Allgemeiner Anzeiger für Wald, Merscheid, Ohligs, Gräfrath, Solingen und Haan.
Expedition zur Annahme von Inseraten und Abonnements in Wald, Tüllgensthalerstraße 12 und bei Juul. HXIII in Haan.
I, Erscheint, Dienstags, Domner Nro. 92. Preis pro Quartal in der Expedition 1 M. 25 Pfg. durch ** 1 die Post und Boten bezogen 1 M. 50 Pfg.
Wald. Dienstag den 8. August 1882.
Die Insertions=Gebühren für eine 18 Gac
=gespaltene Borgiszeile oder deren Raum betragen 15 Pfg. 15. Reclamen 30 Pfg.
Wochenrundschan.
Noch nicht ganz zwar ist die Stille der Hundstage geschwunden, aber es macht sich doch schon wieder ein regeres politisches Leben bemerkbar, daß von Woche zu Woche voraussichtlich, je mehr wir uns dem Teimin der Landtagswahlen nähern, einen größeren Umfang annehmen wird. Die Wahlagitation, von der man bisher kaum reden konnte, hat jetzt definitiv ihren Anfang genommen und der bekannte Abg. Professor Hänel ist diesmal derjenige gewesen, welcher die Bewegung eröffnete. Zu Neumünster in Schleswig=Holstein legte er vor seinen Wählern sein Programm dar, das sich kurz in die Worte zusammenfassen läßt: Einigung aller Liberalen, von den Fortschrittlern bis hinüber zu den Nationalliberalen, für die Wahlveriode nicht nur, sondern auch für fernere Zeiten. Diese Programmrede hat eine wahre Fluth von Zeitungsartikeln in den Organen der verschiedenen Parieien hervorgerufen, die je nach ihren Parteiprinzipien dazu Stellung nehmen. Von den conservativen Blättern wird behauptet, daß in Hänels Worten das Bekenntniß liege, eine parlamentarische(liberale) Regierung zu wollen; die natio
nalliberalen Organe erkennen die persönliche Offerte des Fortschrittsführers an, glauben aber nicht so recht an die Möglichkeit der Ausführung der Hänel'schen Gedanken, und— schließlich wird in der That auch wohl ziemlich Alles so bleiben, wie es ist. Der Hänel'schen Rede ist eine große Bedeutung nicht abzusprechen, die, daß sie ein Ende machen will mit der kleinlichen Parteizersplitterung, die schon so viel geschadet, und eine feste, einige Partei erstrebt. So wäre die unruhige Zei der Wahlvorbereitungen wieder eingeleitet, und nicht allzu lange wird es mehr dauern, bis vor diesem Thema alles Andere von der politischen Bühne verschwinden wird.
Ganz still für den Augenblick ist es wieder einmal von der Auflösung der Berliner Stadtverord= neten=Vrsammlung geworden; freilich aufgeschoben, soll nicht aufgehoben sein, aber wie es scheint, dürfte die Maßregel doch nicht allzubald erfolgen, denn Kaiser Wilhelms Bestätigung steht noch immer aus. Die Rückkehr des greisen Monarchen und seiner Gemahlin nach der Residenz des deutschen Reiches, resp. dessen nächster Umgebung, nach Babelsberg, dürfte schon in der ersten Hälfte dieses Monats erfolgen; die rauhe regnerische Witterung, welche so manchem Landwirth immensen Schaden bereitete, hat wahrscheinlich den Vadeaufenthalt der hohen Herrschaften abgckürzt. Dagegen setzen der Kronprinz und seine Gemahlin ihre tyroler und italienische Reise weiter fort, ebenso befindet sich die Prinzessin Wilhelm noch in Norderney, während ihr Gemahl bereits wieder nach Berlin zurückkehrte. Recht günstige Nachrichten verlauteten aus Kassel über das Befinden des Prinzen Karl, dessen Uebersiedelung nach Schloß Wilhelmshöhe!
und event. später nach Berlin in verhältnißmäßig kurzer Zeit wird erfolgen können.
