S T TTTTTTTTTTTTTTTTATa n 11 litäten en 6. Baum, t. 16. enbade. weiber, ähe Reichson Nr. 1044. keise Wrede. tagisch haftssaal rant Museum. hen iken, Taare, Holzi Abnahme l. zu 85 Pfg. —25 Pfd. amp. iten, ße. ndericher# alienischer! M. 1.* Fl. 80 Pfg. 4 tschalt. r. saft. März, hr: 1ge. tal. n erscheint Anzeiger allgemeinen Alle in Köln Geschäftsstelle und Anzeigen-Annahme Marzellenstraße 20, Ecke d. Bahnhofstr. S Für Köln und Dororte 12½ Ofg. Setgtigen Pttts: die einspaltige Zeile; für auswärts 20 Ofg.— Bevorzugt verlangte Anzeigen(erste u. letzte Seite) 20% höher.— Stellen=, Dienst=, Arbeits=Gesuche und=Angebote, Mieth=Anzeigen und dergl. bis zu 10 Zeilen 5 Ofg. die Heile. Jede vierte Einrückung derselben Anzeige kostenfrei. Offerten=Annahme 25 Ofg. W ird täglich in jedes Haus von Röln sowie in Deutz und allen Vororten unentgeltlich getragen. Für Stockwerke und Hinterhäuser mit Sonntags-Zeilage 30 Ofg. monatlich. — Külner Anzeigen=Besteller erhalten bei Vorherbestellung einer ihre Anzeige enthaltenden Uummer(zur Vertheilung oder Versendung an ihre Kundschaft oder in weitere Kreise) dieselbe zu unserm Selbstkostenpreis: ½/2 Bogen M..50. 3/4 Bogen.—, 1/1 Bogen.50 für je 100 Stück. Loral nzeiter General-Anzeiger für die rheinische Hauptstadt und Fremdenblatt. Nr. 13.(Colonia.) Allen fern der Heimath lebenden Kölnern, die nicht der alten Colonia entfremdet, vielmehr mit dem Wohl und Wehe ihrer mächtig emvorblühenden Vaterstadt vertraut zu bleiben wünschen, empfehlen wir ganz besonders den Postbezug des Kölner &Xm Local=Anzeiger. Ein Blatt aus der Heimath ist eine freudige Ueberraschung für Jeden, der in der Ferne X weilt. Jede Nummer wird von Anfang bis zu Ende gelesen, alle Nachrichten sind von größtem Interesse, und selbst die kleinsten Anzeigen werden nicht überschlagen, weil sich überall bekannte Namen, alte Beziehungen finden. * Der K..=A. kostet bei auen Postanstalten nur M..00 ∆(mit Sonntags=Unterhaltungs=Beilage) für die # Monate April, Mai und Juni.(Post=ZeitungsVerzeichniß Nr. 3467.) Sonntags=Beilage. Sonntag, 20. März 1899. Feuilleton des Kölner Local=Anzeiger. 26. März 1893. Mein erster Sonntag in Rom.“) Mancher Deutsche hat mehr Sonntage in Rom verlebt, als ich. olcher Sonntage aber, wie der erste war, den ich in Rom zubrachte, sah selbst die ewige Stadt nicht viele. Wir kamen am Samstag, 18. Februar, 12.30 Morgens in Rom an, drei fröhliche Studenten, vom Verbande der katholischen Studenten=Vereine Deutschlands als Vertreter hingesandt, um dem h. Vater Leo XIII. zum goldenen Bischofs=Jubiläum zu gratuliren. Einen Vorgeschmack von den Dingen, die wir erleben sollten, gab uns das Getriebe in und vor dem Bahnhof; denn wenige Minuten vor unserer Ankunft hatte ein Extrazug über 1000 englische Pilger gebracht. Dieser Samstag brachte uns nichts als Mühe und Enttäuschung; denn es war versäumt worden, uns rechtzeitig und an richtiger Stelle in Rom anzumelden.„Zu spät! Programm gedruckt, bereits vertheilt, nichts mehr zu machen!“ So sagte man uns überall. Wir konnten froh sein, noch drei Zutrittscheine zur Tribüne E(hinter dem Hochaltar) zu erhalten, wo die Cardinäle, Bischöfe und Diplomaten ihre Plätze hatten. Hoffnungslos machten wir einen Besuch im Campo Santo der Deutschen, dem„Schwalben=Nest am Riesendom"; dort, drei Stiegen hoch, fanden wir einen überaus lebhaften geistlichen Herrn, der aus langer Pfeife qualmte und schon darum sehr vertrauenerweckend aussah. Den Namen brauche ich nicht zu nennen, er hat in Rom und anderwärts vortrefflichen Klang. Dieser gute Herr sprach uns Muth zu und versicherte, wir bekämen just den Platz, den wir wollten; wir sollten uns nur auf ihn verlassen und am andern Morgen rechtzeitig um 8 Uhr bei ihm sein. Da schieden wir denn, dankerfüllt und zuversichtlich. Die Glocken der Anima=Kirche und die von St. Agnese an der Piazza Navona weckten mich in der Frühe des denkwürdigen 19. Februar aus unruhigem Schlummer. Fünf Uhr, noch völlig Nacht, meine zwei Begleiter noch fest in Morpheus' Armen; da stehst du auch noch nicht auf, dachte ich und legte mich wieder um. Bald darauf begann jedoch in der Via della pace, der Friedensstraße, nach der unser Fenster ging, ein solcher Heidenlärm, daß der Beste nicht in Ruhe bleiben konnte.„La Tribuna! La Voce della veritä! Popolo, Popolo, Popolo! Messaggero! Monitore di Roma!“ So riefen unterschiedliche Zeitungsverkäufer beiderlei Geschlechts und jeglichen Alters mit beneidenswerther Lungenkraft durcheinander. Zu ihnen gesellten sich Männlein und Weiblein, welche die Güte ihres Grünzeugs, ihrer Eier und Fische priesen. Eine kleine Balgerei zwischen zwei lustrani, stiefelwichsbeflissenen Jungen, erhöhte den Lärm. Jetzt heraus, die Andern wecken und vor allem den studentischen Wichs nicht vergessen! Um 7 Uhr ruft die ansehnliche Hauswirthin zu dem Frühstück, das ich Abends zuvor unter Aufgebot meiner sämmtlichen Kenntnisse in Italienisch und Französisch bei ihr und ihrem Töchterlein bestellt. Alt und Jung ist vor Bewunderung unserer„Uniform“ völlig starr! Dann kommt unser Wagen, er hat aber eine Nummer, muß also umkehren und schleunigst die Nummer mit Glanzpapier verkleben; denn Wagen mit Nummern werden nicht zugelassen. *) Abdruck ist nicht gestattet. Gesetz v. 11. Juni 1870,§§. 7 u. 10. D. Red. Um.30 fuhren wir von der Anima ab, dem Corso Vittorio Emmanuele zu, wo wir in eine unabsehbare Wagenreihe hineingeriethen, die sich langsam vorwärts bewegte, der Brücke unterhalb der Engelsbrücke zu. Auf den Gehwegen rechts und links schoben sich dichte Pilgerschaaren nach demselben Ziele; mancher neugierig fragende Blick flog aus ihnen uns zu. Wir fürchteten schon, unser Ziel nicht mehr rechtzeitig zu erreichen, denn die große Uhr auf dem Engelsthurm hatte nur mehr wenige Minuten bis 8, als wir auf der Brücke fuhren; doch jenseits ging es rascher, pünktlich auf die Minute trafen wir am Campo Santo der Deutschen ein. Unser liebenswürdiger Beschützer empfing uns und setzte sich zu uns in den Wagen. Er hatte sich mit einer violetten Schärpe umgürtet und lächelte verschmitzt, als er uns sagte:„So, nun thun Sie genau, was ich Ihnen sage. Ich werde vielleicht eine Nase bekommen, aber das schadet nicht!“ Wir fuhren hinten um St. Peter herum bis zu einer Pforte, die von einigen Schweizern in großer Uniform bewacht war. Sie salutirten vor uns, weil sie ja nicht wissen konnten, wer wir waren, aber hinein ließen sie uns nicht, trotz einer sehr beredten Auseinandersetzung unseres Begleiters. Wir mußten umkehren. Einer meinte schon zaghaft, wir kämen überhaupt nicht in die Kirche. Aber siehe da, an einer andern Nebenpforte glückte es. Ingresso per il corpo diplomatico(Eingang für das diplomatische Corps) stand über der Thüre, einige Schweizer und ein Offizier davor. Nun verfuhr unser Begleiter höchst diplomatisch: auf die Frage des Offiziers, wer wir wären, erwiderte er, auf der Liste ständen wir nicht, wir seien jedenfalls zu spät angemeldet.„Die Herren sind aber die Vertreter einer bedeutenden Macht jenseits der Alpen!“ (Nun, tausend deutsche Studenten, mit dreitausend alten Herren vereint, sind auch eine bedeutende Macht!) Da salutirte der Offizier respectvoll, wir dankten, die Thüre wurde weit geöffnet und einen Augenblick später standen wir tiefaufathmend unter dem gewaltigen Gewölbe des Hauptschiffes von St. Peter, weit hinter dem Hochaltar. Jetzt galt kein Zandern! Mitten durch die Reihen erstaunt und verwundert blickender hoher und höchster Kleriker, besternter Diplomaten, goldgeschmückter hoher Adeliger führte uns unser Schirmherr, da und dort mit einem der Ordnung haltenden Kammerherren ein Wort der Aufklärung wechselnd. Und unversehens standen wir schließlich dicht am Hochaltar, unter der gewaltigen Kuppel des Riesendomes, und waren allein! Denn der kleine freundliche Herr durfte nicht bei uns bleiben. Wir standen auf der Evangelien=Seite. Vor uns im Hauptschiff, neben uns im Querschiff, auf der andern Seite drüben, Kopf an Kopf gedrängt: eine unübersehbare Menschenmenge; hinter uns 34 Cardinäle, über 200 Bischöfe, Gesandte, Adelige, Malteser=Ritter, Aebte, der römische Hochadel und, in geschlossener Tribüne, ein Sängerchor. Wir schauten und wurden beschaut; bevor wir's recht merkten, waren wir sogar drei Mal meuchlings photographirt! Einige Mal suchten Ordnung führende Kammer= herren, auf deren Listen wir nicht standen, uns zu verdrängen; aber ich antwortete auf ihre hastigen italienischen Reden meiner Weisung getreu nur mit:„Non la capisco!“(Ich verstehe Sie nicht!), und so ließ man uns in Ruhe. Es wurde 9 Uhr, zu welcher Stunde die Ceremonie beginnen sollte; mit unbeschreiblicher Spannung harrten wir und all' die Tausende der Ankunft des Pontificalzuges. Jede Bewegung der Schweizergarde wurde als Zeichen aufgefaßt und erregte Unruhe allenthalben; aber selbst der Aufmarsch der Nobelgarde, die sich im Halbkreis um den Altar aufstellte, bedeutete noch nicht die Ankunft des Papstes. ½10 Uhr war schon überschritten. Da endlich entsteht weit hinten im Langschiff eine lebhafte Bewegung. Eine einzelne Stimme ruft:„Evviva il Papa!“ Und noch bevor der Ruf in den weiten Bögen und unter der Riesenkuppel verhallt, wiederholen ihn wohl 50,000 Stimmen. Dazu Tücherschwenken, Händeklatschen ohne Ende! Weit hinten erblicken wir eine hoch über der unaufhörlich jubelnden Menge thronende weiße Gestalt, die sich feierlich langsam herwärts bewegt, bald nach rechts, bald nach links mit erhobener Rechten segnend. Immer wieder erbraust der Jubelruf„Evviva il Papa-Ré!