Der Abonnementspreis beträgt in Köln und Deutz vierteljährlich incl. Traggeld 10 Sgr., bei den deutschen Postanstalten 10 Sgr. ohne Bestellgelb. für Stadt und Nand. „Im Kreuz allein ist Heil.“ Die Inseraten=Annahme ist in der Expedition, Marzellenstr. Nr. 20. Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum wird mit 1 Sgr. derechost. M 33. Köln, den 16. August. 1834. Inhalt: Wochen= und Festkalender.— Rundschau.— Die Kirche und der Arbeiter.— St. Helena, die Mutter des ersten christlichen Kaisers, Constantin des Großen.— St. Bernard's Ave(Gedicht).— Die Tochter des Journalisten(Fortsetzung). Inhalt der Beilage:„Im Kreuz allein ist Heil“.— Vermischtes. Wochen= und Fest=Kalender. Sonntag, 16. August. Zwölfter Sonntag nach Pfingsten.— Das Fest der„Aufnahme(assumptio) Maria's“ in den Himmel, gewöhnlich Mariä Himmelfahrt genannt, gründet sich auf die uralte Tradition, daß Maria durch eine besondere Gnade nach ihrem Tode mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden.— Der h. Rochus. Fest Mariä Himmelfahrt in allen Kirchen.— Als Kirchenpatrocinium 1. in St. Maria=Himmelfahrt mit 13=stündigem Gebet und Octave, an jedem Tage der Octave 48 Uhr Segensmesse und 5 Uhr Andacht; 2. in St. Maria in der Kupfergasse mit vollk. Ablaß, 46, 64 und 84 Uhr hh. Messen, 7 Uhr Hochamt, 9 Uhr Auszug der Pfarrprocession, 11 Uhr h. Messe, 3 Uhr Vesper, 5 Uhr Complet. Ferner mit besonderer Feier: 1. im hohen Dom,#10 Uhr feierliches Pontifical=Amt des hochw. Herrn Weihbischofs, 3 Uhr Pontifical=Vesper; 2. in St. Maria im Capitol 13=stündiges Gebet, zugleich fünfter Sonntag zur Verehrung der„Mutter vom guten Rath“, 410 Uhr Hochamt, Abends nach der Andacht Umgang und Tedeum; 3. in St. Maria in Lyskirchen mit 13=stündigem Gebet und vollk. Ablaß, 5 Uhr Andacht mit Predigt; 4. in St. Aposteln als Hauptfest der Bruderschaft zu den hh. Nothhelfern; 5. in der v. Groote'schen Familienkirche als Titularfest der römischen Erzbruderschaft, 5 Uhr Festpredigt. Complet und Litanei; 6. in St. Peter als Fest der Scharfenhöveler Bruderschaft, 4 Uhr Betstunde; 7. in St. Andreas als Fest der HerzMaria Bruderschaft; 8. in der Pfarrkirche zu Deutz von Seiten der Marianischen Bruderschaft, 8 Uhr Hochamt, darauf Procession durch Deutz, 4 Uhr Bruderschaftsandacht.— In St. Johann 43 Uhr Marianische Andacht, in St. Jacob 45 Uhr Complet, Predigt und Litanei, in der Kapelle zum armen Kinde Jesu 6 Uhr Segensandacht.— Fest des h. Rochus: 1. als Titularfest der St. Rochus=Bruderschaft in St. Martin mit 13=stündigem Gebet und vollk. Ablaß, welcher während der ganzen Octave gewonnen werden kann, 5 Uhr erste h. Messe, 8 Uhr Bruderschaftsmesse, 9 Uhr Hochamt, 11 Uhr h. Messe, 3 Vesper, 4 Uhr Betstunde, 5 Uhr Festpredigt, Complet und Tedeum; 2. in St. Gereon; 3. in der Pfarrkirche zu Kalk. Montag, 17. August. Der h. Alypius, eine Zeit lang zu Carthago Schüler Augustin's, ging nach Rom, wo er ein richterliches Amt erhielt; er folgte dann seinem frühern Lehrer nach Mailand, wo beide durch den h. Ambrosius bekehrt wurden; nach Africa zurückgekehrt wurde er im Jahre 393 Bischof seiner Vaterstadt Tagaste, wo er in sehr hohem Alter starb. Fest des h. Rochus als Titularfest der St. Rochus= und Sebastianus=Bruderschaft in St. Peter mit vollk. Ablaß für die Mitglieder, 5 Uhr erste h. Messe, 9 Uhr Hochamt, 10 Uhr letzte h. Messe, 3 Uhr Vesper, 4 Uhr Betstunde, 5 Uhr Complet.— In St. Andreas 46 Uhr h. Messe für die Verstorbenen der RosenkranzBruderschaft. Dinstag, 18. August. Die h. Kaiserin Helena.(Siehe den betreffenden Artikel im heutigen Blatte.)— Der h. Agapitus war fünfzehn Jahre alt, als er auf Befehl des Kaisers Aurelian zu Präneste grausam gegeißelt, dann vier Tage ohne Speise gelassen, darauf an den Füßen über einem Feuer aufgehängt und nach verschiedenen andern Martern den wilden Thieren vorgeworfen wurde; da diese ihn unverletzt ließen, wurde er enthauptet. Fest der h. Helena in St. Gereon mit 13=stündigem Gebete. — In St. Martin 9 Uhr Seelenamt für die Verstorbenen der S Rochus=Bruderschaft. Mittwoch, 19. August. Der h. Ludwig, ein Sohn des Königs Karl II. von Neapel, entsagte allen Ansprüchen an die weltliche Herrschaft und ließ sich zum Priester weihen; zum Bischofe von Tonlouse erannt, legte er zuerst die Gelübde des FranciscanerOrdens ab, ehe er sein Amt antrat, und starb auf der Reise nach Rom, im Begriffe, sein Amt niederzulegen und in ein Kloster einzutreten, im Jahre 1279. Anfang der sechstägigen Kevelaer'schen Andacht zur Verehrung der„Trösterin der Betrübten“ in St. Cunibert; an jedem Tage 5 Uhr Segensmesse(am ersten Tage nach derselben Auszug der Procession nach Kevelaer), 48 und 8 Uhr hh. Messen, 110 Uhr Hochamt, von 12—4 Uhr Betstunden, 45 Uhr Complet, 6 Uhr Predigt, darauf Andacht bis 48 Uhr. Donnerstag, 20. August. Der h. Abt und Kirchenlehrer Bernard, berühmt wegen seiner besondern Verehrung zu Maria, griff durch seine Schriften und durch sein beredtes Wort in alle wichtigen Angelegenheiten seiner Zeit ein; vom Papste Eugen III. beauftragt, einen neuen Kreuzzug zu predigen, kam er auch nach Köln, wo er im damaligen Dome mit feueriger Beredtsamkeit zum Kriege gegen die Türken aufforderte; er starb im Jahre 1153. Freitag, 21. August. Die h. Johanna Franeisca von Chantal.— Die hh. Bonosus und Maximilian waren Hauptleute im Heere des Kaisers Julian des Abtrünnigen und weigerten sich, aus ihren Fahnen das Kreuz und den Namenszug Jesu zu entfernen und wieder zum Heidenthum zurückzukehren; grausam gegeißelt, wurden sie zuletzt enthauptet. Sechster Freitag zur Verehrung der hh. Nothhelfer in St. Aposteln. Samstag, 22. August. Der h. Symphorianus war 20 Jahre alt, als er zu Autun angeklagt wurde, der Göttin Cybele die öffentliche Verehrung verweigert zu haben. Auf dem Wege zur Hinrichtung ermunterte ihn seine Mutter zur Ausdauer mit den Worten:„Mein Sohn, mein Sohn, gedenke des ewigen Lebens, blicke zum Himmel und schaue den, der dort herrscht; man nimmt dir das Leben nicht, nein, man vertauscht es dir mit einem bessern.“ Rundschau. Deutsches Reich. Am 10. August um 5 Uhr Nachmittags traf der deutsche Kaiser aus Gastein wieder in Berlin ein. In dem sogen. Königssalon des Anhalter Bahnhofes nahm er einige kurze Vorträge entgegen und reiste bald nachher nach Babelsberg ab, wo sich zur Zeit auch die Kaiserin befindet.— Auch Fürst Bismarck hat seine Cur beendet und, wie es scheint, mit gutem Erfolge. Derselbe ist ihm auch zu wünschen; denn ruhige Nerven sind gewiß einem Staatsmanne nöthig, von dessen Willen so außerordentlich Vieles abhängt, damit er in Folge augenblicklicher Erregungen bei der Wahl seiner weittragenden Maßnahmen sich nicht überstürze. Namentlich wäre es zu wünschen, daß keine körperliche Mißstimmung ihn daran hinderte, mit Besonnenheit und kaltem Blute die spanischen Angelegenheiten gründlich zu überlegen, die in ein Stadium getreten sind, daß sie gegenwärtig ganz Europa auf's lebhafteste interessiren.— Mit den innern deutschen Angelegenheiten steht es leider nicht zum Besten. Nimmt man eine größere katholische Zeitung zur Hand, so findet man ganze Spalten gefüllt mit Berichten über Verurtheilungen von Geistlichen, Appellationen, Cassationsgesuchen, Ausweisungen, Beschlagnahmen von Kirchenvermögen, Aufforderungen zur Wahl der Geistlichen u. s. w. Allen diesen unerquicklichen Scenen gegenüber ist es ein Trost, daß die Katholiken ihren Gegnern die Worte zurufen können, 274 die der selige v. Mallinckrodt in der Reichstagssitzung vom 25. April gebrauchte:„Die Kirche hat nicht angefangen! Nennen Sie die Thaten, die geschehen sind, sei es vom Papste, sei es von den Bischöfen, sei es von den Angehörigen der Kirche, die den Beginn des Streites andeuten! Nennen Sie die Thaten von Seiten der Centrumspartei!" Trotz aller Maßregeln der Regierung aber wird die Kirche nicht nachgeben, weil sie nicht nachgeben kann.„Die Kirche," so sprach v. Mallinckrodt in derselben Sitzung,„kann nicht, ohne sich selbst principiell vollständig zu vernichten, anerkennen, daß sie schlechterdings in jeder Beziehung dem Staatsgesetze unterworfen sei, laute es, wie es wolle. Das kann die Kirche nicht!“ Gewinnen aber wird die Staatsregierung in diesem Kampfe Nichts.„Die Bischöfe bleiben Bischöfe, wie der Abgeordnete Dr. Westermeyer gegen Schluß der bereits erwähnten Sitzung hervorhob,„wenn sie auch außerhalb des deutschen Reiches leben; die Pfarrer bleiben Pfarrer, wenn sie auch draußen sind, und seien Sie überzeugt, daß die Gemeinden auch treu bleiben werden.. Die Staatsregierung wird nur erbittern, und so wird sie gerade das Gegentheil von dem erzielen, was sie erreichen will.“— Vom Cultusministerium ist jüngst eine Verfügung an sämmtliche Regierungen ergangen, wonach neue Kirchen nur unter ausdrücklicher Genehmigung des Staates gebaut werden dürfen. Diese Anordnung ist deshalb von principieller Wichtigkeit, weil sie mit einer bald 25jährigen Uebung bricht.— Vor einiger Zeit haben ein paar britische Geistliche aus Dublin einen Brief an den Reichskanzler gesandt, in welchem es unter Anderm hieß: Fürst Bismarck habe Frankreich, Roms erstgeborene Tochter, gezüchtigt und den Protestantismus zur großen Continentalmacht erhoben.„Diese von Zeit zu Zeit auftauchenden Versuche," bemerkt hierzu die „Frankfurter Zeitung",„dem kirchlich=politischen Conflicte den Charakter eines Religionsstreites zu geben, können nicht nachdrücklich genug gebrandmarkt werden. Zogen etwa die deutschen Heere vor vier Jahren aus, weil Frankreich katholisch war? Oder haben die katholischen Regimenter der Rheinländer, Westfalen, Schlesier, Polen und Baiern weniger ihr Blut dahingegeben und minder tapfer gekämpft, als die protestantischen Sachsen, Pommern, Preußen, Hannoveraner und Hessen? Es wäre wahrlich nicht der Mühe werth, das gedankenlose Gewäsche einiger hochkirchlichen Pastoren in irgend einem Winkel Schottlands einer Kritik zu würdigen, wenn derlei Waare nicht sofort im lieben Deutschland Absatz fände und sogar von officiösen Organen als politische Weisheit verzapft würde.