Aus dem Auslande ist in dieser Woche verhältnißmäßig weniger zu berichten, als in der vorigen, denn die egyptische Angelegenheit bietet an und für sich kein einziges bedeutendes Moment dar. In Egypten selbst stehen Engländer und Araber einander gegenüber, ohne sich bisher gemessen zu haben; beide Theile scheinen sich noch verstärken zu wollen, und bisher sind die Engländer die schwächere Partei. Arabi, der vom Khedive auf Verlangen der Engländer zum Rebellen erklärt ist, hat diesen durch eine eiligst zusammenberufene Nationalversammlung absetzen lassen. Wirkung hat übrigens Tewfik's Proklama= tion gar nicht gehabt, denn die Eingeborenen wissen recht wohl, wer der eigentliche Autor des Schriftstücks war. Während am Nil so die Truppen Gewehr bei Fuß dastehen, tagt in Konstantinopel die Konferenz fort und fort und bringt nichts zu Stande. Der Sultan hatte bekanntlich nicht gerade zu Englands großer Freude sich bereit erklärt, Truppen nach Egypten zu senden, um die Ordnung wieder herzustellen, dagegen sollte England dann seine Truppen zurückziehen. Natürlich hat Gladstone dazu nicht die geringste Lust und verlangt im Gegentheil vom Sultan, er solle Arabi ebenfalls für einen Rebellen erklären und seine Soldaten unter das Commando des englischen Generals stellen. Diese Forderung will nun aber der Sultan seinerseits nicht erfüllen, und so herrscht auch hier ein Stillstand.
Die Angelegenheit hat aber doch ein bemerkenswerthes Opfer gefordert, nämlich das Cabinet Freycinet. Freycinet, der vornherein jeder thatsächlichen Einmischung in die egyptischen Verhältnisse abgeneigt war, hatte sich später bekanntlich zur Beobachtung einer bewaffneten Neutralität entschlossen, welche durch Entsendung eines Observationskorps nach dem Suezcanal repräsentirt werden sollte. Während die Kammer die erste Forderung in dieser Beziehung ohne Anstand genehmigte, verweigerte sie die zweite, und Freycinet reichte in
keine Schwierigkeiten. England steht jetzt im Orient ganz allein, es muß außerdem einen Konflikt mit der Pforte befürchten und hat daher alle Ursache Truppen und Schiffe bereit zu halten. Dagegen ist in der irischen Frage ein großer Streit ausgebrochen. Das Oberhaus hat die Beschlüsse des Unterhauses in dem Pachtrückstandsgesetz abgeändert, trotzdem die Regierung heftig widersprach. Augenblicklich finden noch Verhandlungen zur Lösung der Schwierigkeiten statt.
Folge dessen sein Demissionsgesuch ein. Die Ministerkrise schwebt noch, denn es wird Grevy schwer fallen, einen geeigneten Nachfolger zu finden, um so mehr, da im Moment keine Partei vorhanden ist, welche die Majorität in der Kammer besitzt. Gegen Freycinet stimmten aus Grundsatz die Klerikalen, ferner die Republikaner, welche von einer Intervention nichts wissen wollen, weil sie fürchten, daß schließlich sich doch ernste Folgen dabei herausstellen könnten, und die Gambettisten, denen wieder Freycinets Vorlage nicht weit genug ging. Keine von diesen Parteien hat aber die Majorität, und so wird Grevy sich genöthigt sehen, vorläufig ein reines Geschäftsministerium zu bilden, das keineu ausgesprochenen Charakter trägt.
Gladstone ist in England besser daran, was die Creditvorlage für Egypten anbelangt. Die Engländer sind ganz begeistert für ihre Mission, und das Parlament macht, was auch sehr gescheiht ist,
Politische Tagesschau.
Deutschland
Berlin, 6. August 1882.
Der Kaiser wird, wie der„Nordd. Allg. Ztg.“ aus Gastein gemeldet wird, nachdem derselbe seine Badecur beendet hat, am 8. ds. Mts. Nachmittags Gastein mit seinem Gefolge verlassen, um seine Rückreise über Salzburg und Ischl nach Berlin, bez. nach Schloß Babelsberg bei Potsdam anzutreten. In Salzburg trifft der Kaiser am 8. August gegen Abend ein und nimmt dort das erste Nachtquartier. Am Vormittage des nächsten Tages soll dann die Reise bis nach Ischl fortgesetzt werden, und die Ankunft erfolgt voraussichtlich Mittags 12 Uhr. In Ischl gedenkt der Kaiser bis zum 11. August zu verbleiben und hierauf ohne weitere Unterbrechung die Rückfahrt mittelst Extrazuges bis Potsdam fortzusetzen. Soweit bis jetzt bekannt, dürfte die Ankunft in Potsdam 11. August Vormittags gegen 9 Uhr stattfinden. Wie schon früher gemeldet, verbleibt dann der Kaiser in Potsdam, wo derselbe mit der Kaiserin und Königin für die nächste Zeit auf Schloß Babelsberg residiren wird. Die Kaiserin gedenkt, wie verlautet, Homburg vor der Höhe am 9. August zu verlassen, und wird voraussichtlich auch noch an demfelben Tage auf Schloß Babelsberg eintreffen.