“ begleitet von tosendem Händeklatschen. Von dem herrlichen„Tu es Petrus“, mit welchem die Sängerchöre den Vater der Christenheit begrüßen, hört man immer nur Bruchstücke. Fast eine Viertelstunde vergeht, bis der Zug den Altar erreicht, unmittelbar an uns vorüber! Der gewaltige Jubel in dem Riesendome macht majestätischer Stille Platz, als Leo XIII., bekleidet mit dem prachtvollen goldgestickten weißen Meßgewand, welches ihm der Adel der Stadt Rom zum goldenen Priester=Jubiläum geschenkt, auf dem Haupte nicht die päpstliche Tiara, sondern in Erinnerung an den 19. Februar 1843 eine bischöfliche Mitra, ein Geschenk der Nobelgarde, die Stufen des Hochaltars ersteigt und die heilige Handlung beginnt. Nach der h. Messe betete der Papst an den Stufen des Thrones und zog sich alsdann unter die Tribüne der Sänger zurück, zum Frühstück. Die Menge in der Kirche, die davon nichts wußte, wurde unruhig. Bald erschien er aber wieder und intonirte mit lauter Stimme das Tedeum. Abwechselnd sangen die beiden Chöre zusammen und die ganze andächtige Menge— man denke sich die Wirkung von etwa 50,000 Stimmen in einem Raume, wie St. Peter in Rom! Nach Schluß des Lobgesangs bestieg der h. Vater die Sedia Gestatoria wieder und ließ sich vor den Hochaltar tragen; er trug jetzt die Tiara, die dreifache Krone. Den Wink eines deutschen Monsignore befolgend, drängten wir Drei uns durch die Reihen hoher Kleriker, Gesandter und Adeliger(Alle diese hatten ihre Tribüne E hinter dem Hochaltar verlassen) bis vor das Podium vor dem Grabe des Apostelfürsten Petrus. So sahen wir abermals aus unmittelbarster Nähe den h. Vater, der mit zitternder Hand eine Brille aufsetzte und dann die Gesänge des Ritus zum päpstlichen Segen anstimmte. Tief ergreifend war es, zu sehen, wie der ehrwürdige Greis mit gewaltiger Anstrengung jedes einzelne Wort sozusagen tief aus der Brust hervorholte. Seine Stimme war klar, selbst im entferntesten Winkel vernehmlich und voll mildesten Wohllauts. Regungslos verhielt sich das Menscheumeer, bis die feierlich=langsamen Segensworte verklungen waren. Dann aber, während der Papst sich durch das Langschiff hinaustragen ließ, brach der lang zurückgehaltene Jubel von neuem los, wieder schwenkten die vielen Tausende Taschentücher und Hüte, wieder klatschten sie in die Hände, wieder erfüllte der brausende Ruf „Evviva il Papa-Ré!“ die heiligen Hallen. Wir hatten schnell, dem Beispiel Anderer folgend, einige Stufen des Hochaltars erstiegen und überschauten von da das Gewoge, bis unser lächelnder Schutzgeist uns abholte, um uns mit dem corpo diplomatico durch fürchterliches Gedränge in den Hof von St. Peter zu bringen. Dann ging es schnell unter dem Thorbogen hindurch und die Stufen vor dem Haupteingang von St. Peter hinauf, um einen flüchtigen Blick auf das Gedränge der 100,000 Menschen auf der Piazza di San Pietro zu werfen, dann zurück und in das Ospizio Teutonico hinauf, wo eine kleine Schaar deutscher Kleriker beisammen war und in altem weißem Chianti=Wein auf unser Wohl und das Gelingen unseres glücklichen Wagnisses trank. Wie floß der feuerige Tropfen durch die trockene Kehle! Nachher schnell in den Wagen und fort, hinüber in die Stadt! Ueberall dichtes Gewoge festlich geputzter Menschen. Da drehte manche schwarzlockige Schöne sich nach uns um.„Ecco I principi inglesi!“(Englische Fürsten!),„Studenti tedeschi!“(Deutsche Studenten!), so schwirrte es durcheinander. Man hielt uns meist, wie später Se. Eminenz Cardinal Krementz uns erzählte, für Offiziere, ungarische oder englische Fürsten, vielfach grüßten uns fremde Priester auf der Straße, sogar italienische Polizisten„steckten auf". So ging's den Corso Vittorio Emmanuele und den Hauptcorso auf und ab, endlich um 2 Uhr nach Hause und in die stets überfüllte Trattoria del Passetto, unser Speisehaus. Zuppa’herbe, manzo polito, arrosto di vitello, maccheroni, torta, frutti, dazu vino nero di Marino, alles zusammen 2 Lire, und unser Magen war befriedigt. Am Nachmittag widmeten sich uns die Freunde aus der Anima. Sie geleiteten uns den Corso hinaus nach der Piazza del Popolo, wo noch Gerüste standen von den Carnevalsspielen; dann rechts vor dem Thore hinauf in die Gärten der Villa Borghese, wo unzählige Fremde sich bewegten, darauf zurück und im leichten, flinken Wagen den Monte Pincio hinan. Er ist auch heute noch ein Berg der Gärten. Welches Leben! Sieb' da, Neapolitaner! Dort Canadier! Dort Albions steife, blonde Töchter, hier sanfte, deutsche Brünetten, nebenau ein stolzer Ungar mit zwei Damen, die ihr Staunen in lebhafte, laute Ausdrücke kleiden. Stolz und schweigsam geht ein ganz in weiße Gewänder gehüllter Armenier einher, Kinder aus der Campagna in verschlissener, kleidsamer Tracht suchen Veilchensträuße gegen Kupfersoldi zu vertauschen, Krüppel rutschen heran, wehmüthig„Un soldo, signor!“ bittend, italienische Soldaten, Bersaglieri und Andere, lustwandeln just wie bei uns mit ihrer geputzten Signorina, Priester schreiten in einsamern Gängen auf und ab und beten ihr Brevier. Da, in einem Prachtwagen mit drei feuerroth livrirten Dienern, fährt die Königin, die den Namen La bella Margherita behalten hat; von fern folgt ihr in minder prächtigem Gefährt der König, eine stattliche Erscheinung mit mächtigem, schneeweißem Schnurrbart. Genug des Getriebes! Wir treten an die Balustrade und überschauen die im hellsten Sonnenglanze uns zu Füßen liegende ewige Stadt mit ihren vielen Kuppeln und Thürmen, den flachen Dächern, der Riesenschildkröte, Pantheon genannt, und der schimmernd vom tiefblauen Himmel sich abhebenden Riesenkuppel von St. Peter. Da könnte Einer stehen, stunden=, ja tagelang, und sich doch nicht satt sehen! Die Freunde drängen, auch weiterhin sei Schönes zu sehen. Wir gehen ein wenig bergab, bis zur Kirche Santa Trinitä dei Monti; der schwere Ledervorhang vor dem Eingang belehrt uns, daß die Kirche geöffnet ist. Wir gelangen durch die unvermeidliche Bettlerschaar ohne große Opfer hindurch in das Gotteshaus, welches den Damen von Sacré=Coeur gehört. Es ist bis auf den letzten Platz gefüllt; denn es findet Anbetung vor ausgesetztem hochw. Gute statt. Eine der Ordensschwestern, die früher Opernsängerin war, jetzt aber ein besseres Theil erwählte, singt mit hinreißender, inniger Stimme ein Pange lingua. Leider stört ein feingekleideter Herr neben mir meine Andacht, indem er versucht, seine Hand in meiner Brusttasche zu wärmen, just da, wo meine paar 100=Lire=Scheine stecken. Eine schnelle Bewegung von unten herauf, und die Hand schlägt leer in das Gesicht ihres Besitzers.„Scusi, signor!“— „Niente.“(Um Entschuldigung, mein Herr!— Nicht Ursach.) Seite 2 Kölner Local-Anzeiger Nr. 13= Sonntag, 26. März 1893. Nach all' den Genüssen für Aug' und Ohr verlangt auch die deutsche Studentenkehle ihr Recht, und siehe, wie bald ist das gemüthliche Heim beim„Vater“ gefunden, die deutsche Bierhalle „Löwenbräu München". Da war alles Deutsch, die Salzhörnle, die Landjäger und Wienerle mit Meerrettig, das schäumende Bier und der behäbige Wirth mitsammt den Gästen. Begeistert und lustig flog die Wechselrede hin und her, bis Jeder sein Quantum hatte. Billig war's nicht, aber das macht nichts! Schon waren einzelne Häuser und Kirchenfacaden schön beleuchtet, als wir heimwärts oder vielmehr in die Weinstube von Jacobini gingen, wo man für so wenig Geld einen so feinen Genzano trinkt. Und als wir von da fortgingen, war leider die Illumination schon vorüber. Die dicke Signora daheim und ihr lächelndes, flinkfüßiges Töchterlein warteten noch bei heruntergebrannten Kerzen, um uns buona notte, gute Nacht, zu sagen. Das war mein erster Sonntag in Rom! * Bonn, 23. März. Dieser Tage standen vor der hiesigen Strafkammer die Studenten der Rechte E. und R. aus Düsseldorf unter Anklage wegen Mißhandlung. An einem Abend des October v. J. rempelte der stud. iur. E. in der Nähe des Bahnhofes zu Godesberg einen Mann an mit einer unnützen Frage, ging dann zu Schimpfworten und schließlich zur Thätlichkeit über. Der hinzugekommene stud. iur. R. schlug ohne weiteres mit einem Hunde=Halsband, das er in der Hand hatte, drein. Die Prügelei lockte eine Anzahl Personen hinzu, welche gegen die Studenten Partei nahmen, so daß auch Letztere schlecht wegkamen. Der Studiosus E. erhielt sogar einen Messerstich. Die Vernehmung der Zeugen ließ das Benehmen der Studenten in sehr ungünstigem Lichte erscheinen, und dieses kam auch in dem Urtheil zum Ausdruck. Wenn auch die bisherige Straflosigkeit der Angeklagten mildernd in Betracht gezogen wurde, so bezeichnete anderseits der Urtheilsspruch das Auftreten der Studenten als brutal und erkannte deshalb gegen E. auf 500., gegen R. auf 800 M. Geldbuße, event. auf je einen Tag Gefängniß für je 5 Mark. N Dierdorf, 22. März. Hier ist man einer Bande von Einbrechern und Hehlern auf die Spur gekommen. In vergangener Nacht gelang es, zwei der Diebe auf frischer That zu ertappen, als sie eben aus einem offenen Kellerfenster eines Gasthofes entweichen wollten. Die Diebe, zwei hiesige Einwohner, scheinen das Geschäft seit geraumer Zeit betrieben zu haben, da man bei den vorgenommenen Haussuchungen bei ihnen und den Hehlern, von denen einer auch verhaftet wurde, eine große Menge Waaren fand, die aus den verschiedenen Geschäften zur Nachtzeit gestohlen wurden. * Essen, 21. März. Wegen Zugehörigkeit zu einer verbotenen Verbindung sind dieser Tage mehrere Schüler des hiesigen Gymnasiums entlassen worden. Darunter befand sich ein Abiturient, welchem die mündliche Prüfung erlassen war. 88 Mülheim a. d. Ruhr, 21. März. Gestern Mittag fand bei dem im benachbarten Broich wohnhaften Arbeiter Str. von der Thyssen'schen Fabrik eine Haussuchung nach verbotenen(anarchistischen) Schriften statt. Bei dieser Gelegenheit fand die Polizei ungefähr vierzig falsche Zweimarkstücke, weshalb die sofortige Verhaftung des Str. auf der Arbeitsstelle vorgenommen wurde. Derselbe gab an, das falsche Geld von dem Fabrikarbeiter Sch. von hier erhalten zu haben, was auch bei diesem eine von Erfolg begleitete Haussuchung zur Folge hatte. Man glaubt, einer weitverzweigten Falschmünzer=Bande auf die Spur gekommen zu sein. X Nuhrort, 22. März. Heute Nachmittag wurde aus dem hiesigen Eisenbahn=Hafenbassin die Leiche des Heizers des Schraubendampfers Mülheim a. d. Ruhr II gelandet. Der Ertrunkene war heute früh vermuthlich in Folge eines Fehltrittes beim Betreten des Aborts über Bord gefallen und wurde erst später vermißt. □ Witten, 22. März. Zu einem nicht unbedeutenden EisenbahnUnfall kam es heute Morgen auf der Strecke von hier nach Wetter. Von dem sogen.