6. Jahrgung. Bonn, Donnerstag den 25. Januar 1877. Nr. 22. Abonnement: Vierteljährlich pränum. für Bonn incl. Traglohn 4 RMark; bei den deutschen Postämtern und für Luxemburg 4 RMark. Organ für das kakholische deutsche Folk. Die Deutsche Reichs=Zeitung erscheint täglich, an den Wochentager Abends, an Sonn= und Festtagen Morgens. Insertionsgebühren für die Petitzeile oder deren Raum 15 RPfennig. Mit dem 1. Februar eröffnen wir ein zweimonatliches Abonnement auf die„Deutsche Reichs=Zeitung". Preis 2 Mark 67 Pi. Bestellungen für auswärts nehmen sämmtliche Post-Anstalten, für Bonn die Expedition, Sürst Nr. 5, entgegen. Einige Probeblätter werden von uns stets franco und gratis geliefert. Deutschland. * Berlin, 23. Januar. Während in Aachen der Candidat der Centrumspartei, wie bereits gemeldet, den christlich=socialen Gegencandidaten Laaf, wenn auch nur mit geringer Stimmenmehrheit aus dem Felde geschlagen hat, ist in Essen der umgekehrte Fall erfolgt. Dort hat bei der heutigen Stichwahl der Candidat des Centrums, Herr Forcade de Biaix, 7660 Stimmen, der Candidat der christlich=socialen Arbeiterpartei Stötzel dagegen 11,636 Stimmen erhalten. Für letzteren stimmten außer den christlich=socialen Arbeitern auch die Nationalliberalen und Socialdemokraten. Also Nationalliberale und Socialisten Hand in Hand gegen den Candidaten der Katholiken! Auch im Wahlbezirke Reichenbach=Neurode, wo bei der Stichwahl ein Katholik und ein Socialdemokrat sich gegenüberstehen, wollen und werden die Nationalliberalen trotz proklamitter Wahlenthaltung für den Socialisten stimmen, obwohl der Candidat der katholischen Partei, Herr Fabrikant Franz eine in der ganzen Gegend allgemein bekannte und beliebte Persönlichkeit, ist. * Berlin, 23. Jan. Die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" setzt den Streit gegen die französische Presse fort und versucht nachzuweisen, daß das„Journal des Débats“ schon am 12. Januar in einer Constantinopeler Correspondenz die Behauptung aufstellte. Deutschland treibe es in der einen oder andern Weise zum Kriege. Uebrigens soll, wie aus Paris gemeldet wird, der Herzog von Decazes bereits mit dem Fürsten Hohenlohe eine Besprechung über die Lage gehabt und die Preßpolemik bedauert haben. •: Berlin, 23. Jan. Irrthümlich habe ich berichtet, der Finanzminister habe am Freitag gesagt, die Vorbedingung für die Abkürzung des Culturkampfes sei, daß die Rechte des Staates nicht mißhandelt würden: der Minister gebrauchte einen milderen Ausdruck, indem er sagte, die Bedingung sei, daß die Rechte des Staates nicht mißkannt würden. Gegen den Antrag Reichensperger, der morgen zur Verhandlung kommt, liegt schon von Aegidi und seinen freiconservativen Genossen der Antrag auf motivirte Tagesordnung vor. Gleichfalls steht auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung die Windthorst'sche Interpellation wegen der Ueberschwemmung in der Nogatniederung. Die liberalen Blätter sind dreist genug, zu behaupten, Abg. Windthorst habe dieselbe nur gestellt mit Rücksicht auf im Norden von Westpreußen stattfindenden Stichwahlen, bei denen kath. Candidaten im Spiele sind. Man kann es indessen unerhört nennen, daß die liberalen Abgeordneten aus jenen Gegenden, Herr Landesdirector Rickert an der Spitze, für die Noth ihrer Landsleute kein Wort vorgebracht haben: oaher der Aerger, daß es nun Windthorst thut. Die nächsten Tage werden die Entscheidungen der noch ausstehenden Stichwahlen bringen. Ob sie dem Centrum noch einige Plätze verschaffen werden, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Ohne Aussicht sind wir nicht. In Schlesien haben, wie die„Kreuzztg.“ mittheilt, in zwei Wahlkreisen die den Ausschlag gebenden Katholiken beschlossen, für den conservativen Candidaten gegen den liberalen zu stimmen (in einem dieser Fälle handelt es sich um den Prof. Gneist und den Grafen Udo Stollberg, und soll letzterer den Katholiken durchaus zufriedenstellende Erklärungen gegeben haben: somit wäre Aussicht vorhanden, daß die heute schon stattfindende Stichwahl wieder einem der ersten Culturkämpfer die Thür des Reichstags verschlösse); die Conservativen sollen nach der„Kreuzztg.“ dagegen versprochen haben, in zwei anderen Wahlkreisen, in denen ein kathol. Candidat einem liberalen gegenübersteht, für ersteren die Stimme abzugeben. In Elbing ist nach der„Post“ die Aussicht für den liberalen Candidaten bedeutend gesunken und soll erwartet werden dürfen, daß der kathol. Candidat siegen werde. Wie es heißt, ist für die Eröffnung des Reichstags der 27. Febr. in Aussicht genommen. Man will wissen, daß dem Reichstage gleich das sämmtliche Material zugehen werde, damit ein Schluß der Session bis zum 1. April(auf den ersten April fällt Ostern) möglich sei. Daß das jedoch nicht der Fall sein werde, ist wohl kaum zu bezweifeln; denn außer den Reichshaushaltsetat handelt es sich auch um viele wichtige Gesetze, besonders finanzieller und handelspolitischer Natur, Patentschutzgesetz, Zollausgleichgesetz u. s..; auch ist nicht zu erwarten, daß die Wahlprüfungen ohne bedeutenden Zeitverlust sich werden abmachen lassen, da jetzt schon eine große Anzahl von Protesten eingelaufen sein soll. An einen Schluß der Reichstagssession vor Ostern ist nicht zu denken; dagegen wird es möglich sein, daß der Landtag in der dritten Woche des Februar geschlossen wird. Um nun noch ein Wort zu der Reichstagswahl zu sagen: Von verschiedenen Seiten wird berichtet, daß die militärisch organisirten Kriegervereine als solche in die Wahlen eingegriffen haben: es werden in Folge dessen die lebhaftesten Befürchtungen laut, daß diese Vereine eine große Gefahr seien für die freiheitliche Entwickelung. Möge man ihnen gegenüber auf der Hut sein! Die„Köln. Ztg.“ schreibt: „Man hofft in den parlamentarischen Kreisen, schon nächsten Montag die zweite Lesung des Budgets beginnen und dieselbe ohne Unterbrechung zu Ende führen zu können. So würde es sich ermöglichen lassen, die Arbeiten bis zur dritten Februarwoche zu beenden, und zwar einschließlich der Berathungen des Herrenhauses über den Etat. In Bezug auf den gestern erwähnten Antrag des Abgeordneten Reichensperger(über Ertheilung des katholischen Religionsunterrichtes in Volksschulen), welcher sich gegen den Erlaß des Cultusministers vom 18. Februar vorigen Jahres wendet und bekanntlich bereits in der vergangenen Session gestellt, aber nicht mehr zur Verhandlung gekommen war, wird die freiconservative Fraction eine omottvirte Tagesordnungs einbringen. Dieselbe, durch den Abgeordneten Aegidi entworfen, lautet dahin: In Erwägung 1) daß Artikel 24 der Verfassungsurkunde nicht actuelles Recht gewährt, sondern einstweilen die Bedeutung einer Richtschnur für die Gesetzgebung hat und seine gesetzliche Regelung und Begrenzung erst von der bevorstehenden Ausführung des Artikels 26 der Verfassungsurkunde gewärtigt; 2) daß bis dahin der Artikel 112 der Verfassungsurkunde maßgebend ist, wonach es hinsichtlich des Schul= und Unterrichtswesens bei den jetzt geltenden gesetzlichen Bestimmungen bewendet; endlich 3) daß der Erlaß des Herrn Cnliusministers vom 18. Februar 1876 den bestehenden Gesetzen und ihrer allein zulässigen Deutung entspricht, über den Antrag des Abgeordneten Reichensperger und Genossen zur Tagesordnung überzugehen. Die nationalliberale Fraction hat sich über den Antrag Reichensperger noch nicht schlüssig gemacht. Es heißt, daß dieselbe die einfache Tagesordnung, die strengste parlamentarische Form für die Abweisung seines Antrages, für angemessen hält.“ Die Staatsregierung beabsichtigt, nach dem Staatshaushaltsetat 1877 bis 78 die Diätensätze für die außeretatsmäßigen Regierungsmitglieder — Assessoren,— welche 2100 Mark bis 4200 Mark, im Durchschnitt 3159 Mark, betragen, auf 2400 Mark(die Minimalbesoldung für die Kreisrichter) bis 4200 Mark, im Durchschnitt also auf 3300 Mark zu erhöhen.— Der Cultusminister Dr. Falk hat neuerdings eine längere Verfügung, betreffend die Gehälter der Elementarlehrer, erlassen, die in den betheiligten Kreisen gewiß mit größtem Interesse gelesen werden wird. Nach dieser Verfügung sollen für die Bemessung der Gehälter der Elementarlehrer keine allgemeinen Normalsätze, sondern die localen Bedürfnisse und Theuerungsverhältnisse maßgebend sein. Wie diese neue Einrichtung sich bewähren wird, kann sich erst bei der practischen Durchführung zeigen. Jedenfalls wird die Bemessung nach den obwaltenden „Bedürfnissen“ manchen Conflict zwischen Regierungen und Gemeindevertungen hervorrufen, da man ja bezüglich des„obwaltenden Bedürfnisses“ sehr verschiedener Ansicht ist und auch wohl sein kann. Die Verfügung des„Patrons der Magister,“ als welcher Falk auf seiner„Triumphreise“ genannt und gefeiert wurde, dürfte den Beifall der Lehrerwelt in den kleineren Ortschaften wohl nicht finden. Aus dem Staatshaushaltsetat mögen nachstehend einige Ausgabepositionen mitgetheilt werden, welche durch den„Culturkampf“ veranlaßt sind. Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten, der Präsident 3000 Mk., zehn Mitglieder à 1500 Mk. gleich 15,000 Mk., in Summa 18,000 Mk., mit Reisekosten, Bureaubedürfnissen 2c. 36,000 Mk. Die Commission für die wissenschaftliche Prüfung der Theologen kostet 11,940 Mk.„Insbesondere für einen altkatholischen Bischof“ sind 48.000 Mk. ausgesetzt; von Interesse ist eine Pofition„Zuschüsse zur Unterhaltung höherer Mädchenschulen“ 80,000 Mk., deren pädagogische Maske die in kleinerem Drucke beigefügte Bemerkung aufhebt:„Der Fonds ist erforderlich, um namentlich an Orten, wo durch die Ausführung des Ordensgesetzes vom 31. Mai 1875 ein Bedürfniß dazu entstanden ist, Gemeinden oder Privaten, welche höhere Mädchenschulen errichten oder unterhalten, Beihülfe zu gewähren.“ Während zur Unterstützung und zur Pensionirung von Elementarlehrern und Elementarlehrerinnen im„Lande der Schulen“ nur 300.000 Mk. vorhanden sind, erfordert die weltliche Schulaufsicht 724,500 Mark, also mehr als das Doppelte. Es gibt 161 Kreisschulinspectoren mit 240)—4800 Mk. und durchschnittlich je 900 Mark Reisekosten=Entschädigung jährlich. Zu Pensionen für die Hinterbliebenen von(evang.) Geistlichen sind nur 154.24;, für die Elementarlehrer=Wittwen= und =Waisencasse nur 33,000 Mk. ausgesetzt. Zur Entschädigung der Geistlichen und Kirchenbeamten für den Ausfall an Stolgebühren nach Maßgabe des§ 54 des Gesetzes vom 9. März 1874 sind ausgesetzt 500,000 Mark. Die in Folge des Gesetzes vom 22. April 1875 fistirten Staatsleistungen für die katholische Kirche fungiren im Etat auf dem Papier weiter, auch Ausgaben für längst staatlich aufgelöste Institute, wie Priesterseminare 2c.,„Besoldungen und Zuschüsse für katholische Geistliche und Kirchen“ sind ausgesetzt 1,281,835 M. 82 Pfg., also 73,081 M. 75 Pfg. weniger als im Vorzahre— auf dem Papier stand. Vor Kurzem wurde ein Rechtsgrundsatz mitgetheilt, welchen der Criminalsenat des Obertribunals unter dem 16. November v. J. ausgesprochen hatte, wonach Geistliche, sofern die Verwaltung kirchlichen Vermögens in Betracht kommt, rechtlich als mittelbare Staatsbeamten anzusehen und zu behandeln seien. Man durfte gespannt sein auf die rechtliche Begründung dieses Satzes, zumal in der bisherigen Rechtsprechung des Obertribunals die Geistlichen wiederholt als nicht zu den Staatsbeamten gehörig erklärt wurden, und weil ferner die das beregte Erkenntniß betreffende Klage eine Handlung zum Gegenstande hat, welche in die Mitte des Jahres 1874, also vor Aufhebung des§ 15 der Verfassungsurkunde von 1850(durch Gesetz vom 18. Juli 1875) fällt. Das Erkenntniß vom 16. November vorigen Jahres hat folgenden Wortlaut: In der Untersuchungssache wider den Pfarrverweser Anton Fecke, früher zu Alme, jetzt zu Germete, auf die Nichtigkeitsbeschwerde des kgl. Ober=Staatsanwaltes zu Arnsberg, hat das kgl. Obertribunal, Senat für Strafsachen II. Abtheilung, in der öffentlichen Sitzung vom 16. November 1876... nach vorgängiger mündlicher Verhandlung für Recht erkannt: daß das Erkenntniß des Criminalsenates des kgl. Appellationsgerichtes zu Arnsberg vom 21. Juni 1876 zu vernichten, und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung in die zweite Instanz, und zwar an das königl. Appellationsgericht zu Hamm, zu verweisen. V. R. W. Gründe: Der Ober=Staatsanwalt zu Arnsberg rügt Verletzung des§ 133 des Reichsstrafgesetzbuches durch Nichtanwendung auf den vorliegenden Fall, weil der Appellationsrichter den Angeklagten nicht für einen Beamten im Sinne des Strafgesetzbuches angesehen und deshalb nicht angenommen habe, daß sich die Werthpapiere, die er mitgenommen habe, bei ihm zur amtlichen Aufbewahrung befunden hätten. Diese Rüge ist begründet. Zwar sind unter Beamten im Sinne des Strafgesetzes— abgesehen von den Notaren— nur die im Dienste des Reiches oder im unmittelbaren oder mittelbaren Dienste eines Bundesstaates stehenden Personen zu verstehen, und zu diesen gehören, wie in der Rechtsprechung des Oberkribunals feststeht, Geistliche als solche nicht, weil dieselben in dieser ihrer Eigenschaft nur im Dienste der betreffenden Religionsgesellschaft * Anders verhält sich aber die Sache, wenn und so weit ein Geistlicher Functionen wahrnimmt, welche zugleich wesentlichen Zwecken des Staates dienen, in so weit ist er auch als mittelbarer Staatsbeamter anzusehen. Dieses ist nun nicht blos in Bezug auf die Führung der Civilstandsregister der Fall, sondern auch, wie bereits vom Obertribunal durch Erkenntniß vom 30. April 1873 anerkannt worden ist, wenigstens für den Geltungsbereich des Preuß. Allg. Landrechtes, in so weit, als der Pfarrer mit der Verwaltung des Kirchenvermögens betraut ist. Denn nach§ 69, Th. II, Tit. 10 A..=R. sind mittelbare Beamte die Beamten der dem Staate untergeordneten Collegien, Corporationen und Gemeinden, d. h. die Beamten der unter der Aufsicht des Staates stehenden Corporationen. Hierher sind aber auch die Kirchengesellschaften in Bezug auf die Verwaltung ihres Vermögens zu rechnen, da das Kirchenvermögen, wenn es gleich nach§ 167, Th. II, Tit. 11 A..=R. zunächst unter Aufsicht der geistlichen Obern, doch nach§ 161 das. der Oberaufsicht und Direction des Staates unterworfen ist, und diese grundsätzliche Auffassung hat in neuester Zeit durch die§§ 47—55 des Gesetzes vom 25. Juni 1875 über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden in Verbindung mit der durch das Gesetz vom 18. Juni 1875 erfolgten Aufhebung des Art. 15 der Verfassungs=Urkunde vom 31. Januar 1850 von neuem Anerkennung erlangt, sowie bereits im Jahre 1873 durch die vermöge des Gesetzes vom 5. April 1873 erfolgte Abänderung des gedachten Art. 15 der Verfassungs=Urkunde. Da nun thatsächlich feststeht, daß dem Imploranten von seinen kirchlichen Vorgesetzten die Verwaltung des Kirchenvermögens zu Alme anvertraut worden war, und er in dieser Eigenschaft auch die fraglichen, zum Kirchenvermögen gehörenden Werth-Urkunden in seinem Gewahrsam hatte, so muß dieser zugleich dem Oberaufsichtsrechte des Staates unterworfene Gewahrsam auch als eine amtliche Aufbewahrung im Sinne des § 133.=Str.=.=B. angesehen werden, und der Appellationsrichter hat rechtlich geirrt, wenn er in dieser Hinsicht von einem entgegensetzten Standpunkte ausgegangen ist. Das Erkenntniß 2. Instanz muß deshalb vernichtet; in der Sache selbst kann jedoch noch nicht erkannt werden, weil es an der erforderlichen thatsächlichen Feststellung fehlt, insbesondere über die übrigen, von dem Imploranten in erster Instanz geltend gemachten Einwendungen in zweiter Instanz noch nicht erkannt ist. Die„Germania“, welcher wir das vorstehende Erkenntniß entnehmen, bemerkt zu demselben:„Damit ist die Sache der katholischen Kirche ja wohl vollständig entschieden: für sie existirt keine Verfassung von 1850 mehr, für sie gilt nur mehr das starre Verhältniß des Allgemeinen Landrechts; die Kirche, eine dem Staate„untergeordnete" Corporation, ihre Diener Beamte des Staates! Was man doch durch ein Erkenntniß nicht alles nachträglich noch werden kann, wovon man nie Ahnung hatte und wofür man sich jederzeit unbedingt bedankt haben würde!