— Erscheint Sonn= und Wochentags früh morgens.— Bezugspreis halbmonatlich 1 Goldmark. Einzelnummer 15 Pfg. Bei Nichterscheinen der Zeitung keine Erstattung des Bezugsgeldes. General=Anzeiger für die Stadt Velbert und Umgegend. Nachweisbar höchste Auflage aller im Kreise Mettmann erscheinenden Zeitungen. Illustrierte Beilage: Samstags:„Die Woche im Bild“. Unzeigenpreis: 1 Millimeter Höhe(34 Millimeter breit) 10 Goldpfg. Reklamen, 1 Millim. Höhe(72 Millim. breit) 40 Goldpfg. zum amtl. Berliner Briefkurs am Tage der Zahlung. Freitag, den 1. Januar 1926. Postscheckkonto Cöln 407o7. 45. Jahrgang. Deutschland und Rußland. Die Westeuropareise Tschitscherins beschäftigt sowohl die englische wie die fransische Presse peiterhin sehr stark, was man wohl als charakteristisches Zeichen dafür betrachten darf, wie sehr sich die Politiker aller Länder um die Lösung des russischen Rätsels bemühen, wenn freilich auch mit berücksichtigt werden muß, daß es auch in der großen Politik im Augenblick an neuen und anregenden Momenten fehlt. In amerikanischen Blättern konnte man beispielsweise über den Besuch Tschitscherins in Berlin lesen, daß Rußland einen Defensiv= und Freundschaftsvertrag mit Deutschland erstrebe, wie es ihn eben mit der Türkei abgeschlossen habe. Englische und französische Blätter wieder wollten wissen, daß Tschitscherin sich in Berlin bemüht habe, Deutschland dafür zu gewinnen, daß Frankreich in eine deutsch=russische Kombination einbezogen werde. Bei allen diesen Meldungen handelt es sich um reine Kombinationen. Es ist ja bekannt, daß die russische Regierung den Vertrag von Locarno als eine Bedrohung aufsaßt und daß sie mit allen Mitteln bemüht ist, aus der ihr nach ihrer Ansicht drohenden Isolierung herauszukommen. Diesem Zwecke diente im wesentlichen ja auch die Reise Tschitscherins. Daß dabei von russischer Seite vielleicht auch Andeutungen gefallen sein mögen, die dahin ausgelegt werden könnten, daß Rußland einen engeren Anschluß an Deutschland erstrebt, ist naturgemäß nicht ausgeschlossen. So will man auch wissen, daß Tschitscherin bei seinem Besuch bei dem General von Seeckt während des Frühstücks sich dahin geäußert habe, daß die englische Politik darauf hinauslaufe, einmal Deutschland und Frankreich gegeneinander auszuspielen, andererseits aber auch durch den Locarno=Vertrag die Westmächte gemeinsam gegen Rußland zusammenzuschließen. Tschitscherin soll dann ferner dargelegt haben, daß die deutsche Armee zwar klein sei, trotzdem aber als solider Kern durch die Massen der russischen Heere im Falle eines Krieges gegen Westen aufgefüllt werden könne. Andererseits müsse Deutschland aber auch damit rechnen, daß es von den Westmächten als Stoßtrupp gegen den Osten verwandt werde. Diese Gedankengänge kehren in den Aeußerungen russischer Politiker häufiger wieder und sie haben möglicherweise auch den Anlaß gegeben zu den Kombinationen über den erstrebten deutsch=russischen Freundschaftsvertrag. Von deutscher Seite ist demgegenüber schon früher Ilmier nech Hechlasser. Die Wupper. Schwere Schäden in Elberfeld. Elberfeld, 30. Dez. Gegen Abend wurde das große Baugerüst des Schwebebahnhofs Döppersberg von den Fluten weggerissen und fortgeführt. An der Barmer Straße war nachmittags das Baugerüst einer neuen Brücke weggespült worden und kurz darauf wurde auch die in der Nähe befindliche Notbrücke von den Fluten zerstört. In Barmen steht der Neue Weg unter Wasser. Mehrere Brücken sind von den Fluten bereits erreicht oder schon überspült und stark gefährdet. vz. Barmen, 31. Dez. Die hochgehende Wupper hat verschiedene Straßen überschwemmt In der Nähe des Stadttheaters wurde das Holzpflaster aus dem Boden gespült. Die Wupper gleicht einem reißenden Fluß. Die Rohre der Barmer Fernheizung sind in Gefahr, vom Wasser umspült zu werden. In Unterbarmen wurden mehrere Fabrikgebäude unter Wasser gesetzt. Das gefährdete Ruhrtal. Die Talsperren laufen über. Essen, 30. Dez. Nachdem die kleineren Ruhrtalsperren die Wassermengen, die in den letzten Tagen niedergegangen sind, nicht mehr fassen konnten, ist gestern abend auch die große Möhnetalsperre übergelaufen. Daducch ist in Verbindung mit dem auch heute über das Ruhrgebiet hereingebrochenen Regenunwetter das Hochwasser im Ruhrtal plötzlich zu äußerst gefährlichem Ausmaße angewachsen. Seit heute nachmittag 4 Uhr ist die Feuerwehr unterwegs, um an den besonders gefährdeten Stellen in Kettwig, Werden, Bredeney und Kupferdreh ihre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Das Ruhrtal gleicht namentlich bei Kupferdreh einer unübersehbaren Wasserwüste. Hier ist die nach Rellinghausen führende Landstraße bereits gestern abend vom Wasserspiegel erreicht worden, und auch der Verkehr auf der links der Ruhr führenden Landstraße zwischen Werden und Kettwig war bereits gestern abend gefärhdet und dürfte bei weiterem Anhalten des Regens schon jetzt in der Nacht unterbunden sein. Die Einwohner haben ihre Möbel sofort in die oberen Stockwiederholt betont worden, daß Locarno für werke gebracht oder sich aus den besonders beDeutschland weder eine Option für den Westen noch für den Osten, sondern eine Option für den Frieden sei und es ist auch erneut erklärt worden, daß Deutschland in den Vertrag von Locarno mit dem festen Willen eingetreten ist, ihn nicht zum Instrument irgendeiner neuen machtpolitischen Gruppierung im Sinne früherer Allianzen und nicht zu einer Frontbildung gegen irgendwelche Interessen der Außenstehenden, sondern zu einem Werkzeug der innereuropäischen Entspannung und des Weltfriedens werden zu lassen. Damit ist die Stellung der Reichsregierung umrissen und damit finden? auch die mancherlei Kombinationen über das heutsch=russische Verhältnis ihre Erledigung. Das Frühstück bei v. Seeckt. tu. Berlin, 31. Dez.(Funkspruch.) Der Berliner Korrespondent der„Times“ berichtet über eine Veröffentlichung einer Berliner Korrespondenz über die Zusammenkunft Tschitscherins und von Seeckt. Er stellt in Frage, daß zwischen Tschitscherin und von Seeckt eine Aussprache über ein mögliches Zusammenarbeiten deutscher und russischer Truppen stattgefunden habe. Die englische Gesandtschaft habe von einer solchen Aussprache nichts erfahren und keine diesbezüglichen Schritte unternommen. Italien und die Türkei. Chamberlain über seine Besprechung mit Mussolini. tu. London, 31. Dez.(Funkspruch.) Chamberlain teilte einem Berichterstatter der „Times“ in Rapallo mit, daß er mitMussolini die allgemeine Lage Europas eingehend erörtert habe Er habe Mussolini darauf hingewiesen, daß die Sowjetregierung durch die Zusammenkunft in Rapallo stark beunruhigt worden sei, und glaube, daß hauptsächlich der russisch=türkische Vertrag Gegenstand der Besprechung gewesen sei. Mussolini habe auf die Nervosität hingewiesen, die die Türken bereits über die italienischen Pläne im nahen Osten gezeigt hätten. Mussolini habe der türkischen Regierung die Versicherung abgegeben, raß keine Vorbereitungen irgendwelcher irt getroffen seien, die den Interessen der Türkei zuwiderlaufen. Das Abrüstungsproblem, so erklärte Chamberlain weiter, sei nicht erwähnt worden. drohten Häusern heraus gerettet. Trotzdem ist aber infolge des überstürzten Hereinbrechens des Unwetters an manchen Stellen die Sicherungsaktion nicht so zeitig in Angriff genommen worden, wie es notwendig gewesen sein würde, so daß schon jetzt sehr erheblich: Schäden zu verzeichnen sind. Der äußerst gefährliche Charakter des Januar=Hochwassers scheint bereits in diesem Augenblick erreicht zu sein. Die Essener Städtische Feuerwehr ist auch heute abend spät in Aktion und wird während der ganzen Nacht noch zu arbeiten haben. Die Flüsse des Sauerlandes toben. Hagen, 30. Dez. Die Flüsse des Sauerlandes führen heute Hochwasser. Die Volme hat den Wasserstand von 1909 überschritten und nähert sich dem des Jahres 1890. In Hagen fluten die Wasser über die Brücken, zu deren Schutz ein Wasserdienst eingerichtet ist. Bei strömendem Regen hält das Steigen des Wassers an. Ein bedrohliches Anwachsen des Wassers wird auch aus dem Gebiet der Lenne gemeldet, in dem in den besonders bedrohten Industriestädtchen Altena und Hohenlimburg Wasserwehren eingesetzt sind. Die Ennepe gleicht einen reißenden Gebirgsfluß. Sie hat zwischen Milspe und Hagen weite Flächen unter Wasser gesetzt. Alle Triebwerke stehen still, weil die Räder in totem Wasser laufen. Die Talsperren dieses Gebietes sind gefüllt und laufen über. Da die starken Regenfälle anhalten und im oberen Sauerlande völlige Schneeschmelze eingetreten ist, so ist mit einer Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Ueberschwemmungen im Stadtgebiet Köln. Das ganze Rheinufer vom Bayenturm bis weit hinunter am Kaiser=Friedrich=Ufer ist überschwemmt und dem Verkehr entzogen. Der Holzmarkt, die Große Witschgasse und fast alle auf dem Holzmarkt mündenden Straßen stehen mehr oder weniger unter Wasser, damit auch der Zugang zurDrehbrücke des Rheinauhafens. Das Kaiser=Friedrich=Ufer, das rheinabwärts etwa ansteigt, die hinter dem Direktiongebäude laufende Straße Altes Ufer und der untere Teil der Trankgasse stehen ebenfalls unter Wasser, so daß die Linie 14 auch hier nicht mehr fahren kann und über den Ring geleitet werden mußte; der Bau von Verbindungsstegen ist auch hier allerwärts im Gange. In den zuerst von der Flut erfaßten Häusern am Frankenwerft, Fischmarkt und anderwärts sind die unteren Geschosse meist überschwemmt und haben geräumt werden müssen. Der Treppenaufgang zur Hohenzollernbrücke ist jetzt ebenfalls durch Wasser abgesperrt. Auf der Deutzer Seite hat die Ueberflutung gleichfalls weiter um sich gegriffen; die tiefer als der augenblickliche Wasserspiegel des Rheins liegenden Straßen der Altstadt werden nur durch den Kanalverschluß und das Ueberpumpen von Wasser freigehalten. Die Pollner Spielplätze und die auf gleicher Höhe angelegten Schrebergärten sind vollends unter Wasser gesetzt, und die Flut schwemmt hier wiederum den mühsam bearbeiteten Boden fort. Der Vorort Poll wird nur durch den starken Damm vor der Hochflut geschützt, die höher steht als der rheinwärts gelegene Teil des Ortes. Langsam beginnt sich auch hier das Wasser alsGrundwasser hinter dem Damm zu zeigen. Das vorliegende weite Gelände bis nach Westhoven hin gleicht einem großen See, aus dem das Fischerhaus, die kleinen Landhäuser und die hohen alten Bäume vereinzelt aufragen. Kasselberg, das nicht hinter einem schützenden Damm liegt, ist schon vom Festland abgeschnitten. Ein Fährbetrieb mit zwei Kähnen ist im Gange, der von Rheinkassel den Verkehr mit den Eingeschlossenen aufrecht hält. In Worringen stehen die Häuser an der Neußer Straße zum großen Teil mit ihrer Rückfront unter Wasser. Von der Mosel. Trier, 31. Dez. Der Brückenpegel der Mosel wies zu Beginn der ersten Morgenstunde einen Stand von 7,39 Meter auf, was einem stündlichen Steigen von noch immer drei Zentimeter entspricht. Bei den anhaltenden Regenfällen ist ein weiteres Steigen zu befürchten. Der Moseldamm entlang der Stadt ist an zahlreichen Stellen überschwemmt und das eindringende Wasser hat weite Straßenzüge und die tiefergelegenen Stadtteile überschwemmt. Allenthalben verschafft sich das im Kanal stauende Wasser in den Kellern der sonst noch hochwasserfreien Häuser Durchlaß. Das Trierer Tal gleicht an vielen Punkten einem weiten schmutzig=gelben See. Dank der vorzüglichen Maßnahmen durch die verschiedenen Hilfskommandos der Feuerwehr, Polizei= und Sanitätsmannschaften konnten Unfälle bis jetzt vermieden werden.— Infolge der starken Stürme, die im Laufe des gestrigen Nachmittags über Hochwald und Eifel hinweggingen, sind die telephonischen Verbindungen von Trier nach Frankfurt vollständig und die nach Köln bis auf eine gestört. Das Hochwasser in Bayern. München, 30. Dez. Das Hochwasser der Donau hat auf der Strecke von Regensburg bis Passau katastrophalen Umfang angenommen. Aus allen Teilen Bayerns laufen Nachrichten von großen Ueberschwemmungen ein. So hat die Donau bei Regensburg weite Strecken unter Wasser gesetzt. Talabwärts gleichen die Wiesen und Felder riesigen Seen. Der reißende Strom führt Holz und anderes mit sich. Der Inn ist zumreißenden Strom geworden. Der fortwährende Regen und die Schneeschmelze in den Bergen haben auch ein starkes Steigen des Bodensees verursacht. Heute liegt die Grenze der Schneeschmelze im Gebirge über 2500 Meter. Selbst die Zugspitze hatte am Mittwoch eine ungewöhnlich hohe Temperatur. Unterbrechung des Eisenbahnverkehrs in Thüringen. tu. Sonneberg, 31. Dez.(Funkspruch.) Das noch immer steigende Hochwasser der Steinach hat eine Unterbrechung des Zugverkehrs auf der Strecke Sonneberg—Lauscha zur Folge gehabt. Kurz vor Blechhammer in der Richtung auf Steinach ist der Bahndamm durch Hochwasser unterspült Zunahme des Hochwassers in Frankreich. tu. Paris, 31. Dez.(Funkspruch.) Aus ganz Frankreich werden neue Stürme und große Ueberschwemmungen gemeldet. Die Seine steigt sehr stark, so daß auch für Paris Hochwassergefahr droht. Starke Beschädigungen des Eiffelturmes. tu. Paris, 31. Dez.(Funkspruch.) Die kleine Antenne des Eiffelturmes ist gestern abend wieder zusammengebrochen. Die große Antenne ist ebenfalls stark beschädigt. Der Funkverkehr des Eiffelturmes erlitt dadurch eine Unterbrechung. Die Ueberschwemmung in Belgien. tu. Amsterdam, 31. Dez.(Funkspruch.) Die Maas hat bereits mehrere Dörfer überschwemmt, so daß verschiedene Truppenteile zu Hilfeleistung eingesetzt werden mußten Sturmfolgen in England. London, 30. Dez. Die Blätter berichten über furchtbare Stürme im Atlantischen Ozean. Außer dem Dampfer Coronado. der gestern Notsignale aab. wird auch Unsere nächste Ausgabe erscheint Samstagnaehinttag für diese Ausgabe werden bis Samstag mittag 12½ Uhr erbeten. das Schwesterschiff des Coronado, Casanaro, vermißt. In der Nähe von Beachyhead strandete ein Schiff, dessen Mannschaft von der Küstenwache gerettet wurde. Das Hochwasser in Angarn. Einberufung der Nationalversammlung. tu. Budapest, 31. Dez.(Funkspruch.) Die Regierung plant eine sofortige Einberufung der Nationalversammlung, um die Hochwasserschäden zu besprechen. Die Katastrophe wird als ein nationales Unglück bezeichnet. Die Presse weist darauf hin, daß sie nur deshalb so groß geworden sei, weil der Friedensvertrag von Trianon Ungarn diese unaünstigGrenzlinie gegeben habe. Am die Genfer Posten. vz. Berlin, 31. Dez.(Eig. Dienst.) In dem Kampf um die Mitteilungen über die angeblich von den deutschen Parteien ausgehenden Bewerbungen für die in Frage kommenden Posten beim Völkerbund folgen immer neue Erklärungen. Der Außenminister stellt in einer Zuschrift an den„Vorwärts“ fest, daß über einen Schritt der sozialdemokratischen Partei beim Völkerbundssekretariat im Auswärtigen Amt nichts bekannt sei. Für das Zentrum veröffentlicht Reichskanzler a. D. Marx eine Erklärung, nach der es falsch ist, daß die Zentrumspartei oder er als ihr sitzender, in einem offiziellen oder auch=privaten Schreiben an den Generalsekretär des Völkerbundes oder an das Völkerbundssekretariat den Antrag gestellt hätte, Angehörige der Zentrumspartei in das Völkerbundssekretariat aufzunehmen. Damit dürften nun die Angriffe, die gegen das Zentrum und die Sozialdemokratie wegen angeblicher Stellenjägerei erhoben worden sind, hinfällig sein. Interessant ist dabei im übrigen, daß nur ganz wenig Posten in Frage kommen, nämlich der eines Untergeneralsekretärs, der allerdings mit 75 000 Franken Gehalt und 25 000 Aufwandsentschädigung besoldet ist, ferner ein oder zwei Abteilungsdirektoren mit 41 000 bis 53000 Franken Gehalt. Alle übrigen Posten weisen keine übermäßigen Gehälter auf, wobei bemerkt sei, daß auch für das Hilfspersonal mindestens 3 Sprachen gefordert werden und wobei hinzugefügt sein mag, daß die Arbeit manchmal so groß ist, daß in einer Abteilung in diesem Jahr kein Mitglied Ferien machen konnte, sondern daß im Gegenteil noch Ueberstunden eingelegt werden mußten. Belgische Finanzleute für Rückgabe von Eupen und Malmedy. tu. Brüssel, 31. Dez.(Funkspruch.) Belgische Finanzleute haben der Regierung die Abtretung von Eupen und Malmedy an Deutschland vorgeschlagen. Verminderung des belgischen Heeres. tu. Brüssel, 31. Dez.(Funkspruch.) Gestern abend wurde in der belgischen Kammer das neue Militärgesetz mit 119 gegen 10 Stimmen angenommen. Das stehende Heer beträgt danach 77300 Mann, was eine Verminderung um 5300 Mann bedeutet. Für die Infanterie ist die Dienstzeit von 12 auf 10 Monate und für die technische Truppen von 13 auf 12 Monate herabgesetzt. Die Kammer vertagte sich auf den 19. Januar. Vandervelde reist nach Paris. tu. Brüssel, 31. Dez.(Funkspruch.) Vandervelde wird sich bereits heute nachmittag nach Paris begeben, wo er eine Aussprache mit Briand haben wird. Waffenruhe in Syrien. tu. London, 31. Dez.(Funkspruch.) Nach einer Meldung des„Daily Telegraph“ aus Beiruth sind die Angriffe in Syrien seit Ende letzter Woche eingestellt worden. Ein direkter Waffenstillstand ist jedoch noch nicht proklamier# worden. Freitag, den 1. Januar 1926. Nr. 1. Zweites Blatt. Schlechte Aussichten für den Wohnungsban. Ein pessimistischer Vortrag des preußischen Wohlfahrtsministers. Berlin, 31. Dez. In einem Vortrag über das Wohnungsbauprogramm, den der preußische Minister für Volkswohlfahrt Hirtsiefer in diesen Tagen hielt, führte er u. a. aus: Für das Haushaltsjahr 1925 wurden in Preußen an Hauszinssteuer 28 Prozent der Friedensmiete erhoben, die zur einen Hälfte zur Förderung der Neubau=Tätigkeit, zur anderen zur Deckung der durch die dritte Steuernotverordnung notwendig gewordenen Ausgaben, insbesondere für die Ausgaben der Wohlfahrtspflege, verwendet wurden. Die für die Förderung des Wohnungsbaues verfügbaren 14 Prozent stellen einen Betrag von rund 365 bis 375 Millionen Mark dar. Nach Abrechnung der Beträge, die bei dem Mangel an anderen Staatsmitteln für indirekte Wohnungszwecke verwendet werden mußten(Arbeitgeber=Darlehen, landwirtschaftliche Arbeiter, Flüchtlingsfürsorge. Mittel für die Wohnungsfürsorge=Gesellschaften, Landespfandbriefanstalt) verblieben für die unmittelbare Förderung des Wohnungsbaues durch Vergebung von Hauszinssteuer=Hypotheken noch etwa rund 325 Millionen Mark. Unter Hinzurechnung der im Vorjahre begonnenen, aber erst im laufenden Baujahre fertiggestellten Neubauten werden im Jahre 1925 gegen 70000 Wohnungen mit öffentlichen Mitteln hergestellt sein. Außerdem ist noch eine beträchtliche Anzahl neuer Wohnungen aus privater Initiative errichtet worden. Zur Erzielung eines einigermaßen normalen Wohnungsmarktes müßten in den nächsten 7 Jahren im Reiche insgesamt etwa 1,6 Millionen neue Wohnungen errichtet werden, oder auf das Jahr umgerechnet rund 225000 Wohnungen im Reich, das heißt in Preußen etwa 130 000 bis 150000 Wohnungen. In den Beschlüssen des Ausschusses des Preußischen Landtages für Wohnungswesen wird für Preußen vom Jahre 1925 ab die Errichtung von mindestens 100000 Neuwohnungen mit Hilfe öffentlicher Mittel verlangt. Gegenüber dieser Forderung des Landtages würde das Baujahr 1925 bereits einen Fehlbetrag aufweisen. Die Aussichten für die Bauperiode 1926 werden sich noch schlechter gestalten, falls der Gesetzentwurf zur Annahme gelangen sollte, durch den die zurzeit als Hauszinssteuer bezeichnete Geldentwertungs=Ausgleichssteuer auf eine andere Grundlage gestellt werden soll. Unter der Voraussetzung, daß die Miete gemäß den reichsgesetzlichen Bestimmungen vom 1. April ab auf 100 Prozent der Friedensmiete erhöht werden wird, soll eine Steuer in Höhe von 40 Proz. der Friedensmiete erhoben werden. Davon soll ein Betrag von 16 Prozent für die Aufgaben auf dem Gebiet des Wohnungswesens zur Verfügung gestellt werden. Dazu kommt, daß in Ausführung des Reichsgesetzes künftig aus den öffentlichen Mitteln auch Beihilfe zur Wiederinstandsetzung von alten Häusern mit schätzungsweise 70 Millionen eingesetzt werden müssen und