Druck und Verlag: Josef Kroth, Bonn a. Ab. Monattlichen Bupgeprete: Durch unsere Crüger Ofe., unter Urenzband 50 Pfennig. Vierteljährl. Bezugspreis: Duch die Besz Pfenniz Ericheind wültsioche und Samstage. Anzeigenpreis: Die einspaltige Kolonelzeile oder deren Raum 10 Ofennig; für auswärtige Auftraggeber 20 Ofe. Reklamem 59 Ofg. die Seile. andehungige Benlung. Unser Wahlspruch: Gleiches Recht für Alle! Scheck=Konto Nr. 507 bei der Städt. Sparkasse Vonn. Schriftleitung u. Geschäftsstelle Breitestraße 13. Fernruf 515. Verantwortlich für die Schriftleitung: G. Schmidt, Bonn, Doetschstraße2. Fernruf 515. Nr. 8 Samstag, den 26. Januar(Hartung) 1918. Fünfundzwanzig Jahre Bund der Landwirte. Im Februar werden fünfundzwanzig Jahre verflossen sein seit den Tagen, da der Pächter des Gutes Ransern der Stadt Breslau, Ruprecht, in einem Aufruf ins Land hinausrief:„Ich schlage nicht mehr und nicht weniger vor, als daß wir unter die Sozialdemokraten gehen und ernstlich gegen die Regierung Front machen, ihr zeigen, daß wir nicht gewillt sind, uns weiter so schlecht behandeln zu lassen wie bisher, und sie unsere Macht fühlen zu lassen... Wir müssen schreien, daß es das ganze Land hört, wir müssen schreien, daß es bis in die Parlamentssäle und Ministerien dringt— wir müssen schreien, daß es bis an den Stufen des Thrones vernommen wird.“ Klingt dieser Aufruf nicht, als wäre er erst in den letzten Wochen geschrieben? Es sind die ewig Unzufriedenen, die damals wie heute den Jahre 1896:„Was der Minister von Hammer= stein sagt oder nicht sagt, kann uns schnuppe sein. Im übrigen— der Herr ist aus Hannover, der andere Herr, der schon vor ihm diesen Ausdruck gebraucht hat, Herr von Bennigsen, war auch daher. Die können uns sonstwas, diese..... Nach meiner Meinung kann, solange dieser Herr das Wort nicht zurückgenommen hat, kein Landwirt in sein Haus gehen. Er muß uns kommen, nicht wir ihm.“ Der Geist von Ruprecht=Randern und von Diest=Daber, das darf man wohl sagen, hat den Bund der Landwirte nicht wieder verlassen. Seine Einwirkung auf die konservative Partei, hat dem politischen jene unerfteuliche Wendung gegeben, die zur Verschärfung der Gegensätze andauernd beigetragen hat. Ein eigenartiger Zufall will es, daß heute, wenn der Bund der Landwirte seine Jubiläumsversammlung abhält, wieder über einen deutsch=russischen Handelsvertrag verhandelt wird, genau wie vor 25 Jahren, als die Gründung des Bundes der Landwirte durch den Abschluß Ktunden. 33., gewinnen, luchen. Damals sagte Ruprecht= ständen. Randern in seinem Aufruf:„Wir müssen, damit unser Geschrei nicht auch wieder unbeachtet verhallt, gleichzeitig handeln. Wir müssen handeln, indem wir aufhören, was wir bis jetzt immer für selbstverständlich hielten, für die Regierung in unseren Bezirken die Wahlen zu machen. Wir müssen alle Ehrenämter usw. ablehnen, zu denen wir nicht gesetzlich gezwungen werden können. Wir missen es dahin bringen, daß unsere Herren Die„Unabhängigen“ und der Friede. Der deutsche Gewerkschaftsführer Wilhelm Jansson charakterisiert in der„Glocke“ die Friedenssabotage der Unabhängigen deutschen Sozialdemokraten wie folgt:„Die Unabhängigen wollen den Frieden im Osten nicht, nachdem die ssen es dahin bringen, daß unsere Herrendeutsche Regierugg ihn will. Und Herr Ströbel Landwirte nach oben berichten: In den Kreisen propagiert die Verlegung der Verhandlungen der Landwirte herrscht die größte Unzufriedenheit, so daß ihre früher so regierungsfreundliche Gesinnung in das Gegenteil umgeschlagen ist.“ Die Wirkung dieses Aufrufes war, daß am 18. Fenach Stockholm, nachdem die deutsche Regierung sie abgelehnt hat. Nicht der Friedenswille, sondern „grundsätzlich“ Opposition ist der Grundzug dieser „Politik“. Willst Du den Frieden, will ich ihn nicht, will Du in Brest verhandeln, gehe ich nach bruar 1893 in Berlin der Bund der Landwirte Stockholm. a begründet worden ist, der sich in 25 Jahren als gehst, ger; wern Du aber nach Stockholm Schutztruppe für die Konservativen und als Kriegs=zugeben.... Prest, usw. Man muß schon partei gegen die Regierung immer und bei allen dugezenz, daß diese Sabotierung des Friedens Gelegenheiten hervorgetan hat. Die Methode, sebenio nonsequent,durchgeführt wird, wie man mit der damals für den Bund der Landwirte zuvor den Sieg üver den Zarismus sabotierte.“ geworben wurde, erinnert in mancher Beziehung.. an Werbemethoden von heute. So erklärte Eine fuhrende Persönlichkeit in der Presse, damals ein Amtsvorsteher Schirmer=Neuhaus: „Jeder soll Mitglied des Bundes werden, Bauer, Kuechl und Nachtwächter, und um das zu ermöglichen, müsse man in den einzelnen Dörfer Versammlungen einberufen, einfach die Saaltüren zuschließen, und dann solle jeden der Teufel holen, der nicht mit unterschreibt.“ Auch die Formen des Verkehrs mit der Regierung sind 25 Jahren nicht wesentliche andere geworden. Als Bennigsen und der damalige Landwirtschaftsminister Freiherr von Hammerstein den Antrag Kanitz als gemeingefährlich bezeichnet hatten, wie sagt doch Herr von Diest=Daber in der Zirkusversammlung des Bundes der Landwirte im der bekannte Zentrumsschriftsteller Julius Bachem, Geheimer Justizrat und längere Zeit Abgeordneter, der über vierzig Jahre an der„Kölnischen Volkszeitung" tätig gewesen ist, ist im 73. Lebensjahre gestorben. Der Zensurantrag Heine, der von den Zentrumsabgeordneten Trimborn und Erzberger gestützt worden war, kam im Unterausschusse durch die Stimme des Abg. Pfleger (Ztr.) zu Fall. Ein neuer Antrag Heine über Befristung der Verbote von Zeitungen ist noch nicht erledigt. Die letzte Dreiklassenwahl. Die preußischen Landtagswahlen im Juni 1913 sind die letzten unter der Herrschaft des Dreiklassenwahlrechts gewesen, wenn es nach dem Willen des Königs geht, der in seinem Wahlrechtserlaß vom 11. Juli 1917 gesagt hat:„Die Wahlrechtsvorlage ist so frühzeitig einzubringen, daß die nächsten Wahlen nach dem neuen Wahlrecht stattfinden können.“ Über die Landtagswahlen von 1913 ist soeben die lang erwartete amtliche Statistik im Verlag des Königlich statistischen Landesamts erschienen. Die Schönheiten des Dreiklassenwahlrechts sind auch bei dieser Wahl wieder so recht deutlich hervorgetreten. Es gab 1913 im ganzen 8400114 Urwähler. Von diesen gehörten 371887 in die erste Wählerabteilung, 1323708 in die zweite und nicht weniger als 6704519 in die dritte Abteilung. Von je hundert Urwählern mußten 80 in der dritten Wählerklasse wählen, die nur so viel Pecht hat, wie die vier Wähler, die unter je hundert in der ersten Wählerklasse wählten. In nicht weniger als 2093 Urwahlbezirken der ersten und 84 Urwahlbezirken auch der zweiten Abteilung gab es nur je einen einzigen Wähler. Wie kann da von einer Wahl überhaupt die Rede sein. Seit 1893 wird für jeden Urwähler, der keine „Staatseinkommensteuer zahlt, bei der Berechnung der Steuersumme für die Drittelung in Wähler(abteilungen ein fingierter Betrag von 3 Mark eingestellt. Nach der amtlichen Statistik gab es 4742 Urwähler, darunter 3957 auf dem Lande, die keine Staatseinkommensteuer zahlten und doch in der ersten Abteilung wählen durften. Andererseits belief sich in einem Urwahlbezirk der Rheinprovinz der Gesamtsteuerbetrag des Höchstbesteuerten Urwählers der dritten Abteilung auf über 30000 Mark. In einem ländlichen Bezirk Ostpreußens zahlte der höchstbesteuerte Urwähler der zweiten Abteilung an sämtlichen Steuern zusammen nicht mehr als 10 Mark. Das sind Ungeheuerlichkeiten. Und trotzdem hat der Führer der Konservativen Abg. von Heydebrand vor garnicht langer Zeit das preußische Landtags=Wahlrecht ein fast ideales genannt und nur gelten lassen wollen, daß es Schönheitsfehler habe. Es gab 1913 sogar 833 Urwahlbezirke, in welchen ein einziger Urwähler der ersten Abteilung das Recht hatte, nicht bloß einen, sondern zwei Wahlmänner zu ernennen, denn von wählen kann in solchen Fällen doch keine Rede sein. Das Silber auf dem Weltmarkt. Über das Silber, das während des Krieges stark im Preise gestiegen ist, und dem die Amerikaner im Geldsystem wieder eine breite Grundlage schaffen wollen, haben wir seit der Entdeckung Amerikas, also seit über 400 Jahren, eine ziemlich genaue Statistik. Nach den Aufzeichnungen, die darüber im Laufe der Jahre 13. Jahrgang. gemacht worden sind, betrug die Gesamtgewinnung an Silber im Jahre 1493 bis zum Jahre 1910 rund 364 Millionen Kilogramm. Der Handelswert dieses Silbers ist mit rund 53 Milliarden Mark einzuschätzen. Von einzelnen Rückschlägen abgesehen, hat die Silberproduktion in dieser ganzen Zeit fortwährend stark zugenommen. Im Zeitraum von 1493 bis 1520 stellte sich die Silbergewinnung der ganzen Erde jährlich auf 47000 Kilogramm, im Zeitraum von 1601 bis 1620 war die Ausbeute im Jahresdurchschnitt bereits auf 422000 Kilogramm gestiegen. Zwischen 1701 und 1730 war der Gesamtertrag des Silberbergbaues im jährlichen Durchschnitt wieder auf 355000 Kilogramm gesunken. Er erhöhte sich dann aber rasch wieder und hatte während des Zeitraumes von 1861 bis 1865 die durchschnittliche Jahresbeute von einer Million Kilogramm zum ersten Mal überschritten. In den Jahren 1871 bis 1875 war der Jahresertrag ziemlich auf zwei Millionen Kilogramm gestiegen. Zwischen 1886 und 1890 stellte er sich auf über drei ein drittel Millionen Kilogramm und zwischen 1896 und 1900 wurden bei der Jahresausbeute fünf Millionen Kilogramm überschritten. Die höchsten Erträge brachte das Jahrfünft von 1906 bis 1910 mit einer durchschnittlichen Jahresausbeute von weit über 6 Millionen Kilogramm. An der Spitze der Silberproduktionsländer steht heute Mexiko, dann folgen die Vereinigten Staaten und Kanada. In diesen drei Ländern werden ungefähr 70 Prozent des gesamten Silberertrages gefördert. Im größeren Umfange kommen die Silberproduktionsländer weiter in Betracht Australien, Peru, Bolivien, Spanien, Japan und Deutschland. Nimmt man das Wertverhältnis zwischen Gold und Silber zur Grundlage so ist der Wert des Silbers fast ständig gesunken. Zunächst nur wenig und langsam, dann aber sehr rasch und bedeutend. So hatten nach Ausgang des 15. Jahrhunderts 10,5 Pfund Silber den Wert von einem Pfund Gold. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurden für ein Pfund Gold bereits 11,5 Pfund Silber gegeben. Weiterhin war das Verhältnis im Zeitraume von 1661 bis 1680 wie 1,15. Dieses Verhältnis blieb dann im großen und ganzen bestehen bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Dann aber begann ein schnelles Sinken des Silberpreises. Zwischen 1886 und 1890 stellte sich das Wertverhältnis noch auf 1,21, 10, im nächsten Jahrfünft betrug es 1,26,32 und zwischen 1901 und 1905 hatte es sich auf 1,36,20 verändert. Im Jahre 1909 war ein Pfund Gold= 39,74 Pfund Silber. Erst der jetzige Krieg brachte wieder eine starke Erhöhung des Silberpreises. Eine Geschichte von zwei Städten. Von Charles Dickens. Aus dem Englischen von Dr. Carl Kold. Sie entfernten sich, und Lucie, ihr Gatte, ihr Vater und das Kind blieben bei dem hellen Feuer zurück. Mr. Lorry wurde mit jedem Augenblicke von dem Bankhaus her erwartet. Miß Proß hatte die angezündete Kerze in eine Ecke beiseite gestellt, damit sie sich ungestört des behaglichen Feuerlichtes erfreuen konnten. Die kleine Lucie saß neben ihrem Großvater und hatte die Händchen um seinen Arm geschlungen, während er ihr in einem Tone der kaum viel mehr als ein Füstern genannt werden konnte, ein Märchen von einer großen mächtigen Fee zu erzählen begann, die eine Gefängnismaner sich austun ließ und einen Gefangenen befreite, welcher ihr einmal einen Dienst geleistet hatte. Der Geist der Ruhe herrschte in dem Gemache und schien auch allmähnih Eingang in dem Herzen Luciens zu finden. „Was ist dies?“ rief sie plötzlich. „Meine Liebe nimm dich zusammen,“ sagte ihr Vater, indem er seine Erzählung unterbrach und seine Hand auf die ihrige legte.„Du befindest dich in einem ganz verstörten Zustande. Du erschrickst von jeder Kleinigkeit— vor jedem Richts. Du, deines Vaters Tochter?“ „Ich meinte, Vater,“ sagte Lucie sich entschuldigend, mit bleichem Gesicht und stotternder Stimme,„ich habe einen fremden Tritt auf der Treppe gehört.“ gum,„Rind, auf der Treppe herischt eine TotenEr hatte kaum diese Worte ausgesprochen, als ein Schlag gegen die Tür geführt wurde. „O Vater, Vater, was kann dies sein? Versteckt Charles— rettet ihn!“ „Mein Kind“, sagte der Doktor, indem er aufstand und seine Hand auf ihre Schulter legte, „ich habe ihn ja schon gerettet. Welche Schwäche meine Liebe. Ich will nach der Tür gehen.“ Er nahm das Licht auf, ging durch die beiden Vorderzimmer und öffnete. Es folgte darauf ein Füßegetrampel, und vier rauhe Männer in roten Mützen, die mit Säbeln und Pistolen bewaffnet waren, traten in das Gemach. „Der Bürger Evrémonde, genannt Darnay“, sagte der Erste. „Wer sucht ihn?“ versetzte Darnay. „Ich suche ihn. Wir suchen ihn. Ich kenne Euch, Evrémonde; ich sah Euch heute vor dem Tribunal. Ihr seid wieder der Gefangene der Republik.“ Die Vier umgaben die Stelle, wo er mit seinem Weib und seinem Kinde stand, die sich an ihn anklammerten. „Sagt mir, wie dies kommt. Warum bin ich wieder ein Gefangener?“ „Ihr habt einfach in die Conciergerie zurückzukehren und werdet es morgen erfahren. Ihr seid auf morgen vorgeladen.“ Auf Doktor Manette hatte dieser Besuch so versteinernd gewirkt, daß er mit dem Lichte in der Hand wie eine ausdrücklich zum Leuchten bestimmte Statue dastand. Nachdem diese Worte gesprochen waren, stellte er das Licht nieder, trat dem Manne gegenüber, nahm ihn nicht unsanft bei dem Bruststreif seines rotwollenen Hemdes und sprach: „Ihr kennt ihn, habt Ihr gesagt. Kennt Ihr auch mich?“ Endlich einmal ein wahres Wort! In der Nähe von Bordeaux sind große Kohlenvorräte für den amerikanischen Bedarf aufgestapelt „Ja wohl, Bürger Doktor“, sagten die anderen Drei. Er sah verwirrt bald den einen, bald den anderen an, und fuhr nach einer Pause mit gedämpfter Stimme fort: „Wollt Ihr dann mir auf seine Frage antworten? Wie kömmt mir dies?“ „Bürger Doktor“, versetzte der Erste mit Widerstreben,„er ist bei der Sektion von Saint Anloine denunciert worden. Dieser Bürger“, er deutete auf den zweiten der Eingetretenen,„ist von Saint Antoine.“ Der bezeichnete Bürger nickte mit dem Kopfe und fügte bei: „Er ist in Saint Antoine angeklagt.“ Weshalb?“ fragte der Doktor. „Bürger Doktor“, entgenete der Erste mit dem früheren Widerstreben,„fragt nicht weiter. Wenn die Republik Opfer von Euch fordet, so werdet Ihr ohne Zweifel als ein guter Patriot Euch glücklich schätzen, sie zu bringen. Die Republik geht vor Allem. Das Volk ist das Höchste. Evrémonde, wir können nicht warten. „Noch ein einziges Wort,“ bat der Doktor. „Wollt Ihr mir sagen, wer ihn denunciert hat?“ „Es ist gegen die Regel“, antwortete der Erste,„aber Ihr könnt den von Saint Antoine da fragen.“ Der Doktor richtete den Blick auf den Mann. Dieser schartte unruhig mit den Füßen, rieb sich den Bart ein wenig und sagte endlich: „Na es ist sreilich gegen die Regel; aber die Anklage— und zwar eine schwere— geht von dem Bürger und der Bürgerin Defarge und noch von einem Dritten aus.“ „Wer ist dieser Dritte?“ „Das fragt Ihr, Bürger Doktor?“ 5 „Dann“, versetzte der von Saint Antoine mit einem eigentümlichen Blicke,„werdet Ihr morgen die Antwort hören— für jetzt bin ich stumm.“ 8. Kapitel. Eine Hand voll Karten. Ohne eine Ahnung von dem neuen Unglück zu haben, verfolgte Miß Proß ihren Weg durch die engen Gassen, ging auf dem Pont neuf über den Fluß und berechnete im Geiste, welche Einkäufe sie notwendig zu machen habe. Mr. Cruncher ging mit dem Korbe neben ihr her. Beiden schauten rechts und links in die meisten Läden hinein, an denen sie vorbeikamen, hatten ein wachsames Auge auf alle Voklszusammenläufe und machten sich seitab, so oft sie eine aufgeregte Gruppe von Sprechenden bemerkten. Es war ein rauher Abend, und der neblige Fluß zeigte durch die fackelnden Lichter und sein unheimliches Getöse an, wo die Barken lagen, in welchem die Schmiede Waffen anfertigten für die Armee der Republik. Wehe dem Manne, der dieser Armee einen Possen spielte oder unverdient in ihr befördert wurde! Besser für ihn, sein Bart wäre nie gewachsen, denn das Nationalrasiermesser schor gar scharf. Nachdem Miß Proß einige Spezereien und ein Kännchen Oel für die Lampe eingekauft hatte dachte sie an den Wein, dessenman benötig war. Sie sah durch die Schreiben mehrerer Weinstuben hinein und machte endlich bei dem Zeichen des wackeren republikanischen Brutus des Altertums nicht weit von dem Nationalpalast, vormals die Tuilerien, Halt, weil hier das Aussehen der Dinge ihrem Geschmacke besser zusagte. Das Haus nahm sich ruhiger aus, als die anderen, an denen sie vorbeigekommen war; es gab darin wohl auch rote Mützen, aber doch nicht gar so viele. Nach Der französischen Industrie, die zeitweise an Kohlenknappheit leidet, hat man jede Abgabe von diesen Vorräten verweigert. In Hervés„Victoire" erörtert Georges Bienaimé die letzten Hoffnungen der Entente auf ein Scheitern der deutsch=russischen Verhandlungen in Brest=Litowst. Er kommt dabei zu einem für Frankreich recht wenig ermutigenden Schluß. Denner muß zugeben, daß Deutschland auch bei einem etwaigen Scheitern der Verhandlungen den Kopf nicht werde hängen lassen. Er schreibt: „Hervorragend diszipliniert durch seine Erziehung in der Familie, Schule, Kirche, Kaserne und Presse, eine Erziehung, der man in Frankreich nirgends begegnet, wird das deutsche Volk, von Mut und Ausdauer durchtränkt, den Kampf keineswegs aufgeben. Das deutsche Volk hat Vertrauen zu seinen Führern, Offizieren, Staatsbeamten, Volksvertretern und vor allem zu seinem Kaiser.