Der Abonnementspreis beträgt in Köln und Deutz vierteljährlich incl. Traggeld 10 Sgr., bei den deutschen Postanstalten 10 Sgr. aige Bestellgest. für Stadt und Land. Die Inseraten=Annahme is in der Expedition, Marzellenstr. Nr. 20. Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum wird mit 1 Sgr. derechnet. Do II. Kom, den 19. Nicz. Inhalt: Wochen= und Festkalender.— Rundschan.— Die Staatsgewalt. II.— Ein Besuch bei der Stigmatisirten von Bois'Haine.(Schluß.) — Vermischtes. Von Köln nach Buenos=Ayres. Wochen= und Sonntag, 15. März. Vierter Fastensonntag(Lätare).— Der h. Longinus, wie nach der Legende jener Hauptmann hieß, der beim Tode des Heilandes an seine Brust schlug und seinen Glauben bekannte, legte kurz darauf seine Stelle nieder und zog sich in seine Vaterstadt Cäsarea zurück, wo er den Auferstandenen predigte; auf Veranlassung des Pilatus wurde er dort mit zwei andern Zeugen des Todes und der Verherrlichung Jesu, die bei ihm lebten, enthauptet. Titularfest der Bruderschaft Maria vom Frieden in St. Maria in der Schnurgasse mit 13stündigem Gebete und vollk. Ablaß.— Erneuerungsfest der Bruderschaft vom h. Herzen Jesu in St. Maria in der Kupfergasse mit vollk. Ablaß.— In St. Cäcilia Seitens der Männer=Sodalität 64 Uhr gemeinsch. h. Communion und Nachm. 2 Uhr feierliche Aufnahme neuer Mitglieder. Montag, 16. März. Der h. Heribert, Graf von Rothenburg a. d. Tauber, empfing im Jahre 999 von Papst Sylvester II. das erzbischöfliche Pallium und kam am Ende des Jahres nach Köln, wo er am 31. Januar 1000 die bischöfliche Weihe erhielt; im Jahre 1002 stand er zu Paterno am Sterbebette des Kaisers Otto III., der ihn zu seinem Kanzler erhoben hatte, und führte dessen Leiche in die Gruft nach Aachen über; mit Kaiser Heinrich dem Heiligen zog er nach Italien und vertheidigte ihn zu Pavia gegen die Bürger, die in der Nacht unversehens den Palast stürmten, mit eigner Lebensgefahr; er starb zu Köln im Jahre 1021 und liegt in der von ihm gebauten Abteikirche zu Deutz begraben. Fest des h. Heribert in St. Aposteln, 9 Uhr Hochamt, 11 Uhr h. Messe, 5 Uhr Complet.— Schluß der Neun=Montagen=Andacht zur Verehrung des h. Benedictus in der Pfarrkirche zu Deutz, Abends 6 Uhr Predigt.(Das Fest des h. Heribert wird dort am kommenden Sonntage begangen). Dinstag, 17. März. Die h. Aebtissin Gertrud.— Heute begeht die Kirche auch das Gedächtniß jenes Mannes, der dem Heilaude ein ehrenvolles Begräbniß bereitete, Josephs von Arimathäg, der nach der Legende zu Jerusalem bei der Verfolgung, von welcher die Apostelgeschichte im 8. Capitel berichtet, für den Heiland sein Blut vergoß. Fest der h. Gertrud in St. Aposteln, 9 Uhr Hochamt, 5 Uhr Complet. Mittwoch, 18. März. Der h. Cyrillus wurde im Jahre 350 Patriarch von Jerusalem; unter seiner Regierung vereitelte Gott wunderbar die Versuche des abtrünnigen Kaisers Julian, den Tempel zu Jerusalem wieder aufzubauen; er starb, nachdem er mehrmals von seinem Sitze vertrieben worden und unermüdlich gegen die Arianer gekämpft hatte, im Jahre 386. Schluß der Neun=Mittwochen= Andacht zur Verehrung des h. Joseph in St. Maria in der Kupfergasse, 6 Uhr Schlußandacht mit Predigt, in St. Maria in der Schnurgasse, 5 Uhr Schlußandacht mit Predigt, und bei den Franciscanerinnen in der Streitzeuggasse 5 Uhr Schlußandacht mit Predigt. Donnerstag, 19. März. Der h. Joseph, der Nährvater Jesu, dessen Verehrung unter den Gläubigen zu verbreiten viele Heilige sich angelegen sein ließen, wird schon seit langer Zeit als zweiter Schutzpatron der kölnischen Erzdiöcese verehrt; unser glorreich regierender h. Vater hat ihn unter freudigster Zustimmung der ganzen katholischen Welt mit dem Titel eines Schutzpatrons der Kirche Fest des h. Joseph: 1) in St. Andreas, 9 Uhr Hochamt mit Segen; 2) in der Kupfergasse mit vollk. Ablaß, 46 Uhr erste h. Messe 7 Uhr gemeinschaftliche h. Communion des Vereins christlicher Mütter, 410 Uhr Hochamt, 11 Uhr h. Messe, 3 Betstunde, 5 Uhr Compiet, 6 Uhr Predigt und Tedeum; 3) in der Schnurgasse mit 13stündigem Gebete und vollk. Ablaß; 4) in St. Maria im Capitol, 410 Uhr Hochamt, 5 Uhr Predigt, mit Andacht und Umgang; 5) in St. Martin mit vollk. Ablaß, 5 Uhr St. JosephsMesse, 48 Uhr Segens=Messe, 9 Uhr Hochamt, 11 Uhr h. Messe, 5 Uhr Predigt und Complet; 6) in St. Mauritius, 9 Uhr Hochamt, 3 Uhr Besper, 5 Uhr Predigt und Complet; 7) in St. Peter, 9 Uhr Hochamt; 8) bei den Carmeliterinnen, 6 Uhr h. Messe, 410 Uhr Hochamt, 2 Uhr Vesper mit Aussetzung des hochw. Gutes, 5 Uhr Complet, Predigt, Litanei und Segen; 9) bei den Franciscanerinnen in der Streitzeuggasse, 48 Uhr h. Messe, 5 Uhr Andacht mit Predigt; 10) in der Ursulinenkirche mit 13stündigem Gebete und vollk. Ablaß, 6 Uhr Segensmesse, 10 Uhr Hochamt, 3 Uhr Andacht, 4 Uhr Predigt, 51 Uhr Complet; 11) in der Kapelle zum armen Kinde Jesu, 8 Uhr Hochamt, 6 Uhr Andacht mit Predigt; 12) in der Maria=Ablaß= Kapelle 48 Uhr Segensmesse; 13) im Kloster der barmherzigen Schwestern auf der Severinstraße h. Messe um 64 Uhr und 7 Uhr; Nachmittags 5 Uhr Andacht mit Predigt; 14) in der Kapelle zu Melaten, 4 Uhr Segensandacht. Freitag, 20. März. Der h. Joachim, der Gemahl der h. Anna und Vater der sel. Jungfrau, soll nach der Legende schon bald nach der Geburt Maria's, die er lange Jahre ersehnt hatte, im Frieden entschlafen sein. Samstag, 21. März. Der h. Ordensstifter Benedictus. Er stammte aus einer vornehmen Familie in Nursia, zog sich aber bald in die Einsamkeit nach Monte Cassino zurück, wo er im Jahre 543 starb. Er schuf eine Ordensregel, welche ein vollendetes Muster echter Regierungsweisheit ist, und ihre innere, aus dem Geiste des Christenthums geschöpfte Lebenskraft am besten durch ihre Früchte zeigt. Auf ihrem Grunde erwuchs ein großer Orden, welcher der Kirche 28 Päpste, 200 Cardinäle, 1600 Erzbischöfe, 4000 Bischöfe, endlich zahllose Heilige und Gelehrte gab. Fest des h. Benedictus in St. Martin mit vollk. Ablaß, 9 Uhr Hochamt, 5 Uhr Predigt und Complet. Rundschau. Deutsches Reich. Nulla dies sine lineac, lautet ein lateinisches Sprüchwort,„kein Tag ohne Schlag“, und seine Wahrheit erhärtet die neueste Geschichte des neuen deutschen Reiches. Kein Tag vergeht, der nicht bald von hier, bald von dort, im Norden und im Süden, von der einen oder andern„Sperrung", Verurtheilung, Verhaftung katholischer Bischöfe oder Priester uns Kunde brächte. Neuerdings ist die Diöcese Trier ganz besonders als Schauplatz derartiger Vorgänge ausersehen. Die Bezirksgefängnisse beherbergen bereits eine ziemliche Anzahl„gesetzwidrig“, angestellter Geistlichen; dem Gefängnisse zu Koblenz allein sind in den ersten Tagen des laufenden Monats neun zugeführt worden, während der gegenüberliegende Ehrenbreitstein drei Opfer des Lutz'schen Kanzelparagraphen birgt. Am 6. wurde der hochwürdigste Herr Bischof von Trier gleich nach der Dompredigt, der er noch beigewohnt, durch den Landrath von Spangenberg in's dortige Gefängniß abgeführt. Kurz vor 6 Uhr Abends, berichtet die„Koblenzer Vlksztg.