* Professor Hänel, der bekannte Führer der Fortschrittspartei, hat, wie schon vor einigen Tagen mitgetheilt, in Neumünster in Holstein eine Wahlrede gehalten, deren bemerkenswerthestes Moment eine überaus versöhnliche Einladung an die Nationalliberalen ist, zur Einigung der liberalen Partei beizutragen. Diese Rede ist vielfach kommentirt Die nationalliberalen Blätter, obenan die„Kölnische", betrachten diese Worte als einen Angriff auf Eugen Richter, der bekanntlich auf die Nationalliberalen, als zu wankelmüthig, nicht zum Besten zu sprechen ist; sie acceptiren indeß zum größten Theile diese Einigung für die Wahlen, behalten sich aber nachher ihre freie Meinung vor; die konservativen Organe, an ihrer Spitze die „Prov.=Corr.“, sind der Meinung, daß durch Hänels Absicht, die Bildung einer großen liberalen Partei zu erstreben, kundgethan sei, daß die Liberalen eine parlamentarische, liberale Regierung erzwingen wollten, und suchen hieraus Kapital zu
schlagen. Was kommen wird, weiß allerdings Niemand, jedenfalls steht aber so viel fest, daß die gegenwärtigen Auseinandersetzungen, die nicht immer in besonders höflichem Tone geführt werden, nicht sehr geeignet sind, die Achtung vor den Parteien zu steigern. Wozu nützen überhaupt diese gegenseitigen Herabsetzungen? Trete man doch, wie im vorigen Jahre offen mit der Sprache hervor, sage, was man will und wie man es auszuführen gedenkt, dann wird das Volk wägen und wählen.
* Wie die„National=Ztg.“ meldet, würde die revidirte Subhastations=Ordnung bereits in der nächsten Landtagssession zur Vorlage gelangen. Die Subhastations=Ordnung wurde bekanntlich im Jahre 1869 erlassen und gleich Anfangs mannigfach angegriffen; man hat jedoch einen längeren Zeitraum vergehen lassen, ehe man, gestützt auf die gesammelten Erfahrungen, an eine Neugestaltung gegangen ist.
* Den Behörden ist jetzt zur Beachtung mitgetheilt worden, daß die bisher vierteljährlich geforderten Nachweisungen der wegen ClassensteuerRückstände erfolgten Zwangsvollstreckungen fortan monatlich aufgestellt werden sollen und gleichzeitig Nachweisungen der Mahnungen zur Einführung gelangen. Es wird dabei die größte Sorgfalt und Aufmerksamkeit zur Pflicht gemacht, weil die angeordneten Ermittelungen„nicht nur wichtigen legislatorischen Maßnahmen dienen, sondern auch die Grundlage fortlaufender, Sr. Majestät dem Kaiser und König zu erstattender Immediatberichte bilden sollen“
* Das Reichsgesundheitsamt beabsichtigt, eine fortlaufende öffentliche Berichterstattung für das deutsche Reich über das Auftreten derjenigen gemeingefährlichen Krankheiten herbeizuführen, welche der Anzeigepflicht unterliegen. Dies ist den Einzelregierungen des Reichs durch das Reichsamt des Innern mit dem Zusatze kundgemacht worden, daß, wenn das Gesundheitsamt auch die Schwierigkeiten nicht verkennt, welche dieser Arbeit gegenwärtig entgegenstehen, auch nicht im Zweifel darüber ist, daß eine solche Berichterstattung in der ersten Zeit nur einen geringen Anspruch auf Verwerthbarkeit würde machen können, es doch bei den mehrfachen Anregungen zur Inangriffnahme einer solchen, von einem Mittelpunkte aus geleiteten Berichterstattung auf die rege Mitarbeit aller Aerzte rechnen zu dürfen glaubt. Die weiteren Ausführungen werden in Preußen nun die Bezirksregierungen zu treffen haben.
Oesterreich.
Wien, 4. Aug. Die Besetzung von Suez wird englischerseits mit der Nothwendigkeit des Schutzes des Schifffahrts=Administrationspersonals erklärt.