„Hohenstein“, einem hohen Felsblock, lösten sich, während ein langer Güterzug vorüberfuhr, plötzlich bedeutende Felsmassen ab und stürzten auf das Bahngeleise, was zur Folge hatte, daß 13 Güterwagen entgleisten. Ein Bremser erlitt einen Beinbruch, der Zugführer wurde leicht verletzt. Beide Geleise sind gesperrt; die Aufräumungs=Arbeiten dürften mehrere Tage dauern. Bis dahin wird der Personenverkehr in der Weise aufrecht erhalten, daß die Passagiere an der Unfallstelle umsteigen müssen. A Beckum, 21. März. Ein Arbeiter der Cementfabrik Westfalia befand sich gerade auf dem Fahrstuhl, als plötzlich ein Seil desselben riß und er in die Tiefe hinabstürzte. Leider hat der Mann einen doppelten Arm= und Bein=Bruch sowie so schwere innerliche Verletzungen erhalten, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. * Bochum, 21. März. Endlich sind die Mörder der in Altenbochum am 14. Mai des verflossenen Jahres ermordeten Rentnerin Lina Munscheid entdeckt worden. Es sind dies zwei Bergleute aus dem Amte Wattenscheid, von denen der eine seit einiger Zeit wegen eines Vergehens im Gefängniß sitzt, während der Andere sich geflüchtet hat. * Padervorn, 22. März. Hrn. Cardinal=Erzbischof Krementz von Köln wird das hiesige Domcapitel eine Adresse widmen, worin es seine Glückwünsche zu der ihm vom Papst verliehenen Würde ausspricht. Dieselbe liegt jetzt fertig vollendet vor. Sie kann als Meisterstück der Zeichenkunst bezeichnet werden und trägt im ganzen eine antike Ausstattung: oben links eine große farbige Initiale, darunter das Portrait unseres Diöcesan=Patrons, des h. Liborius, woran sich am Fuße der Seite das Bild unseres Domes nebst Umgebung anschließt. Man wird selten eine mit solcher Sauberkeit und Schärfe bis in die kleinsten Einzelheiten durchgeführte Handzeichnung finden. Sie ist das Werk eines hiesigen jungen Künstlers. Die zugehörige Ledermappe in rothem Leder zeigt ebenfalls eine stilgerechte, aber einfacher gehaltene Ausstattung. Die Ueberreichung der Adresse wird voraussichtlich Anfang Mai erfolgen. 9 Richrath, 22. März. Nachdem die staatliche Oberbehörde den Franciscanerinnen aus dem Mutterhause zu Mülheim a. d.., Westfalen, die Genehmigung zu einer Niederlassung hierselbst ertheilt hat, steht der Eröffnung des Martins=Krankenhauses kein Hinderniß mehr im Wege. Die Schwestern sind berufen zur Krankenpflege in und außer dem Hause sowie zur Unterhaltung einer Handarbeits schule für katholische, der Schule entlassene Mädchen. &am Siegen, 20. März. Der neunjährige Sohn des Arbeiters Sch. fand auf der Straße eine Dynamit=Patrone, die er, ohne die Gefährlichkeit des Gefundenen zu kennen, anzündete; die Patrone explodirte und der Knabe wurde am Gesicht und an den Händen schwer verletzt. B Aus dem Regierungsbezirk Kassel, 22. März. Eine beachtenswerthe Entscheidung traf am 15. d. M. das Schiedsgericht für die Invaliditäts= und Alters=Versicherung des Stadtkreises Kassel in der Klagesache eines gegenwärtig in Quedlinburg wohnhaften Schneiders wegen Bewilligung einer Invaliditäts=Rente. Derselbe wurde abgewiesen, da er als selbständiger Schneider für verschiedene Meister Arbeiten in seiner Wohnung ausgeführt hatte, ohne jegliche Controle und festgesetzte Arbeitszeit seiner Arbeitgeber, eine Beschäftigung, welche nach der Ansicht des Schiedsgerichtes nicht als versicherungspflichtig anzusehen ist. Da jedoch in derartigen Fällen die freiwillige Versicherung zulässig ist, so möge auf den Nutzen der letztern erneut hingewiesen werden. Kölnische Wochen=Plauderei. Noch ein Mal kurz vor Thoresschluß hat der Winter sein Anrecht auf den ihm astronomisch angewiesenen Zeitraum geltend gemacht und dasselbe mit einem kräftigen Donnerschlag betont. Ja der rauhe Boreas mußte auf sein Geheiß noch ein Mal die Schläuche öffnen, in denen die eisigen Winde schlummern, und mit schnellem Flügelschlage flog Frau Sorge durch das Land— sollte der Hoffnung Grün, in das die Erde sich gekleidet, in ein schnelles Welk verwandelt werden? Doch nein, sein Recht hat der Winter vertheidigt, sich aber jedes Uebergriffes über den 21. März bis jetzt wenigstens enthalten. Bei hellstem Sonnenschein konnte der Frühling an diesem Tage auf die Berge steigen und freundlich in die veilchenblauen Augen schauen, die aus dem erst in dünnem Gewebe über den Waldesboden und den Laubschutt eines versunkenen Jahres sich ausbreitenden frischen Teppich hervorguckten. Das junge Laub, welches die Knospe noch nicht gesprengt, rollte sich auf, und von fern gewähren die Bäume und Sträucher einen Anblick, als seien sie wie mit einem grünen Gazeschleier überzogen. Bald wird dieser Schleier sich verdichten zu einem Laubdach, in dem die Gefiederten Schutz und Heim finden. Wie das Laub aus der Knospe, in der es so lange geschlummert, so wagte sich der alte Frühjahrsüberzieher wieder aus dem Schrank, wo er lange ein stilles Dasein geführt, höchstens heimlich vom Mottenwurm besucht, welcher, so würde man in Paris sagen, offenbar auch zu den Bestochenen gehört, denn er arbeitet ja im Interesse der Kleiderhändler. Neben vielen neuen Ueberziehern neuen Formats treten auch, wenn man sich auf der Straße die Leute etwas näher ansieht, auch Spazierstöcke neuen Formats in den Gesichtskreis, Spazierstöcke mit Krücken, welche an den stilisirten Hammer des Steinklopfers vom Chausseerand erinnern. Man sieht dieses Modell nicht selten in der Hand von solchen, welche den Stempel des Nichtsthuns auf ihrem Wesen tragen, denen aber doch der Hammer des Steinklopfers in ihrer Hand wenigstens den Schein eines nützlichen Mitgliedes der menschlichen Gesellschaft verleiht. Uebrigens ist diese Krücke doch nichts Neues unter der Sonne; wenn der freundliche Leser ein Mal auf dem Speicher nachsehen will, findet er da womöglich einen Stock des Großvaters, der vor den Ansprüchen der Tagesmode sehr wohl bestehen kann. Der Vorfrühling, dessen Kraft man schon aus der Ankündigung frischen Maifisches entnehmen kann, hat den Kölner Gärtnern sehr in die Hand gearbeitet gerade zu einer Zeit, wo an ihre Leistungsund Lieferungs=Fähigkeit große Anforderungen gestellt wurden. Es war an dem Tage, wo man„die erste Schüppe herausthut", auf St. Gertrud und auf St. Joseph. Wenn man einen allgemeinen Schluß ziehen kann aus den zahlreichen öffentlichen Widmungen von Stammgästen zu Ehren ihrer„Trinkräthe", dann muß es in Köln von Josephen so wimmeln, daß man füglich die schlechtere Hälfte der Einwohnerschaft eintheilen kann in Solche, die Joseph und Solche, die nicht so heißen. Die Gärtner haben denn auch keine Fehlbitte gethan, als sie mit Rücksicht auf diese Unzahl um eine zehnstündige Verkaufszeit für letzten Sonntag einkamen. Derselbe Sonntag zeigte uns auch zum ersten Mal seit der Thronbesteigung der Sonntagsruhe, wie richtig es ist, die Offenhaltung der Schaufenster an Sonntag=Nachmittagen und=Abenden zu gestatten. Die Straßen belebten sich wieder mit Schaulustigen, die in der Woche weder Zeit noch Stimmung haben, zum Genuß einer Augenweide durch die Straßen zu wandern; sie beleben sich wieder und unterscheiden sich so vortheilhaft von jenem Todeszustand, in den die Sonntagsruhe verwandelt worden war. Nun haben auch Diejenigen Ruhe, welchen die zeitweilige Einstellung des süddeutschen Blitzzuas im verflossenen December solche Schmerzen machte. In neuer verbesserter Auflage ist er wieder erschienen und wird besonders für die deutschen Rompilger eine Annehmlichkeit bilden, da er ihnen bis zur schweizerischen Grenze den Weg merklich abkürzt und durch seine vortreffliche Einrichtung ihnen die Beschwerden der Fahrt erleichtert. Der Romfahrer wird es schon aus Köln selbst eine ansehnliche Menge geben, darunter recht viele Pilgerinnen, vielleicht mehr als Pilger; denn wenn ihrer schon Viele zu der Pilger=Versammlung am Montag im Fräukischen Hof sich einfanden, so wird die angeborene Schüchternheit wohl eine noch größere Zahl zurückgehalten haben, obwohl das gar nicht nöthig gewesen wäre; denn es herrschte eine solche Protectorstimmung unter den Anwesenden, daß auch das zaghafleste Herz unter sothanen Umständen mit Muth für eine noch viel weitere Reise sich gefüllt haben würde. An dem Frühling, in so fern er die unansehnlichen Umhüllungen sprengt und Verborgenes sich zum Licht entfalten läßt, hat die Stadtverwaltung sich ein Beispiel genommen; sie läßt in diesen Tagen die Bretterumhüllung niederreißen, welche die römischen Baureste der sogenannten Porta Paphia bisher zum stillen und öffentlichen Aerger vieler Personen umgab. Jetzt ist die Holzverschalung durch ein Holzgitter ersetzt, eine Thatsache, welche schon längst von einem nahe dem Dom stehenden Gasthof escomptirt wurde, da derselbe sich mit der schön umgitterten Porta Paphia in den Zeitungen abmalen ließ. Am Domhotel bewahrheitet sich in diesen Tagen die Erneuerung des Antlitzes der Erde, daß das Alte stürzt und neues Leben aus den Ruinen blüht— mag auch das Alte noch gar nicht alt sein; nicht so bei der Hacht, welche ein zähes Leben führt und immer noch nicht zum Sterben kommen kann. Ihr wünschen aber jedenfalls noch mehr Leute einen baldigen Abschied auf Nimmerwiedersehen, ein schnelleres Ende als den Resten der Porta Paphia. Ein Echo aus der StadtverordnetenVersammlung über die letztere wurde kürzlich im Central=Dombauverein vernommen, in Folge dessen auch dieser Verein in seiner Mehrheit sich für das Niederreißen aussprach. Damit war ein Boden betreten, in welchem der Plan der Anlage einer Kaiserstraße wurzelt. Wenn wirklich ausschließlich durch Dombau=Lotterieen die nöthigen Mittel aufgebracht werden können, dann ließe sich am Ende darüber reden. Es ist ja auch richtig, daß Köln ein Interesse an diesem Plane hat, richtig ist aber daneben, daß die Stadt Köln sich mit ihrem Hafenbau auf lange Zeit finanziell so viel zugemuthet hat, daß es ihre Kräfte überschätzen hieße, wollte man sie mit der Ausführung jenes Plaues belasten. Nun sagt zwar der Dombau=Verein seine Beihülfe zu, aber es ist eben nur Beihülfe, und über den erforderlichen Rest kann man heute noch gar nichts sagen. Hat sich die Stadt ein Mal verpflichtet, dann sitzt sie fest. Auf einen bestimmten Zeitpunkt kann sie sich jedenfalls nicht einlassen, und da erscheint die Veranstaltung alljährlicher Lotterieen bis zur Erreichung des Zieles doch noch als ein viel sicherer, viel näherer Weg. Die Reife=Prüfungen an den Gymnasien sind glimpflich vorübergegangen; wir stehen unmittelbar vor dem Schluß des Schuljahres und vor dem Augenblick, wo zu Denjenigen, welche die Gymnasialstudien vollendet, gesprochen wird:„Wir entlassen Sie mit den besten Hoffnungen und Wünschen für die Zukunft.