“ Zur Klärung der Frage, ob bei Stichwahlen die Katholiken für einen social=demokratischen Candidaten stimmen dürfen, gehen uns zwei Zuschriften, welche die Frage verneinen, zu: I. Berlin, 22. Januar. Mit großem Interesse bin ich den Ausführungen Ihres Berliner—=Correspondenten in Nr. 16 Ihres geschätzten Blattes gefolgt und dies um so mehr, da die darin berührte Frage, ob Katholiken sich an der engeren Wahl zwischen einem National=Liberalen und einem Social=Demokraten betheiligen dürften, eventuell wie sie zu stimmen hätten, auch mich seit mehreren Tagen schon beschäftigte. Ihr — Correspondent bejaht die erste Frage und hält es für zweckmäßig, daß die Katholiken für den Social Demskraten stimmen sollten aus zwei Gründen; erstens, weil uns aus der Wahl des Candidaten der socialdemokratischen Partei ein augenblicklscher Nutzen erwachse, indem die Oppositionspartei dadurch verstärkt werde: zweitens, weil eine solche Wahl uns für die Zukunft nichts schaden könne, da das Volk doch zur Einsicht komnen werde, daß es auch mit diesen Volksbeglückern„nichts sei“. Ganz gewiß würden wir unter den Verhältnissen, wie sie nun einmal in Deutschland liegen, einem Social Demokraten vor einem National=Liberalen für den Augenblick den Vorzug geben müssen, nach dem allgemein bekannten und allgemein angenommenen Grundsatze, daß man von zwei Uebeln das kleinste zu wählen habe. Dieser Grundsatz gilt indessen nur für den Fall, daß ein Deittes nicht möglich ist. Bei diesen engern Wahlen jedoch ist für den Katholiken noch ein Drittes möglich, er kann sich der Wahl enthalten, uad ich weiß nicht, ob er sich nicht der Wahl enthalten muß, da die destructiven Grundsätze des Social=Demokratismus gegenüber jeder positiven Religion und der kathol. Kirche, als der Hauptvertreterin des Offenbarungsglaubens insbesondere, als auch gegenüber der von Gott gewollten socialen Ordnung des Staates und Familie, hinreichend bekannt sind. Würde ein Katholik, der durch seine Stimme einen Social=Demokraten in die gesetzgebende Versammlung eines Landes brächte, sich nun nicht direkt der Theilnahme an den socialistischen Wühlereien schuldig machen? Wenn wir aber auch nur die Opportunitätsfrage ins Auge fassen, die ja Ihr== Correspondent hauptsächlich behandelt, so glaube ich auch, und ist dies ja evident, daß wir wohl einen momentanen Vortheil davon haben, wenn wir einen Candidaten der social=demokratischen Partei statt eines National=Liberalen in den Reichstag schicken würden. Ob es uns aber auch für die Zukunft nichts schaden kann? Da erlaube ich mir doch vor der Hand anderer Ansicht zu sein, als Ihr verehrter Herr— Correspondent. Nach meiner Ansicht kaun es uns nicht nur schaden, sondern wird uns schaden. Wenn der Herr—=Correspondent meint, man hole das Gift ja nicht für sich selbst aus der Apotheke, sondern nur, um die Ratten zu vertilgen, so glaube ich, um in seinem Bilde zu bleiben, dem entgegenhalten zu können, daß man mit Rattengift denn doch nur sehr vorsichtig umgehen darf. Es gibt Familien, die durch Unvorsichtigkeit mit Rattengift in großes Unglück gekommen sind. Glaubt der Herr denn, daß in einem Kreise, wo die Social=Demokratie schon so festen Fuß gefaßt hat, daß sie ihren Candidaten in engere Wahl bringt, im Laufe der nächsten drei Jahre abnehmen werde? Sicherlich nicht. Die katholische Kirche würde aber ganz gewiß nicht mit dem Nachdruck und dem Erfolg gegen die Grundsätze der Social=Demokratie wirken können, wie dies nothwendig ist, wenn sie selbst ihre Kinder an die Wahlurve geführt hätte, um für einen Social=Demokraten zu stimmen. Und wer weiß, wie viele ihrer Kinder sich an dem„Rattengift" vergreifen würden. Anders steht es mit den National=Liberalen. Während die social=demokratische Bewegung wächst,— natürlich nur als logische Consequenz aus den Grundsätzen unserer Liberalen,— ist der National=Liberalismus wie dies die diesjährigen Wahlen deutlich zeigen, im Absterben begriffen. Der Zersetzungsprozeß hat schon begonnen und der Reichstag von 1880 wird wahrscheinlich nur mehr ein kleines Häuflein sowohl der Liberalen sans phrase als der avec phrase sehen. Mir scheint es deßhalb nicht nur prinzipiell das Richtigste, sondern auch das Klügste zu sein, wenn wir ai unsern Prinzipien festhalten und sagen: Wir wollen keine NationalLiberalen, wir wollen aber auch keine Demokraten. Das katholische Volk hat am 10. Januar gesprochen und seine Stimmen sind gezählt, es wird aber auch laut genug bei den engeren Wahlen sprechen, wenn wir„Wahlenthaltung“ als Parole annehmen. II. Vom Lande, 23. Januar. Zu der Frage, wie bei Stichwahlen zwischen Liberalen und Social Demokraten die Katholiken sich verhalten sollen, wollen Sie auch einer Stimme vom Lande ein Wort gestatten. Weil aber gerade für die Zukunft diese Frage von großer prinzipieller Bedeutung ist, so halte ich eine Besprechung derselben auch nach den Wahlen für zeitgemäß. Als in den sechsziger Jahren die Liberalen gegen die Regierung kämpften und gegen das Militärbudget angingen, da gewannen sie auch die katholischen Wahlkreise dadurch, daß sie behaupteten, in Berlin handle es sich nicht um die Religion, sondern um die materiellen Interessen des Volkes, die sie mit aller Macht vertheidigen wollten. Kaum aber hatte das katholische Volk die kirchenfeindliche Gesinnung der Liberalen erkannt, so kehrte es sich von ihnen ab, und gab bei den Wahlen seine Stimmen den Männern des Centrums. Wäre es auch besser gewesen, wenn das katholische Volk auch seine materiellen Interessen nur treuen Katholiken anvertraut, so ist sein heutiges mannhaftes Eintreten für die religiösen Interessen doch ein idealer Zug nach Höherem, der die irdischen Dinge nicht allzu hoch taxirt. Wenn nun die Socialdemokraten in der Kirche ihre Todtfeindin erblicken, und zur Macht gelangt, nach den Worten Bebels sie ganz vernichten wollen, wie können wir dann mit ihnen stimmen um einen Liberalen zu verdrängen, und statt dessen einem neuen Feinde mit anderm Namen zum Siege zu verhelfen? Wenn später die Macht der Liberalen gebrochen, aber die der Socialisten so gewachsen, daß wir unsere ganze Vertheidigung gegen sie zu richten haben, wie will man dann das katholische Volk gegen sie in den Kampf führen, wenn heute ihm erlaubt wird, an ihrer Seite gegen die Liberalen zu kämpfen. Die seine Unterscheidung von größerem oder kleinerem Uebel wird dem graden Sinne des Volkes unverständlich bleiben. Das Zusammengehen mit den Socialisten würde unsere Aktionskraft im Kampfe schwächen, dem ungerechten Vorwurfe, daß die schwarze und rothe Internationale verbunden seien, eine scheinbare Begründung geben, und die Aufhebung des direkten Stimmrechts an gewisser Stelle um so dringlicher erscheinen lassen. Alle übrigen Parteien mögen sich im Kampfe allerlei taktische Bewegungen und Compromisse erlauben, um einen augenblicklichen Erfolg zu erreichen, aber die Centrumspartei, die aus dem gläubigen Sinn des Volkes erwachsen, muß ihre weltbefiegenden Prinzipien zu jederzeit und gegen jede Partei in Gegenwart und Zukunft geltend machen, und gerne auf einen Tageserfolg verzichten. Können wir mit Stolz und Freude sagen:„Seht, die wir ins Centrum gewählt sind Männer mit reinen Händen, die an keiner Gründung betheiligt gewesen,“ so müssen wir auch unsre Fahne rein und unbefleckt erhalten, und mit keiner Partei auch nur einen Augenblick uns verbinden, die immer zu bekämpfen unsere Pflicht ist. Deshalb Wahlenthaltung bei Stichwahlen zwischen einem Social=Demokraten und einem Liberalen, Fortschrittler oder Freiconservativen! Die Reorganisation der Landwirthschaftsschulen nach dem neuen Reglement ist im abgelaufenen Jahre eifrig weiter gesördert worden, und es haben schon zwei solche Schulen, die in Lüdinghausen und Flensburg, zum einjährigen freiwilligen Militärdienste berechtigte Zöglinge entlassen. Solche Schulen bestanden in Marienburg, Dahme, Brieg, Liegnitz, Flensburg, Hildesheim, Herford, Lüdinghausen, Cleve und Bitburg; neu eröffnet wurde am 1. October v. J. die an Stelle der aufgehobenen Staatsanstalt Hof=Geisberg bei Wiesbaden getretene Landwirthschaftsschule in Weilburg. Am 1. April 1877 sollen die Landwirthschafteschulen in Eldena und Fraustadt eröffnet werden, so daß die Gesammtzahl der Landschaftsschulen dann 13 betragen wird, die insgesammt vom Staate in Beträgen von je 15,000 oder 18.000 M. unterstützt werden sollen. In Obornik(Provinz Posen) ist kürzlich durch den Landrath ein Staatspastor eingeführt worden. Dies geschah so unerwartet, daß vor der Einführung nicht einmal das Sanctissimum entfernt werden konnte. Nun schreibt die liberale„Pos. Ztg.“ wörtlich also:„Das Sanctissimum ist noch nachträglich fortgebracht, durch Gensdarmen aber wieder requirirt worden. Die Messe ist noch nicht besucht worden.“ Sollte sich diese Nachricht bestätigen, so hätten wir trotz der Mißbilligung, die Minister Eulenburg im Abgeordnetenhause über die Ohlauer Gensd'armenaffaire aussprach, hier eine Wiederholung derselben. Vor dem hiesigen Stadtgericht standen am 18. d. der Redacteur der Post“ Dr. Kayßler und der Schriftsteller Dr. Rosenberg wegen eines Artikels, in welchem der letzte Ankauf etrurischer Alterthümer seitens der Berliner Museumsverwaltung kritisirt worden und behauptet worden war, die von Dr. Curtius angekauften Alterthümer seien sehr möglicher Weise unecht, auch habe Dr. Curtius sie ohne Vorlegung der Fundberichte, ohne Kenntniß des General=Directors der Museen und ohne Genehmigung der betreffenden technischen Commission angekauft. Beide Angeklagte, welche jede beleidigende Absicht in Rede stellten, wurden zu Geldstrafen, Rosenberg als Verfasser des Artikels zu 150, Kayßler zu 120 Mark verurtheilt. * Metz, 22. Jan. In dem nunmehr veröffentlichten Decret, welches an die Stelle Bezanson's den Baron von Freyberg als intermistischen Maire setzt, wurden als Erwägungsgründe aufgeführt: 1) daß die Verhandlungen mit einem Mitglied des Municipalrathes, welches zur Uebernahme der Mairesfunctionen geeignet gewesen wäre, zu keinem Resultate führten, und 2) daß eine andere geeignete Persönlichkeit im Municipalrath sich nicht gefunden habe. Was nicht gesagt wird, ist, warum überhaupt eine Ersetzung stattfinden mußte. O München, 23. Januar. Die Nationalliberalen gehen im Großen und Ganzen wieder unversehrt als überwiegende Fraction aus den Wahlen hervor. Es ist die Eitelkeit und Blasirtheit der sog.„gebildeten“ Schichten, welche dieses Resultat ermöglichten. Die Nationalliberalen haben geschickt die Ereignisse und Siege von 1870 für sich ausgebeutet, sie gelten nicht bloß, sondern sind auch seit den Compromissen in der Militärbudgetsfrage und bei den Justizgesetzen die Partei Bismarck. Die Nationalliberalen werden solange oben an bleiben, solange der Name Bismarck für sie in die Wagschale fällt. Tritt aber irgend ein Ereigniß ein, welches umgestaltend wirkt, so wird die ganze nationalliberale Partei spurlos, wie Spreu im Winde, verschwunden sein. Sie hat in dieser Beziehung viel Aehnlichkeit mit der Napoleon'schen Partei in Frankreich. Das Plebiscit vom Anfange des Jahres 1870 zeigte die Bonapartisten in imposanter Stärke; es verfloß kaum ein Jahr, und die Napoleon'sche Partei brachte in ganz Frankreich kein Dutzend von Abgeordneten mehr zusammen. Anders ist es bei der katholischen Partei. Sie hat im katholischen Volke ihren Boden, sie kann einiges Terrain verlieren, wird aber sicherlich auch nach politischen Umgestaltungen ihre Stellung behaupten. Nur fehlt es unserer Partei vielfach noch an Schulung und politischer Einsicht. Daß die Katholiken in Elberfeld einem Nationalliberalen zum Siege verhalfen und sich dessen auch noch rühmen, ist ein trauriges Zeugniß für ihren politischen Verstand. Die dem katholischen Volke gefährlichste Fraction ist gegenwärtig die nationalliberale, und die Devise katholischer Wähler mußte sein: Lieber jeden Candidaten, nur keinen Nationalliberalen. Wer das heute noch nicht begreift, wer nach den Erfahrungen seit 1871 einem Nationalliberalen seine Stimme geben kann, den beneiden wir nicht um seinen Verstand. * München, 22. Jan. Der Ministerialrath im Ministerium des Innern, Mitglied des deutschen Bundesrathes, v. Riedel, ist zum Ministerial=Director befördert. * Wien, 23. Januar. Heute begann die Ministerberathung in Pest über die bekannte Ausgleichsfrage.— Der Botschafter Frhr. v. Haymerle in nach Italien abgereist. In den Artikeln der Augsburger„Allg. Ztg.“ über den Internuntius Grafen von Prokesch=Osten findet sich folgende Stelle aus einem Briefe, den der Verstorbene am 30. September v. J. wenige Wochen vor seinem Tode geschrieben hat:„Was mir wie das Kainszeichen an der Stirne der heutigen politischen Welt erscheint, ist die Macht der Lüge und Täuschung, der Hohn, mit welchem das Recht, die Erhalterin der Staaten, niedergetreten wird. Was sollen die Völker daraus lernen und zu was werden sie erzogen?“ + Aus Oesterreich, 22. Januar. Ich kann Ihnen heute in aller Eile nur einige vielsagende Data mittheilen. Aus Ungarn wird eine tiefgehende und schwer zu bewältigende Agitation zum Kriege mit Rußland signalisirt. Dies sei auch der eigentliche Beweggrund der Czegleder Kofsuth=Deputation nach Pest am vorgestrigen Tage gewesen. Da nun unserer Regierung Alles daran liegt, erst im Augenblicke der höchsten Noth aus der klugen Reserve herauszutreten, so mögen Sie begreifen, wie unbequem der asiatische Paroxysmus unserer„Teremtetes“ auch diesmal ist.— Was ich Ihnen vor zwei Tagen über Bemühungen Englands zur Lösung Italiens von Rußland schrieb, wird heute wenigstens indirect von den Officiösen eingestanden. Ein Wiener Officiosus gesteht z. B. in der heutigen„Bohemia“:„Es scheint, als würde Italien heute in der Orient=Frage nicht mehr jene einseitige Stellung einnehmen, die es zu Beginn der Verwickelung behauptete. Man sagte damals, daß Italien der Schleppträger Rußlands sei; und manche Symptome schienen[!] diese Ansicht zu bestätigen. Indeß muß wohl in der letzten Zeit eine gewisse Ernüchterung eingetreten sein. O dieser allerliebste Eiertänzer aus dem Preßbureau! England hat dem Piemon= teien mit den nichtsnutzigen Pseudo=Kriegsschiffen schon vor Wochen einen sehr deutlichen Wink gegeben, und, nach Luft schrappend, stammelte der welsche Annexions=Knirps:„Ho capito!“ Seitdem hat er seine heiße Rufsenliebe um, ich weiß nicht wie viele, Grade Réaumur abgekühlt. Das Spectakel wegen des Trentino aus italienischem Munde war nur ein russischer Contre-coup gegen eine muthmaßliche Occupation Bosniens durch Oesterreich. Und erst, als Victor Emanuel die positivsten Versicherungen gegeben, daß seine Regierung Nichts mit dem „Zeitungslärm“ zu thun habe, wurde der Frhr. von Haymerle als österreichischer Botschafter bei den Piemontesen ernannt. Das plaudern heute die Officiösen aus. Fortes fortung juvat. V Prag, 19. Jan. Die Tschernajew=Affaire in der böhmischen Königsstadt ist mit der Entfernung des slavischen Garibaldi noch nicht zu Ende gekommen. Am vergangenen Dinstag(16. d. M) wurden sechs czechische„Führer“ vor der hiefigen Polizei=Direction verhört, Tags darauf seche weitere; und gestern erhielten nochmal fünf Haupt=Czechen eine Vorladung vor die nämliche Behörde; die Reihe der Vorladungen aber ist noch lange nicht abgeschlossen. Der ganze Spektakel hatte sich nämlich so augenfällig anti=dynastisch gegen die Romanov und Habeburg entpuppt, daß eine Regierung, die sich selbst achtet, nicht die Hand vor die Augen halten konnte. Die Ausweisung des militärischen Dilettanten aus den Grenzen des Kaiserstaates wird in Petersburg sicher als Freundschafts=Dienst ersten Ranges aufgenommen werden, weil man dort diesen Fetisch der„heiligen slavischen Idee“ recht wohl durchschaut hat und ebenso wohl weiß, was hinter dem„Slaventhume“ stickt.— Auch als Katholiken haben wir ein ernstes Wort mit gewissen „Führern“ der National=Partei zu reden. Als nämlich Tschernajew am russischen Neujahr, Sonnabend den 13. d.., die hiesige schiematische Kirche besuchte, beeilten sich seine czechischen Trabanten, ihm im Chore der Kirche zu assistiren und die Riten der„orientalischen“ Kirche in einer Weise mitzumachen, die um viele Meilen über die einfache Toleranz hinausgeht. Ja ein Dr. Kark Sladkoveky, Czeche, ist am nämlichen Tage zu Wien aus der katholischen Kirche demonstrativ zum Schiema übergetreten, und die heutige Prager„Politik“ meldet es mit sichtlichem Behagen. Wir anerkennen es von Herzen, daß viele brave Katholiken zu den Alt=Czechen halten, können aber nicht begreifen, daß sie noch länger mit denselben zusammengehen könnten. Eie baldige Scheidung der Geister ist nicht blos Gewissens=, sondern auch Ehrensache. Italien. 0 Rom, 20. Jan. Der Sturm gegen die katholische Kirche oder der Culturkampf ist nun in Italien seit gestern sehr heftig im Parlamente losgebrochen. Es fehlte nicht an den scandalösesten Scenen. Man begann nämlich die Discussion über den famosen Gesetzesvorschlag gegen die Mißbräuche des Clerus. Es erhoben sich Stimmen dafür und dagegen. Jedoch ist kaum zu bezweifeln, daß das von der Commission modificirte, aber bedeutend verschärfte Gesetz sowohl in der Kammer als im Senate durchgehen werde. Besonders wurde der zweite Artikel sehr bedeutend verschärft durch den Zusatz:„Alle diejenigen, welche Schriften oder Reden, die zum Ungehorsam gegen die Staatsgesetze oder gegen Verordnungen der Staatsbehörde auffordern oder die Ausübung der politischen oder bürgerlichen Rechte zu verhindern suchen, sind mit den obgenannten Strafen(Gefängniß von 4 Monaten bis zu 2 Jahren und bis zu 2000 Liren) zu belegen, von was immer für einer kirchlichen Behörde und was immer einem Ort sie herrühren mögen.“ Im Artikel 5 ist beantragt, daß jeder Priester für jede allgemeine Uebertretung eines Gesetzes um einen Grad höher zu bestrafen sei als andere Menschen. So fabelhaft dieser Zusatz auch klingen mag, so ist er dennoch wahr und auch dieser Act der schreiendsten Ungerechtigkeit wird von beiden Kammern gut geheißen werden.— Alle sechs Artikel strotzen von Haß gegen den katholischen Clerus. Man spricht in dem famosen Gesetze zwar allgemein von den Ministri dei Culti; allein die Methodisten, Waldenser, Anglo=Amerikaner und Protestanten haben von diesem Gesetze nichts zu befürchten. Es ist einzig und allein gegen die katholischen Priester gerichtet und deshalb übersetzte ich Ministri dei Culti einfach mit Priester. Gestatten Sie mir, Ihnen einige Details der letzten zwei Kammerverhandlungen über dieses Gesetz mitzutheilen. Petrucelli della Gattina, der wüthende Republikaner und Atheist, beginnt die Discussion dieses Gesetzes damit, daß er sehr bedauert, daß dieses Gesetz in keiner Weise vorgesehen habe für die Bestrafung der Mißbräuche, deren sich der Clerus auch gegen das Ausland schuldig machen kann. Er sagt, die katholische Kirch habe bis zum Jahre 1870 jeden Fortschritt bekämpft, heute aber sei sie wüthend. Er fordert die Kammer auf, endlich doch einmal gegen solche Intoleranzen einzuschreiten. Der Deputirte Incagnoli stimmt zwar dem Gesetze bei, meint aber, es solle noch wirksamer und schärfer gegen die Feinde des Staates abgefaßt werden. Marziale Cupo bedauert sehr, daß man mit der Theologie und der Religion so viel Umstände mache; der vorliegende Gesetzesvorschlag bestrafe nur die Mitschuldigen, aber nicht den Urheber. Man solle doch endlich die Garantiegesetze abschaffen. In einem Lande von 27 Millionen Katholiken, von denen 16 Millionen kaum des Lesens und Schreibens kundig sind, hält er es für überflüssig, daß man ein eigenes Gesetz hierfür vorschreibe.„Die Religion ist eine wankende Institution; man stelle ihr die Schule entgegen und vom Katholicismus bleiben nur mehr traurige Erinnerungen. Es sei nicht nothwendig, daß man von Unten beginne, von Oben solle man den Anfang machen. Daher dieses Ausnahmegesetz rein überflüssig. Er würde es sehr gerne sehen, wenn das Garantiegesetz abgeschafft würde.