“, erschien der Herr Landrath; er ließ sich beim hochwürdigsten Herrn melden und las ihm den Verhaftsbefehl vor. Der Bischof ließ seinen Kaplan kommen und sagte:„Die Stunde der Gewalt ist da, machen wir uns fertig zu gehen.“ Während dessen kamen noch sein Bruder, Regens des von der Regierung aufgelösten, gesperrten und sequestrirten Seminars, Herr General=Vicar de Lorenzi, und viele andere Priester, die eben noch Kunde erhalten. Von diesen Herren umgeben, trat der Bischof in's Zimmer, wo der Landrath saß. Dieser öffnete die Thüre und wollte den Herrn Bischof passiren lassen, aber der hochwürdigste Herr trat vor ihn und mit fester Stimme redete er ihn an:„Herr Landrath, ich protestire noch ein Mal feierlich und entschieden gegen das 86 gegen mich und meine treuen Priester gerichtete Verfahren; ich habe mein Amt von Gott, und darum weiche ich nur der Gewalt.“ Bei diesen Worten nahm der hochwürdigste Herr Bischof sich einen Stuhl und setzte sich vor den Landrath auf denselben nieder. Der Landrath bat nun, er möge aufstehen und mitgehen. Der Bischof erwiderte:„Nur, wenn Sie Hand an mich legen"“. So standen wir da; der Landrath war bei solchem Muthe sich lich verlegen, und faßte ihn endlich bei der Hand.„Gott sei Dank, das ist Gewalt,“ sprach der Bischof zu seiner Umgebung, und zum Landrath sprach er:„Ich bedauere Sie, daß Sie Hand an einen Bischof gelegt haben, stand auf und ging hinunter, wo er von den Seinigen Abschied nahm mit den Worten:„Ruhig, Gott stärkt die Seinen, nur auf ihn vertraut!" Der Landrath wollte durch den Bischofsgarten gehen, wo Niemand den Zug gesehen hätte, aber der hochwürdigste Herr Bischof sprach:„Ich habe die Straße nicht zu fürchten, ich gehe darum keine Seitenwege. Seine Geheimsecretär und Bedienter, der General=Vicar und mehrere Geistlichen und Tausende von Menschen, die auf das Gerücht von der Verhaftung zusammengeströmt waren, gaben ihm##r Geleite. Auf dem Gange nach dem Kerker und auch vor der Schließung desselben ertheilte der hochwürdigste Herr Bischof wiederholt den Segen. Mehrere Herren begleiterzgg. in den Kerker. Der Schmerz Aller war und ist unerenng, zuskein Auge, außer denen der functionirenden Beamten, bliel trocken. Seit den frühern Zerstörungen der Stadt hat Trier keinen solchen Tag mehr gesehen wie den heutigen. Die Erregung läßt sich nicht beschreiben. Alle fühlten und fühlen tief, was dieser Tag zu bedeuten hat, er wird für Trier ganz gewiß unvergeßlich bleiben. So viele Leute auch bei diesem Traueracte zugegen waren, es kam doch keine Ruhestörung vor. Das katholische Volk weiß zu leiden und zu dulden, weil sein Gewissen ihm die Gewißheit des Sieges gibt. Zwei kleine Zellen wurden dem Herrn Bischofe als Aufenthaltsort angewiesen. In dem sehr engen Schlafzimmer befindet sich ein dürftiges Be dem Wohnzimmerchen ein gewöhnlicher Tisch, hölzerne Bank, ein Ofen und eine Kerze. Mehr Möbel hat in Augenzeuge nicht gesehen. Die Wände dieser beiden Räume sind frisch getüncht und riechen noch so stark nach dem Anstrich, daß der Herr General=Vicar sich veranlaßt gesehen hat, dagegen, weil der ohnehin zarten Gesundheit des hohen Gefangenen nachtheilig, Namens desselben zu protestiren. Die Pflege des Herrn Bischofs wird sein Bedienter übernehmen, der bei ihm bleiben will.— Am 9. wurde das Gebäude des Trierer Priesterseminars polizeilich geschlossen und die Professoren ebenfalls polizeilich aus b Befinden Sr. Majsestüit des Kasers sich die vorige Woche eingetretenen Verschlimmerungen wieder zum Session wieder gewählt. Dann beschäftigte das hohe Haus sich mit der Vorlage in Betreff des Impfzwanges, welche die Billigung des Mehrheit des Reichstages fand. Frankreich. Die Untersuchungscommision, welche die Naalversammlung Prüfung der Handtungen der Regierung vom 4. Sept. 1870(Gambetta und Comp.) eingesetzt hatte, ist beta gonz vewatg vu. Aobe, i Bihgesgziche, einer gerichtlichen Person zur Rettung Frankreichs empfiehlt. Wir glauben jedoch, daß die Franzosen nicht auf dem Leim gehen werden; denn Hr. Thiers hat seine Unfähigkeit, eine entschiedene Politik zu treiben, nur zu deutlich bewiesen. Hr. Thiers ist also wieder auf den Kampfplatz getreten, auf demselben stehen ebenfalls die Bonapartisten unter der Leitung des Ex=Vicekaisers Rouher, der das Heil Frankreichs nur in der Rückkehr des Kaiserreiches sieht und aus seiner Ueberzeugung kein Hehl macht. Wird nun das öffentliche Auftreten dieser beiden Parteien die Wirkung haben, endlich die verschiedenen monarchischen Parteien zu entschiedenem Handeln zu einigen, um die Gefahr abzuwenden, welche Frankreich so sehr bedroht? Leider ist nur wenig Hoffnung auf eine derartige Wirkung vorhanden. Allerdings erwartet man in parlamentarischen Kreisen, daß die Mitglieder der äußersten Rechten, die Legitimisten, in Bälde die Frage wegen der Herstellung des Königthums von Gottes Gnaden wieder der Nationalversammlung unterbreiten werden, indem sie die aus allen Theilen des Landes zahlreich eingelaufenen Petitionen um Wiederherstellung des erblichen legitimen Königthums in die Nationalversammlung einbringen. Aber an einem Erfolge dieses Unternehmens müssen wir zweifeln, so lange nicht alle monarchisch gesinnten Männer Herz und Hand mit dem Grafen Chambord als ihrem rechtmäßigen Könige und als dem einzigen Vertreter der Principien einer guten und festen Regierung vereinigen... s6.er rech Italien. Dem Cardinal Tarquim ist sehr kusch ein zweites Mitglied des h. Collegiums, der Cardinal Alexander Barnabö, in die Ewigkeit gefolgt; ein drittes Mitglied, der Cardinal Capalti, liegt besinnungslos und hoffnungslos vom Schlage gerührt darnieder, worin die Römer die Wahrheit ihres Sprüchwortes erhärtet finden, daß die Cardinäle immer zu dreien sterben. Der eben verstorbene Cardinal Barnabö war im Juni mit dem Purpur bekleidet worden. Er war seit jener Zeit General=Präfect der Congregation de propaganda fide(für die Ausbreitung des Glaubens) und außerdem Mitglied verschiedener anderer Congregationen. In seiner hohen verantwortungsvollen Stellung leistete er der Kirche wesentliche Dienste. Tausende der jetzt noch in den entferntesten Ländern lebenden Missionare wurden sozusagen unter seinen Augen gebildet und für sie alle hatte er ein wahrhaft väterliches Herz. Sein Tod bringt daher Trauer und Betrübniß selbst in jene Länder, die die Früchte des Christenthums eben erst zu verkosten angefangen haben. A# sein Nachfolger in der Propaganda wird der Cardinal Bilio genannt. Der h. Vater fährt fort, Tag für Tag Audienzen zu ertheilen; sein Gesundheitezustand ist vortrefflich. Ohne Zweifel ist große Papst, der den Namen„Kreuz vom Kreuze lug, von zahllosen Trübsalen umgeben, und menschliche Kräfte wären gewiß diesem herben Leide schon erlegen, hätte nicht göttliche Kraft und Gnade sie gestützt. In Mitte all' dieser Trübsale hat der Gott der Erbarmung seinem Stellvertreter auf Erden eine unerwartete Tröstung bereitet und einen Tropfen lindernden Balsams in seinen bittern Leidenskelch gemischt. Denn wer konnte es voraussehen, daß unter den verschiedenen Verfolgern der Kirche die Türken die ersten sein würden, die der Kirche wieder die volle Cultusfreiheit zurückstellen würden? Und doch ist dieses Unerwartete geschehen. Wie mit Einem Schlage hat die Vorsehung die Herzen derjenigen gerührt, die drei Jahre lang Hunderttausende katholischer Armenier der Willkür eines Häufleins von kaum tausend Neuschismatikern überliefert hatten. Jetzt hat die hohe Pforte ihr Unrecht eingesehen und den armen katholischen Armeniern wieder Freiheit der Bewegung verstattet. Die italienischen Deputirten sind im Parlamente so schlecht zusammenzuhalten, daß jetzt einer derselben den Antrag auf Gewährung von Diäten gestellt, aber in der Weise, daß die Deputirten 20 Frcs. für jede Sitzung erhalten sollen, an der sie Theil nehmen.