“ Schweiz. Nachdem die Berner Regierung für die aus dem Jura vertriebenen katholischen Priester in der ganzen Welt ihre „Staatspfarrerstellen" ausgeschrieben, wie man Fleisch= und Brodlieferungen für die Armee und dergleichen ausschreibt, und für die 25 Gemeinden nur 12 Subjecte aufgebracht, die man aus allen fünf Welttheilen zusammengesucht, hat sie auch mit diesen zwölf antikirchlichen Staatsaposteln noch ihre liebe Noth, indem bald hier, bald dort wegen allerlei Unzukömmlichkeiten wieder einer durchbrennt. Die hohe Staatsregierung bedarf fast eben so großer Sorgfalt und Energie, um darüber zu wachen, daß ihre Staatspfarrer nicht eines schönen Morgens verduften, als daß die gewaltsam vertriebenen katholischen Priester zu ihren Pfarrkindern nicht zurückkehren. Aber trotz aller Wachsamkeit gelingt ihr weder das eine noch das andere. Die Erstern laufen davon und die Letztern kommen und gehen wieder. Verlegen ist allein die Regierung.— Das Unerhörte ist geschehen! Der große Rath hat allen republikanischen und demokratischen Erwartungen in's Gesicht geschlagen, wie es wohl in der Schweiz noch nicht erlebt worden. Mit 168 gegen 42 Stimmen hat er die vom jurassischen Volke mit über zwei Drittel Mehrheit durch die letzten Wahlen bei Seite geschobenen radicalen Regierungsstatthalter und Gerichtspräsidenten wieder bestätigt und die Vorschläge des Volkes unberücksichtigt gelassen. Damit hat die saubere Behörde,“ wie das„St. Gall. Volksbl.“ schreibt,„ihren Gewaltthätigkeiten im Jura die Krone aufgesetzt und vor den Augen des eigenen und des gesammten Schweizervolkes den thatsächlichen Beweis geliefert, daß ihr Gewalt über Recht gehe. Ihr oberster Rechtsgrundsatz sitzt eben auch in der =Keule=.— Das schwer gekränkte Volk der Jurassier soll nun obendrein nochmals mit Scorpionen gezüchtigt werden. Die Regierung will in Folge ihrer Mißachtung des Volkswillens durch die eben getroffene Entscheidung des Großen Rathes „sichere"(2) Anzeichen bevorstehender Unruhen im Jura gewittert haben, weshalb sie wieder zwei Bataillone bereit gestellt, um in den Jura abzumarschiren. Die„sichern“ Anzeichen von Unruhen scheinen übrigens nur in dem„guten“ Gewissen der Berner Regierung zu existiren, in Wirklichkeit hat man solche bis jetzt nirgendwo gefunden. Daß es so kommen mußte, war bei der bekannten und so oftmals schon erprobten„Freiheitsliebe“ der Berner Regierung wohl vorauszusehen. Aber man sollte meinen, die Gewalthaber müßten tief erröthen, so oft ihnen das Wort „Freiheit“ nur über die Lippen kommt.— Der Große Rath hat auch mit großer Majorität die Gründung einer„altkatholischen“ Facultät an der Berner Hochschule beschlossen. Damit hat er wohl ein Asyl für die armen Deutschen gegründet, die in ihrem Vaterlande nicht auf den Professorenstuhl gelangen konnten, obwohl sie's so gerne wollten. In der Schweiz hat man nicht ein Mal „altkatholische“, Seelsorger genug, geschweige denn Professoren. Frankreich. Im Schauspielhause zu Versailles ist endlich der Vorhang gefallen. Die Volksvertreter sind alle in ihre Heimath gereist, um dort bis zum 30. November zu ruhen oder auch, wie einige wollen, je im Sinne und Geiste ihrer Parteien zu wühlen. Im Ganzen war's wie ein einziges großes Spectakelstück, welches im Theatersaale zu Versailles spielte, mit vielen Unterabtheilungen. Und der Titel des Stückes heißt:„Viel Lärm um Nichts". Denn was ist die Frucht aller dieser Kämpfe, aller dieser heißen Debatten und dieses Wortgefechtes? Einfach: Nichts. Man hat die Volksvertreter gefragt: Wollt Ihr die definitive Republik? Und die Mehrheit derselben antwortete: Nein. Man hat gefragt: Wollt ihr denn die Monarchie? Und die Antwort lautete abermals: Nein. Zum Glücke hat man die dritte einzig noch mögliche Frage: Wollt ihr das definitive Septennat Mac Mahon's? nicht gestellt, sonst wäre am Ende auch auf diese Frage eine verneinende Autwort gekommen. Mit so traurigen Resultaten schließt eine Session, die hoffnungsreich begonnen hatte. Reich an Kämpfen, aber arm an Schöpfungen, ist sie durch die verschiedensten Parteikrümmungen, durch einige Ministerwechsel hindurch wieder so ziemlich am 19. November 1873 angelangt, nur mit dem Unterschiede, daß jetzt auf allen Seiten großes gegenseitiges Mißtrauen herrscht, und daß nur der Degen Mac Mahon's den französischen Staatswagen aufrecht erhält, sonst würde er wohl bald in den Abgrund des Bürgerkrieges stürzen. Die Ferien werden nun wohl von jeder Partei dazu benutzt werden, um das Volk für sich zu gewinnen, und da wird die Polizei die Hände voll haben, um allenthalben diesen Bewegungen zu folgen und sie in den durch den Belagerungszustand recht engen Schranken des Gesetzes zu halten. Was die Zukunft Frankreich bringen werde, läßt sich zur Stunde weniger voraussehen, denn je. Vortrefflich charakterisirt der „Gaulois“ die gegenwärtigen französichen Zustände in folgender Anekdote: Ein Fremder befindet sich mit zwei Parisern beisammen. „Lassen Sie hören,“ sagt er,„sind Sie unter der Republik? ja oder nein? Ich muß Ihnen nämlich gestehen, daß ich aus der Sache absolut nicht mehr klug werde." Darauf antwortet der Eine: „Mein Gott, wir sind unter der Republik... ohne es zu sein.“ „Halt!“ spricht der andere Pariser,„du willst sagen, wir sind nicht unter der Republik... obwohl wir es sind.“ Tiessinnig entfernt sich der Fremde und legt seine Frage einem dritten Franzosen, einem Normänner, vor. Dieser gibt zur Antwort: „Da muß man unterscheiden. So weit in Betracht kommt, unter der Republik zu sein, sind wir's nicht; so weit aber in Betracht kommt, nicht unter der Republik zu sein, sind wir'!" Da nimmt der Fremde in einem an Wahnsinn grenzenden Zustande Reißaus. Diese Anekdote ist jedenfalls recht gut erdacht, denn die Franzosen scheinen in der That selbst nicht recht zu wissen, was sie sind und was sie wollen. Italien. Die revolutionäre italienische Presse hört nicht auf, dem Vatican allerlei Umtriebe anzudichten, die sich auf die politischen Verhältnisse Frankreichs, Spaniens und auch Deutschlands beziehen sollen. Man lügt sogar, der Papst sehe die Proclamationen des Grafen Chambord durch, und dem Don Carlos schicke er Geld und Mannschaften. Solche albernen Aufstellungen beweisen nur, daß die revolutionäre Presse dem 275 Papstthum einen ungeheuern Einfluß zuerkennt, aber dieser Einfluß macht sich unter ganz andern Bedingungen geltend, als diejenigen sind, von welchen jene Presse träumt. Freilich hat das Papstthum eine außerordentlich große, gesetzmäßige, von Gott selbst gewollte Macht und nicht ohne Grund haben die Fürsten der Erde oft genug gerade des Papstes moralische Unterstützung für die Zwecke ihres Ehrgeizes in Anspruch genommen, freilich sich selbst dabei freie Hand gehalten, den Papst nöthigenfalls zu verlassen, zu verrathen und sogar zu verfolgen. Die Wahrheit ist, daß das Papstthum hoch über allen politischen Parteien steht, daß es sich vor Allem mit seiner göttlichen Mission beschäftigt, die es durch Einmischung in den Kampf der Parteien nicht compromittiren will. Darum läßt es diese Parteien sich bekämpfen, sich vereinigen, sich wieder trennen, ohne jemals zu interveniren, es sei denn, daß es sich um die Vertheidigung der Freiheit der bischöflichen Jurisdiction oder des Cultus oder um das Recht der göttlichen Wahrheit und Gerechtigkeit handele. Sonst läßt das Papstthum sowohl dem Klerus, wie den Gläubigen volle Freiheit der politischen Meinungen und diesen tritt es nur dann entgegen, wenn die Interessen Gottes den Interessen der Politik geopfert werden sollen. Es dürfte gut sein, namentlich angesichts der in den liberalen Zeitungen so stark hervortretenden Neigung, alles, was der Papst und die Kirche thun, für politische Schachzüge auszugeben, an die erwähnten Grundsätze zu erinnern, welche das Verhalten des hl. Stuhles bestimmen. In der Villa Ruffi hatten sich kürzlich die Häupter der Internationale und der Mazzinisten versammelt; die Polizei bekam hiervon Wind, umzingelte das Local, verhaftete nicht weniger als 27 der dort Versammelten und schickte sie in die Gefängnisse von Spoleto. Ueberhaupt geht die Regierung gegen die Internationale an vielen Orten vor und schließt alle ihr verdächtig erscheinenden politischen Vereine. Ob sie dadurch das unter der Asche glimmende Feuer wirklich zu ersticken im Stande sein wird? Es ist kaum glaublich. Alles scheint vielmehr darauf hinzudeuten, daß der Augenblick naht, wo die Demagogie zu ihren Gunsten die Folgerungen aus allen den Lehren und Handlungen zieht, welche seit 15 Jahren die Grundsätze der Ordnung und des Friedens auf der Halbinsel zerstört haben. — Die Totalsumme, welche in den 7 Jahren von 1867 bis 1873 die Wegnahme der Kirchengüter der italienischen Regierung einbrachte, soll sich auf 269,101,488 Lire belaufen. Die officiöse„Italie“ meint, diese Summe sei weit geringer, als man erwartet hatte. Gottes Segen wird auf diesem Gelde gewiß nicht ruhen. Spanien. Während die englischen Minister auf's deutlichste zu verstehen gegeben haben, daß sie sich auf eine Intervention in den spanischen Angelegenheiten durchaus nicht einlassen wollen, ein Standpunkt, dem auch die beim Schlusse des Parlamentes gehaltene Thronrede unverhohlen Ausdruck verlieh, soll sich Rußland und Italien im Verein mit Deutschland bereit erklärt haben, wenn auch nicht direct zu interveniren, so doch die gegenwärtige spanische Republik anzuerkennen. Auffallender Weise scheint Deutschland diesen Schritt allenthalben empfohlen zu haben. So soll der deutsche Botschafter in Paris, Fürst Hohenlohe, dem französischen Minister des Auswärtigen, Herzog von Decazes, angezeigt haben, die deutsche Reichsregierung beabsichtige, die spanische Regierung anzuerkennen. Ebenso soll ein Circularschreiben der deutschen Regierung an die europäischen Cabinete denselben den Gedanken nahe gelegt haben, daß es zeitgemäß sein dürfte, die spanische Republik nunmehr anzuerkennen. Demnach scheint es, als ob die deutsche Regierung