“ Der Deputirte Abignente sprach seine Ueberzeugung aus von der„Schlechtigkeit der Religion des Vaticans“ und fügte hinzu, daß er stets beeeit sei, seine Stimme für die Abschaffung des Papstes und der Religion abzugeben. Der Deputirte Bovio erging sich hierauf in den sakrilegischsten Worten gegen die Päpste. Er insultirte Pius IX., ohne ihn direct zu nennen. Der Kammerpräsident machte ihn aufmerksam, daß heute noch die Garantiegesetze in Gültigkeit ständen. Der Deputirte Bortoluci sprach sich sehr entschieden gegen dieses Gesetz aus und sagte, daß er laut beklage, daß das graue Haupt des Papstes hier nicht respectirt werde. Er wisse zwar wohl, daß seine Worte hier im Parlamente in den Wind gesprochen seien, nicht aber bei der Mehrheit der Italiener. Er erklärte, der Gesetzesvorschlag sei dem ersten Artikel des Statutes zuwider. Das Papstthum habe die Welt vom Barbarismus gerettet und es sei sehr zu bedauern, daß man sage, das Papstthum habe den menschlichen Geist verdammt. Endlich beharrt er auf den Worten, daß die katholische Kirche weder die Freiheit, noch die Civilisation, noch den Fortschritt, wohl aber den antichristlichen Sinn verdamme. Er sprach sehr energisch gegen dieses Gesetz und gegen die Worte der Deputirten Abignente, Petrucelli, der den ehrwürdigen Greis des Vaticans einen Chalifen nannte, und Marziale Cupo, der den Papst vor den Assisen sehen möchte. Er endete seine Rede mit den Worten:„Gott erhalte den verehrungswürdigen Stuhl des erhabenen Papstes, Gott erhalte den Glauben unserer Väter.“ Ein fürchterlicher Scandal entstand hierauf. Viele Stimmen riefen: Amen. Damit endete die gestrige Sthung. Frankreich. * Paris, 20. Jan. Die Blätter von Lille berichten über die gestern erfolgte feierliche Eröffnung der dortigen katholischen Universität, die in der St. Katharinen=Kirche vor sich ging. Die Cardinäle von Cambrai und Mecheln, mehrere Bischöfe, der Abt von La Trappe und viele Geistliche wohnten der Ceremonie bei, zu der sich auch die Gläubigen in hellen Schaaren eingefunden hatten. Reden wurden gehalten von dem Rector der Universität, Hrn. Hautcoeur, den Dekanen der drei Facultäten für Recht, Literatur und Naturwissenschaften, endlich von dem Cardinal Régnier, Erzbischof von Cambrai. * Paris, 23.Jan. Die Regierung hat eine Depesche Gortaut Biron's erhalten, welche sagt, daß der Kaiser ihm sein Bedauern über das Scheitern der Conferenz ausgesprochen und die correcte Haltung Frankreichs auf derselben gelobt habe. Rußland. * Warschau, 18. Januar. In der Diöcese Augustowo wurde kürzlich der Pfarr-Administrator Simon Lopinski auf höheren Befehl verhaftet und nach kurzer Untersuchung nach Olonetz in die Verbannung abgeführt, weil er beim Absingen der Muttergottes=Litanei in der Kirche dreimal die Bitte angestimmt und mit der Gemeinde gesungen hatte:„Heilige Mutter Gottes, Königin von Polen, bitte für uns!“ Von diesem Falle ist durch Circularverfügung des General=Gouverneurs Grafen Kotzebue die gesammte römische Geistlichkeit des Königreichs Polen mit der Androhung benachrichtigt worden, daß jeden Geistlichen, der öffentlich zur Mutter Gottes als der Königin Polens bete, eine gleiche Strafe treffen werde. Aecht russisch! Griechenland. * Athen, 22. Jan. Neun englische Panzerschiffe unter dem Befehl des Viceadmirals Drummond sind hier angekommen. Für morgen ist die Ankunft des Herzogs und der Herzogin von Edinburg aus Malta angezeigt. Lord Salisbury und Sir Elliot nehmen ihre Reise nach England gleichfalls über Athen. Amertka. * Washington, 23. Jan. Der Präsident Grant hat eine Botschaft an das Repräsentantenhaus gerichtet, in welcher er die Verwendung von Truppen während der Präsidentenwahl für gerechtfeitigt und durchaus verfassungsmäßig erklärt. Dieselbe sei nothwendig gewesen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Er, der Pläsident, würde, um Einschüchterungen und Gewaltthätigkeiten zu verhindern, kein Bedenken getragen haben, sich einer größeren Anzahl von Truppen zu bedienen, wenn er dieselben zur Hand gehabt hätte. * Zur ortentalischen Frage. Wien, 22. Jan. Die„Polit. Corresp.“ erklärt die Nachricht, daß der Botschafter Zichy an dem zu Ehren der Deputation ungarischer Studenten in Constantinopel veranstalteten Festdiner Theil genommen habe, für vollkommen unbegründet. Im Gegentheil sei noch vor Ankunft der Deputation den türkischen Staatsmännern absolut kein Zweifel darüber gelassen worden, daß die Deputation von Niemanden ein Mandat erhalten habe und daß die Mitglieder derselben nur ihre eigenen Privatpersonen vertreten. Dieser Standpunct sei auch seitens der österreichisch=ungarischen Botschaft streng eingehalten worden. Wien, 23. Jan. Der türkische Botschafter zeigte dem Grafen Andrassy an, daß die Pforte Serdien und Montenegro sehr versöhnliche Friedensbedingungen stelle und sich die Vermittlung Oesterreichs erbitte. Rußland drängt auf eine gemeinsame Action der Nordmächte. Wien, 23. Jan. Ter„Politischen Correspondenz“ wird aus Bagdad gemeldet:„In Mesopotamien herrscht unbeschreiblicher Enthusiasmus für den Krieg Die Redif=Bataillone sind statt 750 schon 1500 Mann stark. Man predigt den„heiligen“ Krieg. Viele Nomadenstämme boten dem Statthalter Reiterschaaren an. Die Regierung hebt eine doppelte Recrutenzahl aus. Auch viele Pferde und bedeutende Geldsummen werden nach Stambul gesandt.“— Ein officiöser Brief aus Athen regt die Abtretung von Epirus, Thessalien, Kreta, Psara, Samos und Chios an Griechenland an. um welchen— nicht gerade bescheidenen— Preis die Türkei die thatkräftige Freundschaft Griechenlands gewinnen würde.— Die Differenzen über den Zolltarif zwischen Oesterreich und Rumänien sind beglichen. Wien, 23. Jan. Rußland wird auf Grund des Berliner Memorandums eine gemeinsame Action anzuregen suchen und erst, wenn diese abgelehnt wird, allein vorgehen. Wien, 23. Januar. Das russische Kriegsministerium hat bei der Maschinenfabrik in Abo sechs Dampfschaluppen bestellt, Mitte Mai in Kronstadt abzuliefern. Auch ist die Ausrüstung schwimmender Batterien vor den russischen Pontushäfen angeordnet. Das fünfte und sechste Sappeur=Bataillon, zwei combinirte Pontonnier=Bataillone der Südarmee haben mit dem Brückenmaterial Cantonnements am Pruth bezogen. Wien, 23. Januar. Im Auswärtigen Amt wird die Abberufung des türkischen Botschafters erwartet; Aleko Pascha ist aber noch ohne Weisung aus Constantinopel. Derselbe hatte gestern Abend in Pest eine Conferenz mit Andrassy. Wie es heißt, wird auch Oesterreich den Wiederbeginn des Krieges in Serbien nicht zugeben, und es verlautet, daß in nächster Zeit ein gemeinschaftlicher Schritt der durch das DreiKaiser=Bündniß vertretenen Mächte in Stambul stattsinden werde, und zwar durch die Geschäftsträger. Die Pforte zeigt sich jedem Zugeständniß abgeneigt. Sollte sie auf dieser Haltung beharren, so glaubt man hier, daß der Gedanke einer Besetzung durch Rußland und Oesterreich wieder zur Erwägung kommen würde. In der Umgebung Andrassy's ist eine Annexionen nicht abgeneigte Stimmung wahrnehmbar, doch würde eine derartiger Plan bei den ungarischen Staatsmännern auf starken Widerstand stoßen. Berlin, 23. Jan. Die Bemühungen Rußlands, nachdem die mehrfach erwähnten Versuche, eine europäische Collectiv=Action gegen die Türkei zu erzielen, sich aussichtslos erwiesen haben, sind jetzt darauf gerichtet, wenigstens den Schein einer diplomatischen Solidarität aufrecht zu erhalten. Daher die überströmenden Friedensversicherungen russischer Organe, die vorerst starken Zweifeln begegnen und mit glaubwürdigen Berichten über die am Pruth fortgesetzten Vorbereitungen in Widerspruch stehen. Jene vermeintliche Solidarität soll dann später als ein europäisches Mandat verwerthet werden, wenn die Anstrengungen der allerdings in Petersburg wohnenden Friedenspartei scheitern sollten. Constantinopel, 23. Jan. Die Botschafter und Conferenzbevollmächtigten, welche ihre Abreise auf heute festgesetzt hatten, haben dieselbe wegen der sehr ungünstigen Witterung noch verschoben. Marquis von Salisbury hat sich dereits eingeschifft, doch befindet sich das Schiff desselben noch auf der Rhede, um erst nach dem Eintreten besseren Wetters abzugehen. Petersburg, 23. Jan. Der heutige„Golos“ hebt als ein wichtiges Resultat der Conferenz hervor, daß die Türkei nicht mehr als europäische Macht dastehe und Europa nunmehr jeder Verpflichtung überhoben sei, die Integrität des muselmännischen Reiches zu schützen. Die Orientfrage sei seit vorigem Sonnabend in eine neue Phase getreten, die Pforte habe durch Ablehnung der Vorschläge der europäischen Mächte alle Folgen des Pariser Friedens selbst vernichtet und von jetzt ab könne eine eventuelle Einmischung irgend einer Macht in die türkischen Angelegenheiten nicht mehr eine Verletzung der internationalen Verträge bedeuten. Den in Constantinopel verbreiteten Gerüchten, wonach die Türkei beabsichtigte, in ein separates Einvernehmen mit Rußland zu treten, wird dem„Golos“ kein Glauben geschenkt. London, 23. Jan. Gladstone empfing gestern in Frome eine Deputation und äußerte sich dabei dahin, daß seiner Ansicht nach gegen die Person Lord Salisburys wegen der Mißerfolge der Conferenz ein Tadel nicht erhoben werden könne. Da die Pforte auch die wesentlich ermäßigten Forderungen der Mächte abgelehnt habe, so könnten etwa künftig zu machende Vorschläge von den europäischen Mächten überhaupt nicht in Erwägung gezogen werden; es sei klar, daß die Mächte der Türkei überhaupt nicht Vorschläge hätten empfehlen dürfen, wenn sie nicht zugleich die Absicht gehabt hätten, auf deren Durchführung zu bestehen. Die wichtigste Frage sei jetzt, ob die Pforte, nachdem sie die von ihr gemachten Versprechungen in schmählicher Weise unerfüllt gelassen, fortfahren dürfe, die ihr durch den Pariser Vertrag vom Jahre 1856 zugesicherten Vortheile zu genießen. England trage in der ganzen Angelegenheit eine schwere Verantwortung und die Regierung müsse das Land aufklären über die Folgen, die der Mißerfolg der Conferenz haben werde. Die Wiederübernahme der Leitung der liberalen Partei wurde von Gladstone abgelehnt. Vermischte Nachrichten. * Bonn, 24. Jan. Die„Germania“ bringt in ihrer Nummer 16 eine Correspondenz von hier, worin über die Ueberweisung der alten Jesuitenkirche an die Altkatholiken verschiedene Mittheilungen gemacht, und unserer Zeitung der Vorwurf gemacht wird, daß sie ihre Leser vollständig ununterrichtet lasse. Wir haben auf diesen Vorwurf zu erwidern, daß wir nicht in der Lage gewesen sind und auch jetzt uns nicht befinden, Zuverlässiges über die in Rede stehende Angelegenheit zu bringen, wir aber Anstand nehmen, unverbürgte Nachrichten zu verbreiten. Wenn wir alle in dieser Sache im Laufe der letzten Monate aufgetauchten Nachrichten, mit welchem Anspruche auf Glaubwürdigkeit sie auch auftreten mochten, hätten mittheilen wollen, so würden wir zu öfteren Malen in der Lage gewesen sein, unsere Mittheilungen zu widerrufen. Auch jetzt müssen wir auf Grund unserer Kenntniß die Correctheit der in der beregten Correspondenz enthaltenen Angaben vorläufig bezweifeln. So lange wir nicht unumstößlichen Beweis vom Gegentheil in Händen haben, müssen wir zu der Vertretung der Pfarrgemeinde das volle Vertrauen hegen, daß sie ihrerseits in der Angelegenheit die kirchlichen Principien zu wahren wissen werde. § Bonn, 24. Januar. Christliche Eltern sind jetzt oft in der Lage, die Unterweisung ihrer Kinder in den Religionswahrheiten selbst in die Hand nehmen zu müssen. Nicht nur ist dies in verwaisten Gemeinden der Fall, sondern auch dort, wo den Geistlichen das Betreten der Schule untersagt ist und der von ihnen zu ertheilende Unterricht auf eine nach Lage der Sache nur nothdürftige Vorbereitung auf die erste h. Communion beschränkt ist, müssen die Eltern ergänzend eintreten. Dem Bedürfniß solcher Eltern kommt nun der bei Herder in Freiburg erschienene und mit der Approbation des dortigen Hochwürdigsten Capitelsvicars versehene„Römisch=katholische Katechismus, besonders für den häuslichen Unterricht“ in anerkennenswerthester Weise entgegen. In der an die christlichen Eltern gerichteten Vorrede werden die Zwecke dieses Katechismus näher auseinandergelegt und zugleich recht practische Anweisungen für den Gebrauch derselben ertheilt, zumal für solche Gemeinden, in denen bei dem Mangel aller Seelsorge ein Laiengottesdienst eingerichtet ist. Mit Rücksicht auf das Bedürfniß, auf welches der Katechismus berechnet ist, find abstracte Begriffsbestimmungen und die Anwendung solcher Ausdrücke und Redewendungen, welche einer irgendwie weitläufigen Erklärung bedürftig wären, auf das Sorgfältigste vermieden, dagegen haben die Fragen und Antworten stets eine concrete und leicht verständliche Fissung. Man vergleiche z B. nur das gewöhnliche für Katecheten und Kinder mit soviel Schwierigkeiten verbundene Capitel: „Von der Gnade Gottes und dem Nachlaß der Sünden“(S. 27) und am Schlusse die treffliche„Anleitung zur h. Beichte“. Mit besonderer Ausführlichkeit und Sorgfalt wird den durch den„Culturkampf" bedingten Anfordernissen vor Allem entsprechend, die Lehre„von der Kirche Jesu Christi“(in fünf„Unterweisungen") behandelt: 1) Gründung der Kirche, 2) von dem sichtbaren Oberhaupte der Kirche, dem Papste, 3) von den Bischöfen, Priestern und Seelsorgern, 4) von dem unfehlbaren Lehramte, 5) von den vier Kennzeichen der Kirche Jesu Christi. Ein weiterer Vorzug des Katechismus ist die mit der Deutlichkeit sich verbindende Kürze in den Antworten, die doch nichts Wesentliches vermissen läßt, sowie die vom Verfasser getroffene Einrichtung, wonach einzelne Fragen mit einem Sternchen bezeichnet sind als solche, welche für jüngere Kinder füglich übergangen werden können, so daß der Katechismus für Kinder von verschiedenen Alters= und Bildungsstufen verwendbar ist. Der Verfasser hat sich zwar nicht genannt, doch ist der Katechismus selbst Beweis genug, daß es ein Mann von der gereiftesten Erfahrung auf dem Gebiete der Pädagogik sei. Der Ertrag ist zur Unterstützung hilfsbedürftiger Priester bestimmt. D Bonn, 24. Jan. Zu welch' schönen Hoffnungen unsere Jugend berechtigt, kann jeder sehen, der einmal bei Schluß der Schule das Unglück hat, über den Vierecksplatz zu kommen. Kaum sind die Knaben aus der Schule heraus, so legen sie rasch 2ücher und Tafel bei Seite und greifen zu den Waffen. Die einen bewaffnen sich mit einem dünnen, wieder andere mit einem kräftigen Stocke, ja sogar Stücke Draht von ungefähr!: Meter Länge werden als Waffen gebraucht. Alsdann geht es im Halloh übereinander her. Dem Einen wird ein Loch in den Kopf geschlagen, der Andere ist froh mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Auch wird die Kraft des Armes wohl mit kräftigen Steinen versucht, die dann manchmal den unliebsamen Weg in die Fenster der benaybarten Häuser nehmen zur Freude der Eigenthümer. Ja manchmal entwickelt sich eine förmliche Schlacht, die unter fürchterlichem Lärm noch in den benachbarten Straßen fortgesetzt wird. Wenn das so fort geht, so werden wohl noch manche dieser jungen„Krieger“ mit der Polizei Bekanntschaft machen müssen. Boun, 24. Jan. Gestern Abend fand im Nettekoven'schen Saale dahier die monatliche Sitzung des academischen Bonisazius=Vereines statt. Zunöchst schritt man, da das bisherige Präsidium sein Amt niederlegte, zur Neuwahl des Präsidenten, und übertrug die Versammrung beinahe einstimmig dieses Amt dem Herrn stud. jur. Kausen. Die Sitzung verlief äußerst glänzend und die Gemüthlichkeit erreichte den höchsten Grad. Im Laufe derselben theilte der Präsident der Versammlung den Vorschlag des Vorstandes mit, am 30. Januar in dem großen Saale des Bonner Bürger=Vereins das Stiftungsfest des Vereines durch einen solennen Commers zu feiern. Der Vorschlag wurde mit großem Beifall angenommen. Wie wir vernehmen, werden zu diesem Commerse auch die Bürger eingeladen. Zur Deckung der Kosten wird ein Entré von 50 Pfg. erhoben. * Vom Rhein, 23. Jan. Bei dem Festessen gelegentlich der Eröffnung des Rheidter protestantischen Lehrerseminars erklärte Landrath Bödiker, innerhalb eines Jahres solle auch ein neues Seminar in Odenkirchen eröffnet werden, und zwar ein katholisches. In Verbindung mit der Entlassungs Prüfung an dem katholischen Lehrer=Seminar in Elten wird am 1. März und den folgenden Tagen auch eine Prüfung für die katholischen Candidaten des Lehramtes an Volksschulen abgehalten, welche ihre Vorbildung nicht in einem Seminar erhalten und das 20. Lebensjahr zurückgelegt haben. ff Euskirchen, 21. Jan. Ihr Artikel„p Euskirchen 17. Jan.“ in Nr. 18. Ihres Blattes, Erste Ausgabe, bedarf insofern einer Berichtigung, als der hier bestehende Martinus=Verein nicht den Zweck verfolgt,„gesperrte Geistliche zu unterstützen“, sondern nach§. 1 seiner Statuten nur beabsichtigt, für die Existenz der Euskirchener(NB. nicht gesperrten) Pfarrgeistlichkeit Sorge zu tragen. * Aachen, 22. Jan. Heute Morgen fand im Paulinerwäldchen hierselbst zwischen den Polytechnikern v. K. und., letzterer aus Barmen ein Pistolenduell statt, in welchem Herr R. seinen Gegner mitten durch die Brust schoß, so daß der Tod schon nach wenigen Minuten eintrat. R. stellte sich sofort dem zuständigen Gerichte und ist vorläufig in Haft. J Gerolstein, 20. Jan. In der vorigen Woche wurde auf der hiesigen sogenannten Burgwiese ein Wagen voll schönes Gras gemäht. Gewiß ein seltener Fall in der Eifel im Monat Januar. Uebrigens läßt diese so früh fortgeschrittene Vegetation, welche das milde Wetter hervorgehracht hat, eher ein schlechtes Jahr befürchten, da leicht strenge Nachtfröste eintreten und Alles zerstören können. * Kohlscheid, 22. Jan. In Folge von Arbeiterentlassungen auf den Gruben der Vereinigungsgesellschaft haben am Samstag Abend verschiedene Excesse stattgefunden, zu deren Unterdrückung Militär aus Jülich requirirt wurde. c. Mainz, 20. Januar. Eine Broschüre des hiesigen Arztes Dr. Kupferberg macht hier nicht geringes Aufsehen. Derselbe constatirt eine auffallend kurze durchschnittliche Lebensdauer der hiesigen Einwohner und weist nach, daß in ganz Deutschland nicht eine solche Dichtigkeit der Be völkerung existire, als in unserer Stadt. In Frankfurt a. M. kommen nämlich 120, in Hamburg 250, in Köln 330 Einwohner auf den Hectar Flächengehalt, in Mainz dagegen fast 400 Einwohner. * Frankfurt a.., 20. Jan. Während vor 3 Jahren für die Candidaten der Socialdemokraten Schmidt und Bebel zusammen 2429 Stimmen abgegeben wurden, fielen jetzt auf den Candidaten Frohme 3448. Die Socialisten haben also 1000 Stimmen gewonnen; ein großer Fortschritt, wenn man bedenkt, daß viele Arbeiter von hier verzogen sind O Frankfurt, 14. Jan. Die Geschäftslosigkeit nimmt hier immer mehr zu. Binnen Kurzem werden einige größere Geschäfte sämmtliche ledige Arbeiter entlassen, nur die Verheiratheten bleiben, und diese mit beschränkter Arbeitszeit.