— In den Staats=Tabakfabriken in Trastevere haben sämmtliche Arbeiterinnen die Arbeit eingestellt, weil sie sich eine befohlene Aenderung in der Fabrication nicht gefallen lassen wollten. Der ganze Haufe strikender Tabakarbeiterinnen zog das Parlamentsgebäude, wo sich einer der Deputirten ihrer Sache annahm, jedoch ohne Erfolg. Darauf entfernten sich die Tumultuantinnen und nahmen ruhig die Arbeit wieder auf. Spanien. Wenn man die jüngsten wirklich auffallenden Fortschritte der Carlisten überdenkt, dann muß man staunen. Es zeigt 87 sich hier wieder, daß man doch nie an einer Sache verzweifeln soll, mag sie auch noch so verloren scheinen. Denn was konnte bedeutungsloser sein, als die Sache des Don Carlos in den letzten Herrscherjahren der Königin Isabella und noch in den ersten Jahren nach ihrer Vertreibung? Wenn wir uns einnern, wie vor nicht ganz zwei Jahren einige zwanzig Veteranen und Bauern die Fahne Karl's VII. in einem einsamen Thale des Nordens erhoben und wie diese Fahne stets aufrecht gehalten wurde, bis sie heute über 80,000 Mann weht, die zwar ungleich equipirt und disciplinirt, aber doch über vier Fünftel Spaniens verbreitet sind, so muß man zugeben, daß die Geschichte wenig erhabenere Beispiele von Treue, Ausdauer und Kühnheit aufzuweisen hat, als die sind, welche die verschiedenen Stadien des Carlistischen Krieges vom April 1872 bis heute bezeichnen. Noch die letzten Tage des vorigen Monates haben bewiesen, was carlistische Soldaten zu leisten vermögen. Zwei Mal war Moriones nahe daran, von den Carlisten umzingelt zu werden, jedes Mal gelang es ihm, sich durch eine kühne Meerfahrt zu retten, zuletzt zog er sich in Eile nach Miranda im Süden von Guipuzcoa zurück. Hier blieb er unthätig, während seine Armee durch die von allen Seiten herbeiströmenden Verstärkungen fast verdoppelt wurde. Nun faßte er einen allerdings nicht ungeschickten Plan, um das von den Carlisten hart bedrohte Bilbao zu entsetzen. Mit der Eisenbahn ließ er seine Truppen von Miranda nach Logrono schaffen und stellte sich, als wolle er Estella in der Provinz Navarra angreifen. Die Kriegslist gelang. Die Blüthe der carlistischen Armee, einschließlich jener berühmten Navarresischen Bataillone eilte in forcirten Märschen von Bilbao nach Estella, 60 englische Meilen, und erfuhr hier bei ihrer Ankunft, daß Moriones seine Soldaten wieder in Eisenbahnwagen verpackt habe und über Burgos nach Santander gefahren sei, um von dort das theilweise verlassene Bilbao zu erreichen. Was war nun zu thun? Ohne einen Augenblick sich zu bedenken, machten sie Kehrt und zogen in Eilmärschen bei furchtbarem Sturm= und Regenwetter über die schlüpferigen, vielfach mit Eis und Schnee bedeckten Wege innerhalb 36 Stunden nach Bilbao zurück. In drei Tagen waren die armen Soldaten 120 englische Meilen bei solchem Heidenwetter marschirt, und doch würden ihre colossalen Anstrengungen erfolglos gewesen sein, hätte nicht das furchtbar schlechte Wetter die Operationen der mehr verweichlichten Soldaten der Republik verzögert. Während Moriones besseres Wetter abwartete, standen die carlistischen Soldaten schon wieder in den Reihen ihrer Waffenbrüder auf den gefährlichen Höhen von Somorostro, bereit, den Feind zu empfangen, und wie haben sie ihn dort empfangen? Selbst die Regierungsblätter geben die schmähliche Niederlage des Moriones zu. Zwar war die neuliche Nachricht vom Falle Bilbao's verfrüht; und nur die Prahlereien des Präsidenten der Republik, der selbst mit Verstärkungen auf den Kriegsschauplatz eilte, hielten die Belagerten zurück, die Festung den Carlisten auszuliefern, wegen deren Uebergabe sie bereits mit denselben Unterhandlungen angeknüpft hatten. Serrano, der Präsident der Republik, setzt jetzt Alles auf's Spiel; er scheint's auf einen entscheidenden Schlag abgesehen zu haben. Kommt es jetzt bei Bilbao nochmals zur Schlacht und wird Serrano besiegt, dann ist's mit ihm und seiner Republik wohl vollends aus. Aber auch wenn er fiegen sollte, dann ist die carlistische Sache nicht verloren; denn in den Provinzen Valencia, Catalonien und Neu=Castilien haben die Carlisten die Oberhand. Wie wäre es, wenn die Carlisten aus diesen Provinzen auf Madrid zu marschirten, während Serrano mit dem Kerne des republicanischen Heeres die Carlisten von Bilbao zu vertreiben sucht? Die Staatsgewalt. II. Wir haben in unserm ersten Artikel die Lehre von dem Ursprunge der Staatsgewalt auseinander gesetzt und den Satz: es gibt keine Gewalt außer von Gott, erklärt. Bevor wir weitergehen, wollen wir einestheils, um eine Uebersicht über die bisherigen Entwickelungen zu geben und anderntheils zur völligern Klarstellung der Sachlage in Kurzem eine Parallele zwischen der Staatsgewalt und der kirchlichen Gewalt in Rücksicht auf die bisher behandelten Gegenstände entwerfen. Die beiden Gewalten haben ihr Gemeinsames und ihr Verschiedenes. Wir können ihr Verhältniß folgendermaßen darstellen: 1. Beider Ursprung leiten wir von Gott her, aber auf verschiedene Weise; die eine, die weltliche Gewalt, kommt von Gott als dem Urheber der Natur und zu ihrer Anordnung hat Gott der Herr außer der Schöpfung der Natur und ihrer Gesetze weiter nichts gethan; sie beruht auf dem natürlich=göttlichen Rechte.— Die andere hingegen, die kirchliche Gewalt, kommt von Gott nicht nur insofern, als Gott der Herr der Urheber der Natur und ihrer Gesetze ist, welche in jeder Gesellschaft eine leitende Gewalt nothwendig machen, sondern außerdem insofern, als Gott der Begründer der übernatürlichen Ordnung ist— Gott hat sie(die kirchliche Gewalt) auf übernatürliche, außerordentliche und wunderbare Weise eingesetzt. 2. Wie schon gesagt, hat Gott die kirchliche Gewalt durch eine persönliche, übernatürliche Handlung eingesetzt. Er gab ihr überdies eine bestimmte Form, in welcher, bestimmte Grundregeln nach welchen, und bestimmte Grenzen innerhalb welcher sie für alle Zeiten ausgeübt werden muß— in Folge dessen ist ihre ganze Verfassung unwandelbar, wie Gott der Herr selbst, der sie gegeben hat.— Die Form dagegen, in welcher, und die Grundregeln nach welchen die Staatsgewalt ausgeübt werden soll, sind der freien Bestimmung der Menschen anheimgegeben— in Folge dessen ist jede staatliche Verfassung wandelbar und veränderlich wie alles Menschliche. 