen.. 200,000Die Schutzmannschaft kostet........ 200,000 An müssig gehende Arbeiter wurden verausgabt 1,700,000Die Mobilmachung des Heeres und der Landwehr, um den Aufruhr im Lande zu dämpfen und Leben und Eigenthum zu sichern und das Ansehen der Gesetze zu erhalten, kostet 2,000,000Das macht eine Summe von 6½ Millionen Thaler, so die Steuerpflichtigen mit sauerm Fleiße aufgebracht haben, während unnütze Buben das Gesetz mit Füßen traten. Für diesen Beitrag hätte man 6,500 neue bäuerliche Stellen anlegen und an tüchtige Leute vergeben können. Solche Rechnung machen die Demokraten nicht, sondern sie verweisen Euch auf den Umsturz göttlicher und menschlicher Ordnung und eine Gleichheit, wie sie unter Dieben gebräuchlich ist. Liebe Freunde, gebraucht nur ein wenig Euern Verstand. In der letzten National=Versammlung befanden sich: 121 Advokaten und Richter, 53 Geistliche, 25 Lehrer, 61 Räthe und Beamte, 260 Köpfe, während nur 57 Grundbesitzer anwesend waren. Auf einen Bauer kamen also fünf Mann, die von ihm leben wollten! Und Ihr wundert Euch noch, daß Ihr ärmer seid, als vor der Revolution?„Dreht das Ding doch nur um! Wählt fünf Grundbesitzer— aber umsichtige Männer— auf einen Rechtsgelehrten, und dann sind der Haarspalter noch mehr da als nöthig, um gegen den König Feuerlärm zu blasen. Solche Leute stehen doch nicht bei der Spritze, sondern sind nur brauchbar als Ministerkandidaten, Oberpräsidenten und für andere Stellen, die ihren Mann ernähren. Wer für sich sorgt, hat nicht Zeit, an Euch zu denken. Eine gute Wahl bleibt die Hauptsache; paßt daher den Schwätzern auf die Kreide!*) (Eingesandt.) *) Obgleich wir uns mit den politischen Ansichten des Herrn Harkort keineswegs in allen Theilen befreunden können, so räumen wir doch gern ein, daß in dem vorstehenden manche Wahrheiten enthalten sind, die ebenfalls von unseren diesjährigen Wahlmännern mehr hätten berücksichtigt werden dürfen. D. N. Auflösung des Logogryphs in Nr. 8: „Demokrat." Des Deutschen Schwur. Mein Vaterland, mir ewig theuer, Dir gilt des deutschen Sängers Schwur, In dessen Brust ein ewig Feuer Hoch lodert dir, dir einzig nur. Dir, Vaterland, dir schwör' ich Treue, Dir schwör' ich Lieb' bis in den Tod; Wie ich mit dir mich innig freue, Will trauern ich mit dir in Noth. Dir bleib' ich treu, bis man als Leiche Den Sänger legt in's kühle Grah, Bis das ich in der Todten Reiche Einst steige kalt und starr hinab.— Mag auch von Westen oder Östen Der Feind dir nah'n,'s ist einerlei,— Und sollt' es selbst mein Leben kosten— Ich bleibe dir, o Deutschland! tren. Und sterbend werd' ich dann noch lallen, Das blut'ge Schwert in tapfrer Hand: Du Land, du mächtigstes von allen, Mein theures heil'ges Vaterland! Koblenz— Siegburg. Jos. Schnitzler, jun. Charade. (Zweisilbig.) Mein Erstes ist bedeutungslos, Ist eine kleine Silbe blos; Doch hat es manchen Wortes werth Gerad' in's Gegentheil verkehrt. Mein Zweites(wie der Dichter sagt) Nur wohnet in des Grabes Nacht; Doch auch, vom Lärm des Lebens weit, Trifft man's in stiller Einsamkeit. Mein Ganzes hat von Anfang an Bei Mann und Volk sich kund gethan; Es faßt der Zeiten große Flut, Wenn lang in Schlummer sie geruht. Doch nennt es einen Mann dir auch. Er ist ein Mann— kein leerer Schlauch Und auch kein Brausekopf; denn seht, Wie er nur passiv widersteht. S—d. H—h. ls=Nachrichten. Neuß, den 6. Februar 1849. (pr. Berliner Scheffel.) Mülheim am Rhein, den 6. Februar 1849. (Verkaufs=Preise.) Weizen pr. Berliner Scheffel.... 2 Thlr. 6 Sgr. 11 Pf. Roggen„„ 1„ 8„ 2„ Gerste„„ 1„ 3„ 5„ Hafer„„„ 19„ Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt für Sieabura 12 Sgr., für Auswärtige 15 Sgr. Einrückungsgebühren für die Zeile 1 Sar.— Briefe und Gelder werden franko erbeten. Redigirt von P. Kesseler— Druck und Expedition bei C. F. Dämisch in Siegburg.