infolgdessen der Betrag zur Förderung der Neubautätigkeit für 1926 nicht unerheblich zurückbleibt gegenüber den Mitteln des Jahres 1925. Daher werden die verminderten Eingänge an Hauszinssteuer für 1926, die sich schätzungsweise auf etwa 350000 Mark belaufen, für die Aufgaben des Wohnungswesens nicht ausreichen. Es werden also 1926 bestenfalls 40 000 bis 50000 neue Wohnungen gebaut werden können. Es muß also damit gerechnet werden, daß einmal im nächsten Jahre ein neuer Ausfall an Wohnungen entsteht, durch den die Zahl der Wohnungslosen abermals um etwa 100 000 vermehrt würde, daß weiter durch die verminderte Förderung der Neubau=Tätigkeit etwa 30 Prozent der Bauarbeiter beschäftigungslos sein werden, und endlich, daß durch die weitere Vermehrung der Wohnungslosen die dringend zu wünschende und auch vom Wohlfahrtsminister erstrebte Aufhebung der Wohnungs=Zwangswirtschaft abermals auf unabsehbare Zeit vertagt wird. Die Landespreisprüfungsstelle. Wie aus einem Runderlaß des Ministers des Innern hervorgeht, wird mit den Aufgaben einer Landespreisprüfungsstelle für den Freistaat Preußen die Mittlere Preisprüfungsstelle für Großberlin und die Provinz Brandenburg beauftragt. Zu den Aufgaben der Landespreisprüfungsstellen gehören die aus der Verordnung über Preisprüfungsstellen sich ergebenden Aufgaben und die Herausgabe des Nachrichtenblattes. Als Nachrichtenblatt der Landespreisprüfungsstelle und der Mittleren Preisprüfungsstellen wird die Wochenschrift„Berliner Wirtschaftsberichte" bestimmt. Die Landespreisprüfungsstelle übernimmt in enger Fühlungnahme mit dem Statistischen Amt der Stadt Berlin die Herausgabe des Nachrichtenblattes und die preßgesetzliche Verantwortung der Landespreisprüfungsstellen. Ferner gehören zu ihren Aufgaben die Herausgabe von Rundschreiben über Fragen, deren Erörterung im Nachrichtenblatt der Mittleren Preisprüfungsstellen untunlich erscheinen, zum Zwecke eines einheitlichen Vorgehens und engen Zusammenwirkens der Mittleren Preisprüfungsstellen; endlich die einheitliche und gleichmäßige Beschaffung von Fachzeitschriften für die Mittleren Preisprüfungsstellen. Daneben haben diese selbständig aus den ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln mindestens eine Tageszeitung ihres Bezirks zu halten, die sich besonders mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigt. für die darin abgedruckten Veröffentlichungen Velbert, 1. Januar 1926. vz. Das Standesamt Velbert ist zur Entgegennahme von Geburts= und Sterbefällen am Neujahrstage von 11,30 Uhr bis 12 Uhr geöffnet. vz. Ein Wandkalender liegt unserer heutigen Neujahrsausgabe bei. Möge er unseren Lesern recht viele gute Tage verzeichnen. vz. Dauerdienst bei den Polizeiverwaltungen. Nach dem Staatsministerialbeschluß vom 24. Juni 1924 ist jeder Beamter verpflichtet, seine volle Arbeitkraft in den Dienst des Staates zu stellen. Diese Forderung trifft besonders auf die Polizeibeamten zu. Denn die waltung hat in allen ihren Dienstzweigen ständig der Bevölkerung zur Verfügung zu stehen. Daraus folgt, daß— ebenso wie die Kriminalund Schutzpolizeibeamten— auch die Polizeiverwaltungsbeamten dauernd zum Dienst bereit sein müssen, damit die Staatsbürger auch nach Schluß der gewöhnlichen Dienstzeit an Sonn= und Feiertagen in polizeilichen Verwaltungsangelegenheiten Auskunft, Rat und Hilfe erhalten können. Deshalb ordnet der Minister des Innern in einem Runderlaß an, daß bei allen staatlichen Polizeiverwaltungen vom 1. Januar 1926 ab für die Polizeiverwaltungsbeamten ein ständiger Tagesdauerdienst eingeführt wird. Die Regelung im Einzelnen bleibt den Polzeiverwaltern überlassen. vz. Die Ausbildung schulentlassener Mädchen. Auf Grund von Aeußerungen, die auf eine Rundfrage eingegangen sind, bezeichnet es der Preußische Minister für Handel und Gewerbe in einem Erlaß als erwünscht, daß schulentlasjene Mädchen, die auf dem Gebiete der Schneiderei, Putzmacherei und dergl. für Zwecke des eigenen Bedarfs Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben wollen, als Schülerinnen nur dann von Meisterinnen angenommen werden dürfen, wenn in diesen Werkstätten keine Lehrlinge gehalten werden. Ausnahmen hiervon können zugelassen werden, wenn sich besondere Härten ergeben würden und die Handwerkskammer sich einverstanden erklärt. Gleichzeitig ordnet der Minister an, daß in Fällen der hier in Frage kommenden Art fortan in die Erlaubnisurkunden folgende Vorbehalte aufzunehmen sind: Der Unterricht darf sich nur auf die Unterweisung der Schülerinnen bei der lung oder Umarbeitung ihrer eigenen Kleider oder der ihrer Familienangehörigen erstrecken; ferner ist den Schülerinnen bei der Aufnahme zu eröffnen, daß die Zeit der Teilnahme an dem Lehrgang nicht auf eine etwaige spätere Lehrzeit angerechnet wird. vz. Im Schloß Aprath findet am Sonntag Konzert mit anschließendem Ball statt. vz. Die Bluthochzeit. Erstaufführung im Salamander=Theater. Viele Begebenheiten der Vorzeit gehören dem Staub der Archive an— andere sind von ewiger Frische und erwecken immer aufs neue die leidenschaftliche Teilnahme der Nachwelt. Zu letzteren gehört die Bluthochzeit, die jetzt vom 1. bis 4. Jan. im Salamander=Theater gezeigt wird. Dieses Monumentalwerk, ein First National=Film der Deulig. hat in Amerika ein unerhörtes Aufsehen hervorgerufen. Mit verschwenderischer Pracht ist das Frankreich jener Zeit wieder ins Leben gerufen worden und die Frau, um die sich die leidenschaftliche Handlung des wunderbaren Films dreht, Norma Talmadge, gehört zu den schönsten Erscheinungen der Erde. Norma Talmadge verkörpert eine stolze Fürstin des französischen Hofes, welcher der Erbfeind des Hauses als Vasall zu Füßen gelegt wird. Wie nun in der unnahbaren Feindin die Liebe erwacht und aus der hochmütigen Herrin das fühlende Weis wird, ist in atemraubender Spannung lebendig gemacht worden. Stadttheater Elberfeld. Freitag, 1. Jan nachm. 3 Uhr: Peterchens Mondfahrt.— 7 Uhr: Tiefland. Samstag, 2. Jan., nachm. 3 Uhr: Prinzessin Huschewind.— 7.30 Uhr: Die deutschen Kleinstädter. Sonntag. 3. Jan., nachm. 5.30 Uhr: Die Meistersinger von Nürnberg. Stadttheater Barmen. Freitag, 1. Jan., 3 Uhr: Prinzessin Huschewind.— 7 Uhr: Pension Schöller. Samstag, 2. Jan., nachm. 3 Uhr: Peterchens Mondfahrt.— 7.15 Uhr: Carmen. Sonntag, 3. Jan., nachm. 2.30 Uhr: Peterchens Mondfahrt.— 7 Uhr: Die deutschen Kleinstädter. Die Siegerin. Roman von Haus Schulze=Sorau. (Nachdruck verboten). (5. Fortsetzung.) Auch quälte ihn der Anblick Lottes, wenn sie am Arm eines anderen Herrn davonschritt, ihn fast mit dem Hauch ihres Kleides berührte, und dann in der wiegenden Bewegung der schimmernden Schultern anmutig an ihm vorüber schwebte. Mit brennenden Augen sah er vom Eingang des Wintergartens in den graziösen Tanz der wirbelnden Paare. Das schwüle Parfüm der großen Gesellschaft, die Atmosphäre der vielen Menschen legte sich gleichsam erstickend auf seine Brust, daß er für Minuten unbemerkt ins Treppenhaus hinaustrat, um frische Luft zu schöpfen. Als er dann in den Tanzsaal zurückkehrte, wurde Lotte soeben wieder von einem Gardekavalleristen in den Kreis der Tanzlustigen entführt. Unmutig ging er durch den Wintergarten nach dem Rauchzimmer hinüber und saß hier wohl eine halbe Stunde lang in trüber Verstimmung, kaum auf eine Frage verloren Bescheid gehend, inmitten der plaudernden und spielenden Herren. Der Anblick der Goldstücke, die sich vor den einzelnen Spielern bereits zu kleinen Bergen aufgehäuft hatten, gemahnte ihn auf einmal wieder an seine eigene, verzweifelte Lage, die in so schneidendem Wiederspruch zu dem blendenden Reichtum stand, in dessen Glanze er lich heute schon den ganzen Abend beweate Und während ihn die Kursziffern der rheinischen Montanwerke und amerikanischen Eisenbahnpapiere in schwindelnden Millionenspeknlationen umschwirrten, überschlug er in Gedanken, wie er mit den Resten seines letzten Zwanzigmarkstückes noch bis Ende des Monats seinen Lebensunterhalt bestreiten sollte. Jetzt erst kamen ihm die Folgen der am Morgen eingegangenen Ablehnung seines Romans, über die er in den sich drängenden Ereignissen des Tages noch gar nicht recht nachzudenken vermocht hatte, voll zum Bewußtsein. Ob er doch der Bitte Lottes willfahrte und morgen kurz entschlossen ihre Hand erbat. Mit einem verstohlenen Blick streifte er das Gesicht des Kommerzienrates, der sich soeben behaglich lachend in seinen Stuhl zurücklehnte, und seinem Nachbar mit achtloser Handbewegung ein Goldstückchen zuschob. Warum mußte gerade dieser Mann der Vater Lottes und der Kommerzienrat Hausmann sein? Wieviel leichter würde ihm seine Werbung unter bescheideneren, einfacheren Verhältnissen gefallen sein als hier, wo er sich von dem kalten Absolatismus des Geldes fast erdrückt fühlte, wo der vornehme Diener, der ihm jetzt mit feierlicher Grandezza ein Glas Chateau Dann aber fuhr er in tödlichem Erschrecken verstört von seinem Sitze in die Höhe. Sein weingerötetes Gesicht war aschfahl geworden; mit zitternden Fingern tastete er nach einem Halt an der Lehne seines Stuhles. Und plötzlich brach ein leises Keuchen aus seiner Brust und er schlug, den Spieltisch mit der Wucht seines schweren Leibes vor sich herschiebend, in dumpfen Falle jäh vornüber auf den Fußboden.— Eine furchtbare Aufregung entstand. Sämtliche Herren waren gleichzeitig aufgespungen und bemühten sich um den reglosen Körper. Irgend jemand hatte dem schwer Röchelnden den beengenden Kragen gelöst und rief nach Wasser. Nach längerer Zeit erst gelang es einem jungen Arzt, der zufällig in der Gesellschaft anwesend war, sich in dem allgemeinen Tumulte Geltung zu verschaffen. Der Kommerzienrat wurde auf seine Anordnung von zwei Dienern aus der Dunstatmosphäre des Rauchzimmers in einen Nebenraum getragen und dort behutsam auf eine Chaiselongue gebettet; dann schickte der Arzt, ein d'Yquem kredenzte, vielleicht hundertmal reicherlbesonnener, energisch auftretender Mann, die war als er selbst, dem er in zwei Stunden schon einen wesentlichen Teil seines Vermögens als Trinkgeld hingeben mußte. In diesem Augenblick öffnete sich die Korridortür und der Portier überreichte dem Hausherrn ein Telegramm. Der Kommerzienrat warf einen flüchtigen Blick auf die Adresse, löste den Verschlußstreifen und faltete das Papier mit einem Scherzwort langsam auseinander. besorgt nachdrängenden Herren wieder in das Rauchzimmer zurück und nahm hierauf mit Kurts Hilfe eine rasche Untersuchung des Kranken vor. „Es handelt sich zweifellos um einen schweren Schlaganfall!“ sagte er endlich nach langen, bangen Minuten.„Wie weit sich die Lähmung erstreckt, läßt sich zurzeit freilich noch nicht übersehen! Jedenfalls bedarf der Herr merzienrat jetzt aber absoluter Ruhe! Ich möchte Sie daher bitten, Herr Rasmus, einen sofortigen Abbruch des Festes zu veranlassen, indes ich für eventuelle weitere Zwischenfälle vorläufig bei unserem Patienten verbleibe!“ „Da haben wir übrigens wohl den Attentäter, der das ganze Unglück hier verschuldet hat!“ schloß er, dem Kommerzienrat das zerknitterte Telegrammformular vorsichtig aus der krampfhaft geballten Rechten nehmend. „Diese großen Geschäftsleute kommen ja nie aus den nervenzerrüttenden Aufregungen heraus!“ Die beiden Herren waren unter die elektrische Mittelkrone getreten und schauten gleichzeitig in das verhäugnisvolle Papier. „Schwere Explosionskatastrophe!“ las der Arzt mit halblauter Stimme.„Gesamter Fabrikkomplex in Flammen! Zahlreiche Menschenleben verloren! Sofort kommen! LeunerWerke.“—— * Eine halbe Stunde später schloß der Portier das Gartentor der Villa Hausmann hinter den letzten Gästen. Die Nachricht der schweren Erkrankung des Kommerzienrats war das Signal zu einem allgemeinen Aufbruch gewesen. In panikartiger Eile haite man sich nach hastiger Verabschiedung von der Hausfrau, die nur mühsam ihre äußere Haltung bewahrte, in die Garderoben gestürzt, als fürchte man bei längerem Verweilen noch mit in die geheimnisoolle Katastrophe hineingezogen zu werden, die unsichtbar über der Hausmannschen Familie zu schweben schien. (Fortsetzung folgt.) 1— Kheintand und Westsaten. Ein Zeitungsjubiläum. * Elberfeld, 31. Dez. Der Tägliche Anzeiger für Berg u. Mark kann am 31. Dezember auf ein 100jähriges Bestehen als Tageszeitung im Besitz und Verlag der Stadt Elberfeld zurückblicken. Aus diesem Anlaß gab der Tägliche Anzeiger eine 70 Seiten starke Sondernummer heraus, zu der zahlreiche angesehene Persönlichkeiten von Elberfeld und aus dem Bergischen Lande Beiträge geliefert haben. U. a. enthält die Sonderausgabe die bildliche Darstellung einer Probeeisenbahn, die im Sommer 1826 im Garten der Elberfelder Museumsgesellschaft aufgestellt war und als eine Vorläuferin der Wuppertaler Schwebebahn anzusehen ist. Der Reichspräsident als Pate. Ohligs, 31. Dez Reichspräsident von Hindenburg hat bei dem siebenten Sohne des Malermeisters Paul Neurohr von hier die Patenschaft übernommen und seinem Patenkinde auch ein Geschenk übermitteln lassen. Ein schweres Autounglück. * Köln, 31. Dez. Ein schweres Autounglück hat sich, wie erst jetzt bekannt wird, am Montagnachmittag gegen 2 Uhr in der Neußer Straße in Köln=Merheim, zwischen der Rennbahn= und Bergstraße zugetragen. Der Führer eines nach Köln fahrenden Kraftwagens wollte einen in der gleichen Richtung(von Merheim nach Köln) fahrenden Straßenbahnzug der Linie 11 links überholen. Gleichzeitig näherte sich aus der entgegengesetzten Richtung ein Straßenbahnzug. Der Kraftwagen geriet zwischen beide Züge und wurde mit seinem vordern Teil eingeklemmt. Der Zusammenprall muß sehr heftig gewesen sein, denn der Triebwagen des einen Zuges wurde aus den Schienen gehoben. Von den Insassen des Kraftwagens wurden ein Herr und zwei Kinder sehr erheblich verletzt, jedoch nicht lebensgefährlich. Zwei Damen kamen mit leichten Hautabschürfungen davon. Der Führer des Autos wurde nicht verletzt. Der Kraftwagen selbst wurde schwer beschädigt. Der an den Triebwagen der beiden Straßenbahnzüge angerichtete Schaden ist geringerer Art. Ein Dampfer gegen den Brückenpfeiler getrieben. * Wesel, 31. Dez. Ein schweres Schiffsunglück ereignete sich infolge des Hochwassers bei Wesel. Ein auf der Talfahrt begriffener 1800=Tonnen=Dampfer der Reederei van Diel fuhr infolge der starken Strömung gegen den Strompfeiler der Eisenbahnbrücke unterhalb Wesel und sank nach kurzer Zeit. Die Besatzung konnte gerettet werden. Nähere Einzelheiten waren an amtlicher Stelle bisher noch nicht bekannt. Einbruch in das Neußer Rathaus. * Neuß, 31. Dez. In der vorletzten Nacht wurde in das Rathaus von der Gartenseite her eingebrochen. Die Einbrecher statteten fast sämtlichen Bureaus einen Besuch ab, ohne aber große Beute zu machen. In einem Bureau fielen ihnen 70 Mark in die Hände. Die Diebe nahmen in der Sparkasse die Schlüssel zu einem Geldschrank mit. Sie suchten auch die Bureaus im städtischen Verwaltungsgebäude in der Hymgasse heim, jedoch auch hier ohne Erfolg. Verlegung der Biologischen Reichsanstalt nach Bernkastel. * Bernkastel, 30. Dez. Die Biologische Reichsanstalt, die bisher in Trier untergebracht war, ist nach einer Meldung der Bernkasteler Zeitung vom Reichsernährungsministerium nach Bernkastel verlegt worden. Das Reich hat aus diesem Grunde die großen Gebäulichkeiten der Weinhandlung Königsberger Großhandelsgesellschaft einschließlich 20000 Quadratmeter Weinberg, angekauft. Bei dem schweren Kampf zwischen Trier und Bernkastel um den Besitz dieses für den Weinbau überaus wichtigen wissenschaftlichen Instituts hätten nach dem genannten Blatt die rein sachlichen und technischen Gesichtspunkte den Ausschlag gegeben. Submissionsblüte, * Recklinghausen, 31. Dez. In der Nachbargemeinde Merl soll die Westerholter Straße durchgebaut werden. Das niedrigste Angebot hatte eine Firma aus Buer eingereicht. Sie forderte 6695 Mark. Das Höchstgebot entstammte einer anderen Firma aus Buer mit 27·094 Mark. Steuererhöhungen. * Hagen, 30. Dez. Die Stadtverordnetenversammlung beschäftigte sich gestern mit der Forderung der Verwaltung, den Fehlbetrag im Haushalt von etwa 1einhalb Millionen Mark durch Erhöhung der Steuern für das letzte Vierteljahr des Rechnungsjahres zu decken. Man einigte sich auf einen Antrag der Mehrheit, wonach die Steuer vom Grundvermögen von 200 auf 300 v. H., und der Zuschlag zur Gewerbeertragssteuer von 500 auf 700 v. H. erhöht werden. Auf eine Erhöhung der Gewerbesteuer von der Lohnsumme wurde mit Rücksicht auf die trübe Wirtschaftslage verzichtet. Durch die beschlossene Steuererhöhung wird etwa ein Drittel des Fehlbetrages gedeckt. Betrügerisches Bettelvolk. Von Eduard W. Maybach. Reiche Bettler.— Ein eigenartiges Doppelleben.— Bettlerbanden und Bettlerbörsen in Berlin.— Die Moskauer Elendsdirektoren.— Unterstützungsschwindel in Paris.— Italienische Bettelmethoden. Unlängst wurde in Berlin aus geringfügigem Anlaß eine Bettlerin festgenommen. Bei den üblichen Recherchen nach den Personalien ergab sich zum großen Erstaunen ver nachforschenden Beamten, daß die Bettlerin— Hausbesitzerin war. Die Frau redete sich zwar damit heraus, daß sie trotz des Hausbesitzes keine Einnahmen habe und so auf das Betteln angewiesen sei. Man konnte ihr aber nachweisen, daß trotz ihrer Verarmung immer noch zureichende — wenn auch bescheidene Einnahmequellen für sie bestanden. Man hatte es bei ihr mit dem typischen Fall eines Bettlers zu tun, der es garnicht nötig hat, sich auf die Straße zu stellen, das Betteln vielmehr nur ausübt, weil er es als eine bequeme und dabei doch einbringliche Betätigung zu handhaben versteht. So hat man beispielsweise in Norwegen vor einer Reihe von Monaten die persönlichen Verhältnisse eines Mannes aufgeklärt, der seinen Erwerb durch Betteln bestritt, sich von seinen Einnahmen aber im „Zivilberuf“ Auto und Chauffeur hielt. In den Jahren vor dem Kriege war in einer kleinen russischen Stadt an der Kirchentür jahraus, jahrein der gleiche zerlumpte Bettler zu finden. Der Zufall ließ,— verhältnismäßig spät erst— die Behörden auf das wirkliche Leben dieses Mannes aufmerksam werden. Es stellte sich heraus, daß er sich allabendlich umkleidete und mit den Erträgnissen seines Tageserwerbs in den teuersten Lokalen einer anderen Stadtgegend als eleganter und wohlhabender Kavalier verkehrte. Diese Fälle bilden ein interessantes Material für den Psychologen. Man hat es hier mit einem ausgesprochenen Doppelleben zu tun. Aber nicht jenem oft von Romanautoren geschilderten Doppelleben, bei dem nachtwandlerisch oder anderweit psychopathisch veranlagte Naturen regelrecht zwei Menschen in ihrer Brust herumtragen, wobei in krankhafter Störung des gesamten Bewußtsein=Komplexes„einer“ nichts vom„andern“ weiß. Jene reichen Bettler handeln vielmehr bei vollem Bewußtsein. Ihr Doppelleben ist Methode. Sie scheuen sich nicht des guten und bequemen Einkommens wegens die Rolle des Ausgestoßenen und Zerlumpten zu spielen. In der vornehmen Art, wie sie den Erlös anlegen oder durchbringen, halten sie sich dann in der „anderen Abteilung“ ihres Lebens schadlos. Aber dieser eigenartige Typ betrügerischer Bettler gibt auch wertvolle Fingerzeige für das Studium des Bettelunwesens der modernen Großstadt überhaupt, für die Motive, die oft das Bettlervolk treiben, und die— organisatorische Tüchtigkeit, mit der dieser„Beruf“ angepackt wird. In der Inflationszeit stellte sich in Berlin heraus, daß die Mehrzahl der Bettler, die in regelmäßigen Abständen auf den Straßen und Plätzen der westlichen Stadtgegend ihren Standort hatten, eine Art Organisation untereinander bildeten. Von einer zentralen Stelle aus wurden die Plätze zugewiesen und Außenseitern gegenüber für die berechtigten Inhaber freigehalten. Es wurden Anweisungen gegeben, wie man sich beim Eingreifen der Polizei zu verhalten habe, gefälschte Papiere mit Invaliditätsbescheinigungen wurden ausgestellt. Erfahrungen wurden ausgetauscht und Richtlinien ausgegeben für eine geeignete