Jahrgang. Fünfsehnter Dieses Blatt erscheint wö##ntlich 2 Mal. Abonnementspreis vierteljährlich 12½ Sg. Auswärts und durch die Post bezogen 15 Sgr. Insertionsgebühr 1 Sgr. pro Zeite, Wiederholungen die Hälfte. Priefe und Gelder werden franko erbeten. für die Kreise F rn Ne. 51. Donnerstag, den 28. Juni Bestellungen auf das mit dem 1. Juli beginnende III. Quartal des Intelligenz-Blattes für die Kreise Prüm, Bitburg und Daun beliebe man, auswarts bei der nächsten Postanstalt, hier bei der Expedition, gefälligst bald zu machen. Die Erpedition. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Es hat sich wiederholt herausgestellt, daß in Fällen, in welchen Seitens der Strafgerichte auf Stellung unter Polizei=Aufsicht erkannt worden, Seitens der Lokalpolizeibehörden keinerlei Einleitung getroffen worden war, diesen Theil des Urtheils gegen den Verurtheilten in Vollzug zu setzen, während dieselben Behörden gleichwohl die Verfolgung des Condemnaten auf Grund des§. 117 des Strafgesetzbuchs beantragen zu können glaubten, wenn derselbe ohne ihre Erlaubniß seinen Wohnort verlassen hatte. Wenn der Zweck des Gesetzes, die öffentliche Sicherheit, es schon nothwendig macht, daß die erkannte Polizeiaussicht mit Strenge und während des ganzen Zeitraums, für welchen sie verhängt ist, auch gehandhabt werde, so erscheint es um so mehr geboten, in dieser Hinsicht besondere sichernde Vorkehrung zu treffen, als bisher in Folge der Art und Weise, wie die Lokal=Behörden zuerst Kenntniß von jener Verfügung des Urtheils erhielten, nämlich durch die Auszüge aus dem nach Art. 605 der Criminal=Prozeß=Ordnung aufzustellenden Verzeichnisse, nach dem gewöhnlichen Geschäftsgange bei kürzerer Dauer der Freiheitsstrafe und der gleichzeitig ausgesprochenen Polizeiaufsicht auch wohl ein großer Theil des für Letztere bestimmten Zeitraums verstreichen konnte, ehe dieselbe zur Ausführung gebracht werden durfte, und dieselbe, wenn der Beschuldigte nicht verhaftet ist, nicht wie der§ 26 des Strafgesetzbuts will, bereits von der Rechtskraft des Urtheils an gehandhabt werden konnte. Der hiesige Königliche Ober=Prokurator beabsichtigt daher künftig in allen Fällen, wo auf Polizeiaufsicht erkannt worden, gleich nach Rechtskraft des Urtheils besondere Auszüge anfertigen, und dieselben zum Zweck des Vollzugs der Polizeiaussicht bei Individuen aus unserem Verwaltungsbezirk direct an die betreffenden Bürgermeister gelangen zu lassen. Indem wir das Königliche Landraths=Amt von dieser zweckmäßigen Emrichtung zur weitern Benachrichtigung der Bürgermeister des dortigen Kreises hierdurch in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß die Frist, binnen welcher die Polizeiaufsicht zu vollziehen ist, nach dem aus dem Entlassungsschein des Verurtheilten zu entnehmenden Tagelseiner Freilassung berechnet werden muß. Trier, den 9. Juni 1855. Königliche Regierung, Abtheilung des Innern. Linz. An das Königl. Landraths=Amt zu Prüm. Abschrift zur Kenntnißnahme. Prüm den 25. Juni 1855. Der Königl. Landrath, Bournye, An sämmtliche Herren Bürgermeister des Kreises. Nr. 3322 Poritik. Berlin, 21. Juni. Vom Criminalgerichte wurde gestern das Urtheil in(der bekannten Eramen=Defraudations= Sache gegen den ehemaligen Kreisrichter Pietsch und Genossen verkündet. Von den Mitangeklagten wurden zwei, jeder zu 9 Monaten, und vier, jeder zu 6 Monaten Gefängnißhaft und alle sechs zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf 1 Jahr, der Haupt=Angeklagte Pietsch aber wegen Theilnahme an den Vergehen sämmtlicher Angeklagten zu 18Monaten Gefängnißhaft und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahre verurtheilt. Zwei der Angeklagten wurden für nicht schuldig erachtet. — Leider ist die Nachricht vom Ausbruche der Cholera unter den bei den Dämmen der Weichsel beschäftigten zahlreichen Arbeitern hier eingegangen. Berlin, 24. Juni. Dem Staats=Ministerium liegen gegenwärtig eine Reihe von Petitionen und Beschwerden vor über das den Realschulen durch ministerielle Verfügung vom 18. März d. J. entzogene Recht, ihre Zöglinge zur Bau=Akademie entlassen zu dürfen. Sie grunden die Berechtigung ihres Gesuches vorzüglich darauf, daß die Zulassung dieser Anstalten zum Studium des Baufaches steks von beiden Ministern, des Cultus und des Handels, unterzeichnet war, die Entziehung aber nur von dem des Handels. Die Aufhebung sei daher nur eine einseitige. Gewiß aber kann vom Herrn Handelsminister am wenigsten erwartet werden, daß er der Willfahrung der Gesuche abgeneigt sein sollte. Der Herr Handelsminister, als der natürliche Vertreter und Förderer des industriellen Fortschrittes, wird sicherlich die Realschulen mehr zu heben, als sie in dem begonnenen Aufschwunge zu hemmen bemüht sein. Man setzt deshalb voraus, daß es sich für ihn nur um einige etwa noch nöthig befundene Vervollkommnungen der Realschulen handeln könne, und hofft, daß auch von andern Seiten seinem Streben, dieselben herbeizuführen, kein Widerstand werde entgegengesetzt werden. Coblenz, 21. Juni. Vor einigen Tagen wurde hierselbst ein Militär auf die Feste Ehrenbreitstein als Strafgefangener abgeliefert, der in der Krim schwer verwundet worden ist. Derselbe hatte ohne Erlaubniß der Behörden fremdem Militärdienst genommen. Gotha, 22. Juni. Wie die heutige Nummer des hiesigen Tageblattes mittheilt, hat das herzogliche Ober=Consistorium sich veranlaßt gesehen, den Schullehrern die Weisung zugehen zu lassen, daß sie die öffentlichen Lokale nicht mehr besuchen und vor Allem des Kartenspiels sich enthalten. Die Sorge dafür, daß dieser Weisung Folge geleistet werde, ist den betreffenden geistlichen Behorden zur Pflicht gemacht worden. Oesterreich. Wien, 20. Juni. Offiziellen Berichten aus Galizien zufolge tritt in neuester Zeit der Spital=Typhus wieder mit besonderer Heftigkeu auf und fordert viele Opfer. Auch die Cholera, die eigentlich nie aufgehört hat, zeigt sich wieder sehr bösartig. Eine Dislocation der Truppen erweistt sich als dringend nothwendig; denn müßten dieselben noch einen Winter in den bisherigen Cantonnirungen zubringen, so würden sie jedenfalls ungeheure Verluste erleiden. Eine telegraphische Depesche der Times aus Wien vom 22. Juni lautet:„Die Reduction des österreichischen Heeres beläuft sich, genau angegeben auf 145,000 Mann und 30,000 Pferde.