— Das Stehlen durch schulpflichtige Kinder hat in der letzter Zeit in bedauerlicher Weise Ueberhand genommen. Meist thun sich die Burschen zu einer Diebsgesellschaft zusammen. Während der Chef stiehlt, passen die anderen auf und lenken die Aufmerksamkeit ab. Eine Anzahl der Schlimmsten ist zetzt in einer Besserungs Anstalt gebracht; sie haben aber reichen Nachouchs. Und dabei hat man noch gweiligen Einfall, den kath. Stadtpfarrer, der der Schule den Religionsunterricht ertheilen will, daran zu hindern. Das wird helfen. * Düsseldorf, 23. Januar. Wie wir mitgetheilt haben, wurde dieser Tage im benachbarten Stoffeln ein dortiger Bürger, Herr Liebertz, vor seiner Hausthüre ermordet. Der„Düsseldorfer Anzeiger“ scheut sich nun nicht, für diesen Mord die ihm verhaßten Katholiken verantwortlich zu machen. Auch die„Elberf. Ztg.“ gestattet einer Correspondenz Aufnahme, in welcher es heißt:„Der den Lesern bereits bekannte Mord, welcher an einem friedliebenden Bürger in dem zur Bürgermeisterei Düsseldorf gehörenden Stoffeln verübt wurde, hat eine große Aufregung der Bevölkerung hervorgerufen. Hoffentlich bewahrheitet sich das vielfach verbreitete Gerücht nicht, daß der ruchlose Mord als eine Folge der ultramontanen Hetzereien anzusehen sei.“ Dem gegenüber constatirt das „Düfseldorfer Volksblatt“ ausdrücklich:„1. Daß hier in Düsseldorf von einem solchen Gerücht nicht das mindeste bekannt ist, daß vielmehr einzig der seit der Düsseldorfer Gewerbe=Affaire so bekannte„Düsseldorfer Anzeiger' die Schuld an dem Morde auf die Katholiken Düsseldorf's zu werfen versucht hat; 2. daß der Ermordete, Herr Liebertz zu Stoffeln, ein eifriger Anhänger der Centrumspartei war, so daß selbst bei Annahme politischer Beweggründe bei dem Mörder der Urheber jedenfalls anderswo zu suchen sein würde, als bei der Centrumspartei.“ p Giverfeld, 20. Januar. Die Einnahmen der Bergisch=Märkischen Eisenbahn betrugen im vorigen Jahre zusammen 967,680 Mark weniger, als im Jahre 1875. * Sonnvorn, 20. Jan. Auf dem benachbarten Rittergute Hammerstein ist die Maul= und Klauenseuche unter dem Rindvieh ausgebrochen und sind die zur Abwehr und Unterdrückung der Seuche erforderlichen polizeilichen Maßregeln bereits angeordnet. Bei der isolirten Lage dieses Gutes ist die Gefahr einer raschen weiteren Verbreitung indeß nicht vorhanden. t Essen, 20. Januar. Im vergangenen Jahre wurden nicht weniger als 15,200 gerichtliche Pfändungsprotocolle ausgestellt. * Essen, 23. Jan. Ein Arbeiter bettelte dieser Tage in einem Hause in der Kibbelstraße und wurde von einem vorbeigehenden Polizeibeamten verhaftet. Frohen Herzens rief der Arbeiter seinem auf der Straße wartenden Sohne zu: Komm Julius, jetzt bekommen wir Brod! * Bochum, 19. Jan. Aus den katholischen Pfarrgemeinden Lethmate, Altena, Lüdenscheid, Werdohl, Plettenberg, Neuenrade, Meinerzhagen, Limburg, Iserlohn, Sümmern, Hemer und Menden ist in Betreff des Religionsunterrichts in der katholischen Volksschule eine mit den Eingaben aus Warstein u. s. w. im Wesentlichen übereinstimmende Erklärung an den Cultusminister Dr. Falk nach Berlin abgegangen. (0 Dortmund, 20. Jan. Wegen der anhaltenden milden Witterung ist die Nachfrage nach Kohlen eine sehr geringe. Die Kohlen sind jetzt, wie die Händler sagen, spottbillig. Allerdings sind die Preise um ein Sechstel gegen die im September und October geltenden zurückgegangen, während doch sonst im Monate Januar die Kohlenpreise am höchsten zu stehen pflegen. * Münster, 22. Jan. Vor fast vier Monaten richteten, wie seiner Zeit erwähnt, drei angesehene hiesige Bürger einzeln an den Herrn Cultusminister eine Beschwerde über den Bescheid der königl. Regierung zu Münster in Betreff der für Schulversäumniß am Tage der großen Procession festgesetzten Strafe. Da die Antwort ungebührlich lange auf sich warten ließ, so bat einer der drei Beschwerdeführer unter dem 24. Dec. den Herrn Dr. Falk um gefällige Antwort, welche denn auch laut dem „Westf. Merkur“ am Sonntag(14.) wirklich(per Couvert des Hru Oberbürgermeisters einging. Sie lautet:„Münster, 11. Januar 1877. Der Herr Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat die von Ew. Wohlgeboren an denselben unter'm 29. Sept. und 24. Dec. v. J. gerichteten Gesuche um Niederschlagung der über Sie verhängten Absenzstrafe wegen Schulversäumniß am 10. Juli an uns abgegeben und uns ermächtigt, diese Strafe niederzuschlagen. Wir haben der hiesigen Ortspolizeibehörde die Niederschlagung der Strafe aufgetragen und setzen Ew. Wohlgeboren hiervon im Auftrage des Hrn. Ministers in Kenntniß. Königl. Regierung, Abtheilung des Innern.“ Ein fast gleichlautendes Schreiben erhielten die beiden anderen Herren. Auch auf die in derselben Angelegenheit an den Cultusminister gerichtete Collectiv=Eingabe der betreffenden Bürger ist der gleiche Bescheid erfolgt. * Münster, 23. Jan. Der„Westf. Mercur“ schreibt:„Bekanntlich hatte der Clerus der Diöcesen Paderborn und Münster an den der Diögese Breslau unter dem 10. December vorigen Jahres ein Dankschreiben gerichtet für den Anschluß, welchen dieser an das Vorgehen der erstgenannten Diöcesen in Sachen des Religionsunterrichtes vollzogen hat. Vor Allem war in dem S. reiben die Gemeinschaft der Interessen und des Kampfes für dieselben betont. Der hochwürdige Clerus des Fürstbisthums Breslau hat dieses Schreiben mit der Versicherung seines atfrichtigsten Dankes und der herzlichsten Liebe erwiedert; er bittet gleichzeitig, daß mit der Kampfesgemeinschaft auch die amtsbrüderliche Gebetsgemeinschaft hochgehalten werde.— Wir sind überzeugt, daß diese Bitte überall in den beiden Diöcesen freudige Zustimmung findet. Ist das der Fall, so haben wir einen neuen und großen Erfolg des Culturkampfese zu verzeichnen. Die in Kampf und Gebet sich kundgebende Einigkeit hat die Christen uranfangs mit immer neuem und steigendem Muthe beseelt; diese Gemeinschaft hat ihnen unter dem Beistande der göttlichen Gnade den Sieg über das Heidenthum errungen. Der Sieg wird auch diesmal nicht fehlen. * Münster, 12. Jan. Am Lehrer=Seminar zu Büren wird, laut der„Köln. Volksztg.“, die Aufnahme=Prüfung am 14. März, zu Soest am 28. Februar und zu Hilchenbach am 19. März abgehalten. Die Entlassungs=Prüfung der Seminar=Abiturienten und die Prüfung der nicht im Seminar gebildeten Lehramts=Candidaten findet an den drei genannten Anstalten am., 10. und 12. März resp. am 23., 24. und 26. Februar sowie am 14., 15. und 16. Mäz statt. * T r o p p a n, 1 9. J a n u a r. G e s t e r n f a n d a u f d e r M ä h r i s c h S c h l e s i schen Centralbahn zwischen Domstadtl und Großwasser eine FelsenrutDie Passagiere des Zuges Nro. schung Statt. Niemand ist verunglückt. 12 mußten aussteigen. * Kassel, 22. Jan. Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, ältester Sohn des Kronprinzen, hat das Abiturienten=Examen auf hiesigem Gymnasium in diesen Tagen bestens bestanden. * Danzig, 22. Januar. Die bisher von Dirschau bis hinter Mewe reichende Eisversetzung hat sich inzwischen durch angetriebenes Eis bis über Kurzebrack hinaus ausgedehnt. Die durch zusammengeschobene Schollen dort gebildete Eisdecke hat eine Stärke von 16 Fuß. In Folge dessen steigt auch weiter oberhalb das Wasser wieder; bei Graudenz betrug das Anwachsen des Wasserstandes in kaum zehn Stunden 12 Zoll. Dabei war auch dort wie bei Culm starker Eisgang. Die Situation fängt nunmehr auch oberhalb an bedenklich zu werden. Bei Kurzebrack steht die nach Münsterwalde führende Chaussee bereits mehrere Fuß unter Wasser, so daß ein Postverkehr zwischen Czerwinsk und Marienwerder unmöglich ist. Die Eissprengungen bei Dirschau werden noch fortgesetzt, sie sind jetzt bis etwa eine halbe Meile oberhalb Dirschau gediehen.— In den Eivinger Vorstädten haben einige Fabriken ihre Thätigkeit wieder aufnehmen können, da in Folge der Beseitigung der Eisstopfungen im Elbingfluß das Wasser desselben etwas gefallen ist. Sonst ist in der NogatNiederung der Zustand unverändert. Thorn, 21. Jan. Der hiefige protestantische Rector Faust ist zum Kreisschulinspector des katholischen Kreises Rosenberg in Oberschlesien ernannt. Sämmtliche Kreis=Schulinspectoren des Regierungsbezirks Marienwerder, deren Inspection katholische Schulen unterstellt sind, sind Protestanten. Auch eine Illustration der Parität in Aus der Provinz Posen, 21. Jan. Wie selten die„Staatspfarrer“ noch immer sind, beweist auch die Thatsache, daß dieser Tage „Wolff's Bureau“ es für der Mühe werth hielt, die Einführung des Vicars Adalbert Nowacki aus Exin als„Staatspfarrer“ in Obornik per Draht zu melden. * Mosbach(in Laden), 20. Jan. Ein erschütterndes Ereigniß, schreibt man der„D..=.“ erregt die ganze Stadt. Im Gasthaus zur Krone saß gestern Abend eine Anzahl von Herren beisammen; da wurde plötzlich von der Straße durch das Fenster herein ein Schuß in ihre Mitte abgefeuert und der practische Arzt Dr. Ortlieb in die Stirne getroffen, so daß er augenblicklich todt war. Den vermuthlichen Thäter, der noch leugnet, hat man alsbald ergriffen. Der Grund dieser That ist noch unbekannt. * N ü r n b e r g, 2 3. J a n. F r a n k e n b u r g e r( F o r t s c h r i t t) e r h i e l t i n d e r Stichwahl bis jetzt 12,498, Grillenberger(Socialist) 11,825 Stimmen. Ein kleiner noch ausstehender Bezirk kann die Entscheidung nicht mehr ändern. * Messina, 20. Januar. Der Kaiser und die Kaiserin von Brafilien kamen gestern hier an und stiegen im Hotel Victoria ab. Heute beabsichtigten sie die Sehenswürdigkeiten und reisten dann nach Catania ab. Wissenschaftliche Vorträge im„Goldenen Stern“. Bonn, 23. Januar. Herr Dr. Cardauns, durch seine mehrjährige Wirksamkeit als Docent der Geschichte an hiefiger Universität noch in bester Erinnerung, hatte zum Gegenstand des fünften Vortrags Otto III. gewählt. Das römische Kaiserreich deutscher Nation, welches. Otto der Große auf den Trümmern des Karolingerreiches schuf, hat bald nach seinem Tode eine gefährliche Krisis durchgemacht. Die schwere Niederlage, welche Otto II. durch die Araber erlitt(982), gab den ersten Stoß; die lange Vormundschaft nach seinem frühen Hinscheiden(983—995) brachte die Verluste nicht wieder ein, und Otto III. hat sich während seiner selbstständigen Regierung (995—1002) als unfähig erwiesen, den Niedergang des Reiches aufzuhalten. Mit 15 Jahren zur Herrschaft gelangend, vereinigte er mit hoher Begabung und feinster Geistesbildung eine Fülle edler Charaktereigen= schaften, aber zum Staatsmann hat sich der schwärmerische Jüngling niemals entwickelt. Seine phantastischen Vorstellungen von der Würde und den weltumfassenden Aufgaber des Kaiserthums erhielten Nahrung durch die leichten Erfolge seines ersten Römerzuges und durch seinen innigen Verkehr mit dem tief in antiken Ideen lebenden französischen Gelehrten Gerbert, der später als Sylvester II. den päpstlichen Thron bestieg. Während seines langen zweiten Aufenthaltes umgibt er sein Kaiserthum mit fremdländischem Pomp; der Heimath entfremdet, will er Italien zum Hauptland des Reiches, Rom zur Hauptstadt machen. Träumen nachjagend, verliert er die wirklichen Aufgaben der Herrschaft aus den Augen. Mit der exaltirten Kaiseridee aber verbindet sich ein krankhafter religiöser Zug. Er ist halb Kaiser, halb Büßer, unentschieden schwankt er zwischen Weltherrschaft und Weltentsagung, im schärfsten Gegensatz zu seinem ebenso frommen wie kraftvollen Nachfolger Heinrich dem Heiligen. Ueber diesen Zwiespalt ist er nicht hinausgekommen, und ein Abbild seiner inneren Zerrissenheit ist das ziel= und ruhelose Wanderleben seiner letzten Jahre. Die ersten Früchte seiner Unklugheit, den Beginn jener Anarchie, die Heinrich der Heilige erst nach achtzehnjährigem Ringen zu bändigen vermochte, hat er noch selbst gesehen. In Deutschland wankte die Treue, in Italien loderte der Aufstand empor, und in kraftlosen Versuchen, denselben zu bändigen, ist er, erst 22 Jahre alt, gestorben. Seinem Wunsche gemäß wurde er im Aachener Münster neben Karl dem Großen, seinem mißverstandenen Vorbild, bestattet. Keiner unserer Kaiser hat dem Begründer des Kaiserthums so bewußt nachgestrebt, keiner ist ihm in seinem Wirken und seinen Erfolgen ferner geblieben, als dieser unglückliche guter schwerer Waare mit ca. M. 150 per Decher verkäuflich. Ziegenselle erhalten sich in guter Meinung. Kalbfelle brachten leichte Lackirfelle M..50, schwerere 4, 10pfd..50 per Stück, und Mastkalbfelle bis 55 Pfd. grün. Hammelfelle leichte Waare mit M. 3 bessere mit M..50 und ganz schwere, stark bewollte, M..50 per Stück bezahlt. Koln, 23. Januar. Cours=Bericht. 9. 4 Mt E a ggr#, Industrieeketten Tuch.=Nch..=B. 82.506 Kh.=Wsts. Pulvf 81.75 B Köln. Bgw.=V. 73.00 S Colonia,.=V. 6150 GAach.=Höng. Bw. 45.00 G Köln. Maschb. 110.0) S Gladb..=V. 1500 GBerzelius 53.50 BKöln. Müser. B. 21.00 C Leipziger.=V. 8000 G Boch. Gußst.=V. 31.00 GKgs.= u. Laurah. 70.006 Magdeb..=V. 2200 G Bonif.,..=E. 50.00 B König Wilh. 10.00 S Vaterl..=V. 3450 G Bonn. Vw..=.7700 B Louise Tiefbau 18.00 G Westd..=Bank 800|Centrum,.=G. 23.00 G Mechern. Bw. 136 75 S Köln. Rückvers. 400 GlCommerner, 81.75 B Phönix Lit. A. 31.00 S Agripp., Tr.=G. 630 G Courl, Witf. Bw.40.00 G, Lit. B. 00.00 B Kh.=Westf. Llyox 460 G Dahlbusch, Bw. 74 50 BRh.=Nass. Bgw. 86.50 S Concord.,.=V. 1950 B/Dortm. Union.00 G Sieg=Rh. Pr.=A. 1200 4 Germ., Leb.=B. 410 G/E.=J. M. u. Schw. 48.50G Segena, Schwe.15.00 C Köln. Hagel=V. 285 B Eschweiler.=V. 23.50 B Stadtberger H. 00.00 Köln. Dampfsch.64.00 B Efs..=F. Union 28.00 bz Stolb. St.=.=.00.00 0 Däss. do. 69.00 B Germ na, Bw. 00.00,(Styrum, E. J. 00.00 P Köln. Schleppsch. 50.00 K Gelsenkirchener 98.00 G Wstf. Draht=Ind.00.00 Tauerei Köln 00.00 B/Hib. u. Shamrock 34.00 G Wiss..=..=.16 00 B Köln. Bwollsp. 85.00 G Hörder.=V. 34.00 G„„§. B 00.00 Rhein. Bauges. 65.00 BlHumboldt 00.00(Witt. Waffenf. 51.00 S Bant=Actien. Amsterdamer B. 76 256 D. Reichsbank 154 25 B Meining..=Pf. 100. 250 Antwerp..=B. 55.0 B/Disc.=Comm. 107.0) G Oest. Credit=.229.00p. U Bankf. Rh..W. 57.00 G Essener Credit 63.00 B Rh.=Weits.=.49.00 S * aa aa ggg:Schaaffh..=.59.00 bz Barmer Bankv. 80.00 0 Kolner Privatb. 113.00 G Berg. M. B. 76.00 B Köln.Wechsl.=.74.50 B Darmst. Bank 98.50 G/Luxemb. Bank 9200 B ##mm e. Eisenbahn=Stamm=Actten. Nachen= Mästr. 00.00 B Köln=Md..B 00.00 G Rheinische Amsterd.=Rott. 00.00 Berg.=Märk. 80.00 G Saliz.(Karl=Ld.) 00.00 Köln=Mindener 100.856 Güdd Jum.=.1640 110.00 bz Mainz=Ludw. 96.00 G, Lit. B 92.00 Oderschles. A C 128.00 G Rhein=Nahe 00.00 Oest.=F. Sb. 390.00 Bp. U. Rumän. Eis.=A. Oest. Sdl.(Lb.) 120.00 G, „ Eisenbahn Prioritäts=Obligationen. Bg.= M..S. 84.50 G Köln=M. 1. E. 100.00 G Rhein. 44% 99.00 G 10.00 ". 5. E. 98.00 G„ 2. „„ 6. S. 98.00 bz„ 3. „„ 7. S. 102.70 G„ 4. „ Nordb. 103.00 E„ 5. Rh.=Nahe gar. 100.50 G„ 6. Mainz=Ludwh. 103.00 G In= und ausländische Fonds. 104.75B„ 5% 103.50 B „100.00 Gl„.=K. 44% 99.50 S 92.25 B/„.=C. 41% 98.00 G 90.25[Oest.=Fr. Stsb. 313.00 B 98.00 bz[Oest.=Sdl.(Tb.) 230.00 C 50 Americ..1831 105.00B/K.=Md. 34.=A. 108.00G„ Silber=R. 54.00 S „1885 1/ 11 99.00 G Köln. Stadt=O. 101.00 G/Rheinpr.=Obl. 101 75 B #S#.# 191999.. neue 101 25 6/Rh.=Westf. Rtb. 97.50 6 Suu.2 mpron. 1 19.000 Krupp..=0. 103.50 B Türk. Anl. 1865 00.00 Köln, 23. Jan.(Notirungen der Handelsmakler.) Wetter: Frost. Weizen matt, ohne Sack per 200 Pfd. hies.(niedrigster Preis, eff. Nm. 24.00., fremder 22.50—24.00 B.(Lieferungsqual.. 5 Pfd. per 60 Liter.) Roggen niedriger, ohne Sack per 200 Pfd. hies.(niedrigster Preis)i Km. 18.50, fremder 17.00—18 50 B.(Lieserungsqual. à 69 Pfd per Liter.) Hafer geschäftslos, per 20 Pfd. ohne Sack Nm. 16.95 Rübbl unverändert, per 100 Pfd. mit Faß in Eisenb. eff. in Partiero vor 100 Ctr. Nm. 40.50 B. Landmarkt. Weizen M. 22.75—23.75; Roggen 17.50—18.25; Gerste —: Hafer M. 15—1750; bez. pro 200 Pfd. Zufuhren ca. 500 Sack. Alle Artikel fortwahrend in matter Haltung und ohne große Kauflust“ Neut, 24. Jan Weizen 1. Qual. M. 23.70, 2. Qual. 22.20, Landroggen 1. Qual. 18.20, 2. Qual. 17.20, Wintergerste—.—, Somme“gerste—.—., Hafer 17.—, Buchweizen 16.80, Rübsen(Aveel) 34.50. Kaps 36.—. Kartoffeln.—, Roggenstroh.80, Alles per 100 Kilo. Heu.50 per 50 Kilo. Rüböl per 100 Kilo in Partien von 100 Ctr. M. 81.50, Rüböl per 100 Kilo faßweise 83.50, Gereinigtes Oel per 19) höher, Preßkuchen per 1000 Kilo 165, Weizen=Vorschuß 00 pro 100 Kilo 31 50. Zufuhr ca. 200 Sack. Bonn, 24. Jan. Petroleum M. 48,—, per 100 Kilogr. „Fxankfurt, 12. Januar. Weizen M. 25.—, fremder 24,50, Roggen un as Serste 19, 5 Hafer 17,.50, Raps—.—, Weizenmehl Nr. 00 M. 90,00, Kr. 0 32,00, Nr. 1 28,50, Nr. 2 22,50, Nr. 3 20.—, Roggenmehl Nr 0/1 Berliner Marke M. 26,75, Nr. 2 do. M. 19.—. Frankfurt, 22. Januar. Ochsen 1. Qual. M. 64,—, 2. Qual. 60.— Kühe 1. Qual. M. 60,—, 2. Qual. 46,—, Kälber 1. Qual. 50,—, 2. Qual. 48.—, Hämmel 1. Qual. M. 50.—, 2. Qual. 48.—. pr. Ctr. Essen, 22. Januar. Weizen M. 24,25, Roggen 19,75, Braugerste 21,—, Futtergerste 14,75. Hafer 18,75, Malz 29.—, Weizenmehl 0 32,50, erwogene Gruppirung der Personen, unter denen namentlich zwei Päpste (Gregor V. und Sylvester II.) gerechten Anspruch auf ein lebhaftes und theilnehmendes Interesse haben, die Aufmerksamkeit des Publicums andauernd zu fesseln, welches ihm am Schlusse mit reichlichem Beifalle lohnte. Möge Herr Dr. Cardauns daraus zugleich entnommen haben, daß in weiten Kreisen sein in allbekannten Verhältnissen begründeter Weggang von der hiesigen Hochschule schmerzlich empfunden wird.— Schließlich bemerken wir, daß der letzte Vortrag in diesem Winter Donnerstag den 22. Februar stattfinden wird. Herr Dr. Frhr. v. Hertling wird alsdann über Feuelon sprechen. Depeschen. Rom, 24. Januar. Die„Agenzia Stefani' meldet:„Der Papst wurde am Sonntag von einer Oynmacht befallen und verließ Montag das Zimmer nicht. Gestern wurden einige Personen empfangen und Anordnungen zu weiteren Audienzen getroffen. Im Laufe des Tages wiederholte sich der Ohnmachtsanfall.“[Bestätigung dieses Stefani=Telegramms wird vorerst abzuwarten sein.] * Petersburg, 23. Januar. Der heutige„Regierungsanzeiger“ publizirt das vom Kaiser bestätigte Budget pro 1877. Nach demselben betragen in genauer Ziffer die ordentlichen Einnahmen 570,777.872 Rubel, die Ausgaben 570,769,280 Rubel Silber, es ergiebt sich demnach ein Einnahmeülberschuß von 8522 Rubeln. Berlin. 23. 24. 4 1% preuß.Cons. 104.10 104.10 3½% Präm.=Anl. 144,50 144 0 3 1/2% Pr. Stsschld. 92.40 92 20 Köln=Mindener 101.— 100 80 Gelsenkirchen... 9775 Rheinische..... 110.10 119 10 Oesterr.Silberrente 54 90 Vergisch=Märkische. 80,10 7990 Oesterr.=Franz. 389 50 Schaaffhausen... 58— 59,50 kombard. Bahn. 121.— Darmstädter.... 