Behandlung des Publikums, insbesondere der Ausländer und der Frauen. Auch heute noch haben die Berliner Bettler ihre bestimmten „Börsenlokale“. Hier können von Leuten, die den„armen Blinden“ markieren, Blindenhunde gemietet werden. Natürlich tragen die Hunde das offizielle Rote Kreuz. Hier gibt es für Männer oder Frauen, die sich in ihrem Bettelstand gerne als das„verzweifelte Familienhaupt“, aufspielen, Kinder in allen Lebensaltern zu mieten, die es gewohnt sind, die„verhungemnde Familie" zu mimen. Die singenden Klingelfahrer finden in diesen Börsen ihren Partner. Tenor oder Baß, Violine oder Ziehharmonika. Ferner wird hier des Abends der aus Sachwerten bestehende Teil des Tageserlöses meistbietend zu Geld gemacht. Bekanntlich bekommen die Klingelfahrer, die von Tür zu Tür gehen, von mitleidigen Hausfrauen oft dicke Stullen, obendrein wohl auch noch abgelegte Kleidungsstücke. Des Abends werden diese Spenden des Mitleids in den bewußten Lokalen prompt in Geld umgesetzt. So ist alles an diesen so de= und wehmütig auftretenden Bettlern Pose und berechnete Schauspielerei. Sie wissen, wie man mit den rechten Mitleidstönen den anderen Menschen das Geld aus der Tasche herauszaubern kann. Im hutigen Sowjetrußland ist der Bettel in weit ausgedehnterem Maße anzutreffen, als es unter dem alten Zarenregime der Fall war. Und doch sprach man schon vor dem Kriege Moskau als die„Stadt der Bettler“ an. Heute gibt es in Moskau Leute, die sich aus der Organisation des Straßenbettels ein lukratives Einkommen machen. Sie ziehen Erwerbslose oder gescheiterte Existenzen an sich heran, erteilen ihnen sorgfältigen Unterricht in der Kunst des Bettelns, weisen ihnen geeignete Plätze an, überwachen sie in der Ausübung ihres neuen Berufs und kassieren sich allabendlich ihren Anteil ein. Wieder andere halten es mehr mit Verkrüppelten. Durch Unteragenten lassen sie in den Armenvierteln Leute ausfindig machen, die mit einem natürlichen Gebrechen oder einer durch eine Verletzung zustande gekommenen Verkrüppelung behaftet sind. Diese Leute werden gleichfalls im Betteln ausgebildet. Ihnen wird insbesondere beigebracht, wie sie aus ihrem Leiden— etwa durch Vorweisen des nackten Armstumpfes oder der geschickt hervorgekehrten Beinverkrümmung — in richtiger Spekulation auf das Mitleid der Passanten Kapital schlagen können. Man hat solchen Organisatoren im Volksmund einen bezeichnenden Titel gegeben. Man nennt sie „Elendsdirektoren“. Die Stadt Paris zeigt den betrügerischen Bettel in einer wesentlich gehobeneren Form. Hier wird das Mitleid des lieben Nächsten mehr in gesellschaftlicher Form ausgepowert. Irgend ein geeigneter junger Mann wird als„unverschuldet in Elend geratener“. Assessor, Gelehrter oder Künstler herausstaffiert. Der Leiter des nunmehr einsetzenden Nepp=Feldzuges verfügt über einige Beziehungen zu Leuten von Stand und besorgt so dem Hauptdarsteller der Schröpfoperation einige Empfehlungsschreiben mit klingendem Namen und Titeln. Also ausgerüstet besucht der arme unschuldig ins Elend geratene junge Mann besserer Herkunft die Wohnungen wohlhabender Leute. Auf seine Empfehlungsbriefe hin erhält er fast überall Gaben. Man gab vor dem Kriege diesen aufs Gesellschaftliche herausstaffierten Klingelfahrern gewöhnlich ein oder zwei Francs. Wenn dann auch die Leitung der Maskerade mehreren Drahtziehern oblag, so blieb nach der Teilung doch noch für jeden eine stattliche Summe über. Italien ist das Land des Fremdenverkehrs. Deshalb arbeiten hier die Bettler auch unter dem einheitlichen Motto zusammen, die Fremden nach Möglichkeit auszupressen. Wenn ein Fremder in einer oberitalienischen Stadt einem Bettler etwas schenkt, so ist der Mann bereits nach ganz kurzer Zeit überall in der Stadt signalisiert. Wo er auch hinkommt, kann er sich des Bettelvolkes nicht erwehren. Die Polizei ist diesen wie Kletten zusammenhaltenden Bettlern gegenüber machtlos. Eine etwas gehobenere Form hat der nicht minder berüchtigte Trinkgeldbettel in den italienischen Szertl Meisterschaftskämpfe im Vergischen. Am Sonntag werden nur wenig Meisterschaftskämpfe zum Austrag gelangen. In der 1. Bezirksliga sind drei Meisterschaftstreffen angesetzt worden, während in der 2. Bezirksliga der Spielbetrieb vollständig ruht. Die Gauklasse hat nur einen Meisterschaftskampf anberaumt. 1. Bezirksliga. Zu Meisterschaftskämpfen haben anzutreten: BE. 05 Düsseldorf— Solingen 95. Remscheid— BV. 04 Düsseldorf. Cronenberg— Turn Düsseldorf. Das Düsseldorfer Treffen zwischen BC. 05 Düsseldorf und Solingen 95 dürfte ein recht knappes Resultat bringen. Ein kleines Plus muß momentan den Düsseldorfern zugebilligt werden, die den Kampf knapp für sich entscheiden werden. Einen spannenden Kampf dürfte es in Remscheid geben, wo die Heldhusermannschaft dem BV. 04 Düsseldorf gegenüber zu treten hat. Remscheid hat in der letzten Zeit sehr gute Erfolge erzielen können; ebenso haben aber auch die Düsseldorfer eine Formverbesserung aufzuweisen. Der Ausgang dieses Treffens ist nicht vorauszusehen. Der Cronenberger Sportklub, der Turn Düsseldorf zu Gast hat, wird sich zweifellos eine höhere Niederlage gefallen lassen müssen. Hotels. Hier erfolgt die Zusammenarbeit daß die Hotelportiers in den Grenzstädten auf die Koffer des Reifenden besondere Kreidezeichen anbringen. Besucht der Reisende andere italienische Städte, so ist er für Portiers, Kellner und jedes Hotelpersonal bereits bestens als ein freigiebiger bezw. schäbiger Patron signalisiert und alle wissen, welche Seiten sie beim Erbetteln besonderer Trinkgelder aufzuziehen haben. So hat das Bettelvolk je nach Ländern und Mitmenschen seine eigene Methode, um die Freigiebigkeit und das Mitleid der Mitmenschen auszuschlachten. Gewiß gibt es überall auf der Erde auch wirkliche Armut. Aber wo gebettelt wird, liegt nur in einem Bruchteil der Fälle wahre Not vor. Die Triebfedern des Bettelns sind vielmehr meist Spekulation auf die Dummheit der Leute, Lust an dem betrügerischen Spiel und Schen vor geregelter Arbeit. Das Publikum sollte Haus= und Straßenbettlern gegenüber in gleicher Weise mit Gaben zurückhalten. Mit ein wenig Beobachtungssinn läßt sich feststellen, ob man in dem Bettler wirklich einem dem Hungertode nahen Menschen oder einen guten Schauspieler vor sich hat. Dem Bettler gegenüber heißt daher die Losung:„Augen auf, Taschen zu!“ Wer dem Bettel die Unterstützung versagt, wirkt mit, das Straßenbild unserer Großstädte von seinen Auswüchsen zu befreien und tut damit der Allgemeinheit und nicht zuletzt sich selbst einen wertvollen Dienst. Auch ein Reiseandenken. Manche jener sonderbaren Gesellen, die als Landstreicher per pedes apostolorum das Land durchstreifen, bekommen auf ihren Wanderungen oft mehr von der Welt zu sehen, als gelegentliche Vergnügungsreisende, die stolz im D=Zug durch die Landschaft rasen. Reiseandenken aus den verschiedenen Ländern kann der Landstreicher aber nicht sammeln. Meist kündet nur sein Mund, wo er überall gewesen Eine merkwürdige Ausnahme davon ist ein Wanderbruder, der kürzlich zu Eger in der Tschechoslowakei von der Polizei ausgegriffen wurde. Er trug seine Reiseandenken auf dem bloßen Körper, in Form von verschiedenartigen Tätowierungen bei sich. Neben europäischen und amerikanischen Tätowierungen zeigte die Haut des Mannes auch Zeichnungen chinesischen und marokkanischen Ursprungs. Da der Wanderer krank war, wurde ihm ein Winterquartier im Egerer Spital zugewiesen. Grauenvoller Selbstmord des russischen Dichters Jessenin. * Moskau, 30. Dez. Der populäre russt sche Dichter Sergej Jessenin hat in Petersburg in einem Hotelzimmer Selbstmord begangen. Jessenin hat sich an einem Dampfheizungsrohr aufgehängt. Vorher hatte er versucht, sich die Venen an den Armen durchzuschneiden. Einen vorgefundenen Abschiedsbrief hatte er mit seinem eigenen Blut geschrieben. Jessenin, der kaum 32 Jahre alt geworden ist und zu den führenden Poeten der russischen Revolution gehörte, war ein schwerer Narkotiker und befand sich in letzter Zeit in Behandlung einer Nervenklinik. Er erregte durch seine Ehe mit Isadora Duncan, von der er sich bald wieder scheiden ließ, Aufsehen. nd 1. Gauklasse Zum einzigsten Meisterschaftsspiel in der Gauklasse haben anzutreten: Ras.=Borussia Velbert— F. Cl. Schwelm. Ras.=Borussia Velbert hat nach langer Zeit wieder einmal in Velbert zum Meisterschaftsspiel anzutreten. Gast ist ein gefürchteter Gegner: Der Fußballklub Schwelm, der hier auch den Spiel= und Sportverein Velbert mit 1:0 hereinlegte. Ras.=Borussia hat sich noch tüchtig anzustrengen, um vom Tabellenende wegzukommen. Der Kampf gegen Schwelm braucht nicht von vorherein als verloren aufgegeben werden, obwohl ja den Schwelmern ein Plus zugesprochen werden muß. * Freie Westdeutsche Spielvereinigung. Elberfelder Turnerbund 1— Vorwärts Velbert 1. Am ersten Neujahrstage fährt die erste und zweite Mannschaft des Sportklub Vorwärts nach Elberfeld, um gegen obengenannten Verein ein Freundschaftsspiel auszutragen. Schon oft standen sich beide Mannschaften im Kampf gegenüber. Der Elberfelder Turnerbund ist hier kein unbekannter Verein. Die VorwärtsElf wird am Neujahrstage eine harte Probe zu bestehen haben. Hoffen wir, daß sie auch im neuen Jahr ihr erstes Spiel für sich entscheidet, Das Sviel findet in Elberfeld auf dem Sport platz an der Schusterstraße statt. Die erste ziehung der Jugend, der Erziehung zu hoher Mannschaft spielt in folgender Aufstellung: Müller Köttgen Best Jung Göbels Rosick Tillmann, Winterscheidt, Oberholz, Walken„ D Durchschnittsleistung, der Bildung innerer Werte zu widmen. In einem allgemeinen Ueberblick über das vergangene Jahr darf nicht die erfreuliche Tatsache des Wiedererstehens der Deutschen Lebens= Rettungs= Gesellschaft bach, Batz.[Lebens= Rettungs=Gesellschaft Anstoß der ersten Mannschaften 2 Uhr. Vor= fehlen, die durch gemeinsames Zusammenarbeiher spielen die zweiten Mannschaften beiderl ten der Deutschen Turnerschaft mit dem DeutVereine.schen Schwimmverband wieder in die Lage versetzt worden ist, ihre segensreiche Tätigkeit weiterzuführen. Es darf weiter nicht unerwähnt (bleiben, welch erfreuliche Ausdehnung der Ein Sieg Herses in Purio.[Deutsche Aerztebund zur Förderung der tu. Paris, 31. Dez.(Funkspruch.) Der Leibesübungen genommen hat, d. h. mit andedeutsche Boxer Herse schlug den Franzosen ren Worten umschrieben die Erkenntnis, daß *„ es besser ist, den Gesunden gesund zu erhalten, Salvinto bei einem Boxkampf in Paris statt Kranke zu heilen. Und zu dritt muß auf in der 10. Runde nach Punkten. den Aufschwung der Pflege von Leibesübungen] In Amerika ist es eine alltägliche Erschei. unter unserer Hochschuljugend hinge= nung, die Frau am Lenkrad zu sehen. zu kommen, dient, wenn sich allenthalben antersucht werden, Ergänze wie dier 1) leichtere Stsrungen an ihrer Maschne au des Aesganbe, vie Fe sche ten Gebieten des oder richtiger gesagt, zum„Damenchauseu“ Sports besonders gut ar jar augeschwungen haben. Es sind meist Frauen, auch bier anz allzese essenze, darf die an Energie und an Stärke des Auftretens ## hier gung augemein gesagt wetven: wir dem Manne nichts nachtun, mitunter dafür sino voran gekommen und haben die Grundlagen zu weiterem Fortschritt bereits fest unter den Füßen. R. N. Das deutsche Sportjahr 1925. Du sollst Deines Leibes vernünftiger Aufseher, Herr und Meister sein, ihn zu rüstiger Mannhaftigkeit ausbilden und geschickt und gehorsam machen zu allem Guten, damit Du ein ganzer Mann werdest, für Dich, die Deinigen und das Bürgertum, in dem Du lebst. Guts Muts. Wenn ein Jahr zu Ende geht, wirft man in welch hohem Ausmaße das weibliche Gegern einen Blick zurück und stellt Betrachtungen schlecht vertreten ist. Auch unter den Siegern darüber an, was es gebracht hat. Man darf der Wettkämpfe werden in verhältnismäßig wohl ohne Uebertreibung sagen, daß unter den zahlreichen Fällen Damen genannt. UnzweiErscheinungen, die dem Jahr 1925 einen beson= felhaft hat sich der Eislauf in den letzten Jahrderen Stempel aufgedrückt haben, auch die kul= zehnten zu einem Sportgebiet entwickelt, i Volkskraft trotz aller wirtschaftlichen Röte, troßz dem Rodelsport ist ebenfalls das weibliche GeDas zarte Geschlecht zu Gast im Reiche des Sports. Von Heinrich Wehrland. Starke Teinlhme der Frauen am Winter sport.— Tennis=Weltmeisterinnen.— Weibliche Fußballer.— Fliegerinnen...? Allenthalben im Reiche des Wintersports werden Turniere veranstaltet. Betrachtet man die Liste der Teilnehmer, so ist man überrascht, in welch hohem Ausmaße das weibliche Genen, mit an vorderster Stelle steht. Es ist daher angebracht, die Frage zu stellen, ob im jetzt abgelaufenen Jahr auf diesem Gebiet Fortschritte erzielt worden sind und welche Ziele es noch zu erreichen gilt. Man kann eine solche Betrachtung von den verschiedensten Gesichtspunkten aus anstellen. Sie kann allgemeiner Natur sein, sie kann aber auch aus der Entwicklung einzelner besonders wichtiger Sportgebiete heraus zu bestimmten Schlüssen führen. Es darf weiter auch nicht außer Acht bleiben, unser Verhältnis zu den Leistungen anderer Völker auf dem Gebiet des Sports vergleichsweise zu prüfen, solie die Ergebnisse, die wir im Kampf Nationen erzielt haben. Manche Theoretiker des Sports haben den Standpunkt vertreten, sportliche Betätigung stehe nur dem Manne zu, die Frau sei allenfalls als Gast zu dulden. Was die Frau da und dort in sportlicher Hinsicht leiste, solle man nicht überschätzen; es sei, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nichts anderes, als mehr oder minder hübsch aufgezogener Dilettantismus. Diese antifeminine Einstellung ist für eine ganze Reihe von Sportgebieten längst gründlich veraltet. Neben dem Eislauf und den anderen Künsten des Winters mie dis beweist das in erster Linie der Tennissport. mit anderen Niemand wird bestreiten, daß die Frau in dem weißumrandeten Feld eine ausgezeichnete Figur macht. Das kurze, graziöse Springen, das zumischen, bewältigt der Deutsche Reichsausschuß für Leibesübungen all die Arbeit, die gemeinsamen Interessen dient und die auf die objektive, selbstlose Förderung der Pflege jeder Art von Leibesübungen eingestellt ist. Man wird deshalb bei einer allgemeinen Betrachtung die Arbeitsergebnisse des D.R.A. besonders berücksichtigen müssen. Er hat uns selbst in einer in der zweiten Hälfte des abgelaufenen Jahres zusammengestellten und veröffentlichten Turnierlisten, wie sehr die Frau dem Manne den Rang abgelaufen hat. Wir haben Weltmeisterinnen des Tennisspiels. Ein Tennisturnier ohne Teilnahme der Frau wäke heute geradezu undenkbar und würde selbst von eingefleischten Frauengegnern als eine Torso bezeichnet werden müssen. Und wirklich, auch ein einfacheres Gemüt empfindet eine derartige Profanierung des weiblichen Körpers als eine Abgeschmacktheit hohen Grades. Es bleibt ein Zeichen der Zeit, daß man es mit allen Mitteln versucht hat, aber auch einen ausgesprochenen Mangel an rein weiblichen Reizen erkennen lassen. Bei uns in Deutschland sind es zahlenmäßig nur ganz wenige Frauen, die sich den Platz am Lenkrad erobert haben. Das Publikum hat sich dabei der Automobilfahrerin durchaus sympathisch gegenüber verhalten. Sicherlich ein Beweis dafür, daß— im Gegensatz zu dem Ringen und Boxen— vom ästhetischen Standpunkt aus nichts einzuwenden ist. Da das Automobilfahren keine besonderen Körperkräfte voraussetzt, so kommt es in der Hauptsache auf die Frage heraus, ob die Frau den zureichenden Vorrat an Nervenkraft besitzt und ob sie geistesgegenwärtig genug ist, die entfesselten Pferdekräfte des Automobils sicher und gefahrlos zu dirigieren. Im Durchschnitt wird unser heutiger FrauenEinige andere Rasenspiele, wie Golf und Zurn= und Sparttatitzen u. ver ösfentlichten Baseball sind der Frau schon in geringerem Turn= und Sporlstalistit eine Uebersicht über Maße zugänglich. Dann folgen nach der einen all das gegeben mas gewissermaßen die Grund= Seite hin die Rasenspiele, bei denen— wie Entwicklung von etwa beim Kroquet— der Sportcharakter völTurnen und Sport und damit in hohem Maß lig zugunsten des reinen Spielcharakters von Gesundheit und. Kraft ist. In dieser rückgetreten ist, wo man also die Teilnahme als Selbstverständlichkeit Statistik konnte erfreulicherweise von recht guten Fortschritten in der Spielplatzfrage berichtet werden, während bezüglich der Turnhallen nur eine geringe Vermehrung festgestellt, bezüglich der Schwimmbäder jedoch kein allzu günstiges Bild gegeben werden konnte. Mit Freude liest man, der Frau geradezu empfindet. Auf der anderen Seite steht das eigentliche Rasenspiel, der Fußball, der seiner Natur nach dem weiblichen Geschlecht vorenthalten bleiben muß. daß die Zahl der Jugendherbergen und dern swar in den verschiedenen LänJugendheime in starkem Anwachsen be= seben. a"idliche Fußballer auftauchen griffen ist, daß Staat und Gemeinden eine Ruftg. aber auch bei einem spärlichen dauernd im Wachsen begriffene Erkenntnis für gusgesnr geblieben. Der Fußball setzt eine die Notwendigkeit planvoller und ausreichender prochene Robustheit und Schärfe der Unterstützung aller der vom Deutschen Reichs= schlez einer Frau dentbar ausschuß vertreitenen Bestrebungen an den Tags uhzev. V“ Gescht steht. Das Publikum lehnt legen. Wenn aus der Statistik andererseits.“““ in der Welt den Wettkampf von Fußhervorgeht, daß noch viel viel getan werden gallspielerinnen ab. Kleine Gruppen von muß, so ist das ein Anreiz zu weiterer uner Frauen, die sich privatim zum Spiel— natürmüdlicher Arbeit. Der D.R.A. kann aber augs lich in Sportshosen— zusammenfanden, haben auk ein großes eigenes Werk im vergangenen keine Bedeutung erlangt. um Deutiche: au die Grundsteinlegung Ring, uud gbnliches Fiasko hat die Frau im deschen Sportforum, das ein und Boxsport erlebt, zwei Sportgebielpunkt werden soll aller geistigen, körper= ten, die sie sich insbesondere im Verlauf der lichen und seelischen Kräfte, die unserer turne letzten Jahre zu erobern versuchte. Eine Zeit, . gund sportlichen Körperkultur innewoh= lang las man an den Anschlagsäulen der die einzelnen Pir=einen ähnlichen Maßstab an Großstädte schreiende Ankündigungen über Wienicht anders mit ber einen gesuden Körer inewohtenden arfsachter Peliszteidt iun den Aing au. Kattrast auch die wirschaftliche Rot erselgreich ien aur Set Flämpft werden wird, die einer weitn 1ge der Frau manche energiche Vertreiterin vernehrung der Mitgliederzaht sopie. g=portverbeserungen“:. Die üblichen gestigung zur Zeit noch entung ie innerer Wendungen wurden hervorgeholt, daß es illen Verbänden regiert heute das Programm grundlätzlich nichts gebe, bei demn die Frau das kommende Jahr: Rückehr zur Einfache die große Menge des Pablikuns um sich desto mehr der Ers iehnie die Ring, wie die G ir der Er=kehnte die Ring= wie die Boxkämpferinnen ab. Leben unserer Städte auf=typ Siesen Jahehungerten dde 8 seit Geistesgegenwart. Aber es ist zu erwarten einrimmt agerceesgeiteinen daß mit der Verbreitung des Automobilsports Ia Screxxlatz einummt, ist das=ueten. die bei der Frau unzweifelhaft genau wie beim icaeben, iene Prauen u die Amazonen zu: Manne vorhandenen phsuchischen Anlagen ihre laugehen, jene Frauen, die sich mit unbegrenz- Ausbildung und Stärkung erfahren. Das Das deusichemittelaster Pserden tunmelten. gleiche gilt natürlich auch für die Beteiligung . talter kennt es nicht anders, der Frau am Motorradsport. Hat sich die als vaß sich Frauen von Stand an den großen] Frau, allen Vorurteilen der Zeit gegenüber Reitausflügen beteiligten. Auch bei Jagd= zum Ende des vorigen Jahrhunderts das Fahrausflügen zu Pferde waren die Frauen die rad erobert, so ist nicht einzusehen, warum ihr Ehrengäste. Unsere Minnesänger haben viel= das Motorrad vorenthalten bleiben sollte. Ist fach die Frau als Beherrscherin des Pferdeslsie nur eine zureichende Beherrscherin ihres besungen. Auch in der Ballade tritt die Frau Fahrzeuges und braucht man sich so über sie oft als Reiterin auf. Man denke nur, um selbst und über das Schicksal der von ihr durchein Beispiel von vielen zu nennen, an diel fahrenen Straßen keine Gedanken zu machen, Ballade von Tom dem Reimer, dem im Walde so ist von ästhetischer Seite gegen die Motorraddie Elfenkönigin auf einem Schimmel begeg=Ifahrerin nichts einzuwenden. nete. Heute noch ist die Reiterin im Tatter=] In wenigen Jahrzehnten werden wir vor sall wie in der Partie im Freien eine gern der Frage stehen, ob das Fliegen ein angesehene Erscheinung. Daß man nicht mehr so gemessener Sport für die Frau ist. viele Frauen zu Pferde sieht, ist weniger auf Unsere Industrie arbeitet unermüdlich an der lichen Gechlechte zurückzufähren.