fest entschlossen sei, die Sache der Madrider„Regierung" zu der ihrigen zu machen. Es wird sogar gemeldet, Serrano habe dem Fürsten Bismarck die Abtretung Santanos zugesagt, welch Letzterer daraus ein preußisches Gibraltar machen werde. Die Stadt mit der Halbinsel dieses Namens liegt etwa fünf deutsche Meilen nordwestlich von Bilbao. Serrano habe dann für 125,000 seiner Soldaten unter Bürgschaft des Reichskanzlers in Berlin die Ausrüstung bestellt. Man müßte es sehr bedauern, wenn es wahr wäre, daß die deutsche Regierung mit der republikanischen Wirthschaft in Madrid in ein so freundschaftliches Verhältniß getreten wäre. Jedenfalls wird es im eigenen Lande den Sinn für Ordnung und Recht nicht heben, auch die monarchische Idee nicht stärken, wenn man draußen im Auslande einer revolutionären Regierung, welche gegen den rechtmäßigen König ankämpft, die Stange hält. Nach einer Notiz der Pariser „Union“ soll Serrano officiell den Mächten von seiner Absicht Kenntniß gegeben haben, den cantabrischen Meerbusen in Blocadezustand zu versetzen. Auf diese Kundgebung antwortete England mit der Erklärung, daß, wenn die angekündigte Maßregel getroffen werden solle, England sofort die Carlisten als kriegführende Macht anerkennen würde. Demnach hätten wir also auf der einen Seite die Anerkennung der Republikaner, auf der andern Seite die Anerkennung der Carlisten möglicherweise zu erwarten; man sieht, die spanische Frage ist fruchtbar genug, um möglicherweise böse Verwickelungen hervorzubringen. Wenn die liberalen Blätter noch immer fortfahren, mit carlistischen Grausamkeiten ihre Leser zu unterhalten, so geht es ihnen damit wohl gerade so, wie es mit allen den Verbrechen gegangen hat, die man in den Jahren 1828—1834 dem Könige Dom Miquel vorwarf. Indem man die Anklagen, die allen Ernstes gegen ihn erhoben wurden, zusammenzählte, ergab sich, daß er seinen Vater zwei Mal, seine Mutter vier Mal, seine beiden Schwestern sechs Mal ermordet, außerdem einige hundert Meuchelmorde begangen und sich einiger zwanzig Meineide schuldig gemacht haben mußte. Solche Erinnerungen sind für die Beurtheilung der liberalen Zeitungsnachrichten über die angeblichen Mordthaten der Carlisten nicht ohne Werth. Brasilien. Unsern Lesern ist bereits bekannt, daß dem „Culturkampfe", welcher auch in Brasilien wüthet, der Bischof von Olinda bereits zum Opfer gefallen ist. Das gleiche Schicksal hat man in diesen Tagen einem seiner Amtsgenossen, dem Bischof von Para, Don Antonio von Costa, bereitet. Es hatten sich nämlich viele Freimaurer in eine kirchliche Bruderschaft eingedrängt, um hierdurch um so eher die Möglichkeit zu haben, die Verachtung, mit welcher sie selbst die Lehren der Kirche behandelten, auch Andern einzuimpfen. In Folge des auf diese Weise gegebenen Aergernisses sah der Bischof sich genöthigt, diesen Eindringlingen die Kirchengemeinschaft zu versagen, und beauftragte auch zugleich die Bruderschaft, die Freimaurer auszuschließen. Als dieselbe sich aber weigerte, dies zu thun, interdicirte der Bischof ihre Kirche; es durfte also in derselben kein Gottesdienst mehr gehalten werden. Das rief nun einen furchtbaren Lärm hervor; man schrie und zeterte über den Fanatismus der Priester, die Unduldsamkeit der Kirche u. s. w. und wandte sich um Abhülfe an die Centralregierung. Dieselbe war von dem freimaurerischen Plane unterrichtet und rieth den Brüdern, sich an die Krone zu wenden. Das geschah, und die Staatsräthe, meistens Freimaurer, gaben sich alle Mühe, daß die Sache zu Gunsten ihrer Freunde zum Austrag gebracht werde. Der Bischof wurde ersucht, das Interdict aufzuheben; natürlich willfahrte er solcher Zumuthung nicht, und die Folge war seine gewaltsame Verhaftung. Nachdem der Bischof energisch protestirt, und sich darauf eine kurze Zeit in seine Kapelle zurückgezogen, um zu beten, gab er allen Anwesenden den Segen und wurde dann auf dem Schiffe Merrimack nach Rio transportirt. Der Capitain des Schiffes duldete es nicht, daß er als Gefangener behandelt werde und erklärte ihm, daß er sich als freien Mann betrachten könne. Bei der Ankunft des Schiffes zu Rio wurde er von mehrern Senatoren und einer großen Zahl von Notabeln, die den hochwürdigsten Herrn begrüßen wollten, unter stürmischen Hochrufen empfangen. In seinem Gefängnisse nimmt er auch zahlreiche Besuche entgegen, theils von Solchen, die ihren Glauben stärken wollen durch den Anblick dieses lebendigen Beispiels christlicher Selbstverleugnung, theils von Solchen, die sich bei dem Martyr=Bischofe Trost holen in ihren eigenen Leiden. Nach einiger Zeit stellte man dem Bischofe eine Anklageschrift zu, welche er binnen 8 Tagen beantworten sollte und welche die widersprechendsten Anklagen enthielt. Die ganze Antwort des Bischofs lautete:„Nach solchen Anklagen habe ich anders nichts zu thun, als an die göttliche Gerechtigkeit zu appelliren.“ Die Gerichtsverhandlungen waren auf den 1. Juli festgesetzt. Eine zahlreiche Volksmenge hatte sich an diesem Tage eingefunden, um den Martyrer des Glaubens zu sehen, den man vor dem incompetenten Gerichte zu erscheinen gezwun 276 gen hatte. Um ½11 Uhr Morgens wurde der Bischof, welchen der Generalvicar der Diöcese Rio de Janeiro begleitete, in den Saal geführt. Es bedurfte nur eines Blickes auf die Versammelten, um sich zu überzeugen, daß die Sympathieen des Volkes dem Bischofe gehörten, den die sophistische Auslegung eines Gesetzes zum Schuldigen gestempelt hatte. Der Staatsanwalt erhob sich, um die Anklage zu formuliren, aber statt einer Anklage hielt er eine Rede, die sich fast nur auf Citate aus kirchenfeindlichen Schriftstellern im Stile der Soldschreiber des berüchtigten Marquis Pombal beschränkte und die darauf hinauslief, daß die Kirche sich dem Staate unterzuordnen habe. Nach diesem von allerlei Vorurtheilen und verrotteten Gedanken strotzenden Gerede erhielt die Vertheidigung das Wort. Dieselbe mußte ganz aus dem Stegreif sprechen, da der Bischof, weil er die Competenz des Gerichtes nicht anerkannte, keinen Vertheidiger bestellen konnte. Der Senator Zacharias und der Deputirte Ferreira Viaima, zwei renommirte Advocaten, hielten aber gleichwohl Reden, die als Meisterwerke juristischer Wissenschaft bezeichnet werden können. Ersterer wies die Incompetenz des Gerichtes nach und stützte sich dabei auf die Thatsache, daß im vorliegenden Falle kein einziges bestehendes Gesetz anwendbar sei. Hinreißend wurde der Redner, als er in seinem zweistündigen Vortrage auf die Anklage zu sprechen kam, die man gegen den Bischof erhoben,„er wolle die politische Tyrannei der Päpste wieder herstellen". Hierbei wandte sich der Vertheidiger an die Richter mit der Frage, ob sie wohl die Geschichte studirt hätten und, wenn ja, wie sie es dann wagen könnten, die allgemein bekannte Thatsache zu leugnen, daß die Päpfte in den Zeiten der Barbarei die christliche Cultur und Civilisation gerettet hätten. Der Redner schloß mit folgenden Worten:„Der Angeklagte, den Sie da vor sich sehen, ist schon durch das öffentliche Gewissen als völlig unschuldig erklärt“ und sofort erhob sich aus der Mitte der anwesenden Menge ein lauter Beifallssturm; die Bravos erklangen von einem Ende des Saales bis zum andern und übertönten die Stimme des Präsidenten, der sich vergeblich bemühte, die Ruhe wieder herzustellen. Dann folgte endlich der zweite Vertheidiger, Ferreira Viaima. In einer herrlichen Einleitung brandmarkte er den Despotismus jener Könige, die, nicht zufrieden damit, über die Leiber zu herrschen, auch die Seelen beherrschen wollten. Glänzend zeigte er, wie ungerechtfertigt und unbegründet die Klage sei und beschwor schließlich die Richter, daß sie den Vater den Kindern, den Hirten seiner Heerde wiedergeben möchten. Donnernder Beifall lohnte seine Worte, man drängte sich an den Bischof heran, um seinen Ring zu küssen und seinen Segen zu empfangen. Lebhafte Vivatrufe erschollen von allen Seiten und ließen die vereinzelten Stimmen kaum vernehmen, welche:„Nieder mit den Jesuiten!" riefen. Ein wahrer Regen von Blumensträußen bedeckte den Bischof, und der Tumult wurde so groß, daß man die Sitzung einige Zeit aufheben mußte. Diese Ovation war ein öffentlicher Protest gegen das Verfahren, das man dem Bischofe gegenüber eingeschlagen hatte. Uebrigens wußte man schon im voraus, daß den herrlichen Vertheidigungsreden dennoch die Verurtheilung folgen würde. Es enthielt darum nichts Auffallendes, als man folgenden Urtheilsspruch verkündete:„Der Bischof von Para ist zu vier Jahren Zwangsarbeit verurtheilt.“ Als der hochwürdigste Herr den Gerichtssaal verließ, wurden die obigen Ovationen wiederholt, und eine ganze Reihe von Wagen gab dem Bischofe bis an's Gefängniß das Geleite. Die Kirche und der Arbeiter. Kraft und Vernunft sind in der Regel die Attribute des Mannes, wenn er dieselben nur nicht selbst mit eigener Hand zerstört. Unzählige Male jedoch folgt er dem Hange, Beides durch Befriedigung seiner niedrigen Begierden zu ruiniren. Dann aber rächt sich die Natur in bitterer Rache an dem, der frevelnd Hand an sie gelegt, er sinkt hin, und hinterläßt seinen Kindern Sünde und Elend als traurige Erbschaft. Dieser Krebs, der an dem Marke so vieler Völker des Alterthums gefressen hat, er bedroht auch unsere moderne Zeit. Um seinen Verheerungen aber Einhalt zu thun, dazu bedarf es mehr, als schöner Worte und wohlfeiler wissenschaftlicher Entwickelungen. Wer heute auch nur mit oberflächlicher Beobachtung mitten in unsere großen Industrieplätze tritt, kann sich der bittersten Besorgniß und der schwersten Ahnungen nicht erwehren und wird vom tiefsten Mitleid erfüllt für das harte Loos so vieler unserer Arbeiter. Vor den glühenden Hochöfen stehen, in den Kohlenbergwerken und Glashütten wirken, das zehrt in der That am Lebensmark des Mannes, und dieses Loos ist, wer wollte es leugnen, bitterer, als vom Parlaments=Sessel über die Angelegenheiten des Landes plädiren. Und doch sind beide Beschäftigungen nothwendig; sie können auch nicht von derselben Person wahrgenommen werden, und was sich für den Einen schickt, paßt nicht für den Andern. Die Grenze, die das Wirken des Menschengeschlechtes in Geistesarbeit und in Handarbeit scheidet, nicht in Arbeiten und Nichtsthuen, wie heute die aufregende Sprache gewisser Klassen lautet,— ist von der Vorsehung gezogen, und diese Scheidung ist eine gute und weise. Die Sünde aber hat viel Thränen und Kummer in dieses Verhältniß hineingetragen, zumal seit der Zeit, wo man an manchen Orten bestrebt war, den sogenannten Arbeitsmann, ohne seine Menschen= und Christenwürde zu respectiren, in eine todte Maschine umzuwandeln, die von Montag=Morgen bis womöglich in den Sonntag hinein ohne Geisteserholung thätig sein muß. Der Versuch dieser Maschinifirung des Menschen wird uns viel Unheil eintragen. Ein derartiger Verwandlungs=Proceß ist ein eben so unnatürlicher, als wollte man einen lebendigen Baum in einen Steinpfeiler umändern. Auch der Arbeiter hat ein Herz und Gemüth, und das Naturgesetz fordert auch für ihn Erheiterung und Erholung. Er soll die Ausschweifung nicht lieben, und doch muß er Abspannung haben; die eiserne Einförmigkeit wird er auf die Dauer nicht ertragen. Sucht er aber diese Abspannung in geistigen Getränken vom Samstag=Abend bis Montag= oder Dinstag=Morgen, dann durchschwärmt er den Rest seiner Tage in thierischer Aufregung in der Niederung seines Lebens.