3. Gott der Herr hat selbst die ersten Organe der kirchlichen Gewalt berufen und zugleich die Grundregel der Nachfolge festgesetzt; Folge davon ist, daß Keiner zur Ausübung dieser Gewalt eine legitime Befugniß hat, der nicht in Uebereinstimmung mit dieser Grundregel seine Sendung erhalten hat.— Kein Träger der weltlichen Gewalt dagegen, kein Fürst*) ist direct durch persönliche Berufung von Seiten Gottes eingesetzt worden; es ist vielmehr Sache der sich constituirenden Gesellschaft, einen Modus der Wahl der Regenten und die Regeln der Nachfolge in der Regierung festzusetzen. Fragen wir nun weiter nach dem Umfange der Staatsgewalt, nach dem Rechte derselben über ihre Unterthanen, so ergibt sich hier Alles ganz naturgemäß aus dem über ihren Ursprung im Vorhergehenden bereits Gesagten. Wir haben nämlich dort gesehen, daß die Staatsgewalt wahrhaft göttlichen Ursprunges ist, weil sie auf Naturnothwendigkeit beruht. In Folge dessen ist ihr rechtmäßiger Träger mit einer wirklichen nicht auf menschlicher Anordnung beruhenden, sondern von Gott verliehenen Gewalt über die Staatsangehörigen ausgerüstet; er ist ihnen gegenüber in seiner Sphäre Gottes Stellvertreter auf Erden, und sie sind in Wahrheit seine Untergebenen. Welchen Umfang hat aber diese Gewalt, dieses Recht des Souverains über seine Unterthanen? Dieses Recht ist vor Allem keineswegs ein unbeschränkes, absolutes. Weil es ein von Gott dem Herrn verliehenes Recht ist, darum ist es zunächst in allweg an Gottes Willen gebunden; es ist gebunden sowohl an das natürlich=göttliche, als an das positiv=göttliche Gesetz. Jede Regierungshandlung, welche eines dieser Gesetze verletzt, ist illegitim, ist für die Gewalt selbst eine schwere Pflichtverletzung und für die Unterthanen ohne alle bindende Kraft. Ueberdies jedoch läßt sich aus dem bisher Entwickelten der Umfang der Staatsgewalt noch genauer bestimmen. Wir sahen oben, daß dieselbe von Gott kommt, weil sie auf Naturnothwendigkeit beruht. Naturnothwendig ist sie aber deshalb, weil zum Bestande der Gesellschaft Einer da sein muß, der die Ordnung aufrecht erhält, der die Gesammtheit leitet, der im Innern bei dem Streben der Einzelnen nach Verfolgung der eigenen Interessen das Gemeinwohl wahrt, und nach Außen hin die Gesammtheit vertritt und vertheidigt, mit einem Worte, sie ist nothwendig zur Erhaltung und Vervollkommnung der Gesellschaft. In der Erreichung dieser Dinge liegt somit der Endzweck der Staatsgewalt, für diesen und für nichts anderes ist sie da, das zu erstreben und zu erreichen, ist ihre Pflicht. Durch diesen ihren Endzweck, ihre Pflicht wird *) Von den Ausnahmen im Alten Bunde glauben wir hier billig Absehen nehmen zu dürfen. 88 Einzelnen als aller berechtigten socialen Vereinigungen den weitesten Spielraum läßt. aber auch der Umfang ihres Rechtes, die Grenze ihrer Macht bestimmt, wie ja alle Rechte, die Gott der Herr dem Menschen über Seinesgleichen verleiht, ganz wesentlich an Pflichten gebunden sind, ja recht eigentlich um der Pflichten willen gegeben sind. Es steht mithin der Staatsgewalt das Recht und die legitime Gewalt zu, alles das zu thun, was zur Erfüllung ihrer Pflicht, die, wir wiederholen es, darin besteht, durch Förderung des Gemeinwohles die Gesellschaft zu erhalten und zu vervollkommnen, nothwendig ist. Alles aber, was über das zur Erreichung dieses Zweckes Nothwendige hinausliegt oder was ihm entgegenstrebt, steht ihr nicht zu, ist illegitim und ungerecht, ist eine Ueberschreitung ihrer Befugnisse, ein Eingriff in die von Gott gewollte Freiheit der Einzelnen. Es ist also keinegswegs Sache der Staatsgewalt, die freie Selstthätigkeit der Individuen anfzuheben, ihre eigene Thätigkeit an die Stelle derselben zu setzen und so gleichsam für Alle zu denken und zu handeln, alles zu leiten, alles zu bestimmen, alles zu regieren. Sie muß vielmehr ihre Staatsangehörigen, so weit dieselben für sich selbst sorgen können und so weit sie nicht in die Rechte Anderer verletzend eingreifen, die freieste Selbstbestimmung nach eigener Wahl genießen lassen, und dies muß sie nicht nur thun dem Einzelnen gegenüber in seiner individuellen isolirten Thätigkeit, sondern dieselbe Freiheit muß sie auch jenen manchfaltigen socialen Vereinigungen gewähren, die der Mensch theils in fester Form vorfindet, wie die Familie, die Gemeinde u. s.., oder in die er zur Erhöhung seiner Thätigkeit bei Erreichung besonderer Zwecke durch freie Wahl eintritt. In allem diesem steht es der Staatsgewalt nur in soweit zu, in die freie Selbstbestimmung ihrer Unterthanen einzugreifen, als es die Erreichung ihres oben bestimmten Endzweckes nothwendig erfordert. Wollen wir nun noch kurz hinzufügen, daß die Staatsgewalt auch gehalten ist, in der Ausübung ihrer Rechte die Grenzen inne zu halten, welche ihr durch die Verfassung gesteckt sind, daß auch jeder Akt, welcher diese Grenzen überschreitet, illegitim ist, so haben wir jetzt in großen, allgemeinen Zügen den Umfang und die Grenze ihrer Rechte dargestellt. Es steht ihr das Recht zu, Alles dasjenige zu bewirken, was zur Erfüllung ihrer Aufgabe, durch Förderung des Gemeinwohles die Gesellschaft zu erhalten und zu vervollkommenen, erforderlich ist.„Dabei ist sie jedoch durchaus an Gottes Willen gebunden, das Naturgesetz und das positiv=göttliche Gesetz bilden die obersten Schranken, die sie niemals überschreiten darf. Illegitim sind auch alle ihre Handlungen, die nicht das Gemeinwohl der Staatsglieder zum Zwecke haben, oder die demselben zuwider sind. Endlich findet die Gewalt auch ihre Grenze an den Bestimmungen der Verfassung, die sie nothwendig beobachten muß, wenn sie rechtmäßig handeln will. Diese Grenzen, welche die Staatsgewalt in allen ihren Handlungen inne halten muß, sind vor Allem auch in der Gesetzgebung, dem vorzüglichsten Mittel, dessen sie sich zur Erreichung ihrer Aufgabe bedient, zu beobachten. Sollen die Gesetze rechtmäßig und für die Unterthanen verpflichtend sein, so müssen auch sie den oben aufgezählten Bedingungen entsprechen; sie müssen das Gemeinwohl zum Zwecke haben, sie dürfen nicht in Widerspruch stehen mit Gottes Gesetzen und müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Auf das Nähere hinsichtlich der Gesetzgebung gehen wir hier nicht ein, da sich später unten, wo von der Pflicht des Gehorsams, der den Unterthanen den Staatsgesetzen gegenüber obliegt, zu handeln ist, die Gelegenheit bieten wird, auf denselben Gegenstand zurückzukommen. Vorab ziehen wir nur noch den Schluß, daß die dargelegte Theorie von dem Umfange und dem Charakter der Staatsgewalt, die sich naturgemäß auf der Lehre von ihrem göttlichen Ursprunge aufbaut, sowohl der Autorität der Staatsregierung als der freien Selbstbestimmung der Unterthanen gerecht wird. Sie wahrt die Rechte der Gewalt, indem sie dieselbe als eine geheiligte, nicht von der Willkür der Menschen, sondern von Gott verliehene darstellt; zugleich belehrt sie dieselbe jedoch auch, daß sie von ihrer Autorität nur einen gerechten Gebrauch machen darf, weil sie für alle ihre Handlungen Gott dem Herrn verantwortlich ist. Sie wahrt nicht minder