“ Wien, 22. Juni. Wie die in Olmütz erscheinende„Neue Zeit“ nach offiziellen Standesausweisen berichtet, haben sich unter 21,000 in verschiedenen Spitälern Galiziens liegenden kranken Militärs 8000 Todesfälle ergeben. Italien. Dem Journal des Debats wird aus Rom vom 13. Juni geschrieben:„Gestern gegen 8½ Uhr Abends wurde gegen Cardinal Antonelli im Vatican ein Mordversuch untemnommen. Die Sache verhält sich zuverlässiger Weise also: Der Cardinal hat gerade einer Sitzung der Commission beigewohnt, welche die Arbeiten der St.=Paulskirche außerhalb der Stadtmauern überwacht. Er stieg gerade die Treppe hinunter, während der ausgezeichnete Maler Mignardi neben ihm ging, als er einen sehr bleich aussehenden Menschen gewahrte, der ihn festen Blickes ansah. Der Cardinal hielt ihn Anfangs für einen Bittsteller, der ihm eine Bittschrift überreichen wolle; allein der Umstand, daß der Mensch seinen Hut auf dem Kopfe hielt, erweckte seinen Argwohn; er ging langsam voran, beobachtete den Menschen aber mit Aufmerksamkeit. Der Meuchler suchte, darauf lebhaft ewwas in seiner Tasche und bemühte sich mit Ungestüm, etwas herauszuziehen, was Wiederstand zu leisten schien. Der Cardinal, der sich gerade am Winkel eines Treppenabsatzes befand, sprang einige Stufen darauf hinab, sich auf das Geländer stützend, wodurch er sich von dem Menschen etwas entfernte, der, als er seinen Schlag verfehlt sah, gewaltsam dem Cardinil den Dolch nachschleuderte, ohne ihn jedoch zu treffen. Die Dienerschaft bemächtigte sich alsbald des Meuchelmörders. Man hob das Mordinstrument auf und fand, daß es eine Gabel mit drei langen beweglichen Zähnen war. Dieser Beweglichkeit hat der Cardinal seine Rettung wahrscheinlich zu danken, da die Spitzen sich in der Tasche festgehakt zu haben schienen. Der Mörder ist ein Mann von etwa 36 Jahren. Er ist Hutmacher von Gewerbe, nennt sich De Felice und bewohnt die Straße Cesarini bei Gesu. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sein Verbrechen das Resultat einer Verschwörung sei, obgleich seine persönlichen Gesinnungen sehr eraltirter Art sind, da er selbst zu denen gehört, denen es untersagt ist, nach dem Ave Maria auszugehen. Seine Geschäftsverhältnisse waren seit lange in der schlimmsten Lage, und man wollte noch an demselben Tage eine Beschlagnahme bei ihm vornehmen. Schon mehrmals hatte man an seinem Verstande gezweifelt. Wahrscheinlich hat dieser etwas schwachköpfige Mensch dem Cardinal=Staatssecretär sein persönliches Mißgeschick beigemessen und in einem solchen Streiche das Mittel gesucht, aus seiner verzweifelten Lage herauszukommen. Rom, 16. Juni. Der Jahrestag der Erwählung Pius IX. zum Kirchen=Oberhaupte wird morgen festlich begangen. Wie sonst, wollte der heilige Vater auch dieses Mal das Andenken seiner Erwählung mit einem politischen Begnadigungs=Akte begleiten. Es waren dazu bereits vorläufige Schritte geschehen; allein das Attentat auf Cardinal Antonelli hat davon abgemahnt. Se. Heiligkeit soll bei der Gelegenheit geäußert haben, es sei nur allzu klar, daß die Partei, welcher Antonio de Felice angehört, durch Nachsicht und Milde eben so wenig versöhnt, als durch Strenge der Züchtigung niedergehalten werden könne. Antomo de Felice war im gestrigen und heutigen Verhöre sehr schweigsam; er wiederholte, nichte weiter aussagen zu können, als das im ersten Verhör Mitwoch Abends gemachte Geständniß, nämlich, daß er von den Gesinnungs=Genossen zur Ermordung Cardinal Antonelli's unwiderruflich bestimmt worden. Seine Hutfabrick in Vin del Gesu Nr. 84 war ven jeher das Stelldichein aller Freunde der letzten politischen Bewegungen; er selber Kand bis eiwa * Nonar als Politisch=Verdächtiger unter lussicht. hmen, nach hat die Regierung die Abnisse der Diözese Turin und ihres ischofs definitlv zu regeln. BekanntMsgr. Franzoni, obgleich in Lyon , nicht nur noch immer seine alte Diözese Vermittlung der General=Vicare Ravina und Zissore, sondern bezieht auch die Einkünfte des Erzbisthums. Die Regierung nun, heißt es, würde den Bischofssitz in Folge der gegen Msgr. Franzoni ausgesprochenen gesetzlichen Verurtheilung für erledigt erklären. Die Functionen der General=Vicare würden dadurch erlöschen, und das Capitel würde einen Capitular=Vicar ernennen der bis zur Wiederbesetzung des Bischofssitzes die Diözese zu verwalten hätte. Durch ein Decret vom 16. Juni hat die Herogin von Parma die Mehrzahl der wegen GesetzesUebertretung während des Belagerungs=Zustandes anhängig gemachten Prozesse niedergeschlagen.