“ In diesem Lobspruche reicht der Mut des Herrn Bienaimé; aber er reicht nicht dazu, die Folgerung, aus dieser Erkenntnis zu ziehen, die Folgerung, daß Deutschland nicht zu besiegen ist. Zehn Monate Galgenfrist für Deutschland! Zu den Kämpfen um den Mannschaftsersatz die sich gegenwärtig in der französischen Kammer abspielen und in denen die Angst Frankreichs um seine jüngste letzte Generation sich getreulich spiegelt, schreibt Scharfmacher Hervé in seiner„Victoire": „Wenn der Generalissimus zum Ausbau der zweiten und dritten Verteidigungslinie Leute brancht, so müssen sie wohl oder übel gefunden werden. Ebensowenig hat es Zweck, über den Abfall Rußlands zu stöhnen oder darüber, daß der oder jener Verbündete weniger alte Klassen mobilisiert hat als Frankreich. Es handelt sich darum, den kommenden verzweifelten Angriffen Deutschlands die Stirn zu bieten. Die Klasse 1919 soll erst in ungefähr zehn Monaten ins Feuer geschickt werden Bis dahin aber wird Deutschland bereits um Gnade gebettelt haben.“ Hervé, der seit Kriegsbeginn den Frieden immer wieder für die nächste Zeit prophezeit, gibt uns diesmal eine Galgenfrist von höchstens zehn Monaten. Unwiderruflich zum letzten Male! Warten wir seine— nächste Prophezeiung ab! wiesen, unserm Volk in der ernstesten Entschei=ssenttäuscht. Und ihre Gegner, die ein Abschütteln dung ein Führer und Euer Majestät ein nützlicher Berater zu sein. Wir bitten Euer Majestät dringlichst, den ersten Schritt zur Berufung neuer Männer in die maßgebenden Aemter zu tun. Soweit sind wir also schon wieder. Der unheilvolle Geist des Voraugust ist ausgewacht und geht wieder um. Die„Sorge um das Vaterland“ sollten die Leute, die sich hier selbst als„Euer Majestät Getreuste" bezeichnen, andern überlassen, die noch bei jeder Gelegenheit bessern Ueberblick bewiesen, als diese Herren, die in ihrem Berufe ganz wacker sein können. Die Berufung der Minister steht nach ihrem politischen Bekenntnis allein dem Ermessen der Krone zu. Da ist es eine Anmaßung sondergleichen, sich hier einzumischen und„Ratschläge“ aufzudrängen. Die Eingabe wird ja wohl weiter keinen Schaden anrichten. Aber bezeichnend ist sie doch für unsere innerpolitische Lage. Die Sorge um das Vaterland. Professor Koß, Prokurist Bauer, Schuhmachermeister Fraser, Kammerherr Graf Luxburg und zwei Dutzend andere mehr oder weniger bekannte Herren haben folgende Eingabe an den Kaiser gerichtet; Euer Majestät! Wir fühlen uns als begeisterte Anhänger des Kaisertums und als unabhängige Bürger des Deutschen Reiches vor unserem Gewissen verpflichtet, Eurer Majestät die Bitte aussprechen, in der Stunde der höchsten Gefahr endlich wieder in die bewährten politischen Bahnen des edlen Reichsgründers und seines großen Beraters zurückzukehren. Die verderbliche Saat des Herrn von Bethmann Hollweg ist aufgegangen, sein Nachfolger hat mit halben Mitteln und mit schwachem Willen die Not nicht beschwören können, und die derzeitigen verantwortlichen Berater Euer Majestät haben sie noch gesteigert. Nicht weniger als alles steht auf dem Spiele. In solcher Stunde bitten wir Euer Majestät, sich zu der Erkenntnis durchzuringen, daß nur neue Männer dem Vaterlande und Euer Majestät helfen können. Wer Teil hat an den politischen Fehlgriffen der Vergangenheit, hat sich dadurch als ungeeignet erArbeitereinkommen. Die Deutsche Zeitung, das bekannte Organ der alldeutschen Rüstungsindustriellen, läßt sich schreiben: Am 4. Januar stand in Ihrer Zeitung. wohl als ein ganz besonderer Fall, mitgeteilt, daß im Industriegebiet eine Arbeiterfamilie mit mehreren erwachsenen Söhnen und Töchtern 2000 Mark monatlich verdient, das wären 24000 Mark im Jahre. Dieser Fall dürfte kein außerordentlicher, sondern bei der Rüstungsindustrie ein ganz gewöhnlicher sein, das heißt, ein Durchschnittsfall. Ein Beamter der Stadt Bochum erzählte mir jüngst als einen im Betriebe von Krupp in Essen festgestellten Fall folgendes: Der Vater arbeitet als Obermonteur, also als bester Arbeiter, der 18 jährige Sohn als gelernter Arbeiter— vielleicht auch als Monteur— und drei Töchter im Alter von 19 bis 24 Jahren als Arbeiterinnen. Diese Familie hat im verflossenen Jahre an Lohn 80 000 Mark verdient. Man wird sich hüten müssen, diese Fälle zu verallgemeinern, Ein Obermonteur ist in dieser Zeit eine der allerwichtigsten Persönlichkeiten unseres Wirtschaftslebens. Und wenn ein solcher Mann seine zahlreichen Kinder entsprechend gewissenhaft anlernt, und dann mit ihnen zusammen bei vielleicht sehr langer Arbeitszeit große Summen verdient, dann wird er dafür auch schon sehr bedeutendes leisten. Sonst würde er bei Krupp sicher nicht geduldet werden; denn dort weiß man den Arbeitswert sehr genau abzuschätzen, und die Verschwendung der großen Mittel, die die Industrie jetzt gewinnt, geht meistens von schlecht verwalteten, schnell emporgekommenen Klein= und Mittelbetrieben aus, die große Zahl wirklich nach Leistung. Und da sieht es denn doch mit den hohen Löhnen gar nicht so verlockend aus. Und dann ist doch nicht einzusehen, warum Arbeiter nicht auch Kriegsgewinne machen dürfen; doch sicher eher als die sich zu großem Wohlstande emporgaunernden Schleichhändler. Die deutsche Antwort auf die Kriegszielkundgebungen Lloyd Georges und Wilsons gab Reichskanzler Dr. Graf von Hertling am Donnerstag im Hauptausschuß des Reichstages. Die lang erwartete und immer wieder hinausgeschobene Rede des neuen Leiters unserer Reichsgeschäfte hat, wie aus der folgenden Aussprache hervorgeht, eigentlich niemand so recht befriedigt. Die Leute der schärfern Tonart, die bei jeder Gelegenheit das Auftrumpfen der gepanzerten Faust erwarten, wünschen und zuweilen sogar ernstlich verlangen, sind geradezu der sogenannten Annektionisten voraussetzen zu dürsen glaubten, ließen durch ihren Sprecher, den sozialdemokratischen Abgeordneten Scheidemann, der Regierung sogar zurufen, sie solle, wenn sie den Einfluß der Alldeutschen nicht ausschalten könne, gehen. Einverstanden mit der Kanzlerrede war nur das Zentrum, was nicht weiter auffällt. Fortschrittler und Nationalliberale kramten ihre eigenen politischen Leitsätze aus. Und doch war die Rede besser, als man von dem frühern Auslandspolitiker des Zentrums eigentlich erwarten konnte. Es war eine wohldurchdachte, wohlgefeilte Rede, auf Inland und Ausland, Freund und Feind berechnet. Jeder Satz, jedes Wort abgetönt. Die polternde Rede liegt dem Manne nicht, jede Gewaltsamkeit, auch in der Sprache, widerstrebt ihm. Aber es fehlte der Rede gleichwohl nicht an Entschiedenheit. Die Feinde haben noch einmal hören müssen, daß wir über Elsaß=Lothringen und anderes deutsches Gebiet überhaupt nicht verhandeln werden. Nur auf dieser Grundlage können die Feinde mit uns in Friedensunterhandlungen eintreten. Und für die Westmächte ist, nachdem sie die Frist zur Teilnahme an die Verhandlungen in Brest=Litowsk haben vorübergehen lassen, ohne auf die Einladung ihrer frühern Verbündeten auch nur zu antworten, das Angebot der Reichstagsentschließung und in der Antwort auf die Papstnote hinfällig, ihnen gegenüber kann von einer Bindung nicht mehr gesprochen werden. Was der Reichskanzler über die Verhandlungen in Brest=Litowsk sagte, war noch sehr hoffnungsvoll, im übrigen aber diplomatisch zurückhaltend. Belgien kann nur im Zusammenhang mit den übrigen Fragen behandelt werden; und die besetzten Gebiete Frankreichs bilden für uns ein wertvolles Faustpfand, das wir nicht ohne weiteres preisgeben können. Etwas schulmeisterlich klang die Zensur, die er Lloyd George und Woodrow Wilson ausstellte. Er bescheinigte beiden, sie hätten sich im Ton gebessert. Von Pichon sprach er überhaupt nicht. Aber auch die Redensarten Lloyd Georges würdigte er kaum einer Widerlegung. In der Rede des führenden englischen Ministers drängt sich, meinte er,„immer wieder die Anpassung durch, daß er über das aller möglichen Verbrechen schuldige Deutschland Recht zu sprechen habe, eine Gesinnung,... auf die wir uns selbstverständlich nicht einlassen können.“ Eingehender beschäftigte er sich mit dem sogenannten Friedensprogramm Wilsons, das er in allen vierzehn Punkten durchging. Ueber sechs Punkte läßt sich verhandeln, haben wir zum Teil auch schon Wilsons Auftrumpfen als unsere Richtschnur beachtet, andere Forderungen werden von uns auch erhoben, wie die Freiheit der Meere, Beseitigung der wirtschaftlichen Schranken. Dagegen läßt sich über die Räumung der besetzten Gebiete, die drei Punkte des Wilson=Programms umfassen, nur in einer Friedensverhandlung beschließen, vier weitere Punkte betreffen unsere Bundesgenossen und ein Punkt Polen, über das wir und Oesterreich mit dem befreiten Volke zu verhandeln haben, und nicht der Verband, „der für Polen nur inhaltlose Worte fand und vor dem Kriege nie bei Rußland für Polen eingetreten ist". Aus den Kundgebungen der Feinde kann der Reichskanzlernoch keinen ernstlichen,ehrlichen Friedenswille heraushören. Sie wollen Deutschland nicht„vernichten“, aber sie schielen begehrlich nach Teilen unserer und unserer Verbündeter Länder. Sie sprechen mit Achtung von Deutschlands Stellung, aber dazwischen dringt immer wieder die Auffassung durch, als seien wir die „Schuldigen“, die„Buße tun" und„Besserung" geloben müßten.