die Rechte der Unterthanen, indem sie die stärkstmögliche Verurtheilung jeglichen Absolutismus und Despotismus enthält und der freien Selbstbestimmung sowohl der Ein Besuch bei der Stigmatisirten von Bois'Haine. (Bericht eines Augenzeugen). (Schluß.) Es wurde uns in dem Gasthofe zu Failly bestätigt, was wir auch in Manage bereits in Erfahrung gebracht hatten, daß die Familie Lateau, die sich von Nähen ernähre, stets sehr brav und zurückgezogen gelebt habe, daß besonders Louise von Jugend auf ein sehr tugendhaftes Leben geführt, daß sie zur Zeit einer in dortiger Gegend herrschenden Cholera=Epidemie sich um die von der Seuche Ergriffenen, um die Sterbenden und Todten sehr verdient gemacht habe und daß Alle die Ansicht theilten, Louise sei irgend eines Betruges vollständig unfähig. Der Pfarrer von Bois'Haine hatte uns ersucht, gegen zwei Uhr in der Nähe der Wohnung Louisens uns einzufinden, da wir um diese Zeit zugleich mit den übrigen angemeldeten Besuchern Zeugen der Ekstase Louisens sein sollten. Etwas vor 2 Uhr waren wir also an Ort und Stelle. Vor der verschlossenen Thüre des kleinen Häuschens hatten sich bereits verschiedene Herren und Damen versammelt, welche auf den Herrn Pfarrer warteten, der sie einführen sollte. Die ganze Gesellschaft bestand, da der Herr Pfarrer noch vier der Diöcese Gent angehörende geistliche Herren mitbrachte, aus 22 Personen. Nach zwei Uhr traten wir in die Hütte ein. In dem früher bereits beschriebenen größern Zimmer saß eine bejahrte anscheinend kränkliche Frau, Louisens Mutter, welche sich den Eintretenden gegenüber ganz theilnamlos verhielt; an der Nähmaschine war ein Mädchen, wahrscheinlich die eine Schwester Louisens, beschäftigt. Der Herr Pfarrer hatte meinen Freund und mich ersucht, Niemanden von der Gesellschaft in das Zimmer Louisens eintreten zu lassen, bis er selbst kommen und den Einzelnen ihre Plätze anweisen würde. Als alle still und ruhig in's Haus eingetreten waren, führte der Herr Pfarrer die Anwesenden in Louisens kleines Zimmer, placirte mich unmittelbar neben den am Fußende des Bettes befindlichen Stuhl, auf welchem Louise saß, daneben meinen Freund, dann die andern geistlichen Herren, und endlich die übrige Gesellschaft in enggeschlossenem dreifachen Kreise. Auch Louisens zweite Schwester, die den anwesenden Besuchern gegenüber nichts weniger als besonders freundlich war, befand sich im Zimmer und nähte an einer Schürze. Der Tisch, welcher Morgens im Zimmer gestanden hatte, war entfernt. Mit der größten Aufmerksamkeit richteten sich sofort Aller Blicke auf Louise Lateau. Sie trug, wie ich jetzt sehen konnte, eine gewöhnliche graue Jacke und ein schon abgetragenes schwarzes Kleid. Louise war in Ekstase. Damit ich zur Seite des Stuhles, auf dessen Rande sie saß, etwas mehr Platz fände, rückte der Herr Pfarrer den Stuhl ein wenig nach vorn; diese Bewegung machte auf Louise nicht den mindesten Eindruck; es war als wenn eine auf dem Stuhle befestigte Bildsäule bewegt werde. Ruhig und ernst saß die Ekstatische da, das Haupt hatte sie leicht erhoben, die Augen waren weit geöffnet und sahen starr und unbeweglich, wie von einem wunderbaren Vorgange gefesselt, nach rechts hin gen Himmel; die Wangen erschienen leicht geröthet, die Farbe des Gesichtes war bleich. Um ganz genau die außerordentliche Erscheinung beobachten zu können, kniete ich zur Seite des Stuhles unmittelbar neben Louise nieder. Ich beobachtete sie in einer Geistesverfassung, die sich absichtlich gegen religiöse Affecte verhärtete, um mich nicht durch irgend ein freilich sehr nahe liegendes religiöses Motiv an der genauen und skeptischen Betrachtung des vorliegenden Thatbestandes behindern zu lassen. Aber welcher Unterschied zwischen der Erscheinung Louisens, wie ich sie des Morgens gesehen, und ihrem nunmehrigen Zustande! Welche Veränderung! Louise war jetzt in der Ekstase kaum wiederzuerkennen. Es war nicht mehr die gewöhnliche Physiognomie des schlichten einfachen Landmädchens, die sich unsern Blicken darbot, es war vielmehr ein ganz und gar umgebildetes, nicht sinnlich, sondern geistig schönes Antlitz; das ganze Gesicht war wie veredelt; alle Züge desselben erschienen verfeinert, sublimirt, verklärt; Louise war wie eine Statue, aus Marmor gehauen. 89 Wohl wechselte zuweilen der Ausdruck, der auf dem Gesichte sich ausprägte; aber der Grundtypus desselben war ein tiefer Ernst, der den Charakter des Leidens trug und um so ergreifender erschien, als im Verlaufe der Ekstafe dann und wann eine Thräne in dem starren Auge der Ekstatischen sich zeigte. Kaum war es möglich, sich auch nur einen Augenblick abzuwenden von dieser seelenvollen, augenscheinlich durch den verborgenen Gegenstand ihres Schauens bis in die Tiefen ihres Wesens beherrschten Erscheinung, von diesem starren und dennoch so außerordentlich ausdrucksvollen, in der Verklärung des Schmerzes erstrahlenden Antlitz. Die Stirne blutete nicht mehr, sondern war nur an einigen wenigen Stellen noch mit geronnenem Blute bedeckt. Ueber die Hände, welche Louise, die inneren Flächen einander zuwendend, ein wenig ausgestreckt vor sich hielt und welche sich hin und wieder etwas bewegten, lag anfänglich ein leinenes Tuch, welches allenthalben große Blutflecken zeigte. Als das Tuch nach einiger Zeit auf Louisens Schooß herab fiel, konnte ich in meiner knieenden Stellung in unmittelbarer Nähe und ganz genau das Innere und Aeußere der Hände beobachten. Deutlich und klar sah ich innen wie außen die ovalen, nicht kleinen Wunden, aus welchen das Blut oben wie unten reichlich hervorquoll und fadenartig auf das Tuch vor ihr herabfloß. Auf Vorschlag des Herrn Pfarrers beteten wir Priester laut die Vesper des Tagesofficiums. Um mich in der Beobachtung nicht stören zu lassen betete ich dieselbe auswendig. Da bemerkte ich denn ganz deutlich, daß das starre Antlitz sich regelmäßig zu einem außerordentlich lieblichen Lächeln verklärte, so oft am Schlusse der Psalmen das„Gloria patri et filio et spiritui sancto“ gebetet wurde. Die tiefernsten Züge erschienen dann jedesmal wie angehaucht von dem beseligenden Odem wonnevollster Entzückung. Nachdem wir die Vesper gebetet, ertheilte der Herr Pfarrer uns die Erlaubniß, Louise einige Anliegen zu empfehlen. Ein belgischer Priester ließ beten pour Pie IX.