99.20 99.80 Oesterr. Credit.. 232.— Disc.=Commandit 10796 10790 Haudel und Verkehr. * Berlin, 23. Jan. Auch die heutige Börse trug keine einheitliche, deutlich erkennbare Tendenz, sondern verkehrte in lustloser Stimmung und schwankender Haltung. Der näher rückende Ultimo legt ihr eine immer größere Reserve auf. Das selbstständige Geschäft ruhte daher fast gänzlich und nur Transactionen, welche zu dem Ultimo in Beziehung standen, gelangten zur Ausführung. Die Course blieben gegen gestern im Allgemeinen unverändert. Von Speculationspapieren waren Credit=Actien etwas höher und fest, Franzosen wiederum angeboten und niedriger, sich nur vorübergehend befestigend. Die gestrigen Pariser Course lauteten ungünstiger und die heute aus Wien gemeldeten ebenfalls nur schwach.— Der Eisenbahn Actienmarkt verkehrte in wenig fester Haltung und zu wenig veränderten Coursen. Rheinisch=Westfälische Bahnen hielten sich auf gestriger Courshöhe, blieben jedoch ohne nennenswerthe Umsätze.— Bank=Actien und Industrie=Effecten waren still und wenig verändert. Disconto=Commandit=Antheile waren matt. * Pertin, 23. Jan. Die Geschäftslage für Häute und Felle ist nach allen Richtungen hin gleich unerquicklich geblieben. Gutgestellte schwere Sohlleder, Salzochsen, von ca.°0 Pfd. per Bürde sind allein gefragt und würden bei einigermaßen befriedigender Trocknung mit M. 180 bis 186 Nehmer finden. Für leichte und flache Waare ist selbst zu namhaft niedrigen Preisen nur äußerst schwacher Bedarf. Sohlleder von trocknen Häuten ist mit M. 126—144 schwer anzubringen. Roßhäute nur in 23. Autwerpener... 55,— Bonifacius 45.— Centrum 23— 24. 55 10 45— 23— 9775 54 80 385 50 121.50 231 50 Danzig, 23. Januar. Weizen Bunter 215.—, hochbunter 223.—, heubunter 222,—, Roggen 162.—, Kleine Gerste 144.—, große Gerste 151,— Weiße Koch=Erbsen loco 142,— Hafer loco 145.—. Spiritus per 100 Littr 100“ loco 53.— 23. Januar. Weizen M. 223.50, Roggen 160.—, Hafer M. 154,—. Rüböl loco M. 75,—. Spiritus loco 54,10. Stettin, 23. Januar. Weizen 224 50 Roggen 156,—, Rüböl 74,—, Spiritus 53.60. Rübsen 355—, Petroleum 20.—. Breslau, 23. Januar. Spiritus per 100 Liter 100% 53.—, Weize. 208.—, Roggen 154.—, Rüböl 74,—. Hamburg, 23. Januar. Weizen 222—, Br. Roggen 162— Br. Rüdol loco 77—per 200 Pfd. Spiritus 44 ¼. Kaffee Umsatz 1500 Sack. Petroleum Standard white loco 20.25. Br. Bremen, 23. Jan. Petroleum. Standard white loco 20,50 Mark. Mannheim, 22. Jan. Rusfischer Weizen M. 25,—, Roggen, franzödo, do. russischer M. 18.—, Gerste pfälzer M. 18,— Hafer 17.50 Alles per 100 Kilo. Mannheim, 22. Jan. Leinöl in Partien M. 30.50. faßweise 31, Rüböl in Partien 40, faßweise 40,50), Weizenmehl per 100 Ko. mit Sack Nr. 0 43, Nr. 1 38, Nr. 2 33, Nr. 3 29, Nr. 4. 25. Roggenmehl Nr. 0 28, Nr. 1 24. Magdeburg, 22. Jan. Weizen M. 235.—, Roggen 201.—, Gerste 192,—, Haser 180—, per 1000 Kilo. Antwerpen, 23. Jan. Raffinirtes, Petroleum blank disvon 52,50 frs. bezahlt. Amerikan. Schmalz, Marke Wilcox disp. fl. 31,25 Amerik. Speck long disv. frs. 105, short disp. 108. Paris, 23. Januar. Produktenmarkt. Weizen 28.—, Mehl 63.25 Rüböl 96.25. Spiritus 65 50. Paris, 22. Jan. Zugetrieben waren 2964 Ochsen 117 Stiere 1373 Kühe 469 Kälber 22203 Hämmel 1820 Schweine. Durchschnittspreisen: Ochsen frs. 1,78, Stiere 1,40, Kühe 1,58, Kälber 2,30, Hämmel 1,90, Schweine 1,60. London, 22. Januar. An den Markt gebrachtwaren 4100 Stück Hornvieh, 15000 Schafe, 200 Kälber. Bezahlt wurde per Stone von 8 Pfd.: Für Ochsenfleisch 6 sh.—., für Hammelfleisch 7 sh. 4., für Kalbfleisch 6 sh. 9., für Schweinefleisch 4 fh. 8 d. Manchester, 23. Januar. 12r Water Armitage 8“4, 12r Water Tayr lor 9½, 20r Water Micholls 10 ¾, 30er Water Gidlow 11 ½/2, 30r WateClayton 12¼, 40r Mule Mayoll 12—, 40r Medio Wilkinson 13½, 36r Warpcops Qualität Rowland 12—, 40r Double Weston 13¼, 60. Double Weston 16°8 Printers 1 9/16 8 4/89 8½pfd. 111. Petersburg, 23. Januar. Talg loco 49,50, Weizen loco 12,50, Roggen loco 7,50, Hafer loco.—. Hanf loco—.—, Leinsaat(9 Pud) loco 12.50. Lotterie. * Berlin, 23. Jan. Bei der heute angefangenen Ziehung der 2. Klasse 155. königl. preuß. Klassen=Lotterie fielen: 2 Gewinne von 6000 4 auf Nr. 17,793 und 27,250; 2 Gewinne von 1800 4h auf 15.385 und 15,453; 1 Gewinn von 600 M auf Nr. 61,073 und 3 Cewinne von 300 4 auf Nr. 12,131, 36.230 und 73,670. Expeditions=Briefkasten. Den Einsender des Briefes an Herrn Bull......... ersuchen um Zurücknahme des Schreibens, da uns der Aufenthaltsort des Adressaten unbekannt. Die Expedition. 23 Jan. Witterungsberichte. „ M. Hangranda 9. Roston— 5. Wasserstands=Nachrichten. Coblenz, 23. Jan. Rheinhöhe 6 Fuß 10 Zoll, gef. 1 Zoll. Bona, 21 Jan Rheinhöhe 6 Fuß 6 Zoll, gef. 2 Zoll Familien=Nachrichten. Gevoren: Jean Camal e.., Köln.= C. Beck e.., Essen.= Rud. Ibach e.., Barmen.- Joh. Bingen e.., Berge=Vordeck.- H. A. Kunz e.., Burbach.- Alfred Wencker e. ., Dortmund.- Louis Heuser e.., Neuwied. Verlobt: Anna Scharpenack, Aug. Eckardt, Elberfeld.- Pauline Elsbach, Meier Koppel, Erwitte u. Letmathe Vermählt: Rud. Even, Pauline Koch, Daun und Mehren.- Heinrich Duickers, H. Stoux, Oedt.- Peter Merzenich, Gertrud Sauerbier, Wolfgartea u. Gemünd. Gestorden: Adam v. BibersteinKosinski, Aachen.- Frau Ther. Weitz geb. Baessen, Laurensberg b. Dürwis. - Hermann Suntrop, Essen.- Frau Pastor W. Brinkmeyer geb. Rahlenbeck,#dersheim.= Friedr. Schreiber, Braunsfeld.- Georg Kingdom, Castrop. - Walther Kamp, Elberfeld.= Wilh. Ahlert, Lippstadt. — Durch die glückliche Geburt eines gesunden Knaben wurden sehr erfreut Bonn, den 23. Januar 1877 Math. Schmitz und Frau geb. Hilgers. Todes=Anzeige. Es hat dem Allmächtigen gefallen, unser innigst geliebtes, einziges Töchterchen Margarethchen, im zarten Alter von 4 Jahren, zu Sich in die Ewigkeit zu rufen. Um stille Theilnahme bitten I. B. Hagen und Frau. Bonn, den 23. Januar 1877. 2500 Thlr. und 1500 Thlr. gegen 1. Hypotheke zum Austhun bereit. Fr.Offert. aub 2. M. 143 bes. d. Exp. 5000 Thaler auf ein Haus gegen doppelte Sicherheit von einem pünktlichen Zinszahler gesucht. Offerten I. K. 169 besorgt die Expedition d. Ztg. Ein Haus in der Stadt mit großen Kellerräumen, Einfahrt und Hofraum, womöglich mit Hintergebäude zu miethen resp. zu kaufen gesucht. Offerten unter F. F. 170 an die Expeditton d. Zig. Herrschaftliches Haus mit Garten und Vorgarten, nahe der Meckenheimerstraße, seiner Geräumigkeit und Lag wegen auch zu j dem Geschäfte, event. zur Restauration und Gartenwirth= schaft geeignet, steht sofort günstig zu verkaufen event. zu vermiethen durch Jos. Käuffer, Häuser=Agent, Baumschuler Allee 8. 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Lempertz' Heute Donnerstag den 25. Januar: Bibliotheken der Herren Pfarrer Graf Wrschowetz in Boppard und Pfarrer Falke in Wiehl. Nr. 739—1222. □ von L. Rödelstürtz, Giergasse 13, empfiehlt ihr Fabrikat in kleinen und grösseren Gebinden unter Garantie für Güte und Haltbarkeit. In der Junfermann'schen Buchhandlung in Paderborn sind mit kirchlicher Approbation erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: P. Blot S.., Der der Mutter Gottes geweihte Tag. Mit Gutheißung des französischen Herausgebers nach der elften Auflage ins Deutsche übertragen. Nebst einem Anhange der nothwendigsten täglichen Gebete. 8 Bogen kl.°. Broschirt 40 Pfg. Clara Criquelion: Das Vorbild einer christlichen Frau. Eine Lebensskizze aus der neuesten Zeit. Nach dem Französischen. 110 Seiten°. Broschirt 75 Pfg. P. de Franciosi S.., Begründung und Uebung der Andacht zum hl. Herzen Jesu mit einem Anhange über die Andacht zum unbefleckten Herzen Mariä und einer kleinen Sammlung von Andachtsüdungen und Ablaßgebeten zu diesen heiligsten Herzen. Nay der 4. Auflage mit Gutheißung des hochw. Verfassers übersetzt von einem Mitgliede derselben Gesellschaft. VIII u. 240 Seiten°. Broschirt 1 M. 20 Pf. eucharistische Jahr oder Vorbereitungen und Danksagungen für die heilige Communion an allen Sonn= und Festtagen des Jahres. Aus dem Französischen. 15 Bogen kl. 80. Broschirt 75 Pf. Menne, das allerheiligste Sakrament des Altars als Sakrament, Opfer und Kommunion. II. als Opfer, nebst einer ausführlichen Erklärung der hi. Meß Ceremonien. 312 Seien 89. Kroschit 1 N. 50 Hl. Ein Ladenlocal mit Wohnung Jos phstraße Nr. 21a, bisher von Saitler Rübenkamp bewohnt, 3 Zimmer im Hinterbau 21b auf künftigen halben Mai zu vermethen. Näh. bei Prz. Jos. Mager, Wenzelgasse 5. Ladenlokal nebst Wohnung zu vermiethen. Näh. Wenzelgasse 60, I. Ei. 4 bis 5 Zimmer allen vermiehen. Vierckoplag Nr. 5. 10S. Al.b, Bonn, Kaiserstraße 18. Häuser=Agent. Bitte. Das dringende Bedürfniß einer neuen Pfarrkirche, nachdem zu Schönenberg im Siegkreise ein eigenes Pfarrsystem gebildet, wurde schon längst gefühlt, konnte aber wegen der großen Armuth der Gemeinde, die hir sichtlich ihrer Dürftigkeit jeder Schwester des Rheinlandes den Rang streitig zu machen, im Stande sein dürfte, nicht befriedigt werden. In Anerkenntniß des nothwendigen Baues, sowie der Unmöglichkeit der Bestreitung aus eigenen Mitteln hat das Königliche Oberpräsidium der Rheinpr vinz eine Hauscollecte in 1. Etage nebst den Regierungsbezirken Köln und Aachen bewilligt, welche in nächsten häuslichen Bequemlichkeiten zu Tagen auch in Bonn abgehalten werden soll, damit der in Angriff genommene niethen. Bierecksplan Nr. 5. Neubau, bei dessen Herstellung die Pothwendigkeit fremder Hülfe dringender 9—3 freundl. Zimmer geich oder per Mai an stille Einwohner zu vermiethen. Bonngasse 22. Erste Etage und zwei Zimmer in der zweiten Etage mit Gas u. Wasserleitung per Mai zu vermiethen. Markt Nr. 42. Kaban, de. bessen Gersneaung dir Koihwendiglen stemder Gumse bringende. hervorgetreten ist, nachdem die bereits vorhandenen Mittel der meist vom Tagelohn lebender Gemeindeglieder, sowie der Ertrag bereits zugeflossener Coll. kiengelder sich als durchaus unzureichend erwiesen, endlich seinr nothdürftigsten Vollendung entgegentrete. Die dankbare Gemeinde wird nicht ermüden, den edlen Wohlthätern des Himmels Segen herabzuflehen. Schönenberg, im Dezember 1876. J. A.'s Kirchenvorstandes. Iansen, Pfarrer. Zu vermiethen schöne 1. Elage vor der Stadt gleich oder 15. Mai. Bescheid Remigiusstraße 1. Auf Aameldung ist heute bei Nr. 173 des hiesigen Handels=(Gesellschalts=)Registers, woselllst die zu Bonn bestehende Buchhandlung unter der Firma E. Weder, und als deren Inhader Rudolph Weber und Mathias Hochgürtel, Beide Kaufleute und Buchhändler zu Bonn, eingetragen sind, vermerkt worden, daß gemäß Vertrag vom 1. October 1875 der genannte Rudolph Weder den Verlag übernommen hat und fernerhin die Firma„Eduard Weder's Verlag" führt, während der genannte Mathias Hochgürtel das Sorment übernommen und fernerhin die F. ma„M. Hochgürtel“ führt; daß die bisherige Ges Uschafts=Firma „E. Weder“ sohin erloschen ist. Sodann ist sub Nr. 897 des hiesigen Handels(Firmen=)Registers eingetragen worden der zu Bonn wohnende Buchhändler und Kaufmann Rud. Weber als Inhaber der zu Vonn bestehenden Firma„Eduard Weder'. Verlag", und unter Nr. 898 des hiesigen Handels=(Firmen=) Registers der zu Vonn wohnende Kaufmann Ma thias Hochgürtel als Inhaber der zu Bonn d. stehenden Firma„M. Hochgürtel.“ Bonn, den 22. Januar 1877. Auf Anmeldung ist heute unter Nr 896 des hiefigen Handels(Firmen Registers eingetragen worden, daß Albert Beutler, Kaufmann zu Erfeld, Inhaber der zu Crefeld bestehenden Firma„Alb. Beutler, Wiener Schuh- und Stiefel=Bazar“ zu Vonn eine Zweig=Niederlussung errichtet hat Bonn, den 22. Jonuar 1877. Oeffentliche Versteigerung im städt. Leihhause zu Bonn. Am Mittwoch den 7. Febr. 1877, Nachm. 2½ Uhr, werden die im Monate Juli 1875 versetzten, nicht eingelösten Pfänder— Nr. 8897 bis incl. Nr. 10362— im Leihhause dahier versteigert. Am Mittwoch den 7. März 1877 kommen die Pfinder aus dem Monate August 1875— Nr. 10363 bis inel. Nr. 11905— und am Mittwoch den 11. april 1877 die Pfänder aus dem Monate September 1875 zum Verkaufe. Bekanntmachung. In der letzten Zeit haben sich mehnere Regenschirme an den hiesigen Schalterfenstern herrenlos vorgefunden. Die unbekannten Eigenthümer werden ersucht die Gegenstände, nach Ausweis ihrer Empfangsberechtigung, bei dem Postdirector Herrn Dumzlaff abzuholen. Bonn den 22. Januar 1877. Ein gut möblirtes Zimmer mit Pension zu vermiethen. Näheres in der Exp. d. Lig.[512 Wohnungen von 2, 3 und 4 Räumen per 15. Mai zu vermiethen. Näh. in der Exped. d. Zig.[514 —3 schöne Zimmer zu verm. Zu e fragen Münsterstraße 76, 1. Etage. Möblirtes Zimmer, womöglich mit Benutzung eines Klaviers von einem Herrn gesucht. Offerten unter Preiangabe zub J. R. 166 besorgt die Exped. d. Zeitung. Eine Ackerparzelle von 2½ Morgen im Schaafhaus, nahe an der neuen Irrenanstalt, ganz oder getheilt zu verkaufen durch J. Eisenzammer, Dreieck 1. Zu vermiethen 1. und 2. Etage sofort event. am 15. Mai. Bachstraße 26. Formularien zu Kirchenrechnungen, Kapital=Anlagen, Kirchenbud. get, Zahlungsanweisungen u. Quittungen stets vorräthig. Ferner sind vorräthig und werden zur Abnahme empfohlen: Miethverträge, Rechnungsformularien und für die Herren Pfarrer Taufu. Verkündigungsscheine 2c Hauptmann sche Buchdruckerei. Gesucht Piannos und alle Sorten Mosikalien vorräthig bei St. A. Braun-Peretti, Hundsgasse 3. Meine Heilmethode für Bruchleidende und Vorfälle in Vorn einzuführen, beanspruche ich nur Zahlung nach Erfolg. Den 28. dieses Monats in Neuwied, „Nassauer Hof“. R. Ahrens,„Rheinischer Hof“. Ladenlokal mit 2 großen Schau fenstern nebst Wohnung in der Wenzelgasse pro 15. Mai zu vermiethen. Zu erfragen Wenzelgasse 83. Ein ordentl. Mädchen für häusl. Arbeit gesucht. Näh. in der Exp.[523 Bierpumpe Kahers iun der Expedition dieser Zeitung.(522 1 Kochofen u. 1 verkaufen. Lipki, Kinderbettstelle zu Rheingasse 6. Ein compl. Schreinerwerkzeug und einig trock. Eichen=Holz in Oberkassel billig zu verkaufen. Näheres in Vonn, Brüdergasse 20. 1 (Podagra 2c.), Rheumatismus, Geschwulste und Gelenkverstauchungen. Diese schrecklichen Leiden, welche nicht selten den Menschen zum Krüppel machen, und namentlich bei Personen, welche im höheren Alter stehen und bei denen die Kräfte bereits abnehmen, Fieber und Magenkrämpfe erzeugen, könen, wie die Erfahrung bereits#. sie sos Schweizer Universal=Balsam,; ein Präparat, das aus vegetabilischen Ingredientien besteht, gründlich beseitigt werden. Auch verschwinden nach kurzer Zeit, bi vorschriftsmäßiger Anwendung, die Gichtknoten völlig. Einem Jeden, dem seine Gesundheit lieb ist, einem Jeden, der sich endlich von seinen gichtischen und rheumatischen Beschwerden befreit sehen möchte,## dürfte daher ein Versuch mit diesem Präparat anzurathen sein. Die Erfahrung wird die Wahrheit der gemachten Behauptungen vollkommen bestätigen. 5 In Köln ist der Balsam vorräthig im General=Depot von Wilh. Dresen; in Ehrenfeld bei C. Heimbach; in Elberfeld bei Ernst May; in Essen bei C. W. Con# radshaus und Joh. Schlötter; in Mainz bei Georg Molter; in Moers bei H. Jenverpen; in Oberdollendorf bei P. J. Dresen; in Wissen a. d. S. bei Jof. Humbach. Die große Kruke kostet 2 Mk. die kleine 1 Mk. inel. Gebrauchs=Anweisung. 6 Eltern. Ein gutes Tafelklavier billig zu verkaufen. Vornheim.rstr. 56. wird ein junger gut empfohlener Mann, der im Gemusebau Erfahrung hat und eiwas Blumenzucht versteht, auch einige Hausarbeit übernimmt. Dienstantritt Anfangs oder Mitte Februar. Auskunft ertheilt L. Gräve, Handelsgärtner, gegenüber dem Mehlemer Bahnhof. Ein römisch=katholischer Geistlicher, wohnhaft in einer gesunden, schönen Hubert Sievertz, : Gegend, der einen jungen Mann zum Unterrichten bei sich hat, wünscht Sarg=Magazin Kasernenstr. 2. noch einen zweiten aufzunehmen. Frco.-Offert. aub A. M. 165 bes. die Exped. d. Ztg. Best. gek. Leinöl sowie alle übrigen Anstreicher=Artikel, empfiehlt zu äußerst billigen Preisen L. Hasenmüller, Hopitalz. 18. In einem Manufaktur= und LeinenGeschäft in Bonn wird ein Mädchen in die Lehre gesucht. Freo.=Offert. N. A. 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Ein tü dtiger Meisterknecht wird zu Lichtmeß gesucht. Wo, sagt die Exp. d. Zig.[526 Ein Mädchen für Küche und Hausarbeit für Lichtmeß'sucht bei Wiemers, Bischofsgasse. Ein ordentl. Mädch., welch. in der bürg. Küch gründl. erfahr. ist, sucht Stelle z. Lichtmeß a. liebst. n. Ausw. Fr.=Off. M. R. 163 besorgt d. Exp. Zwei Karte Dienstmädchen für alle häusliche Arbeit gesucht. Bikioriastraße 12. Starke roh Baum=, Wein=, Gartenund Zaunpfähle von Fichtenstämmen sind billigst abzugeben. Auskunft in der Exp. d. Ztg.[330 Kleine Badewanne und hübsches Kinderbettchen zu kaufen gesucht Brüdergasse 30. Näheres bei Reuter, Butterweck 16. Städtischer Gesang-Verein Donnerstag den Lo. Jan. 1877: Viertes AbonnementConcert unter Leitung des Königl. MusikDirector Herrn von Wasielewski in der Beethoven-Halle. PROGRAMM. Ouverture zu„Genoveva“ von Schumann. Misericordias Dominifür Chor und Orchester von Mozart. Concert(Nr. IIl) für Violine von Vieuxtemps, vorgetragen von Herrn R Rappoldi, Professor an der Kgl. Hochschule für Musik in Berlin. Frühlingshymnus von Geibel, für Chor und Orchester von C. J. Bram-bach(neu, Manuscript). Solostücke für Violine: a) Fuge(Gmoll) v. Bach. b) Etude(Nr. 24) von Paganini, vorgetragen von Herrn Rappoldi. Symphonie(C dur) Franz Schubert. von Anfang 6 Uhr. Eine Wittoe sucht Stellebei Kranken; Karten für den Saal en 4 Mark oder Kindern. Judengasse 14. 50 Pfg., für die Mittelgallerie zu Eine Frau sucht Kunden z. Waschen 2 Mark 50 Pig und für die SeitenPugen. Näheres Wenzelg. 61. in der Musikalienbandlung Gust. Cohlen und Abends an der Kasse an haben. Donnerstag den 25. Januar, um 9 Uhr: Städtischer Gesang-Verein. Donnerstag den 25. Januar: Probe für das Orchester um 9½ Uhr, für den Chor um 11 Uhr. Nichtmitwirkende haben keinen Zutritt. Jägerhof in Poppelsdorf. Jeden Donnerstag Nachmittag zer ge Krasser Bisilk. Von 4 bis 10 Uhr Abends Familien= Bonner Bürger=Verein. General=Versammlung Donnerstag den 25. Januar, Abends 7 Uhr. Tages=Ordnung: Ballotement.