“ Ein neues Leben geht für diese jungen Leute an; haben sie während ihrer Gymnasialzeit ihr Dasein nach den Satzungen und gemäß dem Geiste der Schule eingerichtet, so wird der Gegensatz zwischen diesem und der studentischen Ungebundenheit ein ziemlich scharfer, aber letztere darum noch lange keine Gefahr für einen gefesteten Charakter sein. Der Auszug in die Universitätsstadt war für den deutschen Jüngling und ist auch heute noch in den meisten Fällen der erste Ausflug in die Welt hinein. Der junge Mann nimmt dann gern ein ferneres Ziel, um sich im weiten deutschen Vaterlande umzusehen. Vielleicht hat er als Gymnasiast schon Ferienreisen gemacht; aber in Beobachtung einer vernünftigen Geistesdisciplin und Lebenshaltung haben die Eltern mit Recht dem Knaben nicht gestattet, was erst für den reifen jungen Mann paßt. Wir haben auch mit ein paar Groschen in der Tasche unsere FerienAusflüge gemacht in Feld und Wald, waren selig und fröhlich, verlangten nicht mehr und wußten dabei doch sehr gut, daß es in den Alpen und in Italien schön, in America großartig sein sollte. Wir Jungens würden es für eine Ueberhebung über unsere Jahre, unsere Auffassungskraft gehalten haben, hätten wir damals Champagner wie Wasser geschluckt, d. h. hätten wir damals nach Reisen in fremder Herren Länder, oltre alpi e mari, über Alpen und Oceane verlangt. Heutzutage ist das anders; heute werden durch Lockungen die Ansprüche unserer unreifen Jugend über das Maß geschwellt, welches Alter, Lebenshaltung, Bedürfniß an die Hand geben. So lasen wir dieser Tage, daß für die„lernfähige und lernbegierige" oder die„lernende, studirende und ausübende Jugend", also u. a. für Gymnasiasten und Lehrlinge, nichts weniger als eine „Haufufahr!" nach— Chicago veranstaltet werden soll, als wenn dies ein Nachbardorf wäre, und daß diese Fahrt mindestens 1000 bis 1500 Mark kosten soll, als wenn sich das auch nur im entferntesten bei Unreifen rentiren würde, ganz abgesehen von dem großen Anspruch an den elterlichen Geldbeutel. Pädagogisch, wirthschaftlich und wissenschaftlich ist ein solches Unternehmen eine Ungeheuerlichkeit, wenn etwa Leute von weniger als zwanzig Jahren an der Reise theilnehmen könnten; aber auch bei Aeltern rechtfertigt sich diese Theilnahme nur durch eine bereits im praktischen Leben erworbene reichere Erfahrung, sonst sind die mächtigen und massigen Eindrücke auf einer solchen Fahrt nur geeignet, die Köpfe zu verwirren und den Geist abzustumpfen. Eine Hansafahrt in eingeschränktem Sinne wird vielleicht eine weniger große, dafür aber um so gediegenere Kundgebung deutschen Wissensdranges sein, als wenn sie nach dem Stil der Reisen von Jung=Rheinland veranstaltet wird; sie wird vielleicht weniger die Verwirklichung eines„großen interessanten Gedankens“ werden, sie wird, wenn auch nicht gerade den Charakter eines großen„nationalen Unternehmens“, dennoch ihren Werth und ihren Erfolg haben. Inzwischen hat von Köln aus ein prächtiges Gebilde die Reise nach der Weltausstellungsstadt angetreten: ein Tempel, wie er das Ideal des von süßen Märchen erfüllten Kindergeistes bildet,— denn man kann ihn essen! Die Gebrüder Stollwerck, deren Erzeugnisse den Namen unserer Vaterstadt schon seit vielen Jahren der ganzen Welt verkünden, haben für Chicago jenen Tempel aus Chocolade bilden lassen, als Baldachin für die Germania vom Niederwald, die hier in Chocolade neu erstanden ist. Für die Kölner Armen hat sich dieses seltene Schaustück recht wohlthätig erwiesen, indem der Zutritts=Obolus für seine Besichtigung sich zu einem hübschen Sümmchen häufte. S Was draußen vorgeht. Im Reichstage hat denn endlich der„Rector aller Deutschen", Ahlwardt, seinen Einzug gehalten und es gleich in den ersten Tagen durch sein Gebahren so weit gebracht, daß der Reichslag an ihm eine moralische Hinrichtung vollzog. Ahlwardt's Bestreben geht das hin, gleich jenen Schwätzern in der französischen Deputirten=Kammer, durch ebenso bestimmt vorgetragene als haltlose Verdächtigungen Scandal hervorzurufen. Anders kann man den Mann nicht auffassen, wenn man liest, er habe im Reichstage erklärt, bei der Entstehung des Reichs=Invalidenfonds hätten Verhandlungen mit Börsenjuden geschwebt, welche dem deutschen Vaterlande Hunderte von Millionen Schaden gebracht hätten. An diesen Verhandlungen habe sich die Regierung betheiligt und außerdem besonders elf Reichstags=Abgeordnete, welche bestochen gewesen seien. Der Rector aller Deutschen beschwor damit auf allen Seiten des Hause., am wenigsten auf der Rechten, einen Sturm der Entrüstung. Man sorderte von Ahlwardt Beweise, Ahlwardt suchte aber Zeit zu gewinnen und versprach dieselben nach Ostern. Darauf ließ das Haus sich nicht ein, vertagte sich vielmehr, um Ahlwardt Zeit und Gelegenheit zu geben, die von ihm erwähnten Actenstücke bis zum folgenden Tage beizuschaffen. Er hatte aber nichts beizubringen; in dem was er vorlegte und was der Senioren=Convent sofort prüfte, war auch nicht die Spur von Belastung für irgend eine amtliche Persönlichkeit oder einen Abgeordneten enthalten. Ahlwardt hielt sich dabei, daß die von ihm vorgelegten Acten belastende Bedeutung erst durch den Zusammenhang mit solchen erhielten, welche er erst nach Ostern beschaffen könne; es handele sich um mehrere Centner. Der Senioren=Convent des Reichstags erklärte vor dem Plenum ausdrücklich,„daß die von dem Abg. Ahlwardt vorgelegten Acten= stücke durchaus nichts enthalten, was die Behauptung des Abg. Ahlwardt in der gestrigen Sitzung irgendwie unterstütze, und nichts enthalten, was gegenwärtige oder frühere Mitglieder des Reichstages, eines Deutschen Landtages, der Reichsregierung oder einer deutschen Landesregierung im Mindesten belaste". Ahlwardt's unverantwortliches Verfahren wurde dann in schärfster Weise kritisirt. Graf Ballestrem, der Berichterstatter des Senioren=Convents, faßte nach Abschluß der Berathung die allgemeine Anschauung über Ahlwardt's Vorgehen in folgende, einer Satzung gleichkommende Worte: „Wenn Jemand, wenn besonders ein Mitglied des Reichstags Beschuldigungen gegen Mitglieder des Reichstags oder der Regierung vorbringt, so kann er das nur thun, wenn er die Beweismittel sofort zur Stelle hat und auf den Tisch des Hauses niederlegt. Wenn er dies aber in einer Sitzung thun will, auf welche eine —. — — Seite 3. Kölner Local-Anzeiger Nr. 13= Sonntag, 26. März 1893. längere Pause folgt, wodurch Wochen hindurch diese Anschuldigungen unerwidert und unwiderlegt durch's Land gehen, so ist das ein Benehmen, welches im Deutschen Reichstage bis jetzt Gott sei Dank noch nie vorgekommen ist, und welches richtig zu qualificiren in parlamentarischen Ausdrücken äußerst schwer sein würde.“ Unter lebhafter, stürmischer Zustimmung nahm das Haus diese Worte auf; der Eindruck war so durchschlagend, daß auch die Parteigenossen Ahlwardt's zum Theil in demselben Sinne sich aussprachen. Ahlwardt behauptete dann kühn, er sei zu seinen Beschuldigungen— die bis dato noch den Charakter der Verleumdung tragen— von dem Abg. Richter provocirt worden. Was Ahlwardt nach Ostern bringen wird, kann uns um so weniger neugierig machen, als der Abg. Richter ihm sofort schon nachwies, daß das schwere Geschütz, welches Jener bei der Besprechung des Senioren=Convents auffuhr, schon längst abgeschossen und vernagelt worden ist, während der Schuß damals auch durchaus fehlgegangen ist. Wenn Ahlwardt schließlich noch behauptete, er sei vom Reichstag vergewaltigt worden, so kennzeichnet dies seine Person und die von ihm vertretene Richtung in ihrer ganzen Anmaßung und Unzurechnungsfähigkeit. Die letztere Eigenschaft ließ Abg. Lieber denn auch als mildernden Umstand gelten. Ahlwardt ist vom Reichstag etwas zu ernst aufgefaßt worden, für den Reichstag selbst nicht zum besondern Vortheil. Eine scheinbar noch kräftigere Folie wurde der Person dieses Mannes durch den Streit gegeben, welcher sich unmittelbar an seine erregte Debatte über den Anti=Semitismus an sich knüpfte und deren Kosten hauptsächlich die Abgg. Rickert und Stöcker trugen. Letzterer glaubt den Anti=Semitismus durch Ahlwardt nicht geschädigt, der große Haufe der Anti=Semiten glaubt denselben sogar gefördert, denn anders sind die Ovationen nicht zu erklären, welche die AntiSemiten dem so schlecht weggekommenen Ahlwardt nach seiner moralischen Niederlage bereitet haben. Der Reichstag verhandelte auf social=demokratische Anregung auch eingehend über die Soldaten=Mißhandlungen, welche zwar von der genannten Partei stark aufgebauscht worden, aber doch nicht zu leugnen sind und fortgesetzt das kräftigste Material liefern für die Agitation zu Gunsten der schleunigen Aenderung des Militair=Strasprocesses. Nach längerer Unterbrechung hat das preußische Herrenhaus seine Verhandlungen wieder aufgenommen. Bei Berathung des Gesetz=Entwurfs betr. den Vorsitz der Geistlichen im Kirchenvorstande (Gebiet des französischen Rechts) machten die Herren Hinschius und Struckmann den Versuch, den alten