NumerofI4. Rayserliche Eber Post. Jestung Reichs Kmts zu Kölln. Mit Ihrer Römisch=Kayserlichen Majestät alletgnavigstemrurng Montag den 18. Juli 1763. Wien vom 9 Am verwichenen Montag, den 4ten ließ der Kaiserl. Königl. General der Cavalle= rie, Herr Furst zu Lowenstein, sein zu Stockerau; 2 Posten von hier, liegendes Regiment leichter Renterey, unter Anführung desselben Herrn Obristen, Grafen von Volt, in Schlacht=Ordnung ausrucken, und alle im Feld ubliche Manoeuvres machen. Einige Escaorons setzten über einen Arm des Donau=Stroms, und thaten auf die dortige Insul einen Angriff; da dann das Gesecht mitten im Wasser angieng, und mit möglichster Lebhaftigkeit unterstutzet wurde. Die Ordnung die Schönheit der Manschaft und Pferde, nebst ihrer Fertigkeit zu den Kriegs=Uebungen, wurden von der grossen Menge Zuseher bewundert, unter welchen sehr viele vom hohen Adel dahm grtaggen, und von ven dachgenachtenHen sten, so wohl zu Mittag als Abends auf das herrlichste bewirthet wurden. Am Mittwoch, den 6ten Nachmittags, haben Se. Majestat der Kaiser Sich mit einigen Cavallieren nach Hütterdorf erhoben, und in dasiger Gegend mit einer HirschenJagd, Ihre Königl. Hoheiten der Erzherzog Joseph und Leopold aber mit einigen Cavallieren, in besondern andern Gegenden; sich mit einer gleichen Jagd erlustigt. Am Donnerstag, den yten Julii, ist Vormittags, in Beywohnung beyder Kaiserl. Majestäten und Sr. Königl. Hoheit, des Erzherzogen Joseph, der grosse StaatsRath in der Burg alhier gehalten worden; dann Rachmittags, wie auch gestern, den Zten hade Ihro Majest. die Kaiserin offentliche Audienz astergnädigst ertheilet. Man hat hier folgende Beschreibung des, in der Stadt Comorra in Hangarn, iu Eu de des Monaths Junii, und zu Anfang Julii 1763, empfundenen erschrecklichen Erdbebens. Es war der 2Iste Tag Junii, nemlich der Vorabend des Fest=Tages der heiligen Petri und Pauli, als gleich nach; Uhr Morgens der erste Erd=Stoß wahrgenommen wurde. Die Einwöhner waren theils in den Kirchen, theils auf den Markt=Plätzen, die meisten aber noch in ihren Häusern. Der Schrecken über diesen ersten Stoß und Erschutterung war grösser, als der Schaden, und es ist der Göttlichen Vorsicht und Barmherzigkeit zuzuschreiben; daß dadurch die Einwöhner der Stadt ihre Sicherheit zu suchen, ermahnet worden; wie denn auch die meiste sogleich in sichere Oerter sich geflüchtet haben. Es stund nicht mehr als eine ViertelStunde an, so folgte der zweyte Erd=Stoß, welcher unter allen übrigen, die hernach bemerket worden, der heftigste war, und anderthalbe Minute daurete; dabey wurde ein Getön und Geräusch wahrgenommen. In einem Augenblick spalteten sich die Kirchen, Clöster und bürgerliche Gebäude; die Gewölber und Böden fielen ein, und die Schütte lagen über den Hauffen. Die schöne und prächtige Kirche der P. P. Jesuiten blieb nicht verschonet, und die Thurme sturzeten so gar ein. Der Priesier vor dem Altar wurde am Haupt verletzet. Die Residenz ist auch nicht nur allein sehr beschädigel, sondern auch der dritte Stock davon eingefallen. Einen noch grössern Schaden hat die Kirche, und das Closter der p. P. Franciscanern gelitten. Alle Altäre giengen in Stucke; das ganze Kirchen= Gewöld siel den Leuten, welche der heiligen Messe beywohneten, uber den Kopf zusammen, und viele