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Stadt- und Landbote

BESTANDSHALTENDE INSTITUTION

Universitäts- und Landesbibliothek Bonn

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Dr. Toni Offermann

Vorgänger

Als erste Zeitung des Monschauer Landes erschien vom 6.2.1829 bis zum 31.1.1831 in Montjoie (ab 1918 Monschau) als unpolitisches Wochenblatt für die Eifel der „Eremit am hohen Veen“, herausgegeben von dem Buchbinder und -händler Christian Wilhelm Frantzen (1802-1894). Verantwortlicher Redakteur von der 5. Nummer bis zum 25.6.1830 war Clemens von Orsbach (1799-1856), danach bis zur letzten Nummer sein Vetter Joseph von Orsbach (1803-1880). Gedruckt wurde die Zeitschrift in Aachen.
Am 18.1.1848 erhielt der Buchdrucker Tugendhold Stiepel aus Hasslinghausen (Regierungsbezirk Liegnitz) die Genehmigung zur Herausgabe eines „Kreisblatt für Montjoie“, von dem vom 25.3. bis Ende April 1848 fünf Nummern in Imgenbroich erschienen. Exemplare sind nicht bekannt bzw. erhalten.

Geschichte und Entwicklung

Nach mehreren Versuchen, die 1842/43 und 1847 am Widerstand der Behörden scheiterten, konnte Christian Wilhelm Frantzen nach Aufhebung der preußischen Zensur am 30.3.1848 in Monschau die erste Ausgabe einer Wochenzeitung, des „Stadt- und Landboten“ (fortan: SuL), herausgeben.

Das Blatt wollte „gemeinnützig“ sein, Handel und Verkehr durch Korrespondenzen und Anzeigen fördern, unter Verzicht auf politische und religiöse Polemik unterhalten und belehren, jedoch durchaus auch über die politische Tagesgeschichte berichten.
Bis Dezember 1849 fungierte Frantzen als Herausgeber, der „Kopf“ der Zeitung war allerdings der Arzt Dr. Paul Lambert Pauls (1811– 1863). Nach dessen Tod wurde die Zeitung von ihrem Drucker Cornelius Leonard Hermanns (1804-1881) herausgegeben, bis er am 24.12.1874 Druckerei und Zeitung an Peter Weiss (1848-1898) aus Zell verkaufte, der das Blatt vom Januar 1875 bis zu seinem Tod herausgab. Der SuL blieb bis zu seinem Ende im März 1936 im Besitz der Familie; die Druckerei besteht noch heute als Weiss-Druck [bzw. -Verlag] GmbH & Co. KG.

INHALTE UND POLITISCHE AUSRICHTUNG

In der Revolutionszeit 1848/49 vertrat die Zeitung einen konstitutionell-monarchischen und katholisch-klerikalen Standpunkt und entwickelte sich unter der Redaktion von Pauls bis Ende 1848 zu einer politischen Zeitung, die auch solchen Zuschriften ein Forum bot. Dominierte im 1. Quartal 1848 noch der Bereich Belehrung und Unterhaltung, so stieg der Anteil politischer Berichte bis zum Jahresende von einem Drittel auf mehr als 50% gegen Jahresende. Ab der 2. Hälfte 1849 verlor der SuL jedoch im Zuge der Gegenrevolution diesen Charakter. Der Anteil der Privatanzeigen stieg in diesem Jahr von 15 % auf knapp 25 %, derjenige der öffentlichen Anzeigen stand Ende 1849 bei gut 7 %. Danach wandelte sich die Zeitung zu einem unkritischen Unterhaltungs- und Anzeigenblatt. Ab dem 2.1.1858 erschien der SuL mit dem Untertitel „Kreisblatt für Montjoie und Umgegend“ (bzw. „Montjoier Kreisblatt“). Regionale Meldungen finden sich praktisch keine.