— Mittheilungen. Bonn, den 7. Januar 1877. Der Vorstand. Sonntag Abend auf dem Viereckspl. ein kleiner schwarzer Affenpinscher abh. gekommen. Wiederbringer erhält gute Belohnung Brüdergasse Nr. 1. Vor Ankauf wird gewarnt. Herrn N. in H. Die Wittwe des in Schwarz Rheindorf im vorigen Frühjahr wege Hochwasser am Nervensieber gestor enen Einwohners hat die gesandten 6 Mark erhalten, worüber hiermit Quittung ertheilt wird. Local-Dampfschifffahrt von M. Weder& zwischen Bonn und Köln und den zwischenliegenden Ortschaften. Es fahren tagtäglich die Boote „Zündorf" und„Köln" und befördern Personen und Güter, namentlich letztere zu ganz billigen Preisen. Auf Verlungen wird auch die Lieferung an' Haus, sowie vom Hause aus übernommen. Nähere Auskunft, sowie Anmeldung in Vonn bei J. Junkers dorf, Josephstraße, in Beuel bei Heinrich Schumacher, sowie auf dem Schifft zu Bonn an der Landungsbrücke, der Judengasse gegenüber, zu Köln am Werfte gegenüber der Rheingasse. in Hochamt der Münsterkirche. Abends 8 Uhr: Verant orttichr Redacteur: J..: Hermann Moeskes in Vonn.— Verlag: P. BAEE im Saale des Herrn Richarz, wozu sämmtliche Schneider freundlichst eingeladen werden. Bänke, Tische, Stühle, Koffer, Bettst llen, Sophas, Kinderbetten, 1- u. 2tgür. Kleiderschränke, Glasschränke billig zu verkaufen. Kasernenstraße 2. Ein schönes, 3 Jahr alts, sehlerfreies Pferd zu verkaufen. Näheres in der Exp. d. Zig.[521 Rheinische Eisenbahn. Vom 15. October 1876 ab. Abfahrt von Bonn nach Mainz und weiter 6,42 8,21.42 10#21 12.51.56.43 12,62, Coblenz.49 Abends, Rolandseck 12,1 2,31“ 2,56f.56, dem rechten Ufer 7 10,38 12.,62.22.19 .82. Vom rechten Ufer in Bonn 7,24 10.29.12 .36.48 9,.14. Ab Bonn weiter nach Köln 4,31 6.10“ 7,31 10.87 12.26.23 4,16 4,46.20 7,56.31.21. Von Beuel rheinabwärts 6,47 10,15 12.49 4,20 7,27 8,52. Von Beuel rheinaufwärts 7,21 10,47 1,10 3,41 7,28 9,32. Abfahrt von Köln nach Aschen.45, 6,55 9,3 11,40 1,25 2,87 6 7,50 10,30. Amsterdam und Rotterdam(vis Oleve) 6,15 9,25 1,40 2,42. Antwerpen.45 6,55 9,3 11,40 1,25.57 10,30 Bonn 12,2 6 7,20 9, 9,20 11,15f 11,45.15 2,15f 2,40 3 5 6,15 7,48 10,15. Brüssel 5,45 6,55 9,3 11.40 1,25 2,57 10.20 Cleve 0,15 9,25 11,42 1,40 2,42 5,30. Coblenz 12,2 6 7,20 9 9,20 11,45 8 S 7,48, Crefeld 6,15 7,10 9,25 11,42 1,40 2, 42 5,20 8,5. * Fällt an Sonn- und Festtagen aus. Extrazug an Sonn- und Festtagen Hierzu eine Beilage. Hauptmann.— Druck der Hauptmaan'schen Buchdruckerei in Vonn(Sürst Nr.). 6. Jahrgung Nr. 2. Beilage zur Deutschen Reichs=Zeitung. Donnerstag, 25. Jan. 1877. # Der Religionsunterricht in der Volksschule. Die Fraction des Centrums hat im Abgeordnetenhause einen Antrag gestellt, nach welchem die Staatsregierung veranlaßt werden soll, das principielle Recht der kathol. Kirche auf Ertheilung und Leitung des Religionsunterrichtes in der Volksschule anzuerkennen. Der Antrag war bereits in der vorigen Session eingebracht, aber nicht zur Verhandlung gekommen. Nach unserer Ueberzeugung trifft der jetzt wiederholte Antrag den Kernpunct des ganzen Culturkampfes. Der Liberalismus kann dauernd nur zur Herrschaft gelangen, wenn ihm und seinen Bestrebungen die Schule dienstbar gemacht wird. Die durch Gesetz zur Alleinherrschaft gebrachte staatliche Zwangsschule mit dem jenigen Maße religiöser Erziehung, welches für die nationalen Zwecke hinreichend erscheint: das ist das Ziel, welches der Liberalismus zur Beglückung des deutschen Volkes anstrebt. Schlechthin„religionslos“ soll die Schule also nicht sein; die „nationalliberale“ Religion soll auch für die Zukunft gelehrt und gelernt werden. Die Staatsregierung ist keineswegs einverstanden mit dem Ziele des Liberalismus, billigt auch nicht entfernt die Mittel, welche von der Partei zur Erreichung des gedachten Zieles zur Anwendung gebracht oder vorgeschlagen werden. Sie ist aber in Folge der neueren, kirchen= politischen Gesetzgebung vielfach behindert, für die volle Wahrung des confessionellen Characters der römisch= katholischen Schulen einzutreten. Es galt bisher für den ganzen Umfang der Monarchie als unumstößlicher Grundsatz, daß die Staatsregierung keinen Lehrer zur Uebernahme seines Amtes an einer Volksschule zuließ, welcher nicht vorher von Seiten der kirchlichen Obrigkeit für befähigt erklärt war, auch den römisch- katholischen Religionsunterricht zu ertheilen. Es galt ferner als unangefochtener und unanfechtbarer Grundsatz, daß die Kirche durch ihre Organe die Leitung des Religionsunterrichtes zu besorgen habe. Seitdem aber die meisten Didcesen Preußens von Staatswegen verwaist sind, entbehrt die Kirche nach der Anschauung der Staatsregierung derjenigen Organe, mit welchen sich letztere rücksichtlich der Ausübung des verfassungsmäßigen Rechtes auf Ertheilung und Leitung des Religionsunterrichtes benehmen und vereinbaren könnte. Diese thatsächliche Lage wird von der Regierung um so lebhafter beklagt, als sie durch dieselbe zu Maßregeln gezwungen wird, deren Rechtfertigung gegenüber der garantirten Gewissensfreiheit sehr schwer fallen dürfte. Die Regierung hat nämlich einer großen Anzahl Pfarrer nicht bloß die Führung der Localschulinspection, sondern auch die Ertheilung und Leitung des Religionsunterrichtes untersagt; sie hat ferner Lehrer und Lehrerinnen mit der Ertheilung des kathol. Religionsunterrichtes beauftragt, ohne daß eine Zustimmung der Kirche vorhergegangen wäre. Der Kiiche war in letzterem Falle nicht einmal die Möglichkeit gewährt, sich von der Qualification des betr. Lehrers zur Ertheilung des gedachten Unterrichtes irgendwie zu überzeugen. Um nun dieses Verfahren zu rechtfertigen, behauptet die Staatsregierung, daß auch die Ertheilung des Religionsunterrichtes nur im Namen und Auftrage des Staates stattfinde, da jede unterrichtliche Thätigkeit in der Volksschule, weil diese eine Veranstaltung des Staates sei, im Namen des letzteren stattfinde. Däß mit der Durchführung dieses Grundsatzes der Eckstein zur Staatsreligion gelegt wäre, bedarf gar keines Beweises: so unmittelbar springt diese Folgerung in die Augen. Mit diesem Grundsatze wäre aber auch das Hauptdogma des nationalliberalen Glaubens an die Allgewalt des Staates zur Annahme gelangt. Für die Kirche bedeutet die Durchführung des Satzes:„Der katholische Religionsunterricht wird im Namen und Auftrage des Staates ertheilt,“— die vollständige Leugnung ihrer Existenzberechtigung. Während sie ein Mandat von Jesus Chrisins zu besitzen behauptet, welches ihr ganz ausschließlich die Unterweisung in den Heilswahrheiten überträgt, würde der Staat kraft eigenen Rechtes dieses Mandat für sich in Anspruch nehme n. Wenn das in allen Staaten gleichmäßig geschieht, so ist die Kirche Gottes auf Erden vernichtet. Di imn nach katholischer Anschauung fundamentalen Irrthum gegeni der kann deshalb auch die Kirche nicht gleichgültig bleiben. Sie kann und wird im Wege der Verhandlung eine Aenderung der Staatsanschauung herbeizuführen suchen, und inzwischen bemüht sein, die dem Seelenheile ihrer Kinder drohenden Gefahren durch unmittelbare Einwirkung auf Lehrer und Lehrerinnen abzuwenden. Falls diese Bemühungen indessen erfolglos bleiben, wird die Kirche im Interesse ihres Bestandes sich verpflichtet halten müssen, in ernste Erwägung zu ziehen, in welchem Augenblicke sie Ertheilung wie Benutzung eines lediglich im Namen der Staatsregierung in die Volksschule eingefügten Religionsunterrichtes als sündhaft zu bezeichnen haben würde. Die Folgen eines solchen, von höchster kirchlicher Stelle ergehenden Verbotes, können nur in einem von folgenden drei Auswegen münden. Entweder ignorirt der Staat das kirchliche Verbot, und zwingt die katholischen Kinder zum Besuche seines Religionsunterrichtes; oder: der Staat lenkt von der Bahn der in den letzten Jahren beliebten kirchen= politischen Gesetzgebung ab; oder endlich: der Staat scheidet den römisch= katholischen Religionsunterricht aus sämmtlichen Volksschulen aus. Den ersten Ausweg, behufs Theilnahme an dem Staatsreligions=, unterrichte Zwang eintreten zu lassen, wird Preußen nicht wählen, weil derselbe eine schwere Verletzung der Glaubensund Gewissensfreiheit einschließen würde. Den zweiten weg zur Annahme zu bringen, ist Zweck des jetzt zur Berathung stehenden Reichensperger’schen Antrages. Ob die Staatsregierung sich entschließt, ihreMaßregeln im Sinne des Antrages zu ändern, läßt sich von vornherein nicht feststellen. Wahrscheinlich weis't die„liberale" Majorität des Landtages den Antrag zurück, weil sie jedes göttliche Recht der Kirche leugnet. Der Staatsregierung bliebe für diesen Fall immer noch übrig, auf den Vorschlag zurückzugreifen, welchen die Pfarrer der Diöcesen Breslau, Münster und Paderborn dem Herrn Minister Falk unterbreitet haben.“) Darnach sollen mit Zustimmung des Papstes die Pfarrer den Lehrern ihrer Pfarreien die Bevollmächtigung zur Ertheilung des Religionsunterrichtes geben dürfen: wenn die Regierung diesen Vorschlag acceptirt, so wird sie auch die selbstständige Leitung des Religionsunterrichtes den Pfarrern zurückgeben. Tritt dieser Fall nicht ein, so muß die Staatsregierung zu dem letzten, freilich unbeschreiblich traurigen Mittel greifen, und den römisch=katholischen Religionsunterricht aus den Schulen entfernen. Sie kann diesen folgenschweren Schritt vor dem Volke damit rechtfertigen, daß es ihr nach Lage der Gesetzgebung nicht ferner möglich sei, mit der römisch=katholischen Kirche über die Ertheilung des Religionsunterrichtes sich zu verständigen; daß also damit die Verpflichtung des Staates, nach dieser Richtung mit zu sorgen, in Wegfall gekommen sei. Die katholischen Schulgemeinden hätten aber dann sofort zu erwägen, ob sie ihrerseits noch verpflichtet seien, für die Erhaltung der Volksschulen die nöthigen Mittel zu beschaffen. So lange confessionslose Schulen nicht als gesetzliche Zwangsmittel eingeführt sind, dürften die Gemeinden diese Frage zu verneinen, berechtigt sein. Wir wollten in vorstehender Ausführung auf die Wichtigkeit der schwebenden Frage sowohl an und für sich als in den Folgen ihrer Lösung aufmerksam machen. Das ganze katholische Volk muß der bevorstehenden Verhandlung über den Reichensperger'schen Antrag mit der gespanntesten Aufmerksamkeit folgen. Von der Lösung der Frage selbst aber hängt die Zukunft der katholischen Kirche in Preußen ab. *) Im neuesten Hefte des„Gentralbl. für die gesammte UnterrichtsVerwaltung in Preußen“ findet sich die Antwort des Cultusministers Dr. Falk auf die Eingabe der schlesischen Geistlichen vom 8. Nov. 1876, welche verschiedene Abänderungen des Ministerial=Erlasses vom 18. Febr. 1876, die Ertheilung des Religionsunterrichts betreffend, beantragte. Der Cultusminister eröffnet auf diese Eingabe den Petenten, daß er deren Antrage nicht entsprechen kann, vielmehr den Erlaß vom 18. Febr. v. J. in allen Puncten als gesetzlich begründet und durch das Interesse der Schule geboten, aufrecht erhalten muß. Die Volksschule sei eine Veranstaltung des Staates. an welcher jede unterrichtliche Thätigkeit nur im Auftrage des Staates ausgeübt werden könne; dieser durch Verfassung und Landesgesetz festgestellte und durch eine 100jährige Geschichte des preußischen Volksschulwesens bestätigte Grundsatz dürfe auch hinsichtlich des Religionsunterrichtes eine Abänderung nicht erfahren, wenn auch der Natur der Sache nach den betr. Religions= Gesellschaften bezüglich des sachlichen Inhaltes dieses Unterrichts jede mögliche Gewähr gegeben werde. Wenn Pfarrer Fischer in seiner Eingabe von einer entgegengesetzten principiellen Auffassung ausgeht, so finde eine solche, wie in dem Ministerial= Erlaß des Näheren ausgeführt wird, in den Staatsgesetzen keine Begründung. Wo aber bleibt dann die in der Verfassung garantirte Religionsfreiheit und die gleichfalls gewährleistete Leitung des ReligionsUnterrichtes durch die berr. Religions=Gesellschaften? Landtagsverhandlungen (Abgeordnetenhaus.) 4. Sitzung vom 19. Januar. (Schluß.) Finanzminister Camphausen: Ich muß mich feierlich dagegen verwahren, wenn ich meinerseits des Kulturkampfes nicht gedenke, daß der Schluß daraus gezogen werden dürfte, als hätte ich kein Auge für seine Nachtheile und als sähe ich gleichgiltig mit untergeschlagenen Armen dem Ende desselben entgegen. Ich kann Sie versichern, jeder Tag, jede Stunde, um welche der Kulturkampf abgekürzt werden kann, wird von mir mit der größten Freude begrüßt werden(Beifall); aber—(Rufe im Centrum: Aber!) aber für diese Abkürzung gibt es eine Vorbedingung, nämlich daß die Rechte des Staates nicht mißachtet werden.(Lebhafter Beifall.) Unter dieser Vorbedingung dürfen Sie glauben, daß man an diesem Tische sich nicht weniger herzlich über die Einigung freuen wird, als in der Partei des Vorredners. Dann möchte ich mich nuch wegen eines anderen Punktes schützen, weil ich die Erfahrung gemacht habe, daß, wenn man gewisse Aeußerungen unwidersprochen läßt, sie gleichsam als ein erwiesenes Resultat hingestellt werden. Der Vorredner hat gemeint, ich hätte die Jahre 1873 und 1974 als besonders„gesegnete" bezeichnet. Ich habe dieses Wörtchen nur von den Extraordinarien dieser Jahre gebracht, ein Urtheil über die Jahre an sich ist in keiner Weise darin enthalten. In der Hauptsache habe ich mich nur deßhalb erhoben, weil ich mir nicht gefallen lassen wollte, als hätte ich bei dem I Die Tochter des Spielers. Roman von M. Ludolff. (Fortsetzung.) In der That hat für Elisha Melville mit dem Augenblick, wo sie zu lieben gelernt die Strafe ihrer Sünde begonnen. Einen doppelten Werth hat es nunmehr für sie, daß der vollführte Betrug nie an's Licht komme, da im Interesse ihres Knaben es hinfüro doppelt sorgfältig gehütet werden muß, ihr beschämendes Geheimniß, dessen Last sie fühlt inmitten all' ihrer Vergnügungen, all' ihrer Lust, dessen bedrückendes Bewußtsein sie begleitet zu dem glänzendsten Fest und sie nicht verläßt am heimischen Heerd, überall ist es ihr Gefährte, der sie verfolgt bis in den Schlaf, um ihr im Traume ein bleiches, verkümmertes Kind zu zeigen, das plötzlich die Züge ihres Sohnes trägt. Nichts hilft es ihr, sich gegen die Reue zu verhärten, die Furcht kann sie nicht bannen, wachend und schlafend bleibt sie ihr treu, höchstens schlummert sie zuweilen unter der steien Uebertäubung ein, um jedoch bei der kleinsten Veranlassung auf's Neue sich in der quälendsten Unruhe zu äußern, die Mylady's ganzer Umgebung fühlbar wird. Niemand aber versteht diese ungleichmäßige Stimmung der Lady besser zu beurtheilen, als Betsy, die kluge Zofe, welche mehr von ihrer Herrin Geheimniß weiß, als diese ahnt; denn sie kennt die Quelle von der Sorge ihrer Marchionesse. Ein unbedeutender Um stand, den bei aller Vorsicht Lady Elisha seiner Zeit übersehen, ließ Betsy errathen, was jene so sorgfältig vor ihr verborgen wähnte. Die Zose, deren spähendes Auge damals in dem Zimmer der Viscountesse nicht müßig geblieben, hatte in der Wiege zwischen den Deckchen, welche das schlummernde, ihrer Obhut übergebene Kind einhüllten, ein kleines Gebetbuch entdeckt und dieses aus Neugierde zu sich gesteckt. So geringfügig er schien, der Fund war wichtig; denn in dem Buche, neben den Trauungsgebeten, fand sich von zierlicher, weiblicher Hand der einfache Vermerk: remember, always the blessed day Nov. the 10. St. P. London--Square Im Geheimen hatte sich nun Betsy längst versichert, was jener Vermerk in sich schloß— aber sie schwieg darüber, war sie doch in ihrer Weise eben so berechnend, wenn nicht noch berechnender, als ihre Lady. Sie fand es besser, ein Geheimniß, aus dem sich fortwährend Capital schlagen ließ, erst dann zu verkaufen, wenn sein Preis der höchste war. Mittlerw ile zeigte sie sich ihrer Herrin als eine allzeit dienstbeflissene, besorgte Dienerin, welche es sich angelegen sein ließ, durch den angenommenen und zur Schau getragenen Glauben an das, was ihr Lady Elisha einst über die Ansprüche des kleinen Graham gesagt, deren Vertrauen in sie immer mehr zu befe stigen. Diese Absicht hatte sie erreicht, sie war der Lady rechte Hand, ihre bevorzugte Dienerin, der sie seit des kleinen Viscounts Geburt dessen Pflege anvertraut hatte. Darum war denn auch jetzt, zur Zeit, wo Lady Arlingford, in Besorgniß verloren, ihren schlafenden Knaben beobachtete, Betsy im Hintergrunde des Zimmers beschäftigt. Sie sah von dort genau die neue, ihre Lady quälende Furcht; denn hinzu tretend, sagte sie in beruhigendem Tone: „Mylady müssen sich nicht ängstigen— Harry's Fieber hat nichts auf sich. Bei der kleinen Lucy war's stets viel heftiger und verlief doch gut.“ Die Lady hörte nicht das Vorwurfsvolle. sondern nur das Tröstliche in dieser Bemerkung. „Wirklich, Betsy?“ sagte sie sich aufrichtend, und ihr etwas bleiches Gesicht der Dienerin zuwendend.„Wirklich, ist dies Fieber unbedeutend?“ „Vollständig, Mylady— haben Sie keine Sorgen, morgen wird Harry wieder wohl und munter sein.“ Lady Arlingford athmete freier, mit einem letzten zärtlichen Blick auf das schlummernde Kind erhob sie sich und trat vor den Spiegel, dort die durch ihre Achtlosigkeit zerknitterte Toilette zu ordnen. Sie warf die prächtigen, langen Locken zurück und prüfte sorgfältig ihr Gesicht, ob ihre Züge auch die Maske deckte, unter der sie sich der Welt zu zeigen pflegte. Betsy beobachtete sie verstohlen. Hatte dieselbe auch eben erst die Rolle der Trösterin übernommen, so war sie doch im Stillen entschlossen, einen solch günstigen Moment, wie der jetzige war, nicht unbenützt entschlüpfen zu lassen. Sie spitzte nur den Pfeil, der die schöne Schuldige treffen sollte, langsam, dafür aber sicher.„Mylady," begann sie schüchtern—„da wir gerade gänzlich ungestört sind, möchte ich mir die Freiheit nehmen, Ihnen etwas mitzutheilen!“ Lady Arlingford fuhr heftig zusammen, in der Hast ihrer Bewegung schon wieder die innere Sorge verrathend.„Nun, was gibt's denn, Betsy?“ „O, nichts Besonderes. Eure Gnaden, ich erhielt nur vor einigen Tagen Nachrichten von Mrs. Norton— Sie erinnern Sich, jener armen Frau—.. „Schon gut, schon gut“— fiel die jugendliche Verbrecherin ein, indem sie mit der größten Willensanstrengung alle Aufregung aus ihrem Wesen zu bannen und dagegen den Ton des Mitleids anzunehmen suchte— gich weiß, wen Du meinst, Betsy. Wie geht's mit dem armen, kleinen Burschen?— Es mangelt ihm doch an nichts?“ „Der Kleine ist zart und schwächlich und bereitet, wie's scheint, Mrs. Norton viele Mühe, wenigstens klagt dieselbe sehr, zugleich damit andeutend, daß sie nothwendig der Geldunterstützung bedürfe." Der stolze Lady suchte sich zu bemeistern. Anscheinend gelassen, erwiderte sie:„Diese wiederholten Forderungen verstehe ich eigentlich nicht: Du versichertest mir doch damals, die Leute seien in anständigen Verhältnissen und würden für die ausgeworfene Summe, welche ich aus Barmherzigkeit so hoch setzte, ein für alle Male abgefunden sein.