=bidung von kleinen Privatflugzengen, daß der Reitport über als auf die die im Preise so gehalten sind, daß etwa ein Verbreitung des Juta„: nuegaupt mit der seutgestelter Geschäftsmann sich für seine Reteinter#me autvmooils erheblich in den ssen, für Geschäfts= wie für Sportzwecke ein Man hätte spyutr— tännen, daß der eidenes Flugzeug halten kann. Wird auch die Mun hatte nun erwarten konnen, daß der Frau eines Tages sich allein in einem kleinen Automobilsport bei der Frau ebenfalls ein Flugzeug über die Häuser erheben können? ausgedehntes Interesse findet. Die Entwicklung der Dinge hat gezeigt, daß es bis heute nicht der Fall ist, zum mindesten nicht bei uns in Deutschland. Auch hier wird es eine Frage der Nervenkraft und der Geistesgegenwart sein, nur in viel höherem Maße, als es heute schon beim Motorsport der Fall ist. Auslese des Westen. Im Zeichen des Wettbewerbs. Von Herbert Steinmaan. Konkurrenz muß sein.— Unter dem Einfluß der Krisis.— Sportkonkurrenzen des Altertums.— Sängerkriege.— Vor den Preisrich= tern der Handelsmesse.— Sieben Jahrzehnte Weltausstellung.— Literarische und künstlerische Preisausschreiben.— Unlautere Wettbewerb. Unsere Zeit steht mehr denn je im Zeichen eines gesteigerten Wettbewerbs auf allen Gebieten. Nie waren die Wettbewerbe so durchorganisiert und so vielfältig wie gerade jetzt, nachdem sich der Grundsatz: Konkurrenz muß sein! allenthalben durchgesetzt hat. Ein Preisausschreiben jagt das andere und spornt die Menschen zu immer höheren Leistungen und zur Hervorbringung immer besserer Qualitäten an. Diese Hochflut von Wettbewerben ist ja auch nicht verwunderlich in einer Krisenzeit wie der unserigen, in der sich nur der Beste und das Beste behaupten können. Was wir mit dem Wort„Wettbewerb“ bezeichnen, das ist nichts anderes als ein Mittel zur Aulese der tüchtigsten Männer und der tichtigsten Leistungen auf den verschiedenen Gevieren menschlicher Betätigung, des Handels, der Industrie, der Kunst und des Sports Die ersten Wettbewerbe, von denen wir Genaueres wissen, waren künstlerischer und sportlicher Natur. Handel und Industrie waren damals noch nicht in dem Maße voll entwikkelt, als daß sie eines organisierten Wettbewerb bedurft hätten. Der Wettbewerb im Kleinen fehlte allerdings auch damals nicht. Im Sport und in der Kunst dagegen war das anders. Das Volk der Griechen, das auf diese Dinge mehr Wert legte, als auf kaufmänninehr Wert legte, als auf kaufmännische und industrielle Betätigung schuf die ersten künstlerischen und sportlichen Wettbewerbe in Gestalt der olympischen Spiele, in denen in Wettrennen, Kampfübungen und Wettgesängen die Tüchtigsten ausgewählt und als Sieger Ruhm und Ehre gewannen. Auch Rom tat Manches, um seine Bürger zu Höchstleistungen anzuspornen. Die Preise, die das kriegerische Rom verteilte, galten aber nicht nur dem Sieger in friedlichem künstlerischen oder sportlichen Wettkampf. Vor allem die Kriegstüchtigsten fanden in größerem Maßstabe anspornende Auszeichnungen, indem Abzeichen für besondere kriegerische Leistungen verliehen wurden. Diese Abzeichen waren die Vorläufer unserer Orden. Wer einen Sieg gewann, als erster eine Stadtmauer erklomm, oder zuerst auf das feindliche Schift sprang, dem waren neben Gold und Beförderung auch ein äußeres Abzeichen in Form einer Mauerkrone, eines Schiffschnabels oder dergleichen gewiß. Die Wettspiele der Römer hatten allerdings nicht den reinen Charakter des Wettbewerbs, wie die der Griewurden vielsoch nur von Sklaven und Kriegsgefangenen ausgeführt und dienten nur dazu,, die rohe Schaulust zu befriedigen. Einen höheren Wert hatten die römischen Wagenrennen in denen oftmals die Vertreter alter römischer Familien um die Palme des Sieges rangen. Das Mittelalter zeigt schon alle die Spuren des Wettbewerbsgedankens wie wir ihn heute auffassen. Literarische und künstlerische Wettbewerbe waren die Sängerwettkämpfe der Troubadoure und Minnesänger an den Höfen. Das bekannteste Beispiel eines solchen Wenstreites ist der. in einem mittelbochdeut# schen Gedicht um 1260 beschriebene Sängerkrieg auf der Wartburg der durch die Besonderheit seines Stoffes noch später zahlreiche Dichter Dramatiker und Komponisten zur Bearbeitung gereizt hat. Auch die bürgerlichen Meistersinger deren bekanntester Hans Sachs ist, pflegten ihre künstlerischen Leistungen in Wettbewerben aneinander zu messen. Sportliche Wettbewerbe fanden für den Adel in Form der Tourniere statt, bei denen die jungen Edlen Gelegenheit hatten, sich in kühnem Körperspiel, beim Reiten und Lanzentreffen auszuzeichnen und Siegerruhm davozutragen. Im Preislaufen, Preisspringen und Preissteinstoßen maßen sich Edle und Volk zleichermaßen. Ringkämpfe und Wettschießen gab es damals wie heute, nur daß man zu jener Zeit noch keine Weltmeisterschaften austrug. Bald begann sich auch der industrielle und kaufmännische Wettbewerb zu organisieren. Einen mächtigen Antrieb bot hierfür die im 13. Jahrhundert gegründete Hansa. Als Vereinigung Deutscher Kaufleute gewann diese Körperschaft bald ein Uebergewicht über die ausländischen Kaufmannschaften. Anspornend und belebend wirkten auch die bald sich entwickelnden Handelsmessen. Je mehr sie besucht wurden und je größer der Andrang gleichartiger Erzeugnisse auf ihnen war, desto mehr zwangen sie den Einzelnen Qualitätsware heranzubringen, um damit den Konkurrenten zu übertrumpfen. Der Käufer, der nach Belieben wählen konnte, nahm nur das Beste. Später entwickelten sich die Warenmessen zu Mustermessen und Musterausstellungen, auf denen sich Fabrikanten, Großhändler und Wiederverkäufer zu Geschäftsabschlüssen auf Grund der ausgestellten Muster zusammenfanden. Diese Mustermessen sind noch ein vorzügliches Prüfungsmittel kaufmännischer und industrieller Leistungen und wirken belebend auf die Produktion. ihren Bestimmungen sollen die Zinsen des 44 Millionen Frs. betragenden Vermögens als Preise unter diejenigen verteilt werden, die im jeweilig verflossenen Jahr der Menschheit die größte Dienste auf dem Gebiete der Physik, der Chemie, der Medizin, der Literatur und der Friedensbewegung geleistet haben. Die Verteilung findet ohne Rücksicht auf die Nationalität statt. Daneben bestehen noch verschiedene andere Stiftungen hauptsächlich für Erzeugnisse der dramatischen Produktion, so der Grillparzerpreis, der seinen Bestimmung nach für das relativ beste deutsche dramatische Werk, das im Laufe des letzten Trienniums auf einer namhaften deutschen Bühne zur Aufführung gelangte, zuerkannt wird. Für künstlerische Arbeiten auf dem Gebiete der Bildhauerkunst, Malerei, Zeichenunst und Architektur werden ebenfalls zahlreiche Preise verliehen, außerdem werden von Zeit zu Zeit große Wettbewerbe ausgeschrieben. Sogar Rußland hat einen solchen Preis ausgesetzt, den Leninpreis. Ferner geben die verschiedensten Ausstellungen auf dem Gebiet der bildenden Künste den Künstlern Gelegenheit, künstlerische Kräfte im Wettstreit zu messen. deutet; ein paar hingestellte Baumzweige bedeuteten einen Wald. Eine Beleuchtung war nicht nötig, da man nur am Tage spielte. Die Aristrokratie mengte sich nicht mit dem gewöhnlichen Bürgersmann, sie saß in Logen über der Bühne oder auch auf Stühlen auf der Bühne selbst. Man rauchte Pfeifen und unterhielt sich mit den Spielenden. Liebeleien mit den Schauspielerinnen konnten nicht entstehen, denn Schauspielerinnen gab es noch nicht; die weiblichen Rollen wurden von Knaben und Jünglingen dargestellt. Ebensowenig gab es Zuschauerinnen; für Damen galt der Theaterbesuch nicht als schicklich. Der Bürgersmann stand in dachloser Parterre, er konnte auch für teures Geld nicht auf den Platz des Adels kommen— eine Sitte, die sich noch bis in die neuere Zeit hinein an manchen, kleinen deutschen Hoftheatern erhielt. Mit der Einrichtung der Messen nahm der moderne Ausstellungsgedanke seinen Anfang. In der großen Oeffentlichkeit soll durch die Ausstellungen für die Erzeugnisse einer Branche geworben werden. Die Interessenten und die Aussteller selber aber sollen untereinander zum Wettbewerb angespornt werden. Das wird nicht nur dadurch erreicht, daß man für jede Ausstellung nur qualitativ hochstehende Erzeugnisse annimmt, sondern auch dadurch, daß man unter diesen Spitzenleistungen wieder die Besten mit Preisen auszeichnet. Oft werden dabei die verschiedenen Zweige moderner wettbewerblicher Betätigung miteinander verbunden. Eine Sportausstellung wird beispielsweise nie ohne sportliche Wettkämpfe stattfinden, Ausstellungen von Kraftfahrzeugen sind gewöhnlich mit Autorennen verbunden. Den Höhepunkt seiner Betätigung erreicht das Ausstellungswesen in den Weltausstellungen, die ein Staat in Verbindung mit möglichst vielen anderen Staaten zur Vergleichung der bei den einzelnen Völkern erzielten Forschritte von Zeit zu Zeit zu veranstalten pflegt. Darin findet der Wettbewerbsgedanke seine höchste Vollendung. Die erste Weltausstellung fand 1851 in London statt. Bekannt sind besonders nach die zahlreichen Pariser Weltausstellungen, die Brüsseler Weltausstellungen und die Weltausstellung in St. Louis. Die neueste Zeit sah die britische Weltausstellung in Wembly, die allerdings mehr eine britischen Ausstellung als eine allgemeine Weltausstellung war. Vom Zeitpunkt der ersten Weltausstellung ab blühte der Wettbewerbsgedanke auf allen Gebieten menschlicher Tätigkeit besonders auf. Der Sport, jetzt in fast unzähligen Sonderabteilungen gespalten, schuf sich in den modernen olympischen Spielen, in Autorennen. Fußballkämpfen, Hockey, Tennis= und Schlagballturnieren, in Segelregatten, Prüfungsfahrten und Spezialausstellungen im kleinen wie im großen Kreise genug Gelegenheit zu heißem Wettbewerb. Dutzende von Namen und Bezeichnungen sind durch solche sportlichen Wettbewerbe unvergeßlich geworden. Gordon Bennet, Targo Florio, Kieler Regatta, Houben, Rütt und Sechtstagerennen. Zu künstlerischer, wissenschaftlicher und literarischer Betätigung spornen zahlreiche Preisstiftungen an. Die großartigste dieser Einrichtungen ist die von Alfred Nobel am 27. 11. 1895 errichtete Nobelpreis=Stiftung, nach In immer steigendem Maße hat sich auf allen Gebieten in der letzten Zeit das Preisausschreiben besonders bemerkbar gemacht. Diese Art von Wettbewerb unterscheidet sich von den ständigen Stiftungen dadurch, daß die Ausschreibnug nur für einen besonderen Fall und nur einmal gelegentlich erfalgt. Das Niveau solcher Preisausschreiben ist sehr verschieden. Von der von großen Zeitungen verlangten besten Novelle und von der Anforderung künstlerischer Denkmalsentwürfe bis zur Erlangung eines Reklameverses für eine Kaffeefirma wird heutzutage alles auf dem Wege des Preisausschreibens gesucht. Die Veranstaltung von Preiausschreiben ist aber vielfach auch zu einer Reklame benutzt worden, die nicht selten an der Grenze zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem stand. Ueberhaupt ist, was den Wettbewerb betrifft, die Unterscheidung nicht immer leicht. Ob es sich noch um einen zulässigen Wettbewerb handelt oder ob der Wettbewerb unlauter ist. Unlauterer Wettebwerb liegt überall da vor, wo der Konkurrenzkamnf mit Mitteln betrisben wird, die den Anstand, der guten Sitte und den Gesetzen zuwiderlaufen. Wann das der Fall ist, läßt sich sehr schwer sagen und in der Praxis gehören die Prozesse, die wegen eines unlauteren Wettbewerbes geführt werden, zu denjenigen, von denen man nie sagen kann, wie sie ausgehen. Von der Baracke zum Prahibon. Stätten der Bühnenkunst in fünf Jahrhunderten. Von Professor Dr. Ernst Friedrichs. Heute, wo unsere Theaterkunstbauten, vielfach sogar Luxusbauten sind, wo die Bühne mit Raffinement, bisweilen mit zu viel Raffinement ausgestattet wird, hat man kaum eine Ahnung davon, wie das vordem war. Man braucht gar nicht in zu ferne Zeiten zurückzukehren, etwa zum Mittelalter, wo in Scheunen und Ställen gespielt wurde— damals war die Kunst überhaupt noch keine Kunst. Auch in jenen Zeiten, wo wir schon eine wirkliche Kunst hatten, wo sich diese schon so weit konsolidiert hatte, daß man für sie ein festes ständiges Heim für nötig erachtete, also in der Zeit um Lessing und Goethe herum, waren die Heimstätten der Bühnenkunst noch recht primitiv. In den Jugendjahren dieser Männer sah es fast noch so aus wie in Shakespeares Tagen. Das berühmte Globe=Theater, an dem alle großen Schöpfungen Shakespeares zur ersten Aufführung gelangt sind, war ein runder, hölzerner Bau. Nur die Bühne und die Logen hatten ein Strohdach. Der Zuschauerraum aber war vollkommen dem Wind und dem Wetter preisgegeben. Die Bühne hatte im Hintergrund ein Gerüst oder eine Art Balkon, von dem aus der Schauspieler sprach. Dieser mußte besonders aus dem Rahmen heraustreten. Wenn ein Trauerspiel gegeben wurde, war sie schwarz ausgeschlagen, bei einem Lustspiel blau. Ein Schlafzimmer wurde durch ein Bett, ein Palast durch einen vergoldeten Stuhl angeSo ähnlich sahen auch unsere Theater bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts aus, nur mit dem ungünstigen Unterschiede, daß es in England ein festes, ständiges Haus war, und bei uns das Theater meist in einem Wirtshaus untergebracht wurde. Allerdings müssen von diesen der Allgemeinheit, dem Volke zugänglichen Bühnen streng die Hoftheater getrennt werden. Einzelne Hoftheater, nur für den Fürsten und sein Gefolge in den Schlössern eingerichtet, hatten in Nachäffung Ludwig VIV.“ und seiner Verschwendungssucht schon glänzende; Dekorationen und glänzende Kostüme, und manche Fürsten streuten für die italienische Oper und für die italienischen Sängerinnen, für ihren Gesang und für ihre Person, unglaubliche Summen aus. Dagegen war, wie gesagt, das Volkstheater unansehnlich und ärmlich. Freilich für die Oper hatte man auch in diesen Kreisen mehr Geld übrig. Die zuerst erbauten Häuser sind denn auch Opernhäuser gewesen. Das erste ist in Nürnberg 1667 errichtet worden, in Nürnberg der Stadt, in der die beiden bedeutendsten Dichter unserer Frühromantik gelebt haben, Hans Sachs u. Jacob Ayrer. Ihre vielen Tragödien— Hans Sachs hat 208 geschrieben—, Komödien und Fastnachtsspiele sind im Wirtshaus, auf einem großen Hofe, und bisweilen auch im Rathaussaale aufgeführt worden. Dann wurde im 17. Jahrhundert für solche Aufführungen das„Fechthaus“ erbaut; wie sein Name sagt, wurden dort jedoch vor allem Fechtübungen abgehalten, daneben Tierhetzen und ähnliche Schaustellungen, während das Schauspiel nur eine untergeordnete Rolle hatte. Außerdem gestattete die Anlage des Baues„nur am Tage und zur milden Jahreszeit“ Vorstellungen. Auf Verankassung junger Patrizier, die in Italien gewesen waren, ist dann 1667 das erste Opern haus nach italienischem Muster gebaut worden; hier trat zum ersten Mal die Form der modernen Bühne, mit Vorhang, Dekorationen und Maschinerien in Erscheinung. Der Ruhm Nürnbergs ließ das reiche Hamburg nicht schlafen. Dieses baute bereits im Jahre 1878 sein Opernhaus. An diesem Opernhaus hat sehr bald der unsterbliche Haendel— er war zuerst dort Violinist— seine unsterblichen Werke zur Aufführung gebracht. Es verging eine geraume Spanne Zeit, ehe das erste Schauspielhaus ins eben trat. Zwar war in Dresden schon 1667 für das große Publikum das„Komödienhaus“ erbaut worden. Aber in diesem Komödienhaus wurde hauptsächlich die italienische Oper gepflegt und nur selten ein Schauspiel aufgeführt. Das erste Schauspielhaus ist in Leipzig erbaut worden, 1766. Gottsched und die Neuberin hatten zunächst noch in Wirtschaftssälen oder auf unbedecktem Hofraum gespielt und dann in einem Privathaus. Aber dieses klägliche Privathaus zeigte schon einen bedeutenden Fortschritt: es ist das erste in Deutschland gewesen dessen Zuschauerraum einen Halbkreis bildete. Im siebenjährigen Krieg ist es wieder verfallen. Nach diesem Krieg entstand das „Alte Stadttheater“, das schon 1186 Personen fassen konnte. Auf Leipzig folgte 1767 Hamburg, fast 100 Jahre nachdem es das Opernhaus errichtet hatte. Es war das Nationaltheater, dessen Dramaturg Lessing war. Das Hamburger wie das Leipziger Haus waren einfache Bauten; Kulissen Soffiten, Dekorationen waren gleichfalls noch sehr einfach, aber doch zweckentsprechend; der Vorhang des Leipzigers war sogar schon bemalt und zwar von dem berühmten Oeser, dem Freund Winckelmanns und dem Lehrer Goethes. Bald entstanden nun mehr Schauspielhäuser, so ig Wieg„Mannheim, München und Augs..5—, Wie sah es aber dagegen in der größ ten Stadt Deutschlands, in der preußischen Residenz, aus? Die Kunst galt in damaligen Zeiten hier nicht allzu viel. Was Friedrich unter Schauspielerkunst verstand. illustriert am besten die Tatsache, das sein Liebling der Komödiant Eckenberg war und zwar deshalb weil dieser ein Pferd samt sei in die Höhe heben konnte, und zwei Pferde ihn nicht von der Stelle ziehen konnten. Unter Friedrich II. war die italienische Oper und das französische Ballet beliebt; 1742 wurde für die italienische Oper das Opernhaus erbaut,und die französischen Schauspieler erhielten auf dem Gendarmenmarkt ein eigenes Haus. Aber Lessings„Minna von Barnhelm“,„Emilia Galotti“, Goethes „Götz von Berlichingen“, Schillers„Räuber“. und„Frisko“ mußten in dem armseligen kleinen Hofgebäude in der Behrenstraße und in der hölzernen Bude auf dem Dönhoffplatz und manchmal sogar in Scheunen gespielt werden. Erst 1786 nach Friedrichs II. Tod ist dann das französische Theater auf dem Gendarmenmarkt Deutsches Nationaltheater geworden. Heute, in der Zeit, in der unter der gewaltigen Krisis auch besonders die Theater zu leiden haben, wäre es eigentlich angebracht, auch bezüglich der Heimstätten der Theaterkunst sparsam vorzugehen. Trotzdem erleben wir es, daß gerade die Filmindustrie Paläste von unerhörter Pracht und Kostspieligkeit in die Großstädte setzt. Theater selbst werden heute weniger gebaut und wo sie gebaut werden wird der Tatsache Rechnung getragen daß wir ein armes Volk geworden sind. An sich ist das Theaterproblem von heute nicht dadurch zu lösen, daß man an den Gebäuden spart. Es muß auf der ganzen Linie gespart werden, wenn das deutsche Theater durch die Krisis hindurch kommen will. Da wir uns heute keine Luxusbauten mehr erlauben können, werden wir mit umso größerer Freude den Besitz an schönen Theaterhäusern die wir aus besseren Zeiten übernommen haben, würdigen. Ein italienisch=schweizerischer Zwischenfal. * Basel, 28. Dez. In dem Dorfe Arogno bei Lugano im Kanton Tessin ereignete sich ein italienisch=schweizerischer Zwischenfall. Der Bürgermeister der italienischen Gemeinde" Campione geriet in Arogno während eines Tanzfestes mit dem früheren Jatliener, jetzt naturalisierten Schweizer Crivelli, den er vor einiger Zeit in Campione verhaften lassen, der aber geflüchtet war, in ein Handgemenge. Crivelli mit seinen Brüdern und Freunden belagerte den Bürgermeister mit seinen Freunden, die sich in dem Tanzlokal verschanzt hatten. Der Bürgermeister von Arogno mußte einige Soldaten aus Lugano zum Schutze der Italiener kommen lassen. Erst am gestrigen Sonntag konnte der Bürgermeister Vitalini unter Bedeckung von Gendarmerie nach Camvione zurückkehren. Die drei Gebrüder Crivelli wurden verhaftet. Das politische Departement hat sofort eine genaue Untersuchung über die Angelegenheit angeordnet. Die italienische Regierung hat, wie das auch bei früheren Zwischenfällen geschah, die Grenze sperren lassen. sinken der englischen Arbeitslosenziffer. tu. London, 31. Dez.