“ Sie sprechen noch immer wie der Sieger zum Besiegten. Von dieser Täuschung müßten sie sich losmachen. Um es ihnen zu erleichtern, erinnert der Reichskanzler daran, wie die Lage wirklich ist.„Mögen sie sich gesagt sein lassen: unsere militärische Lage war niemals so günstig, wie sie jetzt ist." Der Geist der Versöhnlichkeit, der aus unsern Vorschlägen sprach, darf kein Freibrief für den Verband sein, den Krieg immer weiter zu verlängern. Wenn unsere Feinde ihr Programm nochmals revidieren und uns mit neuen Vorschlägen kommen, dann werden wir auch ernstlich prüfen,„denn unser Ziel ist kein anderes als die Wiederherstellung eines dauernden allgemeinen Friedens". Der Schluß seiner Rede klang in einer Mahnung zur Einigkeit.„Lassen wir jetzt alle Meinungsverschiedenheiten zurücktreten. Streiten wir nicht über Formeln, die bei dem rasenden Lauf der Weltbegebenheiten immer zu kurz kommen, und behalten wir über trennende Parteigegensätze hinaus das eine gemeinsame Ziel im Auge: das Wohl des Vaterlandes. Stehen wir zusammen, Regierung und Volk, und der Sieg wird unser sein. Ein guter Friede wird und muß kommen.“ Die Aussprache bewies, wie berechtigt die Mahnung zur Einigkeit war. Alsbald klafften wieder die Gegensätze, die unser Volk scheiden, gähnend auf. Was die Rede des Reichskanzlers im Auslande hätte wirken können, hat diese Aussprache wieder gründlich verdorben. Keine Einigkeit, keine Übereinstimmung in den Zielen. Das ist es, was unsere Feinde aufrecht erhält, worauf sie ihre Pläne aufbauen. Scheidemann hat sich wohl wieder zu Elsaß=Lothringen bekannt. Darüber hinaus unterschied er sich aber in keiner Weise mehr von den Leuten aus der Gruppe um Hase und Ledebour. Stresemann erteilte dem Reichskanzler eine Rüge, weil erst jetzt auf Wilson und auf Lloyd George überhaupt nicht geantwortet worden ist. Keiner dachte daran, den Streit über die Formeln zurückzustellen, jeder hatte Not, auch nur alles an die große Glocke zu hängen, was ihn bewegte, damit der Zwist nur recht schrill und mißtönig ins Land und darüber hinaus zu unseren Feinden gelle. Die Wortführer unserer Feinde haben es besser: sie sprechen zu einer Abordnung eines größeren Verbandes oder legen ihre Gedanken und Meinungen in einer Botschaft nieder, in beiden Fällen werden ihre Darlegungen nicht durch mehr oder minder starke Meinungsverschiedenheiten der Zuhörer verwässert. Obschon im allgemeinen kein Freund von Nachahmungen des Auslandes, meine ich doch, auch unsere Minister und Geschäftsführer sollten aus ihrer Unnahbarkeit heraustreten und häufiger die Gelegenheit suchen und wahrnehmen, zu sprechen, besonders dann, wenn kein verwässernder Widerspruch zu erwarten ist, wie in unseren Parlamenten, wo jeder einer nur auf den Augenblick wartet, den leitenden Staatsmännern seine Meinung ins Gesicht zu sagen. Die des Reichskanzlers hätte ohne nachfolgende Aussprache zweifellos eine bessere Wirkung erzielt und wäre mehr als deutsche Antwort auf die Polterreden der feindlichen Staatsmänner zur Geltung gekommen. Unsere Redner werden bald erfahren, wie ihre rhetorischen Leistungen im Auslande gewirkt haben, auf das jedoch gewirkt werden sollte. Brest=Litowsk im Hauptausschuß. Staatssekretär v. Kühlmann hat am Freitag eine Art Rechenschaftsbericht über Brestdem sie Mr. Cruncher um seine Meinung ausgeholt hatte“ trat sie, von ihrem Knappen begleitet, bei demn wackeren republikanischen Brutus des Altertums ein. Die beiben ausländischen Kunden achteten wenig auf die qualmenden Lichter, auf die Leute, welche rauchend mit zerknitterten Karten und und gelben Dominosteinen spielten, auf den nacktarmigen russigen Arbeiter mit der offenen Bruft der den anderen eine Zeitung vorlas, auf die Waffen, welche die Männer bei sich führten oder zu rascher Wiederaufnahme beiseite gestellt hatten auf die zwei oder drei Kunden, welche, den Kopf auf die Arme gelegt, schliefen und in den beliebten hochschulterigen, zottigen, schwarzen Spencern sich wie schlummernde Bären oder Hunde ausnahmen — wie gesagt, sie achteten wenig auf die Anwesenden, sondern nährten sich einfach dem Schanktische und deuteten durch Zeichen an, was sie wünschten. Während man ihnen den Wein zumaß, verabschiedete sich ein Mann von einem anderen in der Ecke und stand auf, um fortzugehen. Er kam dabei an Miß Proß vorbei. Als diese seiner ansichtig wurde, stieß sie einen Schrei aus und schlug die Hände zusammen. Im Nu war die ganze Gesellschaft auf den Beinen. Es gehörte zu den alltäglichen Vorkommnissen, daß jemand in Verteidigung einer Meinung von einem anderen niedergestochen wurde, und wollte jedermann sehen, ob nicht eben einer gefallen sei; aber die Neugierigen bemerkten nichts als einen Mann und eine Weibsperson, die einander mit großen Augen ansahen, der Erstere dem Aeußeren nach ein Franzose und eingefleischter Republikaner, die letzere augenscheinlich eine Engländerin. Was die Jünger des wackeren republikanischen Brutus bei einer so bitter getäuschten Erwartung sprachen, war wohl recht zungenfertig laut, hätte aber für Miß Proß und ihren Beschützer, und wenn sie ganz Ohr gewesen wären, eben so gut hebräisch oder chaldäisch sein können. In ihrer Ueberraschung hörten sie jedoch nichts; denn wir müssen bemerken, daß nicht nur Miß Proß in einen Zustand großer Aufregung und und Verwunderung geraten war, sondern auch Mr. Cruncher für eigene Rechnung vor Staunen sich kaum zu fassen wußte. „Was gibt's da? fragte der Mann, der Miß Proß zu ihremsAufschrei Anlaß gegeben hatte, halblaut in ärgerlichem Tone, aber auf Englisch. „Oh, Solomon, lieber Solomon“ rief Miß Proß, ihre Hände wieder zusammenschlagend. „Nachdem ich dich so lange mit keinem Auge mehr gesehen und kein Sterbewörtchen von dir gehört habe, muß ich dich hier wieder finden!“ „Nenne mich nicht Solomon. Willst du mich an's Messer liefern?“ entgegnete der Mann in furchisamer verstohlender Weise. „Bruder! Bruder?“ rief Miß Proß in in Tränen ausbrechend,„bin ich je hart gegen dich gewesen, daß du eine so grausame Frage an mich stellen kannst?“ „Dann halt dein vorlautes Maul“, sagte Solomon,„und komm mit hinaus, wenn du mit mir sprechen willst. Zahle deinen Wein und komm. Was ist dieser Mann?“ Die liebevolle Miß Proß schüttelt bekümmert den Kopf gegen ihren keineswegs zärtlichen Bruder und antwortete, während ihr Tränen im Auge standen: „Mr. Cruncher.“ „Er soll auch mitkommen“, sagte Solomon. „Sieht er mich für einen Geist an?“ Mr. Cruncher hatte in der Tat ganz das Aussehen eines von einem Gespenst verschüchterten Mannes. Er sprach jedoch kein Wort, und Miß, Proß, die durch ihre Tränen nur mit Mühe den Inhalt ihrer Tasche unterschied, zahlte den Wein. Während dies geschah, wandte sich Solomon zu den Verehrern des wackeren republikanischen Brutus des Altertums, und richtete in französischer Sprache einige Worte der Erklärung an sie, worauf sie an ihre alten Plätze und zu ihrem früheren Treiben wieder zurückkehrten. „Nun“, sagte Solomon, an der dunkeln Straßenecke Halt machend,„was willst du?“ „Wie schrecklich herzlos von einem Bruder, an dem ich immer mit so viel Liebe gehangen habe“, rief Miß Proß,„daß er mich so begrüßt und mir auch keine Spur von Anhänglichkeit geiot!“, „Da!“ sagte Solomon, mit seinen Lippen gegen die seiner Schwester hin fahrend.„Bist du jetzt zufrieden?“ Miß Proß schüttelte nun den Kopf und weinte still fort. „Wenn du erwartest, daß ich überrascht sein soll,“ fügte ihr Bruder bei,„ so bist du im Irrtum. Deine Anwesenheit war mir nicht unbekannt, ich kenne die meisten Leute, die hier sind. Wenn du wirklich nicht die Absicht hast, mein Leben in Gefahr zu bringen— und ich traue dir nur halb als möglich deiner Wege und laß mich die meinigen gehen. Ich habe zu tun. Ich stehe im öffentlichem Dienst. „Ach, mein Bruder Solomon“, rief Miß Proß in kläglichem Tone, indem sie die tränenfeuchten Augen zu im aufschlug,„ein Engländer, der das Zeug in sich hatte, einer der besten und größten Männer seines Vaterlandes zu werden, im Dienste der Ausländer— und solcher Ausländer. Ich wollte fast lieber, ich hätte ihn als unschuldigen Knaben in seinem—“ „Es ist so, wie ich Euch sagte“, unterbrach sie ihr Bruder.„Ich wußte es wohl, sie will mich im Grabe haben. Meine eigene Schwester wird mich unter den Verdächtigen bringen, während ich eben im Begriffe bin, vorwärts zu kommen.“ „Das wolle der gnädige und barmherzige Himmel verhüten!“ rief Miß Proß.