“ Frankreich. Paris, 23. Juni. Der Moniteur bringt eine Anzahl von Beförderungen und Ernennungen im Offizier=Corps der Marine=Artillerie, so wie die Ernennungen für die Commando's mehrerer Kriegsschiffe. Ferner zeigt er an, daß der Kaiser den früheren Weber Meunier, dessen einzige Stütze sein Sohn war, der als Voltigeur=Unterlieutenant im Mai vor Sebastopol umkam, eine Pension von 1200 Fr. auf seine Privatkasse angewiesen hat. In Betreff der Nachrichten des Moniteur aus der Krim vom 18. Juni sagt das Pays:„Es ist allerdings zu bedauern, daß nicht ein vollständiger Erfolg diesmal die Tapferkeit unserer heldenmüthigen Soldaten belohnt hat; indeß halten wir für gewiß, daß bei einem zweiten Angriffe dieser Culminations= punkt der russischen Festungswerke in unsere Hände fallen und darin bleiben wird. So blieb der erste Versuch am 23. Mai gegen den großen Waffenplatz zwischen der Quarantaine und der Central=Bastion ohne Erfolg, obgleich wir, wie am 18 Juni, in die feindlichen Werke gedrungen waren; es bedurfte eines zweiten allgemeinen Angriffes, um die Vertheidigungs= Mittel der Russen zu erschöpfen, die uns sodann den unbestrittenen Besitz des Terrains überließen. Der Malakoff=Thurm ist der Schlüssel der Festung, dies wissen die Russen so gut wie wir; die Energie ihres Widerstandes steht im Verhältnisse zur Wichtigkeit der Position. Furchtbar sind freilich die Batterieen Malakoff's, aber die Redouten von Smolensk und von der Moskowa waren es nicht minder, und dennoch wurden sie erstürmt. Unsere Soldaten kennen nun den Weg nach dem Malakoff; sie werden schon wieder hinkommen. Paris, 24. Juni. Der heutige Moniteur veröffentlicht eine Depesche des Generals Pelissier vom 20. Juni, welcher zufolge die Russen, da sie sich bei der Central=Schlucht in die Enge getrieben sehen, die an dem Südhafen gelegene Vorstadt in Brand gesteckt haben. Die Franzosen errichteten Batterieen, welche den großen Hafen bedrohen. Spanien. Der Independance Belge schreibt man aus MaDrid vom 18. Juni:„Die Königin ist heute Abend um 6½ Uhr hieher zurückgekehrt. Sie saß in offenem Wagen; Truppen= und National=Miliz bildeten längs dem Prado 2c. Spalier bis zum Palaste. Ein Hauptgrund ihrer Rückkehr ist das heftige Auftreten der Cholera zu Aranjuez. Der Kriegs=Minister hat die sofortige Errichtung von 80 Bataillonen Provinzial=Milizen angeordnet, so wie die Auflösung der zwei Schwadronen Jäger befohlen, die sich zu Saragossa empört haben. Bisher gab es 16 Schwadronen Jäger; aus den 14, welche bleiben, wird man zwei Jäger=Regimenter und ein Husaren=Regiment bilden. Man hat sich entschlossen, die in Aragonien gefängenen Carlisten nicht, wie erst beabsichtigt, zu decimiren, sondern sie zehn Jahre lang auf Zwangsdienst in die Colonieen zu schicken.“ Telegraphische Depesche aus Madrid vom 23. Juni:„Hr. Bruil hat gestern den Cortes seinen Finanzplan vorgelegt; er erhöht durchgängig die Steuern. England. London, 22. Juni. Ueber den verunglückten Angriff auf den Malakoff=Thurm schreibt die Times: Mit liefem Schmerz vernehmen wir, daß man die Verluste der Verbündeten für größer hält, als in irgend einer früheren Schlacht während des gegenwärtigen Krieges. Sir John Campbell, Oberst Dea vom., Oberst Shadforth vom 57. Regimente und viele andere Offiziere von ausgezeichnetem Muthe sind in unseren Reihen gefallen, während die Franzosen zwei Generale und eine ungeheure Anzahl von Mannschaften in allen Zweigen des Dienstes eingebüßt haben. Es ist dieses in Wahrheit das erste Mal seit Beginn des Krim=Krieges, sdaß die Verbündeten in einer wichtigen gemeinsamen Operation eine Schlappe erlitten haben. Die Russen sind während der Belagerung bei ihren nächtlichen Ausfällen und Angriffen auf die französischen und englischen Linien ein Dutzend Mal zurückgeschlagen worden, obgleich unsere Werke unendlich schwächer sind, als der Malakoff=Thurm und die Säge=Schanze. Kaum eine irgendwie bedeutende Belagerung kommt in der Kriegsgeschichte vor, wo nicht die Besatzung die Belagerer ein= oder zweimal von ihren Festungswerken zurückgeschlagen hätte. Die Russen machten nicht weniger als fünfmal den Versuch, Silistria zu stürmen, und erlitten eben so viele Niederlagen. Der erste Angriff der Franzosen auf den grünen Hügel mißlang, obgleich sie sich jetzt im siegreichen Besitze desselben befinden. Unser Schmerz über dieses gescheiterte Unternehmen und namentlich über die Opfer an muthigen und hingebenden Männern, welche es uns gekostet hat, ist wenigstens mit keiner Niedergeschlagenheit gemischt, obgleich wir, wie es scheint, den ganzen Umfang der Hülfsquellen der Festung und des Feindes, mit dem wir es zu thun haben, noch nicht kennen.“ London, 23. Juni. Ueber den Angriff auf den Malakoff=Thurm schreiben Daily News:„Obgleich man weiß, daß die Regierung im Besitze vollständigerer Nachrichten, als der in der gestrigen Depesche Lord Panmure's enthaltenen, ist, so sind doch keine weiteren Mittheilungen der Oeffentlichkeit übergeben worden. Wir glauben, daß, wenn die Einzelheiten über jene Vorgänge veröffentlicht werden, es sich zeigen wird, daß die Unfälle der Verbündeten mit dem Springen einer russischen Mine ihren Anfang nahmen, welches in dem Augenblicke erfolgte, wo die Sturm=Colonnen auf dem Puncte standen, sich innerhalb der russischen Linien festzusetzen. Eine beträchtliche Anzahl russischer Truppen büßte durch diese Explosion zugleich mit den Franzosen und Engländern das Leben ein. Durch überlegene Streitkräfte gedrängt, wichen unsere Bundesgenossen darauf bis zum Mamelon und hinter denselben zurück, und die Mamelon=Batterieen waren eine Zeit lang in der Gewalt des Feindes. Es ist dies der Zeitraum, während dessen die Engländer am meisten litten, da sie in der am 7. genommenen Position dem FlankenFeuer der auf dem Mamelon befindlichen Kanonen ausgesetzt waren. Man ließ den Feind jedoch nicht ruhig im Besitze dieses wiedergenommenen Werkes. Die Franzosen griffen ihn vielmehr in derselben Nacht an, trieben ihn nach der Ringmauer zurück und blieben Herren des Mamelon. Der Verlust der Engländer an Todten und Verwundeten wird auf ungefähr 4000 angegeben, darunter 60 Offiziere. Der die Truppen beseelende Geist war bewunderungswürdig, und man erwartet eine Erneuerung des Angriffs. Lord Dundonald hat an den Redacteur der Times folgendes Schreiben gerichtet: Mein Herr! Sie fragen in einem