(für Pius den Neunten). Bei diesem Worte bemerkte ich ganz deutlich das vorhin erwähnte liebliche Lächeln der Ekstatischen; dasselbe war der Fall, da ich als Meinung des folgenden Gebetes in lateinischer Sprache vorschlug zu beten pro archiepiscopo Coloniensi,(für den Erzbischof von Köln). Einige Priester wollen bemerkt haben, daß Louise stets gelächelt habe, so oft in dem Psalmengebete die Worte misericordia Domini(Barmherzigkeit Gottes) oder ein auf die Barmherzigkeit Gottes bezüglicher Gedanke vorkam. Ich habe wiederholt das Lächeln bemerkt, ohne daß mir eine den vorerwähnten Beweggründen desselben ähnliche Veranlassung bewußt geworden wäre; ich kann daher, da ich dies nicht beachtet habe, meinerseits nicht versichern, daß dieses Lächeln dann jedesmal im Zusammenhange stand mit dem Worte misericordia Domini oder einem ähnlichen Gedanken. Das aber habe ich ganz genau beobachtet, daß, als die ganze Gesellschaft nach beendigter Vesper in französischer Sprache den Rosenkranz betete, sich dieses Lächeln jedesmal und regelmäßig zeigte, so oft in dem Ave Maria der Name Jesus(„gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus") vorkam. Ebenso steht fest, daß, so oft die Hand eines Priesters, die bekanntlich in der Priesterweihe für den Dienst des allerheiligsten Sacramentes besonders geweiht wird, sich dem Angesichte Louisens wenn auch nur in einiger Entfernung näherte, sofort das Lächeln in sehr deutlicher Weise auf Louisens Antlitz hervortrat und so lange andauerte, als der betreffende Priester seine Hand nicht zurückzog. Hierauf wurden wir erst aufmerksam, als mein Freund von einem neben ihm stehenden belgischen Priester genau nach den Stellen gefragt wurde, wo Morgens an der Stirne das Blut ausgeflossen sei, und als derselbe sich dann anschickte, auf diese Stellen hinzuweisen. Kaum hatte er seine Hand Louisen genähert, als sich das verklärte Lächeln in einer der ganzen Gesellschaft höchst auffallenden und dieselbe bis zu Thränen rührenden Weise anhaltend zeigte. La main du prétre!(die Hand des Priesters!) war ein Ausruf, der unwillkürlich von allen Seiten sich vernehmen ließ. Wir Priester machten alle der Reihe nach denselben Versuch, und jedesmal trat die erwähnte Erscheinung in der Art ein, daß es unzweifelhaft erschien, das Nähern der priesterlichen Hand und das Lächeln der Ekstatischen stehe im Verhältnisse von Ursache und Wirkung. Um die Gegenprobe zu haben, ersuchten wir eine in der Nähe stehende Dame, ihre Hand ebenfalls Louisen entgegenzuhalten; aber die Ekstatische zeigte hierbei nicht die mindeste Veränderung ihrer starren Züge. Einer der anwesenden Priester reichte Louisen ein verschlossenes Döschen dar; ich wußte nicht, was es enthielt, aber kaum wurde ihr dasselbe präsentirt, als sie es mit ihren blutenden Händen sanft ergriff und mit dem Ausdrucke der innigsten Entzückung festhielt. Ich erkundigte mich nach dem Inhalte desselben und erfuhr, daß es einige Reliquien von Priestern umschließe, die gemartert und in die Schelde geworfen worden waren. Nachdem wir noch die Complet gebetet, war es fast drei Uhr geworden; da ersuchte der Herr Pfarrer diejenigen, welche unmittelbar vor Louise standen, nach rechts und links etwas zurückzutreten. Hierdurch wurde unmittelbar vor dem Stuhle, auf welchem Louise saß, der Raum frei. Gegen drei Uhr nun stürzte Louise, wie von einer unsichtbaren Macht gewaltsam hingeworfen, plötzlich auf die Erde. Sie lag auf der Brust, der rechte Arm war ein wenig, der linke etwas mehr nach außen hin ausgestreckt, die Füße waren bis zu den Fersen von den Kleidern bedeckt und deutlich konnte man jetzt wahrnehmen, daß auch aus den Füßen durch die Strümpfe hindurch das Blut hervordrang. Als wir zu beten fortfuhren, erhob sie das Haupt etwas in die Höhe, und senkte dasselbe nieder, sobald wir zu beten aufhörten. Nachdem Louise einige Augenblicke ruhig in der angegebenen Weise auf der Erde gelegen, machte sie plötzlich wieder eine heftige schnelle Bewegung, streckte beide Arme weit aus und legte die Füße so übereinander, daß der rechte Fuß auf dem linken ruhte. So bleibt die Ekstatische, wie der Herr Pfarrer uns mittheilte, bis gegen 5 Uhr auf dem Boden liegen; dann erhebt sie sich, verharrt knicend noch etwa 10 Minuten in der Stellung einer Betenden und die Ekstase ist vorüber. In der geschilderten Weise verläuft die Ekstase gegenwärtig; früher dauerte sie länger an und war von den unsern Lesern aus den frühern Artikeln bekannten anderweitigen Erscheinungen begleitet. Da nun nach der erwähnten Prosternation bis 5 Uhr keine Veränderung in dem Zustande der Ekstatischen eintrat, so verließ die Gesellschaft jetzt das Zimmer Louisens und mußten diejenigen, welche zu ihrer Rechten gestanden hatten, über sie hinwegschreiten, um zum Ausgange zu gelangen. Noch an demselben Abende fuhren wir nach Brüssel, um Herrn Prof. Lefebore für seine freundliche Vermittlung unsern Dankauszusprechen und in seiner und seiner Herren Collegen Gesellschaft einige recht angenehme Stunden zuzubringen. Am andern Mittag fuhren wir von Brüssel direct nach Köln, wo wir wohlbehalten Abends gegen 10 Uhr wieder eintrafen.— Wir gedenken in der nächsten Nummer unsern Lesern einige Einzelheiten, die ein anderer Augenzeuge der geschilderten Vorgänge eben veröffentlicht hat, als Schlußwort über die Stigmatisirte von Bois'Haine noch mitzutheilen. Vermischtes. (Das Vater Unser.) Ein Reisender in Marocco erzählt, daß er einst mit einer Gesellschaft in einem duar angekommen sei, in dessen Nähe sie ihre Zelte aufschlagen wollten, als ein Schwarm von Arabern sie umgab und unter Schimpfen und Schwören sie beständig„Rebellen gegen Gott“ titulirte. Einer der Reisenden, der der arabischen Sprache kundig war, wandte sich um und richtete an einen ältlichen Mann, den seine Kleidung als Priester erkennen ließ, auf Arabisch folgende Worte: „Wer hat euch gelehrt, daß wir Ungläubige seien? Höret mein tägliches Gebet und urtheilet selbst!" Er betete dann das Vater unser. Alle standen da erstaunt und in Schweigen versunken, bis endlich der arabische Priester ausrief:„Möge Gott mich verfluchen, wenn ich noch jemals diejenigen beschimpfe, die solch einen Glauben haben; nein, möge dieses Gebet auch mein Gebet sein, bis meine letzte Stunde schlägt. Ich bitte dich, o Nazarener, wiederhole dies Gebet, auf daß es sich unserm Gedächtnisse einpräge und unter uns aufgeschrieben werden könne mit goldenen Buchstaben.“ (Wem gleicht ein Geizhals?) Einem Menschen, der in 20, 30 oder 40 Jahren einmal eine große Reise machen soll, bis dahin aber alle seine Zeit damit zubringt, ein großes Packet fertig zu machen, ein Packet, wohlgemerkt, von dem er im voraus weiß, daß er es nicht mitnehmen kann und darf. (Richts Besonderes.) Jüngst starb ein Mann in einem Alter von 106 Jahren. Darüber wunderte man sich in einer Gesellschaft höchlich; nur eine Frau meinte, das sei nichts Besonderes.„Mein Vater," sagte sie,„wenn er noch lebte, wäre jetzt schon 115 Jahre alt.