„Weit lieber will ich dich in meinem ganzen Leben nicht mehr sehen, mein teurer Solomon, obschon ich stets mit ganzer Seele an dir gehangen habe. Sag' mir nur ein einziges liebevolles Wort; sag' mir, daß du mir, nicht zürnest, mir nicht fremd sein wollest, und ich werde dich nicht länger aufhalten. Die gute Miß Proß! Als ob die Schuld der Entfremdung ihr Last gefallen wäre! Hatte doch Mr Lorry schon vor Jahren in der stillen Ecke von Soho gewußt, daß die seine Herr Bruder ihr Geld durchgebracht und sie verlassen hatte. Er war indes im Begriffe, das ersehnte liebevolle Wort mit weit mehr brummender Herablassung und Gönnerschaft auszusprechen, als er hätte an den Tag legen können ihre wechselseitigen Verhältnisse die umgekehrten gewesen wären— es pflegt ja gemeiniglich durch die ganze Welt so zu ergehen—: da berührte ihn Mr. Cruncher an der Schulter und störte ihn unerwartet in seiner heiseren Stimme mit der auffallenden Anrede: „Darf ich so frei sein, mir eine Frage zu erlauben? Heißt Ihr John Solomon oder Solomon John?“ Der öffentliche Diener wandte sich mit plötzlichem Mißtrauen gegen ihn. Jerry hatte bisher kein Wort verlauten lassen. „Na, nur heraus mit der Farbe“, fuhr Mr. Cruncher fort.„John Solomon oder Solomon John? Sie hat Euch Solomon genannt, und da sie Eure Schwester ist, muß sie wohl wissen, wie Ihr heißt. Und ich kenne Euch als John. Welches ist der Vorname? Und wie steht's mit dem Wasser drüben, war dies nicht der Eurige.“ Schützengrabenrut— aus der Ehampagne. Wir geben unser Leben dahin Für unsere nationale Freiheit. Was sollen Euch da noch Gold Und Diamanten im Schrein? Litowsk erstattet. Er sagte kaum etwas, das nicht schon durch die Presse bekannt geworden. Daß die Verhandlungen mit den Bolschewiki vor der Anwesenheit Trotzkis sich glatt, fast steundschaftlich vollzogen und jetzt abgebrochen werden mußten, weil Trotzki nach Petersburg mußte, um nach dem Rechten zu sehen, war uns nichts Neues. Auch daß sich die Verhandlungen mit Finnland und der Ukraine leichter und schneller vollziehen und in absehbarer Zeit einen günstigen Abschluß erwarten lassen, war uns schon bekannt. Und die Hoffnung auf einen günstigen Abschluß mit den Bolschewiki hatte tags zuvor auch der Reichskanzler ausgesprochen. Beachtenswerter war das Geständnis, daß unsere Unterhändler in Brest=Litowsk an Richtlinien gebunden sind, die unter der Reichskanzlerschaft BethmannHollwegs festgelegt wurden. Ganz entschieden trat er für General Hoffmann ein, dessen Auftreten von einem Teil unserer Presse getadelt worden war. An die Presse richtete er einen Appell, sich ihrer Verantwortlichkeit bewußt zu bleiben, der leider allzu berechtigt war. Endlich bekannte er sich zu unserem Bündnis mit Österreich=Ungarn, das in letzter Zeit hüben und drüben angegriffen wurde.„Unser Verhältnis zu Österreich=Ungarn ist der Grundstein und Eckpfeiler unserer ganzen Diplomatie.“ Österreich=Ungarn habe in den diplomatischen Kämpfen vollständig loyal auf unserer Seite gestanden und werde auch weiter auf unserer Seite stehen. Er wünscht keine Lockerung unseres Bündnisses. Zum Schlusse mahnte auch Staatssekretär v. Kühlmann, doch dahin zu wirken, daß im Ausland sich der Eindruck erhält, die Mehrheit der Volksvertreter stäude hinter der Regierung, die eine von ihren Vorgängern überkommene Politik fortsetzt. gelbfleischige Erdkohlrabien in den städtischen Hächsen.::“ 1#.4 Karosselverkaufsstellen und den städtischen Ge., rteltenr schweiet. müseverkaufsstellen auf dem Wochenmarkt, am pder. Der bei der Abernahme von Schwefel von —•nm(per Kriegs=Chemikalien=Aktien=Gesellschaft zu zahlende Preis der hisher geef höchsten 20#m Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes. Fett. Auf die Abschnitte Butter und Fett der Speisesettkarte werden in der kommenden Woche je 25 Gramm Butter verausgabt. Abschlachtung von Schweinen. Die Beschwerden über das Abschlachten der Schweine, das ohne Rücksicht auf die Lage der Verhältnisse angeordnet worden war, haben den Erfolg gehabt, daß nach einer neuen Entscheidung der Landesfleischstelle Ausnahmen gemacht werden dürfen. Die Landesfleischstelle hat nunmehr erklärt: Die Kommunalverbände sind angewiesen, von der verordneten Abschlachtung Ausnahmen zu gewähren, wenn nachgewiesen wird, daß genügend Futtervorräte vorhanden sind und nicht auf menschliche Nährstoffe, wie z. B. auf Getreide oder Kartoffeln zurückgegriffen werden muß. Brotversorgung Die Vorentnahme von Brot an den Samstagen und Sonntagen für die kommende Woche hat zu Schwierigkeiten in der Brotversorgung geführt, die eine Aufrechterhaltung dieses auch in anderen Städten nicht üblichen Vorzuges nicht mehr gestatten. Die Brotentnahme namentlich am Samstag hat sich derart gesteigert, daß an diesem Tage schon mehr als die Hälfte des ganzen Bedarfs für die nächste Versorguugswoche in den Bäckereien verkauft wird. An den Betrieb in den Bäckereien werden hierdurch Anforderungen gestellt, die bei dem großen Mangel an Arbeitskräften nicht mehr bewältigt werden können. Während die Arbeitskräfte in den Bäckereien an einigen Tagen der Woche zur Herstellung des großen Bedarfs am Samstag übermäßig beschäftigt sind, ruht der Betrieb an den übrigen Tagen fast völlig. Ein gleicher Mißstand besteht bei der Mehlzufuhr. Bei dem großen Mangel an Fuhrwerken und der geringen Leistungsfähigkeit der Pferde ist die rechtzeitige Mehlzufuhr für den außerordentlich hohen Brotbedarf an den Samstagen nicht mehr möglich. Zur Beseitigung dieser Mißstände wird daher in nächster Zeit angeordnet werden, daß die Vorentnahme des Brotes an den Samstagen u. Sonntagen für die kommende Woche nicht mehr stattfinden darf. Brot für die neue Woche darf alsdann nur noch von Montag ab entnommen werden. Bei der Wichtigkeit dieser Maßnahme für die Aufrechterhaltung einer geregelten Brotver= sorgung wird der neuen Bestimmung mit allen Mitteln Geltung verschafft werden müssen. Bäckereien, die nach dem Erlaß des Verbotes noch an den Samstagen und Sonntagen Brot für die kommende Woche abgeben, haben unnachsichtlich Geschäftsschließung zu erwarten. Die Hausfrauen werden gebeten, durch sparsamste Einteilung des Brotes unter allen Umständen dafür zu sorgen, daß die Brotmenge jede Woche bis ein schließlich Sonntag reicht. Auch verlangt eine geregelte Versorgung, daß die Wochenbrotmenge einer Familie nicht auf einmal entnommen wird. Friedrichplatz und Moltkestraße 1 ausgegeben. Runkelrüben. Allen Viehhaltern des Stadtkreises Bonn wird nochmals dringend empfohlen, sich genügend mit Runkelrüben einzudecken, da in den nächsten Monaten ohne Zweifel eine Futtermittelknappheit eintreten wird. Bestellungen auf Runkelrüben werden im städtischen Lebensmittelamt, Zimmer 12 entgegengenommen. Eier. In kommender Woche gelangt auf den Kopf der Bevölkerung ein Ei zum Preise von 42 Pfg. zur Ausgabe. An Kranke werden Eier in der städtischen Verkaufsstelle Franziskanerstraße 1 verabfolgt. Der Verkauf beginnt Donnerstag, den 31. ds. Mts. Obst. Der Verkauf von Obst findet künftig nur noch in den Verkaufsstellen im Kleinen statt. Kriegsküchen. Speisezettel für die Zeit vom 28. Januar bis 4. Februar 1918. Montag: Grausen mit Pflaumen. Dienstag: Sauerkraut mit Kartoffeln und Bratwurst. Mittwoch: Steckrüben mit Schweinefleisch. Donnerstag: Weißkohl mit Kartoffeln. Freitag: Kartoffeln mit Specktunke und Salzgurken. Samstag: Himmel und Erde mit Blutwurst, ickles:#. Sonntag: Picheissteinerfleeich. Seifenpulver. Nach einer neuen Bestimmung dürfen fortan an eine Person in einem Monat statt 250 Gramm nur noch 125 Gramm Seifenpulver abgegeben werden. Die jetzt noch im Verkehr befindlichen anf 250 Gramm lautenden Seifenkarten für Seifenpulver bleiben bis zur Neuausgabe bestehen, jedoch darf auf diese nur die Hälfte von Gramm— 125 Gramm Seifenpulver verabfolgt werden. zahlende Preis der bisher auf hochstens 32 Mark für 100 Kilogramm festgesetzt war, entsprach nicht mehr den inzwischen erheblich gestiegenen Unkosten der inländischen Schwefelgewinnung. Der Reichskanzler hat daher diese Preisbeschränkung aufgehoben, so daß die Kriegs=Chemikalien=AktienGesellschaft auch einen höheren Preis als 32 Mark zahlen kann, falls er angemessen ist. Auskehr beim Geldhamster. Der Geldhamster hält Musterung über seine angehäuften Metallstücke. Die Frist nähert sich dem Ende, daß silberne Zweimarkstücke noch zum alten Werte angenommen werden. Bis zum 30. Juni werden sie nur von öffentlichen Kassen angenommen; aus dem Privatverkehr sind sie schon .„ 1. Januar ausgeschieden. Unsere Kassen konnen sich jetzt kaum halten vor der Menge von Silbergeld. Beim Postamt in Zwiesel (Niederbayern) werden täglich mehrere tausend Mark, hauptsächlich Zweimarkstücke, zum Umwechseln ausgeliefert. Eine Frau brachte tausend einzelne Markstücke in der Anuahme, daß auch biese ungültig würden, zum Umwechseln. Auch Fünfmarkstücke, die schon seit ein paar Jahren ganz verschwunden waren, kommen nun wieder zum Vorschein. Sollte man die Goldfüchse nicht auf gleiche Weise aus ihren Höhlen locken? „Angelegenheit“, welche die Heeresverwaltung angeht. Mit dieser ist nun jedoch nicht zu spaßen, und das sollte auch unser Reisender erfahren. In W. angekommen, stellte sich ihm ein Mitreisender in Gestalt eines Geheimpolizisten, der alles mit angehört hatte, gegenüber und wohl oder übel mußte er sich wegen Verbreitung von Gerüchten den Machtbefugnissen des Beamten fügen. Bieischberkauf am Sohnabeno auf die Reichstleischkarte. 