Leitartikel vom 20. d. Mts., ob sich keine Gelegenheit finden lasse, um, ehe die Sonne des kurzen nordischen Sommers in die lange Nacht des Winters versinkt, einen furchtbaren und entscheidenderen Schlag, als selbst die Einnahme von Sebastopol, gegen die russische Militärmacht zu führen. Darauf antworte ich, ohne mich im Geringsten der Gefahr auszusetzen, von Einem aus dem anderthalb Dutzend wissenschaftlich gebildeter Männer und Fachmänner, denen meine Plane vorgelegt worden sind, widerlegt zu werden, daß allerdings von der Flotte aus ein Schlag geführt werden kann, welcher den Frieden rascher und bleibender sichern wird, als die Besitzergreifung der Krim durch 200,000 Mann. Offenbar läßt sich unter dem Vorwande der Unmenschlichkeit nichts gegen meine Plane einwenden, da man den Versuch gemacht hat, unsere Schiffe in die Luft zu sprengen, und unbewaffnete Offiziere und Matrosen, die man hätte gefangen nehmen und, wenn sie schuldig befunden wurden, vor Gericht stellen und strafen sollen, aufs unmenschlichste ermordet hat. Noch einmal, mein Herr, und zwar zum letzten Male in diesem Jahre,, erbiete ich mich, allen Widerstand gegen die Zerstörung der russischen Flotte zu Kronstadt zu brechen und die Defensiv=Kraft eines jeden russischen Forts an der Ostsee zu vernichten. Eine solche Demüthigung würde vermuthlich die Befreiung Polens, Finnlands und anderer unterjochten Staaten zur Folge haben, welche sich durch gewöhnliche militärische Mittel nicht erzielen läßt. Ich bin 2c. London, 22. Juni. Dundonald. Das neu organisirte Arbeiter=Corps, welches dem Krim=Heere beigegeben werden soll, geht dieser Tage nach dem Kriegs=Schauplatze ab. Es ist 1000 Mann stark. Der großere Theil, 800 Mann nämlich, besteht aus gewöhnlichen Arbeitern und zerfällt in Unter=Abtheilungen von je 25 Mann; dazu kommen 70 Schmiede und Zimmerleute, so wie 65 Handwerker verschiedener Art, als: Schuhmacher, Sattler, Schneider, Barbiere u. s. w. Als Oberst dieses Handwerker= und Arbeiter=Regiments fungirt ein CivilIngenieur, während der Stelle eines Majors die eines Inspektors(superintendent) entspricht. London, 25. Juni. Der Kriegs=Minister Lord Panmure veröffentlicht so eben die Namen der bei dem blutigen Kampfe am 18. Juni getödteten Offiziere; ihre Zahl beläuft sich auf neunzehn,— unter welchen Sir John Campbell. Rußland.“ Aus Odessa vom 11. Juni wird der Patrie geschrieben, daß seit dem Erscheinen der Verbündeten im asowschen Meere eine Menge Soldaten bei Perekop eifrig mit Errichtung neuer Fortificationen beschäftigt ist. Diese Befestigungen dehnen sich auf eine Stunde weit auf der großen Straße ins Land aus. Auch stehen Massen von Reiterei in der Umgegend von Pereköp, und täglich wurden dort mehrere Pulks donischer Kosacken erwartet. Petersburg., 16. Juni. Einen sehr guten Eindruck hat der heute erlassene Ukas des Kaisers gemacht, betreffend die Regulirung der Pensionirung solcher Individuen, die im Lehrfache, sei es des Ministeriums des öffentlichen Unterrichts, sei es der Kriegsschulen, dem Staate dienen. In Berlin ist am 24. Juni aus Petersburg folgende Depesche des Fürsten Gortschakoff eingetroffen: Nach einer mörderischen Kanonade und einem unerhörten Bombardement von 24 Stunden hat der Feind am 18. Juni früh Morgens die Bastionen 1, 2 und 3 und die Bastion Kornilow zu erstürmen versucht. Auf allen Punkten mit ungeheuren Verlusten zurückgeschlagen, zogen sich die Franzosen zurück, indem sie 600 Gefangene in unseren Händen ließen. Nachdem dieser Sturm von unseren Truppen so glänzend zurückgewiesen worden war, stellte der Feind sein Feuer beinahe gänzlich ein. Bis zum 19. Abends hat sich in der Umgebung von Sebastopol nichts Bemerkenswertbeszzugetragen. Kiel, 20. Juni. Heute Morgens gegen 7 Uhr ist die englische Flotte aus unserem Hafen abgesegelt. Sie war zuletzt 21 Schiffe stark; außer den 5 Linienschiffen(Cornwallis, Hastings, Hawke, Pembroke, Russell) und der Räder=Fregatte Retribution trafen nämlich noch 2 Transportschiffe, 7 gewöhnliche Kanonenboote und 6 Dampf=Kanonenboote hier ein, so daß die Engländer jetzt nicht weniger als 12 dieser letzteren Art in der Ostsee haben. Wenn übrigens Napier im vorigen Jahre über die Mannszucht der Besatzung Klage führte, so scheint es dieses Jahr nicht viel besser damit zu sein, und die Kieler wünschen sich in einer Beziehung wohl Glück zum Fortgang der Schiffe. Urlaub bekommen und ans Land gehen war nämlich durchgängig dasselbe mit Betrinken, und so waren in den Tagen, wo die Flotte hier lag, die Wege in der Nähe des Hafens für das schöne Geschlecht kaum passirbar. Besonders am letzten Sonntage trieb sich überall eine große Anzahl solcher angetrunkenen Matrosen umher. II. Türkei. Aus Wien, 22. Juni, Abends, wird telegraphirt: „Hier sind Depeschen russischen Ursprungs aus der Krim vom 19. Juni Abends eingetroffen, welche melden, daß nach einem mörderischen Bombardement, welches 24 Stunden dauerte, die französische Armee am 18. die Bastion Kornilow, die von den Verbündeten gewöhnlich als Malakoff= Thurm bezeichnet wird, zu erstürmen versuchte. Dieser Angriff— so melden die Depeschen— ward mit einem ungeheuren Verluste und mit Zurücklassung von 600 Gefungenen in den Händen der Russen zurückgeschlagen. Der General Pelissier an den Kriegs=Minister. 19. Juni. Der Belagerten hat sich trotz unseres gestrigen Nichterfolges, den sie ohne Zweifel sehr übertreiben werden, in der vorigen Nacht die Furcht bemächtigt und sie haben während einer ziemlich langen Zeit aus allen ihren Kanonen ins Leere geschossen. Heute um 4 Uhr fand ein Waffenstillstand zur Beerdigung # der Todten Statt. 