Culturkampfsgeist wieder zu erwecken. Graf Klinckoström gab seinem Verdruß über das Centrum und über das Wahlgesetz Ausdruck, sprach sich aber für das zur Berathung stehende Gesetz aus, welches denn auch mit großer Mehrheit angenommen wurde. Die Entscheidung im Reichstags=Wahlkreise Arnsberg=Meschede=Olpe ist am Montag zu Ungunsten des von der Centrums=Fraction befürworteten Candidaten Boese ausgefallen; auf denselben vereinigten sich 3335 Stimmen, während Redacteur Fusangel deren über 12,000 erhielt. Nach der Erkläruug der Centrums=Vorstände und der diese Erklärung vertretenden Redner ist Hrn. Fusangel die Aufnahme in die Centrums=Fraction versagt, es ist aber unleugbar eine schiefe Stellung, in welche durch diese Thatsache beide Theile kommen, und es werden sich vielleicht daraus gewisse Unbequemlichkeiten entwickeln. Doch liegen diese in einer Zukunft, welche sich immer noch anders gestalten läßt, als sie aus den heute noch bestehenden Verhältnissen sich entwickeln könnte. Die Opportunisten in Frankreich haben ihren Jules Ferry unter großem Pomp zu Grabe getragen und mit ihm eine ihrer sichersten Hoffnungen. Ein kleines Pflaster auf diese Wunde ist der Ausgang des Panama=Bestechungs=Processes. Alle angeklagten Abgeordneten sind nämlich frei ausgegangen, woraus die opportunistische Presse schließt, daß die republicanische Partei intact aus der Panama=Angnlegenheit hervorgegangen sei. Das dürste nun doch ein Streitpunkt sein, um so mehr, als die Untersuchungs=Commission der Kammer jetzt erst recht die Zeit zu verstärkter Thätigkeit gekommen glaubt. Nach außen treten der Regierung auch neue Schwierigkeiten in den Weg in Sachen Dahome. Der König Behanzin, der übrigens keines Menschen Theilnahme verdient, scheint den Muth noch immer nicht verloren zu haben, sich vielmehr zu einem Verzweiflungskampfe zu rüsten. Wenn nun auch das Ende nicht zweifelhaft sein kann, so wird das Unternehmen, in das Frankreich sich ein Mal gestürzt, und das es seinec Ehre wegen nicht aufgeben kann, noch viel Menschenleben und ungemessene Gelder kosten. Kölner Kirchen=Kalender. Sonntag. 26. März. Palmsonntag.(Evangelium: Glorreicher Ein zug Jesu Christi in Jerusalem. Matthäus XXI,—.) Feierliche Palmen= weihe in allen Pfarrkirchen.— Ludgerus. Kinder=Communion: In St. Gereon(Knaben). Im Dom: Nachm. 1½ Uhr Auszug der großen Römerfahrt. Nach Eingang der Procession wird der sacramentalische Segen ertheilt. Diejenigen, welche daran reumüthig Theil nehmen, gewinnen einen Ablaß von sieben Jahren und sieben Quadragenen, und wenn sie in der Charwoche oder in der Österwoche die heiligen Sacramente empfangen, einen vollkommenen Ablaß.— In St. Gereon: Nachmittags ½3 Uhr Danksagungs=Andacht.— In St. Jacob: Nachmittags 5 Uhr feierliche Kreuzweg=Andacht. Montag, 27. März. Rupertus, Bischof. In St. Andreas: Morgens 5½ Uhr heilige Messe zum Troste der Verstorbenen aus der Bruderschaft vom heiligen Rosenkranz.— In St. Peter: Morgens ½9 Uhr General=Exequien für die Verstorbenen der Marianischen Bruderschaft zum Scharfenhövel. Dinstag, 28. März. Guntram. Mittwoch, 29. März, Enstasius. Im Dom heute und an den beiden folgenden Tagen Nachmittags 3 Uhr Anfang der düstern Metten mit Absingung der Lamentationen.— In St. Johann=Baptist: Abends von—10 Uhr Sühne=Andacht für Männer und Jünglinge.— An den drei letzten Tagen der Charwoche ist der Fleischgenuß, ebenfalls der Gebrauch von Fett bei der Zubereitung der Speisen ganz untersagt. Donnerstaa, 30. März. Gründonnerstag. Quirinus. Feierliches Hochamt zum Gedächtniß des letzten Abendmahles unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi und der Einietzung des allerheiligsten Altarssacrament's in allen Pfarrkirchen. Nach dem Hochamt wird überall das allerheiligste Sacrament den ganzen Tag hindurch zur stillen Anbetung ausgesetzt. Die Feier in den Pfarrkirchen findet theils Morg. um 7, 7½ und 8 Uhr statt.— Im Dom: Moraens 8½ Uhr Pontifical=####. celebrirt vom hochwürdigsten Herrn Erzbischof. Bei demselben Ausspendung der österlichen heiligen Communion an die Geistlichkeit des hochwürdigen Metropolitan=Domcapitels und die Alumen des Priester=Seminars, sowie feierliche Consecration der heiligen Oele. Nach dem Hochamt findet die Fußwaschung von zwölf Armen durch den hochwürdigsten Herrn Weihbischof statt.— In St. Cunibert: Morgens 8 und 11 Uhr Ertheilung der General=Absolution, jedes Mal nach vorhergehender Predigt. Nach dem ersten Mal das Hochamt.— Desgleichen in St Jacob Morgens vor 8 und 10 Uhr mit Predigt.— Andachten zur Verehrung des allerheiligsten Altarssacramentes 5 Uhr in St. Gereon(in der Krypta).— 6 Uhr in St. Andreas, St. Aposteln, St. Columba, St. Johann=Vaptist, St. Maria in Lyskirchen, St. Maria=Himmelfahrt und St. Martin. In der Ursulinenkirche Hundert=Vater=Unser=Andacht.— 6½ Uhr in St. Alban gemeinschaftliche Kreuzweg=Andocht, in St. Maria im Capitol, in St. Peter(Predigt), St. Ursula und St. Severin.— 7 Uhr in St. Cunibert, St. Jacob St. Mauritius, St. Alban, St. Pantaleon in der Schnurgasse und in der Klosterkirche zur heiligen Elisabeth(Antonsgasse), im Dom(Predigt) und in St. Martin.— 8 Uhr in der Minoritenkirche Betstunde.— Gegen 8 Uhr Abends Römerfahrt aus St. Johann=Baptist, St. Martin, St. Pantaleon in der Schnurgasse, St. Mauritius und St. Ursula. Freitag, 31. März. Charfreitag. Balbina, Jungfrau. In allen Pfarrkirchen Präsanctificationsmesse. Die Feier in den Pfarrkirchen beginnt Morgens theils um 7, 7½ und 8 Uhr.— Im Dom um 9 Uhr.— Den ganzen Tag über bleiben die Kirchen zum frommen Besuch des heiligen Grabes geöffnet.— Nachmittags 5 Uhr Andacht in St. Gereon (in der Krypta).— Nachmittags 6 Uhr Andacht mit Predigt in St. Andreas, St. Aposteln, St. Cunibert, St. Columba, St. Gereon, St. Maria in Lyskirchin, St. Maria=Himmelfahrt, St. Martin.— 61 Uhr in St. Alban gemeinschaftliche Kreuzweg=Andacht.— Andacht mit Predigt in St. Maria im Capitol, St. Pantaleon in der Schnurgasse, St. Peter, St. Ursula, St. Severin.— 7 Uhr Andacht mit Predigt: im Dom, St. Cäcilia, St. Jacob, St. Johann=Baptist, St. Maria in der Kupfergasse, St. Mauritius, St. Martin, in der Klosterkirche zur heiligen Elisabeth in der Antonsgasse, in St. Alban Andacht.— 8 Uhr in der Minoritenkirche Betstunde.— In St. Aposteln: Abends von—10 Uhr Sühne=Andacht zum göttlichen Herzen Jesu für Männer und Jünglinge. Samstaa, 1. April. Charsamstag. Hugo. Im Dom: Morgens 7 Uhr Beginn der Feierlichkeiten. Weihe des neuen Feuers, der Osterkerze und des Taufwassers, danach Pontifical=Amt. In den übrigen Pfarrkirchen theils 7, 7½ u. 8 Uhr Beginn der Feier, danach Vigil=Hochamt zum heiligen Osterfeste.— In St. Columba Morgens 6 Uhr Betstunde.— In St. Cäcilia und in der von Groote'schen Familienkirche Morgens 7 Uhr Segnung der Österkerze und gegen 8 Uhr Vigil=Amt.— In St. Maria im Capitol Abends 8 Uhr Auferstehungsfeier. Sonntag, 2. April. Das hochheilige Osterfest.(Erangelium: Von der glorreichen Auferstehung unseres Herrn Jesu Christi.)— Vierzigstündiges Gebet in vielen Pfarrkirchen.— Franciscus. 60 Ein phonographischer Glückwunsch für den Papst. Papst Leo gab am 19. d. in seinen Privatgemächern einem gewissen Hru. Stephan Moriarty, der durch einen päpstlichen Kammerherrn eingeführt wurde, eine längere Audienz. Moriarty hatte einen Phonographen bei sich, vermittels dessen der h. Vater zu seinem Jubiläum zwei Glückwünsche erhielt, und zwar stammte der eine von dem verstorbenen Cardinal Manning und der andere von dem Cardinal Gibbons, dem Erzbischof von Baltimore in America, die in ihrer eigenen Stimme dem Papst ihre Verehrung in italienischer Sprache ausdrückten. Moriarty bat den h. Vater—— auch Etwas in den Phonographen hineinzusprechen, das den Katholiken bei der Eröffnung der Weltausstellung in Chicago mitgetheilt werden könne. Er führte aus, dies würde das erste Mal sein, daß in America die Stimme des Papstes gehört würde. Darauf hörte der h. Vater durch den Phonographen die Stimme des verstorbenen Cardinals Manning mit großer Rührung an und versprach Moriarty angeblich auch eine phonographische Botschaft für die Katholiken America's. 8 ** Kugelfest. Ueber eine Erfindung des Schneidermeisters Dowe in Mannheim entnehmen wir der N. Badischen Landesztg. folgende nähern Angaben. Hr. Dowe trug sich schon seit längerer Zeit mit der Idee und arbeitete unablässig an der Verwirklichung. Zuerst machte er im Geheimen Schießversuche; schließlich konnte er dem Commandeur des hiesigen Grenadier=Regiments Mittheilung von seiner Erfindung machen. Hr. v. Oppen gestattete Schießversuche auf dem MilitairSchießplatze im Käferthaler=Walde. Die ersten Versuche wurden kurz vor Weihnachten vorgenommen, wobei schon die Widerstandsfähigkeit des Dowe'schen Stoffes erkannt wurde, da das neue Geschoß, welches sogar auf weite Entfernungen von ungeheuerer Durchschlagkraft ist, den Stoff wohl durchbohrte, die Kugel jedoch plattgedrückt hinter der Scheibe abfiel. Der Erfinder schritt zu weitern Verbesserungen und fertigte die „kugelfeste Uniform“ in der Form an, wie dieselbe ihren Zweck erfüllen soll. Dieselbe ist eine Wehr, welche Brust und Leib des Soldaten schützen soll. Das Aeußere ist mit dem gleichen Tuche, aus welcher die Uniform des Soldaten gefertigt, überzogen. Die Masse ist Geheimniß des Erfinders. Der Panzer, welcher nur für den Krieg dienen soll, ist so angefertigt, daß er bequem auf der Uniform des Soldaten befestigt werden kann; er wird an den Achsekklappenknöpfen eingehängt und an den Hüften durch weiter an der Uniform anzubringende Knöpfe befestigt. Auf diese Weise liegt die Schutzuniform, deren Gewicht höchstens sechs Pfund betragen soll und in Folge dessen von den Soldaten leicht getragen werden kann, bequem an, und ermöglicht auch dem Soldaten, sich frei zu bewegen. Freilich sind Arme und Beine sowie der Kopf nicht gedeckt; es ist jedoch von nicht zu unterschätzendem Werthe, daß diejenigen Körpertheile, welche im Kriege hauptsächlich