“ diesmaligen Etat viel weniger Vertrauen gehabt, als im vorigen Jahre. Ich will nur daran erinnern, daß ich im vorigen Jahre den Etat mit denselben Worten vorgelegt habe, wie in diesem: daß das Vorjahr nicht mit einem Deficit abschließen, sondern wahrscheinlich noch einen kleinen Ueberschuß ergeben wird.(Heiterkeit.) Der Ueberschuß bezifferte sich damals auf 15 Mill. Mk., und es wird mir sehr angenehm sein, wenn sich für 1876 eine gleiche Ziffer herausstellen wollte. Wenn ich im vorigen Jahre noch gesagt habe, daß man der Zukunft muthig entgegensehen könne, so habe ich in diesem Jahre den Ausspruch nicht zurückgenommen, sondern nur nicht wiederholt. Ich denke heute über die ganze wirthschaftliche Lage der Nation in keiner Hinsicht ungünstiger als in den vorigen Jahren. Aber ebensowenig, wie ich im Januar 1876 nicht vorhersagen konnte, welche Kalamitäten uns im Jahre 1876 treffen würden, ebenso kann ich jetzt nicht voraussagen, was uns die Vorsehung im Jahre 1877/78 bringen wird. Ein solcher Vorbehalt ist ja natürlich selbstverständlich Auf die weniger günstige Entwicklung des Jahres 1876 hat allerdings die politische Besorgniß, die am Himmel Europas gehangen hat, einen ganz außerordentlichen Einfluß geübt: sie übt diesen Einfluß noch heute und berechtigt wohl zu der Annahme, daß, wenn diese Wolke zerstreut ist, eine Umgestaltung in den wirthschaftlichen Verhältnissen sich herausstellen wird. Gestatten Sie mir, dies mit einigen Worten näher darzulegen. Wenn Sie sich auf dem Geldmarkte Europas umsehen, so finden Sie gewaltige Kapitalien angesammelt, die unbeschäftigt bleiben wegen der Besorgniß in Bezug auf die politische Situation. Die Bank von England hat seit dem April 1876 einen Diskontosatz von 2 Proz. und zu diesem Diskontosatze hat man außerordentlich wenig Kapitalien verlangt; der Diskontosatz ist sogar bis auf 5/ Proz. herabgegangen und hat den Satz von zwei Prozent noch nicht ganz wieder erreicht. Bei der Bank von Brüssel beträgt das Diskonto 2½ Proz., in Paris 3 Prozent, in Amsterdam 3 Prozent und bei unserer Reichsbank ist zwar der Diskontosatz etwas höher, aber verhältnißmäßig hat auch die Reichsbank viel unbeschäftigtes Kapital. Was bedeutet das? Daß die politische Besorgniß die Spekulation abhält, mit neuen Unternehmungen vorzugehen, und daß eine Aenderung des Zustandes eintreten wird, wenn diese Besorgniß aufhört, wenn die Spekulationslust diesen Abhaltungsgrund nicht mehr hat und sich auf neue Unternehmungen wirft. Männer, die sich angelegen sein lassen, die wirthschaftliche Bewegung zu studiren und zu ergründen, müssen in diesem Augenblick weit mehr Sorge davor haben, daß die Unternehmungslust nicht wiederum in eine Art Schwindel ausartet, als daß sie zu befürchten haben, kaß sie noch lange zurückbleiben wird. Ich kann im Interesse des Landes nur wünschen, daß wir ruhig und besonnen vorgehen mögen, daß die politischen Besorgnisse zerstreut werden mögen und daß man sich dann nicht verleiten lasse zu übertriebener Spekulation, sondern daß der Unternehmungsgeist den Anstoß und Sporn gebe zu einer kräftigen Entwickelung der soliden Industrie.(Beifall.) Abg. v. Benda spricht seine volle Zufriedenheit mit der preußischen Finanzlage aus und ist der Ueberzeugung, daß ebenso wie das Jahr 1875 einen Ueberschuß von 15 Millionen ergeben habe, auch das Jahr 1876 einen gleichen Ueberschuß gewähren werde. Das wolle er aber der Reichsverwaltung gegenüber hier constatiren, daß unsere augenblickliche Finanzlage eine Erhöhung der Matricularbeiträge nicht gestatte. Er schließt mit den Worten:„Immer vorwärts meine Herren, nicht rückwärts schauen!“ Abg. Richter(Hagen) vermißt eine sachliche Erörterung des Etats in den gehaltenen Reden. Alles waren allgemeine Betrachtungen, die auch ohne den Etat gemacht werden konnten. Wenn ich nun Ihrem Beispiel folgen will, so wende ich mich z. B. gegen das Project der Ruhmeshalle. Wir haben uns im Vorjahre nicht entschließen können, ihr 16 Millionen zu opfern, jetzt nun freilich ist die Summe etwas gekürzt, ob wir derselben aber nunmehr zustimmen können, darüber kann ich augenblicklich eine Erklärung nicht abgeben. Die Classensteuer anlangend, so muß ich sagen, daß die Schraube dabei ganz erkennbar wirkt. Dazu braucht es nicht einmal seitens des Finanzministers des Anziehens dieser Schraube, die Sache liegt in der Natur der ganzen Einschätzung selbst. Abgeordneter von Schorlemer=Alst hat die Contingentirung der Classensteuer als etwas Schädliches bezeichnet; ich kann das nicht zugeben. Daß diese Contingentirung etwas Unvollkommenes ist, darüber sind wir gar nicht im Zweifel und auch darüber nicht, daß das Streben vorhanden ist, die oberste Stufe der Classensteuer in die unterste Stufe der Einkommensteuer hineinzudrücken. Ich bin deshalb der Meinung, daß wir die erste Gelegenheit zu einer Einschränkung benutzen müssen. Man könnte vielleicht die Contingentirung ausdehnen, etwa bis zu einem Einkommen von 3000 hinauf, dann würde immer noch Gelegenheit sein, den Reichthum in entsprechender Weise zu besteuern. Man sagt freilich, dem stimmt der Finanzminister nie zu; aber, m.., ich glaube, die Wahl zwischen dem Finanzminister und der quotifirten Einkommensteuer würde uns nicht schwer werden, wenn wir namentlich seine zweifelhaft gewordene Stellung in den wirthschaftlichen Fragen in Betracht ziehen. Früher hat man die Verwaltung des Finanzministers überschwänglich gelobt, ich trat diesem Lob entgegen; jetzt treten die entgegengesetzten Bestrebungen hervor, jetzt will man denselben verantwortlich machen für den Rückgang der Geschäfte, und da muß ich ihn gerade in Schutz nehmen. Unsere mißlichen Verhältnisse sind nicht die Folgen von staatlichen Maßnahmen und der neueren wirthschaftlichen Gesetze.(Sehr wahr!). Diese mißlichen Verhältnisse im Erwerbs= und Wirthschaftsleben sind die Folgen der großen Verschiebung des wirthschaftlichen Verkehrs, die drei Kriege hervorgerufen haben, und eine Folge der Ueberproduction. Von verschiedenen Seiten wird darauf hingearbeitet, die Meinung im Lande zu verbreiten, als trage die Gesetzgebung die Schuld an der Krisis, nicht blos durch die Ultramontanen und Socialdemokraten, sondern auch von Schutzzöllnern, Agrariern und namentlich von den Conservativen, die ihren gesunkenen Credit wieder in die Höhe bringen wollen. Aber diese Herren würden keinen Erfolg haben, wenn sie nicht von den Regierungsorganen unterstützt würden, welche behaupten, daß wir mit verantwortlich wären. Das aber würden die Regierungsorgane nicht gewagt haben, wenn nicht die Haltung des Fürsten Bismarck Herrn Camphausen und dem Reichstage gegenüber eine so zweiselhafte gewesen wäre. Wenn das aber geschehen ist, dann darf man sich nicht wundern, wenn die absoluten Feinde der Ordnung, der Socialismus, an Ziffern gewinnt. Den Vorwurf aber „Dem ist auch so, Mylady;“ versicherte Betsy—„Mrs. Norton hosle das Lind nicht gre.3d; Gnaden jedoch selbst wünschen, ich #### ug aus den Augen lassen, so hielt ich den Briefwechsel mit Mrs. Norton aufrecht. Da dieselbe mir nun kürzlich klagte, glaubte ich wohl daran zu thun, Mylady davon Mittheilung zu machen, weil es, deren Parmherzigkeit doch vielleicht widerstrebte, wenn der Knabe Mangel litte— oder an seiner Verpflegung....“ in— unter keiner Bedingung soll es daran fehlen,“ rief die Marchioneß aus, während ihr Blick unwillkürlich auf das prächtige Bettchen mit den seidenen Decken fiel, in dem der falsche Erbe te.„Du handeltest ganz überlegt, Betsy;“ fuhr sie rasch fort,„und stets sollst Du auch Zuschüsse für Mrs. Norton haben, wenn der zarte Gesundheitszustand des Kindes besondere Ausgaben nothwendig macht; denn der arme Wurm steht uns doch immer nahe, weungleich seine Ansprüche wenig von der Welt respectirt werden würden— indeß uns gebietet Barmherzigkeit, Hülfe zu spenden. jene aber nicht ausgebeutet wird, ist es durchaus nothwendig, Hr mir Saetangen nie erfährt, woher das Geld kommt. Dafür stehst Ihre Gnaden dürfen sich vollständig darin auf mich verlassen. Mrs. Norton kennt nicht einmal meine Adresse, alle ihre Briefe kommen poste restante.“ Lady Arlingford zeigte sich befriedigt. Ohne mehr zu sprechen, durchschritt sie eilends die angrenzende Zimmerreihe bis zu ihrem Boudoir und entnahm dort ihrer Cassette eine bedeutende Summe, mit der sie zu Betsy in die Nursery zurückkehrte.„Nimm dies"— gste. sie kurz—„und besorge es mit Vorsicht— sende es in kleinen Wenig ahnte dabei die sonst so berechnende Frau, wie ihre demüthige Zofe sie überliste— und daß von ihrer reichen Gabe auch nicht ein Schilling seine Bestimmung erreiche.— Betsy steckte vielmehr vergnügt das Geld in ihre eigene Tasche, während sie bei sich lächelte:„was doch die Furcht die Menschen, selbst die klugen, dumm nacht!.— Hält Mylady mich denn für blind?— Wenn man solche Summen gibt, weiß man auch warum!“ Unterdessen hatte Lady Arlingford sich nach ihrem Salon begeben, Poaeie heir hien Luten vfand, den die vorgerückte Zeit gemahnt lauschiges Plätzchen draußen aufzugeben. Doch nicht ihm galt ihr nun erhellter Blick, ihre lächelnden Mienen, sondern sie ergriff nur mit Freuden die Nothwendigkeit, an die Unterhaltung der zahlreichen Gäste, welche stets ihr Haus füllten, denken zu In diesem Bemühen um Vergnügungen und Lust, in jenem Haschen nach Zeitvertreib und Unterhaltung, in dem Zurschaustellen ihres Ansehns und Reichthums, in allem Diesem fand sie— momentares Vergessen— kein Glück! —(Fortsetzung folgt.) können wir Herrn Camphausen nicht ersparen, daß er es nicht verstanden hat, zur Zeit der Milliarden eine Steuerreform zu machen. Eine solche Reform muß nicht blos verbunden sein mit einer Quotifirung der Steuern, sondern mit einer Herabsetzung des Procentsatzes derselben. Die Grundlage der Reform ist aber allein die Reform der Communalsteuergesetzgebung. Der Redner geht hierauf auf die Eisenbahnpolitik über und behauptet, daß die neugebauten Eisenbahnen nicht im Stande seien, die Zinsen für das zum Bau verwendete Capital aufzubringen, wozu noch der Umstand trete, daß die neuen Bahnen meist Concurrenzbahnen der alten Staatsbahnen seien. Die Finanzlage, so schließt er, wird erst vollständig klar im nächsten Jahre vor uns liegen, und dann behalte ich mir vor, mich mit dem Finanzminister oder dessen Nachfolger gründlicher zu unterhalten.(Beifall.) Abg. v. Rauch haupt führt zunächst aus, daß er und seine Freunde stets darauf hingewiesen, daß der Culturkampf zum Verderben des Staates und der katholischen Kirche ausschlagen müsse, und behauptet dann, daß die wirthschaftliche Krisis eine Folge der großen Capitalsverluste sei, welche der Mittelstand erlitten habe. Er hebt dann hervor, daß es Aufgabe des Finanzministers sei, den Etat, der sich jetzt noch aus den Ueberschüssen des Vorjahres nähre, in Zukunft in sich balancirend zu machen durch Reduction des Ordinariums. Redner weist sodann darauf hin, daß die Steigerung der Criminalkosten 2c. eine Folge der Zunahme der Entsittlichung gewisser Volksclassen sei, die wieder durch die große Humanität des Strafrechts hervorgerufen werde. Redner tadelt die unzureichenden Dotationen der Provinzen für die Zwecke der Selbstverwaltung. Er monirt die 417 Millionen Mark für Eisenbahnbauten, die noch nicht verwendet seien, aber verzinst werden müßten, und spricht schließlich das Vertrauen aus, daß der Finanzminister die Verwaltung zu der Sicherheit führen werde, welche für die Zukunft nothwendig sei. Darauf wird die Discussion geschlossen; die Ueberweisung des Etats an eine Commission wird abgelehnt, dagegen die gruppenweise Vorberathung durch Commissare beschlossen. Deutschland. * Berlin, 23. Jan. Der Fortschrittspartei wird nach der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses die„Nat.=Ztg." doch wohl zugestehen müssen, daß sie lernt und vergißt. Ihre frühere Opposition gegen die Bewilligung von mehreren Millionen für die Umwandlung des Berliner Zeughauses in eine Ruhmeshalle— die jetzige Vorlage gibt derselben Sache nur einen etwas anderen Namen—, hat sie vergessen, dagegen gelernt, daß es sich mit den Finanzen des Landes und dem andauernden Nothstande wohl verträgt, Millionen an Luxuszwecke zu wenden, wenn der mittelheiligende Zweck ein patriotischer sei. Und das will charakterfeste unbeugsame Opposition nicht nur sein, sondern als solche auch von dem Lande dafür angesehen werden! Der Abgeordnete für Meppen ließ sich natürlich die hübsche Gelegenheit nicht entgehen, dem Fortschritt den Spiegel vorzuhalten und siehe da— das bekannte Compromißgesicht blickte heraus. Die Fortschrittler haben also ihren nationalliberalen Brüdern nichts mehr vorzuwerfen. Die Fachcommissionen des Abgeordnetenhauses haben folgende Zusammensetzung: die Geschäft sordnungscommission: Wachler=Breslau(Vorsitzender), Häbler(Stellvertreter), Hansen und Müller=Trier(Schriftführer), Dörck, Sachse, Kropp, Grünhagen, Wagener=Stralsund, v. d. Goltz, Stahr, Lorentzen, Osterrath, Krebs; die Petitionscommisson: Gneist(Vorsitzender), Worzewski(Stellvertreter), Wehr, Meyer(Breslau), v. Kleinsorgen (Schriftführer), Jacobi, Wetzki, Vopelius, v. Liebermann, Plath, Beleites, Wachler(Schweidnitz), Schröder(Danzig), v. Bibra, Krah, Hansen (Oldenburg), Baumgard, Hirsch, v. Fürth, Ibach, Bachem, Quadt, v. Hoiningen, Hüffer, v. Komierowski, Schlüter, Wißmann, Schrader; die agrurcommission: Schellwitz(Vorsitzender), v. Schorlemer=Alst(Stellvertreter), Dammann, Scholz=Neisse(Schriftführer), Henze, Spangenberg, Vogeley, Graf Schack, Niederschabbehard, Donalies, Runge(Alt=Damerow), Seelig, v. Colmar, v. Ludwig; die Justi commission: Löwenstein(Vorsitzender), Freund(Stellvertreter), Wittrock, Dulheuer(Schriftführer), Braun, Müller(Liegnitz), Clauswitz, Warburg, v. Cuny, Beisert, Thi o, Rübsam, Biesenbach, v. Bönninghausen; die Gemeindecommission: Delius (Vorsitzender), Runge(Berlin)(Stellvertreter), Knebel, Gajewski(Schriftführer), Rüppell, v. Rauchhaupt, Lauenstein, Schlieper, Götting, Gärtner, Straßmann, Zimmermann, Kaufmann, Fackeldey; die Unterrichtscommission: Techow(Vorsitzender), Paur(Stellvertreter), Kiesel, Kaufmann(Schriftführer), Hefmann, Seyffardt, Richter(Sangerhausen), Mommsen, Fabel, Krech, Güntber(Fraustadt), Wolker, Perger, Franz, Otto(Zellerfeld), Kantak, Schmidt(Sagan), Bergenroth, Röhrig, Brüel, Rahts; Die Budgetcommission: v. Benda(Vorsitzender), Virchow(Stellvertreter), Röstel, v. Grote(Schriftführer), Berger, v. Saucken Tarputschen, Graf Limburg Stirum, Rickert, Kieschke, Nasse, Wehrenpfennig, Weber(Erfurt), Hammacher, Pilet, Lipke, Osterrath, Röckeratb, v. Heereman, Stengel, Hänel, Magdzinski; und die Rechnungscommission: Virchow(Vorsitzender), Hammacher(Stellvertreter), Fuchs, Dohrn.(Schriftführer), Ludendorff, Michaelis Strecker. + Aus Oesterreich, 21. Jan. Die Conferenz ist todt; es lebe die Conferenz! Während die„Times“ meinen, der Ausbruch des Orientkrieges sei nicht unbedingt drohend, und die„Nordd. Allg. Ztg.“ den Krieg nur im Falle einer Provocation durch die Türkei fürchtet, ist unser auswärtiges Amt anderer Meinung. Denn der„Pester Lloyd“(Andrassy) ist überzeugt, daß die Zeit der Diplomatie vorüber sei, und die Entscheidung den Waffen gehöre; nur müsse Europa verhindern, daß nicht Gestaltungen (süd=slavische Staaten) entstehen, welche den Frieden des Erdtheils fortdauernd gefährden. In Wien selbst kämpfen noch zwei politische Strömungen. Nämlich das mit dem auswärtigen Amte in Fühlung stehende„Fremdenbl.“ schimpft den vom Sultan so freundlich behandelten Grafen Joseph Zichy jun. einen „Streber,“ welcher den Sultan zum Widerstand ermuntere; und die hochofficiöse alte„Presse“ lehnt sich gegen eine türkisch=magyarische Allianz auf; dagegen findet die„N. Fr. Pr.“, welche in unbezweifelten Beziehungen zum auswärtigen Amte steht, eine Abberufung des österreichischen Botschafters aus Stambul durchaus nicht gerechtfertigt. Oder sollen diese conträren Aeußerungen der Officiösen vielleicht dazu dienen, um dem Auslande, besonders dem Czar, je nach Bedürfniß Ja oder Nein, Süß oder Bitter zu bieten? Wäre auch möglich; denn unsere Diplomatie hat ihren Odysseuscharacter nie so deutlich entfaltet, als seit vier Wochen, währeno welchen Salisbury und Elliot, Zichy und Calice scheinbar einen ganz entgegengesetzten Einfluß auf die Pforte übten, und letztere sehr wohl wußte, wie sie daran sei. Wenigstens gilt es in der politischen Welt als offenes Geheimniß, daß Oesterreich und England im Kriegsfalle nicht auf russischer Seite stehen werden, und daß die Hohe Pforte selbst unserem Kaiserstaate herrliche Anerbietungen westlich vom bisherigen Serbien gemacht hat; Anerbietungen, die wir ihm von Herzen gönnen, weil sie wesentlich zu seiner Festigung beitragen. 5 Aus Ungarn, 21. Jan. Gestern Nachmittag langte die Deputation aus dem Wahlbezirke Czegled, welcher den alten Kossuth gewählt hatte, zu Pest an. Da eine extreme Demonstration von Seiten des„Ladislaus Bubus“ zu befürchten war, hatte man berittene Constabler in genügender Anzahl postirt; und so zogen die Czegleder Abends 7 Uhr wieder heim, ohne daß sie den Globus Hungaricus zu Ehren des alten Verschwörers zertrümmert hatten. Zum Ersatze für den Abschied der edlen Czegleder kommen morgen die Cis Excellenzen nach Pest, um es, wohl Dinstags, nochmal mit ihren ungarischen Collegen unter dem Vorsitze des Kaisers zu versuchen. Ueber die eventuelle Haltung Tisza's lesen wir im Hon“, welcher nebst dem„Ellenör“ ein Sprachrohr des MinisterChefs ist, die Worte:„Da sich die eisleithanische Regierung und die Leitung der Nationalbank gegen uns(Ungarn) verbündeten, ist auch jede andere Ausgleichs=Form vereitelt; somit kann die Antwort des Cabinets Tisza nur die selbstständige Bank sein.