„Darum merket euch und lasset euch warnen qui judicatis terram-,— die ihr die Erde richtet. Je weniger man den Arbeiter zu einem Menschen, zu einem Christen umwandelt, je mehr man ihn in eine Maschine verwandelt, um so eher wird man ihn in ein reißendes Thier umwandeln, das Alles verschlingt. Die katholische Kirche aber versteht es, aus den Arbeitern Menschen und Christen zu bilden, und darum führt sie dieselben hin vor ihr großes Musterbild, den Heiland Jesus Christus, der sich als Gottessohn frei die Armuth und die Arbeit wählte von Jugend an. Von der Werkstätte zu Nazareth weht er aus, jener wunderbare Hauch, der im Stande ist, die arbeitenden Klassen zu humanisiren, zu civilisiren und zu christianisiren. Wenn der Arbeiter daran denkt, daß selbst des Heilandes göttliche Hände rauh wurden von schwerer Arbeit, dann lernt er seinen Stand ehren und hochachten und vergißt leichter seine Erbitterung gegen die Gesellschaft. Unter der harten Rinde seiner mechanischen Arbeit entdeckt er dann die köstliche Frucht des Gnadenlebens in und mit Christus, ein himmlisches Leben, das mancher Edelmann entbehrt, wenn er den Frieden Christi nicht kostet. Es legt sich seine Aufregung, es mildern sich seine Sitten, je mehr sein Herz erhoben ist zu dem Vater, der ihn liebt. Dann hält er fest sein Endziel im Auge, wo bessere Tage ihn erwarten, und er findet den Weg voll Mühe und Schweiß nicht mehr so dornenvoll. Dann heiligt er den Sonntag=Morgen in der beseligenden Theilnahme am Gottesdienst, und er kennt die Gründe, warum er jene heiligen Stunden nicht nach ausschweifend verbrachter Samstagnacht in Schlaftrunkenheit verbringen darf. So bleibt er, unverwüstet von dem Unglücke, ein frischer und lebendiger Christ, und das ist es, was die Kirche aus dem Arbeiter machen will, wenn man ihr den Weg frei läßt. St. Helena, die Mutter des ersten christlichen Kaisers, Constantin des Großen*). Im Jahre 326 nach der Geburt des Herrn gewahrte man in den ersten Tagen des Mai auf einem kleinen Hügel in der *) Das Fest dieser Heiligen wird künftigen Dinstag in St. Gereon hierselbst mit 13=stündigem Gebete gefeiert. 277 Nähe Jerusalems ein seltsames Schauspiel. Eine zahlreiche Schaar Arbeiter aus der Stadt war nebst einer Abtheilung römischer Legionssoldaten eifrig damit beschäftigt, die seit den Zeiten Adrian's aufgethürmten Ruinen und Schutthaufen wegzuräumen, und ein kleiner Tempel einer heidnischen Göttin, der sich bis dahin auf diesen Trümmern erhob, hatte bereits, von ihren Händen niedergerissen, das Loos so vieler anderer Denkmäler des Götzendienstes getheilt. Mitten unter diesen so eifrig ihrem mühsamen Werke obliegenden Menge stand, hoch aufgerichtet, die Augen zum Himmel gewandt, und in tiefe Andacht versunken, eine Frau, deren Hoheit und Würde einen eigenthümlichen Contrast zu ihrem höchst bescheidenen Gewande bildete; neben ihr stand der ehrwürdige Patriarch von Jerusalem Macarius, welcher die Anstrengungen der wackern Arbeiter mit zufriedenem Blicke verfolgte. Jene bereits im vorgerückten Alter stehende Frau von so majestätischer Haltung, auf deren Antlitz die Schmerzen des Lebens tiefe Furchen eingegraben, ist Helena, des großen Kaisers Constantin Mutter, von ihm jüngst zur Augusta ernannt und immerdar mit zärtlichster Kindesliebe verehrt. Geboren zu Drepane in Bithynien, oder wie Andere, vielleicht mit mehr Grund, behaupten, zu York in Britannien von nicht weiter bekannten Eltern, gewann sie die Liebe des Constantius Chlorus, eines Nachkommen der Kaiser Claudius und Vespasianus, und damaligen Tribunen der römischen Legionen; er nahm sie zur Frau und sie schenkte ihm den großen Constantin. Als er jedoch von Diocletian und Maximianus zugleich mit dem Wütherich Galerius zum Mitregenten des gewaltigen römischen Reiches unter dem Titel eines Cäsar angenommen wurde, glaubte er, in heidnischen Anschauungen befangen, seiner neuen Würde und der Politik die tugendhafte Gattin opfern zu müssen, obschon er sie wirklich liebte; den jungen Constantin bei sich behaltend vermählte er sich mit Theodora, der bisherigen Schwiegertochter des Maximianus. Die tief gekränkte Helena zog sich in die Einsamkeit zurück. Inzwischen entsagten der alternde Diocletian und Maximian, von dem listigen Galerius berückt, dem blutbefleckten Purpur, welcher jetzt den beiden Cäsaren Galerius und Constantius zufiel. Constantin, als Geissel bei Ersterm zurückgehalten, wußte die mißtrauische Vorsicht des Augustus zu täuschen und floh zu seinem Vater nach Britannien. Aber wie groß war sein Schmerz, als er sah, daß er gerade, um den letzten Seufzer des Sterbenden aufzunehmen, gekommen war! Allein die Legionen umdrängten ihn, wollten den Sohn ihres geliebten Feldherrn zum Kaiser ausrufen und sandten sein mit Lorbeeren umkränztes Bild dem Galerius. Bald kam es zwischen diesen Beherrschern der Welt zur Schlacht, und Constantin, der unter dem Schutze des Kreuzes Christi, das ihm wunderbarer Weise in den Lüften erschienen, den Tyrannen Maxentius an der milvischen Brücke unter den Thoren Roms gänzlich geschlagen und darauf den treulosen Licinius im Orient unschädlich gemacht, blieb einziger Herr des unermeßlichen Römerreiches. Aus allen Kräften bemühte er sich nun, die christliche Religion, welcher er seine Siege verdankte, zu schützen, und er, der Nachfolger eines Nero, Domitian und Maximian, wurde der Kirche treuester Anhänger und Sohn. Seinem großen Herzen that es wehe, daß die durch das irdische Leben und Leiden des Erlösers geheiligten Orte unbekannt und der gebührenden Verehrung beraubt blieben, ja sogar von dem heidnischen Aberglauben entweiht wurden. Da bot sich seine mehr als sechszigjährige Mutter Helena, die, seit Kurzem bekehrt, eine eifrige Christin war, an, sich nach dem Morgenlande zu begeben und den heiligen Boden Palästina's von den Ueberresten des Götzendienstes zu säubern, die durch die Fußstapfen des Heilandes geweihten Orte aufzusuchen und mit der gebührenden Ehrfurcht und geziemenden Pracht zu schmücken. Die gottselige Frau, ganz voll des Glaubens und der Liebe, wagt die mühevolle Reise über Land und Meer, trotz ihrer 65 Jahre, und betritt endlich den heiligen Boden. Große Hindernisse aber bereitete ihr die Erbitterung und der Fanatismus der heidnischen Bevölkerung. Auf dem Calvarienberge, der durch Gebäude und Mauerwerk fast unkenntlich entstellt war, hatte man die Ruineu der alten, stolzen Sionsburg aufgethürmt, und um jede Erinnerung an die heiligen Orte zu vernichten und die Gläubigen, die hier zum Gebete zusammen zu kommen pflegten, desto sicherer fern zu halten, hatte man auf dem Gipfel des Hügels der Venus einen Tempel errichtet. Die h. Kaiserin aber ließ sich nicht abschrecken; es gelang ihr durch die Angaben zahlreicher in der alten Geschichte bewanderter Männer, welche sie zu diesem Zwecke zusammen kommen ließ, sichere Anhaltspunkte zu gewinnen. Alsbald begibt sie sich, von dem h. Bischof Macarius unterstützt, an das Werk. Sie befiehlt ihrer zahlreichen Schaar, das schmähliche Götzenbild und den Tempel zu zerstören und veranlaßt die nächst Wohnenden, den heiligen Hügel von den Ruinen und dem Schutt zu reinigen. In Fasten und mit Gebet beschwor sie unterdeß die göttliche Barmherzigkeit, ihr doch die erbetene große Gunst zu gewähren und ihr den Ort des h. Grabes, in welchem unser Erlöser geruht, zu zeigen. Da plötzlich erhebt sich ein lauter Schrei unter der arbeitenden Schaar; alle eilen dem Ort zu, von woher er kam, auch Helena mit dem h. Prälaten, das Kommende bereits ahnend. An der Seitenwand des gesäuberten Hügels hatte man, im Felsen eingehauen, das Grab des Erlösers entdeckt. Helena wirft sich nieder auf die Erde, dankt dem Himmel für die gewährte Gnade, begnügt sich jedoch damit nicht, sondern ordnet neue Nachforschungen an, um die Leidenswerkzeuge des Herrn zu finden, indeß sie selbst ihr Gebet verdoppelt, um vom Herrn die Erfüllung ihrer Herzens=Sehnsucht zu erlangen. Es währte nicht lange, so fand man an der Seite nach Morgen den Boden einer tiefen Grotte, wie eine Cisterne, und einige Legionssoldaten, die hinabgestiegen, fanden dort die ersehnten heiligen Leidenszeichen. Aber ach! die Kreuzesüberschrift ist nicht vorhanden und drei ganz gleiche Kreuze liegen neben und bei den Nägeln in der Höhle; welches wird das Kreuz des Erlösers sein? Die Kaiserin und die Christen mit ihr fürchten, das wahre Kreuz durch Nichtachtung zu verunehren und anstatt dessen das Marterholz des bösen Schächers zu ehren. Helena ist in schmerzlichster Verlegenheit; da tröstet sie Macarius. Er sprach:„Augusta",(dies ist der Titel der Kaiserin)„Gott pflegt seine Gunstbezeigungen nicht halb zu geben. Er, der deine Frömmigkeit belohnen wollte, indem er dich den Gegenstand deines sehnlichsten Verlangens und deiner täglichen Gebete finden ließ, er wird auch das wahre Kreuz unter diesen uns zu erkennen geben. Hier in der Nähe liegt eine kranke Matrone; sie ist von den Aerzten vollständig aufgegeben; man bringe die Kreuze in ihre Nähe, und Gott wird seine Macht offenbaren.