20. Juni. Die bei der Central=Schlucht eng eingeschlossenen Belagerten zünden die am Ende des Südhafens gelegene kleine Vorstadt an. Auf den Batterieen der # am 7. Juni eroberten„Werke errichten wir Batierieen von schwerem Caliber, welche den großen Hafen aufs unmittelbarste bedrohen. Die Times enthält folgende Correspondenz aus Kertsch: „1. Juni. Heute früh um 3 Uhr wurden die Schaluppen und bewaffneten Booie der Flotte ins asow'sche Meer entsandt. Dem Vernehmen nach gehen sie nach Taganrog, da das Wasser zu seicht ist, um irgend einem Schiffe, außer dem Recruit, zu erlauben, in die Nähe der Stadt zu gelangen, welche die große Kornkammer der dem asow'schen Meere benachbarten Getreide=Distrikte ist und die Ladungen in Empfang nimmt, welche den Don hinab schwimmen. Unsere Boote bilden eine starke Flotille, da sie sämmtlich mit 24pfündigen Haubitzen armirt sind. Die Befestigungen von Jeni=Kale schreiten rasch vorwärts. „3. Juni. Aus dem schwarzen Meere wird telegraphirt, daß die Russen Suojab und die sämmtlichen benachbarten Forts geräumt und die Magazine in die Luft gesprengt haben. Der Spitfire ist von Anapa zurückgekehrt und meldet, daß die Hälfte der Besatzung von Sudjab dortbin marschirt war und der Rest, von den Bewohnern der bei den Forts gelegenen Niederlassungen begleitet, in einer großen Karawane über den Kuban gegangen war und sich nach Nordosten gewandt hatte. Als der Spitfire sich auf der Höhe von Anapa befand, bemerkte er eine Anzahl außerhalb des Hafens aufgeschlagener Schuppen, gleichsam als ob die russische Bevölkerung dort Obdach gesucht hätte, und am Abend seiner Ankunft sah er, wie eine mit Möbeln beladene, aus ungefähr 50 Wagen bestehende Karawane sich aus dem Fort landeinwärts bewegte. Früh am nächsten Morgen folgte ein ungefähr eben so starker, in derselben Weise bepackter Wagenzug, und die Schuppen waren sämmtlich verschwunden. Man zog daraus den Schluß, daß die Besatzung Anstalten traf, sich zu vertheidigen. In Anapa, welches sehr fest und in letzter Zeit verstärkt worden ist, schienen ungefähr 5500 bis 6000 Mann zu liegen. Ohne Zweisel werden die Russen den Platz vertheidigen, und es wird bei der Einnahme nicht ohne Blutvergießen abgehen. Die Tscherkessen sollen fünf Stunden nach Räumung der russischen Forts ihren Einzug in dieselben gehalten haben und wir haben einigen Grund, bei dem Angriff auf Anapa auf ihren Beistand zu rechnen. Die Landung der Truppen wird eine sehr bedeutende Wirkung auf die Vertheidigung des Ortes ausüben, da sie die Besatzung lähmen und ihre Thätigkeit zertheilen wird. Das 72. Reziment aus Malta und das 63. sind zu Ambelaki Lzwischen Kamüsch=Burunn und Kertsch] angekommen.“ Paris, 26. Juni. Eine im heutigen Moniteur veröffentlichte Depesche des Generals Pelissier vom 22. Juni meldet: Wir rücken eifrig mit unseren Arbeiten gegen den Malakoff=Thurm vor. Der Feind ist mit Ausbesserung der an seinen Batterieen erlittenen Schäden beschäftigt. Unsere Verluste belaufen sich an Todten und Vermißten auf 54 Offiziere, 640 Unteroffiziere und Soldaten, an Verwundeten auf 1644 Mann. Cholerafälle kämen immer noch in geringer Anzahl vor und die Krankheit mache keine Fortschritte; der Gesundheits=Zustand sei im Allgemeinen gut. Brüssel, 26. Juni. Wie mir in diesem Augenblicke versichert wird, sind alle Mitarbeiter des russischen Journals Le Nord, mit Ausnahme des Hrn. Cappellemans, auf welchen als Belgier das Fremden=Gesetz nicht anwendbar ist, von unserer Regierung aus Belgien verwiesen worden. Landwirthichattriches. Bekanntmachung. Die Herrn Sectionsvorsteher, welche der Ausfülung der Cultur=Tabelle A(pro 1. November 1854 bis ult. Juni 1855) Sich unterzogen haben, werden gebeten, dieselbe gütigst umgehend an mich einzusenden und dagegen das Formular B für den Zeitraum vom 1. Juli c. bis ult. Oktoter in Empfang nehmen zu? wollen. Prüm, den 25. Juni 1855. Der Director der Lokal=Abtheilung XXII c. Bournge. Ueber den Arin als Düngungsmittel.“) Wie schon häufig erprobt, wirkt in unsern gewöhnlichen Bodenarten der Stickstoffgehalt der Düngungsmittel besonders wohlthätig auf das kräftige Wachsthum der Cerealien. Zu den sehr stickstoffreichen Düngungsmitteln gehört auch der Urin, besonders derjenige der Menschen. Der Urin wiegt viermal so viel und wirkt durch seinen reichen Stickstoffgehalt weit kräftiger, als die festen Excremente; 1 Pfund Urin wirkt so viel wie 13 Pfund Pferdedung. Man kann annehmen, daß der Urin ungefähr 3¾4% Stickstoff enthält. Wenn man nun denselben in einer Grube aufbewahrte, und täglich nur ein Pfund annähme, so macht das im Jahre 365 Pfund, welche ungefähr 13½ Pfund Stickstoff enthalten und nach unserer Düngmethode zu 3 Morgen hinreichten. Auch läßt derselbe sich zur Präparation der Wintersaatfrüchte, besonders beim Korn und Weizen, folgendermaßen sehr wohlthätig anwenden: Auf 21 Quart Urin nimmt man 3 Prund Leim, 1 Pfund Salpeter und 4 Pfund Kochsalz, hierin wird die Frucht 24 Stunden eingeweicht, dann mit Kalk und Asche eingestäub ert und gesäet. Der Leim dient hauptsächlich dazu, damit die vorgenannten Stoffe sich desto mehr an die Körner ansetzen, außerdem ist er aber ein sehr gutes Düngmittel. In hiesiger Gegeno findet man jedoch selten den Urin aufbewahrt, sondern derselbe wird meistens trotz seiner wohlthätigen Wirkung, aus den Ställen auf die Straßen unbenutzt abgeleitet. Daß man denselben aus den Ställen ableitet, ist sehr gut, indem dadurch die Ställe trockener, und die Luft in denselben reiner erhalten wird, was der Gesundheit des Viehes sehr zuträglich ist. Weil aber nun der Urin ein so kräftiges Düngungsmittel ist, so verliert der Ackerer dadurch, daß er denselben unbenutzt ableitet, einen bedeutenden Theil seiner Düngmittel, womit er mehrere Morgen seines Ackers verbessern könnte, wenn manchmal anderer Dünger nicht hinreicht. Es wäre