(Funkspruch.) Die Ziffer der englischen Arbeitslosen ist um ca. 25000 gesunken. Zur Zeit beträgt die Er werbslosenzahl 1182 000. Eigentum Druck und Verlag; G. Sinnhoffer & Sohn, Velbert, Friedrichstraße 114. Geschäftsstelle Heiligenhaus, Hauptstraße. Verantwortlich für Politik und Lokales: Hermann hiersiepen; für Feuilleton und Handel: Hermann kölle; für Sport: M. H. W. Doelfs sämtlich in Velbert. Für Heiligenhaus: Wilh. Borth. Zuschriften an die Redaktion sind stets an diese und nicht an die einzelnen Redakteure zu richten. Sprechstunden der Redaktion nachm. von 4—6 Uhr. Unsere Wohnungs-Sinrichtung ist von Kramm! Wie käufig hören Gie Ihre Verwandten und Bekannten diese WDorte mit Stolz sagen Ein Jauf bei uns verbürgt die Anschaffung sehr guter und sehr billiger. Wöhnungs Sinrichtungen. Ansere Zahlungsbedingungen sind der augenblicklichen Geldknappheitsangen — Unsere Zahlungsbedingungen sind der augenblicklichen Geldknappheitsangenatt MKöbelhaus J. Kramm, Sssen, eimbecker Strasee 9—9S—LD-NeS Und am Saalbars Oan Srangikur! Eine Reiseerinnerung von Justus Flöthe. Durch Virginien, von Fort Monroe bis Richmond, wo im großen Bürgerkriege die viertägige Schlacht stattfand, und wo die Lokomotiven gewechselt wurden, ging zuerst die Fahrt unseres Militärzuges. Und dann an all den historischen Plätzen vorbei, die sowohl die Geschichte der ersten Ansiedler, wie die vom großen Burgerkriege nennt: John Smith, James River, Jamestown usw. Die Landschaft war noch nicht recht frühlingsmäßig, und je weiter wir uns von der Küste entfernten, um so winterlicher wurde das Landschaftsbild. Westvirginia, daß wir am anderen Morgen erreichten, zeigte sich noch im Winterkleide, die Landschaft wurde immer wilder, die Gebirgsketten mit Schnee bedeckt, um die Gipfel lag dicker Nebel. In den Tälern roh gezimmerte Hütten, in denen die Bergbewohner hausen, die sich haupttsächlich von Jagd und Fischerei nähren, und— von heimlichem Wiskybrennen und=verlauf, das doch in Westvirginien verboten ist. Aber da die Leute nun einmal trinten müssen und ihnen Wasser und Milch nicht genügen, so machen sie den„Gin“ heimlich und finven ihre Abnehmer, und wenn dann die Behörde dahinter kommt, dann gibts oft Mord und Totschlag.— Ohio, Kentucky, Illinois wurden mit Hundertkilometer=Geschwindigkeit durchflogen. Von Kentuay heißt es, daß es die schönsten Frauen die schönsten Pferde und„— den schönsten Cognak hat. Als wir nun so durch dies gesegnete Land Kentucky fuhren und über seine Eigentümlichkeiten sprachen, meinte Ralph Bennet, ab wir denn auch wüßten, was zu einem ordentlichen=Kentuckyfrühstück gehörte. Keiner wußte es, und wir baten Ralph, es uns doch zu sagen. „Well!“ sagte Ralph,„zu einem ordentlichen Kentuckyfrühstück gehören dreierlei: Eine Flasche Cognak, drei Pfund Beefsteak und— ein Hund!" „Well! aber was soll der Hund?" „Oh“, sagte Ralph mit listigem Augenzwinkern,„wer sollte denn das Beefsteak verzehren!?—— Durch Oyio Indiania, wo der beste Ackerboden der Union ist, und Illinois gings im Fluge, und dann über den Missisippi durch Missouri,— Farm an Farm, doch die Berge voller Schnee. Am nächsten Morgen kamen. wir nach Kansas. Jetzt wurde es schon bedeutend wärmer und überall konnte man sehen, daß schon gepflügt wurde, doch allenthalben in viel größerem Maßstabe wie in den vorher genannten Staaten. Wer nicht mit sechs bis acht Pferden pflügte, gebrauchte Dampf. Wir fuhren beinahe den ganzen Tag durch Kansas, und wenn man die große Geschwindigkeit bedenkt, mit welcher wir dahinsausten, so kann man sich einen Begriff von der Größe dieses Staates machen In der Nacht kamen wir nach Colorado, und als wir am Morgen in der Frühe aufstanden und ausschauten, da sahen wir in der Ferne den großen Berg Pikes=Beak in den ersten Strahlen der Morgensonne liegen. Sein ewiger Schnee war wunderbar erleuchtet. Es war ein überwältigender Anblick. Wir waren mitten in den Nocky Mountains, die großartigste Landschaft, die Amerika hat. Die höchste Höhe. die der Zug zu überwinden hatte, war bei Las Vegas etwa 8000 Fuß über dem Meere erreicht. Nun hinunter durch New Mexiko, doch noch immer 5000 Fuß hoch. Wildes Land, wo noch viele Indianerdörfer sind, keine Zelte, sondern Lehmhütten, Fachwerk aus rohen Pfählen, mit Schilf und Stroh verbunden, dann wird nasser Lehm darüber geschmiert, und die Sonne tut das übrige. Menschen und Tiere hausen in ein und demselben Raume. Es sind keine malerischen Gestalten, diese Indianer, wie wir solche aus Coopers Lederstrumpf kennen sondern vertrocknete, dreckige Menschen; selbst die jungen Mädchen haben ein Aussehen, als ob sie schon vierzig Jahre und darüber alt wären. Hielten wir an, kamen diese Armen aus ihren Löchern und boten uns allerlei zum Kauf, meist Tonwaren, Pfeifen u. dergl., aus demselben Lehm gemacht wie die Hütten.— Weiter talwärts nach Arizona hinein, in die amerikanische Wüste So weit das Auge sehen konnte. nichts als Sand auf dem ein kurzes Gestrüpp, Sage Brush, nud Kaktus wächst. Diese Wüste ist eigentlich ein Hochplateau, etwa 3000 Fuß über dem Meere. Wasser gibts dort fast gar nicht, trotzdem das Land von zwei Gebirgsketten eingerahmt ist; doch diese sind vollkommen kahl, und man nimmt an, daß dieser Landstrich früher Meeresgrund gewesen ist. Ein Flußbett, der Nio Grande, zieht sich neder Bahn hin, aber nur hier und da war Wasser zu sehen. In der Negenmassen an, die der Bahnverwaltung größte Sorge sind, denn in dem weichen Boden verändert sich der Lauf des Flusses fortwährend und unterspült leicht die Bahnlinien. Doch diese Wüste wird in nicht allzulanger Zeit die schönsten Südfrüchte hervorbringen, wenn erst die künstlichen Bewässerungen ihr Werk getan haben, wofür der Staat und reiche Privatleute schon viele Millionen ausgaben und das noch viele Millionen kosten wird. Dann wird aber dies unwirtliche Land auch ein Garten werden, wie schon ein Teil desselben ist, durch den wir jetzt kamen. Wir staunten über die künstlichen Fruchtboden, der sein Wachstum turch unzählige Kanäle erhält, die das Wasser aus riesigen, von künstlichen Dämmen eingechlossenen Reservoirs herleiten. Endlich kamen wir der kalifornischen Grenze näher und, nachdem wir zwischen den Needles hindurchpassiert waren— zwei hohen Felsen, deren spitze Form ihnen den Namen„Nadeln“ gegeben hat und deren Gestein in allen möglichen Farben, rot= grün usw. schimmert, was einen wunderbaren Anblick gewährt—, fuhren wir über den Colorado=River nach Kalifornien hinein. Immer noch hoch, durch achtundzwanzig Tunnels und viele Schleifen und Schnörkel zieht die Bahn ihren Weg hin. Dann erreichten wir Bakersfield, die alte Goldgräberstadt, in deren Nähe die früher so reichen Goldminen liegen, denen die Stadt auch ihre Entstehung verdankt. Nun die letzte Strecke bis Oakland, gerade San Franzisko gegenüber, und hier war unsere Eisenbahnfahrt zu Ende. Unser Militärzug, welcher uns auf der Santa Fé=Eisenbahn von Virginien nach San Franzisko gebracht hatte, war einen vollen Tag früher angekommen, wie vorgesehen war— wir hatten die schnellste Fahrt gemacht, die je ein Pazifikzug zurückgelegt hatte, etwa 4000 englische Meilen in noch nicht ganz vier Tagen. Unser Schiff, das uns nach den Inseln bringen sollte, war noch nicht da. Wir hatten deshalb Zeit genug, uns die Wunder der Vegetation Kaliforniens mit Muße anzusehen. Es ist aber auch wirklich des Ansehens wert, was dieses Land an Gewächsen und Früchten riesigster Dimensionen hervorbringt. Wenn wir unter viel Mühe und Sorgfalt ein Kaktusbäumchen von einem halben Meter Höhe im Zimmer und Topf gezogen haben— im Freien würde es ja nimmer gedeihen—, so sind wir stolz und denken Wunder, was wir erreicht haben. Und hier sahen wir einen Kaktusbaum in freier Natur wild gewachsen, wir ein starker Eichbaum von etwa einhalb Meter Dicke. In seinem Geäste stand ein Mann, der Kletterkünste hatte anwenden müssen, um in seinen reichbelaubten Wipfel zu gelangen. Auf den Feldern wachsen Kürbisse, die ausgehöhlt ein Kalb beherbergen können. Birnen und Aepfel von mehreren Pfund Gewicht sind durchaus keine Seltenheit. Und erst die wunderschönen Apfelsinen, die nirgends so schön und süß wachsen wie in Kalifornien, für sehr wenig Geld konnten wir sie kaufen. Ganz besonders erregten die gewaltigen Riesenbäume der kalifornischen Wälder unsere Bewunderung. Gefällte Bäume sahen wir von solchem Durchmesser, daß ein Reiter zu Pferde nicht darüber hinwegsehen konnte, und einen Eisenbahntransport solcher in Stücke gesägter Baumriesen, die, um das Auf= und Abladen zu erleichtern, auf besonders zu diesem Zwecke recht niedrig gebauten Wagen befördert wurden. Die großen amerikanischen Lokomotiven wurden von den liegenden Stammstücken noch um ein bedeutendes überragt, und der Mann hinter der Maschine verschwand fast in der gewaltigen Schnittfläche. Ein Kamerad, der die Gegend kannte, erzählte, daß er von San Franzisko aus einmal einen Abstecher nach County(Kreis) Santa Clara gemacht habe, um eine der dort befindlichen Pflaumenfarmen anzusehen. Er erzählte: Schon währen der Fahrt kamen wir durch Wälder, die nur aus Pflaumenbäumen bestanden. Am Ziel unserer Fahrt angelangt, sahen wir nachher eine solche Ansammlung dieser blauen Frucht, wie sie wohl in der ganzen Welt nicht zum zweiten Male zu finden ist. Während im Hintergrunde bis anscheinend an die blauen Berge Kaliforniens sich ein Wald von Pflaumenbäumen hinzog, war der Vordergrund, so weit das Auge sehen konnte, mit flachen Kästen bedeckt; diese stehen reihenweise zu Tausenden an der Erde und auf ihren Geflechtböden sind Millionen und Abermillionen von Pflaumen ausgebreitet und der heißen kalifornischen Sonne ausgesetzt, die in ganz kurzer Zeit das Geschäft des Trocknens besorgt, so gut wie sie vorher zum Wachstum dieser Riesenmenge von Früchten ihr Bestes getan hat. Sind die Pflaumen genügend eingetrocknet, so werden sie in acht verschiedene Größen sortiert, diese jede für sich in Holzkisten verpackt und dann zu Bahn und Schiff in die ganze Amerikanische Union und weit, darüber hinaus verschickt.70590 HWei auf Aenmal. Zwillingsgeburten im Lichte der Statistik. Von Dr. phil. Berhard Hutten. Zwillinge sind war keine normale Erscheinung, aber doch eine seltene und so eigenartige, daß sich die Wissenschaft eingehend mit ihnen beschäftigt die Medizin, die Biologie, die Anthropologie bezw. Anthropometrie. die Psychologie, um zu erforschen, ob zwei Menschen, die doch vor allen übrigen das Anrecht auf Aehnlichkeit haben im Laufe der Zeit, durch die Umwelt beeinflußt, in ihrem Körper, ihrem Geist, ihrem Charakter sich ähnlich oder unähnlich entwickeln. Besonderes Interesse haben ja Zwillinge für die Allgemeinheit immer gehabt, schon lange bevor sie Gegenstand der Wissenschaft wurden. Das zeigt das tiefste Altertum. Kain und Abel die ersten Kinder, sind doch wahrscheinlich Zwillinge gewesen, vor allem haben ihnen aber die Grieschen ganz besondere Verehrung entgegengebracht, indem sie nächst dem Göttervater und der Göttermutter ihre schönsten und erhabensten Götter, Apollo und Artimes, sich als Zwillinge dachten, und indem sie zur Personifizierung der innigsten Freundschaft das Dioskurenpaar Kastor und Pollux erwählten. Auch in der deutschen Dichtung spielen sie eine Rolle man denke an Klingers Sturm= und Drangschauspiel„Die Zwilkinge“ in dem der Dichter in die Brüder einen tiefen tragischen Konflikt legt, oder an Fritz Reuters niedliches „Druwäppelpaar“ Lining und Mining. Mit anderem Interesse steht die Wissenschaft den Zwillingen gegenüber. Die bis jetzt gewonnenen, wirklich feststehenden Forschungsresultate sollen hier wiedergegeben merden. Die Statistik hat festgestellt, daß ein Zwillingspaar auf 89 einfache Geburten kommt. Zwillinge sind also eine verhältnismäßig häufige Erscheinung gegenüber den Drillingen. wo das Verhältnis 1 zu 7000—8000, und gar gegenüber den Vierlingen, wo es 1 zu 20000 bis 300000 einfachen Grburten ist; Fünflinge sind eine kolossale Seltenheit und darüber hinaus hat es bei den Menschen noch keine Geburt gegeben. Ueber die Hälfte der Zwillingsgeburten zeigen gleichgeschlechtige Kinder zeit schwüllt sein Bett mit riesigen Wasser=136 Prozent sind verschiedenen Geschlechts. Zwillingsgeburten sind auf dem Lande häufiger als in der Stadt. Und in der Ehe kommen sie öfter vor als außerhalb der Ehe. Unter den Drillingen sind meist zwei männliche und ein weibliches Kind vertreten. Zu Doppelgeburten neigt die Frau desto mehr, je später sie heiratet und auch erst nachdem sie vorher normal geboren hat. Daß die Geburt für die Mutter wie für die Kinder schwerer und lebensgefährlicher sei, läßt sich nicht sagen. Gewöhnlich liegt die Geburt ein paar Stunden auseinander, und da die Kinder wegen des beschränkten Raumes meist kleiner sind, ist sie für die Mutter sogar leichter, und den beiden Kindern schadet das enge Beieinanderleben auch nicht; von hundert Zwillingsgeburten wurden in achtzig Fällen beide Kinder gesund geboren fünfmal waren beide tot, und fünfzehnmal lebte nur das eine. Dagegen ist die Sterblichkeit nach der Geburt bedeutend größer 15 Prozent starben in den ersten acht Tagen nach der Geburt; die größere Lebensfähigkeit zeigen die weiblichen Kinder. Es ist bekannt, daß Zwillingskinder häufig zum Verwechseln ähnlich sind, in den Gesichtszügen wie am ganzen Körper. Das erhält sich in dieser Stärke freilich nur während der ersten Jahre. Je stärker die Umweltbedingungen in ihrer Verschiedenheit auf sie einwirken, desto mehr schwindet auch diese Aehnlichkeit. Es gibt aber auch Fälle, wo die Aehnlichkeit bis ins späte Alter hineingedauert hat. Im allgemeinen hat man eine große Gleichmäßigkeit in den Entwicklungsjahren beobachtet; sie läußert sich beim Laufenlernen beim Durchbruch der Weisheitszähne, beim Beginn der Pubertät. Diese Gleichmäßigkeit hat sich aber bei einzelnen sogar bis auf das Ergrauen der Haare erstreckt.„Und es ist vorgekommen, daß beide Kinder machten in der Schule genau dieden hatten, oder daß beide zu gleicher Zeit an Bleichsucht erkrankten und daß diese vollkommen unter dem gleichen Bilde verlief. Und nicht bloß der Körper zeigte diese Uebereinstimmung, auch die geistige Entwicklung: beide Kinder machten in der Schule geau diefelben Fortschritte, so daß ihre Jeugnisse genau gleich lauteten. Auch im Charakter ist die größte Uebereinstimmung beobachtet worden: beide waren zänkisch, oder beide waren ruhig, oder beide waren heftig; sehr selten ist es vorgekommen, daß sich der eine ruhig der andere hitzig entwickelte. Oefter ist das Gewicht der Zwillingspaare bei der Geburt schon ungleich, der eine wiegt einhalb bis 1 Pfund weniger als der andere, dementsprechend ist der eine größer als der andere, auch wohl etwas kräftiger. Dieser Unterschied hat sich dann während des ganzen Lebens ausgewirkt, der Stärkere ist immer der Stärkere geblieben. Ein paar Worte über das Naturspiel der Siamesischen Zwillinge, d. h. der zusammengewachsenen Zwillinge. Das erste Paar, das die ganze Welt alarmiert hat, waren die beiden Brüder Chang und Eng aus Siam die von 1811 bis 1874 lebten. Sie haben mehrere Nachfolger gehabt die Geschwister Blascek aus Böhmen, die Geschwister Hilton aus Texas und letzten Datums die Gebrüder Godino von den Philippineninseln. Uebrigens auch im Tiereich findet sich diese Erscheinung, die naturwissenschaftliche Abteilung des britischen Mufeums in London hat mehrere Exemplare konsertiert. Die beiden Siamesen waren durch einen armdicken Strang in der Höhe des Nabels zusammengehalten, andere hingen im Rücken, wieder andere mit der Brust zusammen. Die Eltern hatten übrigens andere, ganz normale Kinder. Da die Lebensorgane dieser Paare gesund und auch die sonstigen körperlichen Funktionen vollkommen normal waren, ist ihre Lebensfähigkeit durch nichts beeinträchtigt gewesen. Die Siamesen haben das am besten dadurch bewiesen, daß sie achtzehn normale Kinder erzeugten. Die Erkrankung des einen hatte nicht die Erkrankung des anderen zur Folge, außer bei Fieber und bei Infektionen. So mußte, als der eine starb. auch der andere infolge Blutvergiftung sterben. Da sie eigentlich vollkommen selbstständig in allem Denken und Handeln waren, soweit sie nicht das Zusammenhangen band, mußten sie auch sozusagen in die bürgerliche Gesellschaft eingereiht werden, und damit haben sich dann auch andere Zweige der Wissenchaft, außer der Medizin und den Naturwissenschaften, mit ihnen beschäftigt. So die Jurisprudenz. Sie hat u. a. die interessante Frage aufgeworfen: Was geschieht, wenn nun der eine Teil stiehlt, mit dem anderen? Muß nun auch der andere mit ins Gefängnis? ran Fallnhnentim annbith 11 Vermischtes Gesegnete Wenn Leute in der Kneipe sitzen und weiter nichts zu tun haben, dann kommen sie wohl ab und zu darauf, Wetten abzuschließen, um sich gegenseitig in ihren Fähigkeiten bezüglich des Trinkens oder des Schmausens zu prüfen. Dabei werden oft Leistungen verlangt und ausgeführt, die geeignet sind, die Gesundheit der Betreffenden arg zu schädigen. Welche unsinnigen Dinge dabei vorkommen, hat, sich kürzlich in einem thüringischen Orte gezeigt. In einer Wirtschaft hatte sich eines Abends ein Gast erboten, gegen Zahlung von 20 Mark folgende Lebensmittel und Getränke hintereinander zu verzehren: 10 Glas Bier, einhalb Liter Mohnöl, 10 weiße Handkäse, 10 saure Gurken, 2 Pfund Gehacktes und ein halbes Liter Essig. Man brachte das Gewünschte herbei und wirklich verschlang der Wettende das ganze Sammelsurium in der vorgeschriebenen Reihenfolge. Triumphierend steckte er dann die 20 Mark in die Westentasche. Wahrscheinlich wird er sie für Arztkosten gut gebrauchen können. Technische Tricks in der Tierwelt. Wer mit einigem Gefühl für Technik die Vorgänge der Natur verfolgt, wird oft genug mit Ueberraschung feststellen, daß die Technik kaum eine Errungenschaft gibt, die nicht in einem natürlichen Vorgang vorgebildet ist. Die ersten Techniker in modernem Sinne Lonardo da Vinci und Galilei gehen mit fast all ihren bedeutendsten Schöpfungen und Erfindungen unmittelbar auf Naturvorgänge zurück. Die stolzen deutschen Zeppeline sind im Grunde die Nachahmung eines Fischorgans. Der Fisch verdankt seine Schwimmfähigkeit der luftgefüllten Blase im Innern seines Körpers, die ihm den nötigenAuftrieb gibt; allein die Aehnlichkeit zwischen beiden Einrichtungen geht noch weiter und erstreckt sich auf die Unterteilung, die dem Zeppelin ebenso, wie dem Fisch das Manöverieren mit Hilfe von Gewichtsverlagerung und Auftriebsänderung erleichtert. Der Schutznebel, von dem gedeckt im Kriege die Infanteristen zum Sturmangriff schritten, ist nichts anderes als die Nachahmung des Farbnebels, den der Tintenfisch inszeniert, um sich seinen Feinden zu entziehen. Am interessantesten vielleicht ist der Mechanismus des Giftzahnes der Kreuzotter, der in dem Schubkorbelmechanismus der großen Schnellzugslokomotiven bis zur Vollendung durchkonstruiert ist. Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll am 26. Februar 1926, vormittags 10 Uhr an der Gerichtsstelle Zimmer 1 versteigert werden: Die im Grundbuche von Velbert Band 2 Blatt 56(eingetragene Eigentümer am 22. Oktober 1925, dem Tage der Eintragung des Versteigerungsvermerks Firma Lohbeck& Nettebeck, offene Handelsgesellschaft in Velbert) eingetragenen Grundstücke Gemarkung Velbert lid. Nr. 5, Flur 10, Parzelle 57, Friedrichstraße 69, Hofraum, groß 05 gm, lsd. Nr. 8, Flur 10, Parzelle 8; Friedrichstraße, Weide, groß 17 gm, G. St. R. 0,03 Taler, lfd. Nr. 10, Flur 10, 89 Parzelle 2a Friedrichstr. 