Nach der Reichsgründung werteten die Behörden den SuL als von der „ultramontanen Partei“ benutztes Organ, jedoch veränderte sich die Zeitung mit der Übernahme durch Peter Weiss am 1.1.1875 aus einem gemäßig oppositionellen und katholischen zunehmend in ein regierungsfreundliches, nationalliberales Blatt. 1880 bezeichnete der Landrat es als „ohne bestimmte Tendenz, jedoch neigt dasselbe sich der staatsfreundlichen Parthei zu“. Auszüge aus der regierungsamtlichen „Provinzial-Correspondenz finden bereitwilligst Aufnahme“. Mit der Übernahme durch Weiß setzte im SuL langsam eine regionale Nachrichten beinhaltende Berichterstattung ein.

Mit dem Erscheinen des dezidiert katholischen und offiziellen Zentrumsorgans „Montjoie’r Volksblatt“ am 25.9.1880 erhielt der SuL ein starkes Konkurrenzorgan, das bis zu seinem Ende – abgesehen von der zweiten Hälfte der 1920er Jahre – fast durchweg eine höhere Auflage verzeichnete. Dabei erhielt der SuL – vom Landrat als „regierungsfreundlich“ charakterisiert – im Kulturkampf zwischen 1880 und 1888 staatliche Subventionen von jährlich 250 bis 300 Mark und wurde zudem durch die kostenlose Zusendung von amtlichen Meldungen unterstützt, so ab 1894 durch die „Berliner Korrespondenz“. Die Regierungsnähe des SuL wurde deutlich sichtbar, als er am 31.1.1881 die Genehmigung erhielt, den Titel 'Amtliches Kreisblatt' zu führen. Die Begünstigung durch amtliche Korrespondenzen setzte sich auch im Weltkrieg fort.

Nach dem Abklingen des Kulturkampfes kam es ab 1898 unter der Wwe. Josefine Weiß geb. Mathar (1862-1923) zu einer allmählichen Annäherung des SuL an die katholische Partei. Unter ihrem Sohn Jacob Weiss (1895-1972) galt der SuL in der Weimarer Republik als zentrumsnah. Neben den amtlichen Bekanntmachungen, für deren Aufnahme der Herausgeber Ende der 1920er eine Pauschale von 400 M jährlich erhielt, bildeten die Anzeigenseiten die wirtschaftliche Basis der Zeitung, woran auch der Ausbau des wöchentlichen Unterhaltungsteils ab dem vierten Quartal 1875 nichts Wesentliches geändert hatte.

Mittlerweile auch im Untertitel ein „Zentrums-Organ“, geriet der SuL nach der „Machtergreifung“ der NSDAP in deren Fadenkreuz. Am 15.3.1933 wurden die Redaktionsräume kurzzeitig von der örtlichen SA besetzt; am 13.6. entzog der Landrat dem Blatt die Funktion als „Amtliches Kreisblatt“ und übertrug sie auf eine Schleidener Zeitung. Damit wurde der Zeitung ihre wirtschaftliche Basis entzogen, so dass sie am 28.3.1936 ihr Erscheinen einstellte. So blieb im Kreis als regionale Zeitung nur noch das „Montjoie’r Volksblatt“ bis zu seinem Eingehen am 30.5.1941.

Periodizität, Auflage und Format

Ab der ersten Nummer erschien der SuL jeden Samstag mit vier Seiten, gelegentlich einer Beilage bzw. aus bestimmten Anlässen auch mit einer Sondernummer. Ab dem 1.1.1876 kam mittwochs eine weitere Ausgabe hinzu (zuerst 2, bald 4 S., überwiegend mit Anzeigen). Eine inhaltliche Erweiterung bildete ab dem vierten Quartal 1875 als wöchentliche Beilage ein „Illustriertes Unterhaltungsblatt“, ab April 1880 ein „Landwirtschaftliches Blatt“ (bzw. eine „Landwirtschaftliche Beilage“). Nach dem 7.9.1878 erschien der SuL im „vergrößertem Format“; um 1900 besaß er das Standardformat von ca. 31 x 46 cm. Erste bildliche Darstellungen im redaktionellen Textteil finden sich ab den 1890er Jahren. Ab Ende 1889 wurde die Samstagsausgabe ein weiteres Blatt erweitert, und ab dem 8.10.1927 erschienen samstags zwei Ausgaben.
Einen überregionalen Charakter erhielt die Zeitung durch die Nutzung von Pressediensten, so des „Wolff’schen Telegraphen Bureau“.