Gastein, 4. Aug. Der Kaiser machte gestern der hier angekommenen Großherzogin von Weimar einen Besuch. Heute hatte der Kaiser auf der Promenade eine lange Unterhaltung mit dem
Die Kinder des Elends.
Roman aus dem Leben einer großen, deutschen Handelsstadt. Wahren Thatsachen nacherzählt von J. Steinmann.
(Fortsetzung.)
So ging der Winter vorüber, und mit den ersten Frühlingstagen kam die warme, belebende Sonne, um die Erde aus ihrem Winterschlaf zu wecken. Auf den Bergen schmolz der Schnee und die wilden Bergströme schossen brausend thalwärts, als wollten sie alles mit sich fortführen. Die Eisblummen waren von dem Fenster verschwunden und helle, lustige Sonnenstrahlen schauten neugierig herein und tanzten auf den ärmlichen Möbeln.
Und es war, als ob die Sonne auch die Eiskinde geschmolzen hatte, welche Furcht und Angst um Elsbeth's Herz gelegt. Ein Hauch von Röthe kehrte auf ihre bleichen Wangen zurück und in den Augen leuchtete dann und wann etwas auf, was mit Glück und Hoffnung im innigsten Zusammenhang stand.
Von Marie hatte Elsbeth einmal Nachricht empfangen und die verlassene Schwester bildete jetzt einen großen Theil ihrer Besorgnisse. Marie schrieb von ihrem Wohlergehen nichts, nur sprach sich in dem Briefe ein leidenschaftliches Verlangen nach der geliebten Schwester aus und diese hatte sehnlichst gewünscht, sie zu sehen. Sie hatte auch an Marien geschrieben, daß sie im Laufe des Sommers noch einmal zusammentreffen würden; sie schrieb ihr von den verbesserten Hoffnungen und Aussichten und von der Liebe ihres Gatten, der alles Ungemach so freudis ihretwegen ertrage. Der Brief war ein SpieLel von Elsbeth's Gedanken und doch, eins hatte sie verheimlicht. Sie schrieb nichts davon, daß tief im Innern ihres Herzens unaufhörlich der Vorwurf tägte, daß Wilhelm durch sie unglücklich geworden und nun verurtheilt sei, ein Leben voll Entbeh
irungen zu führen, das so wenig seinen einstigen Anforderungen, die er an dasselbe gemacht, entsprach.
Doch nur vorübergehend war es hell in dem kleinen Hause vor dem Thore und in Elsbeth's Herzen geworden, dann verdunkelte sich der Himmel auf's Neue. Herr von Reinegger hatte zwar eingesehen, daß alle seine Einflüsterungen bei Elsbeih kein Gehör fanden, sofern sie Bezug auf Wilhelm hatten, aber er konnte ihnen doch keinen Einhalt thun und quälte die junge Frau unaufhörlich damit, weil ihre Pflicht sie hinderte, dem„Vater schroffen Widerstand entgegen zu setzen. Sie glaubte nun alle Schmähungen des Vaters durch verdoppelte Liebe, dem Gatten gegenüber, gut machen zu müssen und das Band, daß sie und Wilhelm umschloß, wurde ein von Tag zu Tag innigeres, ohne daß sie des Glückes theilhaftig wurden, welches ein so zärtliches Verhältniß zu bedingen schien.
Eines Abends, als Elsbeth und Wilhelm beisamen saßen— Herr von Reinegger machte seinen gewohnten Spaziergang— wurde leise gegen die Thür gepocht. Ein Besuch war etwas so Ungewöhnliches, daß Elsbeth bei dem Geräusch zusammenfuhr und einen ängstigen Blick auf Wilhelm warf. Noch ehe indessen eine Aufforderung zum Eintreten erfolgen konnte, wurde die Thür geöffnet und auf der Schwelle erschien eine zarte, dunkelgekleidete Frauengestalt. Einen Augenblick starrte Elsbeth die Gestalt an, als habe sie einen Geist gesehen, dann schrie sie laut auf:
„Marie! Marie!"
Im nächsten Moment lagen sich beide Schwestern in den Armen. Marie ohnmächtig, Elsbeth zu Tode erschrocken über den Anblick, den ihre Schwester darbot.