67, Hofraum, groß 2 ar 86 gm, lsd. Nr. 12, Flur 10, Parzelle#, Friedrichstraße 67, groß 4 ar, 32gm, N. W. für Nr. 10 und 12 3195 Mk., a) Wohnhaus mit Anbau und Hofraum, b) Pferdestall mit Saalanbau, c) Fabrikgebäude; Nr. 13 Flur 10, Parzelle.g, Friedrichstraße 69, groß 1 qm Gebäudefläche. Velbert, den 27. Dezember 1925. Amtsgericht. Konkurseröffnung. Ueber das Vermögen der Firma Gebr. Kohloffene Handelsgesellschaft, Inhaber Kaufleute Hermann und Andreas Kohlrusch in Velbert ist am 29. Dezember 1925, nachmittags 5¼ Uhr das Konkursverfahren eröffnet worden. Verwalter ist der Steuerberater August Reiners in Velbert. Offener Arrest mit Anzeigefrist bis zum 20. Januar 1926. Ablauf der Anmeldefrist an demselben Tage. Erste Gläubigerversammlung und allgemeiner Prüfungstermin am 25. Januar 1926, vormittags 11 Uhr an hiesiger Gerichtsstelle. Velbert, den 29. Dezember 1925. Amtsgericht. In unser Handelsregister B ist heute unter Nr. 67 bei der Firma Nocken& Flothmann G. m. b. H. in Velbert folgendes eingetragen worden: Die Gesellschaft ist aufgelöst. August Reiners ist zum Liquidator bestellt. Velbert, den 24. Dezember 1925. Amtsgericht. Das Standesamt ist zur Entgegennahme von Todes= und Totgeburtsanzeigen am Neujahrstage von 11½ bis 12 Uhr geöffnet. Standesamt Velbert. Onennkksuit Theater. pommmmmmmm Prosit Neujahr! Wiee uuem Piin n M u Si 8 Koinnummmemasmmsm Wir beginnen das neue Jahr mit einem ganz auserwählten Groß=Spielplan: Norma Talmadge die berühmte und bildschöne anerik. Filmdiva in ihrem First=National=Großfill.:: Bathschtont Ein Drama aus stürmischen Tagen in 6 gewaltigen Akten. GoldrandWaschgarnituren kaufen Sie in schönen Formen billig bei L. Karon& Sohn, Velbert. Ausschneiden! Familien=Fürsorge Velbert, Oftstr. 31. prahs jeden Dienstag nachmittag von Stiaptobe 3—4 Uhr für alle Bezirke. Mutterberatung b. 3.5Uhrf. a. Bezirke. Am 1. und 3. Donnerstag im Monat ist der Kreiskommunalarzt anwesend. Mutterberatung an Baum: Jeden 2. Monat von 2—3½ und Uhr. 4. Montag im Sprechstunde Bezirk I Dienstag nachm. von 3—6 Uhr: Schwester Amalie Kröning. Bezirk I Mittwoch nachm. von 3—6 Uhr: Schwester H. Faulenbach. Bezirk IlI Freitag morgen v. 8½—12½ Uhr: Schwester Margit Schlüter. „ Wieller Hol Velbert. Im großen Saal Sylvester, abends 7 Uhr: Neujahrstag, nachm. 5 Uhr: Großer Festball ausgeführt durch die Original amerikanische Jazz-Band Do-Wea-Lex. Universalkünstler mit diversen Einlagen. Auf dem düsteren Hintergrunde der schrecklichen Bartholomäusnacht, in der Tausende von Hugenotten ihren unerwarteten Tod fanden, entwickelt sich das Schicksal von den Angehörigen zweier verfeindeter Adelsgeschlechter. Eine Ballnacht am Hofe des Königs.— Die Verschwörung in Louvre.— Zwei feindliche Geschlechter im Kampf.— Die Bartholomäusnacht.— Eine Bluthochzeit.— Zum Vasallen erniedrigt.— Die Liebe eines Kindes.— Ein franz. Kavalier.— Vor dem Folterknecht.— Die Macht der Liebe. II. Kammerläger Hugo Studberg kommt vertilgt unter Garantie: Ratten, Mäuse, Wanzen, Schwaben. Bestellungen nimmt entgegen H. Hackländer, Velb., Poststr.31 II. Westf. Hof(W. Langes). Kopf-, Kleider-, FilzLäuse mit Brut, vertilgt in einer Min. bei Mensch u. Tier: Kampolda. Gegen Wanzen: Kampolds B. Einmalige Anwendung. 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Beginn des Spielplans: Neujahr 3 Uhr— Samstag 5 Uhr Sonntag 3 Uhr— Wochentags 7,45 Gewöhnliche Eintrittspreise. Erstklassiges Orchester. Nr. 1. Lrittes Lratt. Freitag, den 1. Januar 1926. Reujahrsspruch. Glückauf zum neuen Jahre Verlange nicht zu viel; Bekränze Deine Haare. Greif in Dein Saitenspiel! Und werdens düstre Lieder, Neig nicht zu tief das Haupt: Die Gärten glänzen wieder Noch ehe Du's gegelaubt! Die Macht des Kalenders. Eine Neujahrsbetrachtung von " Dr. Otto Ernst Hesse. Daß Zeit etwas höchst Relatives ist, wissen wir seit ardunklen Zeiten. So sehr sich auch die Philosophen angestrengt haben, die Zeit und den Zeitbegriff im Metaphysischen zu verankern, so sehr erleben wir doch täglich und stündlich, daß ein Tag nicht ein Tag und eine Stunde nicht immer eine Stunde ist. Unser Bewußtsein, unsere Seele herrscht über die Zeit, Freude verengt die Stunde zu ein paar Minuten, Schmerz zerdehnt die Viertelstunde zu endlosen Stunden. Es gibt Monate, die vor uns wie ein flüchtiger Traum sind, und es gibt Stunden, die vor uns wie ein flüchtiger Traum sind, und es gibt Stunden, die uns endlos wie ein ganzes Leben dünken, daß wir mit grauem Haar aus ihnen hervorgehen. Das Leben erfordert Ordnungslinien. Die Menschheit schuf sich in der objektiven Zeit solch einen Ordnungssaktor. Sonne, Mond und Sternenlauf schufen die Grundlage, eine objektive Zeit festzulegen, an der wir, zum mindesten, unser subjektives Zeitgefühl messen können. Die Astronomen haben die verschiedensten Systeme ausgedacht, das Jahr läuft von da bis da oder von hier bis, und es skann niemanden verwehrt werden, am 31. Juli Neujahr zu seiern. Das allmählich verebbende Uebergewicht Europas— wir wollen sein Aufgehen in einem ausbalanzierten Planeten nicht mit Ressentiments und Rassenromantik beklagen— hat die europäische Zählung und Einteilung der Zeit zur allgemeinen Ordnungsidee gemacht. Und allmählich stellt sich etwas Bemerkenwertes ein. Während die konfessionellen Festtage Europas auf Europa beschränkt bleiben, da andere Konfessionen andere Gedächtnistage haben, beginnt der erste Tag des Jahres zu einem planetarischen Festtage zu werden. Dieser„profane“ Feiertag wächst zu einem ganz allgemeinen. Festtag auf. Das historische Bewußtsein der Erde und seiner Bewohner kristallisiert sich um diesen Tag der Willkür. Seit der Erfindung der Druckerpresse nahm die Wichtigkeit dieses Tages immer mehr zu. Er ist der große Orientierungspunkt geworden, von dem aus wir Ordnung in das Vorher und das Nachher zu bringen verstehen. Und mit dieser Funktion erhielt dieser Tag eine Weihe, die schon wieder über das Profane hinauszielte ins Religiöse. Religio: das heißt ursprünglich Bindung. Nimmt man die Idee des Religiösen einmal ohne jede konfessionelle Bindung, so darf man den Neujahrstag mit Recht einen religiösen Tag nennen. Der Neujahrtag ist der Tag der Beziehung. Wir beziehen an diesem Tag, wenn anders wir ihn über den bloßen Taumel der Punschfeier hinaus erleben, das Werden von uns in unser Bewußtsein ein, versuchen diese Lawine menschlichen und menschheitlichen Werdens am Punkte, dieses Tages zu überschauen, sie sozusagen für einen Augenblick und einen Atemzug festzuhalten, um sie zu überprüfen und wieder einmal nach ihrem Sinn zu fragen. Seitdem der„Weltkrieg“ zum ersten Male, wenn auch nur in einem furchtbar negativen Sinn eine Einheit des Planeten geschaffen hat, ist der Sinn des Neujahrtages gewachsen. Jedermann fühlte seit 1919 diesen Tag als einen Tag der Hoffnung, daß nun das„neue Jahr“, diese Fiktion, an die wir uns zu glauben zwingen, auch einen neuen Geist, der keine Fiktion ist, bringen würde. Millionen Menschen. im Osten und Westen, Süden und Norden, in allen Erdteilen und Ländern, Besiegte und ebenso schwer getroffene„Sieger“ begingen den Neujahrstag in dieser Hoffnung, in dieser Sehnsucht, in diesem sie verbindenden und dann auch bindenden Bewußtsein. In dieses Bewußtsein schloß und schließt sich immer mehr eine neue Gemeinsamkeit des Planeten, eine neue Gemeinschaft der Menschen, deren Frucht. barkeit sich einmal bemerkbar machen mußte. Nun stehen wir wieder in diesem Tage. Nun steht der Planet wieder in diesem Tage. Und, uns dünkt, stärker als je läßt sich die Macht des Kalenders erspüren. Locarno liegt vor diesem unsern Neujahrstage Tage und Wochen voller Bedeutung für Deutschland und die gesamte Welt. Millionen und aber Millionen von Zeitungen werden in Dutzenden von Sprachen auf das verflossene Jahr zurückblicken, werden sagen was es gebracht hat und welche Samenörner in ihm gelegt wurden. Es wird Toren genug geben, die immer noch glauben, sie könnten die Vereinheitlichung dieses erkälteten Sternchens, das wir großartig immer wieder „die Welt“ nennen, aufhalten. Diese Vereinheitlichung, die keine Auflösung der geistigen und seelischen Spannungen sein soll und sein kann, schreitet vorwärts; dies ist das Bewußtsein, das uns der heutige Neujahrstag schenken darf. Diese Vereinheitlichung wird nicht ohne große Erschütterungen vor sich gehen, Tausende von Vorurteilen und falschen Ansprüchen müsen noch fallen, ganze Völker und Erdteile müssen noch entfesselt werden, der Mensch als Mensch, als Einzelseele im tiefsten Sinne des Christus, muß noch durchgesetzt werden: aber der Weg ist angeschnitten. Aus schwerstem Leid und aus grauenvollem Jammer von Kriegs= und Nachkriegsjahren nahm er neuen Ausgang. Uns dünkt heute, er führt aus den Niederungen empor, dieser Neujahrstag liege schon auf einer kleinen Höhe, von der man Ausschau halten dürfe, wie wir es getan haben. Das Gluck. Neujahrsgedanken von Eberhart Hesse. Wenn die Neujahrglocken erschallen dann entfaltet unsere Seele ihre Wunschkraft, erfüllt das kommende Jahr mit den schweifenden Hoffnungen unseres Herzens, und in dem Verlangen, das dunkle Tor der Zukunft aufzuriegeln, geben wir uns lächelnd und gern dem Aberglauben alter Volksbräuche hin. Die unstillbare Sehnsucht des Menschen nach Glück ist nie so stark, wie an der Schwelle, die vom alten zum neuen Jahre führt. Sehnsucht nach Glück! Und wie verkehrt fangen es die meisten Menschen an, um zu ihrem Glück zu kommen! Sie begehen den Fehler, ihr Inneres mit Wunschgedanken zu überreizen, die doch unerfüllbar sind. Statt zu innerem Glücke zu gelangen, verfallen sie in Selbstquälerei; ihre Seele wird schlaff, mürrisch und schwermütig, sie geben alles verloren, weil ihnen nicht alles in Erfüllung ging. Wer, obwohl in einer bescheidenen, aber doch nützlichen und ehrenvollen Stellung, mit seinen Vorstellungen nur immer in den höheren, luxuriösen Lebensbereichen herumschweift, der flieht das Glück, statt es zu erreichen, und statt Sonnenschein und Frohsinn, verbreitet er Düsterkeit und Melancholie. Es ist eine ganz verkehrte Vorstellung, anzunehmen, daß man an allen Tafeln des Lebens schlemmen müßte, um glücklich zu sein. Phantasie ist eine göttliche Gabe des Geistes, und der schaffende Künstler, den sie geküßt, ist ein strahlender König auch in einer Dachkammer. Wer eine Phantasie aber nur gebaucht, um ausichtslose Wunschgedanken zu wecken unerfüllbare Hoffnungen zu nähren, wer an Schönheiten, Genüsse und Annehmlichkeiten der Erde nur mit dem Verlangen denken kann, sie zu besitzen, der kommt nie zu dem inneren Gleichmaß, das eine Vorbedingung wahren Glückes ist. Wie einfach und bedürfnislos haben die Menschen früherer Zeiten gelebt, und wieviel zuriedener waren sie als die heutige, vom Genußtaumel erfaßte Menschheit!„Genießen macht gemein!“ Es ist freilich nicht leicht, das glücksuchende Herz zu zügeln und es aus der Atmosphäre überreizter Wünsche zurückzurufen in die Demut ihm gezogener Schranken. Aber klug ist, wer nur danach verlangt, was ihm in seinem Lebenskreise auch wirklich erreichbar ist. In bescheidener Pflichttreue ruhig und zielbewußt handeln, die Dinge nicht danach bemessen welche Genüsse sie uns versprechen, sondern ob sie uns helfen, unsere Aufgabe im Dienste des Ganzen zu erfüllen— jeder einzelne Mensch ist ein Stück dieses Weltganzen— das ist wahre Lebensweisheit! Nur wer seinen Beruf darin erblickt, andere glücklich zu machen, findet selbst das wahre Glück. Tante Malvines Sylvesterfeier. Skizze von Marga Stiehler, Vierundachtzig Jahre war sie alt, die kleine Tante Malvine. Ihr schmales Gesichtchen war von unzähligen feinen Fältchen durchzogen, der zahnlose Mund war blaß und eingefallen. Das schlohweiße Haar trug sie glattgescheitelt unter einem schwarzen Häubchen aus geklöppelten Spitzen und um den mageren Hals legte sich ein blütenweißes, glattgebügeltes Spitzentuch, das über der schmalen Brust in zwei„Frivolitäten=Bäff= chen“ endete. Alles an der kleinen Person ging dem Verfall entgegen, nur die großen blauen Augen strahlten eine unvergängliche Jugend aus. Wer in diese lichten Sterne schaute, konnte alles, was an der kleinen Dame alt und unschön war vergessen. In voller Jugendschöne stieg das Bild der lieblichen Parrersftochter auf, wie es au dem kleinen Eilfenbeinplättchen gemalt war, das im goldenen Rahmen in der Mahagoni=Vitrine in Tante Malvines Stübchen stand. Ja, da leuchtete das volle Haar über dem schöngeschnittenen jungen Gesicht wie Gold und hinter den lachenden roten Lippen blitzten Perlenzähne. Damals, als das Bildchen gemalt worden war,— es mochte Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrbunderts gewelen sein.— lebte Tante Malvine im väterlichen Pfarrhaus des kleinen Dörfchens, nahe bei Berlin. Der Herr Pfarrer, ein geistvoller Mann, liebte es in seinem Hause ungezwungene Gastfreundschaft zu üben. Des Sommers in Karossen, des Winters im Klingelschlitten, fuhren die Gäste, die zumeist der besten Geselk schaft der nahen Residenz angehörten, vor dem behaglichen Pfarrhause vor und der Hausherr hatte jederzeit ein Gläschen selbstgekelterten Weines zur Hand und die Frau Pfarrerin mit ihrem blonden„Hauselfchen“, wie der Herr Hofintendant die zierliche Malvine höchsteigen tituliert hatte sorgten dafür, daß die Gäste die Heimfahrt nicht mit hungrigem Magen anzutreten brauchten. „Einer“ war unter den Gästen, wenn der auf seinem feurigen Nappen in den Pfarrhof gestürmt kam, dann glühten Hauselfchens Wangen, wie die Heckenrosen am Dornbusch des Pfarrgartens vor dem grünumrankten Küchenfenster. Osmund Anschütz, der hochgewachsene Leutnant, in seiner kleidsamen dunkelgrünen Gardeschützenuniform, er war es, der auch am Silvesterabend des Jahres 1863 im Pfarrhaus verweilte. In des Pfarres Arbeitszimmer standen sich die beiden jungen Menschen allein gegenüber. Auf der geschweiften Rokoko=Kommode, die noch aus Urgroßmutters Brautschatz stammte, tickte unter der klaren Glasglocke leise eine altererbte Stutzuhr. Schon in ihrer frühen Kindheit hatte die kleine Malvine mit heiliger Scheu zu dem silbernen Engel aufgeschaut, der über dem goldenen Felsen, in der das Zifferblatt eingelassen war, hinweg zu schreiten schien in der einen Hand ein großes leuchtendes Kreuz haltend, in der anderen ein vertrauend zu ihm aufschauendes Kind führend. Und jetzt mischte sich das Ticken der lieben alten Uhr mit dem ungestümen Klopfen ihres jungen Herzens. Osmund Anschütz beugte sich zu dem blonden Pfarrkinde nieder: „Liebe kleine Malve, willst Du mir die Treue bewahren, bis ich kommen darf, um Dich von Deinem Herrn Vater für mich zu erbitten?“ Da hub das silberne Glöcklein in der Uhr an zu klingen. Zwölf silberhelle Thne ten durch den dämmrigen Raum, Malvines blaue Augensterne strahiten dem jungen Offizier entgegen.„Sieh, Liebster, so wie dieser Engel das Kindlein an den Klippen des Lebens vorbeigeleitet, so soll er auch mein## Wege führen. Er sei Zeuge meines Gelöbnisses Treue will ich Dir bewahren, bis in den Tod. Er nahm sie sanft in seine Arme und der erste heiße Kuß brannte auf ihren Lippen.—— Das Jahr 1864 war eingezogen. Es brachte bange Sorge in manches Frauenherz. Auch für die blonde Malvine kam der Tag des Abschieds von dem heimlich Verlobten. Der preußisch=dänische Krieg zertrümmerte ihr Lebensglück. Vor den Düppeler Schanzen verblutete auch Osmund Anschütz. Ganz allein fand sich Malvine mit ihrem Kummer ab. Nur des Nachts, wenn das silberne Uhrglöckchen aus des Vaters Zimmer zu ihr herüberklang, dann schlich sie auf bloßen Füßen herzu, lauschte mit ineinandergekrampften Händen und Tränen perlten über ihr bleiches Gesichtchen. Die guten Pfarrersleute wußten es sich nicht zu erklären, daß ihr liebes Kind so still und weltfremd geworden war. Sie schüttelten die Köpfe, als sie Antrag des jungen Kandidaten abgewiesen hatte.— Die Jahre rannen. Der Pfarrer ruhte mit seiner treuen Lebensgefährtin längst schon neben der kleinen Kirche. Andere Menschen waren in das Pfarrhaus eingezogen. Malvinchen gab den Kindern des Dorfes Musikstunden und Handarbeitsunterricht. In einem kleinen Stübchen hatte sie alles zusammengetragen, woran ihr Herz hing: Die Vitrine mit dem feinen Porzellan, den gemalten Elfenbeinbilderchen, das alte Tafelklavier, das mit seiner zittrigen Stimme auch nicht mehr so recht in die Welt passen wollte, und die geschweifte Rokoko=Kommode mit der lieben Uhr, der Zeugin ihrer seligsten Lebensstunde. Immer, wenn ein Jahr zur Neige gi; saß Malvine mit gefalteten Händen und lan#chle auf die letzten zwölf Schläge. Wieder war es Sivesternacht. Ein Christbäumchen hatten freundliche Menschen dem alten Fräulein zu Weihnachten gespendet. Geschäftig ging die kleine Dame trotz ihrer vierundachtzig Jahre hin und her. Mit einem weichen Tüchlein wischte sie zärtlich übe die feine Glasglocke. Es war fünf Minuten vor zwölf. Sie zündete die Kerzen des Bäumchens an. Jetzt surrte es leise in dem feinen Uhrwerk, das Glöckchen fing zu schlagen an. Malvine faltete die Hände und flüsterte:„Wann kommst Du endlich, mein Liebster, mich zu holen?“ In den Zweigen des Bäumchens knisterte es. Malvine sab sich um. Ach— da stand er, an den sie alle die kangen Jahre in Liebe gedacht hatte, dem sie Treue gelobt hatte,— bis in den Tod! Jetzt breitete er die Arme aus— mit einem Jubelruf eilte sie ihm entgegen.—— Der erste Sonnenstrahl des neuen Jahres fiel auf das leblose, glückverklärte Angesicht einer Toten. Die Kerzen des Christbäumchens waren niedergebrannt, die Uhr war stehen geblieben, genau zur zwölften Stunde. Drei Anker. Silvester=Skizze von Felix Burkhardt. Sie hatten zusammen eine Schulbank gedrückt, als Studenten die gleichen Farben getragen und im Feldzug Schulter an Schulter gestanden. Dann hatte sie das Schicksal auseinander geführt. In dieser Silvesternacht hatten sie sich wieder gefunden. Der Gutsbesitzer Hans Grabner, der Ingenieur Konrad Kehrs und Hans Ulbrich, der Dichter. Sieben Kerzen brannten im Silberleuchter. Sieben Jahre waren ins Land gegangen. Erinnerungen wachten auf und schlugen ihre Brücken über die Zeit der Trennung. So kurz vor Mitternacht warf Konrad Kehrs eine Frage in das Gespräch:„Nun wollen wir für eine Weile die Erinnerungen beiseite legen. Und jeder soll berichten, was ihm den Halt gegeben hat, wenn es ihm mal so grundschlecht ging. Hans Grabner, der breitbeinig am Ofen stand, begann:„Vor Jahren brannten mir die beiden Scheunen ab Die Ernte verhagelte. Dazu Unglück im Stall. Schulden bis über die Dachsparren. Ich wollte verkaufen, fand keinen andern Ausweg. Aber ich konnte nicht. Der Hof war stärker als ich. Er hielt mich. Meine Väter hatten ihn hochgebracht. Er gehörte ja nicht mir, war Besitz meiner Väter. Ich war nur Statthalter und durfte nicht fahnenflüchtig werden. Da habe ich die Zähne zusammengebissen und mich durchgewürgt, bis es wieder aufwärts ging. Der Hof, das Werk meiner Väter, gab mir Kraft und Hoffnung.“ Kühl, mit unbewegter Stimme, als berichte er über eine technische Frage erzählte Konrad Kehrs:„Ich hatte nichts. Keinen Hof. Kein Vermögen. Meine Eltern waren tot. Das Studium nicht beendet. Ich hatte nur mich! Und da hab' ich mir, wenn das Wasser mir bis an den Hals ging, mein Ziel vor die Augen gehalten: du mußt durch! Ich habe an meine Zuknuft geglaubt, fest, unerschütterlich fest. Dieser Glaube hat mich über alles gebracht. Ich glaube an mich Das trägt mich über alles. Komme, was kommen mag!