gefährdet sind und deren Verletzung meist den Tod im Gefolge hat, geschützt sind. Ein Berliner Consortium, das mit der Fabrication von MilitairbedarfsArtikeln sich befaßt, setzte sich mit Herrn Dowe in Verbindung, was zu dem Ende führte, daß Dowe einen Panzer fix und fertig stellte. Schießversuche ergaben, daß alle Geschosse, mit Ausnahme derjenigen aus dem zur Zeit bei der deutschen Armee im Gebrauch befindlichen kleinkalibrigen Gewehr, in dem Stoffe sitzen blieben und förmlich wie Blei zerdrückt wurden. Auf dieses Ergebniß hin machten die Berliner Dowe großartige Angebote; er ging aber vorläufig nicht darauf ein, eben so wenig wollte er die Ersindung in der Fabrik in Troisdorf, welche von dem Consortium in Vorschlag gebracht worden war, vervollkommnen bzw. auf Kosten des letztern fertigstellen lassen. Die am Freitag auf dem Militair=Schießplatze gemachten Versuche wurden auf 400 Meter Entfernung von Unteroffizieren des Grenadier=Regiments vorgenommen. Aus Holz war eine vollständige Figur eines Soldaten hergestellt, auf welcher der Schutzpanzer befestigt war; keines der Geschosse durchdrang den Stoff. Obwohl die neuen Geschosse bekanntlich mit einem Stahlmantel umgeben sind, blieben dieselben plattgedrückt in der Masse sitzen. Um auch feststellen zu können, in wie weit der Soldat durch den Auprall der Kugel in Mitleidenschaft gezogen werden kann, war unter dem Schutzpanzer, der übrigens elastisch ist, ein weicher Stoff befestigt. Da hat man nun die Wahrnehmung gemacht, daß auf 400 Meter Entfernung durch den Anprall der Kugeln der unterlegte weiche Stoff etwa zwei Millimeter tief an jener Gegend, wo der Schuß in den Panzer eingedrungen, eingedrückt war. Es ist daher anzunehmen, daß der in die Brustgegend auf dem Panzer getroffene Soldat wohl etwas in Mitleidenschaft gezogen wird und vielleicht mit einem„blauen Mal“ davon kommen könnte. Auf eine Entfernung von 100 bis 200 Meter dürfte nach Urtheil Sachverständiger der Anprall seine Wirkung dahin ausüben, daß der Soldat umgeworfen, vielleicht auf einige Zeit ohnmächtig, jedoch nicht getödtet wird. ** Aus Paris, 20. März, wird geschrieben: In Pavilly(Seine: Inférieute) starb eine Frau Dubosc im Alter von 110 Jahren. Frau Dubosc, die am 10. Mai 1782 geboren war, hinterläßt eine Nachkommenschaft von mehr als 300 Personen. Die Verstorbene hatte eine unüberwindliche Scheu vor der Eisenbahn; als sie vor etwa 30 Jahren eine Erbschaft in Ronen zu beheben hatte, begab sie sich im Wagen nach dieser Stadt und weigerte sich entschieden, einen Eisenbahnzug zu besteigen.— Aubertin, der Mechaniker, welcher das Attentat auf Jules Ferry verübte, dessen Folgen jetzt den Tod des Staatsmannes herbeigeführt haben sollen, ist nicht mehr in Bicétre, wo er als unzurechnungsfähig eingesperrt wurde. Allmälig erholte er sich dort so zusehends, arbeitete fleißig und zeigte ein so harmloses Wesen, daß man ihm vertraute und manchmal die Erlaubniß ertheilte, seine Bekannten in Paris aufzusuchen. Eines Tages kam er nicht wieder. Eine Freundin, die er vor seinem Verbrechen gekannt, war mit ihm nach London durchgegangen und pflegt ihn dort, wie man seither erfuhr, mit aller erdenklichen Fürsorge. Dagegen besitzt Bicêtre, wo unheilbare Blödsinnige und Fallsüchtige untergebracht werden, noch immer jenen Corsen Mariotte, der auf der Concorde=Brücke seinen Revolver gegen den Wagen des damaligen Minister=Präsidenten de Freycinet abfeuerte. ** Attentat auf Alexejeff. Nach einer weitern Meldung der Nowoje Wremja war die Verwundung des Moskauer Stadthauptes Alexejeff von den Aerzten sofort als eine schwere und gefährliche erkannt worden. Die Kugel konnte nicht gefunden werden, weshalb man mit Genehmigung des Patienten um 7 Uhr Abends— das Attentat war kurz nach 12 Uhr Mittags erfolgt— zur Operation schritt. Bei derselben erwies sich, daß die Kugel die Blase berührt und die Nieren beschädigt hatte. Seit den Nachmittagsstunden hatte sich vor dem Rathhause, in welchem der Kranke sich befand, eine große Volksmenge angesammelt. Die Zugänge zum Rathhause wurden polizeilich besetzt; es durften nur obrigkeitliche Personen und Aerzte passiren. Alexejeff ist, wie uns ein Drahtbericht meldet, heute Morgen, den 23., um ½4 Uhr, gestorben. ** Memoiren eines Clowus. Der auch in Berlin bekannte Clown Duroff, der Herr der abgerichteten Schweine, dieser intelligenten Thiere, auf welche deutsche Gläubiger beim Passiren der russisch=deutschen Grenze Beschlag gelegt hatten, ist dem Zuge der Zeit gefolgt und hat seine Memoiren geschrieben, die in einer St. Petersburger historischen Zeitschrift erschienen sind. Duroff entstammt einer angesehenen russischen Adelsfamilie. In frühester Jugend schon wurde er Waise und von einem Pathen erzogen, der einen Soldaten aus ihm machen wollte und ihn deshalb in das Cadetten=Corps eintreten ließ. Aber schon als kleiner Junge fühlte er in sich seinen„hohen" Beruf sich regen und nahm mit wahrer Begierde heimlichen Unterricht bei einem damals berühmten Akrobaten, Namens Briatoff.„Mein Lehrer," erzählt Duroff,„kam in die Lectionen mit einer langen Peitsche, die er sehr, sehr oft auf meinem Rücken, um meine Beine tanzen ließ. Aber ich grollte ihm deswegen nicht, im Gegentheil, ich bat ihn immer, mich so unbarmherzig wie möglich zu behandeln.“„Du bist ein guter Schüler,“ antwortete er,„du machst der Peitsche Ehre." Das ist offenbar ein ganz besonderer Ehrenstandpunkt, es dürfte außerhalb der Welt des gespannten Seils kaum einen Stand geben, der ihn theilt. Und auch keine zweite Schule, in der die, welche„die Peitsche verdienen“, die guten Schüler sind, und die, welche die Peitsche nicht werth sind, die schlechten Schüler. „Die Peitsche ist alles,“ sagte der seelenvolle Lehrer immer;„als ich Lehrling war, bekam ich die Peitsche zehn Mal täglich und darum bin ich auch der große, der unübertreffliche Künstler geworden, der ich bin. Jetzt peitsche ich meine Schüler zehn Mal täglich, damit sie werden wie ich.“ Duroff berichtet, daß er unter den Hieben mit zusammengebissenen Zähnen weinte, aber seine Uebungen fortsetzte und seine Schmerzen mit dem Gedanken besänftigte, wie schön es sein werde, wenn an ihn die Reihe komme, Andere zu peitschen. Als der Pathe die heimlichen Uebungen seines Mündels erfuhr, nahm er seinerseits die Peitsche in die Hand, der Lehrer aber wurde fortgeschickt. Das nützte jedoch nichts, der kaiserliche Cadett trat eines Tages auf einem Jahrmarkt als Gymnastiker auf. Der Pathe befand sich zufällig unter den Zuschauern, er stürzte auf den erschrockenen Debutanten und führte ihn beim Ohre aus der Arena. Der Scandal war aber ein Mal geschehen und der ungerathene Marsjünger wurde aus dem Cadetten=Corps ausgestoßen. Jetzt entfloh Duroff seinem Vormund und verdingte sich einer Seiltänzergruppe. Als er dann bekannter wurde—„berühmter“, sagt er selbst—, gewann er die Protection des damaligen Gouverneurs von Moskau, des verstorbenen Fürsten Dolgorukoff.„Der Fürst WladimirAndrejewitsch war der erste," sagt er,„der mich mit einer großen Lorbeerkrone ehrte. Von da ab stiegen meine Erfolge dauernd..... Am Tage nach meinem ersten Benefiz wollte mir der Fürst eine silberne Cigarrentasche verehren, die er in einem Bazar bestellte. Als ich sie bekam, stand die Inschrift darauf: Dem russischen Clown Anatol Duroff der Fürst Dolgornkoff. Zornig rief er aus: Welche Ignoranz! Sofort soll die Inschrift geändert werden! Der Fürst Dolgorukoff wird einen Clown protegiren? Er kann nur Künstlern Geschenke machen. Und das Wort Künstler mußte an Stelle des Wortes Clown gesetzt werden."... Eines Tages trat ich in die Arena und hielt folgende Ansprache an das Publicum: Ich werde um den Circus fliegen, aber so schnell, daß es kein Mensch wird sehen können, auch nicht mit dem Opernglase. Aber trotzdem bitte ich das hochansehnliche Publicum, keine meiner Bewegungen aus dem Auge zu lassen, die Herrschaften werden dann bemerken, daß ich wirklich die nie dagewesene Tour ausführe, die ich die Ehre gehabt habe, anzukündigen. Ich stieg auf den zweiten Rang, wo sich ein Kasten mit einem festen Deckel befand. Auf der entgegengesetzten Seite des Circus befand sich ein ganz gleicher Kasten. Ich stieg in den ersten hinein und rief Adieu! Dann schoß ich einen Revolver ab, der Deckel schloß sich, der Deckel des andern Kastens aber erhob sich im selben Moment und das erstaunte Publicum sah dort meinen Kopf herausgucken. Guten Tag, rief ich. Dann wieder ein Revolverschuß, der erste Deckel hob sich und jetzt rief ich von dieser Seite: Guten Tag! Noch ein Revolverschuß und ich verschwand. Der Erfolg war ungehener, die Mauern des Circus erdröhnten unter dem Beifall. Am nächsten Tag ließ mich der Gouverneur rufen.„Ihr Kunststück von gestern hat mich entzückt,“ sagte er, mir die Hand reichend und mir einen Sessel anbietend,„wie haben Sie das gemacht?“ —„Ganz einfach, Durchlaucht, in dem einen Kasten war ich und in dem andern mein Bruder. Ich hatte ihn dort schon zwei Stunden vor Anfang der Vorstellung eingesperrt, als noch Niemand im Circus war. Sie werden bemerkt haben, daß er genau angezogen, geschminkt und frisirt war wie ich. Der Erfolg dieser Nummer war um so größer, als auch vom Circus Niemand ahnte, wie es gemacht wurde."—„So, das war Ihr Bruder,“ sagte der Fürst ganz enttäuscht,„und ich dachte....—„Das Kunststück gelang um so besser, als die Stimme meines Bruders genau so klingt wie meine.“—„Ja, ja, das ist sehr einfach, viel zu einfach! Es wäre mir doch lieber gewesen, Sie hätten mir das Geheimniß nicht verrathen.“—„Aber Durchlaucht, Sie befahlen es mir.“—„Ich ahnte nicht, daß das so simpel sein würde. Ich vermuthete etwas viel Complicirteres. Es ist ja recht amüsant, gewiß, aber... aber...— warum muß es denn so einfach sein!“ Und der Fürst blieb ein Mal unzufrieden mit seinem Künstler. ** Die Dauer des Schlafes.