“ Helena folgt mit dem schaarenweise nachdrängenden Volke den drei Kreuzen zum Hause der Kranken; das erste und zweite wird hereingebracht, und die Kranke gibt nicht das geringste Zeichen des Bewußtseins; aber kaum bringt man das dritte und berührt sie mit demselben, so hebt sie sich wunderbar geheilt empor und stimmt mit der staunenden Menge ein Loblied zu Ehren der Allmacht und Liebe dessen an, der ihr durch ein so unerwartetes Wunder das bereits verloren gegebene Leben wiedergeschenkt. Helena, vor Freude fast außer sich, trug jetzt mit dem Bischof Macarius das kostbare Kleinod unter dem Andrange der zahlreich herbeiströmenden, jubelnden Christen durch die Porta Liborea in die heilige Stadt. Es war ein herrlicher, schon auf Erden der frommen Kaiserin verliehener Triumph, daß sie das h. Kreuz, diesen hochehrw. Altar, auf welchem das Lamm Gottes für die Sünden der Welt geschlachtet worden, aus seinem dreihundertjährigen dunkeln Grabe hervorzuziehen und der Verehrung des hocherfreuten und staunenden christlichen Erdkreises wiederzuschenken gewürdigt wurde. Helena sandte die Nägel und einen Theil des Kreuzes an ihren Sohn; den größten Theil desselben ließ sie in Silber einfassen und übergab ihn dem Bischof von Jerusalem, daß er für die Nachwelt aufbewahrt würde. Constantin gab gleich nach Empfang jener kostbbren Geschenke Macarius den Auftrag, an der Stelle, wo der Heiland von den Todten auferstanden, eine Kirche zu bauen, die alle übrigen Tempel an Pracht übertreffen sollte. Die Statthalter der Provinzen des Orients erhielten Befehl, alles Kostbare, was erforderlich sein würde, dorthin zu liefern. 278 Der Bischof ging unverzüglich an's Werk, und bald erhob sich unter den Augen der h. Helena, die eben so thätigen als andächtigen Autheil an dem frominen Baue nahm, die herrliche, weltberühmte Kirche des h. Grabes zu Jerusalem. Wie der Calvarienberg und das heil. Grab, war auch die Grotte, in welcher der Erlöser geboren, durch Kaiser Adrian zu einer Stätte des Götzendienstes und der Unzucht entweiht worden; Helena schmückte diese Grotte und verwandelte sie in einen Tempel Jesu Christi; und damit endlich auch die Stätte, welche der Weltheiland zuletzt auf Erden mit seinen heiligen Füßen berührt, für alle Zeiten durch die Verehrung der Christen geschützt bliebe, baute sie auf dem Oelberge, wo der Herr gegen Himmel aufgefahren, einen Tempel. Allein nicht bloß Palästina, wo Christus im Fleische gewandelt, sondern auch das Abendland und gerade unsere engere Heimath verdankt der gottseligen Kaiserin die Gründung von Gotteshäusern, welche, wenn auch nicht in der ursprünglichen Form, noch heute eine Zierde des Rheinlandes sind. Es ist die Basilika vom h. Gereon,„der Tempel zu den goldenen Martyrern", in unserm Köln, es ist ferner die Kirche des h. Cassius und Florentius oder die jetzige Münsterkirche in Bonn, und endlich der Dom des h. Victor zu Tanten am Niederrhein; alle drei sind zu Ehren der h. thebäischen Martyrer an den Orten ihres glorreichen Martertodes erbaut. Bei solch großartigen Bauten steinerner Gottestempel vergaß Helena es nicht, auch geistige Bauten aufzuführen, indem sie, die neunundsiebenzigjährige Matrone und Kaiserin, persönlich die Armen besuchte, ihnen Wohlthaten mancherlei Art erzeigte, auch die Jungfrauen, welche sich dem Dienste Gottes vorzüglich gewidmet hatten, einlud und selbst bediente. Endlich verließ sie das h. Land und reiste zu ihrem Sohne nach Nicomedien. Bald erkrankte sie, ernannte in ihrem letzten Willen den Kaiser und seine drei Söhne zu Erben, gab ihm, wie sie im Leben oftmals und mit Erfolg gethau, manchen heilsamen Rath, betete zu Gott um Gnade für ihn und starb, mit ihren Händen die seinigen haltend, achtzig Jahre alt. Ihre Reliquien befinden sich dermalen in der Abtei Hautvilliers im Erzbisthum Rheims in Frankreich. Groß war von jeher in der alten Kirche die Verehrung der heiligen Helena, und mit vollem Rechte. In ihrer Person sah die Welt zum ersten Male eine Kaiserin vor dem gekreuzigten Gotte auf den Knieen liegen. Erst im vorgerückten Alter zum Glauben bekehrt, war sie ein lebendiges Beispiel der Gnade Gottes und eigener treuester Mitwirkung, ein Muster der Gottseligkeit auf dem Throne; ihre Herrschaft bedeutete die öffentliche Annahme der Kreuzesreligion in den Hütten und Palästen der damaligen Welt; als glorreiche Auffinderin des h. Kreuzes war sie von Gott berufen, die Grundthatsache und Grundlehre der christlichen Religion, die Erlösung am Stamme des Kreuzes durch des Gottmenschen Blut, ihrer Zeit und aller Nachwelt gleichsam lebendig und plastisch vor Augen zu stellen, wie denn die Kirche auch bis auf den heutigen Tag das glorreiche Andenken an dieses Ereigniß alljährlich am Feste der Kreuzersindung erneuert. Auch unter uns lebt St. Helena's Andenken noch fort in ihrem jährlich wiederkehrenden Feste, in den Kirchen, die ihrem Namen geweiht sind, in den Herzen mancher christlicher Frauen, welche sie als Vorbild und Patronin verehren. Läge aber der Gedanke nicht nahe, gerade jetzt, wo die Religion des Kreuzes wieder einen erbitterten Kampf mit einem erneuten Heidenthum zu führen hat, eifriger und gemeinsamer sich an die heil. Auffinderin des Zeichens der Erlösung, die große erste christliche und heilige Kaiserin Helena, zu wenden, zumal in einem Lande und auf einem Boden, die sie besonders geliebt, und welchen sie durch die Reliquien der h. Martyrer und die sie umschließenden erhabenen Tempel seit mehr als anderhalb Jahrtausend eine solche Segensquelle eröffnet hat? St. Bernard's Ave. Wohin ihn immer trug der Lebenspfad, So ost St. Bernard in ein Kirchlein trat, Ging von den Honiglippen ihm durch's Haus Sein Lieblingsgruß Ave Maria aus. Mit diesem Gruß stand er vom Lager auf, Er rief ihn freud'voll in des Tags Verlauf, Schier wußt' er nichts, was ihm noch höher galt, Als dieser beiden Worte Siegsgewalt. Maria, die den Gruß so oft gehört, Hat durch ein Wunder eines Tags bewährt, Daß Bernard's Ave, das sie gern vernahm, Zu ihren Ohren in den Himmel kam. Denn als der Heil'ge einst in der Abtei Von Afflighem schritt zum Altar herbei, Ave Maria sprechend, schallt's im Nu Salve Bernarde, aus dem Bild ihm zu. Der Gegengruß, der wie ein Engelsang Vor allem Volke durch die Kirche klang, Blieb Bürgschaft ihm, daß kindliches Gebet Empor zu Gott und seiner Mutter geht. Maria's Antwort scholl sein Leben lang Ihm in die Seele auf dem Pilgergang, Bis er durch Gott verklärt, im Todesach Als letzten Gruß Ave Maria sprach. Dr. J. B. Roussean. Die Tochter des Journalisten. (Fortsetzung.) Es ist unglaublich, wie viel eine Seele vermag, welche die göttlichen Dinge betrachtet. Wenn man in der Stille die Tiefen der Seele durchforscht und auf die Stimme Gottes lauscht, die sich dort vernehmen läßt, so findet man mehr Wahrheiten, als wenn man alle Bücher der Philosophen und der Gelehrten liest. „Ein Augenblick der Sammlung und der Liebe in der Gegenwart Gottes,“ sagt so schön Fénélon,„läßt uns besser die Wahrheit sehen und hören, als alles Gerede der Menschen.“ Das junge Mädchen machte jeden Tag neue Entdeckungen auf dieser Bahn des Lichtes. Sie schritt vorwärts, gewissermaßen geistig geblendet durch alle diese Strahlen, mehr aber noch erfüllt von Tröstungen und durchzittert von Freude. Vielleicht mag ein träger Geist diese Gefühle für übertrieben halten. Aber man vergegenwärtige sich den Zustand des armen Mädchens. Alles war neu und unerhört für sie. Wir sind an die Wahrheiten und die Wohlthaten des Christenthums gewöhnt, und dadurch wird unsere Begeisterung und unsere Bewunderung allzuleicht abgestumpft. Wer wüßte das nicht? Man gewöhnt sich ja an Alles. Eine herrliche Landschaft drängt uns zu lauten Ausrufen des Staunens, während sie den Bewohner derselben kalt läßt. Auf dem moralischen Gebiete ist dies noch viel mehr der Fall. Und auf eine Seele wie die Lucretia's, die bis dahin von einer übernatürlichen Ordnung keine Ahnung hatte, mußten die lichtvolle Sprache der„Nachfolge Christi", ihre sanften und ansprechenden Ausdrücke, ihr erhabener Schwung, und zu gleicher Zeit ihre weisen und unmittelbar das praktische Leben berührenden Anwendungen, diese Unterredungen der Seele mit Jesus Christus, ihrem innerlichen Meister, diese Wonne, dieser Friede, diese Heiterkeit, diese Selbstvergessenheit, diese Liebe, womit das Büchlein seine Leser so wunderlieblich erfüllt, all das mußte auf ihre Seele einen unwiderstehlichen Einfluß ausüben. Das Mädchen gelangte zur Wahrheit durch die Liebe. Sie liebte den göttlichen Meister, sie liebte sein Werk, die christliche Religion, ehe sie dieselbe durch das Studium kennen gelernt hatte. Lucretia hatte jetzt ihr achtzehntes Jahr erreicht. Schon seit langer Zeit hatte sie ihr Leben mit ihrem innern Denken in Uebereinstimmung gebracht. Sie war ein vollkommen sauftes, bescheidenes, hingebendes Mädchen von höchster Auszeichnung. Moyrant bewunderte seine Tochter ebenso sehr, wie er sie liebte. Er mußte wider Willen dem Glanze ihrer Tugend huldigen; aber er fühlte auch, ohne sich darüber Rechenschaft geben zu können, daß er sich in einem tiefem Widerspruch mit ihr befand. Lucretia hatte seit jenem Tage, wo die unerquickliche Scene stattfand, dafür Sorge getragen, daß zwischen ihr und ihrem Vater nie mehr auf Religion und Priester die Rede kam. Wenn ein Mal der Journalist, seinen gewohnten Gesinnungen folgend, dieses Gebiet betrat, dann folgte ihm seine Tochter dahin nicht nach. Sie begnügte sich dann mit einem achtungsvollen Still 279 schweigen. Vor und nach gab der Vater seine Angriffe ganz auf. Er