“ Im Sessel vorgebeugt saß Peter Albrich. Den Kopf hatte er auf die Hände gestützt. Mit leiser schwingender Stimme berichtete er „Mein Leben war Berg und Tal Aufstieg und Niedergang. Hunger, Sorge Tränen, Enttäuschung. Viel Grau, wenig Rosen, Jeder Tag brauchte frische Kraft. Wenn es mich einmal packte wenn wieder der Ueberdruß am Leben kam und alle Kraft versiegte, dann bin ich ans Bett meines Jungen gegangen. Ich habe seinen Kopf zwischen meine Hände genommen und in seine Augen gesehen. Mich haben diese Augen gehalten. Sie haben mir den Nacken gesteift. Ich habe wieder arbeiten können, Nächte durch. Diese großen, brauIch habe ein schlechtes Der Mangel an Konzentrationsfähigkeit und seine Bekämpfung. Von Herbert Steinmann. " Ein weit verbreitetes Uebel unserer Zeit ist das schlechte Gedächtnis Immer wieder hört man diesen oder jenen klagen: ich weiß garnicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich kann nicht konzentrieren. Ich kann keine Zahl, keinen Namen, keine Tatsachen mehr behalten. Schlimm, denkt man; aber so schlimm ist das nicht. Das Gedächtnis der meisten Menschen ist noch lange nicht so entwickelt, wie es bei geeigneter Uebung und bei einer von Jugend auf die Erstarkung des Gedächtnisses beachtenden Erziehung der Fall sein könnte Die Fehlerquelle liegt in einer gewissen Oberflächlichkeit bei der Aufnahme neuer Sinneseindrücke und Vorstellungen. Wir sind zu wenig konzentriert, als daß sich Wahrnehmungen tief genug in unser Gedächtnis eingraben können. Viele Menschen, die an Gedächtnisschwäche zu leiden glauben, verschulden diesen Zustand selbst durch ein gedankenloses Dahinleben, wobei die Dinge um sie herum wohl angestarrt, aber nicht gesehen werden und Töne und Geräusche wohl gehört, aber nicht wahrgenommen werden. Ganz zu schweigen von der Tätigkeit der anderen Sinne deren Wahrnehmungen meistenteils unser Gedächtnis nur oberflächlich streifen. Wer beispielsweise ist imstande, ohne Stocken und längeres Nachdenken die Reihenfolge der Ladengeschäfte aufzuzählen, die er auf seinem täglichen Weg zur Arbeitsstelle erblickt. Oder wer weiß genen, fragenden Kinderaugen haben immer vor mir gestanden: Du, Peter Albrich, willst für Deinen Jungen ein Stück Lebensweg bauen... Schweigen hing ernst im Zimmer. Sieben Kerzen standen groß und hell in dem Dunkel der Silvesternacht. Verfehltes Dasein. Eine Lebensgroteske. Von Egon H. Straßburger. Man spricht vom Rythmus der Großstadt. Der Rythmus gilt den Lebenden, confer Auto, Straßenbahn, Telephon, Lebenshalt. Aber auch der Tod hat seinen Rhythmus in Berlin. Meinen Nachbar sah ich noch vor drei Tagen es war ein Mann in den Vierzigern. Da erklärte mir vor drei Tagen das Mädchen, unser Nachbar sei plötzlich gestorben. Er habe mit seiner Frau noch am Abend das Theater besucht und im Restaurant gegessen. Morgens um sieben Uhr habe sie zu ihrem Manne gesagt:„Heute schläfst du gut und fest.“ Er habe aber keine Antwort gegeben, und sie haben ihn lauter angeredet.„Bist du aber verschlafen.“ Dann habe sie ihn geschüttelt und die Katastrophe bemerkt. Am selben Abend holten die Männer den Toten herab und schoben seinen Sarg in das Kirchhofsauto. Ein paar Neugierige schauten zu, in rasender Eile verschwand das Auto den Blicken. Nun ist der gute Mann begraben. Es ging schnell, es ging alles in einem wahnsinnigen Großstadtrhythmus. Die Witwe wird die erste Zeit immer an ihn denken, die anderen werden ihn schon vergessen haben. Der Witwe wird es in diesen Zeitläuften unbequem sein, wenn die Not des Lebens an die Tür pocht. Aber vorerst wird sich die ganze Nachbarschaft in gefühlvoller Weise den Kopf zerbrechen, ob sie wieder heiratet oder nicht. Einige andere werden darüber nachzudenken haben, ob sie so leben kann oder nicht, ob er Geld hinterlassen hat oder ob er von der Hand zum Munde lebte. Und draußen braust und saust das Leben: Rhythmus, Nerven, Unrast und Peitschenhiebe. Da fällt mir plötzlich ein, mein Herr Nachbar sprach wenige Tage vor seinem Tode mit mir über die Mode und Eleganz. „Sehen Sie“, sagte er„die Bügelfalte in meiner Hose ist der letzte Schrei der Mode. Sie, mein lieber Freund, haben eine Bügelfalte wie man sie schon vor zwanzig Jahren hatte.“ Ich betrachtete meine Beinkleider mit der alten Bügelfalte und ich bin wirklich erschrocken. Da kommt das Dienstmädchen mit einer Neuigkeit hereingestürmt und erklärt meiner Frau:„Denken Sie nur, gnädige Frau, unsere Nachbarin, die jetzt Witwe ist, hat noch einmal die Rede vom Herrn Pfarrer, die noch immer gleich bezahlt werden muß, bezahlen können. Die Frau ist bettelarm. Das hat kein Mensch gedacht, am wenigsten der Herr Pfarrer. Ich mußte an die neueste Mode denken, an Bügelfalte und an die Vergänglichkeit alles Irdischen. Und ich nahm mir vor, von nun an weiter in die Fußtapfen der Mode vor zwanzig Jahren zu wandern, auf Bügelfalten fast ganz zu verzichten, denn es ist ein schreckliches Gefühl, sich tot zu wissen, während eine nachbarliche Köchin ihrer Herrschaft erklärt, die Leichenrede könne nicht bezahlt werden. Auch der Tote muß seinen bestimmten Rhythmus haben, vor allen Dingen, er darf nichts dem Leben schuldig bleiben. Skizze von Thekla Skorra. Einmal nur im Leben hatten sie sich getroffen. Im Straßengewühl war es, mitten im Lärm des Tages. Durch den Ruck eines Dritten streifte seine Hand im Vorübergehen leicht ihre Hand, die lose herabhing. Da blickten sie beide auf, jeder zur selben Minute— und wie ein Erschauern ging es durch beider Wesen: Da waren Augen, die sich M nau, wieviel Fenster eine einzige Fensterreihe in der Front seines Hauses hat. Wer weiß auch„wieviel Stufen die Treppe hat, die er täglich mehrere Male herauf und heruntergeht. Die Bekämpfung dieses Uebels muß schon beim Kinde beginnen. Das Kind muß von Anfang an lernen, sich immer nur auf eine Beschäftigung zu konzentrieren und nicht sprungweise mit hundertterlei verschiedenen Dingen auf einmal oberflächlich umzugehen. Wichtig ist aber auch vor allem, daß das Kind eine tiefe Einsicht in alles bekommt, womit es sich beschäftigt— natürlich immer nur soweit, als es die kindliche Auffassungsgabe ohne Schaden verträgt. Nur wer in den Kern der Dinge eingedrungen ist, wird unauslöschliche Eindrücke davon in seinem Gedächtnis behalten. Darum ist es auch verkehrt, Kinder daran zu hindern, daß sie in ihrem natürlichen Forschungstrieb einfaches Spielzeug zerstören, um hinter die Zusammensetzung oder den Mechanismus zu kommen. Man lasse die Kinder ruhig in dieser Beziehung gewähren und gebe ihnen im Anfang nur einfache, wertlose Dinge zum Spielen, die ruhig zertrümmert werden können. Nach und nach lasse man solches Spielzeug folgen, daß sich zerlegen und auf mannigfaltige Art wieder zusammensetzen läßt. Man fange mit den einfachsten Dingen an und gebe nicht zuviel auf einmal, damit die Sinne des Kindes genug Zeit haben, sich der Dinge zu bemächtigen und deutliche Begriffe und Vorstellungen zu bilden. Diese Schärfung der Sinne suche man auf jede mögliche Weise immer weiter zu verstärken. Genaues Sehen und Hören, zuverlässiges Beobachten und die Möglichkeit, alles schnell und genau wiederzugeben, muß dem Kinde zur Gewohnheit werden. Was es lernt, soll es gründlich und ordentlich lernen, daß es sein vollkommenes geistiges Eigentum wird. Alles zu wissen, ist heute nicht möglich, aber alles, was man weiß, genau und gut zu wissen, das muß und soll möglich sein. Kinder, die nach solchen Grundsätzen erzogen worden sind, werden— sonstige Gesundheit vorausgesetzt— später als erwachsene Menschen nur selten über Gedächtnisschwäche und mangelnde Konzentrationsfähigkeit zu klagen haben. Der erwachsene Mensch aber, der an Gedächtnisschwäche leidet, weil ihm eine geeignete Erziehung in der Jugend gefehlt hat, der muß sich eben selbst zu erziehen suchen, um das Uebel zu beseitigen. Er muß sich daran gewöhnen, vor allem seine Aufmerksamkeit zu üben. Nicht gedankenlos darf er mehr seiner Wege gehen. Er gewöhne sein Auge daran, das flüchtige„Uebersehen" aller Menschen, Gegenstände, Häuser, kurz der ganzen Umwelt aufzugeben und dafür wirklich konzentriert zu sehen, d h. so, daß sich das Gehirn genaue Rechenschaft darüber ablegen kann, was gesehen wurde. Auch der Gehörsinn muß geschärft werden. Viele Leutchen haben die Angewohnheit, bei Gesprächen den aufmerksamsten Zuhörer zu spielen, während ihre Gedanken in Wirklichkeit ganz wo anders umherschwirren und das Ohr Worte auffängt, von denen das Gedächtnis keinen Eindruck empfängt. Kein Wunder, daß man sich unter diesen Umständen eines bestimmten Gespräches später nicht mehr entsinnen kann. Ganz davon abgesehen, daß ein derartiges Verfahren eine Unhöflichkeit gegen den Partner bedeutet, hat es auch den Nachteil, daß der Gehörsinn und damit wieder das Gedächtnis geschwächt wird. Kein Gespräch ist so uninteressant und gesucht hatten ein Leben lang, schwere, tieft Menschenaugen; da war eine unendliche, laut lose Einsamkeit, die um beider Seelen schwieg und nur für einen Augenblick aus diesen Augen sprach. Eine lilienschlanke Gestalt in lichtfarbigen Märchengewändern suchten seine verfeinerten Sinne zu diesen Augen. Tastend glitt sein Blick an ihr nieder: Aber er fand nur die Dürftigkeit und das Alltagskleid, das das Leben ihr umgehangen. Dennoch sprach er sie an. Da merkte er, daß sie eine fremde Sprache redete; sie aber fühlte, daß er sie nicht verstand. So gingen sie einander vorbei— weiter, weiter, in Einsamkeit, in Stummheit beide, eine lange öde Wegstrecke vor sich jeder. Hätten sie sich umgeblickt——winkend schlich hinter jedem eine Sehnsucht her. Der Jäger auf der Eisscholle. In Reisebeschreibungen, die von den Abenteuern kühner Forscher und Jäger in dem Polargegenden handeln, liest man auch des öfteren davon, welche Gefahren diese Männer vielfach mit treibenden Eisschollen zu bestehen hatten. Man vermutet dabei aber nicht auch, daß ähnliche Abenteuer auch bei uns vorkommen. Und doch hat erst kürzlich ein Jägersmann zu Meldorf in Schleswig=Holstein solches ziemlich gefahrvolles Abenteuer zu bestehen gehabt. Er befand sich in einer Meeresbucht auf der Entenjagd und hatte sich auf einen Eisblock gesetzt. Der löste sich unbemerkt ab und trieb mit dem Manne dem offenen Meere zu. Nur durch besondere Geistesgegenwart gelang es dem Jäger, eine Gegenbewegung des Eisblockes herbeizuführen sodaß er, zwar mit einigen Schwierigkeiten, doch wohlbehalten nach einiger Zeit wieder an den Strand kam. Der Stempel machts. Es ist ein schönes Zeichen staatsbürgerlicher Einsicht, wenn man den Spruch„Jeder Mann sei Untertan der Obrigkeit" recht gut beherzigt. Das soll aber nicht soweit übertrieben werden, daß man nun vor jedem Stempel und jeder Dienstmütze bedingungslos Kotau macht, ohne zu prüfen, ob sie auch echt sind. Leider ist diese bedingungslose Hochachtung vor Stempel und Dienstmütze weit verbreitet. Gerissene Schwindler, die das auch wissen, haben sich daher schon sehr oft mit Vorliebe der erwähnten Requisiten bedient, um sich mühelos unreellen Verdienst zu verschaffen. Erst neulich ist ein solcher Fall in Thorn geschehen. Zu verschiedenen Frauen, deren Männer abwesend waren, kam ein Mann und zeigte eine Zahlentabelle vor, die er als Skala zur Ausrechnung der Mieten bezeichnete. Außerdem, fügte er hinzu, kämen die Tabellen vom Magistrat und müßten abgenommen werden. Als Entgelt sei eine bestimmte Summe zu zahlen. Dann wies der Mann noch einen schmierigen vollkommen unleserlichen Stempel vor, den jede Tabelle trug. Dieses Verfahren genügte, um zahlreiche Thorner Frauen zum Ankauf der völlig wertlosen Tabelle zu bestimmen. so unwichtig, daß man nicht irgendwie davon profitieren könnte. Man übe sich also, immer auch mit dem Gehör konzentriert zu sein! Nicht anders geht es mit den andern Sinnen. Hier riecht es unangenehm, sagt man. Aber was ist das für ein unangenehmer Geruch, wo rührt er her? Das muß ein gut ausgebildetes Gedächtnis sofort beantworten können. Oder: das und das schmeckt aber gut, sagt man wohl. Warum es aber gut schmeckt, weiß kaum jemand auf der Stelle zu beantworten. Auch das ist eine Gedächtnissache. Bei einiger Uebung und einigem guten Willen gelingt es jedem, der an Gedächtnisschwäche und an Gedankenflucht leidet, seine Konzentrationsfähigkeit wieder zu erlangen. Damit verschwindet auch das Uebel, das ihm so viel Beschwerden macht. Gefährliche Lebensrettung. Wer anderer Leben zu retten sucht, kommt leicht in Gefahr, selbst das Leben zu verlieren. Das braucht nicht immer nur bei Rettungen aus Wassers= oder Feuersgefahr der Fall zu sein. So verunglückte auch kürzlich ein Hamburger Arbeiter, als er einen Mitmenschen seine tatkräftige Hilfe gegen dessen eigenen Willen angedeihen lassen wollte. Er saß in einer Kneipe, als plötzlich ein neben ihm sitzender junger Makler einen Revolver aus der Tasche zog, um sich zu erschießen. Flink riß ihm der Arbeiter den Arm herunter Der Retter, von der Kugel in den Kopf geder Retter, von der Kugel in den Kopf getroffen zu Boden. Er wurde schwerverletzt in das Hafenkrankenhaus überführt. Der Jüngling aber mit den selbstmörderischen Absichten war unverletzt geblieben. Blarrerder Frau Wöchentliche Beilage. D ürtel und Sürteleffekte Erinzeß#leid oder Surtel- Sinfache Illeider mit scmalen Surteln- Hlbendkleider mit breiten angeschnittenen Surtelteilen 32 — z a s P r i n z e ß k l e i d m i t s e i n e r g l a t t e n d u r c h g e h e n d e n F o r m h a t e i n e n g r o ß e n E r f o l g g e h a b t. 1): Trotz seiner Einfachheit wirkt es sehr damenhaft und damit anspruchsvoll. Doch dies ist gleichzeitig der Grund, warum es nicht populär geworden ist und es in diesem Sinne wohl auch niemals werden wird, denn schließlich kann man nicht tagtäglich anspruchsvoll wirken, ganz abgesehen davon, daß dadurch das Besondere seinen Reiz verlöre. Deshalb haben sich neben der Prinzeßform wieder Formen mit geteilten Linien, also Jumper und Gürtelkleider durchgesetzt, die unkonventioneller und im Stil etwas einfacher wirken. Der Gürtel entspricht der Tendenz des leichten Betonens der Körperformen und sieht zugleich jugendlich und graziösaus. Man trägt ihn in allen Arten und Formen, vom schmalen Stoff= oder Lederstreifen angefangen bis zum breiten Bajaderengürtel am Abendkleid, man hält ihn in der gleichen Farbe wie das übrige Kleid oder auch abstechend in Material und Farbnuance, manchmal ist er sogar nur in der Andeutung vorhanden, durch eine Borte, ein paar Falten, eine Raffung vorgetäuscht. In seiner bescheidensten und unauffälligsten Form hält er als dünnes, manchmal auch etwas breiteres Riemchen ein Jumperkleid oder eine Kasackbluse kurz oberhalb der Hüften zusammen, oder verbindet als Abschluß einen in Falten gearbeiteten Rock mit einem dazu gehörigen glatten Leibchen. Vorn wird er durch eine Schnalle gezogen, der man so viel Aufmerksamkeit schenkt, daß sie fast als Schmuckstück Tanzkleid mit angeschnittenen Gürtelteilen K 2990. Türksfarbener Crspe satin ist so verarbeitet, daß das Leibchen mit Gürtelteilen fest um die Hüften nach vorne gebunden ist. Kleid mit breitem, auf dem Rücken gebundenem Gürtel K 2991. Ueber einem Unterkleid von schwarzem Crépe de Chine sitzt ein Ueberkleid aus neublauer Seide mit breitem Gürtel. Kasackbluse mit schmalem Gürtel B 1155. Bluse aus weißem Erspe de Chine mit bauschigen Aermelpuffen und Aufputz von blauem Seidenband. Vorn wird er wirkt, hergestellt aus farbigem Metall, gemaltem Holz, Galalith und Straß. Je abendlicher die Stunde, umso breiter wird der Gürtel. Am Nachmittagskleid trägt man viel rund herum gehende, breite gezogene Gürtel, die entweder überhaupt keinen sichtbaren Abschluß haben oder zu einer mehr oder weniger großen Schleife gebunden werden. Dieser breite Gürtel ist meist aus dem Material des Kleides, denn ein abstechender Stoff, in dieser Breite drapiert, wirkt so pretentiös, daß man ihn lieber dem Abendkleid überläßt. Manchmal arbeitet man das Kleid auch so, daß man das Leibchen etwas länger schneidet und es über die Hüften in Falten zieht, so daß nur eine gürtelähnliche Wirkung erzielt wird. Man faßt auch eine Kasack= oder Jumperform mit einer bunten Borte ein oder arbeitet Bordürenstoffe so, daß ein Bordürenstreifen um die Hüften abschließt, auch dadurch wird ein Gürteleffekt hervorgerufen. Die hübschesten Gürtelformen bringt die Mode für die Abendkleider. Hier läßt man den Gürtel selten ganz um den Körper herumgehen. Man schneidet ihn zum Beispiel einem Seitenteil an und bindet ihn nach hinten zu Schluppen, deren Enden man schleppenähnlich bis zur Erde führen kann. Oder man läßt ihn vom Rückenteil ausgehend die Hüftlinie weich umkosen und nimmt ihn vorn zu einer graziösen Schleife zusammen. Auch gewickelte, etwas abstehende Gürtel aus Brokat sehen auf einem glatten Samtkleid gut aus, vorausgesetzt, daß man schlank genug ist, um sich einen abstehenden Gürtel leisten zu können, denn das, was bei der Gürtelmode, besonders bei der Mode der breiten Gürtel, bedenklich ist, ist der Umstand, daß nicht jede Frau so schlank gewachsen ist wie die Mannequins, die jeden Gürtel so tragen, daß er gut aus. und es besteht, wenn man sich selbst gegenüber nicht sehr kritisch ist, leicht die Gefahr, daß man mit dem Gürtel gerade seine am wenigsten schlanken Linien unterstreicht. Deshalb soll man sich, wenn man der Wirkung nicht ganz .„, sicher ist, keine runden, zusammenhängenden Gürtel leisten, sondern sich mit Gürtelteilen, die aus den Seitennähten eines Mantels kommen eder auch eine der vielen Linien, die heute Kleid und Mantel zerlegen, weiterführen, Dr. Heddy Hofmann Mantel mit vorderen Gürtelteilen M 893. Glockenmantel aus russisch= grünem Samt mit dunklem Pelzbesatz und aus den Seitennähten kommenden Gürtelteilen. sehen auf einem glatten Einfaches Wollkleid mit kleinem Gürtel K 2800. Blusenleibchen und Rock sind mit einem schmalen Gürtel aus demselben farbigen Wollstoff wie das Kleid verbunden. Der Von Erna Meta Burse. Zu den wirklich unentbehrlichen Dingen, die bisher leider nicht erfunden sind, obwohl sie ihren Erfinder zu reichen Manne machen könnten gehört noch immer die Damenkleider= In ihr Schicksal ergeben, haben die Frauen von jeher zu Ersatzmitteln gegriffen. Das feine Batisttaschentuch, Handschuhe und Schilotrötenportemonnaie verlangen gebieterisch einen Aufbewahrungsort. In der guten alten Zeit war es der gute alte Pompadour, in dessen unergründlichen Tiefen sogar das längst sagenhaft gewordene Strickzeug noch Platz fand. Heute ist das elegante Täschchen aus feinem Leder oder vernickeltem Stahl, das tausendmal vergessen, verloren oder gestohlen wird und doch erst durch die ideale Damenkleidertasche endlich einmal entbehrlich gemacht werden kann. Nur im Winter kommen Kälte und Mode Hand in Hand der bedrängten Frauenwelt zur Hilfe: der Muff oder„die Muffe“, wie man in niederdeutschen Gegenden sagt, vermag das Täschchen zu ersetzen. Der Muff— im Fränkischen und E schen heißt er wohl auch„Schlupfer“ oder „Stoß“— ist ein merkwürdiger Bestandteil der weiblichen Wintergarderobe. Er hat so viel ausgezeichnete und liebenswürdige Eigenschaften, daß es kein Wunder ist, wenn die Frauen ihm treu bleiben. Ich möchte ihn fast jenen alten, vieltseitigen Kachelösen vergleichen, in denen man heizen. Wasser kochen, Welhnachtsäpfel braten. Holz aufstapeln kann, und die außerdem die eindruckvollste Zierde des Zimmers bedeuten sowie durch ihre Kachelbekleidung kostbaren Liebhaberwert besitzen. Und wenn der Muff wiederholt als veraltet abgelehnt wird, so ist er doch wieder, wie auch in diesem Jahre, zur Mode geworden. Mollig und warm, schirmt der Muff nicht nur die Hände, die selbst in pelzgefütterken Handschuhen oft nicht hinreichend geder Frost bewehrt sind. Er dient auch, geräumig wie er ist, als Täschchen: Börse, Taschentuch. Veilchensträußchen, Briefe, Bonbonniere, Fahrschein und was nicht noch alles finden in ihm sicheren Unterschlupf. Und dann weiß man vor allem auch, wo man auf der Straße die Hände lassen soll. Man braucht keinen Schirm, kein Buch, kein Paketchen. Das vielen Frauen und Mädchen unbehagliche Gefühl,„nichts in der Hand zu haben", ist verschwunden. Die Hände sind samt ihrer Nervosität im Muff geborgen. Und der Muff kann nicht verloren gehen. Die elegante Kette, die sich um den Hals der Trägerin legt, hält ihn besser fest, als ihr Gedächtnis es vermag. Auch ist der Muff ein wesentliches Moment der geschmackvollen Wintertoilette. Er gibt ihr einen beweglichen, belebten und doch dauernden Mittelpunkt. Er schließt, passend gewählt, das Pelzkostüm anschaulich zusammen, rundet es ab, macht es„komplett" setzt so gleichsam das Siegel darunter. Eine Gebärde der Hand, die vom Muff