„Sex septemve horas dormisse sat est juvenique senique“, schrieb einst ein Lehrer aus Schulpforta — Seume erzählt das Geschichtchen— an die Thüre eines Schlafsaales, dessen Insassen nicht zu den Frühaufstehern gehörten. Aber die schelmischen Burschen änderten das„septemve“ in„septemque“ ab und wehrten sich damit, als der erzürnte Professor ihnen zum zweiten Male an's Bett rückte. In der That ist es eine schwierige Frage, die nach der für die Dauer der Gesundheit nothwendigen Dauer des Schlafes. Lösung 53: Seite 4. Kölner Local-Anzeiger Nr. 13= Sonntag, 26. März 1393. Nervöse Menschen scheinen mehr Schlaf zu bedürfen als andere. Man nimmt für einen normalen erwachsenen Menschen etwa sieben Stunden Schlafes als ausreichend an. Gegenwärtig weilt übrigens der zweiundsiebenzigjährige Americaner Dr. Hale in England und setzt die Leute durch sein überaus jugendliches Aussehen in Erstaunen. Den zahlreichen Fragern, die gern wissen möchten, wie er es nur angefangen hat, sich so jung zu erhalten, antwortete der Alte, das große Geheimniß, nicht zu altern, besteht vor allem darin, gehörig zu schlafen. Er selbst sei von jeher beflissen gewesen, mindestens zehn Stunden ununterbrochenen Schlafes täglich zu genießen. Daneben müsse sich der Mensch ausgiebige Zeit zum Essen nehmen und stets in Gesellschaft speisen. Vor allem aber habe sich jeder, der sich jung zu erhalten wünscht, vor geistiger und körperlicher Uebermüdung sorglichst zu hüten. Walter Scott und Byron bezeichneten drei Stunden täglicher Geistesarbeit als das höchste zulässige Maß und das, meint Dr. Hale, sei noch immer eher etwas zu viel, als zu wenig. Nichts führe zu so betrübenden Folgen als geistige Ueberanstrengung. Das Recept des Dr. Hale ist gewiß gut, aber von allen Regeln der Makrobiotik gibt es nur eine, welche unbedingte Gültigkeit hat: Mäßigkeit in allen Dingen. Wenn einer dieser Regel nicht folgen will, so ist das seine Sache— aber beklagen darf er sich dann nicht über sein Schicksal. Buntes Allerlei. ** Ein„Revolutions=Schnorrer“ wurde am 18. März abgefaßt. In den Vormittagsstunden des Erinnerungstages erregte ein dürftig gekleideter Mann mit weißem Schnurr= und Voll=Bart unter den Besuchern des Massengrabes der Märzgefallenen im Friedrichshain großes Aufsehen. Mit lauter Stimme erzählte der Alte Jedermann, der es hören wollte, die Geschichte des bedeutungswürdigen 18. März, und wie er selbst auf der Barricade an der Klosterstraße gestanden und den Angriff geleitet hätte. Den Schluß der Erzählung bildete die Erklärung, daß es ihm, dem alten Kämpfer für Freiheit und Recht, jetzt auf seine alten Tage bitter schlecht gehe, und daß er gar oft hungern müsse. Sofort trat ein Geleiter hervor, der in seinem Schlapphute eine Sammlung veranstaltete und den nicht unbedeutenden Betrag dem tiefgerührten Alten einhändigte. So hatte der alte„48er“ im Laufe des Vormittags drei Mal die Geschichte von der Barricade an der Klosterstraße erzählt, als ihn sein Geschick ereilte. Ein Schlosser aus der Reichenberger Straße trat auf den Alten zu und riß ihm mit festem Griff den Vollbart aus, unter dem ein glatt rasirtes Gesicht zum Vorschein kam. Nach einer handfesten Belehrung wurde der Schwindler, welcher auf das Mitleid der Menge speculirt, nach einer nahe gelegenen Polizeiwache geschafft, und hier wurde in dem„Barricadenkämpfer“ der schon vorbestrafte dreiundvierzigjährige Arbeiter F. festgestellt. (0) Der vierfache Raubmord in Salmdorf bei München ist noch immer nicht aufgeklärt. Das Staatsministerium des Innern hat auf die Ergreifung der Thäter 1000 M. Belohnung ausgesetzt. Die vier Opfer, von denen das älteste Mädchen 23 Jahre(nicht 13) alt war, wurden unter großem Menschenandrang zur letzten Ruhe gebettet. Verschiedene Verhaftungen, welche die Polizei inzwischen vornahm, führten nicht zum Ziele. Salmdorf war Tage lang das Ziel einer Völkerwanderung aus München. Was geraubt worden ist, ließ sich bisher nicht näher feststellen, jedoch waren verschiedene Behältnisse erbrochen. Das Feuer scheint nur angelegt worden zu sein, um die Spur des Verbrechens zu verwischen. ** Militair auf Schneeschuhen. Man schreibt aus Hirschbera, 16. März: Wie in verschiedenen andern Garnisonen, so sind auch beim hiesigen Jäger=Bataillon während des vergangenen Winters wiederholt Uebungen mit Schneeschuhen(Ski) vorgenommen worden und einige der Mannschaften haben in diesem Sport eine ganz bedeutende Geschicklichkeit erlangt. Am vergangenen Montag unternahm nun Hauptmann v. Gusovins mit zwei Lieutenants, fünf Oberjägern und neun Gemeinen einen Aufstieg in's Hochgebirge, um ein Mal an steilern Lehnen Versuche anstellen zu können. Die Auffahrt von Agnetendorf nach der Peterbaude ging auf betretenem Wege in kaum zwei Stunden glatt von Statten, und nach längerer Rast daselbst erfolgte in der kurzen Zeit von 30 Minuten die Niederfahrt zur Spindlerbande. Bedeutende Schwierigkeiten stellten sich aber nun an der steil aufsteigenden Lehne der Sturmhaube entgegen. Die Schneeschicht war vollständig vereist, und es blieb nichts übrig, als die Ski=Schuhe abzuschnallen und mittels Eissporen und Eispickel in die Höhe zu klimmen. Es ging dann weiter über die Heinrichbaude und die Riesenbaude nach der Schneekoppe, die kurz vor 6 Uhr Nachmittags erreicht wurde. Der Abstieg erfolgte durch den Eulengrund über Mariensruh nach Schmiedeberg. Mit Ausnahme der vereisten Stelle an der Sturmhaube haben die Schuhe überall ganz vortreffliche Dienste geleistet. ** Eine folgenschwere Katastrophe hat bei einem Stierkampfe in Linares(Mexico) sich ereignet. In dem Amphitheater der Stadt fand ein großes Stiergefecht statt. Die Stiere waren fenerig und so wild, wie sie die Toreadores sich nur wünschen konnten. Das Schauspiel ging unter einem enormen Zulauf der Bevölkerung von Statten. Anfangs war alles vortrefflich. Einige Stiere hatten bereits nach allen Regeln der Tauromachie den Todesstoß erhalten, und Zuschauer und Zuschauerinnen waren in gleicher Weise entzückt, als plötzlich ein furchtbares Getöse vernehmbar wurde; man sah nichts als eine riesige Staubwolke und hörte verzweifelte Schreckens= und Schmerzens=Rufe. Eine Maner, die der größten der Zuschauer=Tribünen als Stütze diente, war zusammengebrochen und hatte alles unter ihren Trümmern begraben. Hülfe war zwar sofort zur Stelle, und man ging mit Eifer daran, die unter den Mauerstücken, den Bänken und Stühlen liegenden Personen hervorzuziehen. 11 Personen hatten aber ihr Leben eingebüßt und 37 andere mußten mehr oder minder schwer verwundet in das städtische Krankenhaus geschafft werden. ** Aus Moskau. 21. März, wird gemeldet: Bei der heutigen Stadthauptswahl feuerte der Bürger Andrejanoff auf das Stadthaupt Alexejeff nach Ueberreichung einer Bittschrift zwei Schüsse ab. Alexejeff brach besinnunglos zusammen. Der verhaftete Mörder simulirt Wahnsinn. Die That ist ein Racheact für eine seiner Zeit von Alexejeff als Gerichtsbeisitzer ausgesprochene Verurtheilung des jetzigen Mörders. Die That ruft die größte Aufregung hervor. ** Brillen für Pferde. Das Wochenblatt The Optician sagt Brillen für Pferde scheinen sich als ein Mittel gegen das Scheuwerden derselben zu erweisen. Ein Mitarbeiter des obigen Blattes war zu der Ueberzeugung gekommen, daß sein Pferd kurzsichtig war und ersuchte einen Optiker, das nöthige Maß zu nehmen und eine Brille für dasselbe anzufertigen.„Zuerst schien das Thier sie nicht gern zu haben; es gewöhnte sich aber bald so sehr daran, daß, als es eines Tages ohne die Brille auf die Weide ging, es sich unbehaglich fühlte. Als ihm darauf die dunkele Brille wieder aufgesetzt wurde, rieb es vor Freude seine Nase gegen die Schulter des Besitzers! Die Ursache des Scheuwerdens ist, wie man glaubt, in der Kurzsichtigkeit zu suchen. Das Thier kann einen bestimmten Gegenstand nicht so genau sehen, un Wohnung(recht deutlich und genau) sicher zu sein, daß derselbe harmloser Natur ist, und so läuft es denn davor fort. Besitzer von Hunden finden oft, daß ihre Lieblinge kurzsichtig sind. Es ist eine Thatsache, daß Hunde öfters Personen, mit denen sie intim sind, auf wenige Schritte Entfernung nicht erkennen. Hunde sind deshalb ebenfalls zuweilen mit Brillen versehen worden und haben daraus Vortheil gezogen.“ Uns war der Anblick eines solchen Thieres noch nicht vergönnt; besonders bei Pudeln wird sich das gut machen. 8 Pfarrer Kraus F. Arenbera, 16. März 1899. Heute Mittag 1 Uhr starb im 88. Jahre seines Lebens und im 65. seines Priester=Amtes Pfarrer Joh. Bapt. Kraus von Arenberg. Es gibt in Deutschland wenig Priester, deren Werk so viele Bewunderer gefunden hat und fort und fort findet, wie die Kirche und religiösen Anlagen von Arenberg, für welche der merkwürdige, hochbeanlagte Pfarrer Bauherr, Baumeister und Bauführer zugleich war. Wenn auch Manche vom Standpunkt der Kunst erhebliche Ausstellungen zu machen haben, so ist doch unter all den Tausenden, die jährlich Arenberg besuchen, Keiner, der nicht bei der Betrachtung der Kirche und Anlagen in Staunen geräth. Pfarrer Kraus war bis zu seinen letzten Stunden unerschöpflich in stets neuen Bau= und Zier=Plänen und immer in heller Begeisterung für seine Arbeit; aber er war nicht minder unermüdlich in der Ausübung der Seelsorge. Sein Leben war ein musterhaftes, und mit den Anforderungen, die er an sich selbst stellte, ging er bisweilen zu weit. Bei allen Sorgen und Plänen, bei allen Arbeiten einer äußerst gewissenhaften Pastoration und einem weitverzweigten schriftlichen und persönlichen Verkehr, zu dem ihn Werk und Stellung zwangen, fand er doch noch Zeit zu schriftstellerischer Thätigkeit. Dieselbe bildete hauptsächlich eine Ergänzung seiner Bau= und Berufs=Arbeiten. Er war Priester und hat durch sein ganzes Bauwerk das Opferleiden Christi verherrlicht; eben diesem gelten auch seine Werkchen, die im Selbstverlag erschienen, in Arenberg zum Unterhalt der Kirche verkauft wurden und zum Theil, wie z. B.