konnte sich selbst die Beruhigung nicht erklären, die ihn jedes Mal überkam, wenn er sein Haus betrat, das unter einem so friedlichen und reinen Einflusse stand. Es blieb dies aber auch auf seine schriftstellerische Thätigkeit nicht ohne Wirkung; sie wurde immer weniger heftig, immer weniger gehässig. Er war in das Alter eingetreten, wo man besser abwägt, was man schreibt, und wo auch die größten Zweifler zuweilen anfangen, über ihren Unglauben sich Rechenschaft abzufordern. Eines Tages fand er ein kleines Zettelchen, welches ohne Zweifel Jemand aus Unachtsamkeit im Speisezimmer hatte fallen lassen. Er war allein, er las es. Es war die Schrift seiner Tochter und es enthielt nur die einfachen Worte aus der „Nachfolge Christi“:„Der Meusch thut sich selbst viel mehr Schaden an, wenn er Gott nicht sucht, als ihm alle seine Feinde zufügen können. Diese Worte brachten ihn in Verwirrung; er suchte lange nach der Bedeutung derselben, erwog sie und vertiefte sich in sie, nicht ohne zugleich eine Anwendung auf sich selbst zu machen. Was hatte er denn gewonnen, seitdem er Gott den Krieg erklärt hatte? Welchen Fortschritt hatte er auf dem moralischen und selbst auf dem intellectuellen Gebiete gemacht? Er hatte die Männer seiner Partei zu sehr in der Nähe gesehen, um sie zu achten. Er glaubte kaum noch selbst an die Grundsätze, die er vertheidigte. Er hatte die Empfindung des Leeren: gab es doch in seiner Seele nichts als Vorurtheile und unvernünftigen Groll. Und was die Zukunft anging, dies schreckliche Räthsel des Todes, so wagte er nicht, ihre Abgründe zu erforschen. Das „Nichts“ rief instinctmäßig seinen Widerwillen hervor, und doch war dies die unausweichliche Lösung seines traurigen Systems. Ein anderes Mal fand er ein neues Briefchen von seinem Kinde. Dies Mal enthielt dasselbe einen Grundsatz Fenélon's: „Wenn Gott der Herr mit seinen Gaben sich von der Seele zurückzieht, dann verspürt die Seele einen Zustand der Beklemmung und eine Art von Verzweiflung; man kann sich selbst nicht mehr ertragen, Alles wird zum Ueberdruß, das Herz ist gebrochen und fast erloschen.„O,“ rief er aus,„wie wahr ist das!". Aber seine Gedanken nahmen bald eine andere Richtung. Diese beiden Papierchen hatte seine Tochter offenbar für ihn zurückgelassen.„Meine Tochter,“ sagte er sich,„beschäftigt sich also mit der Religion. Und doch hat sie mir niemals etwas davon gesagt. Sie verläßt nie ohne mich das Haus, sie kann nicht allein in die Kirche gehen...“ Und doch woher mögen ihr diese Ideen kommen?.. Sollte es aber am Ende gar die Religion sein, die sie so gut, so vollkommen, so bewunderungswürdig gemacht hat? Noch ein Mal, sie sieht ja weder Priester noch Klosterfrauen. Das ist ein Geheimniß, welches ich aufklären muß." Da er jedoch eine Erklärung nicht mit Gewalt herbeiführen und auch sein geliebtes Kind nicht betrüben wollte, verlegte er sich darauf, sie zu beobachten. Ein unbedeutender Umstand ließ ihn bald Alles entdecken. Lucretia hatte seit zwei Jahren eine besondere Vorliebe für Blumen. Den frühern Hof des Hauses hatte sie in ein Gärtchen umwandeln lassen, das überreichlich mit gewählten Blumen besetzt war. Allzu glücklich, den Geschmack seiner Tochter befriedigen zu können, machte sich der Journalist oft eine Freude daraus, ihr Blumen zu bringen, die sie dann mit äußerster Sorgfalt pflegte. Lucretia brauchte allerdings viel Geld für ihre Blumen, aber da sie das Bureau des Vaters und den Salon mit Sträußen zierte, war es Moyrant nie in den Gedanken gekommen, zu erfahren, wo sie mit all den Blumen blieb, die er sie pflücken sah. Als er sie eines Tages wieder bei dieser Beschäftigung fand, fragte er zufällig und ohne selbst weiter etwas dabei zu denken: „Dies schöne Bouquet ist also auch noch für mich, meine Liebe?“ „Nein, Vater,“ erwiderte sie entschlossen. „Für wen denn?“ Lucretia, die weder lügen konnte noch wollte, antwortete:„Für Gott.“ „Wie! für Gott?“ rief der erstaunte Mann aus,„das verstehe ich nicht.“ „Ach Vater,“ sagte das Mädchen nun mit bebender Stimme, „es ist endlich Zeit, daß ich dir mein Herz öffne und dir Alles sage, selbst auf die Gefahr hin, dein Mißfallen zu erregen. Ich liebe Gott und liebe ihn aus tiefster Seele. Ich bete alle Tage zu ihm für dich und für mich. Mein größter Schmerz, ein gewaltiger Schmerz, der mich verzehrt und mein Leben mit Bitterkeit erfüllt, besteht in dem Bewußtsein, daß ich keine Christin bin, daß ich Gott nicht so anbeten und ihm nicht so dienen kann, wie er es verlangt... Ich muß dir gestehen, Vater, seit drei Jahren bin ich christlich, der Seele und dem Herzen nach. Eine meiner Freudinnen hat mir ein Mal auf mein inständiges Bitten ein Buch geliehen, welches bald all mein Vergnügen ausmachte, es war die„Nachfolge Christi". Dieses Buch hat mich Gott kennen und lieben gelehrt. Ich habe dann später das Evangelium gelesen und es zu meiner anhaltenden und liebsten Betrachtung gemacht für Tag und Nacht. O, mein Vater, wenn du wüßtest, welche Erleuchtung und welchen Frieden man in den Worten des göttlichen Meisters findet!... Ich habe auch noch Fenélon gelesen, diesen würdigen Erklärer des göttlichen Wortes, und, wie gesagt, ich fühle mich als Christin... Wie soll ich es dir sagen, mein lieber Vater, daß du es verstehen könntest? Da ich nicht zur Kirche gehen konnte, ohne deinen Befehlen und ohne Zweifel deinem Zorne zu trotzen, und es mir also unmöglich war, den, welchen mein Herz liebt, in seinem Tempel anzubeten, habe ich arme Heidin es nicht für verboten gehalten, ihm in meiner Weise meine Gefühle der Treue an Tag zu legen. Ich ließ meine Gouvernante so oft wie möglich einen Blumenstrauß zur Kirche tragen. Ich trug ihr auf, denselben auf den Altar zu setzen, damit der Duft meiner Blumen gleichsam zum Weihrauch meiner Gebete werde und zur Huldigung meiner Seele für den göttlichen Meister, dem ich mich persönlich nicht nähern durfte. Jetzt weißt du, wohin meine Blumen wandern und mit ihnen meine Seufzer, meine Neigungen, meine zärtlichsten und besten Gedanken...“ Sie wurde immer wärmer, sie sagte Dinge, wie sie nur das Herz in entscheidenden Augenblicken finden kann. Ihre lange zurückgehaltenen Thränen flossen endlich reichlich und vollendeten ihre Geständnisse. (Schluß, folgt.) Unter Mitwirkung mehrerer Geistlichen herausgegeben und verlegt von H. M. Ludwigs, Kaplan in Köln. eine weiße und hell graue woll. de Bettflocken billig zu haben Schartgasse 16, am Griechenm. Bettfedern reinigt in und außer dem ∆ Hause Frau P. Cremer in Nippes Longericherstraße 11. scher Honig wurza haben Severinstr, 144. Schapp=Seide per Loth 44 Sgr. Näh-Seide per Loth 7 Sgr. Maschinen=Seide per Loth 8 Sgr. Seidene Netze, Quasten, Kordel 2c zu Fabrikpreisen. Weißbüttengasse 1. Kost und Logie pro Woche 1 Thlr. 25 Sgr. Antoniterstraße 14. Frische Eier fortwährend zu billigstem Preis zu hoben unter Lugraser 29, Mobelwagen nach allen Richtungen so wie innerhalb der Stadt durch Johann Esser Friesenstraße 10 Köln. Möbelwagen nach allen Richtungen empfiehlt Joh. Koenen, Wahlgasse 7, am Heumarkt. Ein Bäckerlehrling gegen Lohn ges. S und ein braves Mädchen für häusliche Arbeit gr. Griechenmarkt 115. 280 Mit dem heutigen Tage verlegte Fabrik und Wohnung von Herzogpraote 8 uoh„ Wohepsorte 10— gegenüber der Agrippastraße. Durch Vergrößerung meines Fabriklocales bin ich im Stande, jeden Auftrag prompt ausführen zu können und halte mich zur Anfertigung aller gemalter und Stoff= Rouleaux, Schwenkund Aushänge=Fahnen, Kreuzfahnen, Decorationen und aller in dieses Fach einschlagender Artikel bestens empfohlen. Gleichzeitig bringe ich mein reichhaltiges Lager in Wachs- und Ledertuchen in empfehlende Erinnerung. Kölner Rouleaux= und Fahnen=Fabrik Adolph Winkel. Köln, den 15. August 1874. Wollen=, Strumpf= u. Kurzwaaren=Handlung von Wilhelm Wihl, große Budengasse 14, empfiehlt zu billigen festen Preisen: Unterjacken und Unterhosen in Wolle, Baumwolle und Seide, für Herren, Damen und Kinder. Unterröcke, Socken, Frauen= und Kinderstrümpfe, Beinlängen, schuhe und seidene Schälchen von 8 Sgr. an. Besonders mache ich noch aufmerksam auf Leibbinden von gestricktem Gesundheitsflauell und in Waldwolle, sowie auf wollene Mannsjacken von 1 Thlr. an, und auf Strickgarne in belen Dualitckten und Farken. Zur gefälligen Beachtung. Den geehrten Damen empfehle ich meine Kleiderstoffe in Wolle und in Seide, zu reellen aber festen Preisen, mache aufmerksam, daß ich hauptsächlich Stoffe bester Qualität führe. Joseph Lur, gr. Budengasse 21. E „in braves Mädchen vom Lande für alle Hausarbeit ges. Poststr. 48. E ine erfahrene Modistin gesucht Hohestraße 31. „„ KinderEine geübte Näherin für beständige Arbeit im Hause gesucht Taschenmacher 1. (Schlosserlehrling, der gleich be: S gesucht Röhrergasse Ein braver, gesitteter Knabe ges. als Formstecherlehrling bei Wilh. Rauschen, Martinsfeld 20. (Ein Schuhmacherlehrling gesucht. E Kupfergasse 12. Ein ordentl. Knabe zur Erlernung E des Friseur= u. Barbiergeschäftes u. günst. Beding. ges. Severinstr. 131. Hobler und Schlosserlehrlinge, welche # gleich Geld verdienen gesucht, in der Kölner Werkzeug=Maschinenfabrik von Wilh. Quester. Jäckchen, Häubchen, Steckbettchen, Hutchen, schleier 2c. empfehle in größter Auswahl, so wie etwas ganz Neues in Garnituren, En Coeur-Krausen und Kragen in schwarzem Tüll Kp;c. Ball und BrautAnzag werden iunerhalb 24 Stunden elegant und billig angefertigt. Specialität in Pariser Corsetts. Christine Coscham 31 Hohestraße 31 vis--vis dem Casinoplatze. Procession nach Kevelaer. Ertrazug. Die Procession zieht am Mittwoch den 19., Morgens 6 Uhr, aus. Fritag den 21. d. schr ein Extrazug vom Centralbahnhose 7 Uhr 45 Minuten sum Cent Zanahuhofe, In Keuelaer Vereingung verdient 5. Lehrling gesucht, katholisch, für eine Manufactur und Leinen=Handlung en-gros. Selbstgeschriebene Franco=Offerten bes. die Expedition unter B. P. Nr. 9. Lehrling gesucht! Für einen mit tüchtigen Schulkenntnissen versehenen jungen Mann vom Lande ist in einem hiesigen Specereigeschäfte eine Lehrlingsstelle offen. Näheres Breitestraße 102. Vergolderlehrling ges. Blaubach 6. Buchbinderlehrling, der gleich Geld verdient, gesucht. Gottfr. Poppelsdorf, Follerstr. 