umschlossen wird, kann unbeschreiblich graziös sein. Wie anmutig sieht es aus, wenn eine hübsche Frau aus dem Schlitten mit dem Muff winkt, wie bezaubernd, wenn ihre Hand auf der Eisbahn den Muff verläßt, um sich leicht und warm, in eine andere zu legen. Wenn ich vorhin den Muff einen Bestandteil der weiblichen Winterbekleidung nannte, so war das nicht ganz genau. Es darf leider nicht verschwiegen werden, daß auch die Männerwelt den Muff oft genug nicht verschmähl hat. Erfunden hat ihn eigentlich der frierende Junge, der zum erstenmal seine frostblauen Hände in die Aermel schob, um sie zu wärmen. Schon vor einem halben Jahrtausend geriet man, nicht in Grönland,; sondern im Land, wo die Zitronen blühn, zwar in Venedig, darauf, rund gewölbte Röhren aus allerlei Stoffen herzustellen, sie warm zu füttern und zum Schutze der Hände gegen die Kälte zu verwenden. Vielleicht verdankt der Muff seine Enstehung einer vornehmen, tonangebenden Venzianerin, die, zu ihrem heimlichen Kummer keine schönen Hände hatte u. darum den Muff erfand. Stuartkragen, Schnabelschuhe und Vatermörder sind ja auf ähnliche Weise entstanden. Anfangs war ja der Muff auch im Hause, bei Gesellschaften und Festlichkeiten getragen und von Männern ebenso wie von Frauen benutzt. Jetzt gilt es höchstens auf der Jagd nicht unmännlich, sich eines Muffes zu bedienen, und schon früher sind Männer um seinetwillen dem Vorwurf der Verweichlichung nicht entgangen. So zeigen sich im siebzehnten Jahrhundert bei der Belagerung von Rotterdam die hannoverschen Soldaten von den Holländern den Spottnamen„Muffrikaner" zu, weil sie sich durch Muffe gegen die Kälte zu schützen suchten. Aber der Soldatenmuff gehörte auch zur alten preußischen Soldatenausrüstung und zwar im Biwak und auf Posten war er sicher nicht zu unterschätzen. Er war nicht klein, aber auch kaum größer als die dieswinterlichen Damenmuffe. Auch der Muff nämlich entgeht den Wandlungen durch die Mode nicht. Freilich sind ihm schon durch seine Bestimmung verhältnismäßig enge Grenzen gezogen, innerhalb welcher sich die Mode austoben kann. Nur das Material erlaubt gewisse größere Abwechslung. Als die Muffe aufkamen, versuchte sie man nicht nur in echten und nachgemachten Pelzen herzustellen, sondern auch aus samtnen und seidenen Stoffen zu verfertigen. Besonders waren auch Brokatgewebe beliebt, die ungefähr zu der gleichen Zeit Boden gewannen. Heute, ist für den Muff die Alleinherrschaft des Pelzes und seiner Imitation entschieden. Dieser erfüllt nicht nur am vollkommensten die Aufgabe, die Hände gegen die Kälte zu schützen sondern gestattet auch in Farbe. Tönung, Charakter und Feinheit so reiche Schattierung, daß für den Wandel in der Mode genügend gesorgt wird. Daneben bringen das Format und die Größe der Muffe zuweilen Abwechslung. Man hat sie klein und zierlich getragen. Die übliche, etwa rechteckige Form verschiebt sich zu einem modernen, sattelartigen Format. Un den großen Muff weniger eintönig wirken lassen, verarbeitet man nicht nur die Pelze, sondern auch Schwänze, Köpfchen und Klauer dr Tiere und läßt sie wie lose Fransen herabhängen. Das sieht originell aus, erinnert aber ein bischen an den Indianer, der die Skalpe der besiegten Bleichgesichter, hübsch auf der Schnur gereiht mit sich führt. Der Mufspelz selbst ist ein eigenes Kapitel. Die Mode macht da oft wunderliche Sprünge. Vor einigen Jahren trug alle Welt Fäh, das graue winterliche Rückenfell des Eichhörnchens. Dann kam es aus der Mode wie alle Sachen, die so viel getragen werden, daß sie schließlich niemand mehr tragen mag. Nur den kostbaren Pelzen kann der Wandel der wenig anhaben. Sie bleiben modern, weil sie teuer sind. Sonst wird wohl jeder Pelz zu Muffen verarbeitet, und es ist Laune der Mode, wenn einmal Persianer, ein andermal Nerz bevorzugt. Entscheidend für die Wahl des Muffs bleibt der Charakter des Winterkostüms. Wer Pelzjackett trägt, wird den Muff in der Regel vom gleichen Fell wählen. Doch gibt es hübsche Zusammenstellungen, wenn sie mit Geschmack und Verständnis getroffen sind. Haarwuchsmittel. Mit Recht ist die Damenwelt auf schönes Haar stolz und läßt ihm täglich gründliche Pflege angedeihen. Auch für den Mann ist unzweifelhaft volles Kopfhaar eine große Zierde, und es ist daher begreiflich, wenn viele, sobald sich das dichte Haar an der Stirn und auf dem Scheitel zu lichten beginnt, oder sich gar schon der Mondschein zeigt, verzweifelt zu einem Haarwuchsmittel ihre Zuflucht nehmen, von denen tägliche Dutzende als unbedingt wirksam und nützlich angepriesen werden. Sie nützen aber in der Regel nur— ihrem Erzeuger. Liest man aber die Anpreisungen, so könnte man oft auf den Gedanken kommen, daß es mit Haarwuchsmitteln möglich sei, in ein paar Wochen auf den kahlsten Schädel einen Wald von so langem und starkem Haar wachsen zu lassen, daß darin der stärkste Kamm zerbricht. Besonders überzeugend scheinen dabei nebeneinandergestellte Abbildungen und„Atteste", etwa unter der Ueberschrift„Ich war kahl“, zu wirken. Einen Einblick darin, wie solche Atteste und Abbildungen entstehen können, erhält man, wenn man einen Bericht, der sich füngst in Pariser Zeitungen fand, etwas aufmerksam liest. Danach kam eine junge Pariser Näherin zu dem Polizeiamt ihres Stadtviertels und rief die Hilfe der heiligen Hermandad in folgender Angelegenheit an: Zwei Tage zuvor hatte sie ein elegant gekleideter Herr auf der Straße angeredet und ihr Komplimente über ihr prachtvolles, goldblondes Haar gemacht. Dann hatte er sie ersucht, ihr dieses Haar für 1000 Franken zu verkaufen. Er sei— so fügte er hinzu—„Erfinder“ eines Haarwuchsmittel für das er Reklame machen müsse. Das Fräulein bat sich 24 Stunden Bedenkzeit aus und willigte dann in den Handel. Der Unbekannte, in dessen Atelier sie sich begab, photographierte sie zunächst bei vollem, aufgelöstem Haar, dann schnitt er es ihr in Schulterhöhe ab und photographierte sie zum zweiten Male. Schließlich nahm er eine„Tondeuse" zur Hand und rasierte ihr damit den Kopf vollständig kahl, worauf eine dritte Aufkahme gemacht wurde. Als sich das Fräulein in diesem Aufzuge im Spiegel sah, begann sie heftig zu weinen und verlangte ihre 1000 Franken. Der„Erfinder" aber gab ihr nur 100 Franken und warf sie kurzerhand zum Tempel hinaus. Das war nun der Grund, weshalb das Fräulein die Hilfe der heiligen Hermandad in Anspruch nahm. Diese ging auf ihre Beschwerde ein und entsandte einen„Geheimen“ nach der Wohnung des„Erfinders“, damit er sich von der Richtigkeit der Behauptung überzeuge. Bei seiner Rückkehr zeigte dieser triumphierend drei Photographien vor, die den beschriebenen völlig entsprachen. Unter der letzten Photographie, also der, die den kahlen Schädel des Mädchens darstellte, stand das Wort:„Vorher“, unter der zweiten„Nach drei Monaten“ und unter der ersten mit dem vollen, schönen Haar die Bemerkung„Nach sechs Monaten“. Mit Hilfe der Polizei gelang es dann dem Fräulein, wenigstens die versprochenen 1000 Franken voll zu erhalten. Und die Moral von der Geschicht":„Trau keinem Haarwuchsmittel nicht!“ Die Brahmanin und die Emanzipation. Von Walter Schumann. „Macht euch frei. Selbständig. Sagt euch los vom Mann. Erobert euch einen eigenen Willen!“ klingt der Ruf der vom fortschrittlichen Emanzipationsgeist beseelten Frau der kultivierten alten und neuen Welt, verschafft sich Geltung und Macht in allen Ländern. Die moderne Frau hat sich die Interessen des Mannes zu eigen gemacht, ist in das Berufsleben auf allen Gebieten eingedrungen, verfügt über Sitz und Stimme im wirtschaftlichen und politischen Leben. Mit Riesenschritten eilt die Emanzipation vorwärts. Durch Kleidung, Frisur und gesellschaftliches Auftreten sucht die junge Generation der Weiblichkeit die Geltung des starken Geschlechts zu erreichen. Geheimnisvoll, gleich einen Märchen dringt die Kunde dorthin, wo noch heute die Frau in untergeordneter Stellung dem Manne dienen muß. Die Frau des paradiesischen Indiens, die vornehme Brahmanin am Ganges und Brahmaputra lauscht, vernimmt die neue Mär gleich einer bezauberndenMusik, die sie in ihre Bande schlägt. Hell lodert die Flamme der Erkenntnis in ihrer Seele auf:„Freiheit, eigener Wille!“ Noch lebt sie, um dem Mann zu gefallen, ihm zu nützen und Kinder zu gebären. Doch schon empfindet sie es als eine Schmach, daß sie den Gatten mit„Meister, Gebieter, Gott!“ anreden muß, der ihr dafür nur mit Worten der Geringschätzigkeit dankt. Nur am Hochzeitstage durfte sie gemeinsam mit ihm essen; dann aber muß sie sich mit den Resten seiner Mahlzeit begnügen. In unterwürfiger Stellung steht sie vor dem Manne, küßt seine Hände, fleht ihn garum Verzeihung an, wenn er sie in ungerechtem Zorn schimpft oder schlägt. Wie verächtlich, abstoßend, grausam und verworfen er auch sein mag: ihn soll sie lieben, verehren, hegen und pflegen. Die Brahmanin erschauert. Ein kalter Hauch der Vergangenheit weht ihr entgegen. Fast möchte sie zufrieden sein, denn vieles hat sich schon in ihrem Los gebessert. Trauriger war es um das Schicksal ihre Ahnfrauen bestellt. Zwar klingt die Geschichte von dem teren Los der Frauen von ehedem äußerst romantisch und heldenhaft, in der Tat aber handelt es sich um ein schreckliches, grauenvolles Opfer. Einmal im Leben senkte sich damals der Schein märchenhaften Glanzes und höchster Ehre auf die demütige Dienerin. Dann vermochte sie, das unwissende Weib. Ungeheures zu leisten, das Edelste und Erhabende zu erreichen. Dieser Höhepunkt ihres Daseins war der Begräbnistag ihres Mannes, falls sie ihm freiwillig folgte. Nach alter Lehre erlöste sie durch diese Tat den Gatten von allen Höllenqualen, und hätte er auch die größten Untaten begangen. Durch dieses Opfer heiligte sie alle eigenen Vorfahren, wie die des Mannes, dem sie sich als Jungfrau gegeben hatte. Eine solche Gattin sollte der ewigen Glückseligkeit teilhaftig werden, würde von den himmlischen Heerscharen besungen, alle Wonnen des Paradieses genießen. Dies alles wußte die vornehme Brahmanin, wie sie eben. falls wußte, welcher nicht auszudenkende, bis zum Tode währender Jammer sie sonst erwartete. Vermochte sie es, die natürliche Furcht zu überwinden, so verkündete sie am Totenbett des Gatten ihre Absicht, ihm zu folgen. Freiwillig gab sie ihr Wort, durfte dann aber nicht mehr zurück. Am Begräbnistage wurde sie gebadet, in ihre reichsten Gewänder gekleidet mit ihren Juwelen geschmückt. Trommelwirbel verkündete der Nachbarschaft die heilige Handlung. Von allen Seiten kamen die Verwandten, um sie zu preisen, und um sich selber Glück zu der Ehre zu wünschen an dieser Feier teilnehmen zu dürfen. Die Priester kamen und verkündeten die Herrlichkeit, der die Geweihte durch das Erlösungsopfer entgegenschritt. Feierlich, in Verzückung, gleich einer Göttin, saß sie da. Anbetende Frauen knieten vor ihr. Einem Triumphzug glich ihr letzter Gang. Musik. Vor Begeisterung taumelndes Volk, welches sich um die von ihr berührten Botelblätter riß, sie als Amulet aufbewahrte, ihren ekstatischen Worten. gleich einer Offenbarung andächtig lauschte. Alle Vornehmen der Nachbarschaft, alle Verwandten nahmen sie in Empfang. Feierlich umschritt die Heldin der heiligen Handlung den reich geschmückten Holzstoß, bestieg ihn. legte sich neben die aufgebahrte Leiche, das Haupt des Toten in ihren Arm gebettet. Während sie den Namen Gottes anrief, bedeckten die Priester ihren Körper mit Reisern, welche mit leicht entzündbaren Stoffen getränkt waren. Rasch loderte ein Flammenmeer empor. Segenswünsche, Jubelschreie und Musik ertönten, bis das Feuer verlosch. Sorgsam wurde die Asche gesammelt. Bald darauf wurde der Frau ein Denkmal gesetzt. Das im Leben anspruchlos=demütige Weib ist zur Heiligen geworden, wird als Göttin verehrt. Die Brahmanin der Gegenwart sinnt. Der Lauf der Zeit ist an ihrem geistigenAuge vorübergeflogen. Schweigend geht sie hinaus in die Natur kniet nieder vor dem Denkmal einer Heiligen und betet für die— Emanzipation. Die Tätigkeit der Pioniere für neue Frauenberufe ist umso ersprießlicher, als sie nicht „Kampf mit männlichen Kollegen" sucht, sondern dem Wesen echtester Weiblichkeit nachspürt und ins Erwerbsleben der Frau etwas vom alten Frauenideal hinüberzuretten versucht. Denn nicht nur der Geist der erwerbstätigen Frau gehört der neuen Zeit, sondern auch das Herz. Die Londonerin von 1925. Die Engländerinnen scheinen ihrem alten Grundsatz von der korrekten Unauffälligkeit definitiv untreu geworden zu sein. Die Betonung der„männlichen Linie“, ist im Laufe des vergangenen Jahres in einer Weise auf die Spitze getrieben worden, daß sie kaum mehr zu überbieten— schien. Aber die Laune der Mode hat auch dann noch das Unwahrscheinliche verwirklicht und ein neues Dessin ins Leben gerufen, dessen Aufkommen zu prophezeien sich so leicht niemand erkühnt haben würde: die hohen Schaftstiefel. Sie tauchten plötzlich in den Londoner Schuhgeschäften der City auf und begannen alsbald ihren Siegeszug. Diese letzte und ausgefallenste Neuheit mit ihren farbigen meist hellbraun bis hellgelben, weiten, bis an das Knie reichenden Schäften, wirkt wie ein Reit= oder Boy scout=Stiefel. Leute, die sich um ihrer angeblichen Originalität willen alsbald mit jeder Neuheit anfreunden, behaupten, daß dieser Stiefel keineswegs umschön, sondern lediglich noch etwas ungewohnt aussehe. Er sei dagegen praktisch, schütze gegen die Londoner Nässe, gegen die Winterkälte und ermöglicht es dennoch— sehr wesentlich allerdings— mit hauchdünnen seidenen Strümpfen bekleidet zu sein, die gegebenenfalls durch raffinierte Ausarbeitung des Schaftes auch noch indiskreten, dabei doch erwünschten Blicken sichtbar gemacht werden können. Im übrigen ist der gegenwärtige Typ der Londonerin alles in allem, wenn man sich einmal mit dem Verschwinden der letzten Spur von Weiblichkeit im alten Sinne abfindet, nicht unsympathisch. Der Körper ist durchtrainiert, schlank und biegsam und kommt damit der Forderung nach möglichster Durchbildung des knabenhaften Typus sehr entgegen. Schminkstift und Puderdose verwendet die Londonerin nicht annähernd so ausgiebig, wie die französische und belgische Schwester, dagegen wird ein fabelhafter Luxus mit dem Haarschnitt getrieben, dessen Ideal und zugleich männlichste Durchführung der Eton=Crop ist, eine Frisur, die eine ganz einfache männliche Scheitelfrisur darstellt. Eton— das alte renommierte, von jeher tonangebende College— ist überhaupt „up to date“ In dieser Richtung hat sich auch ein neuer Typ von Bühnenkünstlerinnen entwickelt, der eine für Bühnenkünstlerinnen fabelhafte Gelenkigkeit, Behendigkeit, ja Akrobatik kultiviert, das Organ dagegen völlig vernachlässigt, ja es absichtlich ungepflegt, hart, gewollt männlich läßt. Der Tanz blüht natürlich auch in London. Alle Hotels lassen schon zum Tee tanzen und überall herrscht vorläufig noch die Jazzband. Hie und da wird einer der alten schönen Wiener Walzer als lebhaft begrüßte und applaudierte Delikatessen eingelegt und nur die neuesten Maßnahmen der Polizei gegen die nicht etwa fuß= oder beinfreien, sondern kniefreien Röcke hat vorübergehend die Freude etwas getrübt. Also bleibt doch noch der eine oder der andere Grund dem neuen Jahre zu erfüllen übrig. Winke und Ratschläge. Entfernung von Oelfarbflecken. Oelfarbflecke reibt man mit Terpentin ab. Sind sie bereits veraltet, so wendet man Chloroform mit gutem Erfolg an. Da das Einatmen des Chloroforms nachteilige Wirkungen haben kann, so nehme man die Arbeit am offenen Fenster oder, wenn es sein kann, im Freien vor. Sie muß schnell erfolgen, weil das Chloroform stark verdunstet. Reinigen schwarzer Spitze. Schwarze Spitze reinigt man am besten in lauwarmem Wasser dem man etwas Spiritus zugesetzt hat. Man zupft sie glatt und legt sie zwischen frisches Zeitungspapier, das man mit Büchern oder Gewichten beschwert. Sie werden dadurch schwarz und glatt und brauchen nicht geplättet zu werden. Oder man nimmt die Hälfte einer Flasche gewöhnlichen Braunbiers, drückt darin die Spitze aus und wiederholt das Verfahren mit dem Rest des Bieres. Dann wickelt man sie fest in ein Tuch und plättet sie halb feucht auf einer weichen, schwarzen Unterlage. Gegen das Frieren der Wäsche. Wäsche hängt man zum Trocknen auf. Bei Frostwetter trifft es nicht selten, daß die Wäsche nicht trocknet, sondern statt dessen steif friert. Das kann man verhindern, wenn man in das Waschwasser Kochsalz tut, und zwar in einen Eimer Wasser etwa einen gehäuften Teelöffel Salz. Neujahr im Rundfunk! 9 ege zu neuen Frauenberusen. In allen Berufen ist die Konjunktur heute: flau. Da gilt es für die Frauen, die beruflich tätig sein wollen oder tätig sein müssen, nicht so sehr die breitgetretenen Erwerbswege der Frau zu gehen, als vielmehr Pfadpfinderinnen neuer zu sein. Die zeitgemäße materialistische Einstellung hat die weiblichen Erwerbstätigen aus der altherkömmlichen Bahn heraustreten lassen. Und doch sollte man auch heute mit mehr Bedacht als es manchmal geschieht, die Berufsarten der Frau aus dem ureigensten Wesen der Frau ableiten. Wenn sich dabei auch nur zum Teil die idealistischen Ziele des naturgegebenen Frauenberufes retten lassen, so wird dabei doch der Weiblichkeit das erhalten, was ihr gebürt: Rettung der Qualität des Herzens. Es gibt noch manche Berufszweige, die, für die Frau passend, zu wenig oder gar nicht von ihr gepflegt werden. Ein Beispiel: Wie wenige weibliche Schaufensterdekorateure gibt es! Der Geschmack, der Schönheitssinn, die Phantasie der Frau, dazu ihre gelenkige Hand, die mit Stoffen, mit Blumen, mit Porzellanund Schmuckgegenständen, mit den tausend Sachen und Sächelchen der Branchenschaufenster viel eigener, viel feinfühliger umzugehen weiß als die kräftige Männerhand. Die natürliche Eignung spricht unbedingt für den Beruf der Schaufensterdekorateurin. Ein anderer, von Frauen wenig gewählter Beruf, ist der der Anwaltsbe amtin. Die Anwaltskanzlei ist ein Feld für begabte und intelligente Frauen, die sich mit der bescheidenen Rolle Tippfräuleins nicht begnügen wollen, sondern durch rasche Auffassung und Anpassungsfähigkeit die Anwaltskanzlei bezw. den Rechts= und Amtsanwalt selbst zu entlasten vermögen. Stenographie und Maschinenschreiben sind die selbstverständliche Grundlage der Anwaltsbeamtin, die noch erweltert werden muß durch Verständnis für Buchführung, durch die äußere Form der Eingaben, durch gewandten telephonischen und mündlichen Verkehr mit den Behörden und den Klienten. Auch in Baukanzleien haben sich Frauen als fachmännischer Beirat Lebensstellungen zu schaffen gewußt. Als Beirat in der Baukanzlei bedarf die Frau praktischen Sinn, die Fähigkeit richtigen Berechnens und setwas technische Vorbildung, die man in den Bauklassen der Techniker in wenigen Semestern erwirbt. Die Mitarbeit der Frau in zahnärzt= lichen Ateliers war früher ein bevorzugterer Beruf der Frau als heute. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, daß die Frau nur als Gehilfin des Zahnarztes hinter dem Operationssessel zu stehen hat,— die Frau kann nach einer bestimmten Lehrzeit und einem Praktikum, genau wie der männliche Konkurrent, den Beruf der Zahntechnikerin ausüben, selbständig oder angegliedert an ein zahnärztliches Atelier. Für die berufstätige Frau hat weiter unsere Zeit die handwerklichen und kunsthandwerklichen Berufe, die lange Zeit gesellschaftlich schlecht angeschrieben waren, auf ein hohes Niveau gesetzt. Die Frau, die, „Kunstgewerblerin“ werden will, darf nie vergessen, daß das ganze moderne Kunsterziehungswesen auf handwerklicher Grundlage aufgebaut ist. Das hat den Vorteil, daß eine sichere wirtschaftliche Existenz auch dann bleibt, wenn die künstlerische Veranlagung der „Kunstgewerblerin“ nicht so weit reicht als man glaubte. Handwerkerinnen, in den technischen Berufen der Edelmetallarbeit, Keramik, Emaille=Arbeiten, Buchgraphik, Buchdruck usw., die technisch und geschmacklich Gutes leisten, sind stark gesucht.