“ 90 Von Köln nach Buenos=Ayres. Von P. Stollenwerk*). (Der Nachdruck ist nicht gestattet.) Die Reise, von der ich hiermit so manchen bekannten und Lazaristenkloster in der Stolkgasse hierselbst, bekannt sein. Derselbe hat befreundeten Lesern des„Kölner Sonntagsblattes“ eine Skizze zu geben suche, war keine freiwillige, sondern durch Umstände veranlaßt, die noch in aller Katholiken schmerzlicher Erinnerung sind. Als am 4. Juli 1872 das Gesetz gegen die Jesuiten die Unterschrift des Königs erhielt, als damit ihre Reichsfeindlichkeit ausgesprochen wurde, als in demselben die Hinterthüre der„den Jesuiten verwandten Congregationen“ für die Folge offen gefelten wurde, da habe ich keinen Augenblick mehr daran gezweislt, daß damit auch das Schicksal aller andern Ordensgenossenchaften entschieden sei und daß die Zukunft darüber bald Gewißheit bringen werde. Darum hat mich auch der Ausspruch eines sehr hoch gestellten Staatsmannes nicht überrascht, daß, wenn es nach seinem Willen ginge, im ganzen deutschen Reiche weder Ordensmann noch Ordensfrau verbleiben dürfe. Noch vor Ablauf eines Jahres, im Mai 1873, entschied auch der Reichsrath, wenn auch nicht mehr so einhellig, als Jahrs zuvor, daß die Redemptoristen, Lazaristen, die Väter vom h. Geiste und die Frauen vom h. Herzen zu den Jesuitenverwandten gehörten und demgemäß alle Ordensthätigkeit einzustellen hätten. Man hätte meinen sollen, in dieser Zeit hätten manche hochweise Herren lernen können, wie überaus unwissend sie jedem katholischen Katechismusschüler erscheinen mußten, da sie neben dem Unterrichte und dem Predigen auch„das Messelesen, das Beichthören, Absolviren und Sacramentespenden" als Ordensthätigkeit bezeichneten. Aber es wäre ja schade gewesen, wenn die selige Frankfurter Parlamentsweisheit von Redemptoristen und Liquorianern(es sind dies bekanntlich zwei verschiedenen Namen für dieselbe Genossenschaft) kein Gegenstück aufzuweisen gehabt hätte. Was brauchen die Liberalen auch zu lernen? Sie wissen ja besser, als die ganze katholische Welt, was katholisch ist, und wehe dem, der ihre Aussprüche nicht als unfehlbar anerkennen will! Möge man ihm auch nicht das Geringste Tadelnswerthe nachweisen können, möge er auch mit dem eisernen Kreuze oder der Denkmünze für Pflichttreue im Kriege von königlicher Huld ausgezeichnet worden sein, möge er auf den Schlachtfeldern oder in den Lazarethen auch monatelang sein Leben tagtäglich auf's Spiel gesetzt haben, während die Herren Liberalen sich wohlweislich von Kugeln und Typhuskranken fern hielten,— sein Wirken ist reichsfeindlich erklärt und muß ein Ende haben. Und wird er auch gerade nicht von Gendarmen über die Grenze gebracht, so doch gewissermaßen unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Am 19. Juni kam denn auch die Botschaft von oben herab, daß alle priesterlichen Functionen, selbst das Messelesen (bei offener Thüre) aufzuhören hätten. Schreiber dieses war damals gerade weit von Köln entfernt auf dem Lande mit dem Abhalten einer Octav beschäftigt, wo er noch eine halbe Woche seine Thätigkeit fortsetzen konnte, weil bis zu ihm die polizeiliche Suspension nicht gedrungen war. Und lieb war es ihm, die Scenen nicht ansehen und anhören zu müssen, wie das gute katholische Volk um die verschlossene Kapelle auf freier Straße kniete und weinte. Da somit alle Berufsthätigkeit abgeschnitten war, was hätte es genützt, den ersten October abzuwarten, an welchem Tage ja doch das Haus aufgelöst sein mußte? Besser däuchte es, außer Deutschland für die armen verlassenen Deutschen arbeiten zu gehen, und so wurde die Abreise von Köln am 15. Juli zunächst nach Aachen, der alten Kaiserstadt, angetreten, wo noch einiges *) Vielen unserer Leser wird Herr Stollenwerk, Lazarist im ehemaligen sich nach dem im tiefen Süden Süd=America's gelegenen Buenos=Ayres begeben, um seinen dort weilenden deutschenLandsleuten die seelsorglichen Dienste zu erweisen, die er in der deutschen Heimath nicht mehr ausüben durfte. Wir erhalten von ihm einen längeren Bericht über seine Reise von Köln nach Buenos=Ayros,“ den wir in den folgenden Nummern des Sonntagsblattes unsern Lesern mittheilen. In einem vom 10 December datirten Briefe heißt es u..:„Wir sind hier jetzt im vollen Sommer“ und in einem vom 7. Januar datirten Briefe, der uns erst Ende Februar zuging, lesen wir:„Während Sie den warmen Ofen suchen und frieren, schwitzen wir hier durchschnittlich des Tags nur einmal d. h. von Morgens bis Abends. zu besorgen und von lieben Freunden Abschied zu nehmen blieb. Dieser Lieblingssitz des großen Karl, dessen eherne Bildsäule den Rathhausplatz schmückt, dessen steinernes Denkmal, das von ihm in den Jahren 796 bis 804 gebaute Karlsmünster, in frischer Schönheit durch stilgetreue Erneuerung das Herz des Beschauers refreut, dessen Geschichte in den prachtvollen Fresken von Rethel's und Kehren's Meisterhand im herrlichen Rathhaussaale in Farben zu lesen ist, zu denen das zwar 1358 erbaute, aber im Aeußern arg verunstaltete Rathhaus nicht recht passen will — diese Stadt mußte den Vergleich zwischen Einst und Jetzt nothwendig aufdrängen. Karl der Große, ein ganzer Deutscher, mit dem der Nachkommen wohl Keiner sich zu messen wagen wird, gründete auf den unerschütterlichen Grundlagen des katholischen Glaubens ein deutsches Kaiserreich von tausendjährigem Bestande, das erst dann in seiner Weltherrschaft erschüttert wurde, als durch die Ketzerei seine katholische Grundlage untergraben wurde, das erst dann stürzte, als das katholische Leben in Folge heilloser Knechtung durch josephinische Gesetze und febronianisches Kirchenrecht, durch die gottlose Philosophie der Encyklopädisten und den wohlseilen Spott Voltaire's und des Aufklärichts aller Lande so recht heruntergekommen war. Und dieser katholische Glaube, soll dem neuen deutschen Reiche nach kaum einjährigen Bestande Gefahr drohen? Dieses katholische Leben in seiner Gott Lob wieder erwachten Rührigkeit und Opferfreudigkeit soll reichsfeindlich sein? Was würde wohl der alte Kaiser Karl dazu sagen, wenn er aus tausendjährigem Schlafe erwacht, wieder den hohen Kaiserstuhl im Aachener Münster bestieg, mit der Krone auf dem Haupt, dem Schwert und Reichsapfel in Händen, und Gericht hielt über unsere Zeit? Spät war's, Mitternacht schon vorüber, als ich mit meinen beiden Mitbrüdern von Rolshausen und Breidenbach*) von Aachen Abschied nahm. Ein geller Pfiff, und schnaubend führte das Dampfroß uns weiter in die dunkele Nacht hinaus. Bald aber kam der Mond und beleuchtete mit seinem bleichen Lichte die Landschaft. Nach einigen Minuten Aufenthalt in Herbesthal verließen wir, Gott weiß auf wie lange, mit den besten Wünschen für sein wahres Glück das theuere Vaterland; wir betraten den belgischen Boden und zugleich das schöne Vesdrethal. Oftmals habe ich es schon bei Tag und Nacht gesehen und immer mit neuem Vergnügen. Es ist sicher die schönste Partie, welche sich auf dem ganzen Wege bis Paris findet. Alles vereinigt sich, Natur und Kunst, um bald durch einen der zahlreichen Tunnels, bald durch den Blick auf die Vesdre, dann wieder auf Wald und Fels, auf fruchtbares Ländereien und die reichste Industriewelt das Auge zu ergötzen. So ging es bis Verviers, dann zu dem thurm= und schornsteinreichen Lüttich mit seinen Waffen= und Maschinenfabriken und ihrem Getöse und ihrem qualmenden Rauch. Ich fragte mich, ob denn Lüttich durch die vielen Kamine schöner geworden, als da es vor 1792 als Sitz des Fürstbischofs noch zum deutschen Reiche gehörte? Die Antwort fiel eben nicht zu Gunsten der Herren Fabrikbarone aus. Hinter Lüttich biegt die Bahn links ab auf Namur zu, dem Ufer der Maas folgend und durchschneidet eine anmuthig belebte Gegend, bis zu der Cyklopenstadt Seraing. Wen der Anblick von Fabrikschloten erfreut, der möge hier weilen. Ich muß gestehen, daß ich einen gothischen Spitzthurm weit vorziehe, so wie er sich in dem nahen Huy zeigt, das, von dem Ufer der Maas sanft aufsteigend, mit seinen Befestigungen ein schönes Bild dem Auge darbietet. Von Namur sahen wir nur die bedeutenden Festungswerke, die doch den jetzigen gezogenen Kanonen wohl schwerlich lange Widerstand zu leisten im Stande sind. Von Namur bis Charleroi geht es durch das Thal der Sambre, eine liebliche Gegend, wo Wald und Feld, reinlich ausschauende Gehöfte, Canäle und Brücken das Auge fortwährend in Anspruch nahmen. Der nächste Haltpunkt war Jeumont, schon auf französischem Boden, wo die Gepäckrevision uns geschenkt wurde. Es schien, die Zollwärter trauten unsern ehrlichen Gesichtern, oder ahnten, daß wir als Verbannte anderswo Aufnahme suchten. *) Der Erstere der beiden Herren ist gegenwärtig in Abyssinien der letztere in Persien. War auch der vorige Tag heiß, der Abend angenehm gewesen, so wurde es nun doch kühl, so daß die mitgenommenen Ueberröcke ganz treffliche Dienste leisteten.