84. 19. Billete zu 1 Thlr. 14 Sgr. für den Extrazug sind zu haben: Eigelstein 76, Machabäerstraße 33, Severinstraße 117. Echter Weinessig per Liter 3 u. 4 Sgr. Estragon=Essig per Liter 5 Sgr. Weißer Badenser Wein per Liter 10 Sar. Kupfergasse 33. Die Procession um Mariä=Geburt fährt Montag den 7. September c. den 12. Aug# boy. Der Vorstand der Kevelaerischen Bruderschaft. Thlr. auf erste gute Hypothek auf ein Haus gesucht. Die Expedition sagt wo. 3000 in Odanahalischern Nachha#st rtheilt Comödienstr. 53. UInterricht Lt bülfe er 2 Tische und 2 Bettladen zu verkaufen, Tempelstraße 13. Katholischer Volks=Verein. Versammlung Mittwoch den 19. August 1874, Abends 84 Uhr, im Vereinshause Komödienstraße 34. Zu recht zahlreicher Betheiligung ladet ein Der Vorstand. Pensionat und höhere Töchterschule. Berlich 87. Es werden Pensionäre, Halbpensionäre und Externen aufgenommen. Näheres besagt der Prospectus. Das Wintersemester beginnt Mittwoch den 23. September. Josephine von Borell. Katholische höhere Töchterschule von Sibylla Wagener Bachemstraße 4. Das Wintersemester beginnt den 21. September. Von der Reise zurückgekehrt, habe ich meine Praxis wieder aufgenommen. Dr. Saurbier, prakt. Arzt und Specialarzt für Krankheiten der Verdauungsorgane (Mund, Magen, Unterleibsdrüsen: Leber, Milz, Nieren). Sprechst. Morg. 11—124, Nachm. —4 Uhr. Blindgasse 43, I. Etage. Dreschmaschinen zu Göpel und Handbetrieb, neuester Construction, links und rechts arbeitend, werden dauerhaft angefertigt, sowie alle Reparaturen billigst ausgeführt von Wilh. Bliersbach, Deutz Tempelwallstraße 344. Druck von J. Marzei hem in Köln, tstraße 20. Beilage zu No. 33 des Kölner Sonntagsblattes. Sonntag, den 16. August 1874. „Im Kreuz allein ist Diese Worte bilden bekanntlich den Wahlspruch unseres hochwür digsten Herrn Erzbischofs. Waren sie für den theuern Oberhirten eine Quelle des Trostes schon zu der Zeit, wo er noch frei und unbehindert die Verwaltung der ausgedehnten Kölner Erzdiöcese führen konnte, so werden sie ihn jetzt, da er bereits länger als vier volle Monate sich in der Gefangenschaft befindet, um so mehr stützen und aufrecht erhalten müssen. Muß es ja doch für das Herz eines katholischen Bischofs ein überaus bitterer Schmerz sein, an der Wahrnehmung seines erhabenen Berufes, dessen Sorgen sich auf so viele Tausende erstrecken, so viele und so heilige Interessen berühren, behindert zu sein. Mit diesem Schmerze können gewiß auch die bittersten Erfahrungen in der wirklichen Ausübung seines Hirtenamtes nicht in Vergleich gebracht werden. Um so mehr wird sich darum unser schwergeprüfter Oberhirt in seiner gegenwärtigen Lage in den Inhalt seines Wahlspruches versenken; um so mehr Veranlassung aber haben auch wir, den Sinn desselben zu erfassen und immer tiefer in denselben einzudringen. Hierzu aber dürfte es förderlich sein, die herrlichen Gedanken etwas genauer zu erwägen, welche kürzlich der hochw. Bischof von Angers aus Anlaß einer Wallfahrt nach einem Gnadenorte, wo eine Partikel des h. Kreuzes verehrt wird, in seinem Hirtenbriefe entwickelt hat. Wir lassen hier einige der schönsten Stellen aus diesem Hirtenbriefe folgen, als Erläuterung des Wahlspruches unseres hochwürdigsten Herrn Erzbischofs:„Im Kreuz allein ist Heil!" Wie das Kreuz der gedrängte Inhalt der Glaubenslehre ist, so ist es auch ein kurzer Abriß der gesammten Geschichte. Es steht da in Mitte der Jahrhunderte, die es in zwei Zeiten theilt, in die Zeit vor— und nach Christus. Es erhebt sich zwischen den beiden Testamenten als Schlußpunkt der alten und als Anfang einer neuen Welt. Alles läuft in demselben zusammen, Alles geht von ihm aus. Hinter dem Kreuze ist es die in Verfall gerathene Welt, welche stufenweise auf dem Wege zum Calvarienberge und zwar von einem Zeitalter zum andern fortschreitet, von Adam zu Abraham, von Abraham zu Moses, von Moses zu David u. s..; sie wiederholt die Verheißungen, erforscht den Sinn der Weissagungen, bringt unausgesetzt ihre vorbildlichen Opfer dar, bis endlich auf der Höhe eines Hügels von Judäa das Wort erschallt:„Consummatum est!“„Esist vollbracht.“ Vor dem Kreuze da befindet sich die erlöste Welt, die von demselben ausgeht und auf ihrer Reise zur Ewigkeit von Station zu Station das Andenken an das Kreuz, die Erleuchtung des Kreuzes, das Blut und die Kraft des Kreuzes mit sich führt. Werfen wir einen Rückblick auf die verflossenen Jahrhunderte, so sehen wir, daß die ganze Geschichte sich um das Kreuz bewegt hat und noch bewegt, das Kreuz regt sie an und leitet sie. Bei allen Fragen, die die Welt in Aufregung versetzt haben, handelte es sich hauptsächlich um den Sieg oder um die Niederlage des Kreuzes. Nach dreihundertjährigem Kampfe fällt der Götzendienst ihm zu Füßen, um sich nicht wieder zu erheben. Während eines Zeitraumes von mehr als vierhundert Jahren theilten sich die Völker zwischen dem Krenze und dem Halbmonde Mohameds im Zweikampf auf Leben und Tod; das Kreuz war das erste und letzte Wort in der Geschichte des Mittelalters. Auch in den neuesten Zeiten bleibt das Kreuz, was es früher war, das Höchste und Wichtigste in der socialen Welt. Für alle Nationen, die noch in der Finsterniß und im Schatten des Todes sitzen, ist die Hauptfrage die: wird dort das Kreuz als Zeichen der Befreiung aufgepflanzt werden, oder wird es fern bleiben und mit ihm der Fortschritt in der Sittlichkeit und Bildung? Auch in unserm alten Europa, welches sich schon durch seine glorreiche Vergangenheit gegen solche Rückschläge vertheidigen müßte, handelt es sich einzig darum, für oder gegen das Kreuz Partei zu ergreifen. Die Einen bemühen sich, es zu stürzen, während die Andern, die Edelsten des menschlichen Geschlechtes, es mit Glaube, Hoffnung und Liebe begrüßen. Es darf uns nicht wundern, daß das Kreuz diese vorzügliche Stelle in der Geschichte einnimmt: es ist der Lehrstuhl, von welchem herab Christus die Welt unterrichtet hat und noch fortwährend belehrt. In ihm sind mit der Geschichte die Glaubensund Sittenlehre zusammengefaßt. Das Kreuz in der Hand, haben die Apostel unseres Vaterlandes unsere Vorfahren mit ihren Pflichten und Tugenden bekannt gemacht. Am Fuße des Kreuzes, vor dem Bilde des für das Heil der Menschen gestorbenen Gottes haben die Völker kennen gelernt, was sie nicht wußten oder wofür sie kein Verständniß mehr hatten: das Vergessen der Beleidigungen, das Verzeihen der Unbilden, die Unverletzbarkeit des menschlichen Lebens, das Gefühl für Recht und Unrecht, die Achtung vor der Schwäche und dem Unglücke, den Geist des Opfers und all das Große, wovon die christliche Civilisation ausgegangen ist. Gehen wir zurück auf die Quelle unserer sittlichen Ueberlegenheit, so finden wir allda das Kreuz mit seinen erhabenen Lehren und seinen fruchtbaren Einsprechungen. Wenn in unsern modernen Gesellschaften die öffentliche Gewalt sich menschlich, hochherzig und wohlthuend erweist, so kommt dies daher, weil ein h. Ludwig, ein h. Ferdinand, ein h. Heinrich, erleuchtet vom Kreuze, es verstanden haben, daß das Befehlen ein Dienst und das Gehorchen eine Ehre sei. Wenn die alte Selbstsucht der Herrschaft der Nächstenliebe gewichen ist, so hat das darin seinen Grund, daß im Hinblicke auf das Kreuz in den Ordensgenossenschaften eines h. Dominicus, eines h. Franciscus von Assisi, eines h. Vincenz von Paul und so vieler Anderer die Werke der christlichen Aufopferung Wurzel gefaßt, deren wohlthätige Wirkungen wir empfinden. Ein h. Thomas von Aquin und ein h. Bonaventura verdankten ihr ausgedehntes Wissen dem Umstande, daß sie ihren Geist durch Betrachtungen des Kreuzes stärkten. Eine so große Kraft steigt vom Kreuze auf die Menschheit herab, um in ihr diese geistigen und sittlichen Größen zu erwecken. Wie viele Thränen hat nicht während achtzehnhundert Jahren der Anblick dieses heiligen Paniers getrocknet, wie viele Unglückliche mit Ergebung erfüllt? wie viele schwache Seelen hat es aufrecht erhalten dadurch, daß es ihnen, die unter der Last der Trübsale und Bekümmernisse litten und seufzten, Kraft und Muth einflößte? Wenn die Martyrer, um ihrem Glauben treu zu bleiben, die grausamsten Qualen aushielten, sei es auf glühendem Scheiterhaufen oder unter den Zähnen der wilden Thiere, so erinnerten sie sich an das Kreuz, und bei dieser Erinnerung vergaßen sie ihre Leiden, ein Lächeln spielte auf ihren Lippen und ihr Antlitz erstrahlte von seliger Freude. Wenn der Mensch von Jenen, die er mit Wohlthaten überhäuft, nur Undank empfängt, wenn er verleumdet, verrathen, von den Seinigen verleugnet und von Allen verlassen wird, und dann das Kreuz anschaut, so richtet dieser erhebende Anblick seine niedergeschlagene und trostlose Seele wieder auf. Wenn der Tod uns bittere, unvergleichliche Schmerzen bringt, so oft aus der Fremde dem Familienkreise eine verhängnißvolle Nachricht zugeht, wodurch sie in Trauer versenkt wird, so wendet sich die Gattin, die christliche Mutter gegen das Kreuz, und beim Anblicke der Schmerzensmutter, die am Fuße des Kreuzes steht und mit ihrem leidenden Sohne einen zärtlichen Blick wechselt, beim Nachdenken über diese erhabenen Schmerzen findet sie die nöthige Kraft, um die ihrigen zu ertragen. Ueberall, wo sich das Leiden zeigt, sei es in den Wohnungen der Großen oder unter dem Dache des Armen, am Sterbelager oder am Feldbette des Verwundeten, überall stellt sich ihm gegenüber das Kreuz als der große Tröster des menschlichen Geschlechtes. Darum erweist auch das Menschengeschlecht diesem heiligen Zeichen seine Hochachtung und Verehrung, diesem Zeichen, welches der kurze Inhalt und Ausdruck der Glaubenslehre, der Geschichte, der Sittenlehre und Civilisation ist. Hiermit soll nicht gesagt sein, daß das Kreuz nicht im Laufe der Jahrhunderte verschiedenartige Stürme aushalten mußte; aber jeder Kampf ist