1. Rindfleisch das Pfund zu 2.30 Mark. 2. Kalbfleisch„„„ 2.30„ 3. Blutwurst„„„ 1.20„ 4. Leberwurst„„„ 1.60„ Sofern Hammel= und Schweinefleisch späterhin zur Ausgabe kommt, stellt sich auch hierfür der Preis auf Mk. 2.20 für das Pfund. In diesen Preisen sind die Kosten für die Zustellung nicht enthalten. Die Abgabe von Fleisch ohne Knochen ist verboten. Bonn, den 24. Januar 1918. Der Oberbürgermeister. J. V.: Piehl Rindvieh als Zugtiere. In der Reichshauptstadt war bisher die Benutzung von Rindergespannen und das Treiben von Vieh aus Verkehrsgründen untersagt. Selbst das Schlachtvieh, das nicht mit der Eisenbahn zum Versand kam, mußte vom Schlachthof zum Wagen abgefahren werden. Zur Schonung der Pferdekraft haben nun, wie wir hören, die zuständigen Stellen in Aussicht genommen, die Verwendung von Rindern als Zugtiere, die vom 1. April ds. Is. verboten sein sollte auch über diesen Zeitpunkt hinaus in den Straßen Berlins zu gestatten. Hütet Eure Zunge! Einem mit der Bahn nach Wilhelmshaven Reisenden passierte vor einigen Tagen folgendes: Der betreffende Herr wußte seine Mitreisenden mit allerlei Erzählungen gut zu unterhalten, u. a. machte er auch allerlei Mitteiiungen über eine Heizstoffversorgung. Monat Februar gelten die Marken XVI.„XIX, XX und XXI und zwar für je 1 Heutner Steinkohlen oder Steinkohlenbriketts oder Koks, oder 1¼ Zentner Braunkohlen=Briketts oder 3 Zentner Rohbraunkohle. Die Kohlenmarken XIII bis XVII verlieren mit Ablauf des 31. Januar dss. Is. ihre Gültigkeit. Bonn, den 24. Januar 1918. Stoftschuhe und Dantoftel aus Abfällen usw. fertigt jeder nach meinem präm. Lehrbuch mit Maßstäben und Schnitten. Preis des Werkchens 1,25 M. per Nachnahme. Wun Franke Blerhaus zum Bären ab. HEINRICH KNEBEL Achorstrasse Prachtvelles neues Orchestrion. Prima helleisund dunkles Exportbier. Münebener Pschorrbräu.:Kölsch direkt vom Pars 3 E 9 * Jung Haus Oangollsir, zwischen Bahnhof u. Mönster## Bier— Café— Wein 5 Vorzügliche Küche Familien-Café I. Stock Damen-Billard, Gesellschaltsränne. 80 a0 □0 a0 Kartoffeln. Die Ausgabe von Kartoffeln auf Warenkarte als Ersatz für Brot ist fortgefallen. Dafür werden Steckrüben ausgegeben. Alle Haushaltungen die Kartoffeln eingekellert haben, werden wiederholt ersucht, mit diesen Vorräten sehr spärsam umzugehen. Wer seine Kartoffeln vorzeitig verbraucht hat, kann als Ersatz nur Steckrüben bekommen. Gelbfleischige Erdkohlrabien. Für die Zeit vom 28. Januar bis 4. Februar werden auf Warenkarte Nr. 76 6 Pfund vor dem Warkenottkrsruna an der Grinront. Donnerstag, 31. Jan. d. J., abends 8 Uhr spricht im großen Saale des Bonner Bürgervereins Bankdirektor Karl Weber=Bonn über seine Erlebnisse an der Ostfront und erläutert diese durch = Lichtbilder.—= Eintritt für jedermann frei. Saalgebühr 20 Pfg. Saatkartennachprüfung. Auf Grund der Verordnung des Herrn Staatssekretärs des Kriegsernährungsamtes vom 25. Dezember 1917 erlangen die bereits ausgestellten Saatkarten über Sommersaatgetreide, deren Belieferung vom 1918 ab zulässig ist, erst nach Prüfung und Abstempelung durch die höhere Verwaltungsbehörde Gültigkeit. Sie sind mithin durch en Kommunalverband unverzüglich an den Herrn Regierungspräsidenten Bonn, den 21. Januar 1918. Der Oberbürgermeister. J. B.: Piehl. Ausdrusch von Getreide. Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe werden darauf hinurd Fütenfesichten Ausdrusch usw. von Getreide otern uigen d rectzeitig militärische Hilfeleistung zu beantragen, hräten nicht in ders an eeenen menschlichen oder tierischen HilfsLage sind, den Ausdrusch innerhalb der gestellten Saule Ein Verschulden des Besitzers liegt vor, wenn derselbe im gegebenen Haue die Steuung des in Frage stehenden Antrages unterläßt. Bonn, den 22. Januar 1918. Der Oberbürgermeister. I. V.: Piehl. Kriegsnotgeld. Gemwädelestung diesen. Jom Stadt, Vonn=Land und Sitg unter ausgegeben, und zwar: 50 Pfennigscheine. 25 Pfennigscheine, 10 Pfennigstücke, 5 Pfennigstücke. Bonn, den 22. Januar 1918. Der Oberbürgermeister. I. V.: Bottler. Der Verein Creditreform bietet seinen Mitgliedern auch während des Krieges! 6 8 7 Schriftliche Auskünfte auf alle Plätze der Erde; direkter Verbehr der Mitglieder mit den hunderten von Oescräftsstellen. Mündliche Auskünfte auf der Reise an die mit Reisekarten des Verbande: verseheren Mitglieder und deren Reisende an etwa 1500 Plätzen I. In- u. Auslande Nachweis v. töchtigen Vertretern leistungs’ähigen Lieferanten, sowie von Bezaigsquellen und Absatzgebieten, die Aufgabe von Geschäftsadressen im In- und Ausland. Günstige Bedingungen. Mahnverfahren zum Einziehen von Aussensländen mit besonderer Ueberwachung der Schuldner. Einzlehungsverfahren ale Portsetrung des Mahnverfabrens gegenüber besonders hartnäckigen Schuldnern. Auslands-Rechtsabteilung gegen Schuldner im Auslande und In den besetzten Oebieten Beste Erfolge Bebensmittelverkaut .. In der Woche vom 28. Jan bis 2. Febr. 1918 dürfen in denjenigen Grschäften, die als Verkaufsstellen städtischer Lebensmittel bezeichnet sind abgegeben werden: Beseichnung der Ledensmitte! Kochs. Bohnen=Suppe Dörrmischgemüse Puheingpulver Subfruchtmarmelade Kraut Renge Verkaufspreis für die bezeichnete Menge für A Karten M. 91. ½ Pfd. ¼ Pfd. 25 gr ½ Pfd. —40 —60 —15 — 45 13 für 13 Karten N. Pf. 50 70 15 45 13 für □ Karten R. Pf. 60 80 15 45 13 Die Kosten für Zustellung ins Haus sind in den Preisen nicht einbegriffen. Überschreitungen der Preise werde ich auf Grund der Bundesratsverordnung gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1916 (R. G. Bl. S. 764) verfolgen. Bonn, den 22. Januar 1918. Der Oberbürgermeister J. V. Piehl. Neue Bücher. Kasimir Edschmid: Timur Novellen. Kurt Wolfs. Verlag, Leipzig 1917. Edschmid: ich erinnere an die Geschichte einer Enttäuschung, die ich mit jenem Namen erlebte und vor einigen Monaten in diesen Spalten drucken ließ. Der glänzende, so gänzlich neutönende Stilist, der gleich mit fertiger Epik=Meisterschaft in die Arena kam— kaum mehr zum Wettbewerb als vielmehr mit der imperatorischen Gebärde des Siegers, des Unbesiegbaren, gelassener Selbstverständlichkeit der einmaligen Virtuosität seiner Fingerfertigkeit vertrauend— zwang uns(die wir immer noch zu sehr und einseitig vor der Form als Selbstzweck auf dem Bauche kriechen, an dem verdammenswerten Prinzip des lart pour l’art kleben und viel zu wenig noch auf die Wahrheit, den Gehalt, die Ethik einer Kunstschöpfung erpicht sind) sofort beim ersten Auftreten verblüfftes Staunen ab, mehr: Bewunderung, Begeisterung... ja, ich will ehrlich sein: Liebe und Neid. Aber mählich spürte man die kühle Berechnung, die Mache, den bewußten Kniff. kurz— alle jene äußerlichen Elemente, die in diesen Sprach=Eruptionen am Werke waren und sich eben darin genug taten, das Gehaltliche erst als sekundär— wenn überhaupt noch als von Belang— betrachtend. Daher die bei näherem, abgekühltem Zusehen auffallende Ungleichheit in der Wahl des Stofflichen.„Der aussätzige Wald“ und„Der tödliche Mai“: zwei unerhört gekonnte, in der Diktion aufwühlende Stücke— aber wo ist die Synthese des Ideelichen?(„Der tödliche Mai“ jedenfalls war eine Tat, die bleiben wird; nie werde ich ohne Verehrung der Glücks=Schauer gedenken können, die mich bei der ersten und auch der wiederholten Lektüre überliefen— aber eben manches inzwischen von ihm Herausgestellte verriet deutlich genug die Zufälligkeit der gelungenen Einheit jenes Wurfs.) Es fehlt diesem sabelhaften Techniker, diesem sast schon Jongleur des Stils, die Stetigkeit, das Lineare der Idee. Die drei Novellen, die heute zur Diskussion stehen, bedeuten da nun einen gelinden Fortschritt. Man könnte in der Tat die Erzählungen dieses Buches, die von außergewöhnlichen Menschen beinah göttlichen Formates handeln, unter irgendeinen Hauptnenner bringen; es wäre dies die(teils gewollte, teils ungewollte) Annäherung an das Absolute. Zweie der Helden zerbrechen bei diesem Hinausschwingen über die Grenzen der Daseins=Gebundenheit(dies sind die Ekstatiker des Gefühls, die gottversuchenden Jean Francois und Francois Villon— jener exotische Lyriker des Ancien Regime—), der dritte: Timur Chan, der Tatarenfürst, ein brutaler Gewaltherrscher und Tatmensch, bleibt Sieger, springt über schier Unmögliches spielend hinweg kraft einer suggestiven, unheimlichen Macht. Die Ausschöpfung der Tyrannis eines blut= und machtgierigen Autokraten gewinnt, da sie gewissermaßen ad absurdum geführt wird, sogar