„Die heiligen Orte“, einen sehr großen Absatz finden. Wir nennen„Die Liebe im Leiden",„Die Klage im Leiden", „Der Trost im Leiden",„Die im Herrn Entschlafenen wissen von uns in fortdauernder Liebe“, zwei Zusammenstellungen von Kreuzweg=Andachten. Die größere Sammlung(33 Andachten) wurde von ihm in den letzten Jahren dictirt. Stil und Ausdrucksweise lassen allerdings zu wünschen übrig, namentlich, was die Klarheit betrifft. Nicht selten sind die Sätze zu lang, die Bilder und Vergleiche zu gehäuft. Alle seine Arbeiten heiligte und weihte der Verstorbene durch Betrachtung und Gebet. Die Betrachtung hielt er regelmäßig in der Frühe des Tages. Er stand bis in die letzten Jahre schon um 4 Uhr auf. Lange Jahre vor seinem Ende war seine Sehkraft für die Nähe so geschwächt, daß er gewöhnlichen Druck nicht mehr lesen konnte. Deshalb war er vom Beten des Breviers dispensirt, wofür ihm drei Rosenkränze für den Tag auferlegt waren. Er betete aber nicht weniger als fünf und oft mehr als sieben. Wenn er nicht gerade mit irgend einer Arbeit beschäftigt war, hatte er den Rosenkranz in der Hand. Es wird seiner Umgebung unvergeßlich bleiben, wie in den letzten Wochen seines schweren Leidens der ehrwürdige Greis dalag, stets den Rosenkranz in der Hand haltend, und wie er noch in den letzten Tagen in den kurzen Augenblicken des Erwachens aus der Bewußtlosigkeit mühsam die Hand mit dem Rosenkranz erhob, um zu sehen, wie weit er gebetet hatte. Das ganze arbeitsreiche Leben war gekrönt durch ein wahres Martyrium langer und schwerer Leiden. Es war, als sei diese eiserne Natur gar nicht zu brechen. Er hatte sein ganzes Leben gearbeitet an der Verherrlichung des Leidens Christi, gearbeitet in Lust und Liebe in einer ungemein frischen Gesundheit. Sein göttlicher Meister lud ihm zum Schlusse noch das schwere Kreuz langer, schmerzlicher Krankheit auf. In diesem Leiden war er völlig gottergeben, wenn auch der lebendige Geist immer noch hinaus, immer noch bauen wollte, und um alles, wie in der vollen Lebensfrische sich Sorge machte. Darum hoffte er noch immer auf Genesung. sagte aber unzählige Male:„Wie Gott will,“ und in den letzten Wochen nur noch:„Ich bin bereit!“ Durch starkes Zurufen zum Bewußtsein gebracht, hob er noch am letzten Tage lächelnd Augen und Hände zum Himmel, um den Umstehenden zu sagen, wohin sein Herz gerichtet sei. Das war sein letztes Zeichen des Verkehrs mit der Umgebung. Er ruhe im Frieden. Eine Freundin Der Frühling sendet seine Boten. Die heimischen Sänger, die uns auch im Winter nicht verließen, lassen vereinzelt ihre Lockstimme erschallen. Das fahle Gelbgrau der Wiesen schwindet vor dem erquickenden Grün. Das junge Korn des Feldes freut sich, von der weißen Schutzdecke befreit zu sein, und hebt munter sein zartes Köpfchen höher zum blauen Sonnendache empor. Da kehrt auch des Landmanns Freundin, die Lerche, zum heimathlichen Felde zurück und verkündet ihre Ankunft nach kurzer Rast mit lautem Gesange. Von nun an hört man sie täglich. Früh Morgens, ehe noch der leuchtende Sonnenball den Gesichtskreis überschritten, erhebt sie sich von ihrer Ruhe zwischen den Furchen des Feldes. Auf eine Rasenscholle oder einen Grenzstein flattert sie empor, ihren trillernden Gesang beginnend. Nur kurz ist die erste Begrüßung des Schöpfers, bald fällt sie schweigend wieder in das zarte Getreide ein. Sobald aber die ersten Strahlen der aufgehenden Feuerscheibe den westlichen Himmel treffen, erhebt sich die graubefiederte Sängerin höher aus dem Getreide empor. Schmetternd dringt ihr Lirilirili an unser Ohr, mit dem sie den ersten Aufflug am Tage begleitet. Lauter und lauter wird der erfreuende Gesang, und höher und höher steigt der kleine Sänger. In langgezogenen Spiralen klimmt er hinauf zu dem blauen Luftmeere, immer singend, immer jubelnd. Still steht der zur Arbeit wandernde Landmann und folgt, nachdem er den lange vergeblich gesuchten Sänger endlich erblickt, dem immer winziger werdenden mit den Augen. Bald sieht er nur noch ein kleines Pünktchen in der Wolkenhöhe, aber immer noch schlägt der Gesang seines Lieblingsvogels an sein lauschendes Ohr und erinnert ihn an die Lust und die Freude des Feldes. Endlich kehrt die Lerche um. Aber auch auf dem Rückwege ist sie nicht still. Stärker und stärker scheint ihr Gesang zu werden, je näher sie dem Boden kommt da plötzlich verstummt er, die Lerche zieht die Flügel an und schießt in gerader Linie dem Acker zu, als wollte sie in heftigem Anpralle ihre Glieder zerschmettern. Doch da breitet sie schnell in der Nähe des Bodens die Flügel aus, und sanft emporgehoben flattert sie langsam in das bergende Getreide nieder. Dort sucht sie sich für den anstrengenden Flug gegen die Sonne zu entschädigen. Hier nimmt sie ein mehliges Körnchen, da findet ihr spähendes Auge ein Kerbthier, weiter erhascht sie ein Würmchen und fügt ihm durch einen kurzen Ruck ihres pfriemenförmigen Schnabels in der Spitze eines Getreidehälmchens die Zukost zu. Zu ihr gesellt sich bald eine zweite Lerche, und vereint durcheilen beide das Feld. Bald aber erhebt sich unser Sänger wieder, und, neue Spiralen ziehend, schickt er dem unten lauschenden Weibchen seine Triller zu. Wieder steigt das Männchen singend bis zum blauen Aether, wieder senkt es sich trillernd hinab. Unten harrt seiner das Weibchen, das jetzt mit ihm einen Platz für ein Nestchen aussucht. Bald ist eine von wenig Kräutern umstandene Vertiefung gefunden. Emsig trägt das Lerchenpärchen Halm auf Halm in diese, dreht sie zu einem einfachen Neste und polstert dasselbe mit wenigen Federn und Haaren. Fünf erdfarbene Eier mit dunkeln Flecken legt das Weibchen hinein; deren Ausbrütung ist seine nächste Pflicht. Während es dieser obliegt, schraubt sich das Männchen den ganzen Tag hindurch zum Himmel empor; mit Augen und Ohren folgt ihm das brütende Weibchen. Der Landmann aber freut sich des fröhlichen Feldgenossen und sendet mit ihm bei den letzten Strahlen der Sonne sein Dankgebet zum Himmel empor. Bald aber muß sich das Lerchenmännchen mit dem Weibchen in die Pflege der ausgeschlüpften Jungen theilen. Viele Würmchen und Kerbthierlarven sind nothwendig, die hungerigen Kinder zu speisen. Trötz aller Arbeit aber vergißt das Männchen weder am Morgen noch am Abend seinen Gesang. Zwei bis drei Wochen vergehen, und die junge Brut ist flügge. Im Verein mit den sorgsamen Alten wandert sie auf dem Acker umher, durch den langen Nagel der Hinterzehe vor dem Einsinken geschützt und durch die emporgewachsenen Halme feindlichen Blicken entzogen. Sie lernt es, gute Körnchen und wohlschmeckende Kerbthierchen zu erhaschen, und versteht es bald, sich selbständig zu ernähren. Dann bauen die Alten ein zweites Nest und erziehen eine neue Brut, der zuweilen noch eine dritte folgt. Diese findet der Schnitter wohl federlos im Neste; hungerig sperrt sie ihm die weichen, gelben Schnäbel entgegen. Er aber schützt die Lieblinge der Landbewohner; in weitem Bogen mäht er um das Nest herum, damit die sorgsamen Alten ihre Kleinen ungestört großziehen können. Mit der Erntezeit endigt die Brutzeit der Lerchen. Sind die Felder leer, so schaaren sie sich zusammen und durchfliegen in ziemlich starken Flügen die heimathlichen Fluren. Dem kalten Winter weichen sie aus, indem sie zum Süden eilen, wo sie einen gedeckten Tisch erwarten. Manche wird auf diesem Wege die Beute des listigen Südländers und wandert als Leckerbissen auf den Tisch des italienischen Feinschmeckers. Die größere Zahl jedoch findet sich im folgenden Frühjahr an ihrer Geburtsstätte wieder ein, um in alter Weise, eine Genossin des Landmannes, alt und jung durch ihre Triller zu erfreuen. Räthsel-Ecke. (Nachdruck und Nachbildung aller Theile untersagt.) Zum Gesell dich einem Bessern zu, Daß mit ihm deine bessern Kräfte ringen. Wer selbst nicht weiter ist als du, Der kann dich auch nicht weiter bringen. * Wenn du es genau überlegst, hat dir Niemand in der Welt mehr Leid zugefügt, als du dir selber; schon darum, weil du Andern, die es thaten, die Macht gegeben. * Nichts macht den Menschen unfähiger, mit Klugheit zu handeln, als ein mit Schmach und Schuld verbundenes Unglück. 55. Akrostichon. Durch Veränderung eines Buchstabens soll aus jedem der nebenstehenden Wörter ein neues Wort gebildet werden. Diese neuen Buchstaben ergeben in richtiger Reihenfolge den Namen eines bekannten deutschen Schriftstellers. 56. Charade. Das Erste hat zumeist Die Letzten pflegen wir Wer's gerade nicht verdient. In froher Hoffnungslust. Trag' deine Noth, du weißt Das Ganze wird gebracht Nicht ob es bald dir grünt. Uns Allen oftmals dar, Die Letzten hegen wir Nur ach, das Erste macht Wohl Alle in der Brust. Nicht stets das Ganze wahr. 57. Telegraphen=Räthsel. (Für die Punkte sind Consonanten, für die Striche Vocale zu setzen.) 58. Preis=Bilder=Räthsel. Auf vorstehendes Preis=Bilder=Räthsel wird als Preis fünf Mal Band 26 von Bachem's Novellen= Sammlung (enthaltend: Die Komödianten=Toni. Roman von Hermann Hirschfeld) gesetzt. Lösungen sind auf den untenstehenden Abschnitt zu schreiben und bis nächsten Mittwoch an die Geschäftsstelle des Kölner LocalAnzeiger, Marzellenstraße Nr. 20, einzusenden, wo die Preise unter den Einsendern der richtigen Lösungen verloost werden. Man bezeichne den Brief=Umschlag äußerlich oben links mit dem Worte „Lösung". Die Namen der Gewinner werden in der folgenden Sonntags=Nummer mitgetheilt. (Die Auflösungen folgen nächsten Sonntag.) Auflösungen der vorigen Sonntags-Beilage. 50. Schach=Aufgabe. Weiß. Schwarz. 1. L. H3—G2 S. E7—D5 2. S. C2—E3 D4-E3 3. D2—D4 D. E5—63 4. L. C1—43 beliebig. 5. L. A3—C5: resp. S. 45—C4 Matt. 51. Charade. Apfelsine. 52. Preis=Bilder=Räthsel. Maskerade. 53. Kreuz=Räthsel. D P F e y a u 1 De u k a 1 1o n Pyrami den Fa 1 1i men: 1 d e 0 8 11 nnt 54. Für unsere kleinen Lateiner. 1. Diamant. 2. Omnibuslinie. 3. Italien. 4. Visitenkarte. Verlag und Druck von J. D. Bachem. Verantwortlich: für den allgemeinen Cheil O. Brendgen, für den Anzeigen= Cheil E. Böhm. — — euttee-.- e — — —