“ Weil nun letztere höa stoahrscheinlich weder in den Jntentionen der Krone und der österreichischen Minister, noch im Interesse der Monarchie liegt, so ist der schließliche Ausgang leicht vorauszusehen; und Tisza selbst wird am zufriedensten sein, durch zeitweilige Demission aus der Sackgasse zu kommen. — Desto freudiger schwillt das Herz der Söhne Arpad's über die Nachrichten aus Rumänien und Serbien. Sie können als verbürgt hinnehmen, daß Für: Karl von einer russischen Bundesgenossenschaft Nichts wissen will, zi daß Rumänien, falls es von Quropa unterstützt würde, nicht einmal die Etuppen=Straße über Jassy zugestände; jedenfalls bleibt es im Zustande voller Passivität. In Serbien aber, aus dem gestern die letzten Rufsen abgezogen sind, herrscht eine große Verbitterung gegen die nordischen Hetzer und nachherigen Im=Stich Lasser. Zu gleicher Zeit signalisirt man eine intime Annäherung Serbiens an Oesterreich= Ungarn. Italien. Prof. Luigi Palmieri macht unterm 5. d. Mts. die folgende Mittheilung über die gegenwärtige Thätigkeit des Besuvs:„Seit zwei Tagen sind die fismischen Apparate des Vesuv=Observatoriums einigermaßen unruhig, und der Rauch steigt mit größerer Gewalt und auch in viel reicherem Maße auf. Im Inneren des letzten Schlundes, welcher sich am 18. December 1865 öffnete, hat man das Feuer nicht wieder gesehen, weil in Folge des Zusammenbruches des Kraters von 1872 eine ungeheure Masse Material in denselben hinabrollte, und weil es daher eines starken Anwachsens der eruptiven Gewalt bedarf, um jene ungeheuere Verschüttung aus Schlacken und Sand fortzuschleudern, oder irgend einen neuen Schlund auf der Spitze oder in einer der Seiten des Berges zu öffnen. Für jetzt ist das Eruptionsbestreben offenbar, aber es läßt sich nicht sagen, wann dasselbe oder ob es auf dem Punkte anlangen wird, den Widerstand zu überwinden. L. Palmieri.“ * Paris, 22. Januar. General Changarnier ist schwer krank.— Die heutigen Blätter bringen folgende Mittheilung: „Auf die Nachricht vom Tode der Prinzessin Karl begab sich unser Botschafter, Vicomte de Gontaut-Biron, zum Kaiser und zur Kaiserin von Deutschland, um ihnen das Beileid des Marschalls Mac Mahon zu bezeigen. Der Kaiser und die Kaiserin zeigten sich bei diesem Beweise der Theilnahme sehr gerührt. Dieser Austausch von Herzlichkeit bildet einen Gegensatz zu dem Feldzuge, den die deutsche Presse gegen Frankreich unternimmt.“ Spanien. * Madrid, 22. Januar. Der neue Nuntius Catani wird auf Ende des Monats in der spanischen Hauptstadt erwartet. — Die drei Junten des Baskenlandes einigten sich in Zumarraga über ein gemeinsames Vorgehen. In Guipuzcoa beschloß eine Versammlung von Municipalräthen, der Anwendung des Reerutirungsgesetzes passiven Widerstand entgegenzusetzen. Zur orientalischen Frage. Paris, 20. Januar. Das slawische Comite zu Paris überreichte heute dem=Noble Vaincue von Serbien, General Tschernajew, einen Ehrensäbel. Einem Redacteur des Courrier de France' machte Tschernajew folgende Mittheilung:„Ich übernahm den Oberbefehl in Serbien ohne Zustimmung des Czaren. Dieser Krieg ist mein Werk; wenn der Czar uns später unterstützte, so geschah es, weil ich ihm Gewalt anthat: es war der Sieg des nicht officiellen Rußlands über das officielle. Nach der Einnahme von Ak Palanka bis zur Schlacht von Alexinatz hatten wir kaiserliche Subsidien. Die Ausrufung des Fürsten Milan zum König war eine seit langer Zeit abgemachte Sache. Die große Idee war die Bildung eines serbischen Königsreichs, das Rußland im Schach halten und durch seine demokratischen Institutionen den Petersburger Autokraten zwingen sollte, seinem Lande eine Verfassung zu geben. Dies waren die Pläne des Panslawismus und des Nihilismus. Ich rechnete auf einen fiegreichen Marsch, um die Herrschaft des neuen Königs zu befestigen. Aber Marinowitsch und Coniorten bearbeiteten Milan; derselbe sandte Entschuldigungen an den Czaren; ich blieb allein, und hatte nur die geheimen Sympathieen Milan's für mich. Nach beendetem Feldzuge wollte ich den Kampf in der Bulgarei weiter fortsetzen; ein formlicher Befehl des Czaren vereitelte es. Ich beschloß, in Serbien zu bleiben, als von Petersburg befohlen wurde, mich nach Wien zu senden. Da mir Rußland verboten worden war, so gehorchte ich und ging nach Wien. Von Wien wurde ich nach Kischenew berufen. Großfürst Nikolaus empfing mich sehr gut und bot mir ein großes Commando an; ich aber schlug es aus.“ Tschernajew erzählte dann sein Prager Abenteuer und fügte hinzu:„Ich erwarte hier Herrn v. Monteverde, der meine Sache beim Kaiser vertritt. Ich werde hierauf eine Reise durch Europa machen und zu Anfang März in Belgrad sein, um das Commando über die serbische Armee wieder zu übernehmen. Was die Slawen betrifft, so lassen sich dieselben durch eine Niederlage nicht entmuthigen; der Haß wird erst erlöschen, wenn die Türken aus Europa vertrieben sind.“ Die Conferenz nannte Tschernajew„eine lächerliche Komödie“. So die Mittheilung des„Courrier de France', dem die Verantworlichkeit für die Richtigkeit dieser Auslassungen zusteht. Uebrigens werden diese Mittheilungen Tschernajew's hier nicht für baare Münze genommen, da man aus bester Quelle erfährt, daß er den republikanisch gesinnten Franzosen die slawischen Bestrebungen mundgerecht zu machen sucht. ∆ Aus Ungarn. Es bedarf wohl keiner besonderen Versicherung, daß die beispiellose Wahlbewegung in Deutschland, welche allen Katholiken zeigte, was Rührigkeit, Eifer und Ueberzeugungstreue, gepaart mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer und Einmüthigkeit zu Stande zu bringen vermag, auch bei uns ihren guten Eindruck nicht verfehlte.— Sie haben da draußen aber auch ganz die rechten Männer dazu, welche durch ihren Muth, ihre Glaubenstreue und hohe Intelligenz, die Katholiken zur Entwicklung ihrer vollen Thatkraft ermuntern. Gott segne sie dafür! Anders, und zwar sehr anders, ist dies leider bei uns. Die Feinde der katholischen Kirche wußten von vorneherein, daß ihre gewöhnlichen Kniffe in einem Lande nicht auslangen, dessen Bewohner eine erdrückende katholische Majorität bilden, dieselben daher dem Liberalismus nur durch Spaltung dienstbar gemacht werden können, weßwegen die Freimaurer= und Judenpresse seit neun Jahren mit Hochdruck und nie dagewesener Unverschämtheit an diesem Spaltungswerke— das ihr auch vollkommen gelungen ist— urbeitet. Zum förmlichen Gespenst wurden die Bezeichnungen„ultramontan",„Finsterling",„Pfaffenknecht", „Volksverdummer“,„vaterlandlos",„staatsgefährlich“ 2c. hinaufgeschraubt und dadurch bewirkt, daß die„Menschenfurcht" den Sieg davon trug. Ist es daher zu die ärgsten Feinde der katholischen Kirche den Andersgläubigen, sondern unter den vorhanden sind?! Wenn der„Culturkampf“ von Katholiken gegen Katholiken entbrannt ist?! Daß die Freimaurer, die hier zu Lande— wie ich Ihnen dies schon einigemale schrieb — unter dem Regierungsschutze ihr Unwesen nach Herzenslust treiben können, darüber lustig in die Faust lachen, versteht sich von selbst;— gelingen ihnen doch ihre„Logen“pläne über alles Erwarten vortrefflich. Freilich wäre es ein Irrthum, zu glauben. Ungarn habe keine katholischen Männer, kein katholisches Volk mehr. Kömmt die Stunde des Brodbrechens, dann wird die Welt staunen, wie mächtig die römisch-katholische Kirche bei uns noch ist. Nur heute wuchert das struppige Unkraut unter der guten Frucht, und trennt sie weit von einander, daß eine Einigung noch nicht möglich ist. Gott bessere es! Wie sehr die öffentliche Meinung einem Leierkasten gleicht, in welchem die„Loge“ je nach Bedarf ihre Stücklein einsetzt und vorspielen läßt, zeigt uns hier in Ungarn die Abwickelung der orientalischen Frage. War das ein Enthusiasmus der Slaven für Rußland— und heute?— kann man gerade bei den größten Fanatikern die Bemerkung machen, daß sie sich schämen, so blind für das„verrätherische Rußland", wie sie selbes jetzt nennen, agitirt zu haben.— Sehr würde man sich aber täuschen, wollte man meinen, die Slaven hätten den Gedanken an eine Einigung ihrer Nationalitäten dieserwegen aufgegeben. Dies lassen schon die exaltirten Magyaren nicht zu; diese erweitern durch ihre Türkenfreundschaft die Kluft immer mehr. Aber auch da würde man sehr durch die Annahme fehl gehen, es sei diese Sympathie ein Ausdruck der Magyaren überhaupt. O nein! Jene Handvoll Finsterlinge der„Loge“ hat sich der studirenden Jugend in Buda=Pest bemächtigt und künstlich eine Bewegung zu Gunsten der Türken geschaffen, die im Volke keine Theilnahme findet. In wie ferne dieses Treiben in den Kram unserer Regierung paßt, läßt sich daraus schließen, daß dieser Scandal ohne die geringste Einsprache von ihrer Seite geschehen ist. Daß der österreichische Lloyd=Dampfer, auf welchem sich die „Herren Buben“ in Triest zur Reise nach Constantinopel eingeschifft hatten, von mehreren hundert Slaven mit faulen Aepfeln, Orangen und Limonien beworfen wurde und wegen gefährlicher Zunahme des Auflaufes seinen Stationsplatz verlassen und in hoher See vor Anker gehen mußte, um die noch fehlenden Passaglere, Briefe, Gelder und Packete aufzunehmen, wird Ihnen bekannt sein; ebenso der höchst feierliche Empfang dieser „stammverwandten Magyaren=Deputation“ von Seiten der Türken in Stambul.— Dieser Empfang mag sich gut ausgenommen haben, wenn man die handelnden Personen ins Auge faßt. Auf der einen Seite die bejahrten, ernsten und würdevoll auftretenwundern, wenn heute nicht so sehr unter „liberalen“ Katholiken den Türken, auf der anderen Seite acht Bürschchen, welche, hinter den Ohren noch feucht, den Stempel des aventeuerlichen Leichtsinnes im Gesichte tragen. Es ist dabei nur zu bedauern, daß diese unreifen Jungens„im Namen der magyarischen Nation“ eine bedeutungsvolle Rolle spielen, während die Nation, um ein Mandat hiezu gar nicht befragt, ihre Zustimmung zu dieser„Komödie“ gewiß nicht gegeben hätte. Kossuth, der Erzrepublikaner, kommt also nicht nach Hause. Er läßt aber in seinem Absageschreiben handgreiflich merken, daß die Zeit seiner Heimkehr von ihm noch erwartet wird, was so viel heißt, als: Ungarn— vielleicht gar mit Hilfe der Türken— muß eine Republik und Kossuth ihr Präsident werden. Wenn man bedenkt, wie frech einzelne Revolutionäre als Oberste der Freimaurer die ganze Menschheit terrorisiren und die Massen widerstandslos Alles mit sich machen lassen, dann kann man nicht umhin, den Völkern das Zeugniß feiger Charakterlosigkeit ausstellen zu müssen, welche Eigenschaft unzertrennlich mit der Glaubenslosigkeit verbunden ist. Die Geschichte wird meist über die Ereignisse unserer Zeit ein Referat abgeben, über welches unsere Nachkommen für uns schamroth zu Boden blicken werden. Vermischte Nachrichten. 9 Bonn, 23. Jan. Bei den Reichstagswahlen sind in der Rheinprovinz 30936 Stimmen für Socialdemokraten abgegeben; in Westfalen 11760. In den katholischen Regierungsbezirken Münster, Aachen, Trier, Köln war kein eigner Candidat Seitens der Socialisten aufgestellt, gewiß ein gutes Zeugniß für die katholische Geistlichkeit, die dergleichen Einflüsse fern zu halten wußte. Am meisten Stimmen für den Socialdemo= kraten lieferte Dortmund 3563, Bielefeld 2166, Hagen 168, Bochum 1646, Altena 1579 und vor allem die Städte des Wupperthals nicht blos der Lautähnlichkeit wegen auch Muckerthal böswillig genannt— Elberfeld und Barmen. * Düsseldorf, 20. Jan. Das vergangene Jahr 1876 hatte die Entdeckung von zwölf Planeten gebracht, für welche mit Ausnahme des 162. folgende Namen veröffentlicht sind: Koronis, Aemilia, Una, Athor,—, Erigone, Eva, Loreley, Rhodopa, Urda, Sibylla, Zelia. In diesem Jahre hat Herr Perrotin in Toulouse einen sehr lichtschwachen Planeten aufgefunden und so beobachtet: mittlere Zeit Toulouse Rectascension nördliche Declination 1877 10. Jan. 11 Uhr 0. M. 8 Uhr 42 M. 46 S. f 18 Grad 13°, 11. Jan. 17 Uhr 0. M. 8 Uhr 41 M. 32 S. f 18 Grad 11“. Falls dieser mit keinem der 34 noch wieder aufzusuchenden neueren Planetendidentisch ist, steigt hiermit die Anzahl der bekannten kleinen Planeten auf 170. * Nachen, 20. Jan. Die Eröffnung der gewöhnlichen Assisen im Bezirke des königlichen Landgerichtes zu Aachen für das erste Quartal dieses Jahres ist auf Montag, den 19. Februar dieses Jahres festgesetzt und der Appellationsgerichtsrath Fuxius zum Präsidenten derselben ernannt worden. * Bingen, 21. Jan. Heute Nachmittag kurz nach 1 Uhr brach laut dem„M..“ in dem St. Annaberge dahier, wo die Barmherzigen Schwestern wohnen, welche die Kranken in den Häusern pflegen, Feuer aus, welches alsbald das Dachwerk des Vorderhauses zerstörte. Es gelang der Thätigkeit der hiesigen Feuerwehr, das Feuer vor weiterem Umgreifen einzuschränken. * Saarbrücken, 21. Jan. Herr Pastor Eich von Heusweiler hatte sich heute vor dem königlichen Zuchtpolizeigerichte wegen Beleidigung des Friedensrichters Herrn Liessem zu Sulzbach zu verantworten. Der Vorfall trug sich vor ein paar Wochen gelegentlich einer infolge höherer Weisung von dem Friedensrichter im Heusweiler Pfarrhause vorgenommenen Haussuchung nach auf die Marpinger Affaire bezüglichen Schriftstücken zu. Dem Pastor war damals nämlich ein beschlagnahmtes Notizbuch trotz seiner Bitte nicht belassen worden, und er hatte sich laut der „S..“ die Aeußerung entschlüpfen lassen:„Das ist einfältig!“ Das heute ergangene Urtheil erachtete dies als eine Beleidigung des Friedensrichters und legte dem Pastor 30 Mark Geldbuße auf.— Von einer Verhandlung gegen die„Marpinger Schwindler“ sieht und hört man, wie die Tr. Ldkztg. sagt, rein gar Nichts mehr. G4upisseg Lon Lin Gnd. * Münster, 21. Jan. Der Schleier des Geheimnisses, das den Rücktritt des Hrn. Frhrn. v. Schorlemer=Alst vom Vorsitz des Landwirth= schaftlichen Provinzial=Vereins umgibt, lüftet sich immer mehr. Die „Vossische Ztg.“ schreibt neuerdings:„Der Abg. v. Schorlemer=Alst hat das Präsidium des landwirthschaftlichen Hauptvereines für Westfalen niedergelegt, um die Einwendungen des Oberpräsidenten Kühlwetter gegen die von diesem Verein betriebene Pfandbrief=Anstalt für ländliche Grundstücke zu heben. Die Regierung wollte nicht ein so einflußreiches Institut in der Oberleitung eines prononcirten=Reichsfeindese sehen.“ Der „Westf. Merkur“ knüpft daran die Frage:„Die Provinzial=Regierung Westfalens oder das Ministerium? Denn daß das Letztere und das Oberpräsidium nicht immer dasselbe wollen, Beide auch nicht immer den oprononcirten Reichsfeinde Frhrn. v. Schorlemer=Alst in derselben Weise behandeln, haben neuere Vorgänge zur Genüge dargethan.“ * Bensheim, 22. Jau. Großes Aufsehen erregte, wie Darmstädter Flätter melden, die in voriger Woche erfolgte Verhaftung einer bekannten Hauptfinanzgröße. Das Gericht hat die Freilassung des Inhaftirten, obwohl eine bedeutende Caution angeboten wurde, nicht gestattet. In der Behausung des Mannes brach am vorigen Montag, Abends gegen 11 Uhr, Feuer aus, das aber durch rasch herbeigeeilte Hilfe im Entstehen gelöscht wurde. Wäre der Ausdruch des verheerenden Elementes in späterer Stunde erfolgt, so war der Schaden geradezu ein unberechenbarer und das Leben einer Familie, die in unmittelbarer Nähe der Brandstädte wohnt, war in hochster Gefahr. Schon vor einigen Jahren ist ein Theil der Behausung des Genannten abgebrannt. Abonnements=Concert von Julius Langenbach. 00 Bonn, 16. Januar. Kaisermarsch, Faust=Ouvertüre, Vorspiel, Entreact und Brautchor aus „Lohengrin", Preislied aus den„Meistersingern", Tannhäuser=Ouvertüre, Trauermarsch aus der Götterdämmrung und Walkürenritt aus den „Walküren“— ein Wagner=Abend in optima forma! Fürwahr ein Wagstück in unserer musikalischorthodox erzogenen Stadt. Doch der Erfolg krönte das Unternehmen. Noch niemals haben wir die Concerte unserer reformirenden Kapelle so gefüllt gesehen wie gestern Abend. Herr Kapellmeister Langenbach konnte mit der materiellen Wirkung des Concertes sehr zufrieden sein. Was den ideellen Erfolg der Aufführung betrifft, so wurde den einzelnen Programmnummern vom Publicum offenbar ein aufnahmefreudiger Geist entgegengetragen. Außer dem Walkürenritt, der dem nicht nach Mekka-Bayreuth Gewanderten in seiner Originalgestalt noch unbekannt war, traten dem Dilettanten durchweg bekannte Gesichter in dem Programm entgegen, Gesichter über deren Ursprung man nach dem Anhören der ersten Takte ebenso wenig im Unklarea blieb, wie über den Namen des Originals gewisser, mit der stereotypen altdeutschen Mütze bekleideter Bildnisse. Die wiederholte Vorführung neuer Werke, wie Herr Kapellmeister Langenbach sie zu seiner Aufgabe macht, ist aber entschieden zu loben; das Publicum wird befähigt, sich ein festes einzehendes Urtheil zu bilden, und der Fachmann erhält dadurch Gelegenheit, sein fixirtes Urtheil zu klären und zu moderiren. Was die Wagner’schen Werke und insbesondere die gestern aufgeführten betrifft, so muß ich meine bereits bei früherer Gelegenheit=geäußerte Ansicht auch heute noch vollkommen aufrecht erhalten. Zum Anwalt der Kunstprincipien, welche dieser Componist aufstellt, vermag ich mich ebenso wenig aufzuwerfen, wie zum Lobredner seiner Schöpfungen. Es ist nicht zu leugnen, Wagner hat es verstanden, sich zum Helden des Tages machen, aber wenn man seine Werke und die Lobhudeleien seiner Schildträger mit kaltem Blute betrachtet, wird man ihn um diesen ephemeren Ruhm wenig beneiden. Bezüglich der letzteren verdient ein kleiner Vor fall registrirt zu werden, der sich bei den Bayreuther Aufführungen zu getragen haben soll. Bekanntlich wußten die Wagnerianer nicht genuß von den Anerkennungen zu erzählen, die dem Componisten bei dieser legenheit gezollt wurden. Auch unser Kaiser sollte ihnen zufolge Meister seine Befriedigung ausgedrückt haben. Kapellneister H. N. Schl Bayreuther Aufführungen spiel(Nördlingen, C. H. Beck, 1876), daß der Kaiser„das i scheulich gefunden habe“. Es ist schlimm, wenn sich bei der einer neuen Kunsterscheinung derartige Abweichungen geltend mache Was mich betrifft, so beruhige ich mich vollkommen mit der Uel zeugung, daß das wahrhaft Schöne und Werthvolle, was Wag geschaffen, wie alles wahrhaft Schöne für alle Zeit bestehen ben und das Gemachte, Marktschreierische, Berechnete vergehe wird. Den„Ritt der Walküren“, der eine merkwürdige Wahlbe wandtschaft mit dem bekannten Salonstück=Lo reveil du Lione*# kundet, vermag ich dem ersteren beim besten Willen nicht zuzurecht Am Wohlthuendsten aus dem ganzen Programm berührte noch da?# kannte Preislied aus den Meistersingern. Der gezollte Beifall scht, indeß im Allgemeinen— und das mit vollem Recht Wiedergabe als auf das Wiedergegebene zu beziehen. 5 Nun aber kommt H. M. Schletterer in Augsburg und meldet in seinem den Aufführungen gewidmeten Buche: R. Wagner's Bühnenfest lingen, C. H. Beck, 1876), daß der Kaiser„das Werk ab te Beifall schien sich — mehr auf dit Verantwortlicher Redackeur: J..: Herwann Poeskes in Vonn.— Verlag: P. Hauptmann.— Druck der Hauptmann'schen Buchdruckerei in Vonn(Sürst Nr.).