einen Anflug zum Sittlichen— aber das (ich möchte es fast beschwören!) ist sicher unbeabsichtigt. Diese letzte Novelle„Timur“ ist ohne Zweifel die weitaus stärkste des Bandes(auch im Sprachlichen— ungeachtet einiger exaltierten Wendungen wie„zunen Gesichts“(!) und ähnlicher mehr— von einer unüberbietbaren Kraft der Expression), wenngleich die mittlere, so die abenteuerlichen Fahrten des französischen Dichters aufrollt, ungleich süßer, schwebender— mehr lyrisch ist. Die Helden wirken sich allesamt in einer unirdischen, hypothetischen Welt aus, die, unbedingt und beziehunglos zu allem empirisch Seienden, beispielsweise der Geschichte(die doch zweien der Figuren Namen und Fabel gab!) über den dimensionalen Tat=Sachen und der Ausgemessenheit der unsrigen steht und ihre eigenen, mythosnahen Gesetze und Normen hat. Und doch stehen wir Menschen von Fleisch und Blut gegenüber und schwirren irgendwie mit in dem Schwall ihrer überufernden Gefühle. Wir können auch diesem letzten Werke Edschmids unsere Achtung nicht versagen; es ist eine Ausdrucksintensität in ihm lebendig, die hart an die Marken des in der Wortkunst überhaupt noch Möglichen reicht. Nicht ohne Hoffnung für diesen jungen Prosadichter harren wir seiner weiteren Entwicklung. C. M. Weber. Babylons Zerstörung und Wiedererweckung. Aus dem mit Spannung erwarteten neuen Werke Hedins, der Schilderung seiner Reise durch Mesopotamien und seines Aufenthaltes in Bagdad, ehe es die Engländer besetzten, das soeben als Volksbuch zu 1 M. 50 Pf. im Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig, erscheint. Der Titel„BagdadBabylon=Rinive“ besagt schon, daß es kein Kriegsbuch im eigentlichen Sinne ist. Hinter den Tagesereignissen läßt Hedins glänzende Schilderungskunst die Jahrtausende alte Welt Assyriens und Babyloniens aus den gewaltigen Trümmerstätten Babylon, Assur und Rinive emporsteigen. Die Funde der deutschen Archäologen lassen erkennen, daß Babylon schon vor fünf Jahrtausenden bewohnt war. Die ältesten ausgegrabenen Ruinen stammen aus der Zeit der ersten babylonischen Könige, etwa 2500 Jahre v. Chr. Seitdem ist der Stadtplan mit seinen Straßen und. Häuserblöcken nur geringfügig verändert worden. In der Zeit, da die assyrischen Könige auch über Babylon herrschten, stellten sie den berühmten Tempel Esagila wieder her, der noch heute die gepflasterten Fußböden Assarhaddons und Sardanapals zeigt. Sanherib pflasterte einige Teile der Prozessionsstraße des Gottes Marduk, und auf dem Kasrhügel entdeckte man Spuren von Sargons, Sardanapals und Nabopolassars Tätigkeit. Unter Nebukadnezar begann der Neubau der ganzen Stadt und ihrer Tempel Emach, Esagila, Etemenauki. Damals wurde die steinerne Brücke über den Euphrat gebaut, wurden Kanäle angelegt, Burgen und Paläste errichtet. Auch die gewaltigen Mauermassen des Ischtartors erhoben sich in der Form, in der wir sie jetzt noch sehen. Auf Naboned, der ebenfalls seinen Namen als Bauherr verewigte, folgte das Zeitalter der persischen Könige(538—331), in dem das Stadtbild gewisse Anderungen erfuhr und die Gestalt annahm, die von Herodot und Ktesias der Nachwelt geschildert wurde. Alexander von Mazedonien(331—323) wollte Babylon zu seinem alten Glanz erheben, doch starb er, bevor er sein Vorhaben ausführen konnte. Die gkiechische Epoche fällt zwischen die Jahre 331 und 139. Mit ihr begann der Verfall. Von den monumentalen Gebäuden wurden die Ziegel für Profanbauten geplündert. Ebenso im parthischen Zeitalter(139 v. Chr. bis 226 n. Chr.). Die Sassaniden beschleunigten den Untergang, und nur die südliche Höhe Amran blieb noch bis ins arabische Zeitalter(1200 n. Chr.) bewohnt. Schon 115 n. Chr. fand der römische Kaiser Trajan die Stadt in Trümmern. Doch waren noch später kleine jüdische und christliche Gemeinden vorhanden, bis im zehnten oder elften Jahrhundert etwa 10 Kilometer südlicher Hille am Euphrat entstand und für seine neuen Häuser Ziegel aus Babylons alten Burgen, Mauern und Palästen forderte. Und so gründlich hat die Zerstörung gehaust, daß von manchen Stadtteilen, z. B. dem auf dem nördlichen Hügel Babil, nur ein Negativ, gewissermaßen der Gipsabdruck einer verschwundenen Stadt übrig geblieben ist! Schon im Altertum füllte man, wenn die Häuser verfallen waren, das Innere der Ruinen mit Erde und Schutt aus, um festen Grund für neue Gebäude zu gewinnen. So wuchsen die Städte im wörtlichen Sinne in die Höhe und bildeten sich schichtweise die„Tells" des Orients; ganz Babylon ist solch ein Tell. Als dann die oberen Schichten zerfielen, die Neubauten aufhörten, die Hügel Babil als Steinbruch diente und man bis zu den Ruinen der vorhistorischen Zeit in die Tiefe grub, wurden nur die Mauerziegel fortgenommen; die Erdausfüllung aber schonte man sorgfältig, damit die Ziegelschächte nicht einstürzten. Was also heute Schächte und Gräben sind, waren ehemals die Mauern, die festen Erdblöcke dagegen die leeren Räume— eine Architektur, die für Uneingeweihte nicht leicht verständlich ist. Trotz dieser beispiellosen Zerstörung ist Babylon im Gegensatz zu Ninive, über dessen Trümmer Renophon mit seinen Zehntausend zog, ohne zu ahnen was sie bedeuteten, nie ganz vergessen worden. Aber nie buchstäblich haben sich die Voraussagen der Propheten des Alten Bundes erfüllt! Die Wüste ringsum wirkt weniger öde als diese Schutthaufen und diese trostlosen kahlen Mauern! Denn von der Wüste erwartet man nichts, die Ruinen aber sprechen von vergangener Größe und erloschenem Glanz. Die gewaltigen Mauermassen des hohen Ischtartors stehen nackt, nachdem das Feuer die Dächer und Paneele aus Zedernholz vernichtet hat. Nicht einmal Beduinen errichten hier ihre Zelte, nur Schakale sah ich sogar am Tage aus ihren Schlupfwinkeln hervorschleichen. Welch erschütternde Wahrheit also verkünden die Worte des Propheten Jeremias: „Darum sollen Wüstentiere und wilde Hunde darin wohnen und die jungen Strauße, und es soll nimmermehr bewohnet werden und niemand darin hausen für und für. Gleichwie Gott Sodom und Gomorra samt ihren Nachbarn umgekehrt hat, spricht der Herr, daß niemand darin wohne, noch ein Mensch darin hause... Und Babel soll zum Steinhaufen und zur Wohnung der Schakale werden, zum Wunder und zum Anpfeifen.. Die Mauern der großen Babel sollen untergraben und ihre hohen Tore mit Feuer angesteckt werden, daß der Heiden Arbeit verloren sei, und daß verbrannt werde, was die Völker mit Mühe erbaut haben.“ Niemals habe ich die Bücher des Alten Testaments mit größerer Aufmerksamkeit und wärmerem Interesse gelesen, als in den Tagen, da ich die Ruinen von Babel und Rinive besuchte. Erzählungen, die früher wie Sagen und Märchen klangen, werden hier zur Wirklichkeit. Könige, deren Namen man bisher nur flüchtig kannte, Tiglat=Pileser, Salmanassar, Sanherib, Nebukadnezar, ziehen nicht länger wie ein Zug Gespenster vorüber, sondern nehmen leibhaftige Gestalt an. Wie unvergleichlich matter sind die Eindrücke aller Museen mit ihren Fragmenten aus jener Zeit gegenüber diesen Ruinen der Palastgemächer und Thronsäle, wo jene alten Könige wohnten, herrschten, Recht sprachen und Basallen und Gesandte empfingen. Der Strom, in dessen langsam fließendem Wasser Schlösser und Tempel ihre kubischen Formen spiegelten, hat ehemals ihre Fahrzeuge getragen, und den Horizont, dessen Kreis so gleichmäßig ist wie der des Meeres und jetzt ein Land verbrannter Steppen und glühend heißer Wüsten umschließt— kein Paradies von Oasen und Gärten, dicht wie die Flecke eines Pantherfells— diesen Horizont hat auch ihr Blick umfaßt, wenn sie bei Sonnenuntergang auf den Zinnen ihrer Paläste wandelten. Welchen Klang gewinnen erst hier die Worte Daniels über Nebukadnezar:„Als der König einmal auf dem Dache der Königsburg zu Babel ging, hob er an und sprach: Siehe, das ist die große Babel, die ich erbaut habe zum königlichen Hause durch meine große Macht, zu Ehren meiner Herrlichkeit.“ Nun aber, seit weniger als einem Jahrhundert, steigt diese alte Welt aufs neue aus der Erde herauf und bestätigt in Keilschrift auf gebranntem Lehm die Wahrheit so mancher Bibelworte. In seinem berühmten Buche„Babel und Bibel“(1903) beweist Professor Delitzsch die Zuverlässigkeit der biblischen Urkunden, und der Geschichtsforscher Eduard Meyer sagt in seiner „Geschichte des Altertums“(1913):„Für die Zeit von 745 an kommen die vollständig authentischen, aber sehr dürftigen und abgerissenen Angaben im Alten Testament als ein wertvolles Plus zu den griechischen Quellen.“ Der selbstlosen Arbeit und bewundernwerten Ausdauer deutscher Archäologen aber verdankt es die Welt, wenn das Babylon des Alten Testaments aus Schutt und Moder unserem geistigen Auge zu neuer Herrlichkeit ersteht. „Die Weltliteratur“ Einen wahren Genuß bereitet jedem Deutschen die von hohem sittlichen Ernst getragene Auswahl der wöchentlich erscheinenden Hefte der „Welt=Literatur“. Der„Volksmund“ hat schon wiederholt in längeren selbstständigen Aufsätzen diese Zeitschrift gewürdigt. Sie gehört in jedes Haus, das lebendige Fühlung mit der moralischen Kraft unserer Zeit haben will, und das befähigt ist, die geistigen Reichtümer der größten Dichter aller Zeiten mitzubesitzen.