daher wünschenswerth, daß jeder Ackerer in seinem Hof eine Grube machte, welche mit einem eisernen Roste versehen würde, in welche er alsdann den Urin ableitete und zur Düngung benutzte, was schon längst am Rheine und im ganzen Aarthale geschieht. Lambertsberg, am 25. Juni 1855. J. Meyer. *) Weil das Gute nicht zu oft angerathen werden bann, so haben wir, obwohl wir das nämliche Thema schon wiederholt abgehandelt haben, es dennoch für gut befunden, vorstehendem Artikel die Spalten unseres Blattes zu offnen. Daß aber derartige Belehrungen reichliche Früchte tragen werden, glauben wir nicht; denn trotz wiederholter Hinweisung auf die Nützlichkeit der Verwendung des Urins als eines Düngemittels, sowohl in unserem Blatte als auch durch den landwirthschaftlichen Verein, lassen unsere Bauern noch fast durchgängig den Urin aus den Stälen auf die Straße abfließen, wodurch diese beschmutzt und die Nasen Derjenigen, welche unsere Dörfer durchwandern, keineswegs angenehm afficirt werden. Anm. d. Red. Braut und Von A. v. W. (Fortsetzung.) Fritz schwieg. Er schien von der Erzählung ungewöhnlich angegriffen zu sein. Mit der flachen Hand hielt er die hervorquellenden Thränen zurück. Albrecht starrte in finsterm Sinnen vor sich hin. „Fritz“, sagte er plötzlich,„ich habe ein großes Versehen begangen, daß ich mir von der Priorin des Klosters den Todesfall nicht habe bescheinigen lassen. Nicht wahr, Du kannst Deine Angaben beschwören?“ „Mit gutem Gewissen, Herr!“ antwortete der Diener.„Dessen wird es aber nicht bedürfen, wenn Sie sich der amtlichen Bestätigung des Klosters versichern, die man Ihnen nicht verweigern wird. Herr Baron, die arme Katharina schlummert so ruhig in ihrem Grabe, daß Sie sich dreist als Wittwer betrachten und eine neue Wahl treffen dürfen. Legen Sie endlich die Trauer ab und geben Sie sich den Freuden des Lebens wieder hin.“ „Fritz,“ murmelte Albrecht,„man hat mir in Spa ein Blatt gezeigt, das von Katharina's Hand geschrieben war und die Jahreszahl 1840 trug. „Wer zeigte es Ihnen?“ fragte der Diener auffahrend. „Jener Herr von Funcal, der lange blasse Mann. Es sollte mir beweisen, daß meine Frau noch lebt.“ Unmöglich, Herr Baron!“ rief Fritz eifrig.„In diesem Falle wäre ich ein Lügner. Ach, hätte ich die arme Katharina mit meinem Leben reiten, hätte ich sie Ihnen frisch und gesund in Wien zuführen können! Jener Mann ist ein Betrüger!“ „Hier ist das Blatt, das Du ihr überbrachtest— auf der Rückseite steht die Antwort.“ Albrecht holte das Papier aus Amaliens Portefeuille. Fritz betrachtete es erstaunt. „Die Zeilen sind allerdings von Ihrer Hand geschrieben, Herr Baron, und diese hier von der Katharina's; aber ich erinnere Sie an Prosper— man verfolgt einen tückischen Plan, es liegt eine Spitzbüberei zum Grunde—“ „Die wir aufdecken müssen! Rüste Dich, Du wirst heute noch nach dem Kloster abreisen, um die Papiere zu holen. In Wien wirst Du einen Brief vorfinden, der Dir anzeigt, wo Du mich triffst.“ „Zwei Stunden später verließ Fritz das Hotel, um mit der Post nach Wien zu reisen. Albrecht war ruhiger geworden, er kannte die Treue seines Dieners, der ihn auf allen Streifzügen durch die Welt begleitet hatte, und es ließ sich nicht annehmen, daß er seine Hand zu einem so argen Betruge bieten würde. Welchen Grund konnte er überhaupt haben, gegen seinen Herrn zu handeln, der ihm fast ein Freund war? Fritz hatte ihm genug Proben seiner Rechtlichkeit und seines unerschütterlichen Charakters geliefert; er hatte selbst eine vortheilhafte Heirath mit einer wohlhabenden Wittwe ausgeschlagen, nur um bei seinem Herrn bleiben zu können. Auch an Amalien's Liebe durfte er nicht zweifeln; sie hatte ihm ja in einem langen Briefe ihre Verhältnisse enthüllt und ihn zu der Unterredung veranlaßt, die er mit dem alten Grafen gehabt. Wir fügen noch hinzu, daß er die in dem Briefe geschilderten Verhältnisse mit denen zusammenstellte, die ihm selbst bekannt waren, und daß er zu seiner freudigen Ueberraschung gefunden: der Vater Amaliens sei ein Freund seines eigenen gewesen. Hieraus erklärt sich sein Auftreten gegen den Grafen Funcal, so wie sein Wissen um Dinge, die ihm Amalie nicht mitgetheilt haben konnte. Er hielt dafür, daß der Graf Alles aufbot, um Amaliens Neigung zu ersticken, und daß er ein solches Mittel wählte, konnte ihn nicht wundern, wenn er der schon seit Jahren fein angelegten Erbschleicherei desselben gedachte. Außerdem auch mußte der Vormund keine nnbedingte testamentarische Gewalt über seine Mündel besitzen, da er das Zwangsmittel der Verdächtigung und nicht die Autorität anwendete, deren er sich ruhmte. Gleich nach der Abreise erschien Barchon; er brachte folgende Zeilen von Amalien: „Ich verrichte meine Vesperandacht im Dome,— erwarten Sie mich dort.“ Vor der festgesetzten Zeit war der feurig liebende Albrecht an Ort und Stelle. Das majestätische Gotteshaus war angefüllt mit Gläubigen, welche die sogenannten kleinen Heiligthümer, die an der Kanzel angebrachten Kostbarkeiten von großem Werthe bewunderten. Mit unruhig klopfendem Herzen beobachtete er jede Gruppe der Betenden, er ging von Altar zu Altar, von Säule zu Säule—. Amalia war nicht zu entdecken. Eine falbe Dämmerung herrschte bereits in den hohen Hallen, als er eine schwarzgekleidete Dame vor einem einsamen Seitenaltare erblickte; sie sah zur Seite— es war Amalie. Zitternd kniete er neben ihr auf der Steinstufe nieder. „Amalie!" flüsterte er. „Vorsicht, lieber Freund, dort betet der Graf. Uns bleiben nur zwei Minuten—“ „Amalie, entziehen Sie sich jenem Menschen, folgen Sie mir als meine Gattin, wir bedürfen des Vermögens nicht— ich bin reich und unabhängig.“ „Unabhängig?“ fragte sie und ihre schmerzlichen Blicke trafen ihn, Blicke, die ihre furchtbaren Zweifel verriethen. „Glauben Sie mir nicht?