für dasselbe eine Gelegenheit zum Triumphe 282 geworden. Ein Jeder, der gegen das Kreuz anrennen will, findet in demselben eine göttliche Kraft, die ihn zu Boden schmettert. Schauet, wie es heut zu Tage in Mitten der Welt sich hoch und erhaben emporrichtet. Um dasselbe herum streiten sich die Völker, die Parteien leben in beständiger Fehde, Throne und Reiche stürzen zusammen, Herrscher=Familien vergehen, Revolutionen folgen aufeinander, um das Kreuz herum wechselt Alles, Alles wankt mehr oder weniger und verschwindet früh oder spät. Das Kreuz allein ist keinem Wechsel unterworfen, das Kreuz allein steht aufrecht, ist unsterblich und unbesiegt: stat crux dum volvitur orbis(das Kreuz steht fest, während der Erdkreis wankt). Ist aber das Kreuz wirklich unbeweglich? Nein, wir sagen vielmehr: das Kreuz geht, es schritet voran: vexilla regis prodeunt(des Königs Fahnen dringen vor), es geht mit großen Schritten dem Siege über die ganze Welt entgegen. Vom Oriente aus, wo es sich zum ersten Male auf einem Hügel zeigte, hat es den ganzen Occident durchlaufen und alle Völker, die in der Welt eine Rolle spielen, unter seine Herrschaft gebracht: es ist unter ihnen das Zeichen der Ehre geworden oder die höchste Gewährleistung für Alles, was auf Gehorsam und Achtung ein Recht hat; es erglänzt auf den Zinnen der Tempel, es schmückt die Krone der Könige, die Tiare der Päpste und strahlt auf der Brust der Tapfern. Es ereignet sich hienieden nichts Großes und es kann nichts Großes sich vollziehen, ohne daß das Kreuz daran Antheil hat und Nutzen daraus zieht. Als Christoph Columbus den neuen Welttheil entdeckt hatte, ging das Kreuz mit in ferne Gegenden, nach jenen Inseln, die aus dem Schooße des Meeres hervorzugehen schienen, und America nahm es auf; in unseren Tagen ist es im Begriff, jenen Theil Africa's wiederzuerobern, aus welchem Mohammed es verbannt hatte; es erglänzt wieder auf den Gipfeln des Atlas und an den Ufern des Mittelländischen Meeres. Alles deutet darauf hin, daß es neue Triumphe feiern wird. Glaubet ihr etwa, daß wir für das Kreuz fürchten, weil die Völker sich angetrieben fühlen, auf früher unbekannten Wegen, Dank den Entdeckungen und Erfindungen, in neue Gegenden einzudringen? O nein! Alles dieses ist eine Vorbereitung und Erleichterung für den Triumph des Kreuzes. Durch die Eisenbahnen, welche man baut, um so die Völker einander näher zu bringen, durch die Dampfwagen, welche die Welt durchstürmen, verleihet man Flügel den Sendboten des Kreuzes. Indem man bei der Schifffahrt sich des Dampfes bedient, um die Reisen schneller zurückzulegen, öffnet man dem Kreuze Jesu einen Weg durch die Meere. Man macht es ihm möglich, freier denn je die Reise um die Welt zu machen, und so steht man, ohne es vielleicht zu wissen und zu wollen, im Dienste der Vorsehung bei der Vollendung ihres Werkes, ist ein gefügiges Werkzeug für den Triumph des Kreuzes. Wenn auch das Kreuz heut zu Tage wie zu allen Zeiten Feinde zu besiegen hat, wenn auch der Unglaube zum Schrecken der Völker gegen dasselbe sein wildes Geschrei erhebt, wenn auch die Materialisten sich Mühe geben, es herunterzustürzen von dem Fundamente, das achtzehnhundert Jahre des Glaubens und der Verehrung ihm hingestellt haben, was liegt daran? Das Kreuz, welches die Götzenbilder gestürzt, das Kreuz, welches die Welt civilisirt, veredelt und gerettet hat, das Kreuz, zu dessen Füßen die Menschen Pflicht, Tugend, Nächstenliebe, Hingabe und Opfergeist, Alles gelernt haben, was die Nationen groß und stark, edel macht und läutert, das Kreuz wird über diese Anfälle siegen wie über alle vergangenen. Von dem unerschütterlichen Felsen aus, auf welchen Gott es hingestellt, wird es fort und fort seine beiden Arme über die Welt ausstrecken und mit Liebe seine Gegner und seine Kinder umfassen. Aus tiefstem Herzensgrunde wollen wir diesem heiligen Zeichen der Erlösung unsere Verehrung darbringen. Wir haben das besondere Glück, kostbare Ueberreste von demselben zu besitzen. Einige leichte und frivole Geister werden vielleicht sagen: wozu diese Beweise von Frömmigkeit für ein Stück Holz, welches den Verheerungen der Zeit glücklich entkommen ist? Wäre es nicht besser, daß ihr euere Gefühle im Innern euerer Seele verschlösset, als daß ihr dieselben einem äußern und wahrnehmbaren Zeichen gegenüber bekundet? Gebet ihnen hierauf folgende Antwort: habet ihr niemals von jenem ehrwürdigen, geheiligten Gegenstande reden gehört, von der Fahne des Vaterlandes? Beim bloßen Erscheinen dieses Zeichens entblößen sich die Häupter, es senken sich die Degen, man rührt die Trommel, auf allen Gesichtern spiegelt sich die innere Gemüthsbewegung ab. Gelten etwa einem Stücke Tuch diese Ehren= und Ehrfurchtsbezeugungen? Gewiß nicht. Warum denn alle diese äußern und öffentlichen Kundgebungen? Darum, weil in diesem einzigen Zeichen das Vaterland mit all seiner Größe und Ehre sich darstellt. Geschichte, Herrschaft, Siege, gemeinsame Leiden, alles das lebt von neuem auf, alles das verkörpert sich in der nationalen Fahne, und darum begrüßen, verehren und lieben wir dieselbe: sie führt uns das vor Augen, was bei Allen auf Hochachtung und Liebe einen gerechten Anspruch macht. Nun wohlan! das Kreuz ist die Fahne Christi, die Fahne des allgemeinen Vaterlandes der Christen, es ist das Zeichen des Königthumes des Sohnes Gottes: Regnavit a ligno Deus(vom Holze aus hat Gott geherrscht). Indem wir vor dem Kreuze unsere Kniee beugen, beten wir Christus an, Christus, den Unsterblichen, den König der Ewigkeit, Christus, den Sieger über Welt und Hölle, Christus, der gestern war, heute ist und sein wird zu allen Zeiten. Ja, das Königthum Christi bekennen wir am Fuße des Kreuzes, die königliche Würde, die es behauptet nicht nur über die Einzelnen, sondern auch über die Nationen. Flehen wir zu Gott um die vollständige Wiederherstellung des Reiches Christi in den Sitten, Gesetzen und Einrichtungen. Denn das ist unsere innerste Ueberzeugung, daß das Kreuz Jesu Christi bleibt, was es achtzehnhundert Jahre gewesen ist, nämlich: die Lösung jeder Frage; das Kreuz allein hat Mittel gegen alle Uebel, es verleiht Ergebung in allen Schmerzen, es erleuchtet in allen Schwierigkeiten dieses Lebens, es söhnt die gesellschaftlichen Stände aus, es ist das lebendige Bild des Opfers, und das Opfer ist das Wesentliche des menschlichen Lebens. Vermischtes. Klagen eines Amerikaners über die europäischen Eisenbahnen.„Die europäischen Züge fahren viel langsamer als die unserigen und bleiben auch an Bequemlichkeit und Eleganz weit hinter den letztern zurück. In den europäischen Wagen findet man kein Trenkwasser; auch gibt's dort keine Oefen, um sich bei kalter Witterung oder während den kühlen Nachtstunden zu erwärmen. Ist es kalt, dann wird höchstens ein Fußwärmer, gefüllt mit Wasser, welches nicht immer warm ist, eingeschoben, aber nur in die Coupés erster und zweiter Classe. Einen bequem eingerichteten Schlafwagen, in dem man ordentlich schläft, erfrischt und gestärkt erwacht, die Stiefel geputzt findet, wenn man aufsteht, und an einem marmornen Waschtische seine Toilette machen kann, kennt man in Europa gar nicht. Ebenso wenig hat man dort eine Ahnung von einem comfortablen Hotel=Wagen, in welchen man aus dem Schlafwagen in den Pantoffeln hinüberschlüpft, um sein Beefsteak mit gebratenen Kartoffeln zu sich zu nehmen. In Folge der fehlenden Einrichtungen für den persönlichen Comfort auf der Bahn, sieht sich der britische Reisende genöthigt, ein halbes Coupé mit Reisedecken, Flaschen und Proviant anzufüllen zu seiner eigenen Unbequemlichkeit sowohl, wie zu der seiner Mitreisenden. Die merkwürdigen Bestimmungen der europäischen Bahnen über den Gepäck=Transport nöthigen den Reisenden, große lederne Koffer bei sich zu führen, die mehr als fünf Mal so groß sind, als ein gewöhnliches americanisches Reisesäckchen. Da diese als„Handgepäck“ betrachtet werden, so darf der Reisende dieselben mit sich in's Coupé nehmen. Da steigt z. B. eine alte Dame ein, sie ist um geben von einer Masse Päckchen, Flaschen, Regenschirmen, Putzschachteln und vielerlei andern Sachen, die in große Zeitungen eingepackt sind. Wie freundlich strahlt euch ihr Auge entgegen, wenn ihr euch in eine Ecke des Coupé's so enge als möglich zusammendrückt, eingepfercht zwischen allerlei Köfferchen und Schachteln und Packete. Aber wehe dem, der zufällig eins ihrer Packete von seiner Stelle rückt. Den Blick der Medusa möchte ich wohl aushalten, aber den ihrigen nicht. Denkt euch eine lange Reihe von Straßen=Omnibussen, mit Fenstern und Thüren an jeder Seite, hinter einer Maschine an einander gekettet, und ihr habt einen europäischen Eisenbahnzug. Die Hälfte der Passagiere wendet ihren Rücken der Maschine zurück. Die Wagen der ersten Classe sind mit Tuch oder Plüsch ausgepolstert, wie gewöhnliche Droschken Kutschen. Die Bänke sind in zwei Doppel=Sitze getheilt, im Ganzen acht Sitze in jedem Coupé. Das Coupé ist von einer kleinen und gewöhnlich dunkeln und rauchenden Oellampe beleuchtet, die in der Decke angebracht ist. In den Wagen zweiter Classe sind die Sitze nicht getheilt. Fünf Personen sollen auf jeder Bank„bequem" Platz finden. Der Unterschied im Comfort der ersten und zweiten Classe entspricht dem Unterschiede im Fahrgelde bei weitem nicht. Dieses ist ungefähr ein Drittel höher für die Billete erster Classe. Zehn oder zwölf Personen mit einer entsprechenden Anzahl von Packeten, Körben, Flaschen, Regenschirmen und Koffern füllen so ein Coupé ziemlich vollständig aus. Der europäische Reisende macht für eine Lustreise von 60 Meilen ebenso viele Vorbereitungen wie ein Amerikaner für eine Reise von New=York nach San=Francisco. In Amerika ist so ein Eisenbahnzug eine ganz heitere=Institution=, während auf der anderen Seite des Oceans das Reisen eine ganz ernste Geschichte zu sein scheint.“ So weit unser Amerikaner, der übrigens besser zu Hause bliebe, wenn er hier nichts anderes zu thun weiß, als europäische Einrichtungen zu bemäkeln.