— Es folgte St. Quentin, eine alte Festung, überragt von der schönen gothischen Kirche, und erinnerte an die blutige Schlacht zwischen Spaniern und Franzosen, wo der Stolz des später von seinem Glauben abgefallenen Admirals Coligny, der in der Bartholomäusnacht sein Ende fand, und des strengen Connetable Anne von Montmorency seine Demüthigung erhielt. Vielerlei Erinnerungen erweckte Compiegne, doch nicht die angenehmsten, denn hier war es, wo die Jungfrau von Orleans 1430 bei einem Ausfalle durch die Schurkerei des Festungscommandanten, der aus Neid über ihre Siege das Fallgatter des Brückenthurms niederließ, von den Burgundern und Engländern gefangen genommen und nach einem, Recht und Gerechtigkeit höhnenden Gerichtsverfahren ein Jahr darauf zu Rouen lebendig verbrannt wurde. Hier war es auch, wo Napoleon I. mit einem andern Schlachtopfer der Politik, mit Maria Louise von Oesterreich, seiner zweiten Gemahlin, zuerst zusammentraf; hier in dem großen und schönen Walde hielt Napoleon III. seine Hofjagden und im weiten Schlosse seine prunkvollen Feste, die mit der ganzen kaiserlichen Herrlichkeit bei Sedan ihr Ende gefunden haben. An dem Knotenpunkt Creil vorüber gelangten wir bald nach Saint Denis, das mir noch von einem früheren Besuche, den ich vor zwei und zwanzig Jahren daselbst gemacht, in lieber Erinnerung war. Die prachtvolle romanische Benedictinerkirche fesselt schon aus der Ferne den Blick und unwillkürlich steigt der Geist in die französische Königsgruft hinab, wo seit Dagobert I. die sterblichen Ueberreste der Könige die Vergänglichkeit alles irdischen Glanzes und aller Menschengröße predigen und wo die ruchlose Entweihung der Königsgräber durch die von Gott und Religion emancipirten Republikaner und Republikanerinnen von 1793 ein Denkmal ewiger Schande aufgerichtet hat. Wer hätte es gewagt, diesen stolzen Herrschern bei ihren Lebzeiten zu prophezeien, daß einst ihre Grabmäler erbrochen und unter wüthendem Jauchzen und Gebrüll eines freisinnigen Pöbels in der schmachvollsten Weise würden behandelt werden— diesen Königen, die so eifersüchtig auf die Verewigung ihrer Thaten und ihres Ruhmes waren, daß gerade hier in Saint Denis von den ältesten Zeiten an die großen Reichschroniken von den Benedictinern geschrieben und aufbewahrt wurden. Mußte doch immer einer derselben den Hof überallhin begleiten, um die Ereignisse sofort für die Chroniken zu notiren. Ihr erster Druck in drei Foliobänden von 1476 war auch das erste bekannte Werk, welches zu Paris in französischer Sprache erschien. Von Saint Denis brauchten wir nur wenige Minuten, um am Montmartre vorbei unsern Einzug in Paris zu halten. Es war halb elf Uhr Vormittags, als wir in dem ungeheuer großen Nordbahnhof abstiegen. Die Zollbeamten begnügten sich mit der möglichst oberflächlichen Prüfung unseres Gepäckes und fort ging es mit einem bepackten Wagen durch das geräuschvolle Häusermeer nach unserm Mutterhause, wo wir noch eben zeitig genug ankamen, um den Reisestaub abzuwaschen und um zwölf Uhr zum gemeinsamen Mittagsessen uns einzufinden. Aus einer Heimath vertrieben, fanden wir eine neue in der Liebe und Gastfreundschaft un serer Mitbrüder, die uns auf die herzlichste Weiaufnahmen und behandelten. Obwohl mir Paris von früher her schon ziemlich bekannt war und mein Aufenthalt diesmal ziemlich lange, nämlich bis zum 9. September dauerte, fühle ich mich einerseits nicht im Stande, anderseits habe ich auch keine Lust, meine=Leser mit einer Geschichte oder Beschreibung von Paris zu behelligen, die derjenige, welcher ihrer bedarf oder sie sucht, besser in irgend einem Reisehandbuche findet. Ich hebe nur ein paar Einzelheiten hervor, die mir auch für meine Leser nicht ganz, unbedeutend erscheinen. Kaum waren wir in Paris angekommen, als wir auch schon gebeten wurden, uns der verlassenen deutschen Landsleute im Quartier Saint Marceau anzunehmen. Die Franzosen hielten also „das Messelesen, Predigen, Beichthören, Absolviren und Sacramentespenden" von unserer Seite nicht für staatsgefährlich, obwohl wir Deutsche waren, sondern im Gegentheil waren sie uns für unsere Aushülfe noch sehr dankbar. So wurde denn jeden Samstag=Nachmittag und Sonntags von halb 6 Uhr Morgens bis zum Nachmittag nach der Vesper den Deutschen Gelegenheit geboten und auch von ihnen benutzt, die heiligen Sacramente zu empfangen und das Wort Gottes in deutscher Sprache zu hören. Sie sangen ihre deutsche Messe und andere Kirchenlieder besser, als ich es in mancher deutschen Gemeinde in der Heimath gehört habe. Obwohl ich nicht gerade sehr weichherzig bin, war es mir doch nie möglich, ohne tiefe Rührung die gewohnten Lieder und Melodien anzuhören und mit den guten armen Deutschen aus allen Theilen des Vaterlandes zu verkehren, die mit so großer Zutraulichkeit und Herzlichkeit uns entgegenkamen und sich Glück wünschten, nun wieder deutsche Väter in ihrer Mitte zu haben, die sich ihrer annähmen. Mit außerordentlicher Feier und steter Theilnahme des Volkes wurde das Fest und die ganze Octav des Vincenzfestes gehalten. Wenn in Paris auch viel Leichtsinn und religiöse Gleichgültigkeit herrscht, so sind diejenigen, welche treu zur Kirche halten, Gott sei Dank auch keine Seltenheit. Ich habe es leider versäumt, mich nach der Anzahl der ausgetheilten h. Communionen zu erkundigen; sie muß eine sehr bedeutende sein. Man darf kühn sagen, daß der h. Vincenz der volksthümlichste Heilige Frankreichs ist; sein Bild findet sich überall und in vielen Kirchen sind ihm Altäre geweiht; seine Werke blühen noch heute, wie er sie vor mehr als zweihundert Jahren gestiftet, seine Kinder, die Missionspriester und noch mehr die Töchter der christlichen Liebe, deren Anzahl heute 27,000 übersteigt, sind über die ganze Erde verbreitet, um in seinem Geiste zu wirken. (Fortsetzung folgt.) Unter Mitwirkung mehrerer Geistlichen herausgeben und verlegt von H. M. Ludwigs, Kaplan. Uhrmacher-Lehrling gesucht. Severinstraße Nr. 89. Dost und Logis per Woche 1 Thlr. A 25 Sgr., Antonitterstraße 14. 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