“ fragte er zitternd. „Amalia, Tod und Leben hängt von Ihrem Entschluß ab. Vertrauen Sie meiner heißen, aufrichtigen Liebe. Opfern Sie Ihr Vermögen— aber lassen Sie mich nicht allein reisen!“ Mit flehenden Blicken sah er zu ihr— Thränen standen in ihren schönen Augen und die liebliche Stimme bebie, als sie zurückflüsterte: „Albrecht, ich kann Sie jetzt noch nicht begleiten.“ „O, Sie lieben mich nicht! Ich will Sie, nur Sie besitzen! Sie senden mich in den Tod, wenn ich ohne Gewißheit gehe.“ „Ich liebe Sie, Albrecht; aber haben Sie Mitleiden! schluchzte sie leise.„Ach, ich muß Ihnen ja vertrauen, ich kann nicht anders! Haben Sie nicht Beweise davon erhalten? Ich glaubte den Grafen einzuschüchtern, indem ich Sie in meine Geheimnisse einweihte und mein Vertheidiger zu sein bat— dieser Schritt hat die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht— ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, daß mich der fürchterliche Mensch vollig in seiner Gewalt hat. Er kann mich und Sie verderden.“ „Amolie, lassen wir uns nicht durch leere Drohungen schrecken, man zeigt Ihnen wie mir ein wesenloses Gespenst. Was kann er gegen meine Gattin unternehmen? Was kann er Ihnen, außer Ihrem Vermögen entziehen?“ „Sein Neffe ist angekommen, derselbe Funcal, den Sie verwundeten—“ „Ich weiß es. Er wirbt um Ihre Hand, und Sie, Amalie, scheinen nicht abgeneigt zu sein—“ „Ich vermuthete bereits in Spa, wer er sei, und darum durfte ich ihn nicht entschieden abweisen, obgleich er mir in tiefster Seele verhaßt ist.“ „Amalie, kommen wir zu einem Beschlusse!" bat Albrecht dringend.„Folgen Sie mir, wir reisen diesen Abend noch ab, und wenn uns der Graf erreicht, sind Sie meine heißgeliebte Gattin! Ich schwöre es bei dem Gekreuzigten, zu dessen Füßen wir knieen.“ „Albrecht, werden Sie nie diesen Schwur bereuen?“ fragte sie in sichtlicher Bewegung. „Nie, Amalie, nie!“ rief er schwärmerisch. „Wohlan, so reisen wir auf verschiedenen Wegen. Nennen Sie mir das Ziel.“ Der Baren bezeichnete ein Hotel in München. „Ich reise diesen Abend, Sie werden mir morgen folgen!“ sagte sie fest. „Nehmen Sie mein Portefeuille, es ist mit Banknoten gefüllt— es ist der größern Vorsicht wegen. „Ich bin gezwungen, es anzunehmen, wenn ich keinen Argwohn erregen will! Nun trennen wir uns — reisen Sie nicht vor morgen früh!“ „Auf Wiedersehen! Er drückte einen heißen Kuß auf ihre zitternde Hand. Einige Minuten später verließ sie an der Seite des Grafen, der bis dahin gebetet hatte, den Dom. Als Albrecht in das Freie trat, sah er das Kabriolet davonfahren. Heute lenkte der Graf selbst das Pferd. Albrechts Glückseligkeit läßt sich nicht beschreiben. Zunächst ordnete er bei einem Banquier seine Geldgeschäfte, dann schrieb er einen Brief nach Wien, in dem er Fritz den Befehl ertheilte, mit den Papieren nach Heyerswyl zu reisen. Es war schon dunkel, als er die Vorbereitungen zur Abreise beendet hatte. Träumend saß er in seinem Zimmer. Da klopfte es an die Thür und Barchon trat ein. „Herr Baron!“ flüsterte der kolossale Mann. „Was bringen Sie?“ „Die Nachricht, daß Fräulein Amalie so eben mit der Post abgereist ist. Weder der Graf noch sein blasser Neffe wissen darum. Aber nur mit meiner Hülfe war die heimliche Flucht möglich. Als die reizende Dame in den Wagen stieg, flüsterte sie mir zu: gehen Sie zu dem Baron von Beck, und sagen Sie ihm, daß Sie mir den letzten Dienst in Aachen geleistet hätten. Ich habe mich beeilt, mein Herr, diesen Auftrag auszurichten. Albrecht warf ihm einige Banknoten zu, ermahnte ihn zur Verschwiegenheit, und versprach ihm ein bedeutendes Geschenk, das an seinem Hochzeitstage abgehen würde. Barchon schwor bei allen Heiligen, wie das Grab zu schweigen, und entfernte sich. In der Dämmerung des nächsten Morgens reiste der Baron mit Extrapost ab. Vielleicht eine Stunde mochte er das Hotel verlassen haben, als ein Polizei=Kommissär erschien und nach ihm fragte. Man wußte ihm weiter nichts anzugeben als das Thor, durch das der Gast die Stadt verlassen (Forts. folgt.) Der Kreuzzug wider den Branntwein, III. Sonst und Jehzt. Wir haben in unserem früheren Aussatze gesehen, daß vor 800 Jahren noch kein Mensch Branntwein getrunken oder auch nur gekostet hatte, denn— damals war der Branntwein noch gar nicht erfunden. Wir wissen, daß die Menschen schon damals Ackerbau und Schiffahrt trieben und daß schon damals Kriege geführt wurden; denn Amerika ist nicht zu Lande entdeckt, und als Hannibal über die Alpen ging, mußten seine Krieger größere Strapatzen aushalten, als sie in den heutigen Kriegen vorkommen. Vielleicht meint Mancher, wenn sie damals keinen Branntwein hatten, so hatten sie dafür etwas Anderes; aber Alles, was man damals hatte, das hat man heute auch noch, und Manches, was man heute hat, das hatte man damals noch nicht, z. B. den Kaffee. Der wurde von Ziegen entdeckt; ein Ziegenhirt bemerkte, daß seine Ziegen, die einige Mal Kaffeebohnen gefressen hatten, jedes Mal die Nacht darauf nicht schliefen, sondern lustig im Stalle herumsprangen; er theilte das dem Prior des Klosters mit. Ei, dachte der, was die Böcke munter macht, das macht vielleicht auch die Mönche munter, die so est, zu seinem Aerger, die Hora verschliefen. Er gab ihnen eine Abkochung von den Bohnen zu trinken, und stehe da, sie blieben munter, gerade wie unsere Waschweiber heute noch munter bleiben, wenn sie Kaffee bekommen. Bald sing man an, dem Getränk Geschmack abzugewinnen; aber es dauerte lange, ehe es nach Europa kam; vor zwei Jahrhunderten, im Jahre 1652, wurde von einem Griechen in London der erste Kaffee zubereitet, aber in die Häuser selbst der Vornehmen kam er erst ein halb Jahrhundert