„Die Welt=Literatur“ trägt Kultur und sittliche Erhebung in den gewaltigen Ringen unserer Soldaten, die fern vom Tisch anregender Literatur nach solcher Nahrung voll Ungeduld lechzen. Wie ein Trunk frischen Quellwassers hebt und belebt sie die Stimmung draußen, und es ist ein nicht hochgenug einzuschätzendes Verdienst des Verlages, für den Preis von 15 Pfg. wöchentlich solche köstliche Perlen der Welt=Literatur dem deutschen Volke zu bieten. Diese Zeitschrift ist dazu berufen, endlich einmal die, leider immer noch in großen Massen verbreitete. Schundliteratur gänzlich zu„verdrängen. Von der„Welt=Literatur“ kann mit vollem Recht den so viel gebrauchten und meist mißbrauchten Satz auszusprechen:„Sie sollte in keiner Famile fehlen!" Der Verlag der„Welt=Literatur“, München 2, wird gern bereit sein, Prospekte zu übersenden. Aphorismen über Geist und Kultur. Es muß klar sein, daß Geist und Wissen keine Synonyma sind.(Ebensowenig wie Bildung etwas gemein hat mit Anhäufung von Kenntnissen.) Geist ist das Bewußtsein, nach Verbesserung der Welt streben zu müssen und für die Form des Lebens, die Koexistenz verantwortlich zu sein. Der geistige Mensch sei immer wollend, nie nur reflektierend. Seine Tat soll sein Aufruf zum Mitändern, zum Mitverantworten— und die tätige Hilfe selbst. Kultur ist jener Zustand der Welt, der sich als Wirkung aus der Gestaltung durch den Geist erweist. Höhepunkt ist der Hillersche Paradieseszustand.(Formuliert im Schlußaussatz des Jahrbuches„Das Ziel“ München 1916.) Daß Kultur eine kosmopolitische Angelegenheit sein muß, ist ebenso klar, wie daß Nationen Zweckverbände sind. Wie das Bewußtsein Mensch zu sein, dem: Deutscher, Japaner, Hottentott zu sein, vorausgeht, so gehe das Glück der Menschheit als Ziel dem der Nationen voraus. Geist— gerichtet sei das uralte Streben der Menschheit nach Glück— Kultur ist der Glückszustand selbst; der höchste: jenes Paradies. Förderer des Geistes ist der willentliche Mensch, der Aktivist; sein Feind(und somit Feind jeder Kultur) ist der Bürger: der passive Teil der Menschheit. Er hat den Kompromiß mit dem Leben geschlossen. Seine Parole:„glücklich ist, wer das vergißt, was einmal nicht zu ändern ist“ ist so verlogen wie faul. Geist schneide den Willen zum Glück, zur Kultur; der Weg sei die Tat— die Verbesserung. Johannes Weinand. Bonner Angelegenheiten. Kriegsnotgeld. Die Kreise Bonn=Stadt, Bonn=Land und Sieg geben, wie die heutige amtliche Bekanntmachung besagt, wieder Kriegsnotgeld aus, und zwar Zehn= und Fünfpfennigstücke, Fünfzig= und Fünfundzwanzigpfennigscheine. Das Notgeld ist, wie das bisherige, nur im Gebiet der genannten drei Kreise umlauffähig. Sowohl das gemünzte, wie das Papiernotgeld trägt auf der Vorderseite die Wertangabe und auf der Rückseite das Bild der Rheinbrücke. Das Geld wird durch die Sparkasse und die Banken ausgegeben. Da aber die Präge=Anstalt und die Druckerei nur nach und nach liefern können, so wird die Ausgabe sich über einen gewissen Zeitraum verteilen. Schluß der„weißen Woche“. Die„weiße Woche“ ist zu Ende und hat ein so schönes Ergebnis gebracht, daß alle Voraussagen der Schwarzseher widerlegt und die kühnsten Erwartungen weit übertroffen worden sind. Die Hauswirtschaftliche Kriegshilfe fühlt daher das Bedürfnis, allen die zu dem reichen Erfolg beigetragen haben, den wärmsten herzlichsten Dank auszusprechen, sowohl den unermüdlichen Sammlerinnen in Sturm und Regen, als auch den freundlichen Gebern großer und kleiner Gaben, die alle gleich willkommen waren. Es ist ei schönes Zeichen für den Gemeinsinn und di Gebefreudigkeit unserer lieben Stadt Bonn, da in der jetzigen Zeit eine derartige Sammlung i solchem Umfang gelingen konnte. Fast kein Hau hat versagt, auch dort, wo die Sammlerinnen mi leeren Händen fortgingen, mögen besondere Um stände obgewaltet haben. Nicht nur in den wohl habenderen Stadtteilen, sondern auch in der weniger begüterten Vierteln wurde mit Freud und Eifer gespendet und so kann viel Not ge lindert werden. Dem schwergeprüften Säugling dessen Notschrei über papiernen Windelersatz au einer Redaktionsstube bis an unser Ohr drang können wir tröstend zurufen: „Ihr Bonner Säuglinge seit jetzt vor alle Not gesichert; ihr werdet in Zukunft so weic und warm gewickelt, und gebettet sein, daß ih euren Eintritt in unsere liebe Vaterstadt nicht zu bereuen habt.“ Zur Frage des bargeldlosen Verkehr wird der Deutschen Tageszeitung geschrieben: Zu Förderung des Postscheck= und bargeldlosen Ver kehrs sind bekanntlich verschiedene Maßnahme geplant: Portofreiheit für die Briefe der Post scheckkunden an das Scheckamt, Abschaffung de Überweisungsgebühr und Abwälzung der Zah kartengebühr von den Postscheckkunden auf di Einzahler. Trotz aller Mitteilungen und Bitte erhalten die Postscheckkunden nach wie vor Zah lungen mit Postanweisung oder Zahlungs anweisung. Meist haben die Postscheckkunde ihr Postamt beauftragt, die so eingehenden Be träge auf ihre Postscheckrechnung einzuzahler wird ihnen dafür die Zahlkartengebühr i Rechnung gestellt. In Zukunft würde diese Ge bühr von dem eingehenden Betrage abgezogen Jetzt wie später erhalten die Postscheckkunder derartige Beträge am Schalter ohne jeden Abzug (Sogar ins Haus gebracht ists billiger als di Buchungs= und Abbuchungsgebühr!) Lassen si aber den Betrag der Post und nehmen kei bares Geld in Anspruch, so wird ihnen die Zahl kartengebühr abgezogen, ein Verfahren, das offenbar nicht zur Förderung des bargeldlosen Verkehrs dient. Die Neuregelung der Beamtengehälter. Für die bevorstehende Regelung der Beamtengehälter, auf deren Notwendigkeit u. a. kürzlich auch der bayrische Finanzminister hingewiesen hat, sind verschiedentlich bevölkerungspolitische Gesichtspunkte vorgeschlagen worden derart, daß der Familienstand für die künftige Bemessung des Beamteneinkommens bestimmend sein müßte. Auf der Hauptversammlung der Interessengemeinschaft deutscher Beamtenverbände, die kürzlich in Berlin tagte und von Vertretern vieler Beamtenschichten aus allen Teilen Deutschlands beschickt war, kam zum ersten Male die Stellung der Beamten selbst zu dieser Frage wirksam zum Ausdruck, und zwar die Gesamtstimmung entschieden gegen jede Verquickung des Familienstandes mit dem Diensteinkommen. Man wünscht allgemein, wie überall im Erwerbsleben, eine Bezahlung nach Maßgabe der Leistungen, lehnt jedes Experimentieren zu bevölkerungspolitischen Zwecken, deren Erfolg übrigens bestritten wird, ab und verwahrt sich entschieden gegen eine Regelung, die den lebhaftesten Widerspruch der Beteiligten selbst finden würde. Ganz richtig sehen die Beamten in der Heranziehung anderer als rein beruflicher Maßstäbe eine Entwertung der Beamtenstellung und die Gefahr eine ungerechte Bewertung der Beamtenarbeit, über die ohnehin viele unrichtige Auffassungen umlaufen. Lediglich die Bedürftigkeit zur Grundlage der Gehaltsabstufungen zu machen, würde auch ins Uferlose führen und zudem die Beamtenschaft der Proletarisierung ausliefern. Das deutsche Volk hat ein großes Interesse an einem leistungsfähigen und ftrebsamen Beamtentum. Darum muß unter allen Umständen vermieden werden, daß eine Regelung zu stande kommt, die Unzufriedenheit hervorrufen und die Schaffensfreudigkeit lähmen würde. (Es ist wohl kaum einmal ein widersinniger Vorschlag gemacht worden, als Gehälter nach der Stärke der Familie festzusetzen. Überall gilt sonst die Güte der Leistung. Nur der Beamte soll bezahlt werden nach dem Erfolg der Ehebettanstrengungen. Unser ganzer Beamtenstand käme auf diese Weise herunter, nicht nur in seinen Leistungen, sondern auch in feinem Ansehen. Möge uns ein gnädiges Geschick vor einer derartigen Regelung der Beamtengehälter bewahren!) Achtung! Metallbestand melden! Die Fülle der auf uns herniederrieselnden Verordnungen und Bekanntmachungen scheint manchem die immerhin begreifliche Vorstellung zu erwecken, daß, da fast jeder seine neuen Verfügungen bringe, die früheren nicht mehr zu beachten sei. Das ist ein Irrtum, der nicht nur viel Arger, sondern auch empfindliche Strafen nach sich ziehen kann. Es sei deshalb daran erinnert, daß die laut Verfügung vom 1. 5. 15, sowje Nachträge vom 14. 8. 15 und 5. 11. 15 angeordnete Bestandsmeldung der Metalle jeden zweiten(ungraden) Monat zu erfolgen hat. Die zu benutzenden Meldescheine sind in sänitlichen Postanstalten 1. und 2. Klasse erhältlich; sie müssen ordnungsmäßig und gewissenhaft ausgefüllt, bis zum 15. des Monats der Metall=Meldestelle der Kriegs=Rohstoff=Abteilung des Königl. Kriegsministeriums, Berlin W 9, Potsdamer= straße 10, II, zugestellt sein.