„Wilhelm, hilf mir! Sie stirbt in meinen Armen,“ jammerte Elsbeth.„Sieh' nur, was aus ihr geworden ist und— und— sie war die lange Zeit
Wilhelm war herbeigeeilt und trug die leichte
Gestalt auf das Sopha. Elsbeth kniete dann an der Seite der Schwester nieder und bedeckte ihren Mund und ihre abgemagerten Hände mit zärtlichen Küssen, wobei sie Marie unnuterbrochen bei'm Namen rief. Dann wusch sie ihr die Stirn und Schläfen und endlich hatte sie die Freude, daß Marie die Augen aufschlug. Mit einem wirren Blick schaute sie sich um, aber dann fiel ihr Auge auf Elsbeth und ein Lächeln umspielte ihren Mund.
„Nun ist Alles gut, nun will ich gern sterben!" murmelten die blassen Lippen.„Aber ich habe mich so gefürchtet, Elsbeth— in der Einsamkeit— sonst wäre ich gewiß nicht gekommen, um Dein junges Glück zu stören. Ich wollte den Vater zurückhalten, ich habe ihm versprochen, mehr zu arbeiten, aber die Brust schmerzte und
Ein heftiger Hustenanfall unterbrach die Worte der Kranken und hielt so lange an, bis sie erschöpft auf das harte Sopha zurücksiel. Wilhelm und Elsbeth standen rathlos daneben, Letztere unfähig, länger ihre gewaltige Erschütterung zu beherrschen. Sie warf sich mit bitteren Klagen über die geliebte Schwester, während der Erstere in ohnmächtigen Grimme und, mit einer Verwünschung auf den Lippen gegen den herzlosen, egoistischen Vater, zornig die Faust ballte.
„Ich werde Dir nicht lange eine Last sein, Elsbeth,“ sagte Marie wieder,„es kann unmöglich noch viele Tage dauern. Ich fürchtete nur allein zu sterben, so ganz allein und da dachte ich, Du habest mich doch immer so von Herzen lieb gehabt „Sprich nicht vom Sterben, Marie.“ flehte Elsbeth mit thräuenerstickter Stimme.„Du wirst wieder gesund werden und dann—“
Sie warf einen scheuen Blick auf ihren Gatten. „Marie wird bei uns bleiben," vervollständigte dieser rasch.„Suche sie zu beruhigen, bringe sie zu Bett— ich kann hier auf dem Sopha liegen,
Tacd dann doune zst wütr ich dehde int emnitet don. mit Dir zu reden. Der Himmel selbst hat mir einen glücklichen Gedanken eingegeben. Ihr Beide sollt nicht elend zu Grunde gehen.“
Es lag wie eine frohe, feste Ueberzeugung in Wilhelm's Worten, die unendlich beruhigend auf Elsbeth wirkte. Sie führte Marie in die kleine Kammer und öffnete weit das Feuster. Die frische, scharfe Luft schien einen wohlthätigen Einfluß auf Marie auszuüben; sie lag mit offenen Augen und um den Mund spielte ein glückliches Lächeln.
Dennoch war Elsbeth beklommen, der Anblick der Schwester hatte sie erschreckt. Sie war immer nur schwächlich gewesen und hatte gewiß nicht viel arbeiten können, aber die rothen Flecken auf den schmalen blassen Wangen, der kurze, unregelmäßige Athem und die fieberheißen Hände erfüllten Elsbeth mit großer Besorgniß. Endlich war Marie eingeschlafen und geräuschlos verließ die junge Frau das Kämmerchen, um zu Wilhelm zu gehen, der sie bereits mit größter Ungeduld erwartete.
Er durchschritt nachdenklich den engen Raum, die Arme übereinander geschlagen und mit verfinsterter Miene, als Elsbeth eintrat. Als er ihrer ansichtig wurde, glätteten sich die Falten auf seiner Stirn und er nahm ihre beiden Hände in die seinen.
„Elsbeth, es kann so nicht fortgehen,“ sagte er ernst.„Seitdem Dein Vater hier ist, habe ich Alles gethan, Deine kindlichen Gefühle zu schonen, um Dich nicht zu betrüben— nun kann ich es nicht mehr. D in Vater und ich haben nicht unter einem Dache Raum—“
„Wilhelm, Du wolltest ihm die Thür weisen?“ unterbrach Elsbeth den Gatten mit Entsetzen.
„Nenne es, wie Du willst, Elsbeth, aber ich fühle, daß es unser aller Verderben sein würde, wenn er noch länger inmitten unserer Familie bliebe.“
„Er kann nichts verdienen, Wilhelm— er hat ein gearbeitet— was soll aus ihm werden?"