später, und wenn die Damen damals sich einluden, so luden sie sich nicht zum Kaffee, sondern zu einem Milchreis mit Zucker Zimmt ein. Auch der Thee, der jetzt fast auf allen Schiffen, besonders bei den Holländern, Engländern und Amerikanern eingeführt ist und der auch etwas, Belebendes hat, war vor drei Jahrhunderten in Europa noch nicht bekannt. Man arbeitete also früher, man trieb Schiffahrt und führte Krieg ohne Branntwein, ohne Thee und ohne Kaffee. Manche werden sagen: ja, das war damals wohl möglich, da waren die Menschen noch stärker! Und die das sagen, haben nicht ganz Unrecht; freilich waren die Menschen damals noch stärker, denn sie waren noch nicht entnervt durch den Branntwein. Aber auch unser heutiges schwächeres Menschengeschlecht kann bestehen ohne den Branntwein, das zeigen nicht nur Einzelne, die vielleicht Jeder von uns kennt, das zeigen Tausende von Soldaten, von Matrosen, das zeigen schon fünf ganze Länder. Seit dem Jahre 1833 ist in der Armee der vereinigten Staaten von Nordamerika der Branntwein völlig verschwunden, keine Marketenderin darf ihn führen; seit 1835 ist er auch auf der Flotte völlig abgeschafft, und seitdem haben Krankheiten, Unordnungen und Verbrechen bei der Armee, wie bei den Matrosen, in einem auffallenden Grade abgenommen. In fünf Staaten, in Maine, Massachusets, Rhodisland, Connecticut und Texas, darf gar kein Branntwein mehr geschenkt werden. In jeder Stadt hat dort ein einziger Kaufmann das Recht, Spiritus zu halten, aber er darf ihn nur zu Medikamenten oder zu technischen Zwecken verkaufen; er muß eine Kaution von 400 Thlrn. stellen, und wenn er einen einzigen Schnaps verkauft, so verliert er diese Kaution und zugleich das Recht, ferner Spiritus zu halten. Der Bürgermeister von Portland(der Hauptstadt vom Staate Maine, wo das Gesetz gegen den Branntwein erst aufkam, weshalb es in Amerika auch das Mainegesetz genannt wird,) berichtet, daß in den wenigen Jahren seit Einführung jenes Gesetzes sich merkwürdige Veränderungen in Portland gezeigt hatten, Die Armenhäuser sind nicht mehr halb so voll als früher, die Kriminaluntersuchungen sind auf ein Dritttheil herabgesunken, die Gefängnisse, die sonst überfüllt waren, stehen halb leer, anstatt 6 Polizeidiener werden jetzt nur 2 gehalten, und auch die haben wenig zu thun. Straßenunfug sei jetzt etwas ganz Unerhörtes 2c. Wir sehen also, daß die Menschen in früheren Jahrhunderten sehr gut ohne Branntwein fertig geworden sind, wir sehen, daß sie auch jetzt, nachdem sie ein halb Jahrhundert den Branntwein für ein unabweisliches Bedürfniß gehälten hatten, ohne denselben noch besser fertig werden können. Anzeigen. Bei dem Hospital Prüm liegen 1500 Thaler gegen hypotekarische Sicherheit zum Ausleihen bereit. Nähere Auskunft ertheilt der Unterzeichnete, Prum, den 26. Juni 1855. Der Bürgermeister, Haas. Bekanntmachung, Am Samstag den 14. Juli d. Vormittags 9 Uhr, werden die pro l. J. in den Bürgermeistereien Olzheim, Rommersheim und Wallersheim in Rückstand bleibenden Wegebau=Arbeiten im Geschäftslocale der unterzeichneten Stelle in Verding gegeben. Da die Kosten der Wegebauarbeiten zu Neuendorf, Wascheid, Hermespand, Gondelsheim, Giesdorf, Niederhersoorf, Oberhersdorf und Wallersheim von der deir. Gemeindekasse gedeckt werden, so sind diese Arbeiten nach erfolgtem Zuschlage auszuführen. Prüm, den 25. Juni 1855. Das Bürgermeisterei=Amt. Bekanntmachung. Auf Anstehen der Erben des zu Schönecken verstorbenen Peter Weinand sollen die zu dessen Nachlasse gehörigen Mobilar=Gegenstände in dessen Wohnung zu Schönecken am Montag den 2. Juli d, J. Morgens 8 Uhr gegen Borg versteigert werden, als: 1 paar schwere Jochochsen, und Ackergeräthe jeder Art; sodann Heu im Gras und auf dem Halme stehende Früchte jeder Gattung. Prüm, den 27. Juni 1855. Der Gerichtsschreiber Teusch. Bekanntmachung. 367 Am nächsten Mittwoch den 4. Juli, Vormittags 9 Uhr, läßt, der Heinrich Joseph Scheulen von hier, verschiedene Mobilargegenstände, als: Tische, Stühle, Bänke, kleine und große Bettladen Kommoden, Schränke, Spiegel, Bilder, ein großes Kleiderschrank von Eichen, Büdden, Pferdekump und Rauf, einen neuen Reitsattel, einen Schlitten mit Fußsack von Pelz, eine bedeutende Parthie Dünger, Küchengeräthe jeder Gattung, einen großen Kochheerd mit 2 Backöfen einen alten Wagenkasten(Schwauenhälse) von Stahl und sonstige verschiedene Gegenstände; so dann: mehrere Wagen Heu im Grase in der untersten Wiese, vertheilt in Loose, öffentlich in seiner Wohnung im Thiergarten versteigern. Prüm, den 27. Juni 1855. Der Königl. Notar, Backes. 268 Freitag den 29. Juni c. bei Herrn Gastwirth Spoo. Der Musik-Verein. Champagner Mühlensteine. Wir empfingen wieder eine Portion Champagker Mühlensteene aus den besten Brüchen von Laferté sous juarre Trier, den 22. Juni 1855. Kirn& Comp. Litterarische Neuigkeiten bei C. Plaum in Prüm. Herrmann Schroder's Rezepte und Mittheilungen über das Färben der Schaafwolle und deren Fabrikate, sowie Twiste, Seide und der daraus gewebten Stoffe; ferner eine Anleitung Scharlach und das Mailänder Schwarz richtig zu färben 2c. 1 Thlr. 5 Sgr. Tischlerkunst in ihrem ganzen Umfang. 1 Thaler 5 Sgroschen. Frühpredigten für die SonnVinzens Jansa tage des katholischen Kirchenjahres. 1 Thlr. 3 Sgr. preußisches Bergrecht. Preis 1 Thaler 8 rass Sgroschen. Herina thierärztliche Arzneimittel. Preis 1 Thl. Dernh 3 Sgroschen. Populärer Unterricht in der Landwirthschaft. 25 Sgroschen. Des Landwirths Wanderschaft 15 Sgroschen. Neuer zuverlässiger fer in und dessen Umgebung.— 24 Sgr. Die unbefleckte Mutter. Preis 20 Sgr. Maria in ihrer unbefleckten Empfängniß 4 Sgroschen. unbefleckte Empfängniß. 5 Sgoschen. Gedruckt, verlegt u. herausgegeben von C. Plaum in