Auflage

  • 1848: 225
  • 1850: 150
  • 1851: 120
  • 1869: ca. 200
  • 1871: 140
  • 1872: 220
  • 1877: 260
  • 1879: ca. 300
  • 1882: 450
  • 1884: 430
  • 1885: 415
  • 1886: 527
  • 1887: 508
  • 1889: 570
  • 1890: ca. 500
  • 1892: 460
  • 1897: 700
  • 1900: 1.000
  • 1903: 980
  • 1909: 1.000
  • 1920: 1.450
  • 1925: 1.250
  • 1928: 1.640
  • 1931: 1.300
  • 1935: 700

Konkurrenzblätter

Von Ende 1870 bis 1.2.1872 existierte ein „Montjoie’r Kreisblatt“, verlegt von Joseph Doepgen (St. Vith). Auf das vom 25.9.1880 bis 30.6.1941 erscheinende, bewusst als Konkurrenzblatt begründete Zentrumsorgan „Montjoie’r Volksblatt“ wurde bereits hingewiesen.

Anfang der 1930er Jahre erschien in Simmerath dreimal wöchentlich die „Eifelzeitung“, von der inhaltlich kaum etwas bekannt ist. Mitte 1933 wurde sie mit einem in Schleiden erscheinenden NS-Blatt zur „Eifeler Volkswacht und Eifelzeitung“ als dem NSDAP-Organ für die Kreise Schleiden und Monschau vereinigt, um jedoch umgehend von einer Regionalausgabe des „Westdeutschen Beobachters“ ersetzt zu werden.

Nachfolger

Mit der erzwungenen Einstellung des „Montjoie’r Volksblattes“ im Juni 1941 besaß der Landkreis Monschau keine eigene Zeitung mehr. Bis Kriegsende erschien lediglich eine Regionalausgabe des NS-Parteiorgans „Westdeutscher Beobachter“. Nach dem II. Weltkrieg wurde die Region durch Regionalausgaben Aachener Zeitungen bedient.

Literatur und Quellen

  • Andres, Wolfgang: Das Zeitungswesen der Stadt Monschau im 19. Jahrhundert. Magisterarbeit der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Bonn 1991 (MS).
  • ders.: In Treue zu König und Vaterland - Stadt- und Landbote von 1848 – 1870, in: Das Monschauer Land. Jahrbuch 1998, S. 64-67.
  • ders.: Konkurrenzkampf im Kulturkampf - Stadt- und Landbote ./. Montjoie'r Volksblatt, in: Das Monschauer Land. Jahrbuch 1999, S. 59-64.
  • Pauls, August: Die Gründung des Montjoie'r „Stadt- und Landboten“ im Jahre 1848 und sein erster Herausgeber, in: Der Eremit am Hohen Venn, Jg. 5, 1929/30, S. 81-88.
  • ders.: Die Montjoier Zeitung »Stadt- und Landbote« in den Revolutionsjahren 1848/49, eine Jahrhunderterinnerung, in: Der Eremit am Hohen Venn, Jg. 20, 1948, S. 33-37.
  • Weiß, Peter Josef (Red.): Zwischen Blei und Bytes. Die Geschichte der Druckerfamilie Weiss, Monschau 2000.

Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Landratsamt Monschau

  • BR 0036, Nr. 417 Aufsicht über die Presse [1826-1890]
  • BR 0036, Nr. 418 Aufsicht über die Presse [1891-1915]
  • BR 0036, Nr. 419 Aufsicht über die Presse [1915-1926]
  • BR 1011, Nr. 284 Presseüberwachung; Amtliches Kreisblatt; Montjoier Volksblatt und Stadt- und Landbote Monschau [1927-1935]