derselben wurden unter dem Schutte begraben. Die Closter=Geistlichen haben zwar das Gluck gehabt, sich mit der Flucht zu retten, doch sind ihrer etliche leicht verletzet worden. Der Thurn des Rathhauses ist auch geborsten und herabgefallen, wodurch mehrere, aus dem Platz sich befindende Leute verschuttet wurden. Es ist fast kein Haus, welches unbeschädiget geblieben, ja so gar etliche niedere, und von Koth=Zieglen gebaute Häusersind voneiander gerissen worden; etliche Schornsteine sind zu sehen, welche in der Mitte gleichsam entzwey gebrochen, und nun umgekehrt da stehen. Auch bey den P. P. Franciscanern sind die Zimmer ober dem Resektorio, und ober der Kuche eingesturzet; desgleichen ist in mehrern Häusern geschehen. Die Bestürzung ist groß und allgemein. Ware das Ungluck bey der Nacht geschehen, so wurden die meisten Einwöhner ihr Grab in ihrer Liegerstatt gefunden haben. Die Zahl der Erschlagenen ist noch ungewiß, dann es liegen viele noch unter dem Schutte. Der Todten, welche man bisher hat ausgraben können; waren, bis den 4ten Julii, schon s4. Die Verwundeten, unter welchen einige am Leid, andere aber am Haupt, an Händen und Fussen gequetschet worden, sind leichtlich auf 20o zu rechnen. Man hörte in der ganzen Stadt nichts als Weinen und Weheklagen. Die Geistlichen haben sich bey dieser Gelegenheit fleißig und eifrig gezeiget. Ganze Nächte sind im Geber und Buß=Werken zugebracht worden. Der GOttes=Dienst wird nun in den von Brettern zusammen geschlagenen Hutten gehalten. Die Leute haben sich in ihre Gärten gefluchtet; mehr aber als zwey Drittel in anderen Ortschaften ihre Zuflucht gesuchet. Einige wohnen in den Schiffen. An den Lebens=Mitteln war auch bis hiehin Mangel; doch wird aus den benachbarten Ortschaften Brodt zugeschicket, und nur Stuckweis ausgetheilet. Nun aber ist von Seiten der Comorner= Gespannschaft ein namhafter Vorrath Mehl für die Rothleidende dahin gebracht worden. Das Erdbeben hat vom 28sten des vergangenen bis den 4ten des laufenden Monatys angehalten. Während dieser zählen die Comorner in allem etliche und 90 Stösse, unter welchen ein paar dem zweyten ziemlich gleich, die übrige aber bey weitem nicht so heftig waren. Unweit dem Donaustrom hat das Wasser an vielen Oertern, auf s Schuh hoch, wenigstens einen Arm dick, wie ein Springbrunnen herauf gestrudelt, und einen blaufärbigen nach Schwefel riechenden seinen Sand hervorgestossen, welcher den Geracht seit dem zwar verlohren, jedoch von Salpeter Art, und salzig ist. Etlichen Brunnen ist das Wasser gänzlich benommen; andere hingegen haben den Zufluß so häusig bekommen, daß das Wasser seine bey 3 Schuh hohe Einfassung überstiegen hat. Sonst sind auch verschiedene Krankheiten aus diesem Jammer entstanden; säugende Kinder aus Mangel der Nahrung gestorben; einige Leute aber verwirret, und einer gar sinnloß geworden. * Comorra ist eine befestigte Stadt nebst einem doppelren Schloß und liegt an einem Winkel der, 12 eilen breiten und 7 Meilen langzen auch überaus frachtbarn und wohl bewohnten, Insul Schürt in Ober: Ungarn. Sie har zur linken Zand den Jluß wag, zur rechten aber den in die vonau fallenden Fluß Neutra, und von Westenist sie mit einem riefen wasser=Graben umgeben, also daß sie wie ein Dreyeck im wasser stehet Genua vom 27 Junii. Der Venetianische Consul bey der hiestgen Repudlick, Herr Gaetan Gervason, reisete am 2osten dieses Monaths von hier ab. Dem vernehmen nach erhibt er sich nach Algier, Tunis und Tripoly, wo er, zwischen seiner Republick und den Regierungen vorerwehnter See=Oerter der Barbarey, einen Friedens=und Commercien=Tractat abhandeln soll. Die Regierung ist immer auf ernsthafte Mittel, bedacht; die Revellen auf der Insul Corsica zu Paarn zu treiben. Zu dem Ende werden alle dahier zuruckgebliebene Truppen, nebst 26 Artilleristen, ehestens eingeschifft, und nach gedachter Insul uberbracht werden. Mit den jungsten Nachrichten von Bastia vernimmt man, daß der General Matra die Schanze Furiani schier völlig zu Grunde geschossen habe. Unser Verlust bey dieser Belagerung sey indessen, ausser 2 Capitains, die in dem Laufgraben gebliebé, und dem Obrist=Lieutenant Kinek, der von einer Canonen=Kugel getroffen worden, nicht sehr beträchtlich. Zufolge der nemlichen Nachrichten haben die Rebellen, wie bereits gemeldet worden, die Belagerung von Algaiola aufgehoben, um Furiani, wo möglich, auf das eilfertigste zu entsetzen. Man erzehlet alhier, daß ein der Republick ergebener Corsicaner, Ramens Cicco, einen sehr wichtigen Streich gegen die Rebellen im Schilde gefuhret hatte, und man giebt davon folgende Umstände: Dieser Mensch war zu Calvi, und unterhielt einen Brief=Wechsel mit Paschal Paoli. Er hatte, mit Vorwissen des Generals Matra, und beyder Commissarien zu Bastia und Calvi, dem Anführer der Rebellen den Vorschlag gethan, wie er ihm Calvi in die Hände liefern wollte. Paoli nahm den Antrag an, und in der, zur Vollziehung des Vorschlags, festgesetzten Nacht, näherte er sich der Stadt, um die bestimmte Stunde, mit ungefehr 700 Mann. Sobald das verabredete Feldzeichen beyderseits gegeben, rieth Eicco dem Commissario zu Cal= vi an, er möchte nun die Inwohner ausziehen und dieselbe in einen Hinterhalt stellen lassen, damit die Rebellen auf diese Art zwischen zwey Feure, nämlich: zwischen das Feuer von der Besatzung einer Seits, und der ausgezogenen Mannschaft anderer Seits, gesetzet wurden. Allein der Commissarius, der sich der Treue dieses Mannes versichert wissen wollte, begehrte, er sollte ihm seinen Sohn zum Pfande geben. Da Eicco hierauf geantwortet, er wurde solches zu thun sich nicht geweigert haben, wenn man es eher von ihm begehrt hätte, ließ der Commissarius die Besatzung zum Gewehr greiffen, und einige Mann aus der Stadt rücken, um die Feinde zu erkennen. Da aber die Rebellen merkten, daß sie verrathen wären, machten sie sich in aller Eil aus dem Staub, und also muste der schöne Anschlag zu nichts werden. Dreßden vom 5 Juli. Se. Majestät der Komg, nebst Dero Prinzen Xaviers und Alberts Königl. Hoheiten traten gestern in aller Fruhe die Reise nach dem Töplitzer Bade an, und wurden von BräSchurshpinzen und Dero Frau Gemahlin Abinigl.=Fehenen ein Stuck Wegs, bis auf die so genannte grune Wiese begleitet. Se. Exellenz der Premer=Minister, Herr Graf von Brühl, wie auch die auswärtige Herrn Gesandten, sind gleich darauf nachgefolget. Wie man horet, so haben Se. Majestät, um 6 Uiyr in Zehist gesruhstucket, und sind gegen Mittag noch zur Tafel in Töplitz eingetroffen. Des Herzogs Carl von Curland Kömgl. Hoheit kommen, wegen eines Schadens am Fuß, wenig aus Dero Zimmer. Man höffer indessen, Höchstdieselbe ehestens wieder hergestellet zu sehen. Hannover vom 6 Julii. Gestern haben Se. Excellenz, der Herr Ober=Schenk von Lichtenstein, die Reise als Gesandter nach Berlin angetreten. Heute reisen Se. Excellenz, der Herr Eammer=Präsident von Munchhausen, nach ihren Gutern zu Strausfurt in Sachsen, und werden in 14 Tagen wieder von daher zurückkommen. Se. Excellenz der General von Spörken, sind vor einigen Tagen nach Pyrmont abgereiset. Braunschweig vom 6 Julii. Der Herr von Heimburg, Bruder Sr. Excell. des Hrn Ober=Präsidenten zu Wolfenbüttel, ist den zosten Junii, aus Rußland alhier eingetroffen, woselbst er sich, seit der Thron=Besteigung der Kaiserin Elisabeth, glorwürdigsten Andenkens, 25 Jahre, weit von der Residenz entfernet, zugebracht hat. Haag vom 14 Julii. Dem vernehmen nach; sollen die mit Pension zu seiner Zeit entlassene Holländische Officiers, den nach Verbice und Ceylan abzuschickenden Truppen vorgesetzt werden, mit dem Zusatz, daß man denjenigen, die solches ausschlagen würden, ihre Pensionen entziehen werde. Es wird über dies von starken Werbungen gesprochen, eines theils die nach Indien abgehende KriegsVötcker in den Besatzungen zu ersetzen, andern theils auch um die übrige Regunenter zu ergänzen und zu vermehren, damit man auf allen Fall in Vereitschaft stehe. Man will dabey versicheren, daß in der Ebene von Maestricht ein Lager für 20 tausend Mann Holländischer Truppen abgestochen werden solle, und daß so gar der Prinz Statthalter sich in eigener Person dahin erheben werde. Man will zugleich wissen, daß die Ordres bereits gegeben sind, an der Feld=Equipage Sr. Hochfürstl. Durchlaucht zu arbeiten und besonders eine Zellte für Hochstdieselbe zu verfertigen. Zu diesen auf blosen Muthmassungen ruhenden Nachrichten kommen noch andere. Es heist, die Crone Franckreich wolle in der Ebene v. Lance, zwischen Arras und Ryssel für 60000 Mann ein Lager abstechen lassen. Die nemliche Nachrichten setzs hinzu, gedachte Crone hätte, seit dem wiederhergestellten Frieden, 30 Kriegs=Schiffe oder Fregatten, deren 6 von rzo Canonen jedes, die übrige aber von yobts 1oo Canonen, in den verschiedenen Französischen Hasen ins Wasser gelassen. Andere Nachrichten melden; daß Ihre Majestät die Kaiserin Königin die Werbungen in Allerhochsidero Erblanden mit der gewöhnlichen Lebhaftigkeit fortsetzen lassen, damit man allezeit im Stande sey eine zahlreiche Armee zu Felde ziehen zu lassen. Aus dem Brandeburgischen berichtet man, daß Se. Majestät; der König in Preussen, ein Lager für 7o bis 80 tausend Mann in Schlesien abstechen zu lassen entschlossen seynsollen. Welch ein weites Feld zu Anmerkungen fur jene Traumdeuter, die aus bloser Einbildungs=Kraft das zukünftige prophezeyen, und die susse Fruchten des Oelbaums vergallen wollen! Aschaffenburg vom 15 Julii. Heute erwarten wir Ihro Durchlaucht die Ehurfürstin in Bayern, welche aus dem Emser= Bade über Franksurt diesen Abend eintreffen und Dero Nacht= Lager alhier halten werden, sodann am künftigen Dienstag, den rhten dieses, in Dero Residen: München einzutreffen gedenken. Diese Zeitung wird bey dem Kaiserl. Reichs=Ober Post=Amt dahier Montags, Dienstags